Steinbruch Retznei bei Ehrenhausen (Stmk, Österreich) ist ein Beispiel eines Miozänen Korallenriffes. Neben dem Wiener Becken war auch das Steirische Becken während des Miozäns mit Meerwasser gefüllt. Ehemalige Korallenriffe und andere Bioherme werden heute oft in Steinbrüchen abgebaut und ermöglichen einen Einblick in Fauna und Flora des Miozäns (Badenium).
1. Ein Korallenriff vor der Haustür?
Der Steinbruch Retznei als Beispiel für ein subtropisches neogenes Meer
C. W. Erhart
Institut für Geologie & Paläontologie
Karl - Franzens - Universität Graz
15. NW 600 m NE
• Abmessungen Retznei-Rosenberg:
NW – SE: 600 m
SW – NE: 200 m
• Leithakalkkörper:
Mächtigkeit : ~25 m
Basis
Übersicht
25 m
Top
Top
Basis
19. Die Basis des Leithakalkes
• Gerölle in den obersten 50 cm
Kristallin (Paläozoikum); Marmor (Paläozoikum); Kalk (Neogen)
• Korallen wachsen direkt auf dem karpatischen Untergrund & bilden kleine
Riffe (Patchriffe)
• Korallenstöcke und Kalkgerölle sind stark von Bohrmuscheln (Lithophaga
sp., Gastrochaena sp.) bebohrt
48. Starben die Riffe durch Vulkanismus?
Biotite
• Vulkanite (grau, grünlich) konzentrieren sich in einer auffälligen Mergellage
(gut zu erkennen)
• Sie sind erkennbar an gut ausgebildeten Biotiten (“Dunkelglimmer”,
“Katzengold”)
• Vulkanische Aktivität nimmt nach Oben zu
49.
50. Starben die Riffe durch eine Absenkung des
Meeresspiegels?
Erosionsfläche (noch
immer unser
Mergelhorizont)
Riff erodiert
Isognomen, Austern
• Austern- und Isognomenbänke wachsen über der Erosionsfläche
• Was war nun der Grund für das Riffsterben?
• Vulkanismus? Meeresspiegelabfall? Beides?
51. Was ist zu finden über den Riffen?
Steckmuschel (Pinna sp.)
58. Der oberste/jüngste Abschnitt
• Der obere Abschnitt besteht hauptsächlich aus Rotalgen & Rhodolithen
• Korallen: kugelig ästig dünnplattig/flach
Wasser wird tiefer
66. Das Ende des Leithakalkes
Hangendsande
Leithakalk
Erosion!
• Erosion verursacht große Niveauunterschiede (>7 m)
• Mergellige Sandsteine (Badenium) werden über dem
Leithakalk abgelagert (viele Krabbenfunde!)
zumindest der oberste Teil des Leithakalkkörpers fehlt
Ich darf Sie zum Vortrag über eine vielseits bekannte Fundstelle begrüßen. Obwohl schon eine geraume zeit vergangen ist, nichtdestotrotz war sie die Spielwiese meiner Diplomarbeit an der Karl-Franzens-Universität unter Prof. Piller.
Kurzes über die Loaklität:
Kurzes über Leithakalk: Wiener Becken, St. Becken, Alter
Die folgende Präsentation soll eine Motivation für diejenigen sein, die an der morgigen Exkursion teilnehmen, welche unter anderem in die Retznei führen wird.
Auf dem Panoramabild sehen sie den nördlichen Teil des Steinbruchs Retznei, alle folgenden Abbildungen und Informationen beziehen sich auf diesen Teil des Steinbruchareals. Wie sie auf später sehen werden, gibt es auch einen stillgelegten größeren, südlich gelegenen Abbau (Alter Bruch).
Natürlich fehlt auch noch der Zeitrahmen:
Das typische Gestein dieser Zeit ist der Leithakalk.
Dieses Gestein bildet an den Rändern des Wiener Beckens, im Burgenland und in der Steiermark mehrere Zehner Meter mächtige Ablagerungen.
Seit der Römerzeit werden die Kalke als Bausteine abgebaut.
Viele Ringstrassengebäude bestehen aus Leithakalk
Der Leithakalk besteht hauptsächlich aus fossilen Rotalgen (Corallinaceen).
Im bewegten Wasser formen sie oft kugelige Kolonien die als Rhodolithen bezeichnet werden. Die bis über 30 cm großen Querschnitte der Rhodolithe sind an den Fassaden vieler Gebäude (vielfach an Banken und Versicherungsgebäuden) erkennbar. Auch der Stephansdom ist teilweise aus Leithakalk gebaut.
Je nach Beschaffenheit wird er von Bildhauern für Skulpturen verwendet. Die leichte bearbeitbarkeit hat jedoch den nachteil, daß er leicht korrodiert. Falls die Exkurionsroute sie an Schloss Seggau vorbeiführt, achten sie auf Statuen oder Ähnliches von hellbeiger Farbe. Sie bestehen meist aus Leithakalk.
