1. Dossier
K a m p a g n e f ü r M e n s c h e n r e c h t e
STOPPT DEN TERROR DER MULTIS
B e r n, O k t o b e r 2 0 0 2
T E R R O R . Fe l i p e Po l a n í a
Coca-Cola des Mordes
angeklagt
HINTERGRUNDINFORMATIONEN ZUR ANKLAGE,
DER POLITISCHEN UND SOZIALEN SITUATION IN KOLUMBIEN,
ZUM TRANSNATIONALEN KONZERN COCA-COLA
UND DEN INTERNATIONALEN UND NATIONALEN KAMPAGNEN
2. I n h a l t s v e r z e i c h n i s Zur Zeit stehen Coca-Cola Company
und verschiedene ihrer Tochterfirmen in
Atlanta (USA) vor Gericht. Den Coca-
S e i t e 0 3
Cola Unternehmen wird von Seiten der
Kapitel 1: Menschenrechtsverletzungen in Klägern, der kolumbianischen Lebens-
den Abfüllbetrieben von Coca-Cola in mittelgewerkschaft SINALTRAINAL, vor-
Kolumbien
geworfen, sich mit Paramilitärs verbün-
1.1 Coca-Cola vor Gericht det zu haben und für Mord, Entführung,
1.1.1 Die Käger Folter und Einschüchterung von Coca-
Cola Gewerkschaftern verantwortlich zu
1.1.2 Die Angeklagten
sein.
1.1.3 Beziehung zwischen den Angeklagten
Zur Unterstützung der Gewerkschaft
1.1.4 Beziehung zwischen der Coca-Cola
Company und den übrigen Angeklagten
SINALTRAINAL hat sich eine breite
internationale Kampagne gebildet,
1.1.5 Die Vorfälle deren Aktivitäten als Höhepunkte drei
1.1.6 Anklagepunkte Volkstribunale im Jahr 2002 haben, an
1.2. Stellungnahmen der Angeklagten denen die Vorfälle in den Coca-Cola
Betrieben aufgerollt werden.
S e i t e 1 5
Teil dieser internationalen Kampagne
Kapitel 2: Politische Situation in Kolumbien
ist „Stoppt den Terror der Multis! Kam-
2.1 Der Krieg gegen die Armen pagne für Menschenrechte“ in der
2.2 Straflosigkeit als Gesetz Schweiz. Diese Broschüre entstand, um
S e i t e 2 3
den Aktivitäten dieser Kampagne ein
Fundament zu verleihen und den Akti-
Kapitel 3: Hintergrundinformationen über den vistInnen und der interessierten Oefent-
transnationalen Konzern Coca-Cola Company
lichkeit eine Wissensbasis für adäquates
3.1 Entwicklungsgeschichte Handeln zu verschaffen.
3.2 Struktur des Unternehmens
3.3 Produkte
VerfasserInnen:
3.4 Ökonomische und statistische Angaben
Felipe Polanía Rodriguez, Schweizerisches Unter-
3.5 Verwicklungen stützungskommitee Colombia Núnca Más und Mit-
S e i t e 3 1 glied der Kampagnen-Koordination
Kapitel 4: Internationale und nationale Kam- Marianne Aeberhard, attac bern und Mitglied der
pagnen Kampagnen-Koordination
4.1 "Kampagne gegen die Straflosigkeit, Kolumbien Barbara Rimml, attac bern und Mitglied der Kam-
verlangt Gerechtigkeit" pagnen-Koordination
4.2 Schweizerische Kampagne: "Stoppt den Terror Übernommene Texte von:
der Multis - Kampagne für Menschenrechte"
Raul Zélik, Kampagne gegen Coca-Cola in
4.2.1 Entstehungsgeschichte und Mitglieder Deutschland „Cola Sucks“
4.2.2 Ziele und Forderungen Hauptquellen:
4.2.3 Bisherige und zukünftige Aktivitäten
www.coca-cola.org
S e i t e 3 7
www.cokewatch.org
5. Literaturhinweise
www.iuf.org
www.laborrights.org
Anklageschrift
Jahresbericht Coca-Cola 2001
Layout und Gestaltung, Felipe Polanía.
02 D o s s i e r C o c a - C o l a d e s M o r d e s a n g e k l a g t
3. Menschenrechtsverletzungen
in den Abfüllbetrieben von Coca-Cola in Kolumbien
5. Dezember 1996, Carepa, und Alimentos keine Gewerk-
Kolumbien: Um neun Uhr mor- schaft im Betrieb haben will.
gens erscheinen zwei Paramili- Sie hätten die Wahl, entweder
tärs vor den Toren des Coca- aus der Gewerkschaft auszutre-
Cola Abfüllbetriebes Bebidas y ten oder Carepa zu verlassen,
Alimentos. Sie erkundigen sich ansonsten würden sie umge-
bei Isidro Segundo Gil, einem bracht. Daraufhin führen sie die
Mitglied der Gewerkschaftsdi- Gewerkschafter ins Büro des
rektion, ob er tatsächlich Isidro Mangers, damit sie Rücktritts-
Gil sei, und als er fragt, wes- formulare unterschreiben, die
halb, entgegnen die Paramili- von Bebidas y Alimentos vorbe-
tärs, sie müssten mit jeman- reitet worden sind. Aufgrund
dem im Betrieb sprechen. Als der Drohungen treten die
Isidro zum Tor schreitet, um sie ArbeiterInnen massenhaft aus
einzulassen, eröffnen die Para- der Gewerkschaft aus, wodurch
militärs das Feuer und töten die Gewerkschaft vollständig
ihn. zerstört wird.
Am selben Abend brechen die Zum Zeitpunkt von Gils
Paramilitärs in das Büro der Ermordung war die Gewerk-
Gewerkschaft ein, legen Feuer schaft in Verhandlungen mit
und brennen es nieder. dem Unternehmen involviert.
Nach dem Mord wurde nicht
Am nächsten Tag treten die
mehr weiter verhandelt. Wäh-
Paramilitärs an Mitglieder des
rend zwei Monaten campierten
Gewerkschaftsvorstandes
die Paramilitärs vor den Toren
heran. Sie teilen ihnen mit, sie
des Betriebs. 27 ArbeiterInnen
hätten Idisdro Gil umgebracht
von 12 verschiedenen Abteilun-
und das Büro niedergebrannt,
gen verliessen den Betrieb und
und dasselbe Schicksal würde
die Region. Sie hatten zwischen
sie alle ereilen, falls sie nicht
380-400 US$/Monat verdient
die Stadt verlassen würden. Sie
und wurden ersetzt durch neue
kündigen für den nächsten Tag
Angestellte zum Mindestlohn-
eine Versammlung mit den
ansatz von 130 US$/Monat.
ArbeiterInnen des Betriebes an.
In einer folgenden Untersu-
Am 7. Dezember 1996, um 8
chung des kolumbianischen
Uhr morgens, erscheinen die
Justizministeriums wurden der
Paramilitärs. Sie rufen die
Betriebsdirektor und der Pro-
ArbeiterInnen zusammen und
duktionsmanager verhaftet,
teilen ihnen mit, dass Bebidas
zusammen mit einem lokalen
S TO P P T D E N T E R R O R D E R M U LT I S D o s s i e r 03
4. Führer der Paramilitärs. Alle (http://www.laborrights.org/pro-
drei wurden später wieder ohne jects/corporate/coke/index.html).
Anklageerhebung entlassen.
Während vier Jahren versuch-
ten die GewerkschafterInnen Die Kläger
vor kolumbianischen Gerichten, SINALTRAINAL: kolumbiani-
die verantwortlichen Leute zur sche Gewerkschaft, welche
Rechenschaft zu ziehen - ohne ArbeiterInnen in der Lebens-
Erfolg. Stattdessen wurden mittel- und Getränkeindustrie
einige der ArbeiterInnen selbst repräsentiert, darunter auch
verhaftet. Da die kolumbiani- ArbeiterInnen von Coca-Cola
schen Gerichte unfähig schie- Abfüllbetrieben. In den vergan-
nen, Gerechtigkeit zu gewährleis- gen Jahren wurden mehrere
ten, beschloss die Gewerkschaft, ihrer Mitglieder und Funktio-
diesen Fall vor US-amerikani- näre durch paramilitärische
sche Gerichte zu bringen. Einheiten ermordet und gefol-
tert. Die Gewerkschaft macht in
der Anklage geltend, dass die
Coca-Cola vor Gericht Paramilitärs dabei als Agenten
Am 20. Juli 2001 reichte die der Angeklagten handelten.
kolumbianische Gewerkschaft SINALTRAINAL versucht mit der
SINALTRAINAL mit Unterstüt- Anklage, zukünftige Morde und
zung der US-amerikanischen Folterungen seiner Mitglieder
United Steel Workers of Ame- zu stoppen. Zusätzlich verlan-
rica und dem International gen sie Entschädigungen für
Labor Rights Fund in Florida Ausgaben, die sie getätigt
eine Klage gegen Coca Cola haben, um ihre Mitglieder zu
und seine Partner in Kolumbien, schützen, die Morddrohungen
Panamerican Beverages und erhielten.
Bebidas y Alimentos ein. Die Hinterlassenschaft von Isidro
paramilitärischen Einheiten, Gil: Isidro Gil war lokaler Gewerk-
welche Mord, Entführung und schaftsfunktionär in Bebidas y Ali-
Folter an Gewerkschaftsmitglie- mentos und wurde ermordet.
dern begangen hatten, hätten
dies als Agenten der angeklag- Luis Eduardo Garcia, Alvaro
ten Unternehmen getan, heisst Gonzales und José Domingo
es in der Anklage. Flores: sie wurden willkürlich
und ungerechtfertigterweise für
Die Gewerkschaft SINAL- längere Zeit inhaftiert.
TRAINAL erhofft sich von dieser
neuen Strategie, der Welle von Jorge Humberto Leal: er
Ermordungen und Einschüchte- wurde entführt, gefoltert und
rungen von Gewerkschaftern in mit Mord bedroht.
