Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Lena Vizy: OperaFlirt. Ein Programm für junge Erstbesucher
1. J 2.4
OperaFlirt
Ein Programm für junge Erstbesucher
Lena Vizy
Wie erreicht man heute junge Erstbesucher? Eine Antwort auf diese Frage zu finden, wird für etab-
lierte Kulturinstitutionen immer wichtiger. Die Niederländische Oper in Amsterdam entwickelte
mit OperaFlirt ein Programm, um Menschen zwischen 20 und 30 Jahren gezielt mit einem auf diese
Gruppe abgestimmten Angebot zu einem ersten Opernbesuch zu animieren. Das Projekt ist somit
ein Beispiel für zielgruppengerichtetes Marketing, Musiktheaterpädagogik, Besucherbindung durch
Freundes- und Förderkreise speziell für junge Menschen sowie Sponsoring und Development. Das
innovative Projekt OperaFlirt ist eine Möglichkeit – auch auf andere Kulturinstitutionen übertrag-
bar – um einfach und effizient Erstbesucher zu gewinnen.
Gliederung Seite
1. Was ist OperaFlirt? 2
1.1 Warum ein spezielles Programm für (junge) Erstbesucher? 2
1.2 Wie sieht das Programm genau aus? 3
2. Die Umsetzung in der Praxis 6
2.1 Für welche Kultureinrichtungen eignet sich ein solches Projekt? 6
2.2 Wie setzen Sie ein solches Projekt um? 6
2.2.1 Marketingabteilung 8
2.2.2 Pädagogische Abteilung 12
2.2.3 Sponsoring/Development 13
2.2.4 (Junger) Freundes- und Förderkreis 14
3. Erfolge und Ergebnisse von OperaFlirt 14
3.1 Erstbesucher 15
3.2 Kartenverkauf 15
3.3 Besucherbindung 15
3.4 Sponsor 16
3.5 Nachhaltigkeit 16
3.6 Kommunikation 16
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2. J 2.4 Best Practice
Fallstudien aus dem Ausland
1. Was ist OperaFlirt?
1.1 Warum ein spezielles Programm für (junge)
Erstbesucher?
Günstige Eintrittspreise Junge Nichtbesucher sind eine wichtige potentielle Besuchergruppe.
reichen nicht aus Oft gibt es für sie, abgesehen vielleicht von verbilligten Schüler- und
Studentenkarten, keine eigenen Marketingüberlegungen oder gar ge-
zielte Maßnahmen. Erfahrungsgemäß reichen jedoch günstige Ein-
trittspreise nicht aus, um neues Publikum zu gewinnen. Zudem zeigt
die Studie des Netzwerks „Opera Europa“, dass junge Besucher be-
reits frühzeitig zu einem selbstständigen Besuch animiert werden
müssen. Sonst ist die Chance vertan, dass die Zielgruppe im höheren
Alter, wenn sie mehr Zeit und Geld zur Verfügung hat, zu einem fes-
ten Opernpublikum heranwächst.
Das Projekt OperaFlirt der Niederländischen Oper bietet die Möglich-
keit, gezielt Kontakt zu jungen Erstbesuchern aufzubauen. Es ist ein
Programm, um Nichtbesucher zwischen 20 und 30 Jahren zu einem
ersten Opernbesuch zu animieren. Eigens für dieses jüngere Publikum
wurde ein leicht zugängliches und zielgruppengerechtes Angebot ge-
schaffen.
Ausgangpunkt für die Entwicklung dieses Programms war für die
Niederländische Oper das hohe Durchschnittsalter ihres bisherigen
Opernpublikums. Ähnlich wie auch in anderen europäischen Opern-
häusern beobachtet man hier einen Rückgang junger Opernbesucher.
Deshalb ist ihr die Werbung und Ansprache von Erstbesuchern im
Alter von unter 35 Jahren besonders wichtig.
Informieren und Nichtbesuchern wird ein erster Besuch oft nicht leicht gemacht. Man-
Hemmschwellen senken che finden einen Opernbesuch interessant, aber beim Blick in das Pro-
gramm verlässt sie schnell der Mut. Womit soll man beginnen? Was
ist eine geeignete Oper für den ersten Besuch bzw. welche Produktion
ist besonders für jüngeres Publikum interessant? Fünf Stunden Wagner
dürften auf jemanden, der nie zuvor eine Oper besucht hat und nichts
über diese Kunstform weiß, eher abschreckend wirken.
Vorurteile gegenüber Hinzu kommt, dass ein Besuch der Oper und anderer etablierter Kul-
etablierten turinstitutionen bei jungen Menschen imagebezogen nicht positiv be-
Kulturinstitutionen setzt ist. Meist unbegründet gehen junge Menschen davon aus, dass
die Eintrittskarten teuer sind, das Durchschnittsalter der Besucher
hoch ist (man also allein unter „Alten“ ist) und dass eine Vorstellung
konservativ oder gar langweilig inszeniert ist. Zudem schwingt häufig
eine leichte Unsicherheit mit: Was soll man anziehen? Darf man Jeans
und Turnschuhe tragen? Wie hat man sich zu verhalten, wann darf
man Klatschen? Wie verhält man sich in der Pause?
2
3. Best Practice J 2.4
Fallstudien aus dem Ausland
Opernhäuser und andere etablierte Kulturins-
titutionen müssen stärker denn je auf junges
Publikum zugehen und aktiv gegen ein even-
tuelles negatives Image vorgehen, um ihr
eigenes Fortbestehen zu sichern. Das Ziel ist
klar: Junge Menschen sollen sich (wieder) Deutscher Bühnenverein (Hrsg.) (2003): Aus-
vorstellen können, eine Opernvorstellung zu wertung und Analyse der repräsentativen Be-
besuchen. fragung von Nichtbesuchern deutscher Thea-
ter, Köln.
