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AUSZUG
MDG-Milieuhandbuch 2013
Religiöse und kirchliche Orientierungen in den Sinus-Milieus
Im Auftrag der MDG Medien-Dienstleistung GmbH
Heidelberg / München, Januar 2013
Auszug
AUSZUG
2
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Impressum
Herausgeber: MDG Medien-Dienstleistung GmbH, München
Institut: SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH, Heidelberg
Autoren: Dr. Marc Calmbach, Berthold Bodo Flaig, Ingrid Eilers
Projektleiter: Georg Frericks (MDG)
Beratung: Thomas Arnold, Gottfried Baumann, Prof. Andreas Büsch, Prof. Dr. Dr. Michael N. Ebertz,
Stefan Eß, Dr. Jürgen Holtkamp, Andreas Huber, Dr. Tobias Kläden, Michael Kleine,
Christiane Kolfenbach, Andreas Lohmann, Prof. Dr. Matthias Sellmann, Prof. DDr. Klaus
Vellguth, Caroline Wolanski, Dr. Armin Wouters
Förderung: Das MDG-Milieuhandbuch 2013 wurde gefördert aus Mitteln des Treuhandfonds Medien
des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD)
Copyright © 2013 by MDG Medien-Dienstleistung GmbH, München
Copyright © 2013 by SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH, Heidelberg
Die MDG Medien-Dienstleistung dankt folgenden Institutionen für die finanzielle Unterstützung der Studie:
AUSZUG
3
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Warum wir uns als Kirche mit den Sinus-Milieus®
beschäftigen
 Die Mitglieder der Kirche finden sich in allen 10 Milieus.
Dieser Milieu-Reichtum ist etwas Wertvolles. Mit vielen
ihrer Angebote erreicht die Kirche aber nur wenige Milieus.
 Die Sinus-Milieus bieten eine soziologische Brille,
die der Kirche hilft, die Vielfalt und Unterschiedlichkeit
ihrer Mitglieder besser zu sehen und zu verstehen.
 Diese soziologische Brille hilft auch, uns selbst als Kirche
besser wahrzunehmen und unsere Milieuverengung zu erkennen.
Die Sinus-Milieus sensibilisieren für die Unterschiedlichkeit
von Menschen und für die Vielfalt der Lebensweisen
AUSZUG
4
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Erkenntnisinteressen
 Update der Vorgängerstudie 2005 auf der Grundlage des aktualisierten
Gesellschaftsmodells der Sinus-Milieus
 Aktuelle Erkenntnisse, wie Glaube, Religion und Kirche in der heutigen Zeit
verstanden und gelebt werden
 Praxisrelevante Befunde, welche Anschlussmöglichkeiten es für die Kirche
in den verschiedenen Bevölkerungsmilieus gibt
 Anhaltspunkte für eine milieusensible Pastoral, Hinweise für zeitgemäßes
Kirchen-Marketing und erfolgreiche (mediale) Kommunikation
AUSZUG
5
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Die Sinus-Milieus® in Deutschland 2013
Soziale Lage und Grundorientierung
© SINUS 2013
Soziale
Lage
Grund-
orientierung
Untere
Mittelschicht /
Unterschicht
3
Mittlere
Mittelschicht 2
Oberschicht /
Obere
Mittelschicht
1
Traditions-
verwurzelung
"Festhalten"
Modernisierung / Individualisierung
Tradition Neuorientierung
Modernisierte
Tradition
"Bewahren"
Lebensstandard,
Status, Besitz
"Haben & Genießen"
Multioptionalität,
Beschleunigung,
Pragmatismus
"Machen & Erleben"
Selbstverwirklichung,
Emanzipation, Authentizität
"Sein & Verändern"
A B C Exploration,
Refokussierung,
neue Synthesen
"Grenzen überwinden"
Sinus C1
Milieu der
Performer
7% Sinus C12
Expeditives
Milieu
6%
Sinus BC23
Hedonistisches
Milieu
15%
Sinus B1
Liberal-intellektuelles
Milieu
7%
Sinus AB12
Konservativ-
etabliertes
Milieu
10%
Sinus AB23
Traditionelles Milieu
15%
Sinus B23
Bürgerliche Mitte
14%
Sinus B3
Prekäres Milieu
9%
Sinus C2
Adaptiv-
pragmatisches
Milieu
9%
Sinus B12
Sozialökologisches
Milieu
7%
AUSZUG
6
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Multioptionalität,
Beschleunigung,
Pragmatismus
Modernisierte
Tradition
Lebensstandard,
Status, Besitz
Festhalten Bewahren
Tradition
Haben & Genießen Sein & Verändern
Modernisierung / Individualisierung
Machen & Erleben Grenzen überwinden
Neuorientierung
Traditions-
verwurzelung
Selbstverwirklichung,
Emanzipation, Authentizität
Exploration,
Refokussierung,
neue Synthesen
Grundorientierung
Bürgerliche
Mitte
Konservativ-
Etablierte
Liberal-
Intellektuelle
Sozialökologische
Performer
Expeditive
Adaptiv-
Pragmatische
Hedonisten
Traditionelle
Prekäre
Soziale
Lage
Untere
Mittelschicht
/
Unterschicht
Mittlere
Mittelschicht
Oberschicht
/
Obere
Mittelschicht
44%
35%
43%
36%
28%
31%
33%
37%
34%
35%
= überrepräsentiert
= unterrepräsentiert
= durchschnittlich
* Basis: VerbraucherAnalyse 2012, N = 32.218 (Bevölkerung ab 14 Jahren)
Anteil von Katholiken in den Sinus-Milieus
36%*
Ø =
© SINUS 2012
AUSZUG
7
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus®
Konservativ-etabliertes Milieu
10%
Das klassische Establishment:
Verantwortungs- und Erfolgsethik; Exklusivitäts- und
Führungsansprüche; Standesbewusstsein, Entre-nous-
Abgrenzung
Liberal-intellektuelles Milieu
7%
Die aufgeklärte Bildungselite:
liberale Grundhaltung und postmaterielle Wurzeln;
Wunsch nach selbstbestimmtem Leben, vielfältige
intellektuelle Interessen
Milieu der Performer
7%
Die multi-optionale, effizienzorientierte Leistungselite:
global-ökonomisches Denken; Konsum- und Stil-
Avantgarde; hohe IT- und Multimedia-Kompetenz
Expeditives Milieu
6%
Die ambitionierte kreative Avantgarde:
mental und geografisch mobil, online und offline
vernetzt und auf der Suche nach neuen Grenzen und
neuen Lösungen
Sozial gehobene Milieus
AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus®
Bürgerliche Mitte
14%
Der leistungs- und anpassungsbereite bürgerliche
Mainstream:
generelle Bejahung der gesellschaftlichen Ordnung;
Wunsch nach beruflicher und sozialer Etablierung,
nach gesicherten und harmonischen Verhältnissen
Adaptiv-pragmatisches Milieu
9%
Die moderne junge Mitte unserer Gesellschaft mit
ausgeprägtem Lebenspragmatismus und Nutzenkalkül:
zielstrebig und kompromissbereit, hedonistisch und
konventionell, flexibel und sicherheitsorientiert;
starkes Bedürfnis nach Verankerung und Zugehörigkeit
Sozialökologisches Milieu
7%
Konsumkritisches /-bewusstes Milieu mit normativen
Vorstellungen vom "richtigen" Leben:
ausgeprägtes ökologisches und soziales Gewissen;
Globalisierungs-Skeptiker, Bannerträger von Political