Kolumbien ein Ende zu setzen. Juan Carlos Galvis: er erhielt
Allein in den letzten zehn Jah- Drohungen, unter anderem Mord-
ren sind in Kolumbien über drohungen.
1’500 Gewerkschafter ermordet
worden.
Die nachfolgenden Informa- Die Angeklagten
tionen sind alle der Anklage- Coca-Cola Company: der welt-
schrift vom 20. Juli 2001 ent- weit grösste Hersteller, Verteiler
nommen. und Verkäufer von alkoholfreien
04 D o s s i e r C o c a - C o l a d e s M o r d e s a n g e k l a g t
5. Getränken. Geschäftshauptsitz ist welchen sie Coca-Cola Produkte
Atlanta (Georgia) in den USA. abfüllt und von dort aus ver-
Coca-Cola Company verfügt treibt.
über Büros, Produktions- und
Richard I. Kirby und sein
Marketingeinrichtungen und
Sohn Richard Kirby Keilland:
Abfüllbetriebe auf der ganzen
Richard I. Kirby ist der Haupt-
Welt.
besitzer von Bebidas y Alimen-
Coca-Cola de Colombia: tos, deren Geschäfte in Kolum-
Tochtergesellschaft im Alleinbe- bien er persönlich und durch
sitz von Coca-Cola Company, seine Familie managt, kontrol-
steht unter dessen direkter liert und führt.
Kontrolle. Im Wesentlichen ist
Bebidas y Alimentos: ein
Coca-Cola de Colombia ein Ver-
Coca-Cola Abfüllbetrieb in
kaufs- und Marketingbüro von
Carepa, Kolumbien. Bebida y
Coca-Cola Company in Kolum-
Alimentos bezeichnet sich
bien.
selbst als Coca-Cola Unterneh-
Panamerican Beverages: men und plaziert das Coca-Cola
Unterhält Coca-Cola Abfüllbe- Logo auf seinem Briefpapier
triebe durch ihre im alleinigen über seinem eigenen Namen.
Besitz stehende Tochtergesell-
schaft Panamco. Beide Firmen
haben ihren Hauptsitz in Miami Beziehungen zwischen
(Florida) in den USA, und wer- den Angeklagten
den im folgenden kollektiv als
Coca-Cola de Colombia steht
“Panamco” bezeichnet. Panamco
als Tochtergesellschaft im
ist der grösste Abfüllbetrieb in
Alleinbesitz von Coca-Cola
Lateinamerika und arbeitet nur
Company unter deren direkter
und exklusiv für Coca-Cola
Kontrolle. Alle grösseren Ent-
Company. Panamco besitzt das
scheide werden von Coca-Cola
exklusive Recht, Coca-Cola Soft
Company gefällt und als Wei-
Drinks in Kolumbien zu produ-
sungen den Tochtergesellschaf-
zieren und zu vertreiben.
ten mitgeteilt, wodurch Coca-
Panamco wird von Coca-Cola
Cola de Colombia als Agent von
Company als “anchor bottler”
Coca-Cola Company bzw. als
bezeichnet , als einer von Coca-
deren Alter Ego handelt.
Cola Company’s strategischen
Partner im Abfüllsystem. Gemäss Panamco Colombia steht als
Jahresbericht von Coke ist ein Tochtergesellschaft im Alleinbe-
“anchor bottler” streng dazu sitz von Panamco unter deren-
verpflichtet, die strategischen direkter Kontrolle. Alle grösse-
Ziele des Unternehmens zu ren Entscheide bezüglich
befolgen. Coca-Cola Company Produktion, Vertrieb, Marketing
besitzt 25% der Anteile an und Präsentation werden von
Panamco und verfügt über zwei Panamco gefällt, Panamco
Sitze im Aufsichtsrat von Colombia verfügt nicht über die
Panamco. unabhängige Autorität, Ent-
scheide bezüglich ihrer
Panamco Colombia: Tochter-
Geschäftspraktiken selbst zu
gesellschaft von Panamco im
fällen. Panamco Colombia,
alleinigen Besitz von Panamco,
inklusive ihre im alleinigen
besitzt und kontrolliert 17
Besitz stehenden Abfüllbetriebe
Abfüllbetriebe in Kolumbien, in
in Kolumbien, ist demnach ein
S TO P P T D E N T E R R O R D E R M U LT I S D o s s i e r 05
6. Alter Ego von Panamco bzw. langt von ihnen, dass sie auf
handelt als Agent von Panamco. Aktivitäten verzichten, welche
Coca-Cola’s Markennamen
Bebidas y Alimentos ist ein
schädigen. So haben sich z.B.
streng geführtes Unternehmen
Direktoren von Coca-Cola Com-
im Besitze von Richard I. Kirby,
pany mit Direktoren von
der zusammen mit seinem
Panamco getroffen und ihnen
Sohn Richard Kirby Keilland alle
mitgeteilt, sie müssten Stellen
wichtigen Entscheide des
abbauen, um Kosten zu sparen.
Unternehmens fällt. Diese kom-
plette Kontrolle über das Unter- Coca-Cola Company verfügt
nehmen machen Bebidas y Ali- über das Recht, das Bottler
mentos zum Alter Ego bzw. zum Agreement zu beenden, falls
Agenten von Richard I. Kirby die Vertragsbedingungen nicht
und Richard Kirby Keilland. befolgt werden und verlangt
zur Überprüfung der Befolgung
des Bottler Agreements häufige
Beziehungen zwischen und umfassende Berichte von
Coca-Cola Company und ihren Partnern.
den übrigen Angeklagten Coca-Cola Company hat
Coca-Cola Company beliefert demnach umfassende Kontrolle
Panamco und Bebidas y Alimen- über Panamco und Bebidas y
tos via Coca-Cola de Colombia Alimentos. Würden diese Unter-
mit den Coca-Cola Produkten, nehmen die Weisungen von
die abgefüllt und in Kolumbien Coca-Cola Company nicht
vertrieben werden. Zusätzlich befolgen, würden sie ihre
überwacht und kontrolliert Abfüll-Konzessionen verlieren
Coca-Cola Company via Coca- und somit auch ihr Geschäft.
Cola de Colombia die Befolgung Die Individuen, so heisst es
des “Bottler Agreements” sei- weiter in der Anklageschrift,
ner Partner. welche die gewalttätigen Akte
Das “Bottler Agreement”, gegen die Kläger verübt hatten,
also der Vertrag zwischen Coca- handelten als Agenten von
Cola Company und ihren Part- Coca-Cola de Colombia,
nern, regelt Coca-Cola Compa- Panamco, Richard I. Kirby
ny’s Ansprüche bezüglich und/oder Richard Kirby Keil-
Produktqualität, Präsentation, land, und sie verübten diese
Marketing und Abfüllung bis Akte im Zusammenhang mit
ins kleinste Detail der Produk- und in Förderung von Coca-
tion. Ebenso sind darin Stan- Cola Company’s Geschäftsinte-
dards enthalten bezüglich der ressen und -aktivitäten. Sie
Qualifikation der Arbeitnehme- handelten im Rahmen einer
rInnen und deren Erscheinung, Agenten-Beziehung, mit der
Anweisungen bezüglich vorhergehenden Kenntnis, Ein-
Umweltschutz und Anweisun- willigung oder anschliessenden
gen zur Befolgung des Code of Bestätigung durch die Ange-
Conducts (Verhaltenkodizes), klagten Coca-Cola de Colombia,
welcher die Behandlung von Panamco, Richard I. Kirby
Angestellten regelt. Coca-Cola und/oder Richard Kirby Keil-
Company überwacht auch die land. Die angeklagte Coca-Cola
Arbeitspraktiken ihrer Zuliefe- Company ist deshalb stellver-
rer und Abfüllbetriebe und ver- tretend haftbar für alle durch
06 D o s s i e r C o c a - C o l a d e s M o r d e s a n g e k l a g t
7. ihre Agenten verübten Gewalt- musste. Kurz darauf begann
akte, welche im Zusammen- Manager Mosquera damit zu
hang mit und in Förderung von drohen, die Gewerkschaft zu
Coca-Cola Company’s zerstören. Er verkündete
Geschäftsinteressen und -akti- öffentlich, dass er den Paramili-
vitäten in Kolumbien verübt tärs den Auftrag erteilt habe,
wurden. diese Aufgabe zu übernehmen.
Paramilitärs begannen erneut,
Gewerkschaftsmitgliedern zu
Die Vorfälle bedrohen, unter anderem droh-
Die Vorfälle in Bebidas y Ali- ten sie Tuborquia mit Mord,
mentos in Carepa worauf er aus Carepa floh. Die
Paramilitärs beschlagnahmten
April 1994: Paramilitärs ermor- daraufhin Tuborquia’s Haus, um
deten Jose Eleazar Manco David es für ihre Operationen zu
und Luis Enrique Gomez Granado, benutzten.
beide Arbeiter bei Bebidas y Ali-
mentos und Mitglieder von 1996: Das ganze Jahr hin-
SINALTRAINAL. durch waren SINALTRAINAL
Mitglieder Zeugen davon, wie
Die Paramilitärs begannen Manager Mosquera mit Mitglie-
daraufhin, weitere Mitglieder dern der Paramilitärs soziali-
und die lokalen Funktionäre von sierte und ihnen Coca-Cola Pro-
SINALTRAINAL unter Gewaltdro- dukte für ihre Parties zur
hungen einzuschüchtern. Sie Verfügung stellte. Inzwischen
sollten aus der Gewerkschaft aus- hatten Bebidas y Alimentos und
treten oder Carepa verlassen. SINALTRAINAL Verhandlungen
Mehrere Gewerkschaftsmitglieder über einen neuen Vertrag
verliessen daraufhin die Stadt. begonnen. In diesen Verhand-
April 1995: nach weiteren lungen ging es auch um die
Morddrohungen flohen alle Vor- Vorschläge von SINALTRAINAL
standsmitglieder aus Angst um bezüglich mehr Sicherheit für
ihr Leben. bedrohte Gewerkschafter und
das Aufhören von Mosquera’s
Juni 1995: die lokale SINAL- Drohungen gegen die Gewerk-
TRAINAL Gewerkschaft wählte schaft. Richard Kirby Keilland
einen neuen Vorstand, unter nahm an diesen Verhandlungen
ihnen ein gewisser Dorlahome persönlich teil und lehnte diese
Tuborquia und Isidro Gil. Forderungen der Gewerkschaft
Juli 1995: Kurz darauf begann deutlich ab.