Das Abbgebildete Exemplar stammt aus St. M. im BL. Links erkennen sie die Umrisse eines ca 5 cm großen Rhodolithen.
Zurück in die Steiermark:
Der Rote Pfeil zeigt auf die Lokalität des Steibruchs Retznei.
Schon das heutige Geländerelief (Schattierung) läßt Hochzonen erkennen. Diese Hochzonen bildeten sich bereits vor über 15 Ma im Oberen Karpat.
Badeniums (16,5-13)
Das beden ist die Zeit der größten Meeresausdehnung. Die Mittelsteirische Schwelle ragt aus dem Meer, an den östlichen Rändern konnen im warmen subtropischen Klima Leithakalke entstehen (warmens Klima ist für die Bildung von größeren mengen an Karbonaten nötig Bahamas), bisweilen bilden sich auch kleine Saumriffe.
Mögliche Bereiche mit Riffwachstum sind mit blauer Signatur ausgewiesen und entstammen Kollmann (1965) und sind schematisch mit wohl geringer Genauigkeit aufzufassen.
Die dem offenen Meer abgewandte Seite bleibt frei von Riffen.
(Kollmann 1965?)
Rezente und oberirdisch zutage tretende Leithakalkvorkommen (mit weißer Farbe) zeichnen diese Bereiche nach. Sie werden heute teils abgebaut (Weissenegg, Retznei)
An anderen Lokalitäten wurden im Zuge von Bohrungen (Thermalquellen) Leithakalke erbohrt.
Nicht zuletzt deshalb weiß man um die Existenz von leithakalken (Riffen) um die großen Vulkangebilde.
Eine erste Phase von aktivem Vulkanismus im StB beginnt im Oberen karpat und setzt sich bis in das Baden fort. Große Schildvulkane mit basisdurchmesser bis 30 Km ragen als Inseln aus dem Meer.
Gleicheberg
Landorf
Weitendorf
Kalksdorf
Und indizien von Vulkanausbrüchen finden sich innerhalb der Leithakalke, auch innerhalb der Riffe. (Klick) Aschen dieser Ausbrüche sollten sich in diesen Sedimenten finden.
Und man stellt sich natürlich die Frage, wie sich diese Ereignisse auf ein empfindliches Ökosystem wie ein Korallenriff ausgewirkt haben muß.
Ein zweiter Faktor ist sicher belastend für die Riffe: der terrestrische Eintrag aus dem nicht weit entfernten Land. So ist terrestrischer Eintrag (siliziklastisch; Gerölle, Sand, …) etwa vom Sausal zu erwarten.
Der zeitpunkt der Aufnahme ist unbekannt.
Veränderung
Abbau
Jetzt noch mehr abgebaut
Schwierig auszumessen
Abmessungen LK-Körper
Landfest
Tektonsche Aktivität
Transgression an Karpat-Baden-Grenze 16,5
Lithophaga: Ehemalige Brandungsbereiche des Meeres sind rund ums Wiener Becken zu entdecken. Besonders eindrucksvoll sind die riesigen Strandgerölle bei Leithaprodersdorf am Leithagebirge.
Hier gab es kaum Schutz vor den Wellen. Bohrmuscheln und Ätz-schwämme sind an diesen Lebensraum perfekt angepasst. Sie bohren sich tief in die Kalkfelsen. Die so entstandenen Löcher blieben über Millionen von Jahren erhalten. Heute findet man ähnliche Löcher von lebenden Muscheln entlang der Adriaküste.
Es bilden sich Kleine Riffe (zumindest 3 davon sollten zur Zeit zu sehen sein)
Die Bereiche zwischen den Riffen füllen sich mit Kalksand Aflenzer
Bitte achten Sie auf die blaue Linie: sie kennzeichnet eine auffällige Mergellage. Mehr darüber etwas später, bitte behalten sie sie im Hinterkopf.
Tarb. Ist wohl DIE Leithakalkkoralle schlechthin!!! Sie ist ausgestorben.
Von anderen Korallenarten ist sie leicht zu unterschieden durch ihre kleinen, aber deutlichen Koralliten mit einem Durchmesser von 2 mm und ihrer leicht rötlichen Farbe.
Im Gelände erkennt man, obwohl die korallen in den Patchriffen einen Flächenanteil von 90% haben, meist erst überhaupt nichts!!!
Nach kurzer zeit hat man sich jedoch eingeschaut, eine Spritzflasche hilft hier sehr.
Spritzflasche
Porites ist eine sehr häufige koralle, auch heute. Im Unterschied zu vielen anderen Korallengattungen sind oft keine koralliten zu erkennen sondern nur ein feinmaschiges netzwerk. Mit einer Sprühflasche ist dieses auch im Gelände sofort erkennbar.
Die Formenvielfalt von P ist groß. Neben hemisph. Stöcken finden sich in R auch brotlaibartige Kolonien, dünnplattige Kolonien, ästige Formen und säulige, wie die hier abgebildete.
