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Wohnungsmarktbeobachtung NRW

Die Zukunft kommunaler Wohnungspolitik –
auf dem Weg zu neuen Partnerschaften?
Dokumentation der Fachtagung am 1. Juni 2006
NRW.BANK-Ideenschiff     Stadthafen Münster
Wohnungsbauförderungsanstalt
Nordrhein-Westfalen (Wfa)
Anstalt der NRW.BANK

Kavalleriestraße 22
40213 Düsseldorf

Telefon (0211) 91741-0
Telefax (0211) 91741-1566

www.nrwbank.de
wfa@nrwbank.de




Publikationen aus der Wohnungsmarkt-
beobachtung NRW:
nrwbankde.de
  Wohnraumförderportal
  Wohnungsmarktbeobachtung
  Publikationen

Mehr zur Wohnungsmarktbeobachtung
der anderen Bundesländer, des Bundes
und der Kommunen:
wohnungsmarktbeobachtung.de
komwob.de




                                       Konzeption & Dokumentation der Tagung
                                       Team Wohnungsmarktbeobachtung
                                       Karl Hofmann, Kerstin Jochimsen,
                                       Ulrich Kraus, Rebekka Späth

                                       Rückfragen unter
                                       (0211) 91741-1154
                                       wfa-infocenter@nrwbank.de

                                       Nachdruck und auszugsweise Veröffentli-
                                       chung sind nach Rücksprache möglich.
                                       Bei Bedarf können wir einzelne Abbildungen
                                       zur Verfügung stellen.


                                       Düsseldorf, August 2006
Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik          NRW.BANK-Ideenschiff      1. Juni 2006



Programm und Inhaltsübersicht
In dieser Dokumentation sind die Podiumsdiskussion sowie die
Texte der Referenten in Kurzfassung und, sofern sie vorlagen, in
Langfassung abgedruckt. Die Präsentationen dazu stehen im An-
hang. Dort finden Sie auch die Teilnehmerliste, die Ergebnisse
der Publikumsbefragungen (über MobiTED) und einige Fotos von
der Tagung.


10:00          Eröffnung der Tagung
               Karl Hofmann, Leiter der Wohnungsmarktbeobachtung der Wfa

               Einschätzungen der Teilnehmer zum Thema (MobiTED)

               Moderation: Christian Schweitzer, WDR Münster

10:15          Kultur- und Strukturwandel der Wohnungswirtschaft:
               Folgen für die Partnerschaft mit den Kommunen
               Statements von
               Volker Nordalm, Vorstandsmitglied vhw
               Norbert Müller, Geschäftsführer BGW Bielefeld

               Kaffeepause

11:30          Kommunale Wohnungspolitik heute – Aufgaben und
               Handlungsspielräume der Kommunen
               3 Beispiele aus NRW
               vorgestellt von
               Stadtdirektor Hartwig Schultheiß,
               Beigeordneter der Stadt Münster für Planung und Marketing
               Thomas Vielhaber, Leiter FB Planen – Bauen – Wohnen
               bei der Stadt Arnsberg
               Stadtrat Ullrich Sierau, Planungsdezernent der Stadt Dortmund

12:30          Mittagspause mit Fingerfood auf dem Schiff

13:30          Talk im Ideenschiff: Schwierigkeiten, offene Fragen und Lösungsan-
               sätze in der Zusammenarbeit zwischen Wohnungswirtschaft
               und Kommunen
               Diskussion mit dem Publikum, den Referenten und Thomas Janta, Abtei-
               lungsleiter Wohnen im Ministerium für Bauen u. Verkehr NRW

15:00          Visionen und Möglichkeiten einer Partnerschaft
               zwischen Wohnungswirtschaft und Kommunen
               Zukunftsszenarien von Prof. Volker Eichener,
               FH Düsseldorf/InWIS, Bochum

16:00          Verabschiedung & Ende der Veranstaltung




                                                                                      Wfa-Infocenter   3
Kultur- und Strukturwandel der Wohnungswirtschaft                  Volker Nordalm



                         Der Kultur- und Strukturwandel der
                         Wohnungswirtschaft
                         Vortrag von Volker Nordalm, vhw-Vorstandsmitglied und ehem.
                         Generalbevollmächtigter der Viterra AG

