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LICHTBLICKE




                                     Eine afrikanische
                                        Prinzessin
                                             von Hugh T. Kerr




         n der Westküste Afrikas gibt es eine               Er war von ihrem Geschenk dermaßen über-

 A       Missionsstation, für die ich mich immer
         sehr interessierte. Ein junger Mann aus
         Pennsylvanien (USA) ging vor Jahren als
                                                        rascht, dass er sich zuerst weigerte es anzunehmen,
                                                        und er sagte ihr, sie solle nach dem Gottesdienst zu
                                                        ihm kommen. Dann könne sie ihm unter vier
Missionar dorthin. Dieser Mann hieß Adolphus C.         Augen erzählen, woher sie solch ein Vermögen
Good. Aber es ist nicht Dr. Good, von dem ich hier      hatte, denn er befürchtete, dass sie es vielleicht
erzählen möchte, sondern von einem afrikanischen        gestohlen hatte. Zu seiner Überraschung fand er
Mädchen in dieser Mission, die eine wunderbare          heraus, dass sie sich selbst für den Rest ihres Lebens
Christin wurde.                                         als Sklavin an einen Plantagenbesitzer verkauft
    Es war Weihnachten und sie war mit all den          hatte, um Jesus ein Opfer bringen zu können, das
eingeborenen Christen zur Mission gekommen, um          ihr Herz befriedigen würde. Der Preis? – eine
den Geburtstag des Herrn zu feiern. Sie kamen           Silbermünze. Diese hatte sie gebracht, um sie ihrem
nicht, um Geschenke von der Mission oder von            Herrn zu geben, der sie aus einer schlimmeren
einander zu erhalten, sondern sie kamen, um Ihm,        Sklaverei erlöste, als die, in die sie sich nun verkauft
dessen Geburtstag es war, das beste Geschenk zu         hatte.
bringen, das sie hatten.                                    Das Ende der Geschichte kenne ich nicht; ich
    Nachdem der Gebets- und Lobgottesdienst             vermute, dass der Missionar ihre Freiheit selbst
vorüber war und sie über Jesus gesungen hatten,         zurückkaufte. Aber ich weiß, dass eine große Liebe
wie wir es an Weihnachten immer tun, kamen die          in ihrem Herzen war, und ich bezweifle, ob es eine
Leute in der Kirche in einer langen Prozession nach     bessere Christin in der ganzen Welt gibt, als die
vorne, und jeder legte die Geschenke, die er für den    junge »Prinzessin«. Sie war bereit, aus ihrer großen
Eretter und Sein Werk gebracht hatte, in die Hände      Liebe heraus sich selbst zu geben, so dass durch
des Missionars.                                         ihre Gabe anderen Menschen die große und
    Sie waren sehr arm, und ihre Gaben waren            wunderbare Geschichte von Weihnachten und der
bescheiden. Vielleicht hätten wir nur geschmunzelt,     Gabe von Gottes Liebe für die Welt erzählt werden
wären wir dort gewesen, aber die Geschenke              konnte.
wurden mit großer Liebe dargebracht, und die                Denn die Gabe Gottes für die Welt war weder
Gaben waren großzügig, denn sie wurden nicht aus        eine aus Gold oder Silber, noch von Reichtümern
Überfluss dargeboten, sondern aus tiefer Armut.         irgendwelcher Art, sondern eine Gabe der Liebe. Er
Erinnern wir uns, was Jesus über die Frau sagte,        gab sich selbst, wie nur wahre Liebe es tun kann.
die zwei kleine Münzen in den Opferstock geworfen
hatte: sie hätte mehr als die Reichen gegeben. Denn
bei Jesus zählt nicht, was wir geben, sondern was                 Was k ann ich Ihm geben?
                                                                      kann
wir übrig haben – und sie hatte alles gegeben. (Lies
in der Bibel Markus 12:41-44.)                                        Was kann ich Ihm geben,
    Diese afrikanischen Eingeborenen brachten also                       so klein wie ich bin?
ihre Gaben: manche eine Handvoll Gemüse,                                  Wär ich ein Hirte,
andere einen Strauß Blumen oder einen Penny.                           gäb ich Ihm ein Lamm.
Unter den christlichen Gebern befand sich dieses                      Wär ich ein kluger Mann,
Jahr ein neues Gesicht. Ihren richtigen Namen                        würd ich tun, was ich kann,
kenne ich nicht, aber ich werde sie Prinzessin                     Ich weiß, was ich Ihm schenke,
nennen. Sie war ein gut aussehendes, sechzehn-                         ich geb Ihm mein Herz.
jähriges Mädchen und war eine ehemalige Götzen-                              – aus einem Gedicht von
anbeterin. Sie holte aus ihrem alten Kleid eine                             Christina Rosetti
Silbermünze hervor und legte sie in die Hand des
Missionars.

