Testimonials in der werbung: Chance und Risiken am Bsp C&A
1. Akademie Mode und Design Düsseldorf
Marketing
Dozentin: Prof. Dr. Marion Steffen
Hausarbeit
Beurteilung der
Chancen und Risiken
bei der Nutzung von
Testimonials am
Beispiel von C&A /
Sara Nuru
Tetyana Repetya
29.07.2011
Mode- und Designmanagement, DM 18
6. Semester
2. 1
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis………………….……………………………………………II
1.
Einleitung .............................................................................................................. 3
2.
Werbung und Kommunikation............................................................................... 4
2.1
Definition und Zielsetzung der Werbung .......................................................... 4
2.2
Technik der Emotionalen Konditionierung in der Werbung ............................. 4
3.
Definition und Einteilung von Testimonials ........................................................... 6
3.1
Begriffsdefinition............................................................................................... 6
3.2
Einteilungsmöglichkeiten .................................................................................. 6
4.
Geschichte und Entwicklung der Celebrity-Werbung............................................ 8
5.
Chancen von Testimonials in der Werbung ........................................................ 10
5.1
Aktuelle Herausforderungen in der Markenkommunikation........................... 10
5.2
Chancen des Einsatzes von Celebrity-Testimonials ........................................ 11
6.
Risiken von Testimonials in der Werbung........................................................... 12
7.
Kriterien zur Auswahl von Celebrity-Testimonials............................................... 13
8.
Fallbeispiel Sara Nuru als Testimonial für C&A .................................................. 13
8.1
Marke C&A ..................................................................................................... 13
8.2
Eigenschaften des Celebrity-Testimonials Sara Nuru ..................................... 14
9.
Schlussbetrachtung und Fazit............................................................................. 15
Literaturverzeichnis..................................................................................................... III
Anhang:..............................................................................................................IV
3. 2
Abbildungsverzeichnis:
Abb. 1: Goethe für Fachinger...................................................................................................IV
Abb. 2: Richard Tauber für Mercedes-Benz, 1922 ..................................................................IV
Abb. 3: Marilyn Monroe für Luxor, 1951-57............................................................................V
Abb. 4: Gerd Müller für Mars, 1971 ........................................................................................VI
Abb. 5: Joan Collins für Ideal Standard, 1987 ....................................................................... VII
Abb. 6: Verona Feldbusch für Iglo......................................................................................... VII
Abb. 7: Celebrity-Testimonial-Auswahl ...............................................................................VIII
4. 3
1. Einleitung
Marketingabteilungen großer Unternehmen stehen in Zeiten gesättigter Märkte und
austauschbarer Produkte, vor immer größeren Herausforderungen. Hinzu kommen die
inflationäre Zunahme von Werbebotschaften, immer schnellere Produktlebenszyklen,
die wachsende Bedeutung elektronischer Medien und die damit einhergehende
Informationsüberflutung sowie eine zunehmende Individualisierung der Konsumenten.
All dies verstärkt die Notwendigkeit, die Aufmerksamkeit des Konsumenten noch
stärker an sich zu ziehen und eigenständige Werbestile zu entwickeln. Auch die
Emotionalisierung der Marke bildet einen erfolgversprechenden Ansatz, der aus der
Werbung nicht mehr wegzudenken ist. Mit dem Wachsen der technischen Homogenität
vieler Produkte, sind die mit einem Produkt verbundenen Gefühle oftmals das
ausschlaggebende Differenzierungskriterium im Wettbewerb.1
Ein besonders beliebter
Ansatz zur Emotionalisierung einer Marke in der Kommunikationsstrategie, ist die
Verwendung prominenter Präsenter, die als sogenannte Testimonials, den Wert der
Marke bezeugen und emotionalisieren sollen. Die Wirkung von Prominenten in der
Werbung ist in der Wissenschaft sehr umstritten. In der Praxis zeigt sich allerdings oft
ein außergewöhnliches Wachstum bei Marken, die mit Testimonials beworben werden.
Jedoch gibt es nur wenige theoretisch fundierte Modelle, die die Wirkung von
Prominenten für Werbezwecke erklären und abschätzen können.2
Ziel dieser Arbeit ist es, die Chancen und Risiken von Testimonialwerbung im
allgemeinen und im speziellen am Beispiel des Einsatzes von Sara Nuru als Celebrity-
Testimonial für die Werbekampagnen des Bekleidungshauses C&A zu analysieren.
Dabei sollen zunächst die Begriffe der Werbung und Kommunikation erläutert werden.