                         Philosophie und Theologie gehen in ihren           Beginnend mit dem 1.1.1990 sind diese
                         Gedankenkonstrukten von drei elementa-             Zeiten aber unwiderruflich vorbei und die
                         ren Grundfragen aus:                               Branche hat seitdem ihr Gesicht funda-
                             wer sind wir?                                  mental verändert. Dieser Veränderungs-
                             woher kommen wir?                              prozess dauert noch an. Er hat die ver-
                             wohin gehen wir?                               schiedenen Gruppierungen der Woh-
                         Der Kabarettist Matthias Beltz pflegte dies        nungswirtschaft in unterschiedlichem
                         um die Frage zu ergänzen:                          Ausmaß erfasst, aber meine These ist,
                             … und warum sind wir nicht da                  dass er aufgrund der ihm immanenten
                             geblieben?                                     ökonomischen Logik auch vor den kom-
                                                                            munalen Unternehmen und selbst den
                                                                            Genossenschaften nicht halt machen wird.
                                                                            Eine Branche durchläuft einen massiven
                                                                            Change-Prozess und ich möchte Ihnen
                                                                            schildern, wie dieser Prozess bisher ver-
                                                                            laufen ist, gegenwärtig verläuft und wie er
                                                                            sich m.E. in Zukunft fortsetzen wird. Die
                                                                            Folgen hieraus für das Verhältnis dieser
                                                                            Branche zur Politik und für die zukünfti-
                                                                            gen Rahmenbedingungen der Stadtent-
                                                                            wicklung werden wir im Laufe dieses
                                                                            Tages zu thematisieren haben.
                                                                            Der unumkehrbare Prozess der Ökonomi-
                                                                            sierung der Wohnungswirtschaft (Klem-
                                                                            mer) verläuft nach meiner Einschätzung
                         Meine sehr geehrten Damen und Herren,
                                                                            in drei Phasen:
                         diese letzte Frage wird zurzeit oft gestellt,
                         wenn man sich mit Akteuren aus der                 1. Entstehen eines normalisierten Woh-
                         Wohnungswirtschaft unterhält. Gemeint                 nungsmarktes (Experimente an der
                         ist dann die gute alte Zeit der Wohnungs-             Wertschöpfungskette)
                         gemeinnützigkeit, in der die Welt noch in          2. Rekonfiguration der Eigentümerstruk-
                         Ordnung war:                                          turen (Wer kann in Zukunft was mit
                              Wohnungen waren knapp                            Wohnungen anfangen?)
                              Subventionen sprudelten reichlich             3. Business Development
                              und dem Eigentümer wurden 4 % auf                (Neue Unternehmensformen)
                              das Nominalkapital ausgeschüttet.


                         1. Entstehen eines normalisierten Wohnungsmarktes
                         Die neue Freiheit nach Aufhebung des               Zunächst ging es um die Stabilisierung
                         WGG hatte bei denjenigen Unternehmen               des Kerngeschäfts
                         (zunächst insbesondere den industriever-           Da stand am Anfang die Entdeckung des
                         bundenen), die sich bei ihren Eigentü-             Mieters als Kunden. Die Aufhebung be-
                         mern unternehmerische Spielräume ver-              stehender Zugangsbarrieren an Teilmärk-
                         schaffen konnten, Reaktionen in zwei               ten, sei es durch planmäßiges oder aktiv
                         Richtungen zur Folge:                              herbeigeführtes Auslaufen öffentlicher
                                                                            Bindungen, sei es durch Verlust der Be-

 4      Wfa-Infocenter
Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik           NRW.BANK-Ideenschiff           1. Juni 2006

