1. 22. Juni 2011 | 11.00 – 14.00 Uhr | im uniTurm, Universität Zürich
OFFICE AKADEMIE
ROUNDTABLE – LEAN OFFICE
EXECUTIVE SUMMARY
«Das Selbst ist im Grunde zu- «Die Mitarbeitenden bei Swiss «Jedes Unternehmen führt in
ständig für den Erfolg, was zu International Air Lines spüren irgendeiner Art Kaizen-Pro-
einem ungebremsten Streben den Vorteil durch Kaizen.» zesse durch, aber sie nennen
nach Verbesserung führt.» es nicht so.»
Prof. Dr. Hugo Tschirky Reto von Atzingen Klaus Bieber
2. O F F I C E A K A D E MIE
Der erste Roundtable zum Thema «Lean
Office» wurde am Mittwoch, 22. Juni 2011
lanciert. Im Rahmen der OFFICE AKADEMIE
bietet Witzig The Office Company führenden
Fachexperten die Möglichkeit zum gezielten
Fachaustausch.
Teilgenommen haben daran folgende Experten:
Klaus Bieber Reto von Atzigen
Kaizen, TPM und Lean Management Berater Verantwortlicher KVP/Kaizen
Pforzheim Swiss International Air Lines Ltd.
Christian Czesla Matthias Weitzel
Czesla Siebeck & Tietgen, Consultant Mitverantwortlicher Einführung KVP und Lean Office
Stuttgart Gate Gourmet
Beat Schürpf Prof. Lukas Windlinger
Zentrum für ganzheitliche Büroeffizienz/Leiter Lean Office Life Sciences & Facility Management,
Witzig The Office Company zhaw – ZH Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Prof. Dr. Hugo Tschirky Martin Witzig
Professur für Betriebswissenschaften CEO Witzig The Office Company
Spezialist für KVP
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3. O F F I C E A K A D E MIE
Die OFFICE AKADEMIE bringt Vordenker im Bereich Büro- und Arbeitswelten am ROUNDTABLE
zusammen. Zu verschiedenen, aktuellen Themen treffen sich Wissenschaftler, Anwender und
Experten aus der Praxis, um neue Bedürfnisse von heute und morgen zu diskutieren.
Lean Office ist – nach Lean Production – ein brennendes Thema; gemäss aktuellen Studien liegen
30% Effizienzreserven in den Büros brach. Der verschärfte Kosten- und Wettbewerbsdruck
verlangt vom Management, die Produktivität, die Durchlaufzeiten sowie Qualität in den admi-
nistrativen Bereichen erheblich zu verbessern. Ein Erfolgsbeispiel dafür ist die Swiss Interna-
tional Airlines. Ihr gelang es, den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) erfolgreich zu
verankern, Millionen einzusparen und die Arbeitsprozesse zum Wohl der Mitarbeitenden zu
erleichtern.
Charles Imbacher
Prof. Dr. H. Tschirky: Die Frage ist, wo steht Europa im Leiter OFFICE AKADEMIE
Vergleich zu Asien? Bei der Entwicklung des Welthan-
delsanteils geht der Trend der EU nach unten und jener
von Asien nach oben. Eine Erklärung für diese Diskrepanz
kann in der Innovationsfähigkeit gefunden werden. Die
entscheidende Frage ist dementsprechend: Wie gehen die
Unternehmen mit Innovationsprozessen um? In Europa
ging dabei die Qualität der letzten Meile vergessen. Uns
fehlen die treibenden Kräfte. Wir müssen im Bereich Ar-
beitskultur nachrüsten; bei Kaizen, dem Servicebewusst-
sein sowie der Sauberkeit. Kaizen enthält im Japanischen
das Wort Schwert und Reform. Einher damit geht Kaikaku,
was «Self. action» sowie Reform bedeutet. Das Selbst ist
also im Grunde zuständig für den Erfolg, was zu einem
ungebremsten Streben nach Verbesserung führt. Kaizen
ist sowohl Haltung als auch Tool.
M. Witzig: Das Büro ist ein Erfolgsfaktor. Es ist ein grosser
Erfolgsdruck vorhanden und dieser wird noch zunehmen.
Entscheidend sind die Menschen. Je besser die Kommu-
nikation und das Wohlbefinden der Menschen sind, umso
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effektiver ist die gesamte Bürowelt.
4. O F F I C E A K A D E MIE
M. Weitzel: Wer eine positive Lebenshaltung hat, kann
und will etwas verändern. Die Kaizen-Philosophie und die
positive Einstellung werden bei uns vorgelebt. Dies moti-
viert. Wir werden in den Prozess miteinbezogen. Dieser
ist nie fertig, sondern wird ständig adaptiert.
R. von Atzigen: Wir haben seit fünf Jahren Kaizen ein-
geführt. Der Leidensdruck führt dazu, dass mehr Kai-
zen-Projekte durchgeführt werden. Sie bringen Arbeits-
erleichterungen und reduzieren die Verschwendung. Bei
systematischen Mitarbeiterumfragen nach Kaizen-Work-
shops finden sie über 90% gut bis sehr gut. Interessanter-
weise ist die Bereitschaft zur Veränderung bei denjenigen
sehr hoch, die schon lange dabei sind. Bei neu Eintreten-
den fehlt sie.
K. Bieber: Lethargische Firmen haben Mühe mit Kaizen, Matthias Weitzel
doch jenen, welche einen ökonomischen Druck haben, Gate Gourmet
nützt es. Kaizen ist die Anpassungsfähigkeit an eine ver-
ändernde Zukunft. Wichtig ist, dass Kaizen zwei bis drei
Manager-Generationen überlebt. Wenn dem so ist, kann
die Kultur nachhaltig verändert werden.
Ch. Imbacher: Was sind die Erfolgsfaktoren? Haben wir
einen zu geringen Leidensdruck?
R. von Atzigen: Ein CEO zeichnet sich oft dadurch aus,
dass er etwas nicht verhindert. Der heutige CEO der
Swiss war ein grosser Kaizen-Skeptiker. Heute ist er da-
von überzeugt.
Prof. Dr. H. Tschirky: Leidensdruck ist ein riskantes
Reizwort. Kaizen bedeutet eine Programmierung auf
kontinuierliche Veränderung. Die Haltung ist also immer
vorhanden, nicht nur bei einem Schock. Bei uns fehlt die
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Arbeitsethik, der Stolz auf die Arbeit.
5. O F F I C E A K A D E MIE
Martin Witzig Prof. Lukas Windlinger
CEO Witzig The Office Company zhaw – ZH Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Prof. L. Windlinger: In Zürich ist ein verbreiteter Gedanke,
dass Arbeit wehtun muss. Diese Haltung steht vielen posi-
tiven Veränderungen im Wege.
K. Bieber: Arbeit schafft Emotionalität. Sie muss Sinn
machen. Vielen geht heute die Sinnhaftigkeit verloren.
Prof. L. Windlinger: Es geht um die Vision eines Unter- K. Bieber: Eine maximale Transparenz und Beteiligung
nehmens. Die Kostenoptimierung führt zur Reduktion der sind wichtig. Menschen, die Spass an der Sache haben,
Verschwendung. Die Frage ist, wie die positiven Werte können nicht mit Geld motiviert werden. Wenn die An-
adressiert und gefördert werden können. Sie können nicht sprüche allerdings wachsen, muss man aufpassen, dass
gemanagt werden, sondern müssen vorgelebt werden. man diese auch befriedigen kann. Sobald die Unterneh-
menskultur stimmt, folgt auch die positive Kennzahl und
Ch. Czesla: Es geht darum, Vernunft in die Unternehmen nicht umgekehrt.
zu bringen. Mitarbeiter sind Menschen und wir haben ein
Motivationsproblem. Wir kommen nicht über die Norm- M. Witzig: Wie viel hat die ISO-Zertifizierung mit Lean
ethik hinaus. Die Menschen werden nicht ernst genom- Office zu tun?
men. Dies beginnt bereits schon in der Schulausbildung.
Es wird ein mechanistisches Menschenbild gefördert. K. Bieber: Die Handbücher sind jeweils vorhanden, doch
Grossunternehmen sind nicht nachhaltig veränderbar. niemand hält sich daran. Die Prozesse sollten erst ge-
Leadership bedeutet, dass eine Investition getätigt wer- meinsam erarbeitet, dann beschrieben und standardi-
den muss. Die Leute sollen möglichst wenig behindert, siert werden. Sie sollten nicht nach einem Handbuch
sondern unterstützt werden. Entscheidend ist die Sinn- ausgeführt werden. Mit den Zertifizierungen wird oftmals
haftigkeit, die Verstehbarkeit, d.h. die Transparenz, und etwas getarnt und vorgetäuscht, das in der Realität nicht
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die Teilhabe. so ist.
6. O F F I C E A K A D E MIE
Klaus Bieber
Kaizen, TPM und Lean Management Berater
R. von Atzigen: Die Mitarbeitenden bei Swiss spüren den
Vorteil durch Kaizen. 80% derjenigen Dinge, die bereinigt
wurden, störte die Leute.
K. Bieber: Ich glaube an organische Strukturen. Bei der
Standardisierung geht es nicht ums Gleichmachen. Es
geht um die gleichen Zwecke. Aus Stellvertretern kön-
nen so Teams geformt werden, welche beispielsweise die
gleiche Ablagestruktur haben.
R. von Atzigen: Für den Kunden muss das Produkt immer
gleich positiv erlebbar sein.
Ch. Czesla: Die Funktionalität bestimmt den Prozess.
B. Schürpf: Die Frage ist immer, wo es Sinn macht und wo
nicht, d.h. Individualisierung versus Standardisierung.
K. Bieber: Schubladen und Schranktüren sind bei Kaizen
eine Verschwendung, denn wenn ich Schubladen habe,
sind sie immer voll. Die Offenheit und Transparenz sollte
auch in den Möbeln abgebildet werden. Die Leute glauben,
dass mit einem grösseren Schreibtisch und einem beque-
men Stuhl alles besser sei. Die Frage ist jedoch, wie die
Menschen in den Fliessprozess integriert werden können
und diesen als Herausforderung sehen. Es geht um Heraus-
forderungen, die sie nicht überfordern und die glaubhaft
sind. Es benötigt in Unternehmen eine Fliess-Stabilität.
Das heisst, es braucht eine gewisse Fluktuation: Neue
Leute, die reingehen und Bestehende, die rauskommen.
Die Prozesse und die Raumnutzung müssen intelligent und
flexibel sein. Möbel sollten beispielsweise Rollen haben.
R. von Atzigen: Das Kaizen-Potenzial im Unternehmen ist
unerschöpflich. Wenn wir das zweite Mal durch einen Be- Reto von Atzigen
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reich gehen, wird es immer noch besser. Swiss International Air Lines Ltd.
7. O F F I C E A K A D E MIE
Christian Czesla Beat Schürpf
Czesla Siebeck & Tietgen, Consultant Zentrum für ganzheitliche Büroeffizienz/Leiter Lean Office
Witzig The Office Company
K. Bieber: Im ersten Worshop hat man Angst. Deshalb
erreicht man beim zweiten Mal mehr. Es ist wichtig, Ver-
trauen zu stiften und die Angst zu nehmen. Man lernt an
den Dingen, die nicht so gut laufen. Entscheidend ist es,
mit der richtigen Einstellung zu starten und zu Erkenntnis
im Selbsterkennungsprozess zu gelangen. Die Prozesse
müssen nach den Kundenanforderungen gestaltet werden. Ch. Imbacher: Haben wir einen Kaizen-Hype oder ist es
mehr?
R. von Atzigen: Ein wichtiger Punkt ist der Kostendruck.
Wir müssen uns und die Prozesse zusammen mit den R. von Atzigen: Es kommt auf das Unternehmen an, ob es
Lieferanten entwickeln. Es geht immer mehr in Richtung ein Hype ist oder nicht.
«just in time». Die Business-Menues werden heute bei-
spielsweise 24 Stunden später produziert als früher. B. Schürpf: Ich glaube, es ist ein Trend. Der Leidens- und
Kostendruck wird zunehmen.
M. Weitzel: Wir merken anhand der Reporte, dass die
Fehlerquote bei den Swiss-Aufträgen sinkt. Ch. Czesla: Neben den Kosten ist auch eine qualitative
Verbesserung notwendig. Die Zukunft liegt in den Netz-
K. Bieber: Was Swiss und Gate Gourmet aufgebaut ha- werken: Der Kunde wird in die Wertschöpfungskette in-
ben, ist nicht von einem Wettbewerber kopierbar. Wenn tegriert. Die Kostensenkung ist das Ergebnis eines guten
der Prozess stimmt, stimmt auch das Ergebnis. Man wird Prozesses. Beim Shareholder-Value ging die Ursache und
dadurch auch immer vertrauenswürdiger und findet noch Wirkung vergessen. Es geht um den dahinter stehenden
mehr zusammen. Menschen und das Weltbild. Ein Organismus bringt sich
selbst hervor.
M. Weitzel: Es braucht immer wieder neue Ideen. Die
Anforderungen ändern sich laufend. Neue Leute brin-
gen neue Ideen ein. Veränderungen bringen uns nicht nur
Geld, sondern es findet auch ein Umdenken bei den Mit-
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arbeitenden statt.
8. O F F I C E A K A D E MIE
K. Bieber: 1986 hatte ich das erste Kaizen-Buch in der
Hand. 1992 dachte ich zum ersten Mal: Diese Welle ist vor-
bei. Heute macht die ganze Welt Verbesserungsprozesse.
Jedes Unternehmen führt in irgendeiner Art Kaizen-Pro-
Konklusion
zesse durch, aber sie nennen es nicht so. Im Moment
Die erste ROUNDTABLE-Gesprächsrunde
spürt man ein unglaubliches Ausbrennen von Unterneh-
hat das Bedürfnis nach einer Plattform
men: Burn-Out-Syndrome auf Organisationsebene.
zum Gedankenaustausch zwischen Wis-
senschaft und Praxis dokumentiert. Neue
M. Witzig: Wir haben vermehrt einen Arbeitnehmer-
Einsichten und Praxiserkenntnisse konnten
markt. Das Einbeziehen der Mitarbeitenden wird immer
gewonnen werden, Erfolgsrezepte wurden
wichtiger.
ausgetauscht und Probleme diskutiert.
Ch. Czesla: Wieviel Bodenbearbeitung braucht es, bis es
Auswirkungen auf die Prozesse hat? Die Fertigkeiten und
Prozesse sind zurzeit nicht auf die innere Werthaltung
ausgerichtet. Eine gute Haltung kann nicht gesetzlich vor-
geschrieben werden. Haltung entsteht durch Verhalten.
N Ä C H S T E R L E A N O F F I C E-
R O U ND TA B L E
November 2011
uniTurm, Universität Zürich
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