Danach folgt eine Definition und Einteilung der unterschiedlichen Typen von
Testimonials. Im dritten Teil erfolgt ein Abriss der Geschichte der Werbung mit
Prominenten. Im vierten und fünften Teil werden die Chancen und die Risiken der
Werbung mit Testimonials erläutert. Im nächsten Teil folgt das Fallbeispiel Sara Nuru
als Testimonial für C&A. Und im Schlussteil wird das Potential von Sara Nuru in
Verbindung mit C&A bewertet.
1
Vgl. Meffert (2000), S. 113
2
Vgl. Murrmann (2008), S. 2
5. 4
2. Werbung und Kommunikation
2.1 Definition und Zielsetzung der Werbung
Neben Produkt, Preis und Distribution ist die Kommunikation ein wichtiger Bestandteil
des operativen Marketings und des Marketing-Mix.3
Werbung ist für die meisten
Unternehmen das bevorzugte Kommunikationsinstrument und hat in Wissenschaft und
Praxis die stärkste Beachtung gefunden. Werbung wird verstanden als „ein
kommunikativer Beeinflussungsprozeß mit Hilfe von (Massen-)Kommunikationsmitteln
in verschiedenen Medien, der das Ziel hat, beim Adressaten marktrelevante
Einstellungen und Verhaltensweisen im Sinne der Unternehmensziele zu verändern“.4
Zu diesem Zweck bedient man sich vorwiegend der Massenkommunikationsmittel der
elektronischen Medien, nämlich Fernsehen, Funk und Internet. Printmedien,
beispielsweise Zeitungen und Zeitschriften sowie Mittel der Außenwerbung, wie
Plakate oder ähnliches, zählen gehören aber ebenfalls dazu.
Neben der Werbung werden zur Kommunikation auch andere Mittel eingesetzt. Dazu
zählen die Öffentlichkeitsarbeit oder Public Relations, Verkaufsförderungsmaßnahmen
am POS und der persönliche Verkauf. Darüber hinaus kommen auch indirekte
Kommunikationsmaßnahmen, wie Messen, Ausstellungen oder Firmenevents zum
Einsatz.
2.2 Technik der Emotionalen Konditionierung in der Werbung
Um die Aufmerksamkeit der Empfänger auf das eigene Produkt lenken zu können,
bedient man sich in der Werbung oft auch psychologischer und emotionaler Techniken.
Aus der Konsumentenforschung ist bekannt, dass Konsumenten sich beim Einkauf nicht
nur von rationalen Prinzipien leiten lassen, sondern vorwiegend von Emotionen und
Erlebnissen.5
Die zentrale Aufgabe die sich Werbetreibende stellen, besteht in der
Gestaltung von Werbebotschaften, die die gewünschte Aufmerksamkeit erzielen und bei
der jeweiligen Zielgruppe eine emotionale Aktivierung und Kaufbereitschaft erzeugen.
Von Bedeutung sind hier die Einstellungen einer Person. Sie bringen das Individuum
dazu entweder positiv oder negativ auf einen Stimulus in der Umwelt zu reagieren. Der
3
Vgl. Meffert (2000), S. 14
4
Vgl. Meffert (2000), S. 712
5
Vgl. Trommsdorff (2002), S. 73
6. 5
Einstellung einer Person zu einem Produkt, also seinem Image, wird in der Werbung
sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt.6
Um die Einstellung und das Image einer Marke oder eines Produkts emotional
aufzuladen und zu verändern, wird in der Werbung oft die Technik des emotionalen
Konditionierens verwendet. Bei der Klassischen Konditionierung wird der zu lernende
Stimulus genügend oft mit der zu erlernenden Reaktion zusammengeschaltet, bis sich
die Reaktion gefestigt hat.7
Bei der emotionalen Konditionierung wie sie im Marketing
verwendet wird, verknüpft man eine bestimmte Marke allmählich mit einem
emotionalen Reiz, um eine positive Grundeistellung zur ausgewählten Marke zu
erzielen.8
Ein positiver emotionaler Reiz kann beispielsweise der Anblick einer
sympathischen Person oder einer Prominenten Person sein. Davon ausgehend, dass ein
prominentes Testimonial einen hohen Sympathiewert und ein hohes Ansehen beim
Empfänger der Botschaft hat, fungiert sie als positiver emotionaler Reiz und ist eine der
wichtigsten theoretischen Hypothesen für die Anwendung von Testimonialwerbung.
Der Erfolg von Produkten wird heute, in einer Zeit gesättigter Märkte, nicht mehr
vordergründig von der Qualität der Produkte abhängen, sondern eher von ihrem
emotionalen Gehalt und davon welche Erlebnis- und Gefühlswelten sie beim Käufer
auslösen. Der Einsatz von Prominenten ist ein oft eingesetztes Mittel um Produkte
emotional zu verpacken.