deutung der Werkswohnungsversorgung,           als erste Folge aus dieser geänderten
führte zu einer Marktöffnung, die neue         Betrachtungsweise.
Vertriebswege erforderlich machte. Hinzu       Als zweite ergab sich die Suche nach al-
tritt die im Laufe der 90er Jahre zuneh-       ternativen Geschäftsmodellen zur Wieder-
mend die Auswirkung der demografi-             anlage der aus dem Immobilienhandel
schen Entwicklung, die das Schicksal der       erwirtschafteten Erträge. Hier haben wir
Branche in den kommenden Jahrzehnten           ein breites Spektrum von Aktivitäten
weiter bestimmen wird. Die Schaffung           kommen und auch gehen sehen: Enga-
eines adäquaten Angebots für den Kun-          gement im gewerblichen Development,
den hat die Herausbildung von diversifi-       Bauträgergeschäft in großem Stil, Ange-
zierten Angeboten zu Folge. Hierzu ge-         bote im Facility Management, Bau und
hört das Experimentieren mit wohnbeglei-       Betrieb von Sozialimmobilien und schließ-
tenden Dienstleistungen.                       lich Projekte der PPP. So schön solche
                                               Aktivitäten einen Geschäftsbericht auch
Zur Normalisierung gehört weiter der           schmücken können, letztlich werden sie
Bedeutungszuwachs der Behandlung               alle an der Hürde gemessen, an der sich
der Wohnung als Wirtschaftsgut.                die Abkehr von Wohnungsaktivitäten hat-
Die Bewirtschaftung des Bestandes unter        te messen lassen müssen: an der Verzin-
Wertgesichtspunkten führte zur Einfüh-         sung des eingesetzten Kapitals. Und dies
rung professioneller Instrumente der Un-       hat schon so manchen zum Sprung anset-
ternehmensführung auch in der Woh-             zenden prächtigen Tiger als Bettvorleger
nungswirtschaft: Stichpunkte hierfür sind      landen lassen.
    Portfoliomanagement,
    dynamische Investitionsrechnung            Noch ein kurzes Wort zu der These, die
    (DCF) und                                  geschilderte Logik gelte nur für privat-
    wertorientierte Unternehmenssteue-         wirtschaftlich organisierte Unternehmen
    rung(etwa nach dem ROIC oder dem           und habe mit der Realität der kommuna-
    ROCE).                                     len Wohnungswirtschaft und der Genos-
                                               senschaften nichts zu tun: Wenn auch mit
Wenn sich im Ergebnis der Bestand oder         zeitlicher Verzögerung sprechen auch die
Teile von ihm als "underperforming as-         Kommunalen über Kapitalverzinsung und
sets" entpuppten, stellte sich recht schnell   ihre Substitute (was anders ist die Diskus-
die Frage nach dem ökonomisch richtigen        sion über die Stadtrendite). Und ebenso
Umgang mit einem solchen Phänomen.             zeigen sich im genossenschaftlichen Sek-
Bestandsverkäufe en gros und en Detail,        tor Ansätze von aktivem Portfoliomanage-
also das Entstehen einer intensiveren          ment und alternativen Anlageformen. In
Umschichtung von Portfolios, resultieren       der Kreation wohnbegleitender Dienstlei-
                                               stungen sind diese ja lang schon führend.


2. Rekonfiguration der Eigentümerstrukturen
Hatten die Väter der Aufhebung des WGG         als Folge davon die vollen Werte der Port-
das Erlangen neuer Freiheiten im Sinn, so      folios am Markt zu realisieren.
hatten sie Eines nicht hinreichend be-
dacht: nicht nur sie selber, auch ihre Ei-     Ging man anfangs davon aus, dass dies
gentümer konnten sich neuer Freiheiten         eine Unternehmenspolitik sei, die sich auf
erfreuen. Oder anders gesagt: die Eigen-       die rd. 600.000 in Industriebesitz befindli-
tümer konnten nun uneingeschränkt über         chen Wohnungen (10 % des Gesamtbe-
ihr Eigentum verfügen. Und das taten sie       standes der ehemals Gemeinnützigen
denn auch und tun es weiterhin:                bzw. fast 3 % des Mietwohnungsbestan-
Die Liberalisierung des Wohnungsmark-          des) beschränken würde, so zeigte sich
tes nach Aufhebung des WGG und damit           bald, dass auch dies ein Irrtum war:
verbunden, die Möglichkeit zur Abkehr          Nicht die Konzerne, sondern die öffentli-
von der gemeinnützigkeitsrechtlich regle-      che Hand entdeckte als erste den Reiz,
mentierten Ausschüttungspolitik machte         der von einem großen Wohnungsportfolio
es möglich, Renditen zu optimieren und         ausgehen kann. Und damit wurden inkl.