Bebidas y Alimentos Mitglieder August 1996: Aufgrund der
der Paramilitärs in der Verkaufs- Vorfälle startete SINALTRAINAL
und Produktionsabteilung einzu- eine nationale Kampagne und
stellen. forderte Bebidas y Alimentos,
September 1995: Aristo Panamco Colombia und Coca-
Milan Mosquera wurde Manager Cola Colombia auf, die SINAL-
von Bebidas y Alimentos in TRAINAL GewerkschafterInnen
Carepa. Er entliess Dorlahome zu beschützen.
Tuborquia, woraufhin SINAL- September 1996: SINAL-
TRAINAL diese Entlassung vor TRAINAL sandte dem Bebidas y
Gericht anfocht und Bebidas y Alimentos Manager Mosquera
Alimentos Tuborquia im Dezem- einen Brief, worin sie ihn
ber 1995 wieder einstellen
S TO P P T D E N T E R R O R D E R M U LT I S D o s s i e r 07
8. beschuldigten, mit Paramilitärs Betrieb sprechen. Als Isidro
zusammen zu arbeiten, um die zum Tor schritt, um sie einzu-
Gewerkschaft zu zerstören und lassen, eröffneten die Paramili-
ihn aufforderten, die Sicherheit tärs das Feuer und töteten ihn.
der Arbeiter zu garantieren. Am selben Abend brachen die
Kopien des Briefes wurden an Paramilitärs in das Büro der
Coca-Cola Colombia und Gewerkschaft ein, legten Feuer
Panamco Colombia gesandt. und brannten es nieder.
Mosquera forderte die Gewerk-
6. Dezember 1996: Paramili-
schaft daraufhin auf, ihre Äus-
tärs traten an Mitglieder des
serungen zurückzunhemen.
Gewerkschaftsvorstandes
November 1996: SINALTRAI- heran. Sie teilten ihnen mit, sie
NAL präsentierte Bebidas y Ali- hätten Idisdro Gil umgebracht
mentos einen schriftlichen Ver- und das Büro niedergebrannt,
tragsvorschlag, der unter und dasselbe Schicksal würde
anderem eine Bestimmung zur sie alle ereilen, falls sie nicht
Sicherheit der ArbeiterInnen die Stadt verlassen würden. Sie
enthielt. Mosquera nahm diesen kündigten für den nächsten Tag
Vorschlag nach Bogota mit, um eine Versammlung mit den
ihn mit Richard Kirby Keilland ArbeiterInnen des Betriebes an.
zu diskutieren.
7. Dezember 1996: Um 8 Uhr
5. Dezember 1996: Um neun morgens erschienen die Para-
Uhr morgens erschienen zwei militärs wie angekündigt. Sie
Paramilitärs vor den Toren des riefen die ArbeiterInnen zusam-
Coca-Cola Abfüllbetriebes Bebi- men und teilten ihnen mit, dass
das y Alimentos. Sie erkundig- Bebidas und Alimentos keine
ten sich bei Isidro Segundo Gil, Gewerkschaft im Betrieb haben
der für die Gewerkschaft in die wolle. Sie hätten die Wahl, ent-
Verhandlungen mit Bebidas y weder aus der Gewerkschaft
auszutreten oder Carepa
zu verlassen, ansonsten
würden sie umgebracht
werden. Daraufhin führ-
ten sie die Gewerkschaf-
ter ins Büro des Man-
gers, damit sie
Rücktrittsformulare
unterschrieben, die von
Bebidas y Alimentos
vorbereitet wurden. Auf-
grund der Drohungen
traten die ArbeiterInnen
massenhaft aus der
Gewerkschaft aus,
wodurch die Gewerk-
schaft vollständig zer-
stört und seither nie
Alimentos involviert war, ob er mehr aufgebaut wurde. 14
tatsächlich Isidro Gil sei, und SINALTRAINAL Mitglieder,
als er fragte, weshalb, entgeg- inklusive die verbleibenden
neten die Paramilitärs, sie Vorstandsmitglieder, flohen
müssten mit jemandem im nach diesem Treffen aus
08 D o s s i e r C o c a - C o l a d e s M o r d e s a n g e k l a g t
9. Carepa. Sie fürchten weiterhin Während vieler Jahre pflegte
um ihr Leben und halten sich SINALTRAINAL Verhandlungs-
versteckt. beziehungen mit Panamco in
Bucaramanga.
Nach dem Mord an Isidro Gil
präsentierten sich die Paramili- 1992: Der Manager des Betrie-
tärs im Bebidas y Alimentos bes in Bucaramanga, Jose Castro,
Betrieb mit den Krankenversi- begann Antipathie gegenüber
cherungskarten der ArbeiterIn- SINALTRAINAL zu zeigen. So
nen, welche sie aus dem teilte er z.B. den ArbeiterInnen
Gewerkschafsbüro entwandt während Vertragsverhandlungen
hatten, bevor sie es nieder- mit, dass der Vertragsvorschlag
brannten. Bebidas y Alimentos von SINALTRAINAL von den Guer-
zahlte den Paramilitärs die die- rillas unterstützt würde. Ausser-
sen Karten entsprechenden dem beschuldigte er Gewerk-
Beträge aus. Die Paramilitärs schafter, sie seien “Guerrillas”.
stellten daraufhin das Gewerk-
1995: Panamco begann,
schaftsbüro wieder in Stand,
seine Vertragsverpflichtungen
das sie niedergebrannt hatten
mit SINALTRAINAL zu brechen.
und beschlagnahmten es als
So stellte Panamco z.B. die
Waffenlager.
erforderlichen Zahlungen für
26. Dezember 1996: Die die Krankenversicherung ein.
Paramilitärs ermordeten José Als Antwort führten die lokalen
Herrera, einen weiteren Bebi- SINALTRAINAL Mitglieder einen
das y Alimentos Arbeiter. Dies- 120 Stunden-Streik durch,
selben Paramilitärs ermordeten organisiert durch Mitglieder des
später im Jahr 2000 die Ehefrau lokalen Gewerkschaftsvorstan-
von Isidro Gil, ihre zwei Kinder des inklusive Luis Eduardo Gar-
als Waisen zurücklassend. cia, Alvaro Gonzales Perez und
Jose Domingo Flores.
1997: Peggy Ann Keilland,
eine nahe Verwandte von Kurz nach diesem Streik
Richard I. Kirby und Richard teilte der Sicherheitschef des
Kirby Keilland, wird neue Mana- Betriebes, Jose Alejo Aponte,
gerin von Bebidas y Alimentos den Behörden mit, dass er eine
in Carepa. Kurz nach ihrem Bombe im Betrieb gefunden
Amtsantritt schaut sie mit dem habe und beschuldigte fünf Mit-
Chef der kolumbianischen glieder des Gewerkschaftsvor-
Armee in der Zone, dass die standes, die Bombe gelegt
Paramilitärs vom Betrieb fern- zuhaben.
gehalten werden. Ebenfalls
6. März 1996: Die lokale Poli-
1997 ersuchen Richard I. Kirby
zei verhaftet Luis Eduardo Gar-
und Richard Kirby Keilland
cia, Alvaro Gonzalez und Jose
Coca-Cola-Company um Bewil-
Domingo Flores bei der Arbeit.
ligung, das Bebidas y Alimentos
Jose Domingo Flores wurde
Geschäft inklusive dem Betrieb
dabei wiederholt auf brutale
in Carepa verkaufen zu dürfen.
Weise von der Polizei geschla-
Coca-Cola Company verweigert
gen.
ihnen die Erlaubnis.
Wie offizielle Papiere belegen,
Die Vorfälle in Panamco wurden die Anklagen gegen die
Colombia in Bucaramanga drei Gewerkschafter im Namen
(“Embotelladoras de San- von “Coca Cola Embotelladora
tander”)
S TO P P T D E N T E R R O R D E R M U LT I S D o s s i e r 09
10. Santander” getätigt. Aufgrund SINALTRAINAL Gewerkschafts-
dieser Anklagen waren die drei funktionäre gefährliche Subver-
Gewerkschafter während sechs sive seien. Da Cucuta seit Jah-
Monaten im lokalen Gefängnis ren von Paramilitärs beherrscht
inhaftiert. Sie und ihre Familien wird, welche mehrere Personen
wurden als Terroristen gebrand- aufgrund ihres (friedlichen)
markt, woraufhin die Frau von Engagements in der Bewegung
Alvaro Gonzalez ihre Arbeit ver- für sozialen Wandel hingerich-
lor. Die Trennung, Brandmar- tet hatten, konnte eine solche
kung und der Einkommensverlust Anschuldigung die Gewerk-
verursachte grossen psychologi- schaftsfunktionäre in grosse
schen und wirtschaftlichen Druck Gefahr bringen.
auf die Gewerkschafter und ihre
17.Januar 1998: Rafael Cara-
Familien. Luis Eduardo Garcia
vajal Penaranda, Arbeiter von
und Jose Domingo Flores wur-
Panamco Colombia und lokaler
den im Hochsicherheitstrakt
Sekretär für kulturelle Angele-
des Gefängnisses unterge-
genheiten von SINALTRAINAL,
bracht, wo die Mehrheit der
wartete ausserhalb des
Gefangenen Paramilitärs
Betriebs auf eine Mitfahrgele-
waren. Sie mussten sich unter
genheit, und als sich keine
Gewaltandrohungen den Regeln
ergab, wollte er zurück in den
der Paramilitärs anpassen und
Betrieb, um ein Taxi anzurufen.