Mit dem Programm OperaFlirt versucht die Hier werden die Hürden untersucht und be-
Niederländische Oper, die Vorurteile junger nannt, die junge Menschen von einem Besuch
einer Theatervorstellung abhalten.
Menschen zu entkräften. Man machte die
Erfahrung, dass sich junge Menschen nicht
nur mit einem günstigen Preis – z. B. über Studentenkarten – in die
Oper locken lassen. Wenn diese nicht wissen, was sie dort erwartet
und wenn ihr Interesse für die Kunstform nicht geweckt wird, kann
auch ein sehr günstiger Preis nichts ausrichten.
Gerade der erste Opernbesuch sollte besonders positiv in Erinnerung Einen Flirt mit der
bleiben. Deshalb werden für das Programm OperaFlirt Opernvorstel- Kunstform Oper wagen
lungen ausgesucht, die für einen ersten Besuch geeignet sind. Das
können auch Produktionen sein, die regulär ausverkauft sind. Die jun-
gen Besucher sollen in keinem Fall leere Plätze füllen, sondern von
der Kunstform überzeugt werden und einen besonderen Abend in der
Oper erleben.
Wichtig bei dem Programm OperaFlirt ist: Junge Menschen bzw.
Nichtbesucher allgemein können und sollen völlig frei und unverbind-
lich einen Opernbesuch ausprobieren können – einen Flirt mit der
Kunstform Oper wagen, schauen, ob sie Freude an dieser Kunstform
empfinden und sich mit ihr anfreunden können.
1.2 Wie sieht das Programm genau aus?
OperaFlirt ist ein einfaches und gut umsetzbares Programm, das wir Teilnehmer werden gut
an der Niederländischen Oper schon zweimal durchgeführt haben. An auf die Vorstellung
jeweils drei Abenden einer Spielzeit werden Erstbesucher eingeladen, vorbereitet
um zum ersten Mal eine Oper zu besuchen. Jeweils 50 junge Erstbe-
sucher können, dank der Unterstützung des Sponsors der Oper, für
einen Preis von 15 Euro einen kompletten Opernabend erleben.
Sie erhalten sehr gute Plätze. Zudem bilden sie zusammen eine Grup-
pe, damit sie gemeinsam die Oper erleben können und nicht vereinzelt
im Saal verteilt sitzen (müssen). Vor der Vorstellung gibt es für alle
Teilnehmer an diesem Programm eine spezielle Führung, bei der sie
vor der Aufführung hinter die Kulissen geführt werden und selbst im
Bühnenbild stehen dürfen. Während dieser Führung werden ihnen
wichtige Details der Vorstellung vermittelt. So besuchen die Teilneh-
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4. J 2.4 Best Practice
Fallstudien aus dem Ausland
mer gut vorbereitet und kenntnisreich die Aufführung. In der Pause
treffen sie sich in einem für sie reservierten Bereich der Oper zu ei-
nem kleinen Snack. Hierbei geht es vor allem darum, dass die Teil-
nehmer die Pause gemeinsam verbringen und sich untereinander aus-
tauschen, statt sich in dem großen Haus verloren zu fühlen.
An den OperaFlirt-Abenden sind auch immer Mitglieder des Opern-
Freundeskreises anwesend. Die Niederländische Oper hat neben dem
„normalen“ Freundeskreis noch einen „Jungen Freundeskreis“. Insbe-
sondere bei Mitgliedern dieser Gemeinschaft wird dafür geworben, an
OperaFlirt-Abenden ebenfalls anwesend zu sein. So erreicht man, dass
an diesen Abenden überdurchschnittlich viele junge Besucher zu Gast
im Haus sind. So erleben die Programmteilnehmer von OperaFlirt,
dass eine Opernvorstellung keineswegs eine Seniorenveranstaltung ist,
sondern dass sehr wohl auch viele junge Menschen diese besuchen.
Der erste Besuch soll in Nach der Vorstellung werden alle Teilnehmer gemeinsam mit den
positiver Erinnerung jungen Freunden und Abonnenten zu einem kleinen und speziell für
bleiben sie organisierten Cocktailempfang gebeten. Dort treffen die jungen
Erstbesucher also erneut auf junge Menschen, die häufig Opern besu-
chen. Hier können sie sich mit diesen austauschen und „gefahrlos“
Fragen stellen. Denn hier muss niemand fürchten, als unwissend „ent-
larvt“ zu werden. Natürlich erhalten die Programmteilnehmer hier
auch die Möglichkeit, gleich vor Ort Mitglied des Jungen Freundes-
kreises zu werden.
Zu diesen Empfängen in lockerer Atmosphäre werden auch Sänger
und der Dirigent eingeladen. So erhält der Abend eine besondere Note
und die Teilnehmer haben hautnahen Kontakt zur Kunstform Oper und
lernen viel Neues. Hier begegnen sie den Menschen, die Oper auf und
hinter der Bühne ermöglichen. Und somit entdecken sie, dass negative
Klischees keineswegs zutreffen müssen.
Zur Illustration wird beispielhaft das Programm des OperaFlirts vom
30. Juni 2009 aufgezeigt. Dargeboten wurde die populäre Oper „Car-
men“ von George Bizet. An diesem Abend waren 50 OperaFlirters
Gäste der Niederländischen Oper, unter ihnen auch einige Mitarbeiter
des Sponsors. Vom Jungen Freundeskreis waren an jenem Abend über
90 Mitglieder im Haus.
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