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Monika Taddicken – Marc Trömel – Michael Schenk
Kommunikationsanalysen in Internetforen:
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts
Eine Studie der Forschungsstelle Medienwirtschaft und
Kommunikationsforschung der Universität Hohenheim und VICO Research &
Consulting, Stuttgart.
Arbeitsberichte der Forschungsstelle Medienwirtschaft und
Kommunikationsforschung
Nr. 1/2010
Stuttgart, Februar 2010
ISBN des vorliegenden Arbeitsberichtes: 978-3-9812356-1-6
Forschungsstelle für Medienwirtschaft und Kommunikationsforschung
Universität Hohenheim (542)
Leitung: Prof. Dr. Michael Schenk
D-70593 Stuttgart
Bildrechte Titelseite: ©iStockphoto.com/Okea
Bildrechte Seite 4: ©iStockphoto.com/MarsBars
Bildrechte Seite 15: ©iStockphoto.com/wabramm
Bildrechte Seite 16: ©iStockphoto.com/ThomasTroy
Bildrechte Seite 23: ©iStockphoto.com/JackJelly
Vorwort
Was kann das Social Web der Marktforschung für Möglichkeiten an die Hand geben?
Aus dieser Grundfrage entstand 2008 das Gemeinschaftsprojekt des Lehrstuhls für
Kommunikationswissenschaft und Sozialforschung der der Universität Hohenheim
(Stuttgart) mit der Social Media Agentur VICO, das unter Anwendung der Community
Research Methode die Kommunikation rund um das Thema Bier und
Biermixgetränke analysierte.
Im Zuge der Zusammenarbeit filterte VICO die Rohkommunikation aus dem
deutschsprachigen Social Web, die dann von Studenten unter der Leitung von Prof.
Dr. Dr. habil. Michael Schenk analysiert und ausgewertet wurden. Unter der
Aufgabenstellung einer qualitativen Analyse wurden am Ende mehr als 6.000
hochrelevante, manuell validierte Beiträge in der Studie berücksichtigt.
Die Ergebnisse dieser Arbeit werden hier in gekürzter Form wiedergegeben. Sie
stellen valide Erkenntnisse zu Bier und Biermixgetränken, ihren Konsumenten und
der Brücke zu Sport und insbesondere Fußball dar. In einem Markt, der mit
sinkenden Absätzen zu kämpfen hat, zeigt die Studie neue Marketingansätze und –
potentiale für Hersteller wie für Distributoren auf.
Selbst von Universitätsstudenten gegründet, fühlt sich VICO der akademischen
Forschung besonders verbunden. Wir wollen Hochschulen und Studenten zu
weiteren Forschungsarbeiten im Social Web animieren und selber dafür
Ansprechpartner sein, um die Verbindung zwischen Forschung und Wirtschaft weiter
aufrecht zu erhalten.
Wir wünschen viel Spaß beim Lesen.
Marc Trömel
Geschäftsführer VICO Research & Consulting GmbH
Stuttgart, März 2010
Übersicht
1. Community Research vor dem Hintergrund eines schrumpfenden
Biermarkts................................................................................................................. 5
2. Die Methode des Community Research............................................................ 7
3. Die Kommunikation zu Bier im Social Web ...................................................... 9
3.1 Biermixgetränke als Chance für den deutschen Biermarkt?................................. 9
3.2 Fußball als Absatzgarant für Bier?...................................................................... 15
3.3 Bier als isotonisches Sportgetränk? ................................................................... 19
3.4 Zapfanlagen als ‚Retter des Biermarkts‘? ........................................................... 23
4. Ergebnisbewertung und Anregungen ............................................................. 25
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 5
1. Community Research vor dem Hintergrund eines schrumpfenden
Biermarkts
Der Biermarkt hat sich in den letzten Jahren gewandelt.
Auf der einen Seite ist ein Rückgang des gesamten Bierausstoßes festzustellen, auf
der anderen Seite sind neue Produkte auf dem Vormarsch, mit denen der Rückgang
aufgefangen werden soll und die bei jüngeren Konsumenten auf wachsende
Nachfrage stoßen.
Dazu zählen vor allem Biermixgetränke. Darüber hinaus erlangen auch leichte oder
alkoholfreie Biere an Bedeutung. Von den traditionellen BiertrinkerInnen (innen)
werden die Biermixgetränke in der Regel stark abgelehnt.
Um einen tieferen Einblick in die Bier-Trinkmotivationen, Konsumanlässe und
Zielgruppen von BiertrinkerInnen zu gewinnen, wurde die Kommunikation von
BiertrinkerInnen und auch Bierverweigern in einschlägigen Internetforen mittels
Community Research untersucht.
Hierbei handelt es sich um eine relativ neue Methode der Marktforschung, mit der auf
sensible Art und Weise die zwischenmenschliche Kommunikation über Produkte und
Dienstleistungen untersucht werden können. Community Research basiert auf einer
Inhaltsanalyse, die auf die online verfügbare Kommunikation in virtuellen
Communities zugreift. Durch Einsatz der Methode lassen sich typische
Kommunikationsstrukturen - wie z.B. Gesprächsthemen, Positionen, Themenfelder,
Anlässe - ermitteln.
Die Kommunikation der Konsumenten in solchen Communities ist wesentlich
freizügiger, ja sogar „ehrlicher“ als in der Alltagskommunikation, wo vielfach Normen
und Werte einschränkend wirken. Daher eignet sich die Methode nicht nur dazu
Kommunikationsstrukturen aufzuzeigen, sondern sie dient auch der
Ideengenerierung und Entdeckung neuer Marketinglösungen.
In der vorliegenden Untersuchung wurden mit dieser Methode 55 einschlägige
Internetforen analysiert und 6000 „Texte“ ausgewertet.
In der vorliegenden Projektstudie wird nicht nur die Nützlichkeit des Community
Research in der Marktforschung deutlich, sondern bezogen auf den Bierkonsum
treten u.a. folgende interessante Ergebnisse hervor:
- Biermixgetränke bilden eine eigenständige Getränkegruppe. Biermixgetränke
werden von einer neuen Zielgruppe jüngerer Konsumenten präferiert und
konsumiert. Sie ebnen teilweise den Einstieg in den Bierkonsum überhaupt.
- Umgekehrt sehen überzeugte (traditionelle) Biertrinker die Biermixgetränke nicht
als Bier an, verhalten sich gar sozial ablehnend den Biermixtrinkern gegenüber
(s. Abbildung 1).
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 6
Abbildung 1. Charakteristika von Biermix-Verweigerern und Biermix-Trinkern
- Biermixgetränke erlangen auch im Umfeld von Sport und Wellness wachsende
Bedeutung, wobei der Konsum sich auf eine Vielzahl von Motivationen stützt.
- Die Analyse der Kommunikation von aktiven Sportlern belegt, dass insbesonders
alkoholfreie Biere, hauptsächlich Weißbiere (allen voran Erdinger), hoch
präferiert werden.
- Bei Sportveranstaltungen – ganz besonders bei Fußballspielen – hat Bier eine
herausragende Stellung als Getränk.
- Bier sollte immer gut gekühlt sein – nicht nur beim Verzehr außer Haus –
sondern auch beim Genuss zu Hause – wo eigene Heimzapfanlage auf
zunehmendes Konsuminteresse stoßen.
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 7
2. Die Methode des Community Research
Das Community Research zählt zu den neueren und zu den momentan wohl
innovativsten Methoden der Marktforschung, welche erst durch das Medium Internet
und hier insbesondere durch Web-2.0-Anwendungen (also solche Internetangebote
wie z. B. Diskussionsforen, in denen private Internetnutzer auch ohne eigene
Website selbst Inhalte jeglicher Art produzieren und online zur Verfügung können)
überhaupt möglich wurden.
Im strengen Sinne kann das Community Research weniger als eigene Methodik,
denn als begriffliches „Sammelbecken für eine Reihe verschiedener
Forschungsansätze mit dem gemeinsamen Ziel, die Kommunikation in Online-
Communities zu analysieren“ (Taddicken/Bund 2010: 164) dienen. Prinzipiell handelt
es sich um eine Kommunikationsanalyse, die sich etablierter Forschungsmethoden,
nämlich vor allem der Inhaltsanalyse bedient.
In Abgrenzung zu Online-Umfragen, Online-Fokus-Gruppen oder dergleichen
„klassischen“ Methoden der Online-Forschung bildet der Untersuchungsgegenstand
des Community Research die von Internetnutzern in Foren, Blogs usw. generierte
Kommunikation. Untersuchungsgegenstand sind also Kommunikationsinhalte,
welche – im Gegensatz zu Angaben, die zum Beispiel im Rahmen einer Online-
Umfrage gemacht werden – primär eigentlich nicht für die Marktforschung generiert
wurden. Dieses Vorgehen verlangt aus forschungsethischer Sicht nach sehr
sorgfältigem Handeln (vgl. Schenk/Taddicken/Welker 2008: 251); es bietet dem
Forscher jedoch einen enormen Vorteil: Die Methode untersucht authentische,
unverfälschte Kommunikation, welche frei von Verzerrungen ist. Die Foren-Nutzer
befinden sich in ihrer natürlichen Umgebung, die Kommunikation ist (weitestgehend)
schon vor Forschungsbeginn entstanden. Es handelt sich demnach um eine
(überwiegend) non-reaktive Erhebungsmethode, bei der keine oder kaum (je nach
Vorgehensweise) Beobachtereffekte und dergleichen entstehen (vgl.
Schenk/Taddicken/Welker 2008: 261). Dazu bietet die in Foren geäußerte
Kommunikation, ähnlich psychologischer Marktforschungstechniken, tiefergehende
Einblicke über Bedürfnisstrukturen der Konsumenten, deren Idealvorstellungen,
Wünsche, Wertungen usw. Die Methode steht somit in der Tradition der qualitativen,
psychologischen Sozial- und Marktforschung.
Daneben können aber auch Verhaltensweisen, Gruppenphänomene und
Sozialstrukturen beobachtet werden, die das Community Research zugleich in die
Tradition der beobachtenden Marktforschung und insbesondere der Ethnographie
stellen.
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 8
Ableiten von Maßnahmen/ Ideengenerierung
Das Ableiten von Maßnahmen und die Generierung von Ideen ist beim Community
Research ein wichtiger Schritt. Ohne diesen Schritt erhält man in der Regel nur einen
Bericht mit vielen bekannten Fakten und einigen wenigen interessanten und neuen
Punkten.
Um aus dem Bericht Ideen ableiten zu können, ist es notwendig, dass der Analyst
eine hohe Erfahrung im Bereich (Social Media) Marketing, Innovationsmanagement,
Produktentwicklung bzw. anderen relevanten Bereichen besitzt. Außerdem benötigt
er branchenspezifische Informationen. Sofern es sich um Auftragsforschung handelt,
ist es aus diesem Grunde beim letzten Schritt sinnvoll, wenn Forscher und Experten
der entsprechenden Branche gemeinsam an der Maßnahmenableitung und
Ideengenerierung arbeiten.
Des Weiteren ist hier die Frage zu stellen, ob man an diesem Schritt von der nicht-
teilnehmenden Beobachtung zur Interaktion wechseln möchte. Eine Einbeziehung
der User der Communities an diesem Zeitpunkt setzt oftmals zusätzliche Potentiale
frei.
Definition des Forschungsziels
Der erste Schritt des Community Researchs, nämlich die Definition des
Forschungsziels, ist sicherlich auch der wichtigste. Da man es mit keiner Befragung
zu tun hat, bei der man nach jedem Thema fragen kann, muss man beim Community
Research schon bei der Definition des Forschungsziels darauf achten, dass es über
das Community Research auch zu beantworten ist. Zum Beispiel ist die Frage nach
dem optimalen Preis von Bier nur dann beantwortbar, wenn Kommunikation vorliegt,
die diese Frage auf einer repräsentativen Basis beantworten kann.
Prinzipiell ist ein weit gefasstes Forschungsziel beim Community Research
hilfreicher, als viele kleine genau definierte Forschungsfragen. Unter einem weit
gefassten Forschungsziel versteht man ein Ziel wie:
 Ableitung von Produkt-/ Werbe-/ Marketinginnovationen
Zur Erreichung des Ziels ist die Definition von weiteren Fragen hilfreich:
 Welche Innovationen werden genannt?
 Wie steht ein bestimmter Anbieter im Vergleich zu Wettbewerbern in der
Kommunikation da?
 Welche Marketingmaßnahmen werden diskutiert?
 Welche Zielgruppen sprechen über den Anbieter?
 Wo wird über den Anbieter gesprochen?
 Welche Verhaltensweisen werden beschrieben?
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 9
3. Die Kommunikation zu Bier im Social Web
Es werden im Folgenden die beiden Teilmärkte Biermixgetränke und Bier und
Fußball, sowie die Anwendungsfelder Bier als isotonisches Sportgetränk und In-
Home-Zapfanlagen behandelt.
3.1 Biermixgetränke als Chance für den deutschen Biermarkt?
In dieser Analyse sollen die Motive für den Konsum von Biermixgetränken untersucht
werden. Es liegt die Vermutung zugrunde, dass sich die Forennutzer in drei große
Gruppen unterteilen lassen: Zum einen diejenigen, die das klassische Bier
verteidigen und sich aggressiv zu Mixgetränken beziehungsweise milden Bieren
äußern. Zum anderen die Gruppe, die gerne solche Mixgetränke konsumiert. Die
dritte Gruppe steht den Mild- und Mixbieren gleichgültig gegenüber.
Abbildung 2: Attribute der Bierkommunikation:
Die Tag Cloud zeigt die häufigsten in der Kommunikation zu Bier verwendeten Attribute.
Konsummotive:
Ein Motiv für den Konsum von Biermixgetränken ist der fruchtigere oder süßere
Geschmack im Vergleich zum herkömmlichen Bier. Was früher schlicht ein Radler
oder Alster war, heißt nun ‚Beck's Green Lemon‘, ‚Veltins V+ Lemon‘ oder ‚König
Pilsener Lemon‘. Neu ist jedoch die Mischung mit Orangenlimonade wie bei ‚Beck's
Chilled Orange‘, mit Cola wie bei ‚Cab‘ (Cola and Beer) oder mit Energydrinks wie bei
‚Veltins V+ Energy‘. Exotischere Varianten mit Minze (‚Beck's Ice‘), Guarana (‚Beck's
Level 7‘) oder mit Curuba (‚Veltins V+ Curuba‘) erweitern seit 2008 das Angebot auf
dem Markt. Durch Mixgetränke soll vermutlich der herbe Geschmack des Bieres mit
einem „spritzigen“, „frischen“ und „fruchtigen“ Geschmack überdeckt werden (siehe
Werbung von Beck's). Das herkömmliche Bier wird also versüßt, der Alkoholgehalt
gesenkt beziehungsweise geschmacklich verdeckt. Bei den Mildbieren wie ‚Beck’s
Gold‘ oder ‚Bit Sun‘ verhält es sich ähnlich wie bei den Mixgetränken: Der herbe
Biergeschmack soll reduziert werden, um denen, die dem Geschmack von Hopfen
skeptisch gegenüber stehen, eine Alternative zu bieten. Dies wird auch in der
Community diskutiert.
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 10
Abbildung 3: Tonalität der am häufigsten genannten Attribute in der
Bierkommunikation:
Die Kommunikation rund um das Thema Bier ist vorwiegend positiv besetzt.
Die Verfechter des herkömmlichen Bieres sehen seinen typisch herben oder bitteren
Geschmack als wichtiges Charakterisierungsmerkmal an. Wenn sie Bier trinken,
dann soll es auch danach schmecken.
„[…] wenn ich ein Bier trinke, möchte ich, dass es nach Hopfen und Malz schmeckt, alternativ gerne auch nach
Weizen und Hefe. Und kalt soll es sein! Ich konnte aber auch mit Anfang 20 nicht nachvollziehen, wie man Bier
mit Cola mischen konnte oder Weizenbier mit Kirsch- oder Bananensaft...“
Ausnahmen von dieser Sichtweise werden zwar bei gängigen Mischungen gemacht,
die sich bereits etabliert haben, wie zum Beispiel Bier gemischt mit Zitronenlimonade.
Je ausgefallener die Mischungen jedoch werden und je weiter sie sich vom typischen
Biergeschmack entfernen, desto negativer werden Biermixgetränke von den
Bierverfechtern beurteilt.
„Gegen Radler oder Alster kann man ja nichts sagen, gab es ja schon immer! Aber was will man mit Dragonfruit
oder Bier mit Kirsche??“
In der Community lassen sich allerdings auch positive Aussagen über
Biermischungen finden. Der bittere Geschmack des Bieres wird dann meist negativ
beurteilt und versüßten Mischgetränken der Vorzug gegeben.
„Ich mag kein Bier, es schmeckt so bitter. Radler schmeckt schon besser, da ist ja Limo drin.“
Vor allem ein fruchtiger Geschmack scheint für Mischungen beliebt zu sein. Die
Bandbreite der Früchte, mit denen der typische Biergeschmack überdeckt werden
soll, ist groß.
„Ich trinke jetzt eines von diesen leckeren Biermixdingern mit Grapefruit, solange es noch geht! Prosit! Auf dass
wir alle bald kein Bier mehr trinken können!“
„Auch Bier mit Banane, Kirsch oder Erdbeer schmeckt mir persönlich sehr lecker. Wer’s nicht mag darf ja immer
noch gern Pils bestellen...“
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 11
Das Charakterisierungsmerkmal von Biermixgetränken – den typischen
Biergeschmack zu überdecken – wird von der Community also erkannt. Je nachdem,
ob der herbe Biergeschmack positiv oder negativ beurteilt wird, fallen auch die Urteile
über Biermixgetränke entsprechend aus.
Abbildung 4: Attribute der Bierkommunikation
Die Tag Cloud zeigt die Gewichtung der emotional besonders starken Attribute in der
Bierkommunikation.
Gruppen von BiertrinkerInnen
a. Biermixverweigerer:
Die Gruppe derjenigen, die das klassische Bier verteidigen und sich teilweise auch
aggressiv gegen Mixgetränke und Mildbiere äußern, wird im Folgenden als
‚Biermixverweigerer‘ bezeichnet. Dies ist auch diejenige Gruppe, welche in der
Analyse am deutlichsten hervorsticht und sich gut von den anderen Gruppen
unterscheiden lässt.
Biermischungen und Mildbiere sind in dieser Gruppe verpönt, jeglicher Zusatz zum
herkömmlichen Bier wird negativ beurteilt. Mischungen werden daher gar nicht erst
als Bier angesehen. Auch die mittlerweile bestehende Vielfalt an Mixgetränken ist für
die Biermixhasser ein Grund, ihren Unmut zu äußern.
