1. Das Spannungsfeld zwischen Sprachwissenschaft, Sprachdidaktik
und Schule
GRAMMATIKUNTERRICHT AUS
LINGUISTISCHER SICHT
Dr. Sascha Bechmann
Aspekte der Vermittlung grammatischer Kompetenzen im Schulunterricht
2. Das didaktische Dilemma
Theoretische und konzeptionelle
Überlagerungen der Bereiche
– Sprachwissenschaft,
– Sprachdidaktik und
– Bildungspolitik/Schule
• Sputnik-Schock der 1970er Jahre:
Verwissenschaftlichung von Schule
– z.B. Generative Transformationsgrammatik (Chomsky)
als Gegenstand der Schulgrammatik
– Schüler werden zu „kleinen Linguisten“
Dr. Sascha Bechmann
Aspekte der Vermittlung grammatischer Kompetenzen im Schulunterricht
5. Problem im Spannungsfeld I
• Linguistische Inhalte finden in erster Linie in den
unteren Jahrgangsstufen statt
– Dort noch keine Methodenkompetenz vorhanden
• Radikale didaktische Reduktion nötig
• Eindeutige Strukturen und verbindliche Terminologie sind nötig
– Systematische Vermittlung eines grammatischen
Grundkanons, aber kaum Weiterführung
• Formal anspruchsvolle Fragestellungen werden in der Oberstufe kaum
diskutiert (keine linguistische Textanalyse)
• Sprachwissenschaft liefert Lehrerinnen und Lehrern
kaum übersichtliche und angemessene
Darstellungen linguistischer Modelle
Dr. Sascha Bechmann
Aspekte der Vermittlung grammatischer Kompetenzen im Schulunterricht
6. Probleme im Spannungsfeld II
• Sprachwissenschaft, Sprachdidaktik und Schule
müssen enger zusammenrücken
– Linguistische Forschungsarbeiten sind bislang unnötig
komplex dargestellt und erschweren die Reduktion für die
Schule
• Problem der universitären Ausbildung: In der
Universität werden konkurrierende Modelle und
Begriffe diskutiert, in der Schule kommt es hingegen
auf Verbindlichkeit an
– Methodik der Vermittlung linguistischer Inhalte (universitäre
Theorie und schulische Praxis) unterscheidet sich
grundlegend
Dr. Sascha Bechmann
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7. Problem im Spannungsfeld III
• (Sprach-)Wissenschaft ist dynamisch
• Schule ist normativ und damit eher statisch
– Wissenschaftliche Erkenntnisse gelangen nicht oder
erst spät in die Curricula
• Die Umsetzung wissenschaftlicher Neuerungen
scheitert zudem nicht selten am mangelnden
Fachwissen der Lehrerinnen und Lehrer
– Wissenschaftliche Erkenntnisse gelangen eher in den
Duden als in die Schule
– Grammatische Fehlerbewertung folgt oftmals eher
einem traditionellen Festhalten an Altbekanntem als
aktuellen linguistischen Erkenntnissen
Dr. Sascha Bechmann
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8. „Die herkömmlichen Transformationen
sprachwissenschaftlichen Wissens in die Schulen, die
immer Einbahnstraßen sind, folgen den
Gesetzmäßigkeiten der jeweils beteiligten Denkstile:
Wissenschaftliche Erkenntnisse (...) werden von der
Fachdidaktik unter dem Stichwort der didaktischen
Reduktion und unter Einbeziehung jeweils aktueller
pädagogischer Strömungen für Lehr- oder Lernzwecke
modelliert (...) und kommen als Lernstoff an die Schulen,
wo die Lehrer und Lehrerinnen ihre Aufgabe darin sehen,
diesen Stoff den Schüler/innen ‚beizubringen‘ mit dem
Ziel, Sprachrichtigkeit zu erzeugen, die später
beurteilt werden muss (...).“ (Bredel 2011: 53)
Dr. Sascha Bechmann
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9. Beispiel: „brauchen“
Ist „brauchen“ ein Modalverb?
Kann man „brauchen“ daher ohne
„zu“ gebrauchen?
Und falls ja, warum?
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10. Das erweiterte Paradigma der deutschen Modalverben (aus Bechmann 2013: 310)
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11. Beispiel: „Lesen durch
Schreiben“
• Neues Konzept des Schriftspracherwerbs: „Schreib, wie
Du sprichst“
• Ausgangsidee: Deutsche Schrift sei eine Lautschrift, weil
sie ein Alphabet enthält (angenommene Laut-BuchstabenBeziehung)
– Schrifterwerb habe mit dem Aufbau und der Festigung
von Laut-Buchstaben-Beziehungen zu beginnen
– „Neues“ Paradigma der Schülerorientiertheit:
Verknüpfung von Buchstaben und Lauten wird nicht
lehrerseitig strukturiert, sondern den SuS überlassen
• Schulischer Denkstil, der weder sprach- noch
kognitionswissenschaftlich fundiert ist
Dr. Sascha Bechmann
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