                                                                                              Wfa-Infocenter   5
Kultur- und Strukturwandel der Wohnungswirtschaft                Volker Nordalm

                         der kommunalen Bestände plötzlich                sage für stark übertrieben. Der Werk-
                         3,5 Mio. WE bzw. 17 % des Mietwoh-               zeugkasten ist seit langem bekannt, wird
                         nungsbestandes disponibel: Kasse macht           aber zugegebenermaßen von den neuen
                         eben sinnlich.                                   Herren mit hoher Konsequenz eingesetzt.
                         DeutschBau, WBRM, FSG, die Gehag, die
                         GSW, die LEG von Schleswig-Holstein              Es sind fünf Elemente, die in der Über-
                         und Niedersachsen, die Wohnungsgesell-           nahme eines Großportfolios zum Einsatz
                         schaften der Deutschen Bahn AG und der           kommen:
                         BVG, ebenso wie die Bestände der Städte
                         Kiel und Dresden - Unternehmen mit öf-           Ausnutzen aller Finanzierungshebel
                         fentlichen Eigentümern bestimmen den             Wenn Private Equity einen Startvorteil
                         Markt für Großportfolios und werden ihn          gegenüber deutschen Investoren hat,
                         weiter prägen: Freiburg, die Nassauische         dann ist es die Finanzierung der Invest-
                         Heimstätte sowie die LEG NRW stehen an           ments. Dass Investitionen, aus denen
                         und auch der Bund hat ohne großes Auf-           langfristig stabile Cashflows erwirtschaftet
                         sehen gerade wieder 70.000 WE gebün-             werden, sich hervorragend zum Ausnut-
                         delt. Von Kämmerern weiterer Kommunen            zen von Leverage-Effekten eignen, ist
                         hört man auch schon lautes Nachdenken.           keine neue Erkenntnis. Dies gehört aber
                         Die 50.000 WE der Thyssen-Krupp und              in der unternehmerischen Praxis hierzu-
                         die 170.000 WE der Viterra nehmen sich           lande u.a. auch aus bilanztechnischen
                         gegen dieses schon bewegte und das               Gründen (Verlängerung der Bilanz, Ei-
                         potenziell von der öffentlichen Hand noch        genkapitalproblematik) nicht zu den ge-
                         zu bewegende Volumen bescheiden aus!             bräuchlichen Instrumenten.
                                                                          Private Equity spielt auf dieser Klaviatur
                         War der Markt zunächst noch von deut-            perfekt. Das effektiv eingesetzte Eigenka-
                         schen Playern geprägt - die Viterra tätigte      pital wird bei 5-10 % gehalten. Bei nied-
                         die ersten Großdeals und auch die WCM            rigen Fremdkapitalzinsen kann so eine
                         seligen Angedenkens war noch aktiv – so          hohe Rendite auf das Eigenkapital erzielt
                         änderten sich Preise, Ankaufslogik und           werden. Unter Annahme eines Returns
                         Marktklima grundlegend mit den Erfolgen          von 6 % und einem Zins auf das Fremd-
                         ausländischer Investoren in den Bieterver-       kapital von 5 % sind dies bei 10 % Ei-
                         fahren. Mit den Zuschlägen für Deutsche          genkapital 16 %, bei 5 % Eigenkapital
                         Annington (Bahnwohnungen, Viterra),              26 %. Eine um 0,5 % höhere Spanne
                         Fortress (Gagfah, LEG Niedersachsen,             zwischen Kapitalkosten und Return erhöht
                         Dresden) und Cerberus (GSW) setzt sich           die Rendite um 5 % bzw. 10 %!
                         ein von der Logik des Private Equity ge-         Erwartet man dann noch eine Wert-
                         triebenes Investitionskalkül nachhaltig          steigerung der Bestände im Zeitablauf,
                         durch.                                           kann man sich leicht eine Rendite über
                         Dies wird für absehbare Zeit den Markt           Alles von über 30 % ausrechnen.
                         prägen und soll deshalb auf seine ökono-
                         mischen und psychologisch-politischen            Und was, wenn sich solche Relationen
                         Implikationen überprüft werden.                  nicht ergeben, sei es durch Zinssteige-
                                                                          rungen, sei es durch ausbleibende Wert-
                                                                          steigerungen?
                         Ökonomische Aspekte des Engage-                  Nun, die Antwort ist locker gegeben, aber
                         ments der Private Equity Fonds                   ökonomisch unbefriedigend: Das Eigen-
                         Stimmt nun die zuvorderst vertretene             kapital ist sehr schnell herausgelöst, das
                         These, dass die neuen Investoren um ein          Risiko hängt beim Finanzierer!
                         deutliches professioneller sind als es die       Aber sie sehen eins deutlich an diesem
                         bisherigen Unternehmer gewesen waren             Beispiel: der Erfolg ist primär nicht vom
                         und das es bei dem sich vollziehenden            Produkt abhängig sondern von der reali-
                         Change um die Ablösung eines amateur-            sierten Finanzierung. Ein Aspekt, der uns
                         haften durch ein professionelles Mana-           noch beschäftigen wird.
                         gement geht?
                                                                          Steigerung der Einnahmen
                         Ich gebe zu, ich bin als ehemals Beteilig-
                                                                          Mietsteigerungen! Da haben wir das Fa-
                         ter Partei, dennoch: ich halte diese Aus-
                                                                          nal an der Wand, da schaut der Blutsau-
 6      Wfa-Infocenter
Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik           NRW.BANK-Ideenschiff           1. Juni 2006