lebten in ständiger Angst vor
Er wurde von einem Sicher-
Übergriffen.
heitswächter, Martin Ortega,
Nach sechs Monaten Haft aufgehalten. Caravajal zeigte
wurden die drei Gewerkschafter seinen Arbeiterausweis und
auf Weisung des regionalen versuchte zu erklären, dass er
Staatsanwalts (Regional Prose- ein Taxi anrufen wollte, worauf
cutor) entlassen. Der Staatsan- Ortega den Revolver zog und
walt befand nicht nur, dass die auf Caravajal schoss,und ihn
drei Gewerkschafter nichts mit knapp verfehlte. Caravajal
der Bombenlegung zu tun konnte daraufhin entfliehen.
gehabt hatten, sondern dass in
18. Januar 1998: Der Sicher-
Wirklichkeit gar nie eine Bombe
heitswächter Ortega suchte
im Betrieb gefunden worden
Caravajal zu Hause auf und bat
war, wie das Unternehmen
um Entschuldigung für den Vor-
behauptet hatte.
fall. Er erklärte, er hätte in
Noch heute leiden die drei Angst gehandelt, da das
Gewerkschaftsfunktionäre und Management von Panamco ihm
ihre Familien unter dem psy- gesagt hätte, Caravajal wäre
chologischen Trauma, den öko- eine “gefährliche” und “explo-
nomischen Folgen und der sive” Person. Am selben Tag
sozialen Brandmarkung auf- suchte Ortega auch den Ver-
grund der Vorfälle. sammlungsraum der Gewerk-
schaft auf, während der
Die Vorfälle in Panamco
Gewerkschaftsvorstand eine
Colombia in Cucuta (“Embo-
Sitzung abhielt, und wieder-
telladoras de Santander”)
holte seine Bitte um Verzeihung
1997: Das Management von mit denselben Argumenten.
Panamco Colombia in Cucuta
15. Juli 1999: Nach mehre-
verkündete öffentlich und ohne
ren Drohungen erhielt Rafael
Grundlage, dass die lokalen
10 D o s s i e r C o c a - C o l a d e s M o r d e s a n g e k l a g t
11. Caravajal’s Frau einen Anruf Panamco Colombia in Barranca-
von einem anonymen Sicher- bermeja hat offen die Partei für
heitsbeamten des Betriebes, die Paramilitärs ergriffen im
der ihr mitteilte, dass ihr Mann Bürgerkrieg, der sich in Barran-
zusammen mit anderen cabermeja besonders intensiv
Gewerkschaftern auf der manifestiert. Das Management
schwarzen Liste der Paramili- hat sich mit paramilitärischen
tärs war und dass er und seine Führern getroffen und die Para-
Familie ihr Wohnviertel verlas- militärs mit Erfrischungen ver-
sen sollten. Auf diesen Telefon- sorgt, als sie gegen den Frie-
anruf hin flohen Caravajal und densprozess zwischen der
Familie tatsächlich von ihrem kolumbianischen Regierung und
Wohnort und kehrten nie mehr der ELN (einer der zwei grossen
zurück. Caravajal lebt weiter in Guerrilla-Gruppierung in
Angst um sein Leben. Kolumbien) demonstrierten.
Ohne Grundlage veröffentlichte
13. Dezember 1999: Jorge
Panamco Colombia Mitteilun-
Humberto Leal, ein anderer
gen, worin sie SINALTRAINAL
Gewerkschaftsfunktionär im
beschuldigte, ein Arm der
gleichen Betrieb, wurde von
Guerrilla zu sein. Eine solche
zwei bewaffneten Männern ent-
Anklage ist provokativ und
führt, als er sich im Taxi nach
gefährlich in Barrancabermeja,
Hause befand. Er wurde zu sei-
das vollständig von Paramilitärs
ner Rolle in der Gewerkschaft
kontrolliert wird, welche unge-
befragt. Schliesslich wurde er
fähr 50 Leute pro Monat ermor-
wieder freigelassen, nachdem
den, v.a. Menschenrechtsarbei-
er entführt, gefoltert und fest-
ter, Gewerkschafts- und
gehalten worden war. Es wurde
Bauernführer.
ihm mitgeteilt, er solle von sei-
nen Gewerkschaftsaktivitäten Juan Carlos Galvis, der Präsi-
ablassen, ansonsten würde er dent der lokalen SINALTRAINAL
seine Peiniger wieder zu Gewerkschaft, hat in den letz-
Gesicht bekommen. Paramili- ten zehn Jahren Morddrohun-
tärs besuchten und bedrohten gen von Paramilitärs erhalten.
Jorge Humberto Leal zu Hause So wurden sowohl ihm als auch
mehrere Male in der Folge. seiner Frau persönlich am Tele-
fon und schriftlich gedroht,
Jorge Humberto Leal lebt
dass er umgebracht würde,
seither in ständiger Angst, dass
wenn er nicht von seinen
er ermordet oder wieder ent-
Gewerkschaftsaktivitäten ablasse
führt werden könnte. Obwohl
und Coca-Cola verlasse. Einige
über die Morddrohungen infor-
dieser Drohungen waren auch
miert, haben Coca-Cola Com-
auf den Wänden innerhalb des
pany, Coca-Cola Colombia,
Panamco Betriebes erschienen,
Panamco und Panamco Colom-
so z.B. im Juni 2000 die Worte
bia keine Massnahmen ergrif-
“Bringt Galvis aus Coca-Cola
fen, um Humberto Leal zu
heraus, unterschrieben AUC”.
beschützen.
AUC (Autodefensas Unidas de
Die Vorfälle in Panamco Colombia) ist die grösste parami-
Colombia in Barrancaber- litärische Einheit in Kolumbien.
meja (“Embotelladoras de Galvis beklagte sich beim regio-
Santander”): nalen Manager von Panamco
Das Management von Colombia über diese Drohung.
S TO P P T D E N T E R R O R D E R M U LT I S D o s s i e r 11
12. Galvis befindet sich zur Zeit José Domingo Flores, Jorge
in unmittelbarer Gefahr von Humberto Leal und SINALTRAI-
den Paramilitärs ermordet zu NAL.
werden. Auch die Menschen-
Freiheitsberaubung von Luis
rechtsdivision des kolumbiani-
Eduardo Garcia, Alvaro Gonza-
schen Innenministeriums ist zu
lez Perez, José Domingo Flores,
diesem Schluss gelangt und hat
Jorge Humberto Leal von
Galvis in das staatliche Pro-
SINALTRAINAL.
gramm zur Unterstützung von
bedrohten Gewerkschaftern Tätliche Angriffe auf Luis
aufgenommen. Obwohl über die Eduardo Garcia, Alvaro Gonza-
Morddrohungen informiert, lez Perez, José Domingo Flores,
haben Coca-Cola Company, Jorge Humberto Leal und
Coca-Cola Colombia, Panamco SINALTRAINAL.
und Panamco Colombia keine Überfall auf Luis Eduardo
Massnahmen ergriffen, um Gal- Garcia, Alvaro Gonzalez Perez,
vis zu beschützen. José Domingo Flores, Jorge
Humberto Leal, Juan Carlos
Galvis und SINALTRAINAL.
Anklagepunkte
Absichtliche Zufügung von
Die Anklage stützt sich emotionaler Verzweiflung an
sowohl auf US-amerikanisches Luis Eduardo Garcia, Alvaro
als auch internationales Recht. Gonzalez Perez, José Domingo
Folgende Anklagepunkte wer- Flores, Jorge Humberto Leal,
den in der Anklage aufgeführt: Juan Carlos Galvis.
Mord, evt. Totschlag an
Gewerkschaftsführer Isidro
Segundo Gil und Beraubung Stellungnahmen der
seiner Versammlungsfreiheit. Angeklagten
Entführung, Freiheitsberau- Ein Sprecher von Coca-Cola
bung, Verbrechen gegen die in Atlanta erklärte, dass die
Menschlichkeit gegen Luis Edu- Abfüllbetriebe in Kolumbien von
ardo Garcia, Alvaro Gonzalez Geschäftspartnern geführt wer-
Perez, José Domingo Flores, den und verneinte jegliches fal-
Jorge Humberto Leal, Juan Car- sches Verhalten des Unterneh-
los Galvis und SINALTRAINAL. mens. Coca-Cola lehne
jeglichen Zusammenhang zu
Folter gegenüber Luis Edu-
den Menschenrechtsverletzun-
ardo Garcia, Alvaro Gonzalez
gen ab, erklärte ein Sprecher
Perez, José Domingo Flores,
vom Hauptsitz in Atlanta. Coca-
Jorge Humberto Leal, Juan Car-
Cola besitze und betreibe die
los Galvis und SINALTRAINAL.
Betriebe in Kolumbien nicht.