„Aber am absolut komischsten is Limobier. Dieser Bierverschnitt mit 50% Cola, Limo usw. da gibts ja mittlerweile
scho ewig viel. Das is wahre Vergewaltigung von Bier“
„bier: ebenso geil. verboten allerdings sind in meinen augen diverse bier-mix-getränke (becks green lemon etc...)
diese mischungen verdienen es nicht den namen " bier " zu haben“
Besonders auffällig bei der Gruppe der Biermixverweigerer ist das häufige Auftreten
von abwertenden Aussagen über Biermixgetränke und Mildbiere in Verbindung mit
dem weiblichen Geschlecht. Aus diesen Aussagen ist zu schließen, dass diese
Gruppe in erster Linie männliche Mitglieder hat.
„Bahh, Frauenplörre!! Wenn Bier, dann auch richtiges.“
Für die Biermixverweigerer sind diese Getränke nicht nur geschmacklich
inakzeptabel, sie scheinen auch nur für das vermeintlich schwächere Geschlecht
geeignet zu sein. Der süße beziehungsweise fruchtige Geschmack von
Biermixgetränken wird oftmals den Konsumbedürfnissen von Frauen zugeordnet.
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 12
„[…] entweder trinkt man bier oder nen soft-drink. radler lass ich mir grad noch eingehen aber bei cola-weizen
hörts scho auf. alko-pops (was für ein wort) und biergepansche- was kommt als nächstes? bier mit kiwi-banane
geschmack für die mädels?!“
Wird der Konsum von Biermixgetränken bei Frauen zwar belächelt, aber eher noch
toleriert, müssen sich männliche Konsumenten dem Spott der Biermixhasser
aussetzen.
„Du Becks Green Lemon Frauen Bier Trinker sei mal ganz ruhig“
Diese Haltung wird von den Befürwortern und Konsumenten der Biermixgetränke
sogar noch bestärkt, indem sie ihren Konsum ‚zugeben‘. Vor allem männliche
Biermixtrinker scheinen sich dem Druck der ‚sozialen Erwünschtheit‘ bewusst zu
sein.
„Also ich oute mich als Mädchen *g* ich mag Becks Gold und besonders Becks Lemon“
„Auf dem Oktoberfest in München war ich auch schon einmal, ich habe aber selbst da auch nur einen Radler
getrunken. Irgendwie sehr komisch für einen Mann, oder?“
Innerhalb der Community lassen sich über dieses Rollenbild jedoch auch ironische
Kommentare finden und solche, die dem Klischee des männlichen Biertrinkers und
der weiblichen Mixbiertrinkerin widersprechen.
„Also- ja, ich bin eine Frau. Also rein anatomisch zumindest. Ich hab keine Handtasche, kann rückwärts
einparken, heule höchstens mal heimlich bei Bambi und halt ansonsten gern vorm Fernseher einfach nur mal
meine Fresse, und trinke dabei sogar noch Bier (aber nur Becks GOLD !!, wohlgemerkt, wie weibisch*ggg* !!)“
„Außerdem denke ich nicht, dass Becks Green Lemon und so Frauenbier ist. Gibts ja wohl auch genug Kerls die
das trinken, oder nicht? Ich kenne zumindest genug! Außerdem trinkt doch jeder nicht das was er soll, sondern
das was schmeckt! Ich trinke ja auch ab und zu mal gerne ein Weizen oder Cola-Weizen.“
Darüber hinaus scheint es durchaus auch Anlässe oder Situationen zu geben, in
denen ‚Frauenbier‘ akzeptiert und der süße Geschmack positiv beurteilt wird.
„[…] an einem heißen Sommertag ist ein Frauenbier a la Becks Lemon großartig“
Auch wenn es Ausnahmen zu geben scheint, zeichnet sich die Gruppe der
Biermixverweigerer durch eine starke Abneigung gegenüber Biermixgetränken aus.
Die überwiegend männlichen Mitglieder dieser Gruppe halten am herkömmlichen
Bier fest und gestehen den Konsum von Biermischungen – wenn überhaupt – dem
weiblichen Geschlecht zu.
b. Mixbiertrinker
Die zweite Gruppe besteht aus Mitgliedern, die gerne Biermixgetränke und Mildbiere
konsumieren. Die in den Vorüberlegungen getroffene Untergliederung in
Konsumenten, die selbst mixen und solche, die fertig gemischte Getränke kaufen,
konnte in der Analyse nicht eindeutig nachvollzogen werden.
Zwar lassen sich Aussagen über das Selbstmischen finden, es kann jedoch nicht
daraus abgeleitet werden, dass Personen, die sich ihre Mixgetränke selbst mischen,
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 13
nie fertig gemischte Getränke konsumieren (und umgekehrt). Kommentare zum
Thema Selbstmischen enthalten eher Aussagen darüber, ob ein süßerer
beziehungsweise fruchtigerer Geschmack des Bieres bevorzugt wird oder nicht.
„[…] du hast mich an die Existenz von BecksLime erinnert! Ich mix das immer selber aus Becks und Zitronenlimo,
mache es etwas zitroniger.“
„Alternativ noch ein Ruße oder Radler, aber nicht zu viel Limo sonst wirds zu süß. Stilles Mineralwasser mit
einem Spritzer Zitronensaft.“
Im Rahmen der Datenanalyse hat sich im Gegensatz zur vorab angenommenen
Untergliederung eine andere Aufteilung abgezeichnet: Es gibt eine Untergruppe der
Nichtbiertrinker, die ausnahmsweise Biermixgetränke konsumiert und eine
Untergruppe, in der anlassbezogen Mix- und Mildbiere getrunken werden.
 Nichtbiertrinker
Die Untergruppe der Nichtbiertrinker kann dem herkömmlichen Bier nichts
abgewinnen, ihre Mitglieder trinken ausschließlich Mixgetränke.
„Also ich trinke wenn nur Becks, Oettinger Cola-Mix oder Mixery. Hab’s nicht so mit reinem Bier.“
Bei der Datenanalyse fällt auf, dass Biermixgetränke auch von NichtBiertrinkerInnen
oftmals nicht als ‚richtige‘ Biere angesehen werden.
„Auf Bier steh ich eh nicht so. Biermixe sind da schon was gaaaanz anderes...lecka...“
„Ich trinke höchst selten Bier. Und wenn, dann nur Corona. Aber das ist ja auch kein richtiges Bier.“
In diesem Zusammenhang besteht eine Gemeinsamkeit mit der Gruppe der
Biermixverweigerer: Biermixgetränke werden als eine eigenständige Getränkegruppe
angesehen und – das unterscheidet sie von den Biermixverweigerern – auch positiv
beurteilt.
 Anlassbezogene Biermixtrinker
Die Jahreszeit scheint eine bedeutende Rolle zu spielen, wenn es darum geht, wann
Mix- und Mildbiere bevorzugt konsumiert werden. Vor allem im Sommer, zum
Durstlöschen bei Hitze und während des Grillens sind Biermixgetränke sehr beliebt.
„Also für mich gibts im Sommer nur eins zum Durstlöschen und das is a Cola-Weizen. […] Oder ein Hoepfner
Grape, das schmeckt auch noch sehr gut!!! Ist Bier mit Lemongeschmack!!! Auch sehr gut zum Durstlöschen
wenn man auf Alkohol nicht verzichten möchte!“
Die Mild- und Mixbiere werden in der warmen Jahreszeit auch von Personen
konsumiert, die eigentlich kein Bier trinken.
„Bier mag ich eigentlich gar nicht. Wenn überhaupt dann ein Radler, aber selbst das nur wenns wirklich warm ist.“
Ein weiteres Motiv für den Konsum von Biermixgetränken ist der Entspannungs- und
Belohnungscharakter. Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, ob die Mild- und
Mixbiere zu Hause oder in der Öffentlichkeit getrunken werden. Mixbiere werden
gerne als Feierabendbier zum Stressabbau oder zur Entspannung an einem freien
Nachmittag konsumiert.
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 14
„meinen Durst bei einem entspannten Radler in der Hausbrauerei gelöscht. Stressabbau!“
Die Mixgetränke dienen auch als Belohnung nach einer sportlichen Aktivität.
„Alster mag ich wohl. Vor allem, wenn ich weit gelaufen bin und das Alster kalt ist. Das gönn ich mir dann aber
auch, wenn ich Lust drauf habe.....“
Ein weiterer Konsumanlass für Mixgetränke sind Partys. Neben dem Geschmack
spielt hierbei auch eine Rolle, ob man noch Auto fahren muss und aus diesem Grund
eine geringere Menge an Alkohol zu sich nehmen möchte.
„Ein Gemischbier (Radler/CAB oder ähnliches) wäre OK, wenn zwischen Trinken und Fahren mindestens 4
Stunden liegen. Aber ansonsten bin ich vorzugsweise Memme und vertrage nichts. Da will ich Autofahren echt
nicht riskieren.“
c. Neue Gruppen
Neben den Gruppen, deren Existenz zu Beginn der Analyse unterstellt worden war,
kristallisierten sich im Analyseverlauf vor allem bei der Gruppe der Biermixtrinker
weitere Untergruppen heraus. Die gefundenen Zitate lassen speziell auf die Anlässe
und Motive des Biermixtrinkens schließen.
Zunächst ist da die Gruppe der schwangeren, mutmaßlich schwangeren oder
stillenden Frauen, die sich beim Alkoholkonsum ‚zurückhalten‘ und stattdessen ‚nur‘
Biermixgetränke konsumieren.
Des Weiteren spielt in vielen Frauenforen das Thema Abnehmen eine große Rolle.
Die Frauen, die gerade Diät halten, bedauern es, dass sie in dieser Phase auf
Biermixgetränke verzichten müssen.
Aber aufgrund niedrigerer Kalorienwerte als beim ‚Vollbier‘ muss man sich bei den
Biermixgetränken nicht immer zurückhalten, wenn die Kalorienbilanz am Ende
stimmt.
Eine weitere neue Gruppe sind die Einsteiger in den Bierkonsum: Die bereits
diskutierten Geschmacksrichtungen der Getränke, die den herben Biergeschmack
überdecken, führen dazu, dass Jugendliche ohne Alkoholerfahrung zunächst diese
fruchtigeren und milderen Biere konsumieren, um auf den Geschmack zu kommen.
„Kenn mich da leider noch net so aus, weil ich erst seit dem 4.2. diesen Jahres überhaupt auf den Geschmack
von Bier gekommen bin... und jetzt probier ich alles mal aus, wobei ich sagen muss, dass die Weizenbier-Sachen
am besten sind... und danach dieses süßen Mischbiere wie Becks Level 7, Orange, Schöfferhofer Grapefruit
usw...“
„Ich bin total aufgeregt. Das erste mal das ich Alkohol trinke (Cola Bier)“
„ich find mixery toll ^^ schmeckt irgendwie cool aber ich darf wenn dann nur mal son bisschen probieren und kein
alk trinken -.- kotzt mich das an...“
Aus all diesen Beiträgen lässt sich schließen, dass die Motive für das Mixbiertrinken
sehr vielfältig sind. Neben den anfänglich vermuteten Gruppen fanden sich weitere
Motive für den Konsum von Mild- und Mixbieren. Die Unterstellung, diese Getränke
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 15
sprächen vor allem eine junge Zielgruppe an, ließ sich durch die analysierten
Forenbeiträge erhärten.
3.2 Fußball als Absatzgarant für Bier?
Für die Analyse der Forenkommunikation im Kontext Fußball interessierten vor allem
die Fragen, ob und welche verschiedenen Typen zu identifizieren sind sowie welche
Trends im Zusammenhang von Bier und Fußball festgestellt werden können. Hierfür
wurden mehrere Forschungsfragen, vor dem Hintergrund einer späteren
Verwendung für Marketingzwecke, entwickelt. Sie lauten:
 Ist Bier fester Bestandteil des Fußballs? Wenn ja, wo und wann wird Bier
konsumiert?
 Werden Sponsoringaktivitäten der Bierhersteller von den Fans angenommen?
Die Ergebnisse werden im Weiteren vorgestellt.
Ist Bier fester Bestandteil des Fußballs? Wenn ja, wo und wann wird Bier
konsumiert?
Grundannahme ist hier, dass eine enge Verbindung zwischen dem Erleben eines
Fußballspiels mit dem Konsum von Bier besteht. Um einen schärferen Blick auf die
Szenerie zu erhalten und einzelne Situationen für die Suche nach Verhaltensmustern
und Trends zu selektieren, wurde zunächst ein erster Überblick über alle möglichen
Situationen, in welchen Bier im Zusammenhang mit Fußball getrunken wird, erstellt.
Entsprechende Schlagworte waren beispielsweise ‚Stadion‘, ‚Anreise‘ oder ‚Kneipe‘.
Der so entstandene Rohentwurf des Codebaumes wurde dann iterativ verfeinert. Das
heißt, dass beim Durchlesen der Beiträge immer wieder neue, eigenständige
Untercodes gebildet wurden. Zum Code ‚Stadion‘ kamen dann beispielsweise die
Untercodes ‚Bierläufer‘ und ‚Wurststand‘ hinzu. Dadurch kann gut nachvollzogen
werden, in welchen Situationen genau Bier getrunken wird und wo es Probleme gibt.
Auf dieser Grundlage ist es möglich, neue Strategien zu entwickeln.
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 16
Auffällig beim Bierkonsum im Stadion war die sehr oft genannte Symbiose zwischen
‚Stadionwurst‘ und Bier:
„Beim Fußball brauche ich eine Wurst und ein paar Bier, mehr nicht.“
Da im Stadion wegen eines Mitbringverbots für Zuschauer das Bier entweder am
Bierstand oder von extra eingesetzten und sehr beliebten ‚Bierläufern‘ gekauft wird,
ist die Verbindung von Wurst und Bier kein Zufall. Interessant in diesem
Zusammenhang sind Aussagen, welche sich auf Qualität von Speisen und
Getränken (zum Beispiel Temperatur, Frische) und auf die Wartezeit beziehen. Hier
sind häufig sehr deutliche Unmutsäußerungen zu verzeichnen, die bis zur Androhung
eines Bierboykotts im Stadion reichen. Wie hier zu sehen, ist den Autoren auch ernst
damit, so dass zuweilen gar in gegnerischen Fanforen um Solidarität gebeten wird:
„Wenn es Euch halbwegs möglich ist, boykottiert doch das Bier bei uns im Stadion“
Hieraus lassen sich zwei Erkenntnisse in Bezug auf mögliche Marketingaktivitäten
ziehen. Zum einen scheint die Produktqualität in den Stadien nicht ausreichend für
die Bedürfnisbefriedigung zu sein. Vor allem die kritisierten Punkte (Temperatur,
Frische etc.) lassen darauf schließen, dass es sich hierbei um ein
Distributionsproblem handelt. So sollten die Brauereiunternehmen hier ansetzen und
beispielsweise in Koordination mit den Stadienbetreibern das Distributionsnetz im
Stadion optimieren. Denkbar wäre hier etwa eine größere Anzahl an Bierständen, um
die großen Zuschauermengen besser mit frisch gezapftem Bier versorgen zu
können.
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 17
Zum anderen ließe sich die angesprochene Symbiose zwischen Stadionwurst und
Bier auch auf außerhalb des Stadions übertragen. Insbesondere im Sommer könnten
etwa Bierkästen im Rahmen einer Verkaufsförderungsaktion mit Bratwürsten
zusammen verkauft werden, um damit den Absatz bei Fußballfans zu steigern.
Bier wird aber nicht nur im Stadion getrunken, sondern schon auf der Anreise dahin.
Der Punkt Anreise ließ sich dann noch mehrfach untergliedern, da außer mit Schiffen
und Flugzeugen alle anderen üblichen Verkehrsmittel zur Anfahrt genutzt werden.
Bei Kooperationsfahrten, also mit dem Fanbus, Sonderzug oder auch mit der
privaten Fahrgemeinschaft zu Auswärtsspielen spielt Bier stets eine wichtige Rolle:
„[...]würdest du mit einem bus zu auswärtsfahrten fahren, wenn du dort kein bier trinken dürftest“
In den von Verein oder Fanclub organisierten Touren mit Bus und Zug findet oft,
ähnlich wie im Stadion, ein ausschließlicher Verkauf von Bier durch den Veranstalter
statt. Hier bestünde also auch die Möglichkeit, über Sponsoring von Fanclubs,
weiteren Absatz zu erzielen und dazu eine perfekte Werbezielgruppe anzusprechen.1
Ein weiterer interessanter Aspekt bei den Auswärtsfahrten ist, dass diejenigen, die
selbst mit dem oder das (Fan-) Auto fahren, auch hier nicht auf Bier verzichten
möchten zumindest für diese Fahrt auf alkoholfreies Bier umsteigen:
„Zum Anpfiff waren es ja noch gut 12 Stunden, das sollte wohl für 560km reichen.[...] An einem kleinen Parkplatz
machten wir dann halt und [...] [dann] gönnten wir Jungens uns ein bleifreies Bier.“
Mitunter schließen sich die Mitfahrer dem an und so wird dann auch für wenige
Personen ein ganzer Kasten alkoholfreies Bier mitgenommen. Bei wöchentlich
zehntausenden umherreisenden Fans in ganz Deutschland ist dieses ‚fahrende Volk‘
möglicherweise auch eine ernst zu nehmende Werbezielgruppe. So ist die
Bewerbung von alkoholfreiem Bier auf Plakaten an stadionnahen vielbefahrener
Straßen denkbar. Zudem ist die gezielte Werbung in öffentlichen Verkehrsmitteln
ratsam.
Fußball kann aber auch ganz und gar abseits vom Stadion geschaut werden. Die
klassischen Orte dazu sind Kneipen, Wohnzimmer und spätestens seit der
Weltmeisterschaft 2006 große und kleine ‚Public Viewing‘-Veranstaltungen2
. Und
wiederum ist das Bier dort so präsent, dass die Fußballfans es auch in ihrer
Kommunikation in den Foren immer wieder erwähnen. Der Fokus im Sinne der
Bierproduzenten liegt hierbei zum einen auf dem Getränkehandel, bei dem die
Privaten einkaufen. Zum anderen gibt es eine bestimmte Sorte Kneipen, die
besonders gern und regelmäßig von den Fußballfans frequentiert werden – diese
nämlich, welche über einen Pay-TV-Anschluss verfügen und alle möglichen, auch
internationalen Spiele live übertragen. Aus diesen Informationen sind für die
Bierfirmen ebenfalls Ideen für konkrete Maßnahmen generierbar. Einerseits wäre das
Sponsoring kleinerer Public-Viewings etc. denkbar. Zudem könnten die Brauereien
1
Inwieweit das heute schon umgesetzt wird, konnte der untersuchten Kommunikation nicht
entnommen werden.