ger um die Ecke, das frisst sich die ge-       entsprechenden Umschichtungen im Ma-
meine Heuschrecke satt!!!!                     nagement der Unternehmen.
Gemach, gemach: Ich habe diesen Punkt
nur aufgenommen, um darauf hinzuwei-           Die stringente Budgetierung der großen
sen, dass das Investitionskalkül exorbitan-    Kostenblöcke – insbesondere in der In-
te Mietsteigerungen nicht benötigt, ja,        standhaltung – soll weitere Kostendegres-
dass diese im Sinne einer Stabilisierung       sionen generieren. Hier können sich na-
der Cash-Flows bei volatiler werdenden         türlich Konflikte mit den Investitionszielen
Märkten sogar kontraproduktiv sein kön-        des Werterhalts und der Wertsteigerung
nen. Mir ist nicht bekannt, dass einer der     ergeben. Mann sollte aber nun nicht die-
großen Aufkäufer am deutschen Woh-             ses Problem als neu oder gar auf die neu-
nungsmarkt Verfahren wegen Mietpreis-          en Investoren begrenzt darstellen: Glei-
überhöhung ausgesetzt ist. Nein: das Ver-      ches ist wohnungswirtschaftlicher Alltag.
halten bewegt sich im Bereich der am
jeweiligen Markt gegebenen Möglichkei-         Portfoliomanagement
ten. Natürlich werden Mietsteigerungspo-       Das Portfoliomanagement in neuen Un-
tentiale genutzt, aber dies im vom Markt       ternehmenskontext erfährt eine deutliche
vorgegebenen Rahmen. Und einige Ver-           Akzentuierung, weil die Werthaltigkeit
käufer haben ja Mietsteigerungsbremsen         des Portfolios kurzfristig zu sichern ist
in die Verkaufsverträge eingebaut.             und die Cash-Flows stabil gehalten wer-
                                               den müssen.
Ein Weiteres an dieser Stelle: der             Dem Immobilienhandel im Großen wie im
Markteintritt ausländischer Investoren         Kleinen bekommt daher eine zentrale
wurde mit großem Aufwand vorbereitet.          Steuerungsfunktion. Angesichts der zu-
Und dazu gehörte auch, dass man sich ein       letzt exorbitant hohen Kaufpreise wird
genaues Bild über die vorhandenen Sensi-       sich der Schwerpunkt hier vom En-Bloc-
tivitäten gemacht hat.                         Verkauf hin zur Privatisierung verschie-
Moderate Mietsteigerungen verbunden            ben, weil bei eher stagnierenden Märkten
mit entsprechenden Wertsteigerungen            ansonsten keine positiven Ergebnisse
des Bestandes, das harmoniert mit der          generiert werden können. An dieser Stell-
Logik des Engagements und entspricht           schraube wird m.E. die Anspannung deut-
auch dem Image, das die neuen Investo-         lich ansteigen.
ren pflegen wollen.
                                               Exit-Management
Kostenreduzierung, Economies of scale          Nach dem Kauf ist vor dem Verkauf! Die-
(d.h. größenbedingte Ersparnisse)              se abgewandelte Fußballweisheit verweist
In der Organisation des Geschäfts aller-       darauf, dass der Exit auch mit Blick auf
dings bringen die neuen Eigentümer den         die Geldgeber von vornherein mit in das
Erfahrungshintergrund des angelsächsi-         Unternehmenshandeln einzubeziehen ist.
schen Managements mit. Sofern der Ver-
käufer nicht im Kaufvertrag (dann natür-       Das zu beobachtende Handeln der großen
lich kaufpreismindernd) entsprechende          Akteure weist dabei deutliche Varianzen
Restriktionen vereinbart hat, werden die       auf:
möglichen Potentiale rasant gehoben.                Während Cerberus sich im Handel mit
                                                    Groß-Portfolios versucht und auch den
Personalreduzierungen sowie das Out-                Exit über strukturierte Fonds angeht
sourcen von Funktionen wie Technik,                 (mit soviel Erfolg, dass aktuell der
Vertrieb, aber auch Zentralfunktionen               Verlust des gesamten Top-
werden zeitnah umgesetzt. Damit wird                Managements zu beklagen ist),
i.d.R. ein zentralistischer Ansatz verfolgt,        strebt Fortress den schnellen Börsen-
der auch ein entsprechendes ständiges               gang an, auch über außerdeutsche
Reporting an das Management des neuen               Börsenplätze.
Eigentümers einschließt. Der damit ein-             Die Deutsche Annington hingegen
hergehende Bedeutungsverlust des loka-              versteht sich als Bestandsbewirtschaf-
len Managements führt dann auch zu                  ter und denkt in Wachstum und eher
                                                    mittelfristigem Exit.