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Eine afrikanische prinzessin

  • 1. LICHTBLICKE Eine afrikanische Prinzessin von Hugh T. Kerr n der Westküste Afrikas gibt es eine Er war von ihrem Geschenk dermaßen über- A Missionsstation, für die ich mich immer sehr interessierte. Ein junger Mann aus Pennsylvanien (USA) ging vor Jahren als rascht, dass er sich zuerst weigerte es anzunehmen, und er sagte ihr, sie solle nach dem Gottesdienst zu ihm kommen. Dann könne sie ihm unter vier Missionar dorthin. Dieser Mann hieß Adolphus C. Augen erzählen, woher sie solch ein Vermögen Good. Aber es ist nicht Dr. Good, von dem ich hier hatte, denn er befürchtete, dass sie es vielleicht erzählen möchte, sondern von einem afrikanischen gestohlen hatte. Zu seiner Überraschung fand er Mädchen in dieser Mission, die eine wunderbare heraus, dass sie sich selbst für den Rest ihres Lebens Christin wurde. als Sklavin an einen Plantagenbesitzer verkauft Es war Weihnachten und sie war mit all den hatte, um Jesus ein Opfer bringen zu können, das eingeborenen Christen zur Mission gekommen, um ihr Herz befriedigen würde. Der Preis? – eine den Geburtstag des Herrn zu feiern. Sie kamen Silbermünze. Diese hatte sie gebracht, um sie ihrem nicht, um Geschenke von der Mission oder von Herrn zu geben, der sie aus einer schlimmeren einander zu erhalten, sondern sie kamen, um Ihm, Sklaverei erlöste, als die, in die sie sich nun verkauft dessen Geburtstag es war, das beste Geschenk zu hatte. bringen, das sie hatten. Das Ende der Geschichte kenne ich nicht; ich Nachdem der Gebets- und Lobgottesdienst vermute, dass der Missionar ihre Freiheit selbst vorüber war und sie über Jesus gesungen hatten, zurückkaufte. Aber ich weiß, dass eine große Liebe wie wir es an Weihnachten immer tun, kamen die in ihrem Herzen war, und ich bezweifle, ob es eine Leute in der Kirche in einer langen Prozession nach bessere Christin in der ganzen Welt gibt, als die vorne, und jeder legte die Geschenke, die er für den junge »Prinzessin«. Sie war bereit, aus ihrer großen Eretter und Sein Werk gebracht hatte, in die Hände Liebe heraus sich selbst zu geben, so dass durch des Missionars. ihre Gabe anderen Menschen die große und Sie waren sehr arm, und ihre Gaben waren wunderbare Geschichte von Weihnachten und der bescheiden. Vielleicht hätten wir nur geschmunzelt, Gabe von Gottes Liebe für die Welt erzählt werden wären wir dort gewesen, aber die Geschenke konnte. wurden mit großer Liebe dargebracht, und die Denn die Gabe Gottes für die Welt war weder Gaben waren großzügig, denn sie wurden nicht aus eine aus Gold oder Silber, noch von Reichtümern Überfluss dargeboten, sondern aus tiefer Armut. irgendwelcher Art, sondern eine Gabe der Liebe. Er Erinnern wir uns, was Jesus über die Frau sagte, gab sich selbst, wie nur wahre Liebe es tun kann. die zwei kleine Münzen in den Opferstock geworfen hatte: sie hätte mehr als die Reichen gegeben. Denn bei Jesus zählt nicht, was wir geben, sondern was Was k ann ich Ihm geben? kann wir übrig haben – und sie hatte alles gegeben. (Lies in der Bibel Markus 12:41-44.) Was kann ich Ihm geben, Diese afrikanischen Eingeborenen brachten also so klein wie ich bin? ihre Gaben: manche eine Handvoll Gemüse, Wär ich ein Hirte, andere einen Strauß Blumen oder einen Penny. gäb ich Ihm ein Lamm. Unter den christlichen Gebern befand sich dieses Wär ich ein kluger Mann, Jahr ein neues Gesicht. Ihren richtigen Namen würd ich tun, was ich kann, kenne ich nicht, aber ich werde sie Prinzessin Ich weiß, was ich Ihm schenke, nennen. Sie war ein gut aussehendes, sechzehn- ich geb Ihm mein Herz. jähriges Mädchen und war eine ehemalige Götzen- – aus einem Gedicht von anbeterin. Sie holte aus ihrem alten Kleid eine Christina Rosetti Silbermünze hervor und legte sie in die Hand des Missionars. R36