Correctness und Diversity
Milieus der Mitte
AUSZUG
9
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus®
Traditionelles Milieu
15%
Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegs- / Nach-
kriegsgeneration:
verhaftet in der alten kleinbürgerlichen Welt bzw. in
der traditionellen Arbeiterkultur; Sparsamkeit, Kon-
formismus und Anpassung an die Notwendigkeiten
Prekäres Milieu
9%
Die um Orientierung und Teilhabe bemühte Unterschicht
mit starken Zukunftsängsten und Ressentiments:
Häufung sozialer Benachteiligungen, geringe Aufstiegs-
perspektiven, reaktive Grundhaltung; bemüht, Anschluss
zu halten an die Konsumstandards der breiten Mitte
Hedonistisches Milieu
15%
Die spaß- und erlebnisorientierte moderne Unter-
schicht / untere Mittelschicht:
Leben im Hier und Jetzt, Verweigerung von Konven-
tionen und Verhaltenserwartungen der Leistungsgesell-
schaft
Milieus der unteren Mitte / Unterschicht
AUSZUG
1 0
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Projektrahmen der Studie
Religiöse und kirchliche Orientierungen in den Sinus-Milieus 2013
AUSZUG
1 1
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Qualitativ-ethnografischer Forschungsansatz
 Ganzheitlich-verstehender Ansatz – analog zur Vorgängerstudie 2005
– Umfassende, in die Tiefe gehende Analyse der Wahrnehmungs-, Denk- und
Erlebnismuster
– Erfassung der hinter sozialen Normen und Klischees stehenden Bedürfnisse,
Befindlichkeiten, Einstellungen und Motive
 Validität der Ergebnisse
– Aufgrund der eingesetzten qualitativ-ethnologischen Methoden können gültige
Aussagen auf vergleichsweise kleiner Stichprobenbasis gewonnen werden
– Über die Sinus-Milieu-Quotierung wird das gesamte Spektrum der Lebenswelten
berücksichtigt
– Dadurch sind alle relevanten Wahrnehmungsmuster und Einstellungsdimensionen
repräsentiert
 Das heißt:
Die Ergebnisse der Studie sind gültig im Sinne inhaltlicher Relevanz und Typizität
AUSZUG
1 2
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Stichprobenkonzept
 Befragung nur von Mitgliedern der katholischen Kirche
– Ausgetretene oder nicht Getaufte wurden nicht in die Stichprobe einbezogen
– Auch nicht berücksichtigt wurden Angehörige anderer Konfessionen und
Konfessionslose
 100 Einzelexplorationen (10 pro Sinus-Milieu®)
– jeweils 5 männliche und 5 weibliche Befragte
– davon jeweils 2 aktive und 3 passive Mitglieder
– Altersquotierung entsprechend den Altersschwerpunkten im jeweiligen Milieu
 Die Interviews wurden regional gestreut in Nord-, Süd-, West- und Ostdeutschland
durchgeführt
– Berücksichtigung städtischer und ländlicher Gebiete
AUSZUG
1 3
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Methodische Anlage der Untersuchung
 Explorative Einzelfallstudien
– rekrutiert nach Sinus-Milieus, Kirchenmitgliedschaft und
Teilnahmeintensität (aktive vs. passive Mitglieder)
– Einsatz erfahrener, mit dem Thema vertrauter Interviewer
 Leitfadengestützte Gespräche von 1½ bis 2 Stunden Dauer
– Non-direktive Exploration
– „Hausaufgabe“ vor bzw. nach dem Interview
(„Das gibt meinem Leben Sinn“ / „So stelle ich mir die ideale Kirche vor“)
 Foto-Dokumentation der Wohnwelten
– Durchführung der Gespräche im häuslichen Umfeld der Befragten
 Einblicke in gelebte Alltagskontexte, unter Einbindung von religiösen
und kirchlichen Bedürfnissen und Praktiken
AUSZUG
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Die Erhebungsthemen
 Alltagsleben, Lebenswelt: Arbeit, Freizeit, Familie
 Das Wichtigste im Leben, Lebensphilosophie und Lebenssinn
 Wohlbefinden, Glücksmomente
 Spiritualität, Glaube, Religion
 Christliches Leben, religiöse Praxis
 Wahrnehmung der katholischen Kirche: Die Institution und ihre Veränderung
 Wünsche und Erwartungen an die Kirche
 Teilnahme am kirchlichen Leben
 Ehrenamtliches Engagement
 Kirchliche Kommunikation, Pfarrbrief
 Sonderthema Spenden
(eigenständiger Forschungsbericht)
neu versus 2005
AUSZUG
1 5
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Ausgewählte, zusammenfassende
Ergebnisse
Religiöse und kirchliche Orientierungen in den Sinus-Milieus 2013
AUSZUG
1 6
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Glaube und Religion: Zusammenfassung (1)
 Viele Befragte verstehen sich nicht als gläubig im traditionellen Sinn und suchen auch nicht aktiv nach
einer Beziehung zu Gott. Insbesondere in den jungen und unterschichtigen Milieus spielen Glaube und
Religion im Alltag häufig gar keine Rolle mehr.
 Bei vielen Befragten ist der Glaube individualisiert – und nicht an die katholische Religion und
Kirche gebunden. Viele bezeichnen sich zwar als religiös, definieren aber den Inhalt ihres Glaubens
ebenso wie ihre Vorstellungen von Gott eher diffus. Kernelemente des katholischen Bekenntnisses
(z. B. Auferstehung von den Toten, Erbsünde, unbefleckte Empfängnis) werden nur noch von
wenigen wörtlich genommen.
 Die Verbindlichkeit der katholischen Religion als geschlossenes Glaubenssystem scheint in der Viel-
falt religiöser und spiritueller Angebote verloren gegangen zu sein. Viele stellen sich ein individuelles
Glaubens-Patchwork zusammen und bedienen sich dabei aus vielfältigen (häufig fernöstlichen)
Quellen.
 Während von den jungen Milieus die freie Wahl von Glaube und Religion selbstverständlich einge-
fordert wird, finden sich bei (älteren) Angehörigen des traditionellen Segments noch Restbestände
einer dem katholischen Katechismus verpflichteten Lebensführung.
 In den Milieus der Traditionellen, der Konservativ-Etablierten und zu einem guten Teil auch der Bür-
gerlichen Mitte gehören Glaube, Religion und Kirche zusammen, geben in ihrer traditionellen Gestalt
Rückhalt, Orientierung und Struktur und sorgen für soziale Einbettung.
AUSZUG
1 7
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Glaube und Religion: Zusammenfassung (2)
 Weithin überlebt hat sich allerdings die traditionelle (volkskirchliche) Frömmigkeit; sie gilt heute in
den meisten Milieus, auch in denen des traditionellen Segments, als unzeitgemäße, unkritisch-naive
Haltung, der es letztlich an (Selbst)Verantwortung mangelt – und die allenfalls noch in exotischem
Gewand (Mystiker, Mönche, Einsiedler) geschätzt wird.