Entzug des Rechts der Ver- (20.7.01, BBC
sammlungsfreiheit für Luis Edu- www.corpwatch.org/news/PND.jsp?
ardo Garcia, Alvaro Gonzalez articleid=52)
Perez, José Domingo Flores, Ein Sprecher des Coca-Cola
Jorge Humberto Leal, Juan Car- Hauptsitzes in Atlanta verneinte
los Galvis und SINALTRAINAL. jegliches falsches Verhalten des
Willkürliche Festnahme und Unternehmens bezüglich der
Inhaftierung von Luis Eduardo Menschenrechtsverletzungen in
Garcia, Alvaro Gonzalez Perez, Kolumbien. Coca-Cola habe
12 D o s s i e r C o c a - C o l a d e s M o r d e s a n g e k l a g t
13. einen strikten Verhaltenskodiz, Panamco de Colombia Verleum-
zu welchem sich alle Tochterge- dungsklage gegen die Gewerk-
sellschaften und Unternehmen, schaft, inklusive gegen Präsi-
die mit Coca-Cola zusammen dent Luis Javier Correa Suarez
arbeiten, bekennen müssen. und regionale SINALTRAINAL-
Weiter habe Coca-Cola sehr Funktionäre eingereicht: Juan
spezielle Sicherheitsmassnah- Carlos Galvis von Barrancaber-
men für alle seine Angestellten meja, Jorge Leal von Cucuta
und die Angestellten seiner und Luis Eduardo Garcia,
Abfüllbetriebe in Kolumbien. Alvaro Gonzalez und Jose
Domingo Flores von Bucara-
Befragt zum Gebrauch seiner
manga. (22.02.02, SINALTRAINAL,
Firma von Paramilitärs um
www.cokewatch.org/news/hn_0202
Gewerkschaftsmitglieder zu 22_1.htm)
Anlässlich der jährli-
chen Aktionärsver-
sammlung (bei der vor
den Türen eine Protest-
aktion der Teamsters
Gewerkschaft zu den
Vorfällen in Kolumbien
stattfand) erklärte
Coca-Cola Generaldi-
rektor Douglas N. Daft
den Investoren, dass
die Ermordungen nichts
zu tun hätten mit der
Unternehmung oder
ermorden und einzuschüchtern, ihren vielen Abfüllbetrieben.
entgegnete Richard Kirby, der Die Klagen gegen das Unter-
Besitzer von Bebidas y Alimen- nehmen seien schlicht und ein-
tos, dass man Paramilitärs fach nicht wahr. Coca-Cola
nicht benützen könne, sondern halte nicht nur an internationa-
dass sie einem benützen wür- len Konventionen fest, welche
den. Niemand sage den Parami- Kinderarbeit und körperliche
litärs, was sie zu tun hätten. Er Bestrafung verbieten, sondern
behauptet auch, die Tatsachen dem Untrnehmen verfüge
bezüglich der Ermordung von bereits über ihre eigenen stren-
Isidro Gil seien verdreht wor- gen Prinzipen um ihre Arbeite-
den. Die Paramilitärs seien rInnen zu beschützen, welche
eines Tages im Betrieb aufge- auch auf alle zuträfen, die ihre
taucht, hätten den Betrieb Getränke herstellten und
geschlossen, alle gegen die abfüllten.
Wand gestellt und begonnen zu Natürlich genüge ein
schiessen. Und jetzt werde es geschriebener Code nicht,
so verdreht, als ob es ihr Fehler wurde später auf das Argument
sei. des Teamster-Präsidenten ent-
(23.07.01, Information Network of gegnet, dass diese Prinzipien
the Americas (INOTA), www.colom-
freiwillig seien und kaum
biareport.org/colombia73.htm)
umgesetzt würden, das seien
Als Vergeltungsmassnahme nur Worte auf Papier und sie
auf die Anklage in Florida habe wüssten das. Aber sie hätten
S TO P P T D E N T E R R O R D E R M U LT I S D o s s i e r 13
14. erste wichtige Schritte unter- sammlung im Verhältnis 9 zu 1
nommen, ihre Partnerfirmen abgelehnt wurde .
genau zu prüfen. (18.04.01, The New York
Times,www.nytimes.com/2002/04/
Wütend über die Behauptun- 18/business/18COKE.html)
gen der Anklage meinten die
Direktoren von Coca-Cola, dass Rodrigo Calderon, ein Coca-
anstatt dass die ArbeiterInnen Cola Direktor in Mexico, sagte,
vor zukünftigen Angriffen die Anklage enthalte unver-
geschützt würden, die Anklage schämte Behauptungen, welche
nur noch mehr Gewalt verursa- dazu dienen, Schlagzeilen zu
chen würde. Es sei nicht nur machen und eine politische
falsch, es sei unverantwortlich, Agenda voranzutreiben. Coca-
sagte Rodrigo Calderon, ein Cola habe beim Richter bean-
Sprecher von Coca-Cola in tragt, die Anklage abzuweisen.
Mexico. Durch die Behauptung, Es sei sehr tragisch sei, sagte
dass Coca-Cola sich mit Para- Calderon, aber das Unterneh-
militärs verbünde, um gewerk- men und die Abfüllbetriebe hät-
schaftliche Aktivitäten zu ten nichts mit den Angriffen auf
unterdrücken, würden die die Gewerkschafter zu tun.
Coca-Cola Direktoren gefähr- Wegen Ermordung von Ange-
det. stellten, Verbrennung von Last-
Die Anklage führte zu einer wagen und Erpressung durch
Ansammlung von Coca-Cola Kolumbiens linksgerichtete
Aktionären, welche neue Politi- Gruppierungen hätten Coca-
ken verlangten, um ArbeiterIn- Cola Verteiler 3% ihrer Abneh-
nen zu schützen. Ihr Vorschlag mer fallen gelassen und sie
forderte das Unternehmen auf, seien unfähig, in mehr als 80
sich darum zu kümmern, dass Gemeinden zu operieren.
alle seine ArbeiterInnen fair Ein Anwalt des Angeklagten
behandelt würden und einen Kirby sagte, dass alle die
existenzsichernden Lohn erhiel- Gesetzeslosigkeit anerkannten,
ten, wo auch immer in der glo- die in gewissen Teilen Kolum-
balen Wirtschaft sie arbeiteten. biens herrschte. Solle das nun
Vertreter von Coca-Cola bedeuten, dass Coca-Cola und
beschrieben den Vorschlag andere für die begangene
aufgrund der schon existieren- Gewalt verantwortlich seien?
den Politik des Unternehmens Das sei schon sehr weit herge-
als überflüssig, worauf der Vor- holt. Sie würden diese Behaup-
schlag von der Aktionärsver- tungen zurückweisen.
(06.06.02, Atlanta Journal and
Constitution,www.laborrights.org/pr
ess/coke060602.htm)
14 D o s s i e r C o c a - C o l a d e s M o r d e s a n g e k l a g t
15. Politische Situation in Kolumbien
D e r K r i e g g e g e n d i e A r m e n
Uebernommen von Raul Zélik, Journalist Kolumbien, von der man diffus
und Mitglied der Deutschen Kampagne immer wieder in Medien hört,
gegen Coca-Cola „Cola Sucks“ recht rationale Erklärungen
besitzt. Der Bürgerkrieg und
In diesem Land werden jähr- die schätzungsweise 30.000
lich so viele Oppositionelle Morde jährlich haben viel mit
ermordet wie in Chile in 17 Jah- den sozialen Verhältnissen zu
ren Pinochet Diktatur zusam- tun. Kolumbien ist ein für die
mengezählt! Industriestaaten geopolitisch
wichtiges Land. Mit 1,2 Millio-
Wenn das Stichwort Kolum-
nen Quadratkilometer dreiein-
bien fällt, sind die ersten Asso-
halb Mal so groß wie die BRD,
ziationen immer die gleichen:
besitzt es schon aufgrund sei-
Man denkt an Kokain, Mafia,
ner Ausdehnung und der Lage
Terrorismus und Gewalt. In
am Isthmus von Panamá
Europa lebende KolumbianerIn-
immense militärstrategische
nen betonen dann gerne, dass
Bedeutung. Es ist so etwas wie
ihre Heimat aAuch ganz andere
die natürliche Drehscheibe zwi-
Seiten besitze. Sie verweisen
schen Zentral- und Südame-
auf die kulturelle Vielfalt des
rika, besitzt Zugang zu beiden
Landes, das afrikanische, indi-
Ozeanen, der für den kapitalis-
gene, europäische und arabi-
tischen Welthandel so wichtige
sche Einflüsse aufgenommen
Panamá-Kanal liegt ganz in der
hat, auf die Literatur von
Nähe, und die Außengrenzen zu
Schriftstellern wie Gabriel Gar-
Venezuela (dem wichtigsten
cía Márquez’ oder die reichen
Erdölproduzenten des Konti-
Musiktraditionen. Für deutsche
nents), Brasilien (dem Indus-
Rucksacktouristen schließlich
triegiganten Lateinamerikas,
ist Kolumbien einfach ‘der
Perus und Ecuadors (einem
Geheimtip’, ein Land, wo man
weiteren wichtigen Erdölprodu-
von tropischen Regenwäldern
zenten) gelten als unkontrol-
und Wüsten bis hin zu Glet-
lierbar. Das ist der Hintergrund,
scherlandschaften alles haben
warum US-Strategen Kolum-
kann.
bien seit 1988 mit steter Regel-
mäßigkeit als “Unsicherheits-
faktor für die ganze Region”
Wirtschaftliche und stra-
bezeichnen.
tegische Interessen:
Aber nicht nur geostrate-
Seltener wird darüber gisch, auch wirtschaftlich ist
gesprochen, daß die Gewalt in
S TO P P T D E N T E R R O R D E R M U LT I S D o s s i e r 15
16. das Land von Bedeutung. Der “Gefährlicher, eine
ehemalige US-Präsidentschafts- Gewerkschaft aufzubauen
berater Bernard Aronson nannte als eine Guerillaorganisa-
Kolumbien vor einigen Jahren tion.”
