Similar to Prof. Dr. Oliver Scheytt: Zielsetzungen als Elemente von Kulturpolitik.Konsens und Kooperation in der Vielfalt kulturpolitischer Akteure (20)
Poser: Rechtsprechungsübersicht zu Verkehrssicherungs- und Betreiberpflichten...
Prof. Dr. Oliver Scheytt: Zielsetzungen als Elemente von Kulturpolitik.Konsens und Kooperation in der Vielfalt kulturpolitischer Akteure
1. Kultur und Politik B 1.6
Strukturen und Prozesse in der Kulturpolitik
Zielsetzungen als Elemente von
Kulturpolitik
Konsens und Kooperation in der Vielfalt
kulturpolitischer Akteure
Oliver Scheytt, Rüdiger Kersten
Kulturpolitische Steuerung ist mit Konzepten, Strategien und Zielen verbunden. Ohne Programma-
tik verkommen Kulturmanagement und Kulturverwaltung zur reinen Betriebsamkeit. Daher sind
Ziele Basis für alle Leitungs- und Steuerungsaufgaben in Kulturpolitik und -management von der
Planung und der Organisation des Personals bis hin zur Finanzierung von kulturellen Einrichtun-
gen. In diesem Beitrag werden die Strukturen und Prozesse von Zielbildungssystemen erörtert und
Hinweise für eine systematische Entwicklung von Zielsetzungen gegeben. Kulturpolitik ist heute
mehr denn je auf die Gestaltung von Relationen in Akteurs-Netzwerkstrukturen angewiesen, da
eine Vielzahl von Akteuren an Kulturpolitik beteiligt ist.
Gliederung Seite
1. Zielsetzungen in Kulturpolitik und -management 2
2. Kulturpolitische Leitlinien 3
3. Strategische und operative Ziele 7
3.1 Zielsetzungen in der Steuerung von (kommunalen) Kultureinrichtungen 7
3.2 Zielperspektiven und Verantwortlichkeiten 8
4. Kooperation und Konsens in der Vielfalt der Akteure 11
4.1 Akteurs-Netzwerk-Strukturen 11
4.2 Gesellschaftliche Reflexion als Basis der Zielfindung in kreativen Allianzen 12
4.3 Exemplarische Formen kooperativer Kulturpolitik 14
4.4 Vor- und Nachteile kooperativer Arrangements 15
5. Entscheidender Bezugspunkt: Die menschliche Existenz 16
1
2. B 1.6 Kultur und Politik
Strukturen und Prozesse in der Kulturpolitik
1. Zielsetzungen in Kulturpolitik und
-management
Demokratische Ent- Akzeptanz ist in der Kulturpolitik und im Kulturmanagement nicht ex
scheidungsstrukturen cathedra zu erzielen, sondern bedarf demokratischer Entscheidungs-
strukturen und diskursiver Beteiligungsverfahren.1 Für die Kulturpoli-
tik ist es wichtig, einen in diesem Sinne qualifizierenden Weg für die
Entwicklung und verbindliche Verabschiedung oder Vereinbarung von
Zielen und Strategien zu finden.
Uns allen ist bewusst: Ohne Ziele sind Leitungs- und Steuerungsauf-
gaben nicht zu bewältigen. Sie sind Grundlage für die Planung und
die Organisation und entscheidend für die Anwendung von Steue-
rungssystemen in Politik und Management.
Gleichwohl sind die Reflexion von Zielbildungsprozessen und eine
systematische Entwicklung von Zielsystemen in Theorie und Praxis
von Kulturpolitik und Kulturmanagement noch nicht hinreichend aus-
geprägt: Eine Umfrage bei allen Städten mit mehr als 30.000 Einwoh-
nern zur Verwaltungsreform hat ergeben, dass an einer Leitbildent-
wicklung nur 18 % der Städte arbeiten.2 Die umfangreichsten Zielka-
taloge finden sich in Kulturentwicklungsplänen, die sich vor allem seit
den 80er Jahren als Instrumente der Planung und Zielfindung etabliert
und als „Kür“ der kulturpolitischen Entscheidungen in den jeweiligen
Städten gegolten haben. Allerdings ist die Erstellung und Aktualisie-
rung solcher Pläne mit hohem Aufwand verbunden. Zudem haben
Kulturentwicklungspläne mitunter einen Umfang und eine Detailtiefe,
die den Umgang damit insbesondere in der kulturpolitischen Alltags-
arbeit erschweren können.
Kulturbereich: Scheu Die Scheu der Kulturakteure und auch der Kulturpolitiker vor diesen
vor Zielvereinbarungen Instrumenten ist durchaus verständlich. Doch sollten sich die Beteilig-
ten grundsätzlich auf die Entwicklung und Vereinbarung von Zielen
einlassen. Für die Führung von Verwaltungseinheiten und Initiatoren
im Kulturbereich sind Zielvereinbarungen zwischen den verschiede-
nen Hierarchiestufen einerseits sowie zwischen Politik und Verwal-
tung andererseits zu treffen.