 In den modernen gehobenen Milieus findet häufig eine intellektuell-distanzierte Auseinanderset-
zung mit Fragen der Religion und des Glaubens statt. Die christliche Religion gilt zwar als zentraler
Bestandteil der abendländischen Kultur und als Basis einer allgemein verbindlichen Ethik. Vom
Kanon kirchlicher Glaubenssätze haben sich aber die meisten emanzipiert, und für die persönliche
Ausgestaltung ihres Glaubens haben diese keine Verbindlichkeit.
AUSZUG
1 8
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Glaube und Religion:
Das Milieu-Panorama
Expeditive
• Glaube als individuelles Konzept jen-
seits der bestehenden Religionen
• Offenheit für unterschiedlichste
spirituelle Angebote; häufig
Patchwork-Glauben
• Ablehnung institutionalisierten
religiösen Lebens und jeder Art
von religiösem Fanatismus
Sozialökologische
• Ablehnung des normativen
Anspruchs der Religionen;
kirchenkritische Grundhaltung
• Der persönliche Glaube ist nicht an
eine Religion gebunden, häufig
individuelles Glaubens-Patchwork
• Faible für fernöstliche spirituelle
Angebote
Adaptiv-Pragmatische
• Glaube und Religion sind alltags-
fern; aber Offenheit für Kasualien
• Religion und Glaube werden unter
Nützlichkeitsaspekten betrachtet;
Kirche als Dienstleisterin
• Wunsch nach spirituellen Wellness-
Angeboten
Liberal-Intellektuelle
• Interessiert-kritischer Zugang zu
Glauben und Religion(en)
• Religion als zentraler Bestandteil
kulturellen Lebens
• Glaube als Basis einer ethischen
Grundhaltung
• Wunsch nach religiöser Vielfalt
und Ökumene
Performer
• Glaube widerspricht den Kernwerten
Rationalität und Eigenverantwortung
• Glaube als „Exit-Strategie“ aus den
Zwängen des Alltags
• Vorbehalte gegenüber den eta-
blierten Religionen; Katholizismus
ist kaum anschlussfähig an das
moderne Leben
Prekäre
• Häufig fehlende Bezüge zu Religion
und Glaube, Konzentration auf das
Diesseits
• Den wenigen (oft naiv) Gläubigen
spendet ihr Glauben Trost und
Hoffnung
• Verbreitet Enttäuschung durch
Kirche und Kirchenvertreter und
Abwendung vom Glauben
Hedonisten
• Glaube und Religion haben im
Alltag wenig Bedeutung
• Die Bestimmungen der (christ-
lichen) Religion sind einengend
und spaßfeindlich
• Stark individualisierte Glaubens-
konzepte – losgelöst von Kirche,
Religion oder sogar Gott
Konservativ-Etablierte
• Religion als Teil der Familientradition
• Religion als gesellschaftliches
Bindemittel und Hüterin tradi-
tioneller Werte
• Häufig intellektuelle Auseinander-
setzung mit Fragen des Glaubens,
der Ethik und Moral
Bürgerliche Mitte
• Glaube kann (in unsicheren Zeiten)
Rückhalt und Orientierungshilfe sein
• Glaube, Religion und Kirche ge-
hören zusammen; Kirche ist fester
Bestandteil des sozialen Gefüges
• Akzeptanz der ritualisierten
religiösen Praxis (z. B. Gebete)
Traditionelle
• Häufig gläubige Katholiken – von
Kindheit an (traditionelle Volks-
kirche)
• Kaum kritische Auseinandersetzung
mit Glaube, Religion und Kirche
• Religion ist Lebensgrundlage und
Lebenssinn, gibt Halt und Struktur
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AUSZUG
1 9
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Glaube und Religion:
Milieutypische Aussagen
Expeditive
„Es gibt die einen, die sind eher so
auf Kräuterhexen-mäßig unterwegs,
dann gibt es welche, die Akupunktur,
Yoga, Ayurveda (…). Und ich finde
alle Richtungen sehr spannend, habe
aber jetzt für mich, glaube ich, noch
nicht so das gefunden, wo ich jetzt
sagen würde, das ist jetzt meins.“
Sozialökologische
„Ich glaube an den Sinn in unserem
Leben, ich glaube an die Unsterblich-
keit der Seele. Ich glaube an eine
Verbindung von allem mit allem, an
einen Zusammenhang von allen
Seelen.“
Adaptiv-Pragmatische
„Das ist mir schon wichtig.
Ich mache Yoga, ich meditiere.
Das ist ja schon sehr spirituell, oder?
Ich glaube schon.“
Liberal-Intellektuelle
„Als ich in Bosnien mal war, habe
ich immer versucht, die örtliche
Moschee anzuschauen und zu
gucken, wie sieht religiöses Leben in
dem Ort aus, wo ich da bin. Weil ich
immer auf der Suche bin nach der
Funktion von Religion.“
Performer
„Ich bin da sehr anpassungsfähig
geworden. Die einen nennen es
gläubig und die anderen nennen es
irgendwie anders. Ich selbst habe da
eigentlich gar keinen Begriff dafür.“
Prekäre
„Als Kind habe ich ihn drum gebeten,
bitte mach. Er hat nicht gemacht.
Deswegen ist das für mich ganz arg
schwer mit diesen Sachen, Geschöpf
Gottes.“
Hedonisten
„Sagen wir so, es ist im Moment
nicht wichtig für mich. Ich würde
nicht sagen, dass mich das
irgendwie trägt oder so.“
Konservativ-Etablierte
„Mein Glaube gibt mir Kraft und
Sinn für das Leben, wobei Glauben
ja keine wissenschaftlich beweisbare
Tatsache ist“
Bürgerliche Mitte
„Warum ich gläubig bin? Weil ich so
erzogen worden bin.“
„Also was für mich wichtig war, ist
dass wir kirchlich geheiratet haben.“
Traditionelle
„Ich glaube, wenn Du keiner Religion
angehörst, fehlt Dir einfach irgend-
wie die Wärme im Leben. Es gibt
einfach den Glauben, ich bin darin
groß geworden.“
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AUSZUG
2 0
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Erwartungen an die Kirche: Zusammenfassung (1)
 Quer durch die Milieus sind sich die Befragten einig, dass die katholische Kirche
in Deutschland, so wie sie im Moment ist, keinen Bestand haben wird:
– Auflehnung, Empörung, Widerstand (aber keine Reformation 2.0)
– Die Kirche muss sich verändern und sie wird sich verändern
(weil sie das Potential dazu hat)
– Die Kirche ist besser als ihre derzeitige Führung
 Die Vorstellungen dazu sind milieuspezifisch:
– In den gehobenen Milieus sind viele davon überzeugt, dass die katholische Kirche
im Kern unerschütterlich ist. Sie muss ihre Identität bewahren, aber in der Zeit ankommen.
– In den Milieus der Mitte wartet man mit einer ganzen Reihe praktischer Vorschläge auf zur
Abschaffung überholter Regeln und zur Verjüngung und Modernisierung der Ausdrucksformen
von Kirche.
– In den jungen und den unterschichtigen Milieus nimmt man die Kirche – aus der Distanz –
so wie sie ist, weil man ohnehin nicht glaubt, etwas an den verkrusteten Strukturen ändern
zu können. Wenn die Kirche verschwinden würde, wäre das im Alltag ohne Bedeutung.
Wie wird sich die katholische Kirche zukünftig entwickeln?