2
Mit kleinen Public-Viewing-Veranstaltungen sind die eigentlich nicht öffentlichen Vorführungen in
Garagen, Sportvereinshäusern und sonstigen, eher privaten Veranstaltungen gemeint
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 18
gezielt Events bzw. Promotionaktionen in Sportsbars und Fußballkneipen
veranstalten. Hierbei könnten etwa Produktproben oder Merchandise-Artikel an den
Mann gebracht werden. Da Fußball zudem auch in den eigenen Wohnzimmern
geschaut wird, ist hier die Platzierung von Werbung und Product Placement im
Umfeld von Fußballsendungen ratsam.
Bei der Analyse der Texte stellte sich also heraus, dass die Annahmen in Bezug auf
die enge Verbindung von Bier und Fußball richtig waren und Bier, wenigstens in der
Kommunikation über diese Handlungen, ein nicht wegzudenkendes Element in der
Beziehung zwischen Fußball und Fan ist.
Es lässt sich folglich festhalten, dass die Verbindung von Bier und Fußball bei
sämtlichen denkbaren Kommunikationsmaßnahmen genutzt werden kann. Als
Beispiele seien hier die Schaltung von Bannerwerbung auf Fußballwebsites etc. und
die Gestaltung von Werbeplakaten mit entsprechenden Motiven genannt.
Werden Sponsoringaktivitäten der Bierhersteller von den Fans angenommen?
Insbesondere um kommunikationspolitische Maßnahmen ableiten zu können, wurden
exemplarisch die Forenbeiträge zu drei Biermarken untersucht und hierbei ein
spezielles Augenmerk auf die Erwähnung von Fußballsponsoringaktivitäten gelegt.
Dabei dienten die Namen der Biere gleichsam als Suchbegriffe. Zum einen waren
dies Gaffel und Hasseröder, welche die offiziellen Stadionbiere der Erstligaclubs 1.
FC Köln bzw. Hannover 96 sind. Zudem wurde noch die Marke Bitburger, Sponsor
der deutschen Nationalmannschaft und meistgenanntes Bier in den Foren,
untersucht.
Auch gab es zahlreiche Threads welche sich um die präferierten Biermarken der
einzelnen Benutzer drehten. Die Unternehmen könnten auch hier mit konkreten
Maßnahmen ansetzen, um die betreffenden Fans durch geeignete Ansprache (etwa
Direct Mailings) als „Botschafter“ des Unternehmens einzusetzen und so vom
Referenzpotenzial der Kunden zu profitieren.
„Aus meiner Vaterstadt: Reihenfolge nach meiner persönlichen Beliebtheit: - Gaffel - Peters - Päffgen Aus dem
Rest der Republik: ebenfalls nach persönlicher Vorliebe: - Haake Beck Stubbi (Nicht zu verwechseln mit BECKS)
- Haake Beck Kreusen - JEVER (Auch wenn das ein Pony-Sponsor ist/war.) - Bitburger - Dresdner
Feldschlösschen Weizenbiere mag ich absolut nicht. Ich find das schmeckt wie mit Aspirin versetzt.“
Die Diskussionen, welche sich um die konkreten Sponsoringaktivitäten der
verschiedenen Bierhersteller drehten förderten ambivalente Ergebnisse zu Tage.
Dabei zogen sowohl die Aktivitäten von Gaffel als auch die von Bitburger positive
Resonanz nach sich. Im Einzelnen waren dies bei Gaffel der schon bei den
Bierpreisen erwähnte „Podolski-Euro“ sowie ein FC Kölsch (Bezug zum 1. FC Köln)
benanntes Bier. Ebenfalls kommuniziert wurde über Gaffel als möglichen
Namensgeber und Sponsor des Stadions in Köln, was positive Reaktionen hervorrief.
„Irgendwas " kölsches " wäre doch gut: z.B. Gaffel Kölsch Stadion“
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 19
Auch das Sponsoring des anderen Kölner Traditionsvereins Fortuna Köln wurde
lobend erwähnt. Bei Bitburger wurden insbesondere die Nachwuchsförderung und
die damit verbundene Schaffung von Bolzplätzen ebenso wie die langjährige
Partnerschaft mit dem DFB genannt.
Nicht ganz so positiv wurde eine Aktion von Hasseröder aufgenommen. Die Brauerei
führte im Stadion Becher mit dem Konterfei aktueller Spieler ein. Diese Becher
wurden zwar von der Grundidee her positiv wahrgenommen, aufgrund der scheinbar
minderwertigen Qualität jedoch auch kritisiert. Eine von Hasseröder gesponserte
Fanparty in Leipzig sowie im Rahmen eines Gewinnspiels zur Verfügung gestellte
Trikots von Hannover 96 wurde hingegen lobend erwähnt.
„Aber das Bier schmeckt aus diesen Bechern nicht. Habe mir das 2. Bier dann umgehend in nem "alten" Becher
geben lassen. Schmeckt nach Plastik (liegt wohl am Aufdruck)...die haben die Becher wohl ausgepackt und sofort
befüllt...habe ne Menge Leute getroffen die sich über den Geschmack beschwert haben...und nein, es liegt nicht
an d er Biersorte“
Zusammenfassung
Es ist festzustellen, dass Bier fester Bestandteil des Fußballs zu sein scheint und
genauso wenig wegzudenken ist wie das runde Leder selbst. Bier wird dabei
eigentlich in sämtlichen Situationen und an sämtlichen Orten, die mit Fußball
zusammenhängen, konsumiert und der Konsum explizit beschrieben. Für
Fußballfans scheint es keine ernst zu nehmenden Alternativen für den Bierkonsum
zu geben.
In Bezug auf die Sponsoringaktivitäten der Bierhersteller lässt sich konstatieren, dass
diese sich im Fußball auszuzahlen scheinen. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn
sie der Identifikation mit dem Lieblingsverein dienen. „Minderwertige“ Produkte wie
etwa die Spieler-Becher in Hannover werden hierbei von den Fans nicht
angenommen.
3.3 Bier als isotonisches Sportgetränk?
Die Forschungsfragen zum Bereich Bier und Sport wurden aus Sicht des
Produktmanagements in einem Brauereiunternehmen heraus entwickelt und dienten
dazu, die aus dem beschriebenen Hintergrund resultierenden allgemeinen Fragen zu
konkretisieren. Als Orientierung wurden die vier klassischen Steuerungselemente
des Marketing herangezogen: Produkt, Preis, Kommunikation und Distribution. Es
wurde nur solchen Forschungsfragen nachgegangen, die für einen Bierhersteller
relevant sind. Um einen Überblick über die verschiedenen Bierkonsumenten zu
erlangen, wurde versucht, sozio-demographische Merkmale wie etwa Alter oder
Geschlecht etc. der Konsumenten zu entdecken. Des Weiteren wurden die Foren
dahingehend analysiert, bestehende Markenpräferenzen der Kunden zu ermitteln. In
diesem Zusammenhang wurde auch angestrebt, bevorzugte Geschmacksrichtungen
bzw. Biersorten ausfindig zu machen. Die Auswertung erfolgte mit dem Ziel,
Informationen über Vor- und Nachteile eines Bieres aus Kundensicht zu gewinnen.
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 20
Hierbei wurde z. B. der Frage nachgegangen, wie der Kunde Preisdifferenzen
wahrnimmt oder den Kaloriengehalt eines Bieres beurteilt. Ein weiteres Ziel der
Analyse bestand darin herauszufinden, ob die Wichtigkeit einzelner
Produktmerkmale vom Ort des Bierkonsums abhängig ist, beispielsweise inwiefern
ein Konsument unterschiedlichen Wert auf eine Verpackung oder einen Geschmack
legt. Da Bier, vor allem wenn es außer Haus getrunken wird, oft in Gruppen
konsumiert wird, bestand die Intention der Untersuchung unter anderem darin,
mögliche soziale Verhaltensweisen zu entdecken, die dafür sprechen, dass
Individuen in Gruppen von ihrem normalen Trinkverhalten abweichen.
 Wer konsumiert Bier?
 Welche Sorten Bier werden konsumiert?
 Wie wird Bier konsumiert (Darreichungsform, Verpackung)?
 Welche Menge an Bier wird konsumiert?
 Wann wird Bier konsumiert?
 Wo wird Bier gekauft? Hat der Ort des Bierkonsums Einfluss auf die
Kaufentscheidung?
 Welche Vorteile/Nachteile hat Bier aus Sicht der Konsumenten?
 Ändern sich die Präferenzen des Biertrinkers, wenn er in einer bestimmten
Gruppe trinkt?
 Gibt es Besonderheiten, wenn Bier außer Haus konsumiert wird bzw. ändert sich
die Wichtigkeit einzelner Produktmerkmale aus Sicht des Biertrinkers?
 Gibt es besondere Trinkgewohnheiten zu unterschiedlichen Anlässen?
Die Kommunikation im Internet rund um Sportaktivitäten im Zusammenhang mit Bier
ist facettenreich und lieferte überraschende Erkenntnisse. In den untersuchten Foren
äußerten sich die Mitglieder zu ihrem Bierkonsum beim Nordic Walking,
Fitnesstraining und Wandern, wobei der Kommunikationsschwerpunkt rund um
Laufen und Bier lag. Dabei konnte keine Geschlechterdominanz festgestellt werden,
es tauschten sich sowohl Frauen, als auch Männer unterschiedlicher Altersstufen
aus. Der Konsum beschränkt sich nicht nur auf das klassische Pils, sondern auch auf
Biermixgetränke wie Radler, oder auch Schwarzbier, Kölsch und Hefeweizen. Auch
alkoholfreie Biersorten wurden intensiv diskutiert. Zwar gibt es weiterhin die
klassischen Bierverfechter, dennoch überwog die Meinung, dass das alkoholfreie
Bier eine gute Alternative zur Erfrischung und zur Energiezufuhr ist.
„Ich mag das Erdinger alkoholfrei, aber auch Jever Fun ganz gerne. Ich mag witzigerweise mittlerweile kein "
echtes " Bier mehr. (Warum auch immer. Mein Geschmack hat sich in den letzten Jahren geändert) Ich trinke nur
Bier, wenn ich wirklich nichts anderes da habe.“
Die Darreichungsform von Bier spielte eine untergeordnete Rolle. Durchgängig in
allen Konsumentenmeinungen ist die Kühle eines Bieres entscheidend für den
Genuss.
„Hin und wieder trinke ich Erdinger Alkfrei. Nach meiner Erfahrung ist die Grundvoraussetzung dafür, dass es
schmeckt: eiskalt muss es sein. […] Das ärgert mich auch bei manchen Laufveranstaltungen, wo es Erdinger
Alkfrei im Ziel gibt. Es schmeckt einfach nicht, weil es zu warm ist.“
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 21
Das Trinken aus Bechern während eines Marathons bereitete vielen Läufern
Schwierigkeiten, beliebt war das frisch gezapfte Bier nach der sportlichen Betätigung.
Einen großen Raum in den Diskussionen nahm die Höhe des Bierkonsums ein.
Dabei war das konsumierte Volumen von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Die
Intensität der verfolgten Sportart und den damit verbundenen Leistungszielen
spielten ebenso eine Rolle, wie das Ziel der Gewichtsbeeinflussung, dem Zeitpunkt
des Konsums und die soziale Interaktion. Läufer, die regelmäßig trainieren, haben
bewusst den Konsum von Bier und anderen Alkoholika reduziert.
„Seit ich wieder laufe, trinke ich deutlich weniger Alkohol. Für mich ist das ein positiver Nebeneffekt dieses
Sports.“
Sportler setzen sich intensiv mit ihrem Körper und ihrem Ess- und Trinkverhalten
auseinander, was dazu führt, dass sich unterschiedliche Konsummuster bei dem Ziel
der Gewichtsreduktion identifizieren lassen. Die Spannweite reicht von keiner
Verhaltensänderung über den gelegentlichen Biergenuss bis hin zum strikten
Verzicht, der entweder phasenweise oder aber auch gänzlich umgesetzt wurde.
„[…] Ich habe mich für nen 10er angemeldet und jetzt habe ich meine Essgewohnheiten umgestellt. Vorher war
ich Stammkunde bei McDoof (4x mindestens pro Woche), Pizza, Cola, Bier. Das wars. Jetzt verzichte ich auf
Alkohol, erwische mich beim Essen von Obst, koche mein Mittag selber. Fastfood gibt es auch nicht mehr. Cola
wird auch bald abgeschafft. Süßigkeiten sind auch nicht mehr im Haus.[…]“
Anspruchsvolle Fragen und ebenso kompetente Antworten wurden eingestellt, um
bspw. den Zusammenhang von Fettverbrennung und Alkohol verstehen zu können.
Ein kleiner Anteil von Forenmitgliedern verfügt über spezifisches physiologisches
Wissen, wodurch kurze Beratungs- und Aufklärungsgespräche stattfanden.
„und noch ein paar Gedanken zu den Hormonen: das ein Lebensmittel mit hohem glykämischen Index schneller
wieder Hunger macht, ist ja nur ein Teil. Schlimmer scheint zu sein, dass ein hoher GI zu einem hohen
Insulinausstoß führt. Und so lange Insulin im Blut ist, findet kein Fettabbau statt. Dazu braucht es den
Gegenspieler des Insulins, das Glukagon. […] Und zum Bierchen: Da der Körper immer bestrebt ist Alkohol sofort
wieder los zu werden, wird Alkohol sofort abgebaut. Da während der Alkoholabbauphase der Fettabbau
eingeschränkt ist, passt Alkohol nicht wirklich in eine Diät. […]“
Bier hat trotz eines gesteigerten Gesundheitsbewusstseins bei den meisten Sportlern
eine besondere Stellung. So fallen die Begriffe des Sündigens ebenso, wie die der
Belohnung und des Gönnens. Bier ist also mit dem persönlichen Körpergefühl
genauso verwoben, wie mit der individuellen Leistungsfähigkeit und hat einen festen
Platz im Konsumplan der meisten Sportler, wenn auch bei reduzierter
Konsummenge.
„Jetzt weiß auch endlich, daß ich auch ''längere'' Distanzen laufen kann […] Heute Abend werd ich mir erstmal ein
Bier drauf gönnen, weil ich leb ja nur für den Sport!“
Läufer trinken Bier vor, während und nach dem Sport. Dominierend ist hierbei das
Produktmerkmal der Energiezufuhr. Bier bietet aufgrund der inhaltlichen
Zusammensetzung einen attraktiven Mix aus Mineralien und Kohlenhydraten.
„Tach!! Bei meiner Bestzeit hab ich noch 1 Stunde vorm Lauf ein alkoholfreies Weizen und ein Baguette mit
Kräuterdip zu mir genommen. Hat super geklappt ;-).“
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 22
Unter den Forenmitgliedern wird der Begriff des „Carboloading“ verwendet, also dem
optimalen Auffüllen der Kohlenhydratspeicher und dem Ausgleich des
Mineralienhaushaltes vor einem Training oder einem Wettkampf.
„Aus dem Training heraus, ohne Tapering (Entscheidung fiel kurz entschlossen Donnerstag Abend, ich lief dafür
am Freitag überhaupt nicht), mit alkfreiem Hefe-Weizen Carboloading am Freitag abend (4 Flaschen (zugegeben,
eine Flasche war mit Alkohol) und einem Brötchen am Abend“
Während eines Marathons ist die Qualität der Verpflegungsstände für Läufer wichtig,
um dort die notwendige Energiebasis aufrechtzuerhalten. Bier dient dabei als flüssige
Nahrung, um die letzten Reserven zu mobilisieren.
„Bier: Hatte ich beim Kyffhäuser erstmals - wahnsinn, was das nochmal für einen Schub gibt.“
Die Magenverträglichkeit hat bei der Nahrungsaufnahme einen Einfluss auf die
Auswahl der Getränke. Bier bietet Läufern eine Alternative gegenüber Getränken, die
Kohlenhydrate auf reiner Zuckerbasis beinhalten (Cola, Apfelschorle, isotonische
Drinks), um Brechreize zu vermeiden. Hier greifen Sportler auf alkoholfreies Bier
zurück.
„[…]Magenverträglichkeitstest direkt nach dem Lauf (beim Lauf nur Wasser, 3 Gelchips und ein becher Cola, der
mir aber zu süß war): zwei Becher Wasser, eine Bretzel, eine Banane, zwei Red Bull, ein Alkfreies Bier - keine
Probleme […]“
Eine wichtige Rolle spielt Bier nach dem Sport. Dabei umschreiben die
Forenmitglieder ihren Konsum mit Genießen oder Krönung und die Gefühlsstimmung
häufig mit Stolz und Zufriedenheit. Sie trinken gerne ein gut gekühltes Bier direkt im
Ziel oder nach einer heißen Dusche.
„Rehlein, die beste Ehefrau von allen, stand dann mit eiskaltem Bier in ausreichender Menge und zwei Kühlakkus
für die geschundenen Füße am " Ziel ". Wunderbar...“
Laufportale werden auch als Kontaktbörse genutzt. Bier dient dann häufig als Köder,
um Barrieren abzubauen. Entweder werden Einladungen ausgesprochen, um im Ziel
gemeinsam den Erfolg mit einem Bier zu feiern, oder Wetten abgeschlossen, bei
denen Bier als Gewinn ausgelobt wird. Vereinzelt wird auch ein Treffen unter den
Forenmitgliedern organisiert.
„11 uhr treffen im " Münchner Brauhaus ", das ist direkt neben Mc D. 10 personen auf " laufen-aktuell.de "
(können auch mehr sein) es gibt paulaner! (wer die schlechteste zeit hat zahlt!!!!)“
Die am meisten genannten Marken in der Läuferszene waren Jever, Köstritzer und
Erdinger Alkoholfrei. Wobei die Marke Erdinger innerhalb der Foren am häufigsten
diskutiert wurde. Ein Erklärungsversuch ist, dass zum einen Erdinger
unterschiedliche Laufevents in ganz Deutschland sponsert, bei denen ein eigenes
Erdinger Team an den Start geht, zum anderen wird möglicherweise auch gezielt
über Communities virales Marketing betrieben. Bei der Analyse fiel auf, dass der
Markenbegriff „Erdinger Alkoholfrei“ von Forenmitgliedern meist nur mit „Erdinger“
oder „Erdinger alkfrei“ abgekürzt wurde. Auch positiv umschreibende Adjektive
wurden an den Markennamen gekoppelt. Die Verfasser äußerten sich sonst nicht
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 23
oder nur selten in den analysierten Foren. Und wenn, wurde Bier in unterschiedlicher
Form in den weiteren Postings eingeflochten.´
„[…]So ging also ein schöner Lauf zu ende, es gab im Zielbereich das erfrischende Wasser und das beliebte
alkoholfreie Erdinger. Nach dem Lauf eine Wohltat.“
Abgeleitet werden kann aus den beschriebenen Erkenntnissen, dass im Sportbereich
auf der Produktebene Potentiale vorhanden sind, um ein adäquates Getränk, dass
die Merkmale Energiezufuhr, Mineraliengehalt und Erfrischung bei geringem
Zuckergehalt erfüllt, zu entwickeln und im Markt zu platzieren. Preislich kann dieses
Produkt im oberen Segment angesiedelt werden, weil Sportler eine höhere
Zahlungsbereitschaft zeigen. Sie kaufen bevorzugt hochwertige Kleidung (GoreTex)
oder Pulsmesser (Polar). Kommunikativ könnte die Marktbearbeitung durch die
Initiierung und das Sponsoring von Lauf- und Radveranstaltungen begleitet werden.