“das bestgehütete Geheimnis
Lateinamerikas”. Kontinuierliche Am charakteristischen für
Wachstumraten, eine relativ Kolumbien ist, dass die Ober-
niedrige Auslandsverschuldung schicht alles unternimmt, um
und gigantische Rohstoffvor- den herrschenden Status Quo
kommen machen das Land für mit Gewalt aufrecht zu erhal-
ausländische Investoren hochin- ten. In keinem anderen Land
teressant. So ist Kolumbien Amerikas besitzt der Terror
heute der weltweit größte gegen die Opposition vergleich-
Exporteur von Qualitätskaffee bare Ausmaße, nirgends gibt es
und Smaragden sowie einer der so viele Massaker an der Zivil-
wichtigsten Exporteure von bevölkerung, nirgends sind die
Schnittblumen und Bananen. Spielräume für eine legale
Die von der BP und der US-ame- Opposition so klein wie hier.
rikanischen OXY beanspruchten Paramilitärs überfallen mit
Erdölvorkommen im Osten des Rückendeckung von Armee und
Landes gehören zu den größten Polizei ganze Dörfer und ermor-
auf dem Kontinent, in Nordko- den 50 Personen auf einen
lumbien befinden sich gewaltige Schlag, Bauern werden bei
Steinkohleminen, die von lebendigem Leib mit der Motor-
EXXON (Esso) im Tagebau aus- säge zerteilt, politische Aktivis-
gebeutet werden, und unweit ten entführt und ‘beseitigt’. Die
der Touristenstadt Cartagena Gewalt überschreitet die Gren-
wurden vor kurzem Goldreser- zen der Vorstellungskraft. So
ven entdeckt, die zu den wich- bemerkte der Jesuitenpater
tigsten in Amerika zählen sollen. Javier Giraldo, Gründer der
kirchlichen Untersuchungskom-
Von diesen gewaltigen Reich- mission JUSTICIA Y PAZ und
tümern hat die Bevölkerung inzwischen selbst exiliert, in
allerdings wenig. Nach gewerk- seinem Buch “The genocidal
schaftlichen Zahlen leben 55 democracy” :
Prozent der (knapp 40 Millionen)
KolumbianerInnen in Armut, 20 “Die Wahrheitskommission in
Prozent in absolutem Elend, 50 Chile registrierte in den 17 Jah-
Prozent haben keine Sozialversi- ren brutaler Militärdiktatur
cherung, 20 Prozent der Erwach- 2700 Fälle von politischen Mord
senen sind arbeitslos, 1,8 Millio- und Verschwundenen. Diese
nen Menschen leben von Zahl, so schrecklich sie ist, ist
Gelegenheitsarbeiten, eine Mil- weitaus niedriger als die Anzahl
lion Familien haben kein Dach von Fällen, die unsere Daten-
über dem Kopf, 15 Prozent der bank jährlich registriert hat,
Haushalte verfügen über keinen seitdem wir unsere Arbeit auf-
Trinkwasseranschluß. Gleichzei- genommen haben.” (Giraldo
tig befinden sich mehr als 90 1996, S. 24)
Prozent der kolumbianischen Nach Angaben Giraldos sind
Aktienanteile in den Händen von zwischen 1988 und 1995 6177
weniger als 0,9 Prozent der Menschen aus ‘politischen’ und
Aktionäre. weitere 10.556 aus ‘wahr-
scheinlich politischen Gründen’
16 D o s s i e r C o c a - C o l a d e s M o r d e s a n g e k l a g t
17. ermordet worden. 2459 Perso- dent der Gewerkschaft erschos-
nen wurden zum Opfer sozialer sen. Und den Goldunternehmen
Säuberungen, wie sie Polizei CORONA GOLDFIELDS und
und Paramilitärs gegen Stra- FRONTIN GOLDMINES wird
ßenkinder, Drogenabhängige sogar eine direkte Beteiligung
und Prostituierte durchführen, bei der Vorbereitung von Mas-
1451 Personen verschwanden. sakern vorgeworfen.
Dazu kommen jährlich Zehn-
Auf dem Land hat diese Poli-
tausende, die Opfer einer diffu-
tik, die auf ihre Weise auch eine
sen sozialen Gewalt werden,
Facette der Globalisierung dar-
und die Tendenz ist weiter stei-
stellt - es geht darum, dem
gend.
Weltmarkt Ressourcen zur
Die Medien schieben diese Vefügung zu stellen -, immer
Verbrechen in der Regel diffus neue Flüchtlingsströme verur-
“Gewalttätern” oder “Extremis- sacht. Von den 9 Millionen
ten von rechts und links” in die BäuerInnen Kolumbiens befin-
Schuhe. Unabhängige Untersu- den sich inzwischen fast zwei
chungen belegen jedoch, daß Millionen auf der Flucht. Wer
der Großteil der Morde auf das Vertriebene befragt, stellt fest,
Konto von rechten Privatar- dass diese Vertreibungen nicht
meen geht, die von Industriel- einfach “Folge von bewaffneten
len, Viehzüchtern und Drogen- Zusammenstößen zwischen
händlern finanziert werden und Guerilla und Armee sind”, wie
logistisch von den Sicherheits- vielfach behauptet wird, son-
organen unterstützt werden. dern eine klar umrissene öko-
Das Ziel dieser Aktivitäten ist nomische Logik besitzen. Auf
die physische Vernichtung der dem “Ersten landesweiten Tref-
sozialen Bewegungen. Tatsäch- fen von Kriegsflüchtlingen” im
lich hat allein das sozialistische Februar 2000 in Bogotá wiesen
Wahlbündnis UNIÓN PATRIÓ- fast alle 35 RednerInnen auf
TICA zwischen 1985 und 1995 den Zusammenhang von neoli-
knapp 4000 AktivistInnen ver- beraler Wirtschaftspolitik, den
loren, darunter zwei Präsident- Interessen der Multis und den
schaftskandidaten. Die Gewerk- Verbrechen der Paramilitärs
schaftsbewegung ihrerseits hin: Zu Vertreibungen komme
musste seit 1990 mehr als es immer dort, so die Bauern,
2000 Todesopfer beklagen. In wo finanziell einträchtige Groß-
diese Fälle involviert sind auch projekte (wie Staudämme oder
transnationale Unternehmen, Straßenverbindungen) geplant
die in Ruhe ihrem Geschäft sind oder große Rohstoffvor-
nachgehen wollen. So enga- kommen vermutet werden.
gierten die Erdölmultis TEXACO “Wir haben eine mehr als
und BP private Sicherheits- 500jährige Geschichte der Ver-
dienste, um die Gewerkschafts- treibung”, so ein Vertreter der
arbeit auf den Erdölfeldern zu ‘Sozialen Bewegung der Ver-
überwachen und ein Spitzelnetz triebenen Antioquias’. “Zuerst
in der Nachbarschaft der För- waren wir Opfer von Kirche und
deranlagen aufzubauen. Bei der Krone, später der Viehzüch-
Coca-Cola wurde 1995 die ter und heute der Drogenhänd-
Betriebsgewerkschaft in Carepa ler und transnationalen Unter-
(Nordkolumbien) durch Parami- nehmen. Sie alle verbindet das
litärs zerschlagen, der Präsi- Interesse, sich unser Land
S TO P P T D E N T E R R O R D E R M U LT I S D o s s i e r 17
18. anzueignen.” Die Sprecherin Unterstützung für das kolum-
der Indígena-Organisation bianische Regime. Seit 1997
ONIC sprach gar von einer wird die Einmischung des gro-
“zweiten Conquista.” ßen Nachbarns immer offen-
sichtlicher, die Militärinterven-
Die kolumbianische Regie-
tion hat längst begonnen. Seit
rung nützt natürlich alle Mög-
Sommer 1999 nehmen Aufklä-
lichkeiten, diese Systematik zu
rungsflugzeuge der US-Luft-
vertuschen und sich als Vertei-
waffe direkt an Angriffen auf
diger der Menschenrechte zu
Guerillaeinheiten teil. Von
profilieren. Der angeblich so
ecuadorianischen Stützpunkten
demokratische Präsident
aus überfliegen US-Maschinen
Andrés Pastrana, der 1998 Frie-
kontinuierlich kolumbianisches
densgespräche mit der Guerilla
Gebiet, um alle Bewegungen
aufnahm und sich im Ausland
der Guerilla zu beobachten.
als Friedensstifter feiern lässt,
Gesandte des US State Depart-
erklärt seit 2 Jahren, dass er
ment haben 1998 / 99 in Peru
“hart gegen die Paramilitärs
und Argentinien für die Zusam-
vorgehen werde”. Doch gesche-
menstellung einer internationa-
hen ist nichts, im Gegenteil.
len Eingreiftruppe geworben,
Während seiner Präsidentschaft
die in Kolumbien einmarschie-
(seit 1998) hat es so viele Mas-
ren soll, während US-amerika-
saker gegeben wie noch nie in
nische Special Operation Forces
den vergangenen 40 Jahren.
gleichzeitig entlang der kolum-
Die engen Verbindungen zwi-
bianischen Grenzen Vorposten
schen politischen Eliten, Armee
aufgebaut haben. Anfang 2000
und Industriellen einerseits und
bewilligte der US-Kongress eine
den Paramilitärs andererseits
Militärhilfe in Höhe von knapp
bestehen fort. Während die Mili-
1,5 Milliarden US-Dollar, der
tärs zur Guerillabekämpfung
sogenannte ‘Plan Colombia’.
aufgerüstet werden, können die
Das ist fünf Mal so viel, wie das
Todesschwadrone weiterhin mit
salvadorenische Regime in den
Straflosigkeit rechnen. Generäle,
80er Jahren zur Aufstandsbe-
denen schwere Kriegsverbre-
kämpfung erhielt. Außerdem
chen nachgewiesen wurden,
wurde bekannt, dass sich meh-
bleiben im Dienst. Die Regierung
rere Hundert US-Militärberater
Pastrana und ihr Menschen-
Kolumbien befinden und dort
rechtsbeauftragter, Vizepräsi-
vor allem die Geheimdienstar-
dent Bell, bemühten sich darum,
beit auf Vordermann bringen
noch mehr Militärhilfe zu erhal-
sollen.
ten, und der Innenminister profi-
liert sich als Rechter. Die Frie- Doch nicht nur die US-Regie-
denspolitik des Ex-Präsidenten rung unterstützt den schmutzi-
Pastrana ist eine Farce, da die gen Krieg der kolumbianischen
‘Demokratie’ im Land noch blut- Eliten. Britische Sicherheitsun-
rünstiger und intoleranter ist, als ternehmen, wie das (von ehe-
es eine Militärdiktatur jemals maligen MI-5-Agenten gegrün-
sein könnte. dete) Defense System Limited,
spielen eine Schlüsselrolle bei
der Ausbildung von Privattrup-
Ein Krieg des Nordens: pen im Dienste der Erdöl-Com-
panies. Und die französische
Möglich ist dieser Krieg nur
Polizei bildet Sondereinheiten
aufgrund der massiven US-
18 D o s s i e r C o c a - C o l a d e s M o r d e s a n g e k l a g t
19. der kolumbianischen GAULA also nicht um eine Demobilisie-
aus, welche wiederum nach rung der Guerilla, sondern vor
Angaben von Menschenrechts- allem um den Kampf gegen
aktivisten mehrmals Oppositio- Armut und Marginalisierung,
nelle entführt und an Paramili- um eine Demokratisierung der
tärs übergeben haben. Offiziell Gesellschaft und die Abschaf-
dient diese Waffenhilfe dem fung der Nationalen Sicher-
Kampf gegen die Drogenmafia. heitsdoktrin.