AUSZUG
2 1
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Erwartungen an die Kirche: Zusammenfassung (2)
 Trotz aller Kritik wird viel von der Kirche erwartet. Die Kirche und ihre Dienste werden nach wie
vor gebraucht. Quer durch die Milieus wünschen sich gläubige Katholiken:
– Spirituelle Orientierung, Sicherheit, Sinn
– Seelsorgerische Begleitung in schwierigen Lebenslagen, Kasualien
– Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, Fröhlichkeit und Lebendigkeit
– Aussicht auf ein wohlgeordnetes, tröstliches Ende (kirchliche Bestattung)
 Die Angst davor, „einfach so verscharrt zu werden“, ist ein wichtiges Argument für den Verbleib
in der Kirche für diejenigen, die angesichts der desolaten Lage der katholischen Kirche am liebsten
austreten würden.
 Unabhängig davon erwartet man von der Institution Kirche Beweglichkeit und Reformwilligkeit:
– Mehr Kompetenzen für engagierte Laien
– Mehr Frauen in Leitungsämter; Frauen zu Priesterinnen weihen
– Die Zölibatspflicht für Geistliche aufheben; andere Einstellung zur Empfängnisverhütung und
zur Sexualität
– Sakramente für alle Menschen, die sich als Christen verstehen,
unabhängig von Lebenswandel, sexueller Identität oder Konfession
– Weniger Prachtentfaltung, weniger Machtmissbrauch
– Konzentration auf die Kernaufgaben Gottesliebe und Nächstenliebe
Was wünscht man sich von der katholischen Kirche?
AUSZUG
2 2
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Erwartungen an die Kirche:
Das Milieu-Panorama
Expeditive
• Gut für andere, man selbst braucht
die Kirche nicht
• Mehr auf Jugendliche eingehen
• Toleranz gegenüber unterschied-
lichen Lebensformen und
Religionen
Sozialökologische
• Deutliches Eintreten für Menschen
in sozialen Notlagen
• Weniger Prachtentfaltung
• Geschlechtergerechtigkeit
• Demokratisierung, Zivilcourage
Adaptiv-Pragmatische
• Biblische Aussagen mehr in
Alltagskontexte einbinden
• Mehr Lebensnähe durch modernes
Marketing
• Verjüngung des Leitungspersonals
Liberal-Intellektuelle
• Grundbedürfnis nach spiritueller
Orientierung bedienen
• Balance zwischen Öffnung und
Kultivierung „uralter Riten“
• Schulterschluss mit anderen
christlichen Konfessionen
überlebenswichtig
Performer
• „Fluctuat nec mergitur“; Unbeweg-
lichkeit ist auch eine Stärke
• Widerspruch zwischen
Modernisierung und Wahrung der
eigenen Identität aushalten
• Klarheit und Beständigkeit
Prekäre
• Düstere Zukunft erwartet
• Einstellung zu Sexualität müsste
sich ändern
• Verlust der Vorbildfunktion durch
Missbrauchsfälle
• Rückbesinnung auf christliche
Grundwerte (Nächstenliebe) nötig
Hedonisten
• Bedeutungsverlust durch
mangelnde Präsenz
• Lockerung von unzeitgemäßen
Vorschriften nötig
• Dennoch sich selbst treu bleiben
• Wachsendes Betätigungsfeld in der
Dritten Welt
Konservativ-Etablierte
• Kein Zweifel am Fortbestand der
katholischen Kirche
• In Deutschland Bedeutungsverlust,
in außereuropäischen Ländern
Bedeutungszuwachs erwartet
• Modernisierung erscheint
unerlässlich
Bürgerliche Mitte
• Gemeindeleitungsaufgaben auch
an Laien übertragen
• Modernisierung, Öffnung, mehr
Menschlichkeit, mehr Lebendigkeit
• Ansprechendere Gottesdienste
• Nachwuchsprobleme bei
Ehrenamtlichen
Traditionelle
• Kirche wird schrumpfen und an
Bedeutung verlieren
• In großen Seelsorgeeinheiten kein
persönlicher Bezug mehr gegeben
• Resignation, wenig Hoffnung
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2 3
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Erwartungen an die Kirche:
Milieutypische Aussagen
Expeditive
„Obwohl für mich die Kirche
eigentlich abgeschlossen ist, wäre
Modernisierung wünschenswert.
Weil die Moralen, die sie vermitteln,
sind nicht schlecht.“
Sozialökologische
„Also mehr Demokratie, das wäre
das Allererste. Die Demokratie
dürfte nicht geschlechtsspezifisch
sein, das müsste ganz klar sein. Das
Zweite wäre, dass Bischöfe mit 70
alle aufhören müssten.“
Adaptiv-Pragmatische
„Die müssen das gut verkaufen, gut
verpacken, ein bisschen
interessanter gestalten und mehr
Aufmerksamkeit auf sich lenken im
positiven Sinne.“
Liberal-Intellektuelle
„Die Kirche war mal für Moral
zuständig, und ich hätte gerne, dass
sie wieder zuständig ist, ohne
moralisierend zu sein.“
Performer
„Man muss nicht jeden Trend
mitgehen, aber man muss sich
bewusst sein, in welcher Zeit man
aktiv ist und was man gerade
macht.“
Prekäre
„Sie müssten ein bisschen ein Auge
zudrücken und nicht immer so
kleinlich, ein bisschen weltoffener
werden.“
„Im Grunde genommen zerstört sie
sich selbst.“
Hedonisten
„Das ist schwer zu sagen, sie soll
sich total ändern, was das Ganze
natürlich auch unglaubwürdig
machen würde.“
Konservativ-Etablierte
„Grundsätzlich muss sich unsere
Kirche ganz ernsthaft Gedanken
machen, wie man Leute weiter für
den Glauben begeistert.“
Bürgerliche Mitte
„Wenn da kein Sinneswandel
kommt, wenn sie es nicht schaffen
junge Leute anzusprechen, wird sie
in dieser Form aussterben.“
Traditionelle
„Es geht den Bach runter, denke ich.
In die Kirche geht ja kein Mensch
mehr. Wenn ich mal drin bin, sind
da nur noch alte Omas.“
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MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Copyright MDG & SINUS-Institut 2013
 Das vorliegende Werk ist urheberrechtlich geschützt. Kein Teil davon darf ohne schriftliche Ein-
willigung der MDG Medien Dienstleistung GmbH und der SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH
in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren), auch nicht zum Zwecke der
Unterrichtsgestaltung, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet,
vervielfältigt oder verbreitet werden. Zitate und Nachdrucke, auch auszugsweise, sind nur mit
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Handbuch enthaltenen Wohnbildern handelt es sich um Fotos aus den Wohnungen von Befragten
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unterstützenden Erklärung unserer Forschungsergebnisse dienen. Diese dürfen weder veröffentlicht
noch an Dritte weitergegeben werden.
AUSZUG
2 5
MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen
Beratung
MDG Medien-Dienstleistung GmbH
Grillparzerstraße 12a / D – 81675 München
Telefon: +49 (0) 89-54 58 89-0 / Telefax: +49 (0) 89-5 50 19 61
E-Mail: info@mdg-online.de
Web: http://www.mdg-online.de
Wir helfen Ihnen bei der Umsetzung der Ergebnisse des
MDG-Milieuhandbuchs in Ihrem Bereich:
Georg Frericks
(Markt- und Grundlagenforschung)
frericks@mdg-online.de
Wilfried Günther
(Geschäftsführer)
guenther@mdg-online.de

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MDG-Milieuhandbuch 2013 - Auszug

  • 1. AUSZUG MDG-Milieuhandbuch 2013 Religiöse und kirchliche Orientierungen in den Sinus-Milieus Im Auftrag der MDG Medien-Dienstleistung GmbH Heidelberg / München, Januar 2013 Auszug
  • 2. AUSZUG 2 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Impressum Herausgeber: MDG Medien-Dienstleistung GmbH, München Institut: SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH, Heidelberg Autoren: Dr. Marc Calmbach, Berthold Bodo Flaig, Ingrid Eilers Projektleiter: Georg Frericks (MDG) Beratung: Thomas Arnold, Gottfried Baumann, Prof. Andreas Büsch, Prof. Dr. Dr. Michael N. Ebertz, Stefan Eß, Dr. Jürgen Holtkamp, Andreas Huber, Dr. Tobias Kläden, Michael Kleine, Christiane Kolfenbach, Andreas Lohmann, Prof. Dr. Matthias Sellmann, Prof. DDr. Klaus Vellguth, Caroline Wolanski, Dr. Armin Wouters Förderung: Das MDG-Milieuhandbuch 2013 wurde gefördert aus Mitteln des Treuhandfonds Medien des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD) Copyright © 2013 by MDG Medien-Dienstleistung GmbH, München Copyright © 2013 by SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH, Heidelberg Die MDG Medien-Dienstleistung dankt folgenden Institutionen für die finanzielle Unterstützung der Studie:
  • 3. AUSZUG 3 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Warum wir uns als Kirche mit den Sinus-Milieus® beschäftigen  Die Mitglieder der Kirche finden sich in allen 10 Milieus. Dieser Milieu-Reichtum ist etwas Wertvolles. Mit vielen ihrer Angebote erreicht die Kirche aber nur wenige Milieus.  Die Sinus-Milieus bieten eine soziologische Brille, die der Kirche hilft, die Vielfalt und Unterschiedlichkeit ihrer Mitglieder besser zu sehen und zu verstehen.  Diese soziologische Brille hilft auch, uns selbst als Kirche besser wahrzunehmen und unsere Milieuverengung zu erkennen. Die Sinus-Milieus sensibilisieren für die Unterschiedlichkeit von Menschen und für die Vielfalt der Lebensweisen
  • 4. AUSZUG 4 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Erkenntnisinteressen  Update der Vorgängerstudie 2005 auf der Grundlage des aktualisierten Gesellschaftsmodells der Sinus-Milieus  Aktuelle Erkenntnisse, wie Glaube, Religion und Kirche in der heutigen Zeit verstanden und gelebt werden  Praxisrelevante Befunde, welche Anschlussmöglichkeiten es für die Kirche in den verschiedenen Bevölkerungsmilieus gibt  Anhaltspunkte für eine milieusensible Pastoral, Hinweise für zeitgemäßes Kirchen-Marketing und erfolgreiche (mediale) Kommunikation
  • 5. AUSZUG 5 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Die Sinus-Milieus® in Deutschland 2013 Soziale Lage und Grundorientierung © SINUS 2013 Soziale Lage Grund- orientierung Untere Mittelschicht / Unterschicht 3 Mittlere Mittelschicht 2 Oberschicht / Obere Mittelschicht 1 Traditions- verwurzelung "Festhalten" Modernisierung / Individualisierung Tradition Neuorientierung Modernisierte Tradition "Bewahren" Lebensstandard, Status, Besitz "Haben & Genießen" Multioptionalität, Beschleunigung, Pragmatismus "Machen & Erleben" Selbstverwirklichung, Emanzipation, Authentizität "Sein & Verändern" A B C Exploration, Refokussierung, neue Synthesen "Grenzen überwinden" Sinus C1 Milieu der Performer 7% Sinus C12 Expeditives Milieu 6% Sinus BC23 Hedonistisches Milieu 15% Sinus B1 Liberal-intellektuelles Milieu 7% Sinus AB12 Konservativ- etabliertes Milieu 10% Sinus AB23 Traditionelles Milieu 15% Sinus B23 Bürgerliche Mitte 14% Sinus B3 Prekäres Milieu 9% Sinus C2 Adaptiv- pragmatisches Milieu 9% Sinus B12 Sozialökologisches Milieu 7%
  • 6. AUSZUG 6 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Multioptionalität, Beschleunigung, Pragmatismus Modernisierte Tradition Lebensstandard, Status, Besitz Festhalten Bewahren Tradition Haben & Genießen Sein & Verändern Modernisierung / Individualisierung Machen & Erleben Grenzen überwinden Neuorientierung Traditions- verwurzelung Selbstverwirklichung, Emanzipation, Authentizität Exploration, Refokussierung, neue Synthesen Grundorientierung Bürgerliche Mitte Konservativ- Etablierte Liberal- Intellektuelle Sozialökologische Performer Expeditive Adaptiv- Pragmatische Hedonisten Traditionelle Prekäre Soziale Lage Untere Mittelschicht / Unterschicht Mittlere Mittelschicht Oberschicht / Obere Mittelschicht 44% 35% 43% 36% 28% 31% 33% 37% 34% 35% = überrepräsentiert = unterrepräsentiert = durchschnittlich * Basis: VerbraucherAnalyse 2012, N = 32.218 (Bevölkerung ab 14 Jahren) Anteil von Katholiken in den Sinus-Milieus 36%* Ø = © SINUS 2012
  • 7. AUSZUG 7 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus® Konservativ-etabliertes Milieu 10% Das klassische Establishment: Verantwortungs- und Erfolgsethik; Exklusivitäts- und Führungsansprüche; Standesbewusstsein, Entre-nous- Abgrenzung Liberal-intellektuelles Milieu 7% Die aufgeklärte Bildungselite: liberale Grundhaltung und postmaterielle Wurzeln; Wunsch nach selbstbestimmtem Leben, vielfältige intellektuelle Interessen Milieu der Performer 7% Die multi-optionale, effizienzorientierte Leistungselite: global-ökonomisches Denken; Konsum- und Stil- Avantgarde; hohe IT- und Multimedia-Kompetenz Expeditives Milieu 6% Die ambitionierte kreative Avantgarde: mental und geografisch mobil, online und offline vernetzt und auf der Suche nach neuen Grenzen und neuen Lösungen Sozial gehobene Milieus
  • 8. AUSZUG 8 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus® Bürgerliche Mitte 14% Der leistungs- und anpassungsbereite bürgerliche Mainstream: generelle Bejahung der gesellschaftlichen Ordnung; Wunsch nach beruflicher und sozialer Etablierung, nach gesicherten und harmonischen Verhältnissen Adaptiv-pragmatisches Milieu 9% Die moderne junge Mitte unserer Gesellschaft mit ausgeprägtem Lebenspragmatismus und Nutzenkalkül: zielstrebig und kompromissbereit, hedonistisch und konventionell, flexibel und sicherheitsorientiert; starkes Bedürfnis nach Verankerung und Zugehörigkeit Sozialökologisches Milieu 7% Konsumkritisches /-bewusstes Milieu mit normativen Vorstellungen vom "richtigen" Leben: ausgeprägtes ökologisches und soziales Gewissen; Globalisierungs-Skeptiker, Bannerträger von Political Correctness und Diversity Milieus der Mitte