Verstärkt werden sollte auch die Werbung über das Internet, weil sich Sportler gerne
online informieren und kommunizieren. Die Verpackung sollte den Bedürfnissen nach
Geschmacksneutralität, Bruchsicherheit und Design entsprechen. Hier bietet sich
Aluminium als Werkstoff an. Um die Glaubwürdigkeit eines neuen Sportgetränks
sicherzustellen, sollte eine neue Marke etabliert werden. Beim Vertrieb sollten neue
Wege gesucht werden, bspw. durch den Aufbau einer spezifischen eCommerce-
Plattform.
3.4 Zapfanlagen als ‚Retter des Biermarkts‘?
Als weiterer Diskussionsschwerpunkt in den Foren fanden sich die In-Home-
Zapfanlagen. Die Diskussion um bestimmte Zapfanlagen wird begleitet von einer
Debatte über die verschiedenen Biersorten und Marken.
Professionelle Zapfanlagen werden immer mehr von den Verbrauchern bevorzugt.
Somit steigen auch die Qualitätsansprüche. Viele Biertrinker steigen von der Flasche
zur Zapfanlage um, da sie sich einen besseren Geschmack wünschen:
„Ich habe meinen Mann eine Zapfanlage geholt, und ich muss sagen es hat sich gelohnt. Ein frisch gezapftes und
das zu Hause ist einfach genial. Ich kann es nur weiterempfehlen.“
Bierfässer und Zapfanlagen werden oft zusammen nachgefragt. Damit eröffnet sich
für die Bierunternehmen die Möglichkeit der Produktbündelung. Das heißt, einzelne,
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 24
selten nachgefragte Produkte (in unserem Fall Zapfanlagen) an häufig gekaufte
Produkte (nämlich Bierfässer) zu koppeln und somit eine gewisse Standardisierung
zu erreichen, die ebenfalls zu beschaffungs- und fertigungstechnischen Vorteilen
führt.
In den relevanten Foren wird vom Auspacken bis zur ersten Party mit der neuen
Zapfanlage diskutiert. Die Probleme, die am meisten diskutiert werden, sind das
Design der Maschine („plastikmäßig“), Schaum, Geschmack („fade und schal“),
Lüfter („laut“), Verpackung („zu viel“). Das Bier muss demnach die perfekte
Temperatur, die genaue Mange an Kohlensäure und die richtige Haltezeit des
Schaums haben. Da das Design ein wichtiges Diskussionsthema ist, eröffnet sich für
die Bierunternehmen das Co-Branding als eine Form der kooperativen Markenpolitik.
Bei dieser platzieren die Bierunternehmen ihre Markierung auf Zapfanlagen. Somit
werden die Markenbekanntheit der beiden Unternehmen sowie der Markenwert
durch Synergieeffekte erhöht. Die Begeisterung und die Zufriedenheit mit den neuen
Maschinen werden detailliert mitgeteilt. Bierzapfen wird von vielen als Kult
wahrgenommen. Sogar diejenigen, die am Anfang schlechte Erfahrungen gemacht
haben, sind im Endeffekt mit ihrer Zapfanlage zufrieden.
„Die anfänglichen Probleme führe ich darauf zurück, dass die Anlage den ganzen Tag im aufgeheizten Auto
gestanden hat. Vielleicht war sie zu Beginn einfach zu warm.“
Die häufigsten Probleme sind, dass die Zapfanlage selbst zu warm ist, oder dass
einfach diese nicht richtig eingestellt ist. Auf jeden Fall finden die Bierkonsumenten
die immer zur Verfügung stehende Hotline gut. Über die Preise wird dabei überhaupt
nicht diskutiert, woraus zu schließen ist, dass für diese Biergenießer das Wichtigste
der Geschmack ist.
Grundsätzlich können zwei Gruppen identifiziert werden: die Einsteiger und die
Experten. Die Einsteiger stellen oftmals gezielt Fragen, entweder weil sie sich eine
kaufen möchten oder gerade gekauft haben. Sie verfügen teilweise bereits über
einiges Vorwissen.
„Eine Freundin von mir möchte sich gern diesen "Homepub" anschaffen. Da sie fast ausschließlich Weizenbier
trinkt habe ich nun Bedenken wegen der Zapfanlage. Ist diese für Weizenbier geeignet, oder muss bzw. kann
man einen geeigneteren Zapfhahn (Kompensatortechnik?)“
Die andere Gruppen, die Experten, offenbaren erhebliches Wissen über Zapfanlagen
und Bier insgesamt. Dabei wird über alles Mögliches rund um diese Geräte
kommuniziert – Verpackung, Temperatur, Schaum, Biermarke usw. Die Experten
stellen hohe Qualitätsansprüche und investieren viel Zeit und Geld, um diese zu
befriedigen. Sie sehen in den Zapfanlagen einen Kultgegenstand und Statussymbol:
„Nur ist Bierzapfen für einen Biergenießer auch eine Art "Kult". Und zu einer "richtigen" Zapfanlage gehört
zwingend auch ein professioneller Hahn.“
Die Experten treten häufig in beratender Funktion auf und geben Hilfestellungen rund
um Maschine und Marken. Sie kennen die verschiedenen Zapfanlagenmodelle,
Marken und Funktionen, beraten aber auch hinsichtlich technischer Aspekte.
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 25
„Hi lona36, hier gibt es jede Menge hilfreicher Geister. Wenn Du Fragen hast, dann stell sie einfach, wenn‘s
technische sind dann am besten im Forum " Wo finde ich was."
Sie selbst akzeptieren für sich nur frisch gezapftes Bier und auch keine
Mischgetränke oder alkoholfreies Bier:
„Ist Bier aus der Flasche Sünde? Na ja, nicht so ganz ernst, aber ich bin der Meinung, dass ein frisch Gezapftes
einfach anders schmeckt.“
Somit kann bezüglich der In-Home-Zapfanlagen auf Basis der Community-Research-
Ergebnisse konstatiert werden, dass sich mit diesen Produkten ein relevantes
Marktpotenzial verbindet. Dabei spielt weniger der Preis eine Rolle als vielmehr der
Kult um das Bierzapfen. Die Qualität – sowohl der Zapfanlage selbst als auch des
Endprodukts, nämlich des gezapften Biers – steht im Mittelpunkt der Diskussion.
Dies gilt gleichermaßen für die Einsteiger wie für die Experten. Interessant ist, dass
hier die Experten stark als Meinungsführer in Erscheinung treten: Sie verfügen über
detailliertes Wissen und geben dieses gerne weiter. Marketingaktivitäten sollten
daher vor allem bei dieser Gruppe ansetzen.
4. Ergebnisbewertung und Anregungen
Die Analysen zu Biermixgetränken, Fußball, Bierzapfanlagen und Bier als
Sportgetränk zeigen nur einen Teilausschnitt der Kommunikation zum Thema Bier.
Doch bereits diese wenigen Einblicke ermöglichen ein interessantes Bild der
Bierkonsumenten und ihrer Konsumkultur zu zeichnen.
Biermixgetränke: Das Ende der Bierkultur?
Dieser Erstkontakt mit süßen nicht nach Bier schmeckenden „Biermixgetränken“
könnte unter Umständen die Sozialisation durch Bier verhindern. Es finden sich viele
Aussagen von Personen, die ihren Alkoholkonsum mit Biermixgetränken begonnen
haben und immer noch kein Bier mögen. So entwickeln sich die Biermixgetränke-
Konsumenten unter Umständen statt zu Bierkonsumenten zu Konsumenten von
Cocktails oder Longdrinks.
Zu dieser Hypothese passt, dass Biermixgetränke als eigenständige Getränkegruppe
empfunden werden. Statt zu Bier werden sie der Gruppe der „Alkopops“ zugeordnet,
der auch Mischgetränke mit anderen Alkoholsorten angehören.
Auch überzeugte Biertrinker sehen die Mixbiere nicht mehr als Bier an. Bei ihnen
herrscht aber teilweise nicht nur Unverständnis darüber vor, dass manche Menschen
diese süße „Plörre“ bevorzugen, sie verhalten sich diesen Menschen gegenüber
sogar verbal aggressiv. Hierunter könnte sich auch ein Gruppenphänomen
verstecken. Bier stellt für diese Gruppe ein gemeinsames verbindendes Element dar.
Personen, die daraus ausscheren, zerstören zu einem gewissen Grade das
homogene Gruppengefühl. Hieraus folgen sogar Äußerungen, die ein Verbot dieser
Getränke fordern oder zumindest, dass diese nicht mehr als Bier bezeichnet werden
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 26
dürfen. Insofern ist ein weiterer möglicher Ansatzpunkt für das Marketing,
Bierwerbung so auszurichten, dass sie darauf abzielt, Biermixkonsumenten in
Bierkonsumenten umzuwandeln.
Biermixgetränke: Chance zu mehr Absatz?
Betrachtet man die Konsumenten von Biermixgetränken, erkennt man neben den
jüngeren Menschen und Alkoholeinsteigern eine Gruppe von Personen, die
Biermixgetränke als Wellnessdrink konsumieren. Im Gegensatz zu Jugendlichen, die
sich gerne mit Biermixgetränken betrinken, und Personen, die auf diese Weise den
Biergeschmack auf dem Weg zum Rausch umgehen, stehen bei der Wellnessgruppe
eher der niedrige Alkoholgehalt, die Entspannung, niedrigere Kalorienzahlen und
Erfrischung im Vordergrund.
Schwangere Frauen und Personen, die abnehmen möchten greifen zu
Biermixgetränken, da sie weniger Alkohol enthalten. Wenn jemand noch Autofahren
muss, greift er zu Biermixgetränken. Auch gesundheitsbewusste Sportler greifen
neben alkoholfreien Bieren gerne zu Biermixgetränken wie Radler. Gerade im
Sommer eisgekühlt werden Biermixgetränke als sehr erfrischend beschrieben. Dabei
wird den Biermixgetränken insbesondere auch ein entspannender Charakter und
Belohnungscharakter zugewiesen. Dieser Effekt wird sicherlich teilweise durch den
Alkoholgehalt, aber auch durch den Hopfen und durch eine psychologische Wirkung
ausgelöst.
Diese Wellnessgruppe zeichnet sich also durch ein Gesundheits- oder
Körperbewusstsein aus. Hieraus lassen sich neue Marketingkonzepte ableiten.
Beispielsweise könnten erfrischende Wellnessgetränke auf Basis von alkoholfreiem
Bier mit unterschiedlichen Zusätzen und Geschmacksrichtungen erzeugt und
entsprechend beworben werden. Der Hopfen könnte als der wichtige Wellnessfaktor,
neben weiteren positiven Elementen betont werden.
Daneben könnte noch ein spezielles Diät-Wellness-Bier angeboten werden, das die
gleichen Eigenschaften hat, aber einen niedrigeren Kaloriengehalt aufweist.
Mit einer entsprechenden BIO Variante könnte auch das Segment der LOHAS
(Lifestyle of Health and Sustainability) angesprochen werden.
Als wichtig bleibt anzumerken, dass sich das Marketing nicht nur auf Biertrinker
konzentrieren, sondern ganz gezielt auch Nichtbiertrinker angehen sollte. Diese
Getränkegruppe sollte nicht mit Bier, sondern mit anderen Wellnessgetränken in
Konkurrenz treten.
Bier als isotonisches Sportgetränk
Die Analyse von aktiven Sportlern hat gezeigt, wie sehr das Sponsoring von Erdinger
alkoholfrei in der Läuferszene Früchte getragen hat. Das einzige, was Erdinger hier
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 27
noch verbessern kann, ist die Sicherstellung, dass das Bier beim Zieleinlauf auch
immer eiskalt ist.
Daneben wird aber auch ersichtlich, dass sich Bier im Laufsport als isotonisches
Sportgetränk zwar immer mehr durchsetzt, dies aber in anderen Sportarten bis jetzt
nur rudimentär der Fall ist. Hier existiert die Möglichkeit, mit speziell auf den Bereich
des Sports ausgerichteten alkoholfreien Bier noch andere Sportarten zu erschließen.
Am Beispiel von Erdinger sieht man, dass vor dem Wettkampf häufig alkoholfreies
Erdinger und danach alkoholhaltiges Erdinger getrunken wird. Von dem alkoholfreien
Bier gehen also positive Effekte auf das alkoholhaltige Bier der Marke aus. Würde
man erfolgreich ein alkoholfreies Bier als Fußballtrainingsbier etablieren, könnte man
mit sicherlich sehr positiven Wirkungen rechnen. Hier ist allerdings im ersten Schritt
eine Analyse notwendig, in welchen Sportarten überhaupt ein Potential für
alkoholfreies Bier gegeben ist.
Im Laufsport selbst, in dem Bier bereits ein hoher Stellenwert zukommt, kann
dagegen auch ein speziell entwickeltes Biergetränk angeboten werden, das die
Eigenschaften von Bier und anderen isotonischen Getränken optimiert. Für ein
solches Getränk sind bei entsprechendem Marketing auch höhere Preise erzielbar
als für normales alkoholfreies Bier.
Abbildung 5: Exemplarische Abbildung möglicher Zielgruppen
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 28
Optimierungsmöglichkeiten für Bierhersteller im Fußball?
Bier konnte sich als Getränk in dieser Szene seit Jahrzehnten sehr gut behaupten.
Bierhersteller sponsern Vereine und führen viele auf die Fußballfans ausgerichtete
Marketingmaßnahmen durch. Darum waren von dieser Analyse keine großen
Neuerungen zu erwarten. Vielmehr konnten die bestehenden Maßnahmen auf ihre
Wirksamkeit kontrolliert werden sowie kleine Verbesserungen abgeleitet werden.
Vereinsfans sind eine sehr gut vernetzte Zielgruppe, in der sich Meinungen – auch
gerade zu Sponsoren – schnell ausbreiten. In der Studie konnte gezeigt werden,
dass sich das Verhalten des Sponsors direkt auf das Trinkverhalten der Fans
auswirkt. So führen negative Verhaltensweisen zu Boykottaufrufen und positive zu
mehr Konsum. Der Sponsor kann sogar eine solche Bedeutung für die Fans
bekommen, dass sie sich wünschen, dass das Stadion nach ihm benannt wird. Da
die Gruppe der Fans sehr groß sein kann, hat sie auch einen nicht zu
unterschätzenden Einfluss auf das Trinkverhalten von Nicht-Fans der Region.
- Sponsoring
Aktionen, bei denen ein Teil der Biereinnahmen dem Verein zugutekommen,
kommen bei den Fans sehr gut an. Das gleiche trifft auch auf soziales Engagement
für den Sport zu. Merchandising-Aktivitäten wurden dagegen nur diskutiert, wenn sie
negativ aufgenommen wurden. Insgesamt müsste dieser Bereich der Studie weitaus
mehr als nur drei Fälle berücksichtigen, um tiefer gehende Aussagen zu treffen. Aber
es konnte gezeigt werden, dass sich das Sponsoring in der Kommunikation
widerspiegelt und über Community Research kontrolliert werden kann.
- Bier im Stadion
Das Bier im Stadion ist aus der Fußballkultur fast nicht wegzudenken, trotzdem ist es
nicht selten Anlass zur Verärgerung, die sich auch auf den Hersteller des Bieres
übertragen kann. Hauptkritikpunkte sind neben der Wartezeit in der Schlange des
Bierverkaufs die Qualität und der Preis. Das Problem ist, dass für die einen das Bier
zu teuer und für die anderen das Bier zu schlecht ist. Es existiert hier sowohl ein
Distributionsproblem als auch ein „stuck in the middle“ Problem.
Die einen wären bereit für ein richtig gut gekühltes Bier, an das sie schnell
herankommen einen höheren Preis zu zahlen. Den anderen ist die Qualität ziemlich
egal, aber der Preis ist ihnen (grundsätzlich) zu hoch.
Im nächsten Schritt wäre es sicher sinnvoll, hierzu eine Conjoint-Analyse und
Clusteranalyse aufzusetzen, um festzustellen welche Cluster welche
Zahlungsbereitschaften für welche Versorgung mit Bier haben. Durch eine hierauf
aufbauende Preisdiskriminierung und ein differenzierteres Versorgungssystem ließe
sich auf der einen Seite die Zahlungsbereitschaft besser abschöpfen, aber auch die
Zufriedenheit der Fans mit dem Hersteller des Biers verbessern.
Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 29
Social Media Szene als Zielgruppe.
Während der Analyse hat sich keine Besonderheit bezüglich den Social Media
Nutzern im Vergleich zu normalen BiertrinkerInnen herausgestellt. Das Internet
scheint viel mehr vorhandene Verhaltensweisen abzubilden oder zu verstärken, wie
man am Beispiel der Biersekte sehen kann.
Dadurch ergibt sich hier für Hersteller die Möglichkeit, sich in dieser Szene zu
etablieren. Für eine erfolgreiche Kampagne könnte man an dem Verhalten der im
Netz über Bier kommunizierenden Gruppen ansetzen. Hierfür müssten mehrere
relevante Verhaltensweisen identifiziert werden und entsprechende Onlineangebote
geschaffen werden.
Eine Verhaltensweise, die sich hierfür beispielsweise eignen würde, wäre die häufige
Verhaltensweise des Wettens um einen Kasten Bier. So ließe sich beispielsweise
eine Plattform einrichten, auf der um Bierkästen gewettet werden kann.
Eine andere Verhaltensweise wäre das Planen von Partys. Hier könnte eine
kollaborative Partyplan-Plattform geschaffen werden, über die gleich das Bier bestellt
werden kann.
Wie man am Bereich Sportsponsoring sieht, kann man über Social Responsibillity
Projekte sehr positive Reaktionen erzielen. Solche mit Social Media Elementen
kombinierte Projekte sind sicherlich auch ein hilfreiches Instrument auf dem Weg zur
Gewinnung der Social Media Zielgruppe.