Doch interessanterweise gibt es
Und schließlich gibt es neben
nur in jenen kolumbianischen
der kaum zu übersehenden
Gebieten Anti-Drogenoperatio-
politischen Apathie und der in
nen, in denen die Guerilla oder
den Städten kaum präsenten
Bauernbewegungen stark sind.
Guerilla, auch weiterhin überra-
Das nordkolumbianische Urabá
schend aktive Gewerkschafs-
hingegen, das von der XVII.
und Bauernbewegungen, sowie
Armeebrigade und paramilitäri-
Indigene- und Schwarze
schen Einheiten des Drogenba-
Gemeinschaften, die sich der
rons Carlos Castaño Hand in
neoliberalen Verarmungspolitik
Hand kontrolliert wird, bleibt
entgegenstellen. So hat es seit
von solchen Aktionen unbe-
1996 eine Vielzahl sozialer Pro-
rührt, und das obwohl dort
teste gegeben: Bauernmär-
nach Zahlen der US-Regierung
sche, Straßensperren, General-
80% des für den nordamerika-
streiks, Gefängnisaufstände,
nischen Marktes bestimmten
spontane Proteste von Stadt-
Kokains verschifft wird.
teilbewohnerInnen. Diese
Demonstrationen zeigen, dass
es in Kolumbien um mehr geht
Der schwierige Kampf als um den undurchschaubaren
einer kriminalisierten Kampf zwischen Mafias. Es han-
Opposition: delt sich um einen militarisier-
Wer in Kolumbien regimekri- ten sozialen Konflikt, um einen
tisch ist, hat es schwer. Die Krieg der Besitzenden gegen
Guerillaorganisationen FARC die Bevölkerungsmehrheit, der
und ELN sind trotz des immen- international ignoriert wird.
sen militärischen Druck in den Dass es für die AktivistInnen
letzten Jahren gewachsen. der kolumbianischen Basisbe-
Zusammen mobilisieren sie wegungen in der Vergangenheit
heute an die 20.000 Kämpfe- kaum Solidarität gab, ist
rInnen, die im ganzen Land schrecklich, denn wahrschein-
präsent sind. Auch wenn die lich hätte die internationale
beiden Organisationen nach wie Öffentlichkeit Tausende von
vor eine sozialistische Gesell- Morden verhinden können.
schaft anstreben, versuchen sie Doch noch beschämender wäre
den Bürgerkrieg in Kolumbien es, wenn die kolumbianische
mit Verhandlungen zu beenden. Opposition auch jetzt, ange-
Sie haben 1998 Gespräche mit sichts der massiven Militärhilfe
Regierung und Gesellschaft für das Regime, erneut im Stich
aufgenommen und sich zum gelassen wird. Andere Beispiele
Ziel gesetzt, die sozialen Ursa- in Lateinamerika haben schließ-
chen beseitigen, die zum Ent- lich gezeigt, dass das Ausland
stehen der Guerillas führten. eine wesentliche Rolle spielen
Anders als in Zentralamerika kann, um die Politik der Todes-
geht es bei den Verhandlungen schwadrone zu stoppen.
S TO P P T D E N T E R R O R D E R M U LT I S D o s s i e r 19
20. Politische Situation in Kolumbien
D i e S t r a f l o s i g k e i t a l s G e s e t z t
Die ernste Krise bezüglich chen erlaubt ist, wenn sogar
der Menschenrechte, unter der die schwersten Verbrechen
Kolumbien in den letzten Jahr- nicht bestraft werden sollen.
zehnten gelitten hat, ist wie Damit verhindert man die Wie-
eine steigende Spirale, die das dergutmachung der angerichte-
ganze Staatsgebiet jeden Tag ten Schäden. Die Unterlassung
mit Blut und Terror durchtränkt der Bestrafung der einen und
und an der alle möglichen Prog- die Bestrafung derer, die man
nosen zerbrechen. Die schau- unterdrücken will, sind nur die
derhaften Zahlen der Men- beiden Seiten derselben
schenrechtsverletzungen in Medaille. Es regiert das Gesetz
Kolumbien, die zahlreich in der Herrschaft des einen über
nationalen und internationalen den anderen. Folglich ist die
Berichten gesammelt wurden Straflosigkeit in sich eine Ver-
und teilweise sogar vom kolum- letzung der Menschenrechte, da
bianischen Staat anerkannt sie den vorliegenden Verletzun-
worden sind, sind eine dau- gen ein neues Verbrechen hin-
ernde Bekanntmachung des zufügt.
prekären politischen Zustands
Die Straflosigkeit funktioniert
auf dem Weg, die Demokratie
wie ein Mechanismus, der den
im Land zu errichten. Die Ver-
mächtigen Gruppen, die für die
wunderung bezüglich der aku-
Menschenrechtsverletzungen
ten Krise der Menschenrechte
veranwortlich sind, hilft, die
steigt noch weiter, wenn man
Macht zu halten. Die Straflosig-
weiss, dass in Kolumbien mehr
keit unterstützt die Korruption
als 97% der Menschenrechts-
und zerreisst das soziale Netz,
verletzungen in Straflosigkeit
so dass das heutige und
enden.
zukünftige Zusammenleben
Die Straflosigkeit ist zum gestört werden. Sie wirkt sich
„Gesetz“ geworden. Aber der nicht nur auf die politischen
Verzicht auf die Bestrafung der und zivilen, sondern auch auf
Menschenrechtsverbrecher und die sozialen, kulturellen, und
dessen Auswirkungen beein- ökonomischen Rechte aus.
flussen die kolumbianische
Unter der unablässigen star-
Gesellschaft als Ganzes. Die
ken Verbreitung von Menschen-
Sraflosigkeit verschwört sich
rechtsverletzungen, die den
gegen die Werte der Mensch-
kolumbianischen Alltag weitge-
lichkeit, banalisiert die per-
hend prägen, sind die Verbre-
verse Idee, dass jedes Verbre-
chen gegen die Menschlichkeit
20 D o s s i e r C o c a - C o l a d e s M o r d e s a n g e k l a g t
21. von besonderer Bedeutung, Organisationen, die sich von
sowohl auf Grund ihrer extre- seiner Politik distanzieren oder
men Grausamkeit als auch sie bekämpfen, zu verfolgen.
durch ihre tief greifende politi- Zu diesem Zweck wurde in
sche Bedeutung als zerstöreri- Kolumbien ein juristisches und
sche Handlung. Die Menschen- politisches System errichtet,
rechtskommission der UNO das hauptsächlich auf folgen-
definierte diese im Jahre 1954 den Elementen beruht:
als grausame Taten, vergleich-
bar mit Vergehen wie Mord,
Ausrottung, Sklaverei, Zwangs- Die Militärgerichtbarkeit
verbannung oder Verfolgung und die Gehorsams-
aus sozialen, politischen, ras- pflicht:
sistischen, religiösen oder kul-
Sie garantieren Straflosigkeit
turellen Gründen, die die
bei Menschenrechtsverletzun-
Behörden eines Staates oder
gen. Auf dieser Basis wird jede
Einzelpersonen, die von diesen
Verletzung der Menschen-
Behörden angestiftet oder nicht
rechte, die ein Angehöriger der
an ihrem Handeln gehindert
kolumbianischen Armee aus-
werden, ausüben lassen. Die
übt, als reine Befehlsausübung
aktuellsten Modalitäten dieser
betrachtet und untersteht
Verbrechensart in Kolumbien
daher nur den Militärgerichten.
sind: der Mord aus politischen
Gründen, der Genozid an
bestimmten sozialen und politi-
Die wiederholte Ausru-
schen Gemeinschaften, das
Zwangsverschwinden von Per-
fung des Ausnahmezu-
sonen und die Folter. standes:
Die Krise der Menschen- Diese Massnahme hat dazu
rechte in Kolumbien beruht auf geführt, dass Kolumbien in den
verworrenen, aber nicht unlös- letzten 30 Jahren im Zustand
baren Faktoren, zu denen der einer eigentlichen Diktatur
Fortbestand des Bürgerkrieges gelebt hat, die sich allerdings
zählt. Wenn sich der bewaffnete als parlamentarische Demokra-
Konflikt verschärft, verschlech- tie zu präsentieren weiss. Der
tern sich die Lebensbedingun- Ausnahmezustand führt zur
gen der lokalen Bevölkerung. vorübergehenden Aufhebung
Das bedeutet aber nicht, dass der in der Verfassung festge-
der Staat keine Schuld daran schriebenen Garantien betref-
tragen würde, denn die Ent- fend der Ausübung der zivilen
wicklung des Krieges ist auch und politischen Rechte. Ausser-
Ausdruck politischer Entscheide dem können der Präsident der
der Regierung. Deshalb ist der Republik und die Armee unter
kolumbianische Staat für die dem Ausnahmezustand auf
Verbrechen, die jeden Tag an ausserordentliche Befugnisse
der Bevölkerung begangen wer- zurückgreifen, um die sozialen
den, als Täter sowie als Dulder Probleme als Fragen von natio-
verantwortlich. nalem Interesse und „innerem
Krieg“ zu behandeln. Im letz-
Im Rahmen seines Krieges ten Jahr haben der Kongress
gegen die Guerillas hat der und der Präsident das Gesetz
Staat sich dafür entschieden, 684 (2001) verabschiedet, das
alle sozialen und politischen
S TO P P T D E N T E R R O R D E R M U LT I S D o s s i e r 21
22. sogenannte „Gesetz für die Bevölkerung. Gleichzeitig ver-
nationale Sicherheit“. Mit diesem zichtet er darauf, die Verant-
Gesetz wird noch das letzte wortlichen für die Menschen-
Stück Rechtsstaat, das in Kolum- rechtsverletzungen zu
bien existiert, abgeschafft. Es bestrafen, indem verschiedene
sanktioniert die Gewaltexzesse Mechanismen geschaffen wur-
der Armee und schafft die den, um Straflosigkeit zu
gesetzliche Basis für eine eigent- garantieren.
liche Diktatur im Lande.