  • 9. AUSZUG 9 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus® Traditionelles Milieu 15% Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegs- / Nach- kriegsgeneration: verhaftet in der alten kleinbürgerlichen Welt bzw. in der traditionellen Arbeiterkultur; Sparsamkeit, Kon- formismus und Anpassung an die Notwendigkeiten Prekäres Milieu 9% Die um Orientierung und Teilhabe bemühte Unterschicht mit starken Zukunftsängsten und Ressentiments: Häufung sozialer Benachteiligungen, geringe Aufstiegs- perspektiven, reaktive Grundhaltung; bemüht, Anschluss zu halten an die Konsumstandards der breiten Mitte Hedonistisches Milieu 15% Die spaß- und erlebnisorientierte moderne Unter- schicht / untere Mittelschicht: Leben im Hier und Jetzt, Verweigerung von Konven- tionen und Verhaltenserwartungen der Leistungsgesell- schaft Milieus der unteren Mitte / Unterschicht
  • 10. AUSZUG 1 0 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Projektrahmen der Studie Religiöse und kirchliche Orientierungen in den Sinus-Milieus 2013
  • 11. AUSZUG 1 1 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Qualitativ-ethnografischer Forschungsansatz  Ganzheitlich-verstehender Ansatz – analog zur Vorgängerstudie 2005 – Umfassende, in die Tiefe gehende Analyse der Wahrnehmungs-, Denk- und Erlebnismuster – Erfassung der hinter sozialen Normen und Klischees stehenden Bedürfnisse, Befindlichkeiten, Einstellungen und Motive  Validität der Ergebnisse – Aufgrund der eingesetzten qualitativ-ethnologischen Methoden können gültige Aussagen auf vergleichsweise kleiner Stichprobenbasis gewonnen werden – Über die Sinus-Milieu-Quotierung wird das gesamte Spektrum der Lebenswelten berücksichtigt – Dadurch sind alle relevanten Wahrnehmungsmuster und Einstellungsdimensionen repräsentiert  Das heißt: Die Ergebnisse der Studie sind gültig im Sinne inhaltlicher Relevanz und Typizität
  • 12. AUSZUG 1 2 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Stichprobenkonzept  Befragung nur von Mitgliedern der katholischen Kirche – Ausgetretene oder nicht Getaufte wurden nicht in die Stichprobe einbezogen – Auch nicht berücksichtigt wurden Angehörige anderer Konfessionen und Konfessionslose  100 Einzelexplorationen (10 pro Sinus-Milieu®) – jeweils 5 männliche und 5 weibliche Befragte – davon jeweils 2 aktive und 3 passive Mitglieder – Altersquotierung entsprechend den Altersschwerpunkten im jeweiligen Milieu  Die Interviews wurden regional gestreut in Nord-, Süd-, West- und Ostdeutschland durchgeführt – Berücksichtigung städtischer und ländlicher Gebiete
  • 13. AUSZUG 1 3 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Methodische Anlage der Untersuchung  Explorative Einzelfallstudien – rekrutiert nach Sinus-Milieus, Kirchenmitgliedschaft und Teilnahmeintensität (aktive vs. passive Mitglieder) – Einsatz erfahrener, mit dem Thema vertrauter Interviewer  Leitfadengestützte Gespräche von 1½ bis 2 Stunden Dauer – Non-direktive Exploration – „Hausaufgabe“ vor bzw. nach dem Interview („Das gibt meinem Leben Sinn“ / „So stelle ich mir die ideale Kirche vor“)  Foto-Dokumentation der Wohnwelten – Durchführung der Gespräche im häuslichen Umfeld der Befragten  Einblicke in gelebte Alltagskontexte, unter Einbindung von religiösen und kirchlichen Bedürfnissen und Praktiken
  • 14. AUSZUG 1 4 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Die Erhebungsthemen  Alltagsleben, Lebenswelt: Arbeit, Freizeit, Familie  Das Wichtigste im Leben, Lebensphilosophie und Lebenssinn  Wohlbefinden, Glücksmomente  Spiritualität, Glaube, Religion  Christliches Leben, religiöse Praxis  Wahrnehmung der katholischen Kirche: Die Institution und ihre Veränderung  Wünsche und Erwartungen an die Kirche  Teilnahme am kirchlichen Leben  Ehrenamtliches Engagement  Kirchliche Kommunikation, Pfarrbrief  Sonderthema Spenden (eigenständiger Forschungsbericht) neu versus 2005
  • 15. AUSZUG 1 5 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Ausgewählte, zusammenfassende Ergebnisse Religiöse und kirchliche Orientierungen in den Sinus-Milieus 2013
  • 16. AUSZUG 1 6 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Glaube und Religion: Zusammenfassung (1)  Viele Befragte verstehen sich nicht als gläubig im traditionellen Sinn und suchen auch nicht aktiv nach einer Beziehung zu Gott. Insbesondere in den jungen und unterschichtigen Milieus spielen Glaube und Religion im Alltag häufig gar keine Rolle mehr.  Bei vielen Befragten ist der Glaube individualisiert – und nicht an die katholische Religion und Kirche gebunden. Viele bezeichnen sich zwar als religiös, definieren aber den Inhalt ihres Glaubens ebenso wie ihre Vorstellungen von Gott eher diffus. Kernelemente des katholischen Bekenntnisses (z. B. Auferstehung von den Toten, Erbsünde, unbefleckte Empfängnis) werden nur noch von wenigen wörtlich genommen.  Die Verbindlichkeit der katholischen Religion als geschlossenes Glaubenssystem scheint in der Viel- falt religiöser und spiritueller Angebote verloren gegangen zu sein. Viele stellen sich ein individuelles Glaubens-Patchwork zusammen und bedienen sich dabei aus vielfältigen (häufig fernöstlichen) Quellen.  Während von den jungen Milieus die freie Wahl von Glaube und Religion selbstverständlich einge- fordert wird, finden sich bei (älteren) Angehörigen des traditionellen Segments noch Restbestände einer dem katholischen Katechismus verpflichteten Lebensführung.  In den Milieus der Traditionellen, der Konservativ-Etablierten und zu einem guten Teil auch der Bür- gerlichen Mitte gehören Glaube, Religion und Kirche zusammen, geben in ihrer traditionellen Gestalt Rückhalt, Orientierung und Struktur und sorgen für soziale Einbettung.
  • 17. AUSZUG 1 7 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Glaube und Religion: Zusammenfassung (2)  Weithin überlebt hat sich allerdings die traditionelle (volkskirchliche) Frömmigkeit; sie gilt heute in den meisten Milieus, auch in denen des traditionellen Segments, als unzeitgemäße, unkritisch-naive Haltung, der es letztlich an (Selbst)Verantwortung mangelt – und die allenfalls noch in exotischem Gewand (Mystiker, Mönche, Einsiedler) geschätzt wird.  In den modernen gehobenen Milieus findet häufig eine intellektuell-distanzierte Auseinanderset- zung mit Fragen der Religion und des Glaubens statt. Die christliche Religion gilt zwar als zentraler Bestandteil der abendländischen Kultur und als Basis einer allgemein verbindlichen Ethik. Vom Kanon kirchlicher Glaubenssätze haben sich aber die meisten emanzipiert, und für die persönliche Ausgestaltung ihres Glaubens haben diese keine Verbindlichkeit.