Ein weiterer Erklärungsansatz für die Wirkung von Werbung mit Testimonials, ist der
Einfluss eines Meinungsführers auf Konsumenten. Sie haben die Aufgabe, die Wirkung
zu verstärken und die Glaubwürdigkeit des Produktes zu erhöhen.9
Die Grundlage
dieses Ansatzes bildet die Theorie des Lernens am Modell. Danach lernen Konsumenten
durch Imitation und Modellierung. Die Verhaltensweisen der Vorbilder werden
nachgeahmt, in dem Glauben dadurch eine ähnlich positive Wirkung, Attraktivität oder
Status wie das Vorbild zu erlangen.10
6
Vgl. Meffert (1992), S. 55
7
Vgl. Trommsdorff (2002), S. 252
8
Vgl. Trommsdorff (2002), S. 253
9
Vgl. Meffert (1992), S. 95
10
Vgl. Meffert (1992), S. 96
7. 6
3. Definition und Einteilung von Testimonials
3.1 Begriffsdefinition
Das Wort Testimonial stammt ab vom lateinischen Bergriff „testimonium“
(Zeugenaussage, Zeugnis, Beweis). Das Testimonial soll dabei die Qualität und andere
ausgelobte Eigenschaften der beworbenen Marke bezeugen und für ihre Nützlichkeit
bürgen. Es soll außerdem die Glaubwürdigkeit der Marke steigern, indem es vorgibt,
das Produkt selbst zu verwenden. Unter dem Begriff Testimonialwerbung wird im
engeren Sinne Werbung verstanden, in der die Personen dem Zielpublikum bekannt
sind und somit prominent sind. Allerdings können im weiteren Sinne auch Personen für
die Testimonialwerbung zum Einsatz kommen, die unbekannt sind und dennoch als
Produktzeugen fungieren können.11
3.2 Einteilungsmöglichkeiten
Zur Einteilung und Kategorisierung von Testimonials gibt es in der Literatur keine
einheitliche Vorgehensweise. Die hier gewählte Unterscheidung ist eine unter mehreren.
Man kann Testimonials in vier wesentliche Personengruppen unterteilen: Experten,
typische Konsumenten, Unternehmensrepräsentanten und Prominente (Celebrities).
Wobei Experten nochmal unterteilt werden können in künstliche geschaffene einerseits
und authentische Experten andererseits.
Experten sind Personen, die eine außergewöhnliche Fachkenntnis in dem zu
bewerbenden Produktbereich besitzen. Künstlich geschaffene Experten sind z.b.
Klementine für Ariel oder Meister Proper für Meister Proper. Authentische Experten
sind beispielsweise Dr. James Best für Dr. Best.12
Typische Konsumenten sind gewöhnliche Menschen ohne Expertenstatus, die einer
bestimmten Konsumentengruppe angehören könnten. Dies können Kinder, Hausfrauen
oder auch Rentner sein. Sie sollen sich eher durch Natürlichkeit auszeichnen und
besitzen einen hohen Identifikationsgrad für die jeweilige Zielgruppe.13
Unternehmensrepräsentanten sind meist die Unternehmensgründer selbst oder eigene
Mitarbeiter des Unternehmens. Die Werbekampagnen für Joop!, in denen Wolfgang
Joop höchstpersönlich die Marke repräsentierte, sind ein gutes Beispiel dafür. Dies
11
Vgl. Murrmann (2008), S. 7
12
Vgl. Murrmann (2008), S. 9
13
Vgl. Murrmann (2008), S. 9
8. 7
bewirkte letztlich, dass er selbst zu einer Marke wurde und einen gewissen prominenten
Status erreichte. Auch künstlich geschaffene Unternehmensrepräsentanten sind hier zu
erwähnen. Bekanntestes Beispiel ist in dieser Gruppe Herr Kaiser von der
Versicherungsgesellschaft Hamburg-Mannheimer.14
Celebrities oder Prominente gehören zur beliebtesten Gruppe der Markenbefürworter.
Sie kommen in der Praxis am häufigsten zum Einsatz und haben in diesem
Zusammenhang die größte Bedeutung. Das Wort Celebrity leitet sich aus dem
lateinischen Wort „celeber“ ab und bedeutet „berühmt, vielgenannt, bekannt“.15
Im
weiteren Text soll das Wort „Celebrity“ gleichbedeutend zu der deutschen
Entsprechung „Prominenz“ verwendet werden. In Zeiten der Massenmedien zeichnen
sich Prominente nicht zwangsläufig durch herausragende Leistungen aus. Die reine
Medienpräsenz genügt oft um den Status einer Celebrity zu erreichen. Wie man am
Phänomen von Paris Hilton erkennen konnte, reicht eine durch Aufmerksamkeit der
Medien erzielte häufige Nennung und Ablichtung der eigenen Person aus, um die
Neugierde und das Interesse der Menschen zu wecken. Hinzu kommt die inflationäre
Entwicklung von Castingshows in privaten Fernsehkanälen, die solche konstruierten
Karrieren und Persönlichkeiten hervorbringt. Einzig das Kriterium der Einschaltquote
wirkt sich positiv auf die Chance aus prominent zu werden.
