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KAFKA        Das Verhältnis von Kafka zu seinem Vater – Ergebnisse der Stunde vom 24.2.2010 FOS 2010 (schwe)
                                                                                                                                           Seite 1 von 2

                                                                                       Textgrundlage: "Brief an der Vater" (Kafka, 1919)



                 FRANZ KAFKA                                                                            HERMANN KAFKA

Wie sieht Franz Kafka die Beziehung zu                                                      Wie sieht Hermann Kafka nach Ansicht
seinem Vater?                                                                               von Franz die Beziehung?




                                                                Vater-Sohn-Beziehung
    entwürdigend                                                                               Vater regiert die Welt (=geistige
    keine Kommunikation mit dem Vater                                                          Herrschaft)
    möglich                                                                                    Leugnet, dass er um Franz Kafkas
    unterdrückt von der Macht des                                                              Furcht vor ihm weiß
    Vaters                                                                                     Erachtet seinen Sohn als
    hilflos                                                                                    'lebensunwürdig' (beschimpft ihn und
    ausgeliefert                                                                               seine Freunde als Ungeziefer)
    von Angst/Furcht geprägt durch die                                                         Hat Erwartungen an seinen Sohn
    "Übermacht" des Vaters                                                                     Sohn ist undankbar
    schuldbewusst                                                                              Vater opfert sich für die Familie auf,
    hat 'Respekt' vor dem Vater                                                                ohne Dankbarkeit zu verlangen




                           Franz Kafkas zwiegespaltenes Verhältnis zu seinem Vater
Möchte den Erwartungen des Vaters gerecht werden        Möchte eigenständig sein und etwas tun, was keinen
                                                        Beziehung zum Tun des Vaters hat
Möchte Anerkennung von seinem Vater                     Versuch der Kommunikation (Brief an den Vater)
                                                        Vater erhält den Brief nie
idealisiert den Vater Respekt, Verehrung (Vergleich     Furcht vor dem 'übermächtigen' Vater
mit Göttern)
Fühlt sich abgewertet                                   Auflehnung gegen den Vater (Verhaltenes
                                                        Aufbegehren)
Heiratswunsch?                                             Keine Heirat aus Angst, dem 'Ideal' des Vaters
(Verlobt sich dreimal. Versuch der Unabhängigkeit?)        nicht gerecht zu werden?
                                                           Angst, dass er dem Vater dadurch zu 'nahe' ist
                                                           Begründet sein Junggesellendasein mit seiner
                                                           Tätigkeit als Schriftsteller (Ausrede?)
Möchte der Rolle des ältesten Sohnes gerecht            Wird Schriftsteller und Beamter (= Lebensweg konträr
werden (=Übernahme des Geschäftes)                      zu dem des Vaters)
Hat Schuldgefühle seinem Vater gegenüber                versucht 'verhalten' aufzubegehren (
                                            Resultierende Gefühle


              Franz Kafka                             Durch 'starre'                                     Hermann Kafka
                Respekt                            Persönlichkeiten ist                         betrogen um seine Erwartungen
             Schuldgefühle                                                                                Enttäuschung
                                                     das Verhältnis
                 Furcht                                                                       Empfindet seinen Sohn als Schwächling
               Abneigung
                                                       GESTÖRT –
              Verachtung                               ZERRÜTTET
                  Hass                               ENTFREMDET -
                                                      GESCHEITERT

Infobox
Von seiner Lungenkrankheit gezeichnet erholte sich Franz Kafka von 1918 an in der Pension Stüdl in Schelesen. Dort lernte er Julie
Wohryzek kennen, mit der er sich im Sommer 1919 verlobte. Die für November geplante Hochzeit findet jedoch nicht statt, weil die beiden
keine Wohnung fanden. Nach diesem gescheiterten Heiratsversuch ließ Kafka sich krank schreiben und ging nach Schelesen, wo er den
Brief zwischen dem 10. und 13. November 1919 im Alter von 36 Jahren verfasste. Der »Brief an den Vater« ist keine literarische Arbeit
Kafkas im ursprünglichen Sinne, denn er sollte eigentlich Kafkas Vater, Hermann Kafka, übergeben werden, wozu es aber nicht
gekommen ist.
KAFKA       Defekte Eltern-Kind-Beziehung – (Quelle: teachsam; vgl. auch Beicken 1986)    FOS 2010 (schwe)
                                                                                                        Seite 2 von 2


Die defekte Eltern-Kind-Beziehung, die die Familie von Franz Kafkas kennzeichnet und die er in
seinem "Brief an den Vater" thematisiert, lässt sich mit folgender Strukturskizze veranschaulichen:



                                                        Die Darstellung folgt dabei den
                                                        Ausführungen von Peter Beicken (1986, S.
                                                        17f.), der zugleich betont, dass "Kafkas
                                                        Eltern keine aus den Normen ihrer sozialen
                                                        Schicht herausfallenden Extrembeispiele"
                                                        gewesen seien, was sich insbesondere an
                                                        der im Allgemeinen normal verlaufenden
                                                        Entwicklung seiner Geschwister,
                                                        insbesondere seiner Schwester Ottla, gezeigt
                                                        habe. Bei Franz aber, dem ältesten Sohn,
                                                        hätten die elterlichen Erziehungsmethoden
                                                        vor allem deshalb versagt, "weil sie in jeder
                                                        Hinsicht ungeeignet waren für dieses Kind
                                                        mit seinen besonderen Anlagen und
                                                        Bedürfnissen, von der hochempfindlichen
                                                        Natur Franz Kafkas abgesehen."