                                                                                              Wfa-Infocenter   7
Kultur- und Strukturwandel der Wohnungswirtschaft                Volker Nordalm

                         Börsengang und dies bevorzugt in der             Politik hat unmittelbaren Einfluss auf
                         Form des – leider schon viel zu lange in         den Wohnungsmarkt verloren
                         der Pipeline befindlichen – 'German REIT'        Es gibt keine Position am Wohnungsmarkt
                         ist in meinen Augen der logische End-            mehr, die der Politik einen unmittelbaren
                         punkt der augenblicklichen Phase des             Einfluss auf das Marktgeschehen sichert.
                         raschen Eigentümerwechsels.                      Zwar waren in NRW 45 % der Nach-
                                                                          kriegsproduktion an Wohnungen staatlich
                                                                          induziert (in den 50er Jahren waren dies
                         Psychologisch-politische Aspekte der             82,5 %, in den 90ern nur noch 27,2 %),
                         Private-Equity-Diskussion                        aber die Zeit, zu der rd. 44 % des Miet-
                         Der Übergang des Empfindens über den             wohnungsmarktes NRW in staatlicher
                         Zustand des Wohnungsmarktes wieder in            Hand waren liegt ein über dreißig Jahre
                         eine ruhigere Grundstimmung erscheint            zurück (1970). Heute unterliegen noch
                         mir derzeit eine wesentliche Vorausset-          18,4 % der Mietwohnungen staatlichen
                         zung dafür zu sein, dass die Diskussion          Bindungen, Tendenz weiter fallend (und
                         um die zukünftige Wohnungs- und Stadt-           im Bestand sind gerade diejenigen Sied-
                         entwicklungspolitik wieder vor rationalem        lungen, die sozial die größten Probleme
                         Hintergrund geführt werden kann.                 machen).
                                                                          Natürlich haben wir in den unterschiedli-
                         Denn gefühlte und tatsächliche Markt-            chen Teilräumen des Landes unterschied-
                         temperatur klaffen weit auseinander:             liche Interventionspotentiale: die verblie-
                             Seit 1997 haben rund 5 % des deut-           benen Mietwohnungen mit Bindungen
                             schen Mietwohnungsbestandes in               konzentrieren sich in den Ballungsbieten.
                             Form des Verkaufs von Wohnungsun-            Dennoch bleibt der Einfluss auf Preisbil-
                             ternehmen den Besitzer gewechselt,           dung und Belegung begrenzt. Direkte
                             das sind im Schnitt der Jahre also et-       Investitions- und Entwicklungsimpulse
                             wa 0,5 % p.a. Dies ist weniger als die       wären nur über neue Subventionen mög-
                             Abrissquote und ich wage die These,          lich und damit ist die Möglichkeit zur
                             dass im Einzelhausverkauf auch nicht         Lenkung der Stadtentwicklung bei gege-
                             viel weniger geschieht.                      benen Budgets (und da geht es uns in
                             Dennoch wird dieser Marktprozess,            NRW ja noch vergleichsweise gut) auf
                             der logische Folge einer politischen         Demonstrationsmaßnahmen beschränkt.
                             Willensbildung vor 17 Jahren gewesen
                             ist, fast schon zu einer nationalen Ka-      Befürchtung, dass traditionelle Partner
                             tastrophe stilisiert.                        verloren gehen
                         Natürlich ist der Vorgang für die unmit-         Die in den wohnungswirtschaftlichen
                         telbar betroffenen Mieter intransparent,         Verbänden VdW Rheinland Westfalen und
                         schafft daher Ängste und macht ihnen             BFW organisierten Wohnungsunterneh-
                         deutlich, dass die Zeiten des regulierten        men werden traditionell als genuiner
                         und staatlich überformten Marktes vorbei         Partner der Wohnungs- und Städtebaupo-
                         sind, mental der Fall aus dem Biosphären-        litik angesehen. Nicht zuletzt auch dieser
                         reservat in den Dschungel. Dies schafft          Kongress beweist, dass man sich seitens
                         Unsicherheiten, die ernst genommen               der Politik von diesen Partnern eine ges-
                         werden müssen. Aber: Spielball sind sie          taltende Rolle erhofft.
                         nicht, der Mieterschutz funktioniert nach        In beiden Verbänden sind derzeit rd.
                         wie vor sehr gut und auch die Privatisie-        1,25 Mio. WE zusammengefasst, dies sind
                         rungsprozesse sind inzwischen gut einge-         25 % des Mietwohnungsmarktes in NRW.
                         spielt – auch mit freiwilligen Schutzrech-       In rein kommunalem Besitz dürfte rd. die
                         ten für die vorhandene Mieterschaft durch        Hälfte dieser Wohnungen sein. Also auch
                         die Veräußerer.                                  hier ist zu hinterfragen, was diese Markt-
                                                                          teilnehmer tatsächlich bewegen können
                         Aber auch die Politik zeigt sich z.T. in         und wo ihre mögliche Rolle überschätzt
                         hohem Maße verunsichert und reagiert             wird.
                         inkonsistent. Vielleicht zunächst ein paar
                         Daten zum Fact-finding:



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Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik         NRW.BANK-Ideenschiff           1. Juni 2006

Konsequenzen für die Akteure                  Zur Einführung von REITs
Mein Plädoyer in Zusammenhang mit der         Die politische Diskussion um die Einfüh-
angemessenen Reaktion auf die laufende        rung von REITs in Deutschland zeigt, wie
und sich weiter fortsetzende Rekonfigura-     weit wir von den von mir eingeforderten
tion der Eigentümerstrukturen geht daher      Selbstverständlichkeiten noch entfernt
in zwei Richtungen:                           sind:
                                              Der REIT hat sich in den USA als Form
                                              der Haltung von Immobilienvermögen in
                                              Form von Aktien seit über 30 Jahren be-
                                              währt. Er hat sich unabhängig gegen die
                                              allgemeinen Kursschwankungen – auch
                                              die extremen – erwiesen und ist aufgrund
                                              seiner konstruktionsbedingten hohen
                                              Ausschüttungen ein fester Baustein im
                                              Rahmen der privaten Altersvorsorge – sei
                                              es nun als Privatanlage oder durch institu-
                                              tionelle Investoren getätigt. Das sind die
                                              Fakten.
                                              Wenn Sie die aktuelle Diskussion bei uns
                                              verfolgen, hören sie davon sehr wenig.
                                                  Wir reden abseits aller empirischen
                                                  Argumente über drohende Mieterhö-
Wir müssen uns endlich lösen von der              hungen durch REITs.
Vorstellung, dass die Wohnung ihre Auf-           Wir haben es in vielen Jahren noch
gabe als Sozialgut unter den Bedingungen          nicht geschafft, ein adäquates Instru-
eines liberalisierten Marktes nicht entfal-       ment der privaten Altersvorsorge auch
ten kann. Zu diskutieren ist, wie und in          in Immobilien zu konstruieren. Hier
welchem Umfang dies noch notwendig ist            wäre eins – nein, das wird natürlich
und mit welchen Instrumenten dann die             von den Sozialpolitikern abgelehnt.
soziale Absicherung am Wohnungsmarkt              Der REIT brächte nachweislich hohe
geschehen kann. Sie mögen mir vorwer-             Steuermehreinnahmen – nein: die Be-
fen, dass diese Forderung ein alter Hut           steuerung der Ausschüttungen beim
sei. Ich halte dem entgegen, dass gerade          Inhaber der Aktien wird als nicht sys-
in der aktuellen Situation sich wieder            temkonform von den Finanzpolitikern
zeigt, dass der Glaube an die schützende          abgelehnt, obwohl alle Ansätze einer
Hand des Staates' als bessere Form der            grundlegenden Steuerreform die
Marktorganisation nicht ad acta gelegt ist.       nachgelagerte Besteuerung präferie-
                                                  ren.
Des Weiteren müssen die politischen Ak-           Der REIT wäre eine Möglichkeit der
teure in Land und Kommunen die sich               sozial ausgewogenen Mobilisierung
ergebende Situation emotionslos und               öffentlichen Immobilienvermögens,
unter Beachtung ihrer tatsächlichen               weil zum einen über die Mehrheits-
Handlungsmöglichkeiten analysieren.               verhältnisse bzw. die Satzung, zum
Dazu gehört auch, dass die Positionsbe-           anderen über die dem Verkaufpreis
stimmung einer kommunalen Wohnungs-               zugrunde liegende Verzinsung Steue-
wirtschaft als Akt der politischen Willens-       rungsmöglichkeiten in Richtung auf