Die verschiedenen Zielkataloge lassen sich anhand folgender Eintei-
lung ausdifferenzieren:3
Rahmenvorgaben Die langfristigen Rahmenvorgaben für die einzelnen Kultureinrich-
tungen sind meist dargestellt in ihren Aufgabenbeschreibungen, die
oftmals Grundlage für die Errichtung der Einrichtung waren und häu-
fig bereits in den 70er und 80er Jahren durch die KGSt formuliert
wurden. Solche Aufgabenbeschreibungen finden sich auch in den Sat-
zungen von Kultureinrichtungen wieder und gelegentlich auch in spe-
2
3. Kultur und Politik B 1.6
Strukturen und Prozesse in der Kulturpolitik
zialgesetzlichen Regelungen wie z. B. in den Weiterbildungsgesetzen.
Sie enthalten konstitutive kulturpolitische Zielkataloge mit Langfrist-
perspektive, die auch für ein Mission Statement (Wer sind wir? Was
tun wir? Wem nützen wir? Wo wirken wir?) grundlegend sind.4
Kulturpolitische Leitlinien können die Funktion der Orientierung Leitlinien
und Vereinbarung über das kulturelle Handeln in einer mittelfristigen
Perspektive übernehmen (dazu Abschnitt 2). Bei den Leitlinien geht es
um einen Grundkonsens zwischen den Akteuren und die kulturpoliti-
sche Ausrichtung der Arbeit in größeren Handlungsfeldern – also um
Zielsetzungen mit meist strategischem Charakter. Die Leitlinien soll-
ten nicht nur einrichtungsbezogen, sondern auch themenorientiert
ausgerichtet werden, etwa an größeren Komplexen wie Künste, Ge-
schichtskultur, Bildung und Kommunikation, Kulturwirtschaft etc.
Daraus abgeleitet ergeben sich strategische und operative Ziele für das Strategische und
Handeln der Kultureinrichtung(en) in einer eher kurzfristigen Betrach- operative Ziele
tungsweise (dazu Abschnitt 3). Sie sind so gesetzt, dass sich ihre Er-
reichung in der Regel überprüfen lässt – in zeitlicher, quantitativer und
ggf. sogar qualitativer Hinsicht.
2. Kulturpolitische Leitlinien
Die Vielfalt der Kultur, der Träger und Akteure erfordert angesichts Im Diskurs
jeweils unterschiedlicher ästhetischer Produkte und gesellschaftlicher größtmöglichen
Prozesse eine Verständigung über das Programm, das verfolgt werden Konsens schaffen
soll, durch intersubjektive Verfahren. Idealtypisch ist eine in der Öf-
fentlichkeit stattfindende und reflektierte diskursive Auseinanderset-
zung mit dem Ziel der Verabschiedung von kulturpolitischen Leitli-
nien, die dann von möglichst vielen Akteuren in der Kulturpolitik
(mit-)getragen werden. So lassen sich „streitbare Stimmen“ aus den
kulturpolitischen „Arenen“ zusammenführen.5
Für die kommunale Kulturpolitik sei das folgende Modell exempla-
risch beschrieben:
Im Rahmen eines öffentlichen Diskurses wird das Leitbild für die zu- Beispiel aus kom-
künftige Entwicklung der Stadt ermittelt. Dieses basiert auf einer ge- munaler Kulturpolitik
samtstädtischen Sicht – einer Zusammenschau von so unterschiedlichen
Feldern wie Stadtentwicklung, Soziales, Jugend, Bildung, Sport und
Kultur. Die nachfolgende Übersicht veranschaulicht dies beispielhaft.
3
4. B 1.6 Kultur und Politik
Strukturen und Prozesse in der Kulturpolitik
Gesamtstädtische Ziele
Jugend Kultur Bildung
Stadt-
Arbeit
planung
Soziales
Die Identität kennen Die Reflexion der „Identität“ ist dabei von zentraler Bedeutung. Nur
und beachten der, der nach der Identität einer Stadt, einer Einrichtung, einer gesell-
schaftlichen Gruppe usw. fragt und diese zum Orientierungspunkt
nimmt, wird den notwendigen umfassenden Ansatz für die Entwick-
lung tragfähiger kulturpolitischer Zielsetzungen finden. Ausgehend
von diesem Leitbild werden Leitlinien für die einzelnen kommunalen
Handlungsfelder entwickelt. Leitlinien haben Steuerungsfunktionen
für die (Jahres-)Ziele, die Programme und Maßnahmen. Für Verwal-
tung und Politik besteht die Hauptfunktion von Leitlinien darin, Ori-
entierung zu geben, ein gemeinsames Verständnis von den kulturpoli-
tischen Aufgabenstellungen zu entwickeln und schließlich die strategi-
schen Ziele zu klären und zu vereinbaren.
Steuerungsfunktionen Ihre hauptsächlichen Steuerungsfunktionen sind nachfolgend darge-
von Leitlinien stellt:
4