Die aufgrund ihrer Leistung in Bereichen wie Sport, Musik, Kunst, Medien, Wirtschaft
und Politik erworbene Bekanntheit und Prominenz scheint bei genauerem Hinsehen in
den meisten Fällen stabiler zu sein und kann in wenigen Fällen sogar zum Star-Status
führen. Die Unterscheidung zwischen Star und nur prominent, scheint für den Einsatz
als Testimonial von erheblicher Bedeutung zu sein. Als Abgrenzungskriterium sollten
die kontinuierliche Leistung und der Erfolg einer Person im Vordergrund stehen. Somit
könnte man zusammenfassend festhalten, „dass alle Stars als prominent angesehen
werden können, aber nicht alle Prominenten in die Kategorie Star fallen“.16
Der Focus der vorliegenden Arbeit liegt aufgrund des Themas, auf dem Typus der
Celebrity oder des Prominenten.
14
Vgl. Murrmann (2008), S. 10
15
Vgl. Murrmann (2008), S. 12
16
Vgl. Murrmann (2008), S. 13
9. 8
4. Geschichte und Entwicklung der Celebrity-Werbung
Die Geschichte der Nutzung von Prominenten in der Werbung ist fast so alt wie die
Werbung selbst. Mit Beginn der Massenproduktion und der damit einhergehenden
größeren Produktauswahl im 19. Jahrhundert, entstand die Notwendigkeit sich mit Hilfe
von Werbung von der Konkurrenz zu differenzieren. Ein früh erkanntes Mittel hierfür
war dabei die enge Bindung einer Marke an eine prominente Person oder einer
Personengruppe. Zur damaligen Zeit kamen als prominente Testimonials nur wenige
Personen in Frage. Lediglich die europäischen Kaiser oder einige Mitglieder von
Adelshäusern sowie wenige Politiker genossen ein derart hohes Ansehen, dass sie für
diese Art der Werbung geeignet erschienen. Wegen ihrer allgemein bekannten
Vergnügungssucht, wurde beispielsweise Marie-Antoinette, die Ehefrau von Ludwig
XVI, für die französische Champagner-Marke Heidsieck zur Vorzeigekonsumentin.17
Auch Johann Wolfgang von Goethe wurde aufgrund eines 1807 verfassten Briefes an
seine Schwiegertochter 200 Jahre später unfreiwillig zum prominenten Testimonial für
den Getränkeproduzenten Fachinger. In seinem Brief wünschte er Fachinger Wasser
„zur Befreiung des Geistes“18
(s. Abb. 1). Bis in die zwanziger Jahre hielt der Trend, auf
adlige Testimonials zu sehen an.
Mit der Verbreitung neuer Medien, wie die Schallplatte und des Films Anfang der
zwanziger Jahre, entstand eine weitere neue Schicht von Prominenten. Sänger,
Komponisten, Musiker und Filmschauspieler erreichten plötzlich eine viel höhere
Anzahl von Zuschauern und einen bis dahin noch nicht erreichten Bekanntheitsgrad.
Der Wiener Tenor Richard Tauber war einer der ersten bekannten Persönlichkeiten, der
auch als Testimonial für andere Produkte eingesetzt wurde. So warb er als Sänger und
Künstler für eine Automarke und sogar eine Zigarettenmarke wurde nach ihm
benannt.19
(s. Abb. 2)
Nach dem zweiten Weltkrieg und mit dem beginnenden Wirtschaftswunder Anfang der
fünfziger Jahre zeichnete sich eine allmähliche Marktsättigung ab. Dadurch kam
abermals die Notwendigkeit auf, sich durch individuelle Markenprofilierung mittels
Werbung von der Konkurrenz abzuheben. Die Celebrity-Werbung erlebte einen
Neuanfang. Gerade die Kosmetikindustrie der fünfziger Jahre setzte in ihrer Werbung
17
Vgl. Kriegeskorte (1999), S. 24
18
Vgl. Kriegeskorte (1999), S. 25
19
Vgl. Kriegeskorte (1999), S. 26
10. 9
auf prominente Anwenderinnen.20
Die Seifenmarke Luxor beispielsweise, spezialisierte
sich vor allem auf den Einsatz von Schauspielerinnen als Testimonial. „9 von 10
Hollywood-Filmstars benutzen Luxor Toilettenseife“, so der Slogan der Firma.