  • 18. AUSZUG 1 8 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Glaube und Religion: Das Milieu-Panorama Expeditive • Glaube als individuelles Konzept jen- seits der bestehenden Religionen • Offenheit für unterschiedlichste spirituelle Angebote; häufig Patchwork-Glauben • Ablehnung institutionalisierten religiösen Lebens und jeder Art von religiösem Fanatismus Sozialökologische • Ablehnung des normativen Anspruchs der Religionen; kirchenkritische Grundhaltung • Der persönliche Glaube ist nicht an eine Religion gebunden, häufig individuelles Glaubens-Patchwork • Faible für fernöstliche spirituelle Angebote Adaptiv-Pragmatische • Glaube und Religion sind alltags- fern; aber Offenheit für Kasualien • Religion und Glaube werden unter Nützlichkeitsaspekten betrachtet; Kirche als Dienstleisterin • Wunsch nach spirituellen Wellness- Angeboten Liberal-Intellektuelle • Interessiert-kritischer Zugang zu Glauben und Religion(en) • Religion als zentraler Bestandteil kulturellen Lebens • Glaube als Basis einer ethischen Grundhaltung • Wunsch nach religiöser Vielfalt und Ökumene Performer • Glaube widerspricht den Kernwerten Rationalität und Eigenverantwortung • Glaube als „Exit-Strategie“ aus den Zwängen des Alltags • Vorbehalte gegenüber den eta- blierten Religionen; Katholizismus ist kaum anschlussfähig an das moderne Leben Prekäre • Häufig fehlende Bezüge zu Religion und Glaube, Konzentration auf das Diesseits • Den wenigen (oft naiv) Gläubigen spendet ihr Glauben Trost und Hoffnung • Verbreitet Enttäuschung durch Kirche und Kirchenvertreter und Abwendung vom Glauben Hedonisten • Glaube und Religion haben im Alltag wenig Bedeutung • Die Bestimmungen der (christ- lichen) Religion sind einengend und spaßfeindlich • Stark individualisierte Glaubens- konzepte – losgelöst von Kirche, Religion oder sogar Gott Konservativ-Etablierte • Religion als Teil der Familientradition • Religion als gesellschaftliches Bindemittel und Hüterin tradi- tioneller Werte • Häufig intellektuelle Auseinander- setzung mit Fragen des Glaubens, der Ethik und Moral Bürgerliche Mitte • Glaube kann (in unsicheren Zeiten) Rückhalt und Orientierungshilfe sein • Glaube, Religion und Kirche ge- hören zusammen; Kirche ist fester Bestandteil des sozialen Gefüges • Akzeptanz der ritualisierten religiösen Praxis (z. B. Gebete) Traditionelle • Häufig gläubige Katholiken – von Kindheit an (traditionelle Volks- kirche) • Kaum kritische Auseinandersetzung mit Glaube, Religion und Kirche • Religion ist Lebensgrundlage und Lebenssinn, gibt Halt und Struktur 1 2 10 9 8 7 6 5 4 3 1 2 10 9 8 7 6 5 4 3
  • 19. AUSZUG 1 9 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Glaube und Religion: Milieutypische Aussagen Expeditive „Es gibt die einen, die sind eher so auf Kräuterhexen-mäßig unterwegs, dann gibt es welche, die Akupunktur, Yoga, Ayurveda (…). Und ich finde alle Richtungen sehr spannend, habe aber jetzt für mich, glaube ich, noch nicht so das gefunden, wo ich jetzt sagen würde, das ist jetzt meins.“ Sozialökologische „Ich glaube an den Sinn in unserem Leben, ich glaube an die Unsterblich- keit der Seele. Ich glaube an eine Verbindung von allem mit allem, an einen Zusammenhang von allen Seelen.“ Adaptiv-Pragmatische „Das ist mir schon wichtig. Ich mache Yoga, ich meditiere. Das ist ja schon sehr spirituell, oder? Ich glaube schon.“ Liberal-Intellektuelle „Als ich in Bosnien mal war, habe ich immer versucht, die örtliche Moschee anzuschauen und zu gucken, wie sieht religiöses Leben in dem Ort aus, wo ich da bin. Weil ich immer auf der Suche bin nach der Funktion von Religion.“ Performer „Ich bin da sehr anpassungsfähig geworden. Die einen nennen es gläubig und die anderen nennen es irgendwie anders. Ich selbst habe da eigentlich gar keinen Begriff dafür.“ Prekäre „Als Kind habe ich ihn drum gebeten, bitte mach. Er hat nicht gemacht. Deswegen ist das für mich ganz arg schwer mit diesen Sachen, Geschöpf Gottes.“ Hedonisten „Sagen wir so, es ist im Moment nicht wichtig für mich. Ich würde nicht sagen, dass mich das irgendwie trägt oder so.“ Konservativ-Etablierte „Mein Glaube gibt mir Kraft und Sinn für das Leben, wobei Glauben ja keine wissenschaftlich beweisbare Tatsache ist“ Bürgerliche Mitte „Warum ich gläubig bin? Weil ich so erzogen worden bin.“ „Also was für mich wichtig war, ist dass wir kirchlich geheiratet haben.“ Traditionelle „Ich glaube, wenn Du keiner Religion angehörst, fehlt Dir einfach irgend- wie die Wärme im Leben. Es gibt einfach den Glauben, ich bin darin groß geworden.“ 1 2 10 9 8 7 6 5 4 3 1 2 10 9 8 7 6 5 4 3
  • 20. AUSZUG 2 0 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Erwartungen an die Kirche: Zusammenfassung (1)  Quer durch die Milieus sind sich die Befragten einig, dass die katholische Kirche in Deutschland, so wie sie im Moment ist, keinen Bestand haben wird: – Auflehnung, Empörung, Widerstand (aber keine Reformation 2.0) – Die Kirche muss sich verändern und sie wird sich verändern (weil sie das Potential dazu hat) – Die Kirche ist besser als ihre derzeitige Führung  Die Vorstellungen dazu sind milieuspezifisch: – In den gehobenen Milieus sind viele davon überzeugt, dass die katholische Kirche im Kern unerschütterlich ist. Sie muss ihre Identität bewahren, aber in der Zeit ankommen. – In den Milieus der Mitte wartet man mit einer ganzen Reihe praktischer Vorschläge auf zur Abschaffung überholter Regeln und zur Verjüngung und Modernisierung der Ausdrucksformen von Kirche. – In den jungen und den unterschichtigen Milieus nimmt man die Kirche – aus der Distanz – so wie sie ist, weil man ohnehin nicht glaubt, etwas an den verkrusteten Strukturen ändern zu können. Wenn die Kirche verschwinden würde, wäre das im Alltag ohne Bedeutung. Wie wird sich die katholische Kirche zukünftig entwickeln?
  • 21. AUSZUG 2 1 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Erwartungen an die Kirche: Zusammenfassung (2)  Trotz aller Kritik wird viel von der Kirche erwartet. Die Kirche und ihre Dienste werden nach wie vor gebraucht. Quer durch die Milieus wünschen sich gläubige Katholiken: – Spirituelle Orientierung, Sicherheit, Sinn – Seelsorgerische Begleitung in schwierigen Lebenslagen, Kasualien – Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, Fröhlichkeit und Lebendigkeit – Aussicht auf ein wohlgeordnetes, tröstliches Ende (kirchliche Bestattung)  Die Angst davor, „einfach so verscharrt zu werden“, ist ein wichtiges Argument für den Verbleib in der Kirche für diejenigen, die angesichts der desolaten Lage der katholischen Kirche am liebsten austreten würden.  Unabhängig davon erwartet man von der Institution Kirche Beweglichkeit und Reformwilligkeit: – Mehr Kompetenzen für engagierte Laien – Mehr Frauen in Leitungsämter; Frauen zu Priesterinnen weihen – Die Zölibatspflicht für Geistliche aufheben; andere Einstellung zur Empfängnisverhütung und zur Sexualität – Sakramente für alle Menschen, die sich als Christen verstehen, unabhängig von Lebenswandel, sexueller Identität oder Konfession – Weniger Prachtentfaltung, weniger Machtmissbrauch – Konzentration auf die Kernaufgaben Gottesliebe und Nächstenliebe Was wünscht man sich von der katholischen Kirche?