Ausblick
Sicherlich haben die ersten Analysen nur einen kleinen Einblick in die Social Media
Welt rund um Bier ermöglicht. Aber trotzdem haben sich aus den ersten Analysen
viele neue Fragen und Ansätze ergeben.
Bezüglich mancher Fragestellungen wäre es wichtig, tiefere Community Research
Studien durchzuführen. Gerade für die Maßnahmenentwicklung bezüglich anderer
Sportarten und der Erschließung der Social Media Szene bietet sich dies an.
Bestimme Erkenntnisse, wie zum Beispiel der potentielle Erfolg von Bier als
Wellnessgetränk, sollten über klassische Marktforschungsmethoden evaluiert
werden.
Festgehalten werden kann, dass – wie zu Beginn vermutet – das Community
Research viele Ideen liefern konnte. Im nächsten Schritt müssen diese weiter
durchdrungen werden. Kommt es zur Umsetzung von Strategien und Maßnahmen,
bieten sich weitere Community Research Studien an, um die Auswirkungen der
Maßnahmen im Rahmen eines Controllings zu erfassen.

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Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts

  • 1. Monika Taddicken – Marc Trömel – Michael Schenk Kommunikationsanalysen in Internetforen: Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts Eine Studie der Forschungsstelle Medienwirtschaft und Kommunikationsforschung der Universität Hohenheim und VICO Research & Consulting, Stuttgart.
  • 2. Arbeitsberichte der Forschungsstelle Medienwirtschaft und Kommunikationsforschung Nr. 1/2010 Stuttgart, Februar 2010 ISBN des vorliegenden Arbeitsberichtes: 978-3-9812356-1-6 Forschungsstelle für Medienwirtschaft und Kommunikationsforschung Universität Hohenheim (542) Leitung: Prof. Dr. Michael Schenk D-70593 Stuttgart Bildrechte Titelseite: ©iStockphoto.com/Okea Bildrechte Seite 4: ©iStockphoto.com/MarsBars Bildrechte Seite 15: ©iStockphoto.com/wabramm Bildrechte Seite 16: ©iStockphoto.com/ThomasTroy Bildrechte Seite 23: ©iStockphoto.com/JackJelly
  • 3. Vorwort Was kann das Social Web der Marktforschung für Möglichkeiten an die Hand geben? Aus dieser Grundfrage entstand 2008 das Gemeinschaftsprojekt des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft und Sozialforschung der der Universität Hohenheim (Stuttgart) mit der Social Media Agentur VICO, das unter Anwendung der Community Research Methode die Kommunikation rund um das Thema Bier und Biermixgetränke analysierte. Im Zuge der Zusammenarbeit filterte VICO die Rohkommunikation aus dem deutschsprachigen Social Web, die dann von Studenten unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. habil. Michael Schenk analysiert und ausgewertet wurden. Unter der Aufgabenstellung einer qualitativen Analyse wurden am Ende mehr als 6.000 hochrelevante, manuell validierte Beiträge in der Studie berücksichtigt. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden hier in gekürzter Form wiedergegeben. Sie stellen valide Erkenntnisse zu Bier und Biermixgetränken, ihren Konsumenten und der Brücke zu Sport und insbesondere Fußball dar. In einem Markt, der mit sinkenden Absätzen zu kämpfen hat, zeigt die Studie neue Marketingansätze und – potentiale für Hersteller wie für Distributoren auf. Selbst von Universitätsstudenten gegründet, fühlt sich VICO der akademischen Forschung besonders verbunden. Wir wollen Hochschulen und Studenten zu weiteren Forschungsarbeiten im Social Web animieren und selber dafür Ansprechpartner sein, um die Verbindung zwischen Forschung und Wirtschaft weiter aufrecht zu erhalten. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen. Marc Trömel Geschäftsführer VICO Research & Consulting GmbH Stuttgart, März 2010
  • 4. Übersicht 1. Community Research vor dem Hintergrund eines schrumpfenden Biermarkts................................................................................................................. 5 2. Die Methode des Community Research............................................................ 7 3. Die Kommunikation zu Bier im Social Web ...................................................... 9 3.1 Biermixgetränke als Chance für den deutschen Biermarkt?................................. 9 3.2 Fußball als Absatzgarant für Bier?...................................................................... 15 3.3 Bier als isotonisches Sportgetränk? ................................................................... 19 3.4 Zapfanlagen als ‚Retter des Biermarkts‘? ........................................................... 23 4. Ergebnisbewertung und Anregungen ............................................................. 25
  • 5. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 5 1. Community Research vor dem Hintergrund eines schrumpfenden Biermarkts Der Biermarkt hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Auf der einen Seite ist ein Rückgang des gesamten Bierausstoßes festzustellen, auf der anderen Seite sind neue Produkte auf dem Vormarsch, mit denen der Rückgang aufgefangen werden soll und die bei jüngeren Konsumenten auf wachsende Nachfrage stoßen. Dazu zählen vor allem Biermixgetränke. Darüber hinaus erlangen auch leichte oder alkoholfreie Biere an Bedeutung. Von den traditionellen BiertrinkerInnen (innen) werden die Biermixgetränke in der Regel stark abgelehnt. Um einen tieferen Einblick in die Bier-Trinkmotivationen, Konsumanlässe und Zielgruppen von BiertrinkerInnen zu gewinnen, wurde die Kommunikation von BiertrinkerInnen und auch Bierverweigern in einschlägigen Internetforen mittels Community Research untersucht. Hierbei handelt es sich um eine relativ neue Methode der Marktforschung, mit der auf sensible Art und Weise die zwischenmenschliche Kommunikation über Produkte und Dienstleistungen untersucht werden können. Community Research basiert auf einer Inhaltsanalyse, die auf die online verfügbare Kommunikation in virtuellen Communities zugreift. Durch Einsatz der Methode lassen sich typische Kommunikationsstrukturen - wie z.B. Gesprächsthemen, Positionen, Themenfelder, Anlässe - ermitteln. Die Kommunikation der Konsumenten in solchen Communities ist wesentlich freizügiger, ja sogar „ehrlicher“ als in der Alltagskommunikation, wo vielfach Normen und Werte einschränkend wirken. Daher eignet sich die Methode nicht nur dazu Kommunikationsstrukturen aufzuzeigen, sondern sie dient auch der Ideengenerierung und Entdeckung neuer Marketinglösungen. In der vorliegenden Untersuchung wurden mit dieser Methode 55 einschlägige Internetforen analysiert und 6000 „Texte“ ausgewertet. In der vorliegenden Projektstudie wird nicht nur die Nützlichkeit des Community Research in der Marktforschung deutlich, sondern bezogen auf den Bierkonsum treten u.a. folgende interessante Ergebnisse hervor: - Biermixgetränke bilden eine eigenständige Getränkegruppe. Biermixgetränke werden von einer neuen Zielgruppe jüngerer Konsumenten präferiert und konsumiert. Sie ebnen teilweise den Einstieg in den Bierkonsum überhaupt. - Umgekehrt sehen überzeugte (traditionelle) Biertrinker die Biermixgetränke nicht als Bier an, verhalten sich gar sozial ablehnend den Biermixtrinkern gegenüber (s. Abbildung 1).
  • 6. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 6 Abbildung 1. Charakteristika von Biermix-Verweigerern und Biermix-Trinkern - Biermixgetränke erlangen auch im Umfeld von Sport und Wellness wachsende Bedeutung, wobei der Konsum sich auf eine Vielzahl von Motivationen stützt. - Die Analyse der Kommunikation von aktiven Sportlern belegt, dass insbesonders alkoholfreie Biere, hauptsächlich Weißbiere (allen voran Erdinger), hoch präferiert werden. - Bei Sportveranstaltungen – ganz besonders bei Fußballspielen – hat Bier eine herausragende Stellung als Getränk. - Bier sollte immer gut gekühlt sein – nicht nur beim Verzehr außer Haus – sondern auch beim Genuss zu Hause – wo eigene Heimzapfanlage auf zunehmendes Konsuminteresse stoßen.
  • 7. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 7 2. Die Methode des Community Research Das Community Research zählt zu den neueren und zu den momentan wohl innovativsten Methoden der Marktforschung, welche erst durch das Medium Internet und hier insbesondere durch Web-2.0-Anwendungen (also solche Internetangebote wie z. B. Diskussionsforen, in denen private Internetnutzer auch ohne eigene Website selbst Inhalte jeglicher Art produzieren und online zur Verfügung können) überhaupt möglich wurden. Im strengen Sinne kann das Community Research weniger als eigene Methodik, denn als begriffliches „Sammelbecken für eine Reihe verschiedener Forschungsansätze mit dem gemeinsamen Ziel, die Kommunikation in Online- Communities zu analysieren“ (Taddicken/Bund 2010: 164) dienen. Prinzipiell handelt es sich um eine Kommunikationsanalyse, die sich etablierter Forschungsmethoden, nämlich vor allem der Inhaltsanalyse bedient. In Abgrenzung zu Online-Umfragen, Online-Fokus-Gruppen oder dergleichen „klassischen“ Methoden der Online-Forschung bildet der Untersuchungsgegenstand des Community Research die von Internetnutzern in Foren, Blogs usw. generierte Kommunikation. Untersuchungsgegenstand sind also Kommunikationsinhalte, welche – im Gegensatz zu Angaben, die zum Beispiel im Rahmen einer Online- Umfrage gemacht werden – primär eigentlich nicht für die Marktforschung generiert wurden. Dieses Vorgehen verlangt aus forschungsethischer Sicht nach sehr sorgfältigem Handeln (vgl. Schenk/Taddicken/Welker 2008: 251); es bietet dem Forscher jedoch einen enormen Vorteil: Die Methode untersucht authentische, unverfälschte Kommunikation, welche frei von Verzerrungen ist. Die Foren-Nutzer befinden sich in ihrer natürlichen Umgebung, die Kommunikation ist (weitestgehend) schon vor Forschungsbeginn entstanden. Es handelt sich demnach um eine (überwiegend) non-reaktive Erhebungsmethode, bei der keine oder kaum (je nach Vorgehensweise) Beobachtereffekte und dergleichen entstehen (vgl. Schenk/Taddicken/Welker 2008: 261). Dazu bietet die in Foren geäußerte Kommunikation, ähnlich psychologischer Marktforschungstechniken, tiefergehende Einblicke über Bedürfnisstrukturen der Konsumenten, deren Idealvorstellungen, Wünsche, Wertungen usw. Die Methode steht somit in der Tradition der qualitativen, psychologischen Sozial- und Marktforschung. Daneben können aber auch Verhaltensweisen, Gruppenphänomene und Sozialstrukturen beobachtet werden, die das Community Research zugleich in die Tradition der beobachtenden Marktforschung und insbesondere der Ethnographie stellen.
  • 8. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 8 Ableiten von Maßnahmen/ Ideengenerierung Das Ableiten von Maßnahmen und die Generierung von Ideen ist beim Community Research ein wichtiger Schritt. Ohne diesen Schritt erhält man in der Regel nur einen Bericht mit vielen bekannten Fakten und einigen wenigen interessanten und neuen Punkten. Um aus dem Bericht Ideen ableiten zu können, ist es notwendig, dass der Analyst eine hohe Erfahrung im Bereich (Social Media) Marketing, Innovationsmanagement, Produktentwicklung bzw. anderen relevanten Bereichen besitzt. Außerdem benötigt er branchenspezifische Informationen. Sofern es sich um Auftragsforschung handelt, ist es aus diesem Grunde beim letzten Schritt sinnvoll, wenn Forscher und Experten der entsprechenden Branche gemeinsam an der Maßnahmenableitung und Ideengenerierung arbeiten. Des Weiteren ist hier die Frage zu stellen, ob man an diesem Schritt von der nicht- teilnehmenden Beobachtung zur Interaktion wechseln möchte. Eine Einbeziehung der User der Communities an diesem Zeitpunkt setzt oftmals zusätzliche Potentiale frei. Definition des Forschungsziels Der erste Schritt des Community Researchs, nämlich die Definition des Forschungsziels, ist sicherlich auch der wichtigste. Da man es mit keiner Befragung zu tun hat, bei der man nach jedem Thema fragen kann, muss man beim Community Research schon bei der Definition des Forschungsziels darauf achten, dass es über das Community Research auch zu beantworten ist. Zum Beispiel ist die Frage nach dem optimalen Preis von Bier nur dann beantwortbar, wenn Kommunikation vorliegt, die diese Frage auf einer repräsentativen Basis beantworten kann. Prinzipiell ist ein weit gefasstes Forschungsziel beim Community Research hilfreicher, als viele kleine genau definierte Forschungsfragen. Unter einem weit gefassten Forschungsziel versteht man ein Ziel wie:  Ableitung von Produkt-/ Werbe-/ Marketinginnovationen Zur Erreichung des Ziels ist die Definition von weiteren Fragen hilfreich:  Welche Innovationen werden genannt?  Wie steht ein bestimmter Anbieter im Vergleich zu Wettbewerbern in der Kommunikation da?  Welche Marketingmaßnahmen werden diskutiert?  Welche Zielgruppen sprechen über den Anbieter?  Wo wird über den Anbieter gesprochen?  Welche Verhaltensweisen werden beschrieben?
  • 9. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 9 3. Die Kommunikation zu Bier im Social Web Es werden im Folgenden die beiden Teilmärkte Biermixgetränke und Bier und Fußball, sowie die Anwendungsfelder Bier als isotonisches Sportgetränk und In- Home-Zapfanlagen behandelt. 3.1 Biermixgetränke als Chance für den deutschen Biermarkt? In dieser Analyse sollen die Motive für den Konsum von Biermixgetränken untersucht werden. Es liegt die Vermutung zugrunde, dass sich die Forennutzer in drei große Gruppen unterteilen lassen: Zum einen diejenigen, die das klassische Bier verteidigen und sich aggressiv zu Mixgetränken beziehungsweise milden Bieren äußern. Zum anderen die Gruppe, die gerne solche Mixgetränke konsumiert. Die dritte Gruppe steht den Mild- und Mixbieren gleichgültig gegenüber. Abbildung 2: Attribute der Bierkommunikation: Die Tag Cloud zeigt die häufigsten in der Kommunikation zu Bier verwendeten Attribute. Konsummotive: Ein Motiv für den Konsum von Biermixgetränken ist der fruchtigere oder süßere Geschmack im Vergleich zum herkömmlichen Bier. Was früher schlicht ein Radler oder Alster war, heißt nun ‚Beck's Green Lemon‘, ‚Veltins V+ Lemon‘ oder ‚König Pilsener Lemon‘. Neu ist jedoch die Mischung mit Orangenlimonade wie bei ‚Beck's Chilled Orange‘, mit Cola wie bei ‚Cab‘ (Cola and Beer) oder mit Energydrinks wie bei ‚Veltins V+ Energy‘. Exotischere Varianten mit Minze (‚Beck's Ice‘), Guarana (‚Beck's Level 7‘) oder mit Curuba (‚Veltins V+ Curuba‘) erweitern seit 2008 das Angebot auf dem Markt. Durch Mixgetränke soll vermutlich der herbe Geschmack des Bieres mit einem „spritzigen“, „frischen“ und „fruchtigen“ Geschmack überdeckt werden (siehe Werbung von Beck's). Das herkömmliche Bier wird also versüßt, der Alkoholgehalt gesenkt beziehungsweise geschmacklich verdeckt. Bei den Mildbieren wie ‚Beck’s Gold‘ oder ‚Bit Sun‘ verhält es sich ähnlich wie bei den Mixgetränken: Der herbe Biergeschmack soll reduziert werden, um denen, die dem Geschmack von Hopfen skeptisch gegenüber stehen, eine Alternative zu bieten. Dies wird auch in der Community diskutiert.
  • 10. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 10 Abbildung 3: Tonalität der am häufigsten genannten Attribute in der Bierkommunikation: Die Kommunikation rund um das Thema Bier ist vorwiegend positiv besetzt. Die Verfechter des herkömmlichen Bieres sehen seinen typisch herben oder bitteren Geschmack als wichtiges Charakterisierungsmerkmal an. Wenn sie Bier trinken, dann soll es auch danach schmecken. „[…] wenn ich ein Bier trinke, möchte ich, dass es nach Hopfen und Malz schmeckt, alternativ gerne auch nach Weizen und Hefe. Und kalt soll es sein! Ich konnte aber auch mit Anfang 20 nicht nachvollziehen, wie man Bier mit Cola mischen konnte oder Weizenbier mit Kirsch- oder Bananensaft...“ Ausnahmen von dieser Sichtweise werden zwar bei gängigen Mischungen gemacht, die sich bereits etabliert haben, wie zum Beispiel Bier gemischt mit Zitronenlimonade. Je ausgefallener die Mischungen jedoch werden und je weiter sie sich vom typischen Biergeschmack entfernen, desto negativer werden Biermixgetränke von den Bierverfechtern beurteilt. „Gegen Radler oder Alster kann man ja nichts sagen, gab es ja schon immer! Aber was will man mit Dragonfruit oder Bier mit Kirsche??“ In der Community lassen sich allerdings auch positive Aussagen über Biermischungen finden. Der bittere Geschmack des Bieres wird dann meist negativ beurteilt und versüßten Mischgetränken der Vorzug gegeben. „Ich mag kein Bier, es schmeckt so bitter. Radler schmeckt schon besser, da ist ja Limo drin.“ Vor allem ein fruchtiger Geschmack scheint für Mischungen beliebt zu sein. Die Bandbreite der Früchte, mit denen der typische Biergeschmack überdeckt werden soll, ist groß. „Ich trinke jetzt eines von diesen leckeren Biermixdingern mit Grapefruit, solange es noch geht! Prosit! Auf dass wir alle bald kein Bier mehr trinken können!“ „Auch Bier mit Banane, Kirsch oder Erdbeer schmeckt mir persönlich sehr lecker. Wer’s nicht mag darf ja immer noch gern Pils bestellen...“
  • 11. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 11 Das Charakterisierungsmerkmal von Biermixgetränken – den typischen Biergeschmack zu überdecken – wird von der Community also erkannt. Je nachdem, ob der herbe Biergeschmack positiv oder negativ beurteilt wird, fallen auch die Urteile über Biermixgetränke entsprechend aus. Abbildung 4: Attribute der Bierkommunikation Die Tag Cloud zeigt die Gewichtung der emotional besonders starken Attribute in der Bierkommunikation. Gruppen von BiertrinkerInnen a. Biermixverweigerer: Die Gruppe derjenigen, die das klassische Bier verteidigen und sich teilweise auch aggressiv gegen Mixgetränke und Mildbiere äußern, wird im Folgenden als ‚Biermixverweigerer‘ bezeichnet. Dies ist auch diejenige Gruppe, welche in der Analyse am deutlichsten hervorsticht und sich gut von den anderen Gruppen unterscheiden lässt. Biermischungen und Mildbiere sind in dieser Gruppe verpönt, jeglicher Zusatz zum herkömmlichen Bier wird negativ beurteilt. Mischungen werden daher gar nicht erst als Bier angesehen. Auch die mittlerweile bestehende Vielfalt an Mixgetränken ist für die Biermixhasser ein Grund, ihren Unmut zu äußern. „Aber am absolut komischsten is Limobier. Dieser Bierverschnitt mit 50% Cola, Limo usw. da gibts ja mittlerweile scho ewig viel. Das is wahre Vergewaltigung von Bier“ „bier: ebenso geil. verboten allerdings sind in meinen augen diverse bier-mix-getränke (becks green lemon etc...) diese mischungen verdienen es nicht den namen " bier " zu haben“ Besonders auffällig bei der Gruppe der Biermixverweigerer ist das häufige Auftreten von abwertenden Aussagen über Biermixgetränke und Mildbiere in Verbindung mit dem weiblichen Geschlecht. Aus diesen Aussagen ist zu schließen, dass diese Gruppe in erster Linie männliche Mitglieder hat. „Bahh, Frauenplörre!! Wenn Bier, dann auch richtiges.“ Für die Biermixverweigerer sind diese Getränke nicht nur geschmacklich inakzeptabel, sie scheinen auch nur für das vermeintlich schwächere Geschlecht geeignet zu sein. Der süße beziehungsweise fruchtige Geschmack von Biermixgetränken wird oftmals den Konsumbedürfnissen von Frauen zugeordnet.
  • 12. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 12 „[…] entweder trinkt man bier oder nen soft-drink. radler lass ich mir grad noch eingehen aber bei cola-weizen hörts scho auf. alko-pops (was für ein wort) und biergepansche- was kommt als nächstes? bier mit kiwi-banane geschmack für die mädels?!“ Wird der Konsum von Biermixgetränken bei Frauen zwar belächelt, aber eher noch toleriert, müssen sich männliche Konsumenten dem Spott der Biermixhasser aussetzen. „Du Becks Green Lemon Frauen Bier Trinker sei mal ganz ruhig“ Diese Haltung wird von den Befürwortern und Konsumenten der Biermixgetränke sogar noch bestärkt, indem sie ihren Konsum ‚zugeben‘. Vor allem männliche Biermixtrinker scheinen sich dem Druck der ‚sozialen Erwünschtheit‘ bewusst zu sein. „Also ich oute mich als Mädchen *g* ich mag Becks Gold und besonders Becks Lemon“ „Auf dem Oktoberfest in München war ich auch schon einmal, ich habe aber selbst da auch nur einen Radler getrunken. Irgendwie sehr komisch für einen Mann, oder?“ Innerhalb der Community lassen sich über dieses Rollenbild jedoch auch ironische Kommentare finden und solche, die dem Klischee des männlichen Biertrinkers und der weiblichen Mixbiertrinkerin widersprechen. „Also- ja, ich bin eine Frau. Also rein anatomisch zumindest. Ich hab keine Handtasche, kann rückwärts einparken, heule höchstens mal heimlich bei Bambi und halt ansonsten gern vorm Fernseher einfach nur mal meine Fresse, und trinke dabei sogar noch Bier (aber nur Becks GOLD !!, wohlgemerkt, wie weibisch*ggg* !!)“ „Außerdem denke ich nicht, dass Becks Green Lemon und so Frauenbier ist. Gibts ja wohl auch genug Kerls die das trinken, oder nicht? Ich kenne zumindest genug! Außerdem trinkt doch jeder nicht das was er soll, sondern das was schmeckt! Ich trinke ja auch ab und zu mal gerne ein Weizen oder Cola-Weizen.“ Darüber hinaus scheint es durchaus auch Anlässe oder Situationen zu geben, in denen ‚Frauenbier‘ akzeptiert und der süße Geschmack positiv beurteilt wird. „[…] an einem heißen Sommertag ist ein Frauenbier a la Becks Lemon großartig“ Auch wenn es Ausnahmen zu geben scheint, zeichnet sich die Gruppe der Biermixverweigerer durch eine starke Abneigung gegenüber Biermixgetränken aus. Die überwiegend männlichen Mitglieder dieser Gruppe halten am herkömmlichen Bier fest und gestehen den Konsum von Biermischungen – wenn überhaupt – dem weiblichen Geschlecht zu. b. Mixbiertrinker Die zweite Gruppe besteht aus Mitgliedern, die gerne Biermixgetränke und Mildbiere konsumieren. Die in den Vorüberlegungen getroffene Untergliederung in Konsumenten, die selbst mixen und solche, die fertig gemischte Getränke kaufen, konnte in der Analyse nicht eindeutig nachvollzogen werden. Zwar lassen sich Aussagen über das Selbstmischen finden, es kann jedoch nicht daraus abgeleitet werden, dass Personen, die sich ihre Mixgetränke selbst mischen,
  • 13. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 13 nie fertig gemischte Getränke konsumieren (und umgekehrt). Kommentare zum Thema Selbstmischen enthalten eher Aussagen darüber, ob ein süßerer beziehungsweise fruchtigerer Geschmack des Bieres bevorzugt wird oder nicht. „[…] du hast mich an die Existenz von BecksLime erinnert! Ich mix das immer selber aus Becks und Zitronenlimo, mache es etwas zitroniger.“ „Alternativ noch ein Ruße oder Radler, aber nicht zu viel Limo sonst wirds zu süß. Stilles Mineralwasser mit einem Spritzer Zitronensaft.“ Im Rahmen der Datenanalyse hat sich im Gegensatz zur vorab angenommenen Untergliederung eine andere Aufteilung abgezeichnet: Es gibt eine Untergruppe der Nichtbiertrinker, die ausnahmsweise Biermixgetränke konsumiert und eine Untergruppe, in der anlassbezogen Mix- und Mildbiere getrunken werden.  Nichtbiertrinker Die Untergruppe der Nichtbiertrinker kann dem herkömmlichen Bier nichts abgewinnen, ihre Mitglieder trinken ausschließlich Mixgetränke. „Also ich trinke wenn nur Becks, Oettinger Cola-Mix oder Mixery. Hab’s nicht so mit reinem Bier.“ Bei der Datenanalyse fällt auf, dass Biermixgetränke auch von NichtBiertrinkerInnen oftmals nicht als ‚richtige‘ Biere angesehen werden. „Auf Bier steh ich eh nicht so. Biermixe sind da schon was gaaaanz anderes...lecka...“ „Ich trinke höchst selten Bier. Und wenn, dann nur Corona. Aber das ist ja auch kein richtiges Bier.“ In diesem Zusammenhang besteht eine Gemeinsamkeit mit der Gruppe der Biermixverweigerer: Biermixgetränke werden als eine eigenständige Getränkegruppe angesehen und – das unterscheidet sie von den Biermixverweigerern – auch positiv beurteilt.  Anlassbezogene Biermixtrinker Die Jahreszeit scheint eine bedeutende Rolle zu spielen, wenn es darum geht, wann Mix- und Mildbiere bevorzugt konsumiert werden. Vor allem im Sommer, zum Durstlöschen bei Hitze und während des Grillens sind Biermixgetränke sehr beliebt. „Also für mich gibts im Sommer nur eins zum Durstlöschen und das is a Cola-Weizen. […] Oder ein Hoepfner Grape, das schmeckt auch noch sehr gut!!! Ist Bier mit Lemongeschmack!!! Auch sehr gut zum Durstlöschen wenn man auf Alkohol nicht verzichten möchte!“ Die Mild- und Mixbiere werden in der warmen Jahreszeit auch von Personen konsumiert, die eigentlich kein Bier trinken. „Bier mag ich eigentlich gar nicht. Wenn überhaupt dann ein Radler, aber selbst das nur wenns wirklich warm ist.“ Ein weiteres Motiv für den Konsum von Biermixgetränken ist der Entspannungs- und Belohnungscharakter. Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, ob die Mild- und Mixbiere zu Hause oder in der Öffentlichkeit getrunken werden. Mixbiere werden gerne als Feierabendbier zum Stressabbau oder zur Entspannung an einem freien Nachmittag konsumiert.
  • 14. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 14 „meinen Durst bei einem entspannten Radler in der Hausbrauerei gelöscht. Stressabbau!“ Die Mixgetränke dienen auch als Belohnung nach einer sportlichen Aktivität. „Alster mag ich wohl. Vor allem, wenn ich weit gelaufen bin und das Alster kalt ist. Das gönn ich mir dann aber auch, wenn ich Lust drauf habe.....“ Ein weiterer Konsumanlass für Mixgetränke sind Partys. Neben dem Geschmack spielt hierbei auch eine Rolle, ob man noch Auto fahren muss und aus diesem Grund eine geringere Menge an Alkohol zu sich nehmen möchte. „Ein Gemischbier (Radler/CAB oder ähnliches) wäre OK, wenn zwischen Trinken und Fahren mindestens 4 Stunden liegen. Aber ansonsten bin ich vorzugsweise Memme und vertrage nichts. Da will ich Autofahren echt nicht riskieren.“ c. Neue Gruppen Neben den Gruppen, deren Existenz zu Beginn der Analyse unterstellt worden war, kristallisierten sich im Analyseverlauf vor allem bei der Gruppe der Biermixtrinker weitere Untergruppen heraus. Die gefundenen Zitate lassen speziell auf die Anlässe und Motive des Biermixtrinkens schließen. Zunächst ist da die Gruppe der schwangeren, mutmaßlich schwangeren oder stillenden Frauen, die sich beim Alkoholkonsum ‚zurückhalten‘ und stattdessen ‚nur‘ Biermixgetränke konsumieren. Des Weiteren spielt in vielen Frauenforen das Thema Abnehmen eine große Rolle. Die Frauen, die gerade Diät halten, bedauern es, dass sie in dieser Phase auf Biermixgetränke verzichten müssen. Aber aufgrund niedrigerer Kalorienwerte als beim ‚Vollbier‘ muss man sich bei den Biermixgetränken nicht immer zurückhalten, wenn die Kalorienbilanz am Ende stimmt. Eine weitere neue Gruppe sind die Einsteiger in den Bierkonsum: Die bereits diskutierten Geschmacksrichtungen der Getränke, die den herben Biergeschmack überdecken, führen dazu, dass Jugendliche ohne Alkoholerfahrung zunächst diese fruchtigeren und milderen Biere konsumieren, um auf den Geschmack zu kommen. „Kenn mich da leider noch net so aus, weil ich erst seit dem 4.2. diesen Jahres überhaupt auf den Geschmack von Bier gekommen bin... und jetzt probier ich alles mal aus, wobei ich sagen muss, dass die Weizenbier-Sachen am besten sind... und danach dieses süßen Mischbiere wie Becks Level 7, Orange, Schöfferhofer Grapefruit usw...“ „Ich bin total aufgeregt. Das erste mal das ich Alkohol trinke (Cola Bier)“ „ich find mixery toll ^^ schmeckt irgendwie cool aber ich darf wenn dann nur mal son bisschen probieren und kein alk trinken -.- kotzt mich das an...“ Aus all diesen Beiträgen lässt sich schließen, dass die Motive für das Mixbiertrinken sehr vielfältig sind. Neben den anfänglich vermuteten Gruppen fanden sich weitere Motive für den Konsum von Mild- und Mixbieren. Die Unterstellung, diese Getränke
  • 15. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 15 sprächen vor allem eine junge Zielgruppe an, ließ sich durch die analysierten Forenbeiträge erhärten. 3.2 Fußball als Absatzgarant für Bier? Für die Analyse der Forenkommunikation im Kontext Fußball interessierten vor allem die Fragen, ob und welche verschiedenen Typen zu identifizieren sind sowie welche Trends im Zusammenhang von Bier und Fußball festgestellt werden können. Hierfür wurden mehrere Forschungsfragen, vor dem Hintergrund einer späteren Verwendung für Marketingzwecke, entwickelt. Sie lauten:  Ist Bier fester Bestandteil des Fußballs? Wenn ja, wo und wann wird Bier konsumiert?  Werden Sponsoringaktivitäten der Bierhersteller von den Fans angenommen? Die Ergebnisse werden im Weiteren vorgestellt. Ist Bier fester Bestandteil des Fußballs? Wenn ja, wo und wann wird Bier konsumiert? Grundannahme ist hier, dass eine enge Verbindung zwischen dem Erleben eines Fußballspiels mit dem Konsum von Bier besteht. Um einen schärferen Blick auf die Szenerie zu erhalten und einzelne Situationen für die Suche nach Verhaltensmustern und Trends zu selektieren, wurde zunächst ein erster Überblick über alle möglichen Situationen, in welchen Bier im Zusammenhang mit Fußball getrunken wird, erstellt. Entsprechende Schlagworte waren beispielsweise ‚Stadion‘, ‚Anreise‘ oder ‚Kneipe‘. Der so entstandene Rohentwurf des Codebaumes wurde dann iterativ verfeinert. Das heißt, dass beim Durchlesen der Beiträge immer wieder neue, eigenständige Untercodes gebildet wurden. Zum Code ‚Stadion‘ kamen dann beispielsweise die Untercodes ‚Bierläufer‘ und ‚Wurststand‘ hinzu. Dadurch kann gut nachvollzogen werden, in welchen Situationen genau Bier getrunken wird und wo es Probleme gibt. Auf dieser Grundlage ist es möglich, neue Strategien zu entwickeln.
  • 16. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 16 Auffällig beim Bierkonsum im Stadion war die sehr oft genannte Symbiose zwischen ‚Stadionwurst‘ und Bier: „Beim Fußball brauche ich eine Wurst und ein paar Bier, mehr nicht.“ Da im Stadion wegen eines Mitbringverbots für Zuschauer das Bier entweder am Bierstand oder von extra eingesetzten und sehr beliebten ‚Bierläufern‘ gekauft wird, ist die Verbindung von Wurst und Bier kein Zufall. Interessant in diesem Zusammenhang sind Aussagen, welche sich auf Qualität von Speisen und Getränken (zum Beispiel Temperatur, Frische) und auf die Wartezeit beziehen. Hier sind häufig sehr deutliche Unmutsäußerungen zu verzeichnen, die bis zur Androhung eines Bierboykotts im Stadion reichen. Wie hier zu sehen, ist den Autoren auch ernst damit, so dass zuweilen gar in gegnerischen Fanforen um Solidarität gebeten wird: „Wenn es Euch halbwegs möglich ist, boykottiert doch das Bier bei uns im Stadion“ Hieraus lassen sich zwei Erkenntnisse in Bezug auf mögliche Marketingaktivitäten ziehen. Zum einen scheint die Produktqualität in den Stadien nicht ausreichend für die Bedürfnisbefriedigung zu sein. Vor allem die kritisierten Punkte (Temperatur, Frische etc.) lassen darauf schließen, dass es sich hierbei um ein Distributionsproblem handelt. So sollten die Brauereiunternehmen hier ansetzen und beispielsweise in Koordination mit den Stadienbetreibern das Distributionsnetz im Stadion optimieren. Denkbar wäre hier etwa eine größere Anzahl an Bierständen, um die großen Zuschauermengen besser mit frisch gezapftem Bier versorgen zu können.
  • 17. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 17 Zum anderen ließe sich die angesprochene Symbiose zwischen Stadionwurst und Bier auch auf außerhalb des Stadions übertragen. Insbesondere im Sommer könnten etwa Bierkästen im Rahmen einer Verkaufsförderungsaktion mit Bratwürsten zusammen verkauft werden, um damit den Absatz bei Fußballfans zu steigern. Bier wird aber nicht nur im Stadion getrunken, sondern schon auf der Anreise dahin. Der Punkt Anreise ließ sich dann noch mehrfach untergliedern, da außer mit Schiffen und Flugzeugen alle anderen üblichen Verkehrsmittel zur Anfahrt genutzt werden. Bei Kooperationsfahrten, also mit dem Fanbus, Sonderzug oder auch mit der privaten Fahrgemeinschaft zu Auswärtsspielen spielt Bier stets eine wichtige Rolle: „[...]würdest du mit einem bus zu auswärtsfahrten fahren, wenn du dort kein bier trinken dürftest“ In den von Verein oder Fanclub organisierten Touren mit Bus und Zug findet oft, ähnlich wie im Stadion, ein ausschließlicher Verkauf von Bier durch den Veranstalter statt. Hier bestünde also auch die Möglichkeit, über Sponsoring von Fanclubs, weiteren Absatz zu erzielen und dazu eine perfekte Werbezielgruppe anzusprechen.1 Ein weiterer interessanter Aspekt bei den Auswärtsfahrten ist, dass diejenigen, die selbst mit dem oder das (Fan-) Auto fahren, auch hier nicht auf Bier verzichten möchten zumindest für diese Fahrt auf alkoholfreies Bier umsteigen: „Zum Anpfiff waren es ja noch gut 12 Stunden, das sollte wohl für 560km reichen.[...] An einem kleinen Parkplatz machten wir dann halt und [...] [dann] gönnten wir Jungens uns ein bleifreies Bier.“ Mitunter schließen sich die Mitfahrer dem an und so wird dann auch für wenige Personen ein ganzer Kasten alkoholfreies Bier mitgenommen. Bei wöchentlich zehntausenden umherreisenden Fans in ganz Deutschland ist dieses ‚fahrende Volk‘ möglicherweise auch eine ernst zu nehmende Werbezielgruppe. So ist die Bewerbung von alkoholfreiem Bier auf Plakaten an stadionnahen vielbefahrener Straßen denkbar. Zudem ist die gezielte Werbung in öffentlichen Verkehrsmitteln ratsam. Fußball kann aber auch ganz und gar abseits vom Stadion geschaut werden. Die klassischen Orte dazu sind Kneipen, Wohnzimmer und spätestens seit der Weltmeisterschaft 2006 große und kleine ‚Public Viewing‘-Veranstaltungen2 . Und wiederum ist das Bier dort so präsent, dass die Fußballfans es auch in ihrer Kommunikation in den Foren immer wieder erwähnen. Der Fokus im Sinne der Bierproduzenten liegt hierbei zum einen auf dem Getränkehandel, bei dem die Privaten einkaufen. Zum anderen gibt es eine bestimmte Sorte Kneipen, die besonders gern und regelmäßig von den Fußballfans frequentiert werden – diese nämlich, welche über einen Pay-TV-Anschluss verfügen und alle möglichen, auch internationalen Spiele live übertragen. Aus diesen Informationen sind für die Bierfirmen ebenfalls Ideen für konkrete Maßnahmen generierbar. Einerseits wäre das Sponsoring kleinerer Public-Viewings etc. denkbar. Zudem könnten die Brauereien 1 Inwieweit das heute schon umgesetzt wird, konnte der untersuchten Kommunikation nicht entnommen werden. 2 Mit kleinen Public-Viewing-Veranstaltungen sind die eigentlich nicht öffentlichen Vorführungen in Garagen, Sportvereinshäusern und sonstigen, eher privaten Veranstaltungen gemeint
  • 18. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 18 gezielt Events bzw. Promotionaktionen in Sportsbars und Fußballkneipen veranstalten. Hierbei könnten etwa Produktproben oder Merchandise-Artikel an den Mann gebracht werden. Da Fußball zudem auch in den eigenen Wohnzimmern geschaut wird, ist hier die Platzierung von Werbung und Product Placement im Umfeld von Fußballsendungen ratsam. Bei der Analyse der Texte stellte sich also heraus, dass die Annahmen in Bezug auf die enge Verbindung von Bier und Fußball richtig waren und Bier, wenigstens in der Kommunikation über diese Handlungen, ein nicht wegzudenkendes Element in der Beziehung zwischen Fußball und Fan ist. Es lässt sich folglich festhalten, dass die Verbindung von Bier und Fußball bei sämtlichen denkbaren Kommunikationsmaßnahmen genutzt werden kann. Als Beispiele seien hier die Schaltung von Bannerwerbung auf Fußballwebsites etc. und die Gestaltung von Werbeplakaten mit entsprechenden Motiven genannt. Werden Sponsoringaktivitäten der Bierhersteller von den Fans angenommen? Insbesondere um kommunikationspolitische Maßnahmen ableiten zu können, wurden exemplarisch die Forenbeiträge zu drei Biermarken untersucht und hierbei ein spezielles Augenmerk auf die Erwähnung von Fußballsponsoringaktivitäten gelegt. Dabei dienten die Namen der Biere gleichsam als Suchbegriffe. Zum einen waren dies Gaffel und Hasseröder, welche die offiziellen Stadionbiere der Erstligaclubs 1. FC Köln bzw. Hannover 96 sind. Zudem wurde noch die Marke Bitburger, Sponsor der deutschen Nationalmannschaft und meistgenanntes Bier in den Foren, untersucht. Auch gab es zahlreiche Threads welche sich um die präferierten Biermarken der einzelnen Benutzer drehten. Die Unternehmen könnten auch hier mit konkreten Maßnahmen ansetzen, um die betreffenden Fans durch geeignete Ansprache (etwa Direct Mailings) als „Botschafter“ des Unternehmens einzusetzen und so vom Referenzpotenzial der Kunden zu profitieren. „Aus meiner Vaterstadt: Reihenfolge nach meiner persönlichen Beliebtheit: - Gaffel - Peters - Päffgen Aus dem Rest der Republik: ebenfalls nach persönlicher Vorliebe: - Haake Beck Stubbi (Nicht zu verwechseln mit BECKS) - Haake Beck Kreusen - JEVER (Auch wenn das ein Pony-Sponsor ist/war.) - Bitburger - Dresdner Feldschlösschen Weizenbiere mag ich absolut nicht. Ich find das schmeckt wie mit Aspirin versetzt.“ Die Diskussionen, welche sich um die konkreten Sponsoringaktivitäten der verschiedenen Bierhersteller drehten förderten ambivalente Ergebnisse zu Tage. Dabei zogen sowohl die Aktivitäten von Gaffel als auch die von Bitburger positive Resonanz nach sich. Im Einzelnen waren dies bei Gaffel der schon bei den Bierpreisen erwähnte „Podolski-Euro“ sowie ein FC Kölsch (Bezug zum 1. FC Köln) benanntes Bier. Ebenfalls kommuniziert wurde über Gaffel als möglichen Namensgeber und Sponsor des Stadions in Köln, was positive Reaktionen hervorrief. „Irgendwas " kölsches " wäre doch gut: z.B. Gaffel Kölsch Stadion“
  • 19. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 19 Auch das Sponsoring des anderen Kölner Traditionsvereins Fortuna Köln wurde lobend erwähnt. Bei Bitburger wurden insbesondere die Nachwuchsförderung und die damit verbundene Schaffung von Bolzplätzen ebenso wie die langjährige Partnerschaft mit dem DFB genannt. Nicht ganz so positiv wurde eine Aktion von Hasseröder aufgenommen. Die Brauerei führte im Stadion Becher mit dem Konterfei aktueller Spieler ein. Diese Becher wurden zwar von der Grundidee her positiv wahrgenommen, aufgrund der scheinbar minderwertigen Qualität jedoch auch kritisiert. Eine von Hasseröder gesponserte Fanparty in Leipzig sowie im Rahmen eines Gewinnspiels zur Verfügung gestellte Trikots von Hannover 96 wurde hingegen lobend erwähnt. „Aber das Bier schmeckt aus diesen Bechern nicht. Habe mir das 2. Bier dann umgehend in nem "alten" Becher geben lassen. Schmeckt nach Plastik (liegt wohl am Aufdruck)...die haben die Becher wohl ausgepackt und sofort befüllt...habe ne Menge Leute getroffen die sich über den Geschmack beschwert haben...und nein, es liegt nicht an d er Biersorte“ Zusammenfassung Es ist festzustellen, dass Bier fester Bestandteil des Fußballs zu sein scheint und genauso wenig wegzudenken ist wie das runde Leder selbst. Bier wird dabei eigentlich in sämtlichen Situationen und an sämtlichen Orten, die mit Fußball zusammenhängen, konsumiert und der Konsum explizit beschrieben. Für Fußballfans scheint es keine ernst zu nehmenden Alternativen für den Bierkonsum zu geben. In Bezug auf die Sponsoringaktivitäten der Bierhersteller lässt sich konstatieren, dass diese sich im Fußball auszuzahlen scheinen. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn sie der Identifikation mit dem Lieblingsverein dienen. „Minderwertige“ Produkte wie etwa die Spieler-Becher in Hannover werden hierbei von den Fans nicht angenommen. 3.3 Bier als isotonisches Sportgetränk? Die Forschungsfragen zum Bereich Bier und Sport wurden aus Sicht des Produktmanagements in einem Brauereiunternehmen heraus entwickelt und dienten dazu, die aus dem beschriebenen Hintergrund resultierenden allgemeinen Fragen zu konkretisieren. Als Orientierung wurden die vier klassischen Steuerungselemente des Marketing herangezogen: Produkt, Preis, Kommunikation und Distribution. Es wurde nur solchen Forschungsfragen nachgegangen, die für einen Bierhersteller relevant sind. Um einen Überblick über die verschiedenen Bierkonsumenten zu erlangen, wurde versucht, sozio-demographische Merkmale wie etwa Alter oder Geschlecht etc. der Konsumenten zu entdecken. Des Weiteren wurden die Foren dahingehend analysiert, bestehende Markenpräferenzen der Kunden zu ermitteln. In diesem Zusammenhang wurde auch angestrebt, bevorzugte Geschmacksrichtungen bzw. Biersorten ausfindig zu machen. Die Auswertung erfolgte mit dem Ziel, Informationen über Vor- und Nachteile eines Bieres aus Kundensicht zu gewinnen.
  • 20. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 20 Hierbei wurde z. B. der Frage nachgegangen, wie der Kunde Preisdifferenzen wahrnimmt oder den Kaloriengehalt eines Bieres beurteilt. Ein weiteres Ziel der Analyse bestand darin herauszufinden, ob die Wichtigkeit einzelner Produktmerkmale vom Ort des Bierkonsums abhängig ist, beispielsweise inwiefern ein Konsument unterschiedlichen Wert auf eine Verpackung oder einen Geschmack legt. Da Bier, vor allem wenn es außer Haus getrunken wird, oft in Gruppen konsumiert wird, bestand die Intention der Untersuchung unter anderem darin, mögliche soziale Verhaltensweisen zu entdecken, die dafür sprechen, dass Individuen in Gruppen von ihrem normalen Trinkverhalten abweichen.  Wer konsumiert Bier?  Welche Sorten Bier werden konsumiert?  Wie wird Bier konsumiert (Darreichungsform, Verpackung)?  Welche Menge an Bier wird konsumiert?  Wann wird Bier konsumiert?  Wo wird Bier gekauft? Hat der Ort des Bierkonsums Einfluss auf die Kaufentscheidung?  Welche Vorteile/Nachteile hat Bier aus Sicht der Konsumenten?  Ändern sich die Präferenzen des Biertrinkers, wenn er in einer bestimmten Gruppe trinkt?  Gibt es Besonderheiten, wenn Bier außer Haus konsumiert wird bzw. ändert sich die Wichtigkeit einzelner Produktmerkmale aus Sicht des Biertrinkers?  Gibt es besondere Trinkgewohnheiten zu unterschiedlichen Anlässen? Die Kommunikation im Internet rund um Sportaktivitäten im Zusammenhang mit Bier ist facettenreich und lieferte überraschende Erkenntnisse. In den untersuchten Foren äußerten sich die Mitglieder zu ihrem Bierkonsum beim Nordic Walking, Fitnesstraining und Wandern, wobei der Kommunikationsschwerpunkt rund um Laufen und Bier lag. Dabei konnte keine Geschlechterdominanz festgestellt werden, es tauschten sich sowohl Frauen, als auch Männer unterschiedlicher Altersstufen aus. Der Konsum beschränkt sich nicht nur auf das klassische Pils, sondern auch auf Biermixgetränke wie Radler, oder auch Schwarzbier, Kölsch und Hefeweizen. Auch alkoholfreie Biersorten wurden intensiv diskutiert. Zwar gibt es weiterhin die klassischen Bierverfechter, dennoch überwog die Meinung, dass das alkoholfreie Bier eine gute Alternative zur Erfrischung und zur Energiezufuhr ist. „Ich mag das Erdinger alkoholfrei, aber auch Jever Fun ganz gerne. Ich mag witzigerweise mittlerweile kein " echtes " Bier mehr. (Warum auch immer. Mein Geschmack hat sich in den letzten Jahren geändert) Ich trinke nur Bier, wenn ich wirklich nichts anderes da habe.“ Die Darreichungsform von Bier spielte eine untergeordnete Rolle. Durchgängig in allen Konsumentenmeinungen ist die Kühle eines Bieres entscheidend für den Genuss. „Hin und wieder trinke ich Erdinger Alkfrei. Nach meiner Erfahrung ist die Grundvoraussetzung dafür, dass es schmeckt: eiskalt muss es sein. […] Das ärgert mich auch bei manchen Laufveranstaltungen, wo es Erdinger Alkfrei im Ziel gibt. Es schmeckt einfach nicht, weil es zu warm ist.“
  • 21. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 21 Das Trinken aus Bechern während eines Marathons bereitete vielen Läufern Schwierigkeiten, beliebt war das frisch gezapfte Bier nach der sportlichen Betätigung. Einen großen Raum in den Diskussionen nahm die Höhe des Bierkonsums ein. Dabei war das konsumierte Volumen von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Die Intensität der verfolgten Sportart und den damit verbundenen Leistungszielen spielten ebenso eine Rolle, wie das Ziel der Gewichtsbeeinflussung, dem Zeitpunkt des Konsums und die soziale Interaktion. Läufer, die regelmäßig trainieren, haben bewusst den Konsum von Bier und anderen Alkoholika reduziert. „Seit ich wieder laufe, trinke ich deutlich weniger Alkohol. Für mich ist das ein positiver Nebeneffekt dieses Sports.“ Sportler setzen sich intensiv mit ihrem Körper und ihrem Ess- und Trinkverhalten auseinander, was dazu führt, dass sich unterschiedliche Konsummuster bei dem Ziel der Gewichtsreduktion identifizieren lassen. Die Spannweite reicht von keiner Verhaltensänderung über den gelegentlichen Biergenuss bis hin zum strikten Verzicht, der entweder phasenweise oder aber auch gänzlich umgesetzt wurde. „[…] Ich habe mich für nen 10er angemeldet und jetzt habe ich meine Essgewohnheiten umgestellt. Vorher war ich Stammkunde bei McDoof (4x mindestens pro Woche), Pizza, Cola, Bier. Das wars. Jetzt verzichte ich auf Alkohol, erwische mich beim Essen von Obst, koche mein Mittag selber. Fastfood gibt es auch nicht mehr. Cola wird auch bald abgeschafft. Süßigkeiten sind auch nicht mehr im Haus.[…]“ Anspruchsvolle Fragen und ebenso kompetente Antworten wurden eingestellt, um bspw. den Zusammenhang von Fettverbrennung und Alkohol verstehen zu können. Ein kleiner Anteil von Forenmitgliedern verfügt über spezifisches physiologisches Wissen, wodurch kurze Beratungs- und Aufklärungsgespräche stattfanden. „und noch ein paar Gedanken zu den Hormonen: das ein Lebensmittel mit hohem glykämischen Index schneller wieder Hunger macht, ist ja nur ein Teil. Schlimmer scheint zu sein, dass ein hoher GI zu einem hohen Insulinausstoß führt. Und so lange Insulin im Blut ist, findet kein Fettabbau statt. Dazu braucht es den Gegenspieler des Insulins, das Glukagon. […] Und zum Bierchen: Da der Körper immer bestrebt ist Alkohol sofort wieder los zu werden, wird Alkohol sofort abgebaut. Da während der Alkoholabbauphase der Fettabbau eingeschränkt ist, passt Alkohol nicht wirklich in eine Diät. […]“ Bier hat trotz eines gesteigerten Gesundheitsbewusstseins bei den meisten Sportlern eine besondere Stellung. So fallen die Begriffe des Sündigens ebenso, wie die der Belohnung und des Gönnens. Bier ist also mit dem persönlichen Körpergefühl genauso verwoben, wie mit der individuellen Leistungsfähigkeit und hat einen festen Platz im Konsumplan der meisten Sportler, wenn auch bei reduzierter Konsummenge. „Jetzt weiß auch endlich, daß ich auch ''längere'' Distanzen laufen kann […] Heute Abend werd ich mir erstmal ein Bier drauf gönnen, weil ich leb ja nur für den Sport!“ Läufer trinken Bier vor, während und nach dem Sport. Dominierend ist hierbei das Produktmerkmal der Energiezufuhr. Bier bietet aufgrund der inhaltlichen Zusammensetzung einen attraktiven Mix aus Mineralien und Kohlenhydraten. „Tach!! Bei meiner Bestzeit hab ich noch 1 Stunde vorm Lauf ein alkoholfreies Weizen und ein Baguette mit Kräuterdip zu mir genommen. Hat super geklappt ;-).“
  • 22. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 22 Unter den Forenmitgliedern wird der Begriff des „Carboloading“ verwendet, also dem optimalen Auffüllen der Kohlenhydratspeicher und dem Ausgleich des Mineralienhaushaltes vor einem Training oder einem Wettkampf. „Aus dem Training heraus, ohne Tapering (Entscheidung fiel kurz entschlossen Donnerstag Abend, ich lief dafür am Freitag überhaupt nicht), mit alkfreiem Hefe-Weizen Carboloading am Freitag abend (4 Flaschen (zugegeben, eine Flasche war mit Alkohol) und einem Brötchen am Abend“ Während eines Marathons ist die Qualität der Verpflegungsstände für Läufer wichtig, um dort die notwendige Energiebasis aufrechtzuerhalten. Bier dient dabei als flüssige Nahrung, um die letzten Reserven zu mobilisieren. „Bier: Hatte ich beim Kyffhäuser erstmals - wahnsinn, was das nochmal für einen Schub gibt.“ Die Magenverträglichkeit hat bei der Nahrungsaufnahme einen Einfluss auf die Auswahl der Getränke. Bier bietet Läufern eine Alternative gegenüber Getränken, die Kohlenhydrate auf reiner Zuckerbasis beinhalten (Cola, Apfelschorle, isotonische Drinks), um Brechreize zu vermeiden. Hier greifen Sportler auf alkoholfreies Bier zurück. „[…]Magenverträglichkeitstest direkt nach dem Lauf (beim Lauf nur Wasser, 3 Gelchips und ein becher Cola, der mir aber zu süß war): zwei Becher Wasser, eine Bretzel, eine Banane, zwei Red Bull, ein Alkfreies Bier - keine Probleme […]“ Eine wichtige Rolle spielt Bier nach dem Sport. Dabei umschreiben die Forenmitglieder ihren Konsum mit Genießen oder Krönung und die Gefühlsstimmung häufig mit Stolz und Zufriedenheit. Sie trinken gerne ein gut gekühltes Bier direkt im Ziel oder nach einer heißen Dusche. „Rehlein, die beste Ehefrau von allen, stand dann mit eiskaltem Bier in ausreichender Menge und zwei Kühlakkus für die geschundenen Füße am " Ziel ". Wunderbar...“ Laufportale werden auch als Kontaktbörse genutzt. Bier dient dann häufig als Köder, um Barrieren abzubauen. Entweder werden Einladungen ausgesprochen, um im Ziel gemeinsam den Erfolg mit einem Bier zu feiern, oder Wetten abgeschlossen, bei denen Bier als Gewinn ausgelobt wird. Vereinzelt wird auch ein Treffen unter den Forenmitgliedern organisiert. „11 uhr treffen im " Münchner Brauhaus ", das ist direkt neben Mc D. 10 personen auf " laufen-aktuell.de " (können auch mehr sein) es gibt paulaner! (wer die schlechteste zeit hat zahlt!!!!)“ Die am meisten genannten Marken in der Läuferszene waren Jever, Köstritzer und Erdinger Alkoholfrei. Wobei die Marke Erdinger innerhalb der Foren am häufigsten diskutiert wurde. Ein Erklärungsversuch ist, dass zum einen Erdinger unterschiedliche Laufevents in ganz Deutschland sponsert, bei denen ein eigenes Erdinger Team an den Start geht, zum anderen wird möglicherweise auch gezielt über Communities virales Marketing betrieben. Bei der Analyse fiel auf, dass der Markenbegriff „Erdinger Alkoholfrei“ von Forenmitgliedern meist nur mit „Erdinger“ oder „Erdinger alkfrei“ abgekürzt wurde. Auch positiv umschreibende Adjektive wurden an den Markennamen gekoppelt. Die Verfasser äußerten sich sonst nicht
  • 23. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 23 oder nur selten in den analysierten Foren. Und wenn, wurde Bier in unterschiedlicher Form in den weiteren Postings eingeflochten.´ „[…]So ging also ein schöner Lauf zu ende, es gab im Zielbereich das erfrischende Wasser und das beliebte alkoholfreie Erdinger. Nach dem Lauf eine Wohltat.“ Abgeleitet werden kann aus den beschriebenen Erkenntnissen, dass im Sportbereich auf der Produktebene Potentiale vorhanden sind, um ein adäquates Getränk, dass die Merkmale Energiezufuhr, Mineraliengehalt und Erfrischung bei geringem Zuckergehalt erfüllt, zu entwickeln und im Markt zu platzieren. Preislich kann dieses Produkt im oberen Segment angesiedelt werden, weil Sportler eine höhere Zahlungsbereitschaft zeigen. Sie kaufen bevorzugt hochwertige Kleidung (GoreTex) oder Pulsmesser (Polar). Kommunikativ könnte die Marktbearbeitung durch die Initiierung und das Sponsoring von Lauf- und Radveranstaltungen begleitet werden. Verstärkt werden sollte auch die Werbung über das Internet, weil sich Sportler gerne online informieren und kommunizieren. Die Verpackung sollte den Bedürfnissen nach Geschmacksneutralität, Bruchsicherheit und Design entsprechen. Hier bietet sich Aluminium als Werkstoff an. Um die Glaubwürdigkeit eines neuen Sportgetränks sicherzustellen, sollte eine neue Marke etabliert werden. Beim Vertrieb sollten neue Wege gesucht werden, bspw. durch den Aufbau einer spezifischen eCommerce- Plattform. 3.4 Zapfanlagen als ‚Retter des Biermarkts‘? Als weiterer Diskussionsschwerpunkt in den Foren fanden sich die In-Home- Zapfanlagen. Die Diskussion um bestimmte Zapfanlagen wird begleitet von einer Debatte über die verschiedenen Biersorten und Marken. Professionelle Zapfanlagen werden immer mehr von den Verbrauchern bevorzugt. Somit steigen auch die Qualitätsansprüche. Viele Biertrinker steigen von der Flasche zur Zapfanlage um, da sie sich einen besseren Geschmack wünschen: „Ich habe meinen Mann eine Zapfanlage geholt, und ich muss sagen es hat sich gelohnt. Ein frisch gezapftes und das zu Hause ist einfach genial. Ich kann es nur weiterempfehlen.“ Bierfässer und Zapfanlagen werden oft zusammen nachgefragt. Damit eröffnet sich für die Bierunternehmen die Möglichkeit der Produktbündelung. Das heißt, einzelne,
  • 24. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 24 selten nachgefragte Produkte (in unserem Fall Zapfanlagen) an häufig gekaufte Produkte (nämlich Bierfässer) zu koppeln und somit eine gewisse Standardisierung zu erreichen, die ebenfalls zu beschaffungs- und fertigungstechnischen Vorteilen führt. In den relevanten Foren wird vom Auspacken bis zur ersten Party mit der neuen Zapfanlage diskutiert. Die Probleme, die am meisten diskutiert werden, sind das Design der Maschine („plastikmäßig“), Schaum, Geschmack („fade und schal“), Lüfter („laut“), Verpackung („zu viel“). Das Bier muss demnach die perfekte Temperatur, die genaue Mange an Kohlensäure und die richtige Haltezeit des Schaums haben. Da das Design ein wichtiges Diskussionsthema ist, eröffnet sich für die Bierunternehmen das Co-Branding als eine Form der kooperativen Markenpolitik. Bei dieser platzieren die Bierunternehmen ihre Markierung auf Zapfanlagen. Somit werden die Markenbekanntheit der beiden Unternehmen sowie der Markenwert durch Synergieeffekte erhöht. Die Begeisterung und die Zufriedenheit mit den neuen Maschinen werden detailliert mitgeteilt. Bierzapfen wird von vielen als Kult wahrgenommen. Sogar diejenigen, die am Anfang schlechte Erfahrungen gemacht haben, sind im Endeffekt mit ihrer Zapfanlage zufrieden. „Die anfänglichen Probleme führe ich darauf zurück, dass die Anlage den ganzen Tag im aufgeheizten Auto gestanden hat. Vielleicht war sie zu Beginn einfach zu warm.“ Die häufigsten Probleme sind, dass die Zapfanlage selbst zu warm ist, oder dass einfach diese nicht richtig eingestellt ist. Auf jeden Fall finden die Bierkonsumenten die immer zur Verfügung stehende Hotline gut. Über die Preise wird dabei überhaupt nicht diskutiert, woraus zu schließen ist, dass für diese Biergenießer das Wichtigste der Geschmack ist. Grundsätzlich können zwei Gruppen identifiziert werden: die Einsteiger und die Experten. Die Einsteiger stellen oftmals gezielt Fragen, entweder weil sie sich eine kaufen möchten oder gerade gekauft haben. Sie verfügen teilweise bereits über einiges Vorwissen. „Eine Freundin von mir möchte sich gern diesen "Homepub" anschaffen. Da sie fast ausschließlich Weizenbier trinkt habe ich nun Bedenken wegen der Zapfanlage. Ist diese für Weizenbier geeignet, oder muss bzw. kann man einen geeigneteren Zapfhahn (Kompensatortechnik?)“ Die andere Gruppen, die Experten, offenbaren erhebliches Wissen über Zapfanlagen und Bier insgesamt. Dabei wird über alles Mögliches rund um diese Geräte kommuniziert – Verpackung, Temperatur, Schaum, Biermarke usw. Die Experten stellen hohe Qualitätsansprüche und investieren viel Zeit und Geld, um diese zu befriedigen. Sie sehen in den Zapfanlagen einen Kultgegenstand und Statussymbol: „Nur ist Bierzapfen für einen Biergenießer auch eine Art "Kult". Und zu einer "richtigen" Zapfanlage gehört zwingend auch ein professioneller Hahn.“ Die Experten treten häufig in beratender Funktion auf und geben Hilfestellungen rund um Maschine und Marken. Sie kennen die verschiedenen Zapfanlagenmodelle, Marken und Funktionen, beraten aber auch hinsichtlich technischer Aspekte.
  • 25. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 25 „Hi lona36, hier gibt es jede Menge hilfreicher Geister. Wenn Du Fragen hast, dann stell sie einfach, wenn‘s technische sind dann am besten im Forum " Wo finde ich was." Sie selbst akzeptieren für sich nur frisch gezapftes Bier und auch keine Mischgetränke oder alkoholfreies Bier: „Ist Bier aus der Flasche Sünde? Na ja, nicht so ganz ernst, aber ich bin der Meinung, dass ein frisch Gezapftes einfach anders schmeckt.“ Somit kann bezüglich der In-Home-Zapfanlagen auf Basis der Community-Research- Ergebnisse konstatiert werden, dass sich mit diesen Produkten ein relevantes Marktpotenzial verbindet. Dabei spielt weniger der Preis eine Rolle als vielmehr der Kult um das Bierzapfen. Die Qualität – sowohl der Zapfanlage selbst als auch des Endprodukts, nämlich des gezapften Biers – steht im Mittelpunkt der Diskussion. Dies gilt gleichermaßen für die Einsteiger wie für die Experten. Interessant ist, dass hier die Experten stark als Meinungsführer in Erscheinung treten: Sie verfügen über detailliertes Wissen und geben dieses gerne weiter. Marketingaktivitäten sollten daher vor allem bei dieser Gruppe ansetzen. 4. Ergebnisbewertung und Anregungen Die Analysen zu Biermixgetränken, Fußball, Bierzapfanlagen und Bier als Sportgetränk zeigen nur einen Teilausschnitt der Kommunikation zum Thema Bier. Doch bereits diese wenigen Einblicke ermöglichen ein interessantes Bild der Bierkonsumenten und ihrer Konsumkultur zu zeichnen. Biermixgetränke: Das Ende der Bierkultur? Dieser Erstkontakt mit süßen nicht nach Bier schmeckenden „Biermixgetränken“ könnte unter Umständen die Sozialisation durch Bier verhindern. Es finden sich viele Aussagen von Personen, die ihren Alkoholkonsum mit Biermixgetränken begonnen haben und immer noch kein Bier mögen. So entwickeln sich die Biermixgetränke- Konsumenten unter Umständen statt zu Bierkonsumenten zu Konsumenten von Cocktails oder Longdrinks. Zu dieser Hypothese passt, dass Biermixgetränke als eigenständige Getränkegruppe empfunden werden. Statt zu Bier werden sie der Gruppe der „Alkopops“ zugeordnet, der auch Mischgetränke mit anderen Alkoholsorten angehören. Auch überzeugte Biertrinker sehen die Mixbiere nicht mehr als Bier an. Bei ihnen herrscht aber teilweise nicht nur Unverständnis darüber vor, dass manche Menschen diese süße „Plörre“ bevorzugen, sie verhalten sich diesen Menschen gegenüber sogar verbal aggressiv. Hierunter könnte sich auch ein Gruppenphänomen verstecken. Bier stellt für diese Gruppe ein gemeinsames verbindendes Element dar. Personen, die daraus ausscheren, zerstören zu einem gewissen Grade das homogene Gruppengefühl. Hieraus folgen sogar Äußerungen, die ein Verbot dieser Getränke fordern oder zumindest, dass diese nicht mehr als Bier bezeichnet werden
  • 26. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 26 dürfen. Insofern ist ein weiterer möglicher Ansatzpunkt für das Marketing, Bierwerbung so auszurichten, dass sie darauf abzielt, Biermixkonsumenten in Bierkonsumenten umzuwandeln. Biermixgetränke: Chance zu mehr Absatz? Betrachtet man die Konsumenten von Biermixgetränken, erkennt man neben den jüngeren Menschen und Alkoholeinsteigern eine Gruppe von Personen, die Biermixgetränke als Wellnessdrink konsumieren. Im Gegensatz zu Jugendlichen, die sich gerne mit Biermixgetränken betrinken, und Personen, die auf diese Weise den Biergeschmack auf dem Weg zum Rausch umgehen, stehen bei der Wellnessgruppe eher der niedrige Alkoholgehalt, die Entspannung, niedrigere Kalorienzahlen und Erfrischung im Vordergrund. Schwangere Frauen und Personen, die abnehmen möchten greifen zu Biermixgetränken, da sie weniger Alkohol enthalten. Wenn jemand noch Autofahren muss, greift er zu Biermixgetränken. Auch gesundheitsbewusste Sportler greifen neben alkoholfreien Bieren gerne zu Biermixgetränken wie Radler. Gerade im Sommer eisgekühlt werden Biermixgetränke als sehr erfrischend beschrieben. Dabei wird den Biermixgetränken insbesondere auch ein entspannender Charakter und Belohnungscharakter zugewiesen. Dieser Effekt wird sicherlich teilweise durch den Alkoholgehalt, aber auch durch den Hopfen und durch eine psychologische Wirkung ausgelöst. Diese Wellnessgruppe zeichnet sich also durch ein Gesundheits- oder Körperbewusstsein aus. Hieraus lassen sich neue Marketingkonzepte ableiten. Beispielsweise könnten erfrischende Wellnessgetränke auf Basis von alkoholfreiem Bier mit unterschiedlichen Zusätzen und Geschmacksrichtungen erzeugt und entsprechend beworben werden. Der Hopfen könnte als der wichtige Wellnessfaktor, neben weiteren positiven Elementen betont werden. Daneben könnte noch ein spezielles Diät-Wellness-Bier angeboten werden, das die gleichen Eigenschaften hat, aber einen niedrigeren Kaloriengehalt aufweist. Mit einer entsprechenden BIO Variante könnte auch das Segment der LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability) angesprochen werden. Als wichtig bleibt anzumerken, dass sich das Marketing nicht nur auf Biertrinker konzentrieren, sondern ganz gezielt auch Nichtbiertrinker angehen sollte. Diese Getränkegruppe sollte nicht mit Bier, sondern mit anderen Wellnessgetränken in Konkurrenz treten. Bier als isotonisches Sportgetränk Die Analyse von aktiven Sportlern hat gezeigt, wie sehr das Sponsoring von Erdinger alkoholfrei in der Läuferszene Früchte getragen hat. Das einzige, was Erdinger hier
  • 27. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 27 noch verbessern kann, ist die Sicherstellung, dass das Bier beim Zieleinlauf auch immer eiskalt ist. Daneben wird aber auch ersichtlich, dass sich Bier im Laufsport als isotonisches Sportgetränk zwar immer mehr durchsetzt, dies aber in anderen Sportarten bis jetzt nur rudimentär der Fall ist. Hier existiert die Möglichkeit, mit speziell auf den Bereich des Sports ausgerichteten alkoholfreien Bier noch andere Sportarten zu erschließen. Am Beispiel von Erdinger sieht man, dass vor dem Wettkampf häufig alkoholfreies Erdinger und danach alkoholhaltiges Erdinger getrunken wird. Von dem alkoholfreien Bier gehen also positive Effekte auf das alkoholhaltige Bier der Marke aus. Würde man erfolgreich ein alkoholfreies Bier als Fußballtrainingsbier etablieren, könnte man mit sicherlich sehr positiven Wirkungen rechnen. Hier ist allerdings im ersten Schritt eine Analyse notwendig, in welchen Sportarten überhaupt ein Potential für alkoholfreies Bier gegeben ist. Im Laufsport selbst, in dem Bier bereits ein hoher Stellenwert zukommt, kann dagegen auch ein speziell entwickeltes Biergetränk angeboten werden, das die Eigenschaften von Bier und anderen isotonischen Getränken optimiert. Für ein solches Getränk sind bei entsprechendem Marketing auch höhere Preise erzielbar als für normales alkoholfreies Bier. Abbildung 5: Exemplarische Abbildung möglicher Zielgruppen
  • 28. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 28 Optimierungsmöglichkeiten für Bierhersteller im Fußball? Bier konnte sich als Getränk in dieser Szene seit Jahrzehnten sehr gut behaupten. Bierhersteller sponsern Vereine und führen viele auf die Fußballfans ausgerichtete Marketingmaßnahmen durch. Darum waren von dieser Analyse keine großen Neuerungen zu erwarten. Vielmehr konnten die bestehenden Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit kontrolliert werden sowie kleine Verbesserungen abgeleitet werden. Vereinsfans sind eine sehr gut vernetzte Zielgruppe, in der sich Meinungen – auch gerade zu Sponsoren – schnell ausbreiten. In der Studie konnte gezeigt werden, dass sich das Verhalten des Sponsors direkt auf das Trinkverhalten der Fans auswirkt. So führen negative Verhaltensweisen zu Boykottaufrufen und positive zu mehr Konsum. Der Sponsor kann sogar eine solche Bedeutung für die Fans bekommen, dass sie sich wünschen, dass das Stadion nach ihm benannt wird. Da die Gruppe der Fans sehr groß sein kann, hat sie auch einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Trinkverhalten von Nicht-Fans der Region. - Sponsoring Aktionen, bei denen ein Teil der Biereinnahmen dem Verein zugutekommen, kommen bei den Fans sehr gut an. Das gleiche trifft auch auf soziales Engagement für den Sport zu. Merchandising-Aktivitäten wurden dagegen nur diskutiert, wenn sie negativ aufgenommen wurden. Insgesamt müsste dieser Bereich der Studie weitaus mehr als nur drei Fälle berücksichtigen, um tiefer gehende Aussagen zu treffen. Aber es konnte gezeigt werden, dass sich das Sponsoring in der Kommunikation widerspiegelt und über Community Research kontrolliert werden kann. - Bier im Stadion Das Bier im Stadion ist aus der Fußballkultur fast nicht wegzudenken, trotzdem ist es nicht selten Anlass zur Verärgerung, die sich auch auf den Hersteller des Bieres übertragen kann. Hauptkritikpunkte sind neben der Wartezeit in der Schlange des Bierverkaufs die Qualität und der Preis. Das Problem ist, dass für die einen das Bier zu teuer und für die anderen das Bier zu schlecht ist. Es existiert hier sowohl ein Distributionsproblem als auch ein „stuck in the middle“ Problem. Die einen wären bereit für ein richtig gut gekühltes Bier, an das sie schnell herankommen einen höheren Preis zu zahlen. Den anderen ist die Qualität ziemlich egal, aber der Preis ist ihnen (grundsätzlich) zu hoch. Im nächsten Schritt wäre es sicher sinnvoll, hierzu eine Conjoint-Analyse und Clusteranalyse aufzusetzen, um festzustellen welche Cluster welche Zahlungsbereitschaften für welche Versorgung mit Bier haben. Durch eine hierauf aufbauende Preisdiskriminierung und ein differenzierteres Versorgungssystem ließe sich auf der einen Seite die Zahlungsbereitschaft besser abschöpfen, aber auch die Zufriedenheit der Fans mit dem Hersteller des Biers verbessern.
  • 29. Community Research am Beispiel des deutschen Biermarkts 29 Social Media Szene als Zielgruppe. Während der Analyse hat sich keine Besonderheit bezüglich den Social Media Nutzern im Vergleich zu normalen BiertrinkerInnen herausgestellt. Das Internet scheint viel mehr vorhandene Verhaltensweisen abzubilden oder zu verstärken, wie man am Beispiel der Biersekte sehen kann. Dadurch ergibt sich hier für Hersteller die Möglichkeit, sich in dieser Szene zu etablieren. Für eine erfolgreiche Kampagne könnte man an dem Verhalten der im Netz über Bier kommunizierenden Gruppen ansetzen. Hierfür müssten mehrere relevante Verhaltensweisen identifiziert werden und entsprechende Onlineangebote geschaffen werden. Eine Verhaltensweise, die sich hierfür beispielsweise eignen würde, wäre die häufige Verhaltensweise des Wettens um einen Kasten Bier. So ließe sich beispielsweise eine Plattform einrichten, auf der um Bierkästen gewettet werden kann. Eine andere Verhaltensweise wäre das Planen von Partys. Hier könnte eine kollaborative Partyplan-Plattform geschaffen werden, über die gleich das Bier bestellt werden kann. Wie man am Bereich Sportsponsoring sieht, kann man über Social Responsibillity Projekte sehr positive Reaktionen erzielen. Solche mit Social Media Elementen kombinierte Projekte sind sicherlich auch ein hilfreiches Instrument auf dem Weg zur Gewinnung der Social Media Zielgruppe. Ausblick Sicherlich haben die ersten Analysen nur einen kleinen Einblick in die Social Media Welt rund um Bier ermöglicht. Aber trotzdem haben sich aus den ersten Analysen viele neue Fragen und Ansätze ergeben. Bezüglich mancher Fragestellungen wäre es wichtig, tiefere Community Research Studien durchzuführen. Gerade für die Maßnahmenentwicklung bezüglich anderer Sportarten und der Erschließung der Social Media Szene bietet sich dies an. Bestimme Erkenntnisse, wie zum Beispiel der potentielle Erfolg von Bier als Wellnessgetränk, sollten über klassische Marktforschungsmethoden evaluiert werden. Festgehalten werden kann, dass – wie zu Beginn vermutet – das Community Research viele Ideen liefern konnte. Im nächsten Schritt müssen diese weiter durchdrungen werden. Kommt es zur Umsetzung von Strategien und Maßnahmen, bieten sich weitere Community Research Studien an, um die Auswirkungen der Maßnahmen im Rahmen eines Controllings zu erfassen.