Namhafte Schauspielerinnen warben für die Billigseife, die durch den Einsatz der
Prominenten mit einem anspruchsvolleren Image versehen werden sollte.21
(s. Abb. 3)
Die Werbung mit Prominenten verzeichnete in den Sechzigern und den Siebzigern
einen deutlichen Rückgang. Der Anteil der Prominentenwerbung am gesamten
Anzeigenaufkommen war im Vergleich zu den fünfziger Jahren nicht mehr so hoch.22
Neben weltbekannten Stars, die von internationalen Anbietern in Deutschland eingesetzt
wurden, waren es vor allem Fachleute und Sportstars, die die Testimonialwerbung der
siebziger Jahre prägten.23
Der Gewinn der Weltmeisterschaft 1974 trug ein weiteres
dazu bei. (s. Abb. 4)
In den achtziger Jahren begann der Siegeszug der Konsumgesellschaft. Auch neue
Medien durchdrangen immer mehr die Haushalte. Der Computer, das Internet und die
privaten Fernsehsender veränderten die Freizeitgestaltung der Menschen. Medien und
Konsum verstärkten sich gegenseitig und die Schnelligkeit des Konsums von Medien
als auch von Gütern nahm zu und wurde immer hektischer. Durch das Anwachsen der
Fernsehkanäle vervielfachte sich auch die Zahl der Werbebotschaften und die Macht der
Bilder stieg. Marken wurden zu modernen Götzen. Das Tragen von Nike, Adidas oder
Reebok wurde zur Glaubensfrage.24
Amerikanische Fernsehsoaps und Spielshows
dominierten anfangs die neue Medienlandschaft und deren Protagonisten schafften es
auf Werbeanzeigen für deutsche Produkte. (s. Abb. 5)
Die Neunziger beschleunigten abermals die Werbefrequenzen in der Fernsehlandschaft
und somit stieg auch die Häufigkeit der Auftritte werbender Prominenter. In der neuen
Medienwirklichkeit gründete sich Prominenz nicht länger auf Talent oder Leistung.
Mediale Allgegenwart war das Rezept. Wer medial da war, galt als prominent, nicht
umgekehrt.25
Neue mediale Figuren entstanden und die Unterscheidung zwischen
Programm und Reklame wurde und wird im Massenmedium immer schwieriger.
20
Vgl. Kriegeskorte (1999), S. 30
21
Vgl. Kriegeskorte (1999), S. 38
22
Vgl. Kriegeskorte (1999), S. 68
23
Vgl. Kriegeskorte (1999), S. 70
24
Vgl. Freund (1999), S. 74
25
Vgl. Freund (1999), S. 83
11. 10
Sportler, Schauspieler, Models, Comedians, Moderatoren und Casting-show-Gewinner
eroberten die medialen Kanäle und wurden zu Celebrities. Einzig die mediale Präsenz
genügte um hervorzustechen und begehrenswert zu sein. (s. Abb. 6)
Werbung mit Prominenten besitzt eine weiterhin hohe Beliebtheit bei Firmen und
Markenherstellern. In den letzten Jahren hat sich ein neuer Trend im Rahmen der
Celebrity-Werbung abgezeichnet. Stars werden von Markenexperten oft als eigene
Marke betrachtet. Die meist sehr hohe Popularität wird neuerdings dazu genutzt eigene
Produkte zu entwickeln oder im Co-Branding Produktlinien herauszugeben.
Musterbeispiel dafür ist das schwedische Unternehmen H&M. Hier werden in
regelmäßigen Abständen gemeinsam mit Berühmtheiten aus den Medien (u.a.
Madonna) oder mit Stardesignern (u.a. Karl Lagerfeld, Roberto Cavalli), gemeinsame
Textil-Kollektionen entworfen und im Co-Branding für eine begrenzte Zeit verkauft.26
Ein weiteres Beispiel ist die von der Sängerin Anastasia mit einem Designerteam
entworfene Kollektion für S.Oliver.
5. Chancen von Testimonials in der Werbung
5.1 Aktuelle Herausforderungen in der Markenkommunikation
Die Markenkommunikation erlebt aktuell drei wesentliche Herausforderungen. Die
zunehmende Produktvielfalt, Gleichheit der Produkte in gesättigten Märkten und die
Informationsflut machen es den Markenanbietern immer schwieriger die
Aufmerksamkeit der Konsumenten auf sich zu ziehen.27
Die Erlebnisqualität einer
Marke wird zu einem immer wichtigeren Kriterium. Die Emotionalisierung der Marke
nimmt einen immer höheren Stellenwert bei den Werbetreibenden ein. Der enorme
Anstieg der Anzahl der TV-Werbespots verdeutlicht den immer stärkeren Wettbewerb
unter den Markenherstellern. Nach Schätzungen von Experten strömen in den
westlichen Industrieländern täglich ca. 3000 Werbebotschaften auf jeden Menschen
ein.28
Die Reizüberflutung überfordert und trägt eher zur Verwirrung der Verbraucher
bei, statt zu einer besseren Auswahlfähigkeit. Die Aufmerksamkeit des Konsumenten
hat sich zu einem hohen Gut entwickelt und bewirkt auf der Seite der Markenanbieter
die Notwendigkeit, Strategien zu entwickeln, um sich von der Masse der
26
Vgl. Murrmann (2008), S. 20f.
27
Vgl. Murrmann (2008), S. 31
28
Vgl. Murrmann (2008), S. 34
12. 11
Werbebotschaften abzuheben.29
Die Stärke der Marke wird für den langfristigen Erfolg
immer bedeutender.
5.2 Chancen des Einsatzes von Celebrity-Testimonials
Empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass Werbung mit Prominenten eine höhere
Aufmerksamkeit bewirken. Sie heben sich stärker von der breiten Masse der
Werbebotschaften ab und lösen aufgrund ihrer Bekanntheit stärkere Assoziationen
aus.30
Insbesondere scheinen Menschen ein starkes Interesse an Prominenten
Persönlichkeiten zu haben. Viele von ihnen dienen oft auch als Identifikationsfiguren
und werden von gewissen Zielgruppen als Meinungsführer eingestuft. Diese Art von
Autorität, die Celebrity-Testimonials in den Augen der Konsumenten einnehmen,
vermittelt ihnen das Gefühl des sozial Bewährten und Akzeptierten und wird damit zu
einer wichtigen Entscheidungshilfe.31
Die Chance der Markenanbieter und Unternehmen liegt insbesondere darin, die
Markenbekanntheit durch den Einsatz von Prominenten innerhalb kurzer Zeit
überdurchschnittlich zu steigern. Auch hat sich gezeigt, dass die Erinnerungsleistung im
Vergleich zu herkömmlichen Werbemaßnahmen ohne Prominente höher ist. Ein
weiterer Vorteil liegt in dem höheren Interesse der Boulevardmedien an Prominenten.
Durch Berichte von Werbeeinsätzen prominenter Persönlichkeiten in diesen Medien,
kann zusätzlich eine verstärkende Wirkung erzielt werden.32
Ein weiterer wichtiger Aspekt, ist der Imagetransfer des Prominenten auf das Produkt.
Man versteht darunter, die Übertragung von Eigenschaften wie Sympathie oder Status,
die von der Person des Prominenten ausgehen, auf das jeweilige Produkt. Aus Sicht des
Konsumenten überträgt sich mit Erwerb des Produktes das Image des Prominenten auf
das Produkt und somit auf den Käufer selbst. Was eine höhere Attraktivität des
Produktes nach sich zieht.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Vorteile und Chancen der Werbung mit
Celebrity-Testimonials in der Aktivierung der Verbraucher, der Steigerung der
Markenbekanntheit, der höheren Erinnerungsleistung an die Marke und dem positiven
Imagestransfer liegen.
29
Vgl. Murrmann (2008), S. 35
30
Vgl. Murrmann (2008), S. 39
31
Vgl. Cialdini (2006), S. 153f.
32
Vgl. Murrmann (2008), S. 40
13. 12
6. Risiken von Testimonials in der Werbung
Neben den Chancen, die durch den Einsatz von Celebrity-Testimonials entstehen,
existieren jedoch auch enorme Risiken. Wesentliche drei Problemfelder sollen in
diesem Abschnitt dargestellt werden.
Der Aspekt der Glaubwürdigkeit spielt für die Wirksamkeit einer Celebrity-Werbung
eine zentrale Rolle. Trotz hoher Fachkompetenz der Prominenten Person im
Produktbereich und trotz einer großen Vertrauenswürdigkeit die die Person bei der
jeweiligen Zielgruppe genießt, kann es durch eine unverhältnismäßige Verbindung
zwischen Testimonial und Produkt zu Verlust von Glaubwürdigkeit kommen. Um
Glaubwürdigkeit zu erzeugen muss laut diverser Studien, die Wertigkeit des
Prominenten zur Wertigkeit der beworbenen Marke passen. Beispielsweise passt die
Person „Michael Schumacher“ als damaliger Formel-1-Weltmeister mit Ferrari, nicht
zur Wertigkeit der Automarken Renault und Ford. Somit waren seine
Testimonialeinsätze für diese Marken auch nicht von Erfolg gekrönt.33
Eine
Übervermarktung des Testimonials kann auch zu Glaubwürdigkeitsverlust führen.
Wenn ein Prominenter für mehrere Marken gleichzeitig wirbt, wird er zunehmend
unglaubwürdiger und verliert sogar an Sympathie.34
Auch die Maßlosigkeit gewisser
Prominenter, zu viele Werbeaufträge anzunehmen wirkt sich negativ aus. Der Vorwurf,
nur des Geldes wegen zu werben, wird dann immer lauter.