  • 22. AUSZUG 2 2 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Erwartungen an die Kirche: Das Milieu-Panorama Expeditive • Gut für andere, man selbst braucht die Kirche nicht • Mehr auf Jugendliche eingehen • Toleranz gegenüber unterschied- lichen Lebensformen und Religionen Sozialökologische • Deutliches Eintreten für Menschen in sozialen Notlagen • Weniger Prachtentfaltung • Geschlechtergerechtigkeit • Demokratisierung, Zivilcourage Adaptiv-Pragmatische • Biblische Aussagen mehr in Alltagskontexte einbinden • Mehr Lebensnähe durch modernes Marketing • Verjüngung des Leitungspersonals Liberal-Intellektuelle • Grundbedürfnis nach spiritueller Orientierung bedienen • Balance zwischen Öffnung und Kultivierung „uralter Riten“ • Schulterschluss mit anderen christlichen Konfessionen überlebenswichtig Performer • „Fluctuat nec mergitur“; Unbeweg- lichkeit ist auch eine Stärke • Widerspruch zwischen Modernisierung und Wahrung der eigenen Identität aushalten • Klarheit und Beständigkeit Prekäre • Düstere Zukunft erwartet • Einstellung zu Sexualität müsste sich ändern • Verlust der Vorbildfunktion durch Missbrauchsfälle • Rückbesinnung auf christliche Grundwerte (Nächstenliebe) nötig Hedonisten • Bedeutungsverlust durch mangelnde Präsenz • Lockerung von unzeitgemäßen Vorschriften nötig • Dennoch sich selbst treu bleiben • Wachsendes Betätigungsfeld in der Dritten Welt Konservativ-Etablierte • Kein Zweifel am Fortbestand der katholischen Kirche • In Deutschland Bedeutungsverlust, in außereuropäischen Ländern Bedeutungszuwachs erwartet • Modernisierung erscheint unerlässlich Bürgerliche Mitte • Gemeindeleitungsaufgaben auch an Laien übertragen • Modernisierung, Öffnung, mehr Menschlichkeit, mehr Lebendigkeit • Ansprechendere Gottesdienste • Nachwuchsprobleme bei Ehrenamtlichen Traditionelle • Kirche wird schrumpfen und an Bedeutung verlieren • In großen Seelsorgeeinheiten kein persönlicher Bezug mehr gegeben • Resignation, wenig Hoffnung 1 2 10 9 8 7 6 5 4 3 1 2 10 9 8 7 6 5 4 3
  • 23. AUSZUG 2 3 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Erwartungen an die Kirche: Milieutypische Aussagen Expeditive „Obwohl für mich die Kirche eigentlich abgeschlossen ist, wäre Modernisierung wünschenswert. Weil die Moralen, die sie vermitteln, sind nicht schlecht.“ Sozialökologische „Also mehr Demokratie, das wäre das Allererste. Die Demokratie dürfte nicht geschlechtsspezifisch sein, das müsste ganz klar sein. Das Zweite wäre, dass Bischöfe mit 70 alle aufhören müssten.“ Adaptiv-Pragmatische „Die müssen das gut verkaufen, gut verpacken, ein bisschen interessanter gestalten und mehr Aufmerksamkeit auf sich lenken im positiven Sinne.“ Liberal-Intellektuelle „Die Kirche war mal für Moral zuständig, und ich hätte gerne, dass sie wieder zuständig ist, ohne moralisierend zu sein.“ Performer „Man muss nicht jeden Trend mitgehen, aber man muss sich bewusst sein, in welcher Zeit man aktiv ist und was man gerade macht.“ Prekäre „Sie müssten ein bisschen ein Auge zudrücken und nicht immer so kleinlich, ein bisschen weltoffener werden.“ „Im Grunde genommen zerstört sie sich selbst.“ Hedonisten „Das ist schwer zu sagen, sie soll sich total ändern, was das Ganze natürlich auch unglaubwürdig machen würde.“ Konservativ-Etablierte „Grundsätzlich muss sich unsere Kirche ganz ernsthaft Gedanken machen, wie man Leute weiter für den Glauben begeistert.“ Bürgerliche Mitte „Wenn da kein Sinneswandel kommt, wenn sie es nicht schaffen junge Leute anzusprechen, wird sie in dieser Form aussterben.“ Traditionelle „Es geht den Bach runter, denke ich. In die Kirche geht ja kein Mensch mehr. Wenn ich mal drin bin, sind da nur noch alte Omas.“ 1 2 10 9 8 7 6 5 4 3 1 2 10 9 8 7 6 5 4 3
  • 24. AUSZUG 2 4 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Copyright MDG & SINUS-Institut 2013  Das vorliegende Werk ist urheberrechtlich geschützt. Kein Teil davon darf ohne schriftliche Ein- willigung der MDG Medien Dienstleistung GmbH und der SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren), auch nicht zum Zwecke der Unterrichtsgestaltung, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Zitate und Nachdrucke, auch auszugsweise, sind nur mit ausdrücklicher Genehmigung und Quellenhinweisen gestattet.  Eine Weitergabe, ein Weiterverkauf oder eine Veröffentlichung dieses Handbuchs – ganz oder in Teilen – ist nicht gestattet. Das gilt insbesondere für das enthaltene Bildmaterial.  Die in diesem Handbuch enthaltenen Personenbilder sind Eigentum von Getty Images (THINKSTOCK) und unterliegen den Lizenzbestimmungen dieses Unternehmens. Bei den in diesem Handbuch enthaltenen Wohnbildern handelt es sich um Fotos aus den Wohnungen von Befragten des SINUS-Instituts. Diese dürfen weder veröffentlicht noch an Dritte weiter gegeben werden.  Bei den anderen in diesem Handbuch enthaltenen Bildern handelt es sich um Bildzitate, die der unterstützenden Erklärung unserer Forschungsergebnisse dienen. Diese dürfen weder veröffentlicht noch an Dritte weitergegeben werden.
  • 25. AUSZUG 2 5 MDG-Milieuhandbuch 2013: Religiöse und kirchliche Orientierungen Beratung MDG Medien-Dienstleistung GmbH Grillparzerstraße 12a / D – 81675 München Telefon: +49 (0) 89-54 58 89-0 / Telefax: +49 (0) 89-5 50 19 61 E-Mail: info@mdg-online.de Web: http://www.mdg-online.de Wir helfen Ihnen bei der Umsetzung der Ergebnisse des MDG-Milieuhandbuchs in Ihrem Bereich: Georg Frericks (Markt- und Grundlagenforschung) frericks@mdg-online.de Wilfried Günther (Geschäftsführer) guenther@mdg-online.de