Zu Lebzeiten ist Porites nat. noch schöner…
Teilweise wird dieses Foto den Gegebenheiten bei den Patchriffen in Retznei entsprechen.
Montastraea ist die dritte sehr häufige koralle in Retznei, und generell in den LK. Auch sie ist leicht von den 2 anderen Gattungen unterschiedbar, ihre Koalliten sind gut ausgebildet und meist über 5 mm Durchmesser
Bebohrung von Bohrmuscheln ist häufig.
Monastrea sp.
Lebt in den Riffen zwischen Korallenstöcken
Riffe sind im Gelände an der meist grauen Farbe erkennbar, Riffzwischenräume sind oft bräunlich.
Typisch für die Zwischenräume war ein dichter Bewuchs mit Seegras!
Die Riffzwischenräume waren mit groben Karbonatsand gefüllt, auf denen Seegras wuchs. Abdrücke von Seegras ist generell selten, in Retznei sind mir keine derartigen Funde bekannt. Indirekt jedoch kann es einerseits über Foraminiferen und andererseits über etwas spektakulärere Funde (leider selten) von Wirbeltieren nachgewiesen werden.
Asterigerina (Bild) ist eine Foraminifere, die auf Seegräsern siedelt. Vor allem in den Riffzwischenräumen sit sie in Dünnschliffen sehr häufig, ein indirekter Hinweis also auf Seegrasbewuchs in diesen bereichen.
bringen…
Ein eindeitiger Hinweis auf Seegras sind Funde von Seekühen.
Seekühe ernähren sich von Seegras, uns demnach nur dort zu finden, wo dieses in ausreichender Menge wächst.
Rippenfunde von Seekühen sind schon aus dem Alten Bruch bekannt.
Ein Teil eines Skelettes (Wirbel, Rippen, Knochen von Extrremitäten) wurde von mir im Sediment zwischen 2 Patchriffen gefunden.
Leider kann ich ihnen keine Fotos von einer Seekuh präsentieren. Diese sind mit vielen anderen Pixeln bei einem Computertotalausfall entschwunden.
Nicht nur, daß die Fotos abhanden gekommen sind, auch die Schaufelbagger der Firma Lafarge waren zu schnell, um den rund 100 kg schweren Stein am nächsten Tag in Sicherheit zu breingen…
Dieses Bild aus einer Mauer bei Schloss Seggau soll sie trösten…
Rekonstruktion der Düne (Aflenzer) bzw Riffzwischenräume
Fritz Messner
Hai im Hintergrund megalodon nächstes Bild
Der gefährlichste Räuber des Meeres war der Riesenhai Carcharocles megalodon. Mit bis zu 20 m Körperlänge ist sein moderner Verwandter, der 8 m lange Weiße Hai, geradezu ein Zwerg. Da Haie ihr ganzes Leben lang immer neue Zähne produzieren, werden die handtellergroßen Zähne des Riesenhaies häufig in den Sedimenten des Badeniums gefunden.
Im Kalkschlamm zwischen den Austern und Rotalgenriffen lebten Sanddollar-Seeigel.
Sie erinnern sich an die „Blaue Linie“, die Mergellage die sich gut erkennbar durch den gesamten Steinbruch zieht und auch im 1 km entfernen Alten Bruch zu identifizieren ist.
Das wirft folgende Frage auf (sie war ein zentraler Punkt in der Diplomarbeit):
Austern und Isognomen gedeihen gut in sehr seichtem Wasser seichter als Patchriffe vorher
Riffe teilweise sogar freigelegen!!!
Gleichzeitig Vulkanismus!!!
Was war schuld?
Ich muß sagen, wir wissens leider nicht wirklich…
Pinna
Leider war kein schöneres Foto zu finden, bitte um Verzeihung!
Gut ist trotzdem der Lebensraum und das seichte Wasser erkennbar.
Austern
Ohne näher darauf einzugehen was dann passiert:
klar erkennbar ist eine generelles Ertrinken des Leithakalkes, das Wasser wird zumindest einige Zehner Meter tief,
erkennbar ist ein Dunklerwerden (= tiefer) an der Wuchsform der Korallen, die in der Folge letztendlich völlig verschwinden.
Diese Abbildung wirkt nun schon etwas unfreundlicher als dir vorherige. Unschwer kann man sich vorstellen, daß es den organismen wie Korallen nicht mehr ehr gut gegangen ist! Vulkanische Intermezzos können ihr übriges dazu beitragen.
Wieder ist die maschigge Struktur von Porites erkennbar!
Die Fischdichte ist zwar etwas übertrieben, trotzdem vermittelt diese letzte Abbildung einen guten Eindruck.
Denjenigen, die an der morgigen Exkursion teilnehmen wünsche ich viel Sammelglück, der eine oder andere Seeigel wird sich sicher finden.
Danke!