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Dasverhltniskafkaszuseinemvaterergebnissederstunde 100224113515-phpapp01

  • 1. KAFKA Das Verhältnis von Kafka zu seinem Vater – Ergebnisse der Stunde vom 24.2.2010 FOS 2010 (schwe) Seite 1 von 2 Textgrundlage: "Brief an der Vater" (Kafka, 1919) FRANZ KAFKA HERMANN KAFKA Wie sieht Franz Kafka die Beziehung zu Wie sieht Hermann Kafka nach Ansicht seinem Vater? von Franz die Beziehung? Vater-Sohn-Beziehung entwürdigend Vater regiert die Welt (=geistige keine Kommunikation mit dem Vater Herrschaft) möglich Leugnet, dass er um Franz Kafkas unterdrückt von der Macht des Furcht vor ihm weiß Vaters Erachtet seinen Sohn als hilflos 'lebensunwürdig' (beschimpft ihn und ausgeliefert seine Freunde als Ungeziefer) von Angst/Furcht geprägt durch die Hat Erwartungen an seinen Sohn "Übermacht" des Vaters Sohn ist undankbar schuldbewusst Vater opfert sich für die Familie auf, hat 'Respekt' vor dem Vater ohne Dankbarkeit zu verlangen Franz Kafkas zwiegespaltenes Verhältnis zu seinem Vater Möchte den Erwartungen des Vaters gerecht werden Möchte eigenständig sein und etwas tun, was keinen Beziehung zum Tun des Vaters hat Möchte Anerkennung von seinem Vater Versuch der Kommunikation (Brief an den Vater) Vater erhält den Brief nie idealisiert den Vater Respekt, Verehrung (Vergleich Furcht vor dem 'übermächtigen' Vater mit Göttern) Fühlt sich abgewertet Auflehnung gegen den Vater (Verhaltenes Aufbegehren) Heiratswunsch? Keine Heirat aus Angst, dem 'Ideal' des Vaters (Verlobt sich dreimal. Versuch der Unabhängigkeit?) nicht gerecht zu werden? Angst, dass er dem Vater dadurch zu 'nahe' ist Begründet sein Junggesellendasein mit seiner Tätigkeit als Schriftsteller (Ausrede?) Möchte der Rolle des ältesten Sohnes gerecht Wird Schriftsteller und Beamter (= Lebensweg konträr werden (=Übernahme des Geschäftes) zu dem des Vaters) Hat Schuldgefühle seinem Vater gegenüber versucht 'verhalten' aufzubegehren ( Resultierende Gefühle Franz Kafka Durch 'starre' Hermann Kafka Respekt Persönlichkeiten ist betrogen um seine Erwartungen Schuldgefühle Enttäuschung das Verhältnis Furcht Empfindet seinen Sohn als Schwächling Abneigung GESTÖRT – Verachtung ZERRÜTTET Hass ENTFREMDET - GESCHEITERT Infobox Von seiner Lungenkrankheit gezeichnet erholte sich Franz Kafka von 1918 an in der Pension Stüdl in Schelesen. Dort lernte er Julie Wohryzek kennen, mit der er sich im Sommer 1919 verlobte. Die für November geplante Hochzeit findet jedoch nicht statt, weil die beiden keine Wohnung fanden. Nach diesem gescheiterten Heiratsversuch ließ Kafka sich krank schreiben und ging nach Schelesen, wo er den Brief zwischen dem 10. und 13. November 1919 im Alter von 36 Jahren verfasste. Der »Brief an den Vater« ist keine literarische Arbeit Kafkas im ursprünglichen Sinne, denn er sollte eigentlich Kafkas Vater, Hermann Kafka, übergeben werden, wozu es aber nicht gekommen ist.
  • 2. KAFKA Defekte Eltern-Kind-Beziehung – (Quelle: teachsam; vgl. auch Beicken 1986) FOS 2010 (schwe) Seite 2 von 2 Die defekte Eltern-Kind-Beziehung, die die Familie von Franz Kafkas kennzeichnet und die er in seinem "Brief an den Vater" thematisiert, lässt sich mit folgender Strukturskizze veranschaulichen: Die Darstellung folgt dabei den Ausführungen von Peter Beicken (1986, S. 17f.), der zugleich betont, dass "Kafkas Eltern keine aus den Normen ihrer sozialen Schicht herausfallenden Extrembeispiele" gewesen seien, was sich insbesondere an der im Allgemeinen normal verlaufenden Entwicklung seiner Geschwister, insbesondere seiner Schwester Ottla, gezeigt habe. Bei Franz aber, dem ältesten Sohn, hätten die elterlichen Erziehungsmethoden vor allem deshalb versagt, "weil sie in jeder Hinsicht ungeeignet waren für dieses Kind mit seinen besonderen Anlagen und Bedürfnissen, von der hochempfindlichen Natur Franz Kafkas abgesehen."