Alle zwei Stunden wird in
Kolumbien eine Person aus poli-
tischen Gründen umgebracht.
Der Einsatz von Zivilisten
Es gibt an die zwei Millionen
in „Selbstverteidigungs- intern Vertriebene im Land, die
gruppen“: Hälfte davon sind Kinder, 36%
Ausgebildet in der US-ameri- gehören laut Schätzungen der
kanischen „Escuela de las Ameri- UNO den Gemeinschaften der
cas“, haben die kolumbianischen schwarzen oder indigenen
Streitkräfte mit finanzieller Bevölkerung an.
Unterstützung der Drogenbarone Allein im letzten Jahr wurden
und der kolumbianischen Oligar- 167 Gewerkschafter umge-
chie den Aufbau irregulärer, bracht. Jedes Jahr masakrieren
die Paramilitärs tau-
sende von Personen.
Gemäss dem Bericht
der Menschenrechts-
konvention der Verei-
nigten Nationen des
Jahres 2001, sind Mit-
glieder der paramilitäri-
schen Gruppen nicht
nur verantwortlich für
die zunehmende Unter-
grabung und Verletzung
der Menschenrechte,
sondern tragen mit
ihrer systematischen
Anwendung von Gewalt
und Terror gegen die
Zivilbevölkerung in den
von ihnen kontrollierten
Regionen einen wesent-
lichen Teil dazu bei, dass der
bewaffneter Truppen mitgetra- Konflikt sich zuspitzt. Die Grau-
gen. Diese paramilitärischen samkeit der Paramilitärs ist bei-
Kräfte arbeiten im Kampf gegen spiellos und es ist ein offenes
die Guerillas mit der Armee und Geheimnis, dass die Armee mit
der Polizei zusammen. diesen Todesschwadronen eng
Mit Hilfe dieser Instrumente zusammenarbeitet. Der Staat
verletzt der kolumbianische ist mitverantwortlich an der
Staat systematisch und Gewalt, weil er die Straflosig-
bewusst die zivilen und politi- keit für die Täter und ihre Hin-
schen Menschenrechte der termänner zulässt.
22 D o s s i e r C o c a - C o l a d e s M o r d e s a n g e k l a g t
23. Hintergrundinformationen
Der multinationalen Konzern Coca-Cola Company
Entwicklungsgeschichte erfrischenderen Wirkung ver-
half. Coca-Cola wurde von da
Coca-Cola verdankt sein Ent-
an mit kohlesäurehaltigem
stehen einem Apotheker und
Wasser zubereitet.
Erfinder von Hustensirupen und
Haarfärbemitteln, der ursprüng- Die Nachfrage nach Coca-
lich ein Mittel gegen Kopf- Cola wuchs bald über Atlanta
schmerzen, Schwäche und hinaus. John S. Pemberton, der
Müdigkeit (als Folge von Alkoho- sich mehr für das Pröbeln, Tüf-
lismus) zu erfinden gedachte. teln und Mischen in seinem
John S. Pemberton mixte im Labor als für das Geschäftliche
Jahre 1886 in seinem Laborato- interessierte, verkaufte sein
rium, der Jacob’s Pharmacy, in Rezept für Coca-Cola und alle
Atlanta (Georgia), einen dick- damit verbundenen Rechte im
flüssigen, dunkelbraun Sirup. Jahre 1888 dem Kaufmann Asa
Das als Heilmittel vorgesehene G. Candler zum Preis von 2300
Elixier wirkte jedoch mit Wasser Dollar. 1892 gründete Candler
verdünnt so anregend, dass die Coca-Cola Company und
daraus der beliebte Durstlöscher liess den Namen Coca-Cola
Coca-Cola entstand. Pember- gesetzlich schützen.
tons Geschäftspartner Frank M. Joseph A. Biedenharn aus
Robinson kam auf die Idee, den Mississippi versuchte 1894 als
Namen Coca-Cola aus den erster Candler dazu zu bewe-
dafür verwendeten Ingredien- gen, Coca-Cola als fixfertiges
zen, Kokablätter und Kolanüs- und bereits mit Sodawasser
sen, abzuleiten und schuf auch angereichertes Getränk in Fla-
gleich den Schriftzug, der noch schen abzufüllen. Doch erst
heute praktisch unverändert in 1899 liess sich Candler endgül-
der ganzen Welt kennzeichnend tig von dieser Idee überzeugen,
für das Erfrischungsgetränk die sich zu einem der renta-
steht. Anfänglich wurde das belsten Geschäfte der amerika-
Sirup-Konzentrat mit gewöhnli- nischen Getränkeindustrie ent-
chem Wasser verdünnt und in wickelte.
den Erfrischungshallen, den
„Soda-Fountains“, glasweise Im ganzen Land entstanden
ausgeschenkt. Ein Zufall wollte, Abfüllstationen, an deren Besit-
dass ein Angestellter das Coca- zer die Coca-Cola Company das
Cola Konzentrat mit Sodawas- Konzentrat als Grundstoff lie-
ser verdünnte, das dem ferte. 1919 verkauften die Kin-
Getränk dadurch zu einer noch der von Asa G. Candler die
S TO P P T D E N T E R R O R D E R M U LT I S D o s s i e r 23
24. einst für 2300 Dollar erworbe- System weitergeführt. Es gab
nen Rechte für 25 Millionen kaum mehr ein Land, wo Coca-
Dollar an eine amerikanische Cola nicht erhältlich war. Die
Bankenvereinigung unter dem Werbung spielte dabei eine
Vorsitz von Ernst Woodruff. wesentliche Rolle und prägte den
1923 wurde sein Sohn Robert Konsumartikel in erheblichen
Präsident der Coca-Cola Com- Masse.
pany.
Nachdem sich die volkstümli-
Robert W. Woodruff war ein che Bezeichnung „Coke“ immer
Geschäftsmann mit neuen Ideen mehr durchgesetzt hatte, liess
und Vorstellungen von Verkaufs- man diese Bezweichnung im
methoden. Er beabsichtigte Jahre 1945 als eingetragenes
Coca-Cola für jedermann auf der Markenzeichen patentieren.
ganzen Welt verfügbar zu Seither gilt „Coke“ als offizielles
machen. Er führte erstmals Qua- Synonym für Coca-Cola.
litätskontrollen der Fertigpro-
Der Berner Automobil-Impor-
dukte ein, um Geschmack, Qua-
teur Max Stooss brachte 1936
lität, Zusammensetzung,
Coca-Cola in die Schweiz. Nach
Aufmachung und Verpackung
Verhandlungen mit der Coca-
von Coca-Cola überall gleich zu
Cola Company in Atlanta schloss
gewähren.
er den ersten schweizerischen
Die Zusammenarbeit mit Hol- Konzessionsvertrag und grün-
lywood, der amerikanischen dete in Lausanne die Boissons
Filmwelt und Coca-Cola leistete Désalérantes SA, um die Region
einen grossen Beitrag zur gesell- mit Coca-Cola zu beliefern. Nach
schaftlichen Ausbereitung des der Eröffnung einer Filiale in
Produktes, für welches Filmper- Genf begann sich Coca-Cola
sönlichkeiten plakativ propagier- auch in der Deutschschweiz zu
ten. verbreiten. 1937 entstand die
Refresca AG in Zürich mit eige-
Mit dem Zweiten Weltkrieg
nem Abfüllbetrieb und 1939 die
kam für Coca-Cola der interna-
Refresca AG in Bern. 1948
tionale Durchbruch. Als Freund
erhielt die Luzerner Firma Pius
von General Eisenhower gab
Hürlimann & Sohn, heute
Woodruff Anweisungen, dass
Lufrisca AG, die Konzession für
jeder Mann in Uniform seine Fla-
die Zentralschweiz. 1949 wurde
sche Coca-Cola für fünf Cents
in Basel die Delisca AG gegrün-
bekommen sollte – egal wo.
det. 1957 schloss Calanda Bräu
Komplette Abfüllanlagen wurden
in Chur einen Konzessionsver-
nach Übersee verschifft, um den
trag für den Kanton Graubün-
Truppen an der Front ein Stück
den, das Fürstentum Lichten-
Heimat zu vermitteln. Coca-
stein und weitere angrenzende
Cola, das Nationalgetränk,
Gebiete. 1958 übernahm die
wurde zur moralischen Stütze
Firma Rodolfo Solati SA in
der amerikanischen Truppen an
Bioggo den Vertrieb für den Kan-
allen Fronten und zum Begriff
ton Tessin. Von da an war Coca-
für den „American way of life“.
Cola im ganzen Land vertreten.
Nach dem Krieg wurden die in
Übersee eingerichteten Abfüll- Den im Laufe der Zeit verän-
stationen von einheimischen derten Konsumgewohnheiten
Unternehmen übernommen und hatte Coca-Cola stets Rechnung
nach dem bewährten Franchise- getragen. Das Getränkesorti-
24 D o s s i e r C o c a - C o l a d e s M o r d e s a n g e k l a g t