Ein weiteres Problem, ist die Gefahr von Fehlverhalten prominenter Testimonials in der
Öffentlichkeit. Dies kann enorme Imageverluste zur Folge haben und sich auch negativ
auf die Marke auswirken. Beispielsweise können Dopingvorwürfe bei Sportlern,
Skandale, Alkoholprobleme oder Steuerhinterziehungen schmerzhafte Imageschäden
anrichten.35
Der Einfluss auf die Kaufbereitschaft, die durch Testimonialwerbung erzielt werden
soll, ist bei vielen Autoren umstritten. So lässt sich gerade bei etablierten Marken, kaum
Einfluss durch die Testimonialwerbung auf die Einstellung gegenüber den Marken
herausfinden. Die bereits etablierten Einstellungen und Erfahrungen gegenüber den
33
Vgl. Murrmann (2008), S. 89f.
34
Vgl. Fanderl (2005), S. 133
35
Vgl. Fanderl (2005), S. 131
14. 13
Produkten waren derart gefestigt, dass auch Prominente in der Werbung keinen weiteren
Einfluss erzielen konnten.36
7. Kriterien zur Auswahl von Celebrity-Testimonials
Für die Auswahl geeigneter Testimonials und für die Bewertung der Erfolgschancen
gibt es eine Vielzahl von Modellen. Grundsätzliches lassen sich drei Kriterien anführen,
die für eine Bewertung nützlich sind.37
Zu bewerten sind die Eigenschaften der prominenten Persönlichkeit. Dazu gehören
Glaubwürdigkeit, Attraktivität, Bekanntheit, Erfolg im Kerngeschäft und Stabilität der
Persönlichkeit.
Hinzu kommt die Bewertung der Historie als Celebrity-Testimonial, d.h. die aktuellen
und vergangenen Auftritte.
Als dritter Punkt wird der Fit-Wert des Prominenten sowohl mit dem Marken-Ist-Image
als auch mit dem Marken-Soll-Image verglichen. (s. Abb. 7)
8. Fallbeispiel Sara Nuru als Testimonial für C&A
8.1 Marke C&A
Die Mode-Marke C&A ist ein traditionsreiches Unternehmen und besteht bereits seit
1841. Anfang der Neunziger Jahre war C&A sogar Branchenprimus mit einem Umsatz
von mehr als 4,1 Mrd. Euro und einem Marktanteil von knapp 10%. Nach einer
Durststrecke in den 1990er Jahren, bei der die Umsätze um fast 40% fielen, befindet
sich das Haus seitdem wieder auf stabilem Wachstumspfad.
Die Altersstruktur der C&A Kunden liegt zum größten Teil bei über 40. Laut einer
GfK-Studie sind nur etwa 10% unter 30 Jahre alt. Und zwei Drittel der C&A Kunden
über 40 Jahre alt. Und fast ein Drittel der Kunden sind über 60 Jahre alt. Aus einer
Repräsentativbefragung ging außerdem hervor, dass C&A Kunden erste gegen Ende der
Saison Kleidung kaufen, sehr auf Sonderangebote fixiert sind und neuen Modetrends
36
Vgl. Fanderl (2005), S. 133
37
Vgl. Murrmann (2008), S. 84
15. 14
eher gleichgültig gegenüber stehen. Sie schätzen die Übersichtlichkeit in der
Warenpräsentation und ihre Werte sind eher familienorientiert und besinnlich.38
Für eine Werbung mit prominenten Testimonials bieten sich aufgrund der besonderen
Käuferschicht eher ältere Prominente an und sollten auf die Werte der C&A-Kunden
abgestimmt werden.
8.2 Eigenschaften des Celebrity-Testimonials Sara Nuru
Sara Nuru ist ein 1989 geborenes deutsches Fotomodell, das durch die Castingshow
„Germany’s Next Topmodel“ bekannt wurde. Im Jahre 2009 ging sie als erste
dunkelhäutige Siegerin des bei Pro-Sieben ausgestrahlten Formats hervor. Mittlerweile
konnte sie einige Werbeverträge an Land ziehen und warb u.a. für Sony-Ericsson,
Nintendo, Reebok und neuerdings für das Bekleidungshaus C&A. Der Düsseldorfer
Modefilialist engagierte die Newcomerin als Testimonial für die neue Lingerie-
Kampagne, in der Sara Nuru frech und mit jugendlichem Flair die Kollektion
präsentiert.
Die Glaubwürdigkeit der Celebrity Sara Nuru könnte man in ihrer Zielgruppe als relativ
hoch bezeichnen. Als Gewinnerin der berühmten Castingshow wird ihr im Bereich
Mode eine gewisse Erfahrung und Geschmack zugetraut. Die Vertrauenswürdigkeit von
Sara Nuru ist ebenfalls nicht beschädigt. Als Newcomerin mit noch wenigen Aufträgen
und keinem Fehlverhalten in der Öffentlichkeit hat sie ihre Vertrauenswürdigkeit halten
können. Das Wertverhältnis zur Marke ist auch gegeben. Da sie für ein preisgünstiges
Segment wirbt passt es auch zu ihrem Status als junges aufstrebendes Model.
Die Attraktivität der Person Sara Nuru könnte man auch als im mittleren Bereich
angesiedelt einstufen. Mit einiger Medienpräsenz im TV während der Castinshow
gelangte sie zu respektabler Bekanntheit in ihrer Zielgruppe, die sich eher aus der
Zielgruppe der Zuschauer der Castingshow rekrutiert. Diese liegt bekanntermaßen
verstärkt im jüngeren Bereich und vorwiegend bei jungen Mädchen. Die physische
Attraktivität und die Persönlichkeit könnte man ebenfalls als positiv und gegeben
einstufen.
38
Vgl. Albaum (2003), S. 53f.
16. 15
9. Schlussbetrachtung und Fazit
Kritische Punkte liegen im Bereich des Identifikationspotentials mit der Marke C&A.
Als junge Castingshow-Gewinnerin bedient sie eher die jüngere Käuferschicht mit
ihrem Celebrity-Image. Die unterschiedlichen Zielgruppen zwischen Testimonial und
Bekleidungsmarke sind als eher problematisch einzustufen. Vermutlich können typische
C&A-Käufer das Testimonial nicht als Identifikationsfigur annehmen, weil kein Bezug
vorhanden ist.
Der stylische und junge Charakter den sich C&A damit geben möchte, wird die
Zielgruppe wenig ansprechen und vermutlich sogar für Verwirrung sorgen und könnte
die Werbung unglaubwürdig machen. Die Lingerie-Kollektion könnte bei den Käufern
so nicht die nötige Aufmerksamkeit bekommen und auch nicht viele Käufer finden.
C&A sollte bei der Wahl eines prominenten Testimonials stärker die Kernzielgruppe
der über 40jährigen im Auge behalten und eine nicht derart starke Fixierung auf ein
jugendliches und modisches Image verfolgen.
17. III
Literaturverzeichnis
Albaum, M. (20. 02 2003). C&A vs. H&M: Die Meinung der Kunden.
Textilwirtschaft(08).
Cialdini, R. B. (2006). Die Psychologie des Überzeugens. Bern.
Fanderl, H. S. (2005). Prominente in der Werbung. Empirische Untersuchungen zur
Messung, Rezeption und Wirkung auf Basis der Markenpersönlichkeit.
Wiesbaden.
Freund, W. (1999). Entertainement Advertisement Show. In V. Albus, & M.
Kriegeskorte, Kauf mich! - Prominente als Message und Markenartikel. Köln.
Kriegeskorte, M. (1999). "Fünf Könige, zwei Königinnen, eine königliche Prinzessin,
acht Fürsten, sieben Herzöge...". Ein Blick zurück. In V. Albus, & M.
Kriegeskorte, Kauf mich! - Prominente als Message und Markenartikel. Köln.
Meffert, H. (1992). Marketingforschung und Käuferverhalten. Wiesbaden.
Meffert, H. (2000). Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung.
Konzepte - Instrumente - Praxisbeispiele. Wiesbaden.
Murrmann, F. (2008). Celebrity-Testimonial Communication. Einsatzkriterien und
Auswahlmodelle für Celebrity-Testimonials. Saarbrücken.
Trommsdorff, V. (2002). Konsumentenverhalten. Stuttgart.
18. IV
Anhang:
Abb. 1: Goethe für Fachinger39
Abb. 2: Richard Tauber für Mercedes-Benz, 192240
39
Quelle: Kriegeskorte (1999), S. 25
40
Quelle: Kriegeskorte (1999), S. 27
19. V
Abb. 3: Marilyn Monroe für Luxor, 1951-5741
41
Quelle: Kriegeskorte (1999), S. 34
20. VI
Abb. 4: Gerd Müller für Mars, 197142
42
Quelle: Kriegeskorte (1999), S. 73
21. VII
Abb. 5: Joan Collins für Ideal Standard, 198743
Abb. 6: Verona Feldbusch für Iglo44
43
Quelle: Freund (1999), S. 83
44
Quelle: Spießer Alfons - Wenn der Berg ruft: Matjes, jes, jes, jes!
http://www.horizont.net/standpunkt/spiesseralfons/pages/protected/show.php?id=358, (Stand:
26.07.2011)