bildung vollzogen wird und nicht als tem-         eine Sozialbindung vorhanden wären.
porär aufflackernder Interessenkonflikt
zwischen kommunaler Finanz- und Stadt-        Und so beginnen erneut aufgrund unserer
entwicklungspolitik.                          fortentwickelten Kunst der Selbstblocka-
                                              de, Milliardeninvestitionen an Deutsch-
                                              land vorbei getätigt zu werden. Sie wer-
                                              den der Presse entnommen haben, dass
                                              der Börsengang der Gagfah über Luxem-
                                              burg oder London stattfinden wird. Gro-
                                              tesk, aber bezeichnend!

                                                                                            Wfa-Infocenter   9
Kultur- und Strukturwandel der Wohnungswirtschaft                Volker Nordalm



                         3. Business Development
                         Parallel zur Rekonfiguration der Eigentü-           tablieren wird, die von der Woh-
                         merstrukturen hat ein Prozess begonnen,             nungswirtschaft eingesetzt werden
                         der die Branche nachhaltig verändern                kann.
                         wird. Dieser Prozess ist dadurch gekenn-
                                                                             Aber auch die heute noch als unum-
                         zeichnet, dass sich die Wohnungsunter-
                                                                             stößlich betrachtete Einheit von Kapi-
                         nehmen zunehmend funktional differen-
                                                                             taldisposition und Bewirtschaftungs-
                         zieren und diese Differenzierung in neu-
                                                                             management ist für mich kein Natur-
                         en, spezialisierten Unternehmen ihren
                                                                             gesetz.
                         Niederschlag findet. Dies wird letztlich zu
                                                                             Ich hatte bereits darauf hingewiesen,
                         einer Auflösung des heute noch dominie-
                                                                             dass die Logik von Private Equity vom
                         renden Typus von Wohnungsunterneh-
                                                                             Produkt abstrahiert. Ob Kaugummi
                         men mit breitem Leistungsspektrum füh-
                                                                             oder Wohnungen, es geht um die er-
                         ren. Zunächst etwas Empirie und Progno-
                                                                             wirtschafteten Cashflows. Und auch,
                         se:
                                                                             wenn man die Börsennotierung von
                            Der Regiebetrieb seligen Angeden-                Wohnungsportfolios befürwortet, zeigt
                            kens zählte noch bis in die 70er/80er            sich eine aktuell noch ungelöste Auf-
                            Jahre zum Normalfall in der Woh-                 gabe: in Zukunft geht es darum, vola-
                            nungswirtschaft.                                 tiler agierendes Kapital mit kontinu-
                            Reparaturen incl. Materialhaltung und            ierlicher Marktaktivität zu verbinden!
                            Grünpflege waren die wesentlichen
                                                                             Dies spricht dafür – und auch hