3. Das Kurswiki
⢠http://wissenschaftstheorie.wikispaces.com/
Aufgabenstellungen
⢠1. Anwesenheit zu allen Präsenzsitzungen
⢠2. Erledigung der Aufgabenstellungen während des Semesters (unbenotet)
⢠3. Anfertigen von drei Mikroartikeln (maximal eine Seite) zu mindestens drei
Themen, die im Kurs besprochen wurden
⢠4. Anfertigen einer Conceptmap zum Thema "Vorgehen bei einer empirischen
Untersuchung" oder "Grundbegroffe der Wissenschaftstheorie", in der die
zentralen begriffe, die im Kurs thematisiert wurden auftauchen und in Beziehung
zueinenader gesetzt werden.
⢠5. Kurze Gesamtreflexion Ihrer Lernergebnisse in Form eines Mikroartikels
(maximal eine Seite)
⢠Abgabe der Mikroartikel plus Reflexion in einem Dokument von maximal 4 Seiten 3
bis 15.12.2012
12. Was sind charakteristka von
Wissenschaft?
⢠Stellen Sie sich einmal vor, Sie mßssten
âWissenschaftâ definieren?
⢠5 Minuten, Kartenabfrage
12
14. WissenschaftâTheorieâWissenschaftstheorie
Was ist Wissenschaft?
ď§ Systematische Tätigkeit: neue Erkenntnisse
hervorbringen, Fragen stellen, Vorhersagen treffen
ď§ Arbeitet prognostisch, normativ oder empirisch
ď§ Arbeitet entlang einer benennbaren Methodik
ď§ Bietet detailgenaue Beschreibungen, Erklärungen und
Interpretationsvorschläge
ď§ Belegbarkeit, ĂberprĂźfbarkeit, Reproduzierbarkeit 14
15. Was ist Wissenschaft?
Beansprucht allgemeine GĂźltigkeit? Produziert
letztgßltige Wahrheiten? Oder macht Vorschläge
in einem offenen Diskussionsprozess?
Unterschied zwischen Meinung und Wissen,
zwischen Wissenschaft und Ideologie â was als
Ideologie gilt, ist geknĂźpft an gesellschaftliche
Bedingungen
Denken und Arbeiten innerhalb eines
institutionalisierten Rahmens â Spielregeln
und Zwänge des Wissenschaftsbetriebs 15
28. Wissenschaftstheorie PS TEF 2
Was tun WissenschafterInnen?
Beobachten, beschreiben, erklären, interpretieren ...
ABER
ď§ Fakten werden nicht durch korrekte Methoden
âentdecktâ, sondern âgeschaffenâ und interpretiert
ď§ Auswahl der
Studienobjekte, Perspektive, Untersuchungseinheit ...
entscheidet Ăźber Erkenntnis!
ď§ Auswahl ist nicht neutral: theoretisches
28
Grundverständnis, persÜnliche Erfahrungen und
Vorlieben, ontologische Position des/der Forschenden ...
29. Wissenschaftstheorie PS TEF 2
Forschungsprozess beginnt mit Vor-
Urteilen, aber ....
ď§ intersubjektive ĂberprĂźfbarkeit
ď§ methodische Nachvollziehbarkeit
ď§ Beweis- und BegrĂźndungspflicht
ď§ âĂffnenâ fĂźr PrĂźfung, Diskussion, Kritik
29
31. ⢠Wiederholung und Anknßpfung
⢠Abschluss Wissenschaftstheorie
⢠Fortsetzung der Vorlesung zu Themen âWissenâ, âForschungâ,
⢠Simulation/ Konferenz zum Thema âWissenschaftstheoretische
Grundpositionenâ (Gruppen)
⢠Empirische Sozialforschung
⢠Vorlesung Grundbegriffe
⢠Berßhmte Studien
⢠Definition eigenes Forschungsvorhaben (Gruppen)
31
32. Wiederholung 1
Beispiele von âklassischenâ wissenschaftstheoretischen
Problemfeldern:
⢠Argumentation und Begrßndung
⢠Methoden der Wissensgewinnung bzw. des
Erkenntnisgewinns
⢠Struktur und Bedeutung von Theorien
⢠Das Verhältnis von Theorie und Empirie
⢠Das Verhältnis von Theoriebildung und Wirklichkeit
⢠Interdisziplinarität und Transdisziplinarität
⢠Die Frage nach dem Fortschritt der Wissenschaft.
32
33. Wiederholung 2
Beispiele fĂźr Fragen, womit sich Wissenschaftstheoretiker
beschäftigen:
⢠Was sind âwahreâ Aussagen und wie findet man sie?
⢠Wann ist eine Erklärung wissenschaftlich?
⢠Wie entsteht Wissen?
⢠Wie kÜnnen wissenschaftliche Theorien gefunden werden?
⢠Wie kann man wissenschaftliche Theorien ßberprßfen?
⢠Unter welchen Bedingungen sind wissenschaftliche Theorien
gĂźltig und wie kann man sie begrĂźnden?
⢠Ab wann ist eine Erkenntnis âwissenschaftlichâ?
33
34. Wiederholung 3
Beispiele fĂźr Fragen und Problemfeldern:
⢠Wie entsteht Wissen?
⢠Ist eine echte Objektivität mÜglich?
⢠Welche Auswirkungen hat die Intersubjektivität auf die
Wirtschaft?
⢠Formal-logische Problemen, wie die Klärung von
Grundbegriffen, wie
âTheorieâ, âWissenschaftâ, âObjektivitätâ, âReliabilitätâ
34
36. Was ist Wissen?
Wissen steht in der allgemeinen Literatur fĂźr ein kognitiv
vorhandenes Schema, das bei Individuen und/oder Gruppen aus den
gemachten Erfahrungen resultiert und welches sich aus der
Handhabung von Sachverhalten und Situationen nachhaltig durch die
Anwendung von Informationen und Regeln bestimmen und
begrßnden lässt.
Vgl. Brockhaus, Band 30, 2006, S. 200.
SS 2010
Erstellt von Christian Vogel, Master of Arts, Dipl.-Ing, Dipl.-Wirt.-Ing
37. Auch anders ausgedrĂźckt!
Wissen ist die Kombination von Daten und Information, unter
Einbeziehung von Expertenmeinungen, Fähigkeiten und
Erfahrung, mit dem Ergebnis einer verbesserten
Entscheidungsfindung. Wissen kann explizit und/oder
implizit, persĂśnlich und/oder kollektiv sein.
Vgl. Europäischer Leitfaden zur erfolgreichen Praxis im Wissensmanagement, Cen (2003), S.10.
SS 2010
Erstellt von Christian Vogel, Master of Arts, Dipl.-Ing, Dipl.-Wirt.-Ing
38. Wissen
Ein durchschnittlicher Mensch hat nach ca. 1 Monat 98% seiner
zuvor aufgenommenen Informationen wieder vergessen.
Selbst, wenn er versuchen wollte, vieles zu behalten, verliert er
nach Erhalt und Aufnahme der Information 50% bereits nach
einer halben Stunde und ca. 2/3 nach einem Tag.
Vgl. Klaus Grochowiak (2007) :NLP Practitioner Handbuch, Paderborn: Junfermann Verlag, S. 112.
SS 2010
Erstellt von Christian Vogel, Master of Arts, Dipl.-Ing, Dipl.-Wirt.-Ing
39. Wissensbestandteile
Experte
Anwender
Kompetenz
Beginner
Prozessschritte im Unternehmen
Novize
WertschĂśpfung
Wissen
Information
Daten
SS 2010
Erstellt von Christian Vogel, Master of Arts, Dipl.-Ing, Dipl.-Wirt.-Ing
40. Implizites vs. Explizites W.
Explizites Wissen âDoch wie gut das
niemand weiĂ,
dass ich
Rumpelstilzchen
heiĂ.â
âWe know more than we can tellâ.
Polanyi, Michael 1966.
SS 2010
Implizites Wissen
Erstellt von Christian Vogel, Master of Arts, Dipl.-Ing, Dipl.-Wirt.-Ing
41. Unterscheidung von Wissen
Die Unterscheidung von Wissen in implizites und explizites
stammen von Nonaka/Takeuchi (1995) gem. Polanyi (1985). In
ihren AusfĂźhrungen gehen sie davon aus, dass der Bezug zum
Wissensmanagement nicht nur Ăźber das explizite, sondern
vielmehr auch Ăźber das implizite Wissen erfolgen muss.
Vgl. Nonaka/Takeuchi, 1997, S. 72 ffg.
SS 2010
Erstellt von Christian Vogel, Master of Arts, Dipl.-Ing, Dipl.-Wirt.-Ing
43. Wissensarten?
Sachwissen Handlungswissen
Know what Know how
Explizites Wissen Implizites Wissen
Sprachlich artikuliert; vom Nicht direkt artikulierbar;
Wissensträger trennbar erfahrungsabhängig
Organisationales Wissen Individuelles Wissen
Wissen der Organisation Wissen der
Organisationsmitglieder
Abb. : Verschiedene Formen von Wissen:
Quelle: Reinmann-Rothmeier, 2001, S. 17.
SS 2010
Erstellt von Christian Vogel, Master of Arts, Dipl.-Ing, Dipl.-Wirt.-Ing
44. Stillschweigendes Wissen
⢠Fßr Nonaka/Takeuchi besteht implizites Wissen aus technischen
und kognitiven Elementen. Dabei stellt der technische Aspekt das
konkrete KnowHow, das handwerkliche Geschick und die
Fertigkeiten dar. Die kognitiven Elemente vereinen die mentalen
Modelle, durch die das Individuum Analogien erzeugen und
handhaben kann.
⢠Als Erweiterung der bisherigen Ausfßhrungen betrachten
Nonaka/Takeuchi Wissen als eine Eigenschaft, die aus der
permanenten Entwicklung durch Interaktion von implizitem und
explizitem Wissen generiert wird. Diese Dimension der SS 2010
Wissensschaffung beschreiben sie als Form einer Wissensspirale.
Vgl. Nonaka/Takeuchi, 1997, S. 72 ffg.
Erstellt von Christian Vogel, Master of Arts, Dipl.-Ing, Dipl.-Wirt.-Ing
45. Implizites vs explizites W.
Explizites Wissen Implizites Wissen
Kodierbares Wissen Stillschweigendes Wissen
Informationen in BĂźchern, Anweisungen, Einstellungen
Formeln, Zeichnungen Informationen,
Diagrammen, Plänen, Filmen, auf Erfahrungen
Tonbändern /-trägern, usw. dokumentiert Fertigkeiten
sind
Kenntnisse KĂśnnen, Kompetenz
Vermitteln durch Unterricht Vermitteln durch Anwendungsbezug
Erworben durch Studien Erworben durch Nachahmen, Ăben und
kontinuierliches Verbessern
Abb.: Unterschiede zwischen explizitem und implizitem Wissen: SS 2010
Quelle: Ahlert, Olbrich, SchrĂśder (Hrsg.), 2006, S. 42.
Erstellt von Christian Vogel, Master of Arts, Dipl.-Ing, Dipl.-Wirt.-Ing
49. Was tun WissenschafterInnen?
Beobachten, beschreiben, erklären, interpretieren ...
ABER
â(E)very statement of fact implies
assumptions about what is
considered factural ...â
Kees van der Pijl
49
51. Was ist Theorie?
ď§ vollständige, durchgängige, in sich widerspruchsfreie
und präzise Erfassung des Gegenstandes
ď§ Logische Aussagen und Thesen darĂźber, wie die
soziale Welt strukturiert ist, wie sie âfunktioniertâ
ď§ wie ihre Teile und diese mit dem âGanzenâ
zusammenhängen
ď§ Entwickelt eine eigene Sprache, hat eine bestimmte
Grammatik, legt Bedeutungen fest 51
52. Was ist Theorie?
ď§ Theorie = modellhaft, die abstrakte Essenz
abbildend
ď§ Entwicklungen der Vergangenheit erklären
und Voraussagen fĂźr die Zukunft treffen
ď§ intersubjektiv ĂźberprĂźfbar (Empirie!)
52
53. Wozu Theorie?
ď§ um Informationen / âFaktenâ zu ordnen
ď§ Werkzeuge, um die soziale Welt zu verstehen bzw.
zu deuten
ď§ Probleme zu definieren
ď§ MĂśglichkeiten fĂźr Handeln zu erkennen bzw. zu
entwerfen
ď§ Den Radius des Mach- und Denkbaren, des Sag-
und Wissbaren erweitern 53
54. Wozu Theorie?
Theorie beeinflusst die Wahl des
Untersuchungsgegenstandes &
die Interpretation der Ergebnisse
âtheoriegeleitete Forschungâ
âtheoriebeeinflusste Fragestellungâ 54
55. Ausgewählte Zitate: Theorie
Theory is a set of logical propositions
âŚabout how the real world is structured,
or the way in which it operates (âŚ)
which aim to explain how development has
occurred in the past, and/or how it should
occur in the future.
Robert P. Potter (2002) 55
56. Was ist Theorie?
Theoretical perspectives serve to define the
nature of and the problems within the âreal
worldâ of the political economy.
General theory or ontology (âŚ) involves
assumptions regarding the nature of a lived
reality, the way that parts of this reality relate
to the whole, and how that reality changes or
might change over time. 56
Stephen Gill (1993)
57. Was ist Theorie?
There is no theory in itself,
no theory independent of a concrete
historical context. (...)
Theory is always for someone and for
some purpose.
Robert Cox (1995)
57
59. Was ist Wissenschaftstheorie?
ď§ Wissenschaftstheorie setzt sich mit den
Bedingungen auseinander, unter denen
Wissenschaft entsteht und betrieben wird
ď§ Reflexion Ăźber Theorie und die
Konstruktionsregeln von Wissenschaft
59
62. Wissenschaftstheorie â wozu?
ď§ Welche (Vor-)Annahmen haben wir Ăźber die
soziale Welt, die wir beforschen?
ď§ Wie positionieren wir uns selbst als
Forschende?
ď§ Wie und mit welchen Techniken kĂśnnen wir
soziale Phänomene erkennen und erforschen?
62
67. Ein klares Verständnis ßber unsere
Annahmen ist notwendig, um
ď§ Verwirrung bei der Diskussion von
theoretischen Standpunkten und Zugängen zu
vermeiden
ď§ andere Positionen zu erkennen und die
eigenen Positionen zu begrĂźnden
ď§ den Zusammenhang zwischen den
SchlĂźsselkomponenten von Forschung
soziale Realität, Erkenntnisprozess und 67
Methodologie/Methoden â zu verstehen
69. Subjektivität â Objektivität â
Intersubjektivität
⢠Ist absolute Objektivität mÜglich?
⢠unterschiedliche Wahrnehmung von âRealitätâ (Welt 1) z.B. durch
⢠Selektion der Eindrßcke
⢠Vorverständnis von Begriffen/Prägungen
⢠Assoziationen
⢠Kenntnisstand bei Beobachtung
⢠Verfßgbarkeit von Messinstrumentarien
⢠Abhängigkeit der Messergebnisse von GrĂśĂenkonventionen
⢠Deshalb keine absolute Objektivität mÜglich
Š Anselm Dohle-Beltinger
2010
71. Ist Subjektivität
wĂźnschenswert?
⢠Beschreibungen kÜnnen nicht nachvollzogen werden
⢠Theorien kÜnnen nicht ßberprßft werden
⢠keine âWahrheitâ, sondern nur âMeinungâ
⢠kein Erkenntnisgewinn mÜglich
2010
Š Anselm Dhle-Beltinger
72. LÜsung: Intersubjektivität =
ârelativeâ Objektivität
⢠anerkennt UnmÜglichkeit der absoluten Objektivität
⢠verhindert reine Subjektivität; verlangt Wiederholbarkeit der
Feststellung = Reliabilität
⢠verlangt Nachvollziehbarkeit der Kategorisierung durch jedermann
durch jeden Qualifizierten
⢠durch Beschreibung der Kategorien
⢠Erarbeitung von zusätzlichen Prßfverfahren, die unabhängig vom
Einzelbeobachter sind (maschinelle Messung o.ä.)
73. Verifikation und Falsifikation
Aussage ßber Theoriebestätigung
⢠Gßltigkeit/Wahrheit einer Theorie
⢠nur dann wahr, wenn alle Aussagen logisch aufeinander aufbauen
und einzeln positiv nachweisbar =
Theoriebildung durch verifizieren (Verifikation)
oder
⢠schon dann (und nur solange wie) wahr/gßltig, wenn ich keine der
Theorie widersprechende Beobachtung mache =
Theoriebildung durch falsifizieren (Falsifizierung)
⢠Die Qualität einer Theorie ist um so besser, je leichter sie
sich falsifizieren lassen mßsste, aber nicht lässt
74. Der Status quo
⢠Falsifikation
⢠Gewinnung meist durch Induktion
⢠Paradigmen als Tatsache und Herausforderung, auf anderen Wegen
zu denken akzeptiert
⢠schwer, einmal falsifizierte Theorien endgßltig zu beseitigen (anders
z.B. ptolemäisches und kopernikanisches Weltbild)
⢠Ănderung der Umstände oder von deren Wahrnehmung kann sie
wieder aktivieren
75. Allgemeine Grundsätze
wissenschaftlichen Arbeitens
(1)
⢠Bei jeder Untersuchung ist die Art des Gegenstandes zu klären.
⢠In der Phase der Ideensuche zur LÜsung einer Frage oder eines
Problems sind prinzipiell alle Methoden erlaubt.
76. Kriterien jeglicher
Informationsbeschaffung
⢠Gesuchte Daten
⢠Relevanz, d.h.nur problembezogene Daten
⢠Vollständigkeit (Kosten!) der relevanten Daten
⢠Intersubjektivität (Nachvollziehbarkeit fßr Dritte)
⢠Reliabilität (Reproduzierbarkeit der Daten/Ergebnisse)
⢠Validität (Repräsentativität der Beobachtungen fßr die Grundgesamtheit)
Sonst Missinterpretation, Spekulation oder gar Fälschung zu erwarten
77. Allgemeine Grundsätze
wissenschaftlichen Arbeitens
(2)
⢠Ideensuche mit klar definierten Aussagen beenden
Diese Aussagen sind Hypothesen. Popper formuliert die Regel: Je
spezifischer und genauer Hypothesen sind, desto besser sind sie, weil sie
leichter widerlegt werden kÜnnen. Hält eine Hypothese dann dennoch
stand, dann ist sie auch brauchbarer.
⢠zweckmäĂig, stets mit einer Gliederung zu beginnen
es zeigt sich, welche Gliederungsteile sich bewähren, welche wegfallen
und welche ergänzt werden mßssen
78. Allgemeine Grundsätze
wissenschaftlichen Arbeitens
(3)
⢠Ergebnisse: Trennen zwischen
⢠rein beschreibenden (deskriptiven) und
⢠empfehlenden (normativen) Aussagen
⢠fßr Letztere: Basis der Bewertung offenlegen; dann kann ßber
Werturteil rational gesprochen werden, selbst wenn keine
Einigkeit Ăźber die Werte herrscht.
⢠Es interessieren nicht nur die zielfßhrenden Wege, sondern
auch die verworfenen und die GrĂźnde dafĂźr
80. Grundlegende Begriffe
ď§ Ontologie: Lehre des Seins
Was existiert? Was kann erforscht werden?
ď§ Epistemologie: Lehre des Wissens
Was kĂśnnen wir wissen? Wie kĂśnnen wir Wissen
erlangen?
ď§ Methodologie: Lehre von den Methoden
Mit welchen Mitteln und Methoden kann 80
systematisch Wissen gewonnen werden?
81. Wissenschaftstheorie PS TEF 2
Grundlegende Begriffe
ď§ Methodologie: Lehre von den Methoden
Mit welchen Mitteln und Methoden kann
systematisch Wissen gewonnen werden?
ď§ Methode: Art und Weise des Vorgehens, um
ein bestimmtes Ziel mit bestimmten Mitteln zu
erreichen
ď§ Quellen 81
83. Grundlegende Begriffe
Ontologie
What is out there to know about?
who we are
Epistemologie Methodologie
What and how can we How can we go about
83
know about it? acquiring knowledge?
how to know how and what to do
84. Warum sich damit auseinandersetzen?
Ontologische und epistemologische Positionen âŚ
âshould not be treated like a âThey are like a
sweater that can be `put skin not a sweater:
on when we are addressing they cannot be put
such philosophical issues on and taken off
and `taken off when we whenever the
are doing research.â researcher sees fit.â
...prägen Zugang zu Gegenstand, Theorie, 84
Methoden
Quelle: Marsh/Furlong 2002
87. Rationalismus
⢠Rene Descartes (1596-
1650): âIch denke, also
bin ich.â
⢠Die Sinne kÜnnen
täuschen, deshalb kann
ich mich nur auf die
Vernunft verlassen.
⢠Geometrie als ideale
Wissenschaft
89. Empirismus
⢠Francis Bacon (1561-1626):
âWissen ist Machtâ
⢠Alles Wissen stammt
letztendlich aus der
Sinneserfahrung.
⢠Induktion: Durch genaue
Beobachtung erkennen wir
Strukturen und
RegelmäĂigkeiten.
⢠Je hÜher die Zahle der
Beobachtungen
(Experimente) desto
glaubwĂźrdiger die
abgeleiteten Sätze
⢠John Locke, David Hume
92. Induktion
⢠Mehrere Beobachtungen
Querverbindungen suchen
erklärender Grundsatz
nächste Abstraktionsebene der Theorie
Ursprung des Geschehens.
Beispiel Newton und die Gravitation:
Beobachtung: 5 verschiedene Gegenstände fallen alle auf der gleichen
Linie zu Boden;
Theorie: Jeder Gegenstand fällt auf gleicher Linie zu Boden (Bei
Federn z.B. im Vakuum)
HĂśhere Ebene: die grĂśĂere Masse zieht die kleinere in Richtung ihres
Schwerpunktes.
93. Fragen zur Induktion
⢠Muss ich nicht schon eine Vorstellung von der Theorie
haben, um die richtigen Beobachtungen zu machen?
⢠Kann ich eine derartige Theorie verifizieren, wenn ich doch
nur eine endliche Anzahl von Beobachtungen habe?
94. Deduktion
⢠Bei der Deduktion gehe ich von einer allgemeinen Forderung
(Postulat) aus und leite daraus zunehmend konkrete und damit
beobachtbare Forderungen ab.
Beispiel Heisenbergs Unschärfetheorem:
⢠Bei kleinsten Teilchen ist nicht zugleich Lage und Bewegung
beobachtbar.
⢠Untere abgeleitete Theorieebene: ich kann nur
Aufenthaltswahrscheinlichkeiten angeben.
⢠Beobachtung: Die Aufenthaltsorte der Elektronen lassen sich nur
als Wolken, nicht als feste Bahnen beschreiben.
95. Fragen zur Deduktion
⢠Ist es akzeptabel, dass zunächst ohne Rßcksicht auf die
Wirklichkeit einfach postuliert wird?
⢠Ist eine Theorie schon bei einem Gegenbeispiel falsch?
97. Karl Popper (1902-1994):
Kritischer Rationalismus
⢠Aufgrund des Induktionsproblems wissen wir nie, ob wir
die Wahrheit erreicht haben, wir nähern uns dieser aber
permanent an.
⢠Falsifikation statt Verifikation
⢠Hält eine Theorie der Prßfung hingegen stand, so
bewährt sie sich, ohne dass die Theorie dadurch besser
(wahrscheinlicher, glaubwĂźrdiger) wird.
⢠Falsifikation als Kriterium fßr wissenschaftliche Aussagen.
⢠An die Stelle des Beweisdenkens tritt die Idee der
kritischen PrĂźfung.
⢠Marxismus und Psychoanalyse hält Popper nicht fßr
Wissenschaft
98. Karl Popper
⢠âEin anderes Kochrezept ist:
Schreibe schwer
verständlichen Schwulst und
fĂźge von Zeit zu Zeit
Trivialitäten hinzu. Das
schmeckt dem Leser, der
geschmeichelt ist, in einem
so âtiefenâ Buch Gedanken
zu finden, die er selbst
schon mal gedacht hat.â
99. Kritischer Rationalismus
⢠Relativismus oder Dogmatismus? Und was gibt es dazwischen?
⢠An die Stelle des Beweisdenkens tritt die Idee der kritischen Prßfung
⢠âIch kann mich irren. Vielleicht hast du Recht. Zusammen kommen
wir vielleicht der Wahrheit auf die Spur.â
⢠Politik: âWie kĂśnnen schlechte Herrscher unblutig abgeschafft und
Missstände beseitigt werden kĂśnnen.â
statt
âWie errichten wir die ideale Gesellschaftsordnung?=
⢠Bewusstsein der Fehlbarkeit
⢠Forderung nach der ständigen kritischen Prßfung von
Ăberzeugungen und (wissenschaftlichen) Theorien
⢠methodisches und rationales Vorgehen bei der LÜsung von
Problemen (Methodischer Rationalismus).
102. Wissenschaftstheoretische Grundpositionen
Positivismus Epistemologische Grundposition
ď§ Geht von der MĂśglichkeit eines direkten Zugriffs auf
âWirklichkeitâ aus, die entlang von RegelmäĂigkeiten
und kausalen Zusammenhängen organisiert ist
ď§ Beobachtung, Messung, Experiment â lässt nur
gelten, was demonstrierbar und empirisch belegbar ist
ď§ kausale Zusammenhänge feststellen
ď§ empirische Fragestellung (was ist) trennen von
normativen (was soll sein) â Wertfreiheit, Objektivität 102
ď§ Forscher = getrennt vom Gegenstand, objektiv
104. Wissenschaftstheoretische Grundpositionen
Kritische Einwände gegen Positivismus
ď§ Glaube an eine kausal konstruierte Welt
ď§ Wissenschaft als neutrale Technik
ď§ Objektivität / Irrelevanz des erkennenden Subjekts
ď§ ahistorisches Verständnis von Wissen und
Erkenntnis
ď§ Zentralität quantitativer Methoden
104
106. Wissenschaftstheoretische Grundpositionen
Konstruktivismus Hermeneutik
Die Welt ist sozial / Die Welt ist nicht
diskursiv konstruiert. unmittelbar und
Subjekte agieren auf eindeutig erfahrbar
Grundlage ihrer Werte und
Erwartungen â
Gesellschaft kann man
sich nur denken als
intersubjektiv konstruiert 106
107. Wissenschaftstheoretische Grundpositionen
Hermeneutik Epistemologische Grundposition
ď§ Der Beobachter versteht soziale Handlungen / Akteure
durch Empathie
ď§ Dem Verstehen liegen immer Prämissen zu Grunde
ď§ Kunst der Interpretation (von Texten, von Handlungen)
ď§ Prämissen prägen den Zugang zum Gegenstand und
die Interpretation
ď§ Soziale Strukturen existieren nicht unabhängig von
unserer Interpretation 107
ď§ Verlangt eine gewisse Forschungsethik
108. Wissenschaftstheoretische Grundpositionen
Epistemologische
Konstruktivismus Grundposition
ď§ Es gibt keine unmittelbare Erkenntnis
ď§ âWirklichkeitâ wird nicht abgebildet, sondern erzeugt
ď§ Soziale Strukturen existieren nicht unabhängig von
unserer Interpretation
ď§ (radikaler K.): Jedes Bild, das wir uns von der Welt
machen, ist eine Konstruktion
ď§ Abschied von der Objektivität
108
109. Wissenschaftstheoretische Grundpositionen
Hermeneutik
Methodologie / Methoden
ď§ Welt ist nicht unmittelbar und eindeutig erfahrbar
ď§ Wechselseitige Abhängigkeit von Vorannahmen
und Ergebnissen
ď§ Notwendigkeit von Interpretation
ď§ ErschlieĂung von Sinnzusammenhängen
ď§ Fokussierung auf qualitative Methoden
Hermeneutischer Zirkel 109
Interpretatives Paradigma
110. Wissenschaftstheoretische Grundpositionen
Konstruktivismus Methodologie / Methoden
ď§ Fakten sind ideologisch geladene âTat-
Sachenâ und keine realen Phänomene
ď§ wissenschaftliche Erkenntnis ist mit Macht
verbunden, nicht mit Wahrheit relativ,
kontextgebunden, kontingent
ď§ Fokussierung auf qualitative Methoden
110
114. Paradigma (Pl.: ~men/~mata)
⢠Es handelt sich dabei um allgemein akzeptierte, nicht weiter
hinterfragte Theorien, auf denen wiederum andere aufbauen.
Paradigmen werden vielfach als die bequeme Antwort der
Wissenschaftler auf die unbequemen Fragen, die aus einer
Falsifizierung resultieren, angesehen.
115. Paradigmenwechsel
VWL:
⢠Die Wirtschaft läuft besser ohne staatlichen Eingriff (neoklassisch;
angebotsorientiert) oder
⢠staatliche Eingriffe sind unumgänglich fßr Stabilität und Wachstum
(keynesianisch; nachfrageorientiert)
BWL:
⢠Motivation oder Zielvereinbarung;
⢠Visionäre Kraft des Unternehmers und Alleinherrschaft oder
Teamkonzepte.
116. Gruppenarbeit
⢠Bitte entwickeln sie eine Kurzpräsentation zu den folgenden
StrĂśmungen:
⢠Empirismus
⢠Positivismus
⢠Kritischer Rationalismus
⢠Konstruktivismus
⢠Hauptvertreter
⢠Hauptaussage
⢠2 Beispiele
116
117. Wissenschaftstheoretische Grundpositionen
Unterscheidung von Theorien
ď§ âproblemlĂśsungsorientiertâ vs. âkritischâ
ď§ akteursorientiert vs. strukturalistisch
ď§ positivistisch vs. normativ
ď§ Subjekt-Objekt-Verhältnis
Theorien haben ontologische und
epistemologische Positionen 117
keine Frage von ârechtsâ und âlinksâ
118. Wissenschaftstheorie PS TEF 2
Kritische Theorie und integrative
Sozialwissenschaft
Methoden zur Theorien Methoden zur
Bearbeitung des âVorausgesagtesâ Bearbeitung
Kulturellen der sozialen
Realität
Soziale Realität
Ideologiekritik
Diskursanalyse empirisch-
Hermeneutik analytisches
Dekonstruktion Vorgehen
Werte Daten 118
Ideologien, Deutungen, Analyse des Konkreten
Annahmen; âBevorzugtesâ âBeobachtetesâ
119. Wissenschaftstheoretische Grundpositionen
Theorien und ihre Ontologien &
Epistemologien â Beispiele
Akteursorientierte Theorien:
Rational Choice, Public Choice
ď§ Ausgangspunkt = individuelle Einheit (Individuum,
Staat) â agiert in der Welt auf der Grundlage von
Eigeninteressen
ď§ Die Welt (Gesellschaft) ist die Summe dieser
Handlungen
ď§ Ereignisse haben ihren Ursprung im individuellen 119
Subjekt, das in der Welt aktiv wird
120. Wissenschaftstheoretische Grundpositionen
Strukturalistische Theorien:
Regulationstheorie
ď§ Kapitalistische Ăkonomie, (National-)
Staaten als regulative Instanzen
ď§ Handeln bleibt innerhalb funktionaler
Grenzen
ď§ Soziale Klassen und Klassenkonflikt,
regulierender Staat
ď§ ProblemlĂśsend: Datensammlung fĂźr
staatliche Intervention und Regulierung
(positivistisch)
ď§ Kritische Theorie: historische Analyse von
120
Akkumulationsweisen und -regimen
121. Wissenschaftstheoretische Grundpositionen
Weltsystemansatz
ď§ Kapitalistische Weltwirtschaft, entwickelt sich seit
dem 16. Jahrhundert zu einem starken System
ď§ Aufstieg und Niedergang der
hegemonialen Staaten
ď§ Staaten â Gesellschaften â Klassen
ď§ Peripherie â Zentrum
ď§ Lange Wirtschaftszyklen unter wechselnder
Dominanz von produktivem und Finanzkapital
121
ď§ Historisch-positivistisch (Annales-Schule)
122. Wissenschaftstheoretische Grundpositionen
Marxistische Imperialismus- und
Abhängigkeitstheorien
ď§ Ungleiche Entwicklung
ď§ Konflikt und Krieg, Ausbeutung
ď§ Geschichte ist die Geschichte eines
Kampfes mit offenem Ausgang
ď§ Gesellschaft (Objekt) besteht aus sozialen
Klassen (Subjekte)
ď§ Kritisch-dialektisch: gegen Harmonie,
WidersprĂźche! Wissen hat 122
Klassencharakter
124. Aufgabe 1
In Dreiergruppen:
Suchen Sie sich eine Theorie aus, die sie im Studium bereits
kennen gelernt haben und recherchieren sie kurz dazu â was
macht die Theorie aus? Was beschreibt sie?
Nehmen Sie Stellung (Ontologie, Epistemologie,
Methodologie) (15 Minuten) + Sharing back
In 5er Gruppen: Jede Gruppe nimmt sich eine
Grundposition an und bereitet ein Konferenz vor.
Es muss entschieden werden, wie das Unternehmen
herausfinden kann, welche neuen Features die Handys der
nächsten Generation haben sollen? Machen Sie einen 124
kleinen Forschungsplan und argumentieren Sie aus ihrer
Position heraus. (20 Min.) + Konferenz (45 Min.)
125. Wissenschaftstheorie PS TEF 2
Literaturhinweise
⢠Cox, Robert W. (1995): Critical Political Economy. In: Hettne, BjÜrn (ed.):
International Political Economy. Understanding Global Disorder. London: Zed
Books, 31-45.
⢠Gill, Stephen (1993): Epistemology, Ontology and the "Italian School". In: ders.
(ed.): Gramsci, Historical Materialism and International Relations, 21-48.
⢠Marsh, David/Furlong, Paul (2002): A Skin, not a Sweater: Ontology and
Epistemology in Political Science. In: Marsh, David/Stoker, Gerry (eds.): Theory
and Methods in Political Science. Basingstoke: Palgrave, 17-41.
⢠Potter, Robert P. (2002): Theories, strategies and ideologies of development. In:
Desai, Vandana/Potter, Robert B. (eds.): The Companion to Development Studies.
London: Arnold, 61-65.
⢠Van der Pijl, Kees (o.J.): Sources of Contemporary Theory in Global Political 125
Economy. University of Sussex, Department of International Relations and Politics.
127. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Eine Bemerkung vorab
Wahrheiten werden in der Welt der Wissenschaft und
auĂerhalb allseits akzeptiert.
Der Wissenschaftsphilosoph Thomas Kuhn
(1922 â 1996) sieht das aber anders
Er fĂźhrt den Begriff âParadigmaâ ein und
stellt den Wissenschaftsverlauf ganz
anders dar
Er sagt, dass Wissenschaft eher wie ein demokratisches System funktioniert.
Es gibt eine herrschende Wissenschaftsauffassung und es gibt die
Wissenschaftler, die etwas anderes fĂźr wahr halten. Diese Gruppe versucht die
vorherrschende Vorstellung zu widerlegen und Ăźbernimmt eines Tages die
Macht
Dies bezeichnet Kuhn als Paradigmenwechel
128. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Was ist empirische Sozialforschung?
Empirische Sozialforschung = Daten erheben,
auswerten und interpretieren
ES kann einfach sein â und ist deswegen nicht
automatisch schlecht
ES kann kompliziert sein â und ist deswegen nicht
automatisch gut
Gut und schlecht korreliert auch nicht immer mit
bedeutungsvoll und bedeutungslos
ES ist ein groĂer Bereich der Soziologie
ES wird häufig mit Forschung gleich gesetzt
129. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Wozu braucht man empirische Sozialforschung?
Um Hypothesen und Theorien zu ĂźberprĂźfen
Um Hypothesen und Theorien entwickeln
Um Planungs- und Entscheidungsprozesse zu fundieren
Um praktische Probleme zu bewältigen
Um Qualität und Erfolg zu messen (Evaluation)
130. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer
Forschung: Das Experiment
Welche Forschungsmethoden stehen zur VerfĂźgung?
Experiment
Beobachtung
Befragung
Inhaltsanalyse
Mit diesen vier Bergriffen sind Gruppen von Methoden
benannt
Wir beginnen mit der Methodengruppe Experiment
131. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer
Forschung: Das Experiment
Experimentalgruppe Kontrollgruppe
Start
Ende
Veränderung: Form, Veränderung: keine
Farbe, Distanz
Experimente sind selten in der Soziologie / GrĂźnde
132. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer Forschung
BerĂźhmte Experimente
Die Hawthorne Experimente
Hawthorne: 1924 bis 1932 in den Hawthorne Werken (Western Electric)
in Illinois
Untersuchungen zur ErhÜhung der Arbeitseffektivität
Veränderung der Beleuchtung
Arbeitsleistung stieg
Die Arbeitsleistung stieg aber auch in der Kontrollgruppe
Die Arbeitsleistung fiel nicht als die Helligkeit wieder vermindert wurde
Hawthorne Effekt: Verhalten ändert sich wenn man im Mittelpunkt steht
Vom Taylorismus zum human-relation Ansatz
133. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer Forschung
BerĂźhmte Experimente
Das Milgram Experiment
Problem: Gehorsam / Nationalsozialismus (Germans are different)
V = Versuchsleiter
L = âLehrerâ
S = âSchĂźlerâ
S soll Aufgaben lĂśsen, L soll ihn bestrafen,
wenn die Antwort falsch ist.
Die Stärke der StromstĂśĂe steigt von
Mal zu Mal in 15V Schritten
S ist ein Schauspieler!
134. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer Forschung
BerĂźhmte Experimente
Das Milgram Experiment
Spannung Reaktion des âSchĂźlersâ
75 V Grunzen
120 V Schmerzensschreie
150 V sagt, dass er an dem Experiment nicht mehr
teilnehmen will
200 V Schreie, âdie das Blut in den Adern gefrieren lassenâ
300 V Er lehnt es ab zu antworten
Ăźber 330 V Stille
135. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer Forschung
BerĂźhmte Experimente
Das Milgram Experiment
Anzahl
Spannung (Volt)
Vpn: Abbruch
bis 300 V 0
300 V 5
315 V 4
330 V 2
345 V 1
360 V 1
375 V 1
390 V bis 435 V 0
450 V 26
62,5% der âLehrerâ bestraften bis 450 V.
Der Lehrer bestand auf Fortsetzung
136. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer Forschung:
die Beobachtung
Teilnehmende Beobachtung
Die teilnehmende Beobachtung wird in der natĂźrlichen Lebenswelt des
Beobachteten eingesetzt wird.
Bei teilnehmender Beobachtung nimmt der Sozialforscher als
Beobachter am Alltagsleben der ihn interessierenden Personen oder
Gruppen teil.
Die Beobachtung wird vornehmlich dort praktiziert, wo es um ansonsten
schwer zugängliche soziale Felder geht, bzw. relatives Neuland betreten
wird.
Die (teilnehmende) Beobachtung soll es ermĂśglichen, wissenschaftlich
abgesichert fremde (Sub)Kulturen zu verstehen. Das Fremdverstehen ist
Voraussetzung und Methode der Beobachtung.
Das alltägliche Verstehen unterscheidet sich u.a. von dem wissenschaftlichen
der Beobachtung dadurch, dass ersteres eher pragmatisch, emotional-
teilnehmend, letzteres eher kognitiv-betrachtend und analytisch ist.
137. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer Forschung:
die Beobachtung
Teilnehmende Beobachtung
Das angestrebte Sinnverstehen durch teilnehmende Beobachtung
erfordert jedoch beide Elemente. Je nach Rolle des Beobachters
im Feld ergeben sich unterschiedliche Verhältnisse.
Das Sinnverstehen muss methodisch kontrolliert erfolgen.
Exkurs: Flander´sche Interaktionsanalyse
1 = Dozent spricht Ergebnisse:
2 = Student spricht 1,1,1,1,1,3,3,3,5,5,5,5,1,1,1
3 = Frage des Dozenten
4 = Frage des Studenten
5 = Stille
138. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer Forschung: d
BerĂźhmte Befragungen: Die Arbeitslosen von Marienthal
139. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer
Forschung: die Befragung
Marie Jahoda Hans Zeisel Paul Lazarsfeld
Was fĂźr eine Arbeit war das? Beobachtung? Befragung?
Action research?
Auf jeden Fall ein Meilenstein der Soziologie
BerĂźhmte Befragungen: Die Arbeitslosen von Marienthal
140. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer
Forschung: die Befragung
Marienthal
BerĂźhmte Befragungen: Die Arbeitslosen von Marienthal
141. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer Forschung: d
BerĂźhmte Befragungen: Die Arbeitslosen von Marienthal
Marienthal Dorf Nähe Wiens.
1830 Textilfabrik,
Je grĂśĂer Betrieb, desto organisierter Arbeiter.
Einwohner Ăźberwiegend sozialdemokratisch.
Partei, Gewerkschaft gegrĂźndet;Konsumverein
sowie verschieden Arbeitertheater und diverse Vereine bilden sich
( z.B. HasenzĂźchterverein ).
Marienthal besitzt aktive und engagierte Bewohner
1929 schlieĂt die Fabrik mit der Konsequenz einer nahezu totalen
Arbeitslosigkeit, dies ist Untersuchungsgegenstand der
Studie die eine Gruppe von Sozialwissenschaftlern unter der Leitung
Marie Jahoda Paul Lazarsfeld Hans Zeisel.
142. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer
Forschung: die Befragung
BerĂźhmte Befragungen: Die Arbeitslosen von Marienthal
Methodik der Untersuchung:
Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden verwendet.
Begriffssysteme empirisch belegt, statistische Daten und soziale Reportagen.
Die Studie begann mit offenen Fragen und nicht mit einer Theorie
oder einem festem Methodenplan.
Material der Auswertung: Katastenblätter 478 Familien, ZeitverwendungsbÜgen,
Lebensgeschichten, Anzeigen, Beschwerden, Protokolle ärztlicher
Untersuchungen, Schulaufsätze, Wahlergebnisse, Geschäftsbßcher
des Konsumvereins, Mitgliederverzeichnisse der Vereine, diverse Statistiken
und Interviews
143. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer
Forschung: die Befragung
BerĂźhmte Befragungen: Die Arbeitslosen von Marienthal
Arbeitslosigkeit und Zeitverwendung
(Langzeit)- Arbeitslosigkeit verändert Lebenstempo.
Um nicht alleine zu Hause zu sitzen, verbringen die Männer ihre Zeit auf
der Strasse âtrĂśdeln herumâ.
Beobachtet wurde dies durch Messung der Gehtempi auf der Hauptstrasse.
Von hundert Männern die durch die Strasse gehen, bleiben mindestens 2/3
zweimal stehen ďł Frauen nur 1/6, diese haben immer noch ihre festen
Aufgaben im Haushalt zu verrichten, wodurch der Tag strukturiert wird.
ď Durch Arbeitslosigkeit gewonnene freie Zeit erweist sich nicht als Gewinn
im Sinne von Freizeit, es ist viel eher leere Zeit. Es fehlen materielle und
moralische MĂśglichkeiten die Zeit zu verwenden um z.B. zu lesen oder.
âDas Nichtstun beherrscht den Tagâ und die Menschen haben verlernt
ich zu beeilen, verlieren das ZeitgefĂźhl >> was bedeutet das fĂźr einen
mĂśglichen Widereinstieg in das Arbeitsleben nach der Langzeitarbeitslosigkeit?
144. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer
Forschung: die Befragung
BerĂźhmte Befragungen: Die Arbeitslosen von Marienthal
Schrumpfen der LebensäuĂerungen â GleichgĂźltigkeit
- nachlassendes Interesse an der Politik, sinkende Mitgliederzahlen an Vereinen
Beispiel: Arbeitslosigkeit beeinflusst Leselust und Art der LektĂźre.
Nach SchlieĂung der Fabrik, sinkende Ausleihzahlen an der Marienthaler Bibliothek,
RĂźckgang der Abonnementenzahlen der Arbeiterzeitung um 60%, obwohl
sehr billig, âKleines Blattâ obwohl gleiche polit. Richtung und mehr um das
doppelte teuer, aber mehr Unterhaltung nur 27%.
>> Betroffene sagen selber aus, dass sie keine MuĂe zum
Lesen haben (auch Frauen)
145. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer Forschung: die Befragung
BerĂźhmte Befragungen: Die Arbeitslosen von Marienthal
Auswirkung der Situation auf die Kinder:
- a) Resignation der Eltern: schränkt kindlichen Horizont,Wßnsche
und Phantasien ein.
Auch: âInfektionsmodellâ genannt.
- Kinder haben keine typischen âTraumberufeâ vor Augen, viele schreiben
im Aufsatz: âWas ich einmal werden willâ, dass sie Fabrikarbeiter werden
wollen, bzw. sehen sich teilweise selbst als Arbeitslose in der Zukunft.
- WeihnachtswĂźnsche hatten im Durchschnitt einen Preis von
12 Schilling, in anderen Orten ohne Arbeitslosigkeit: 36 Schilling.
Aufsätze oft im Konjunktiv geschrieben: âWenn die Eltern Arbeit
hätten wĂźrde ich mir ⌠wĂźnschenâ.
- b) Gesundheitszustand aller Marienthaler Kinder unter 14 Jahren:
Stufen I (gut), II (mittel) und III (schlecht) - eigentlich nicht subjektiv,
aber hängt stark damit zusammen: G. zustand I II III Anzahl
Kinder
Eltern mit 19 15 0 34
Arbeit
Eltern ohne 31 144 103 278
Arbeit
314
146. Gralki - WS 06/07 Feb. 07 â Vorlesung: EinfĂźhrung in die Soziologie â Thema: Empirische Sozialforschung
Methoden sozialwissenschaftlicher empirischer
Forschung: die Befragung
BerĂźhmte Befragungen: Die Arbeitslosen von Marienthal
Extrem knappes Einkommen
ď zwingt Menschen zu Verhaltensweisen, die sonst nicht zum
Vorschein gekommen wären/Essen von Hund und Katze /Diebstähle
z.B. Kohlediebstähle bei der Bahn (BehÜrden verfolgen diese noch
nicht einmal mehr)
147. Aufgabe:
⢠Entwickeln Sie eine Idee fßr eine Forschungsfrage
⢠Wie kÜnnte man diese Untersuchen?
⢠Experiement
⢠Teilnehmende Beobachtung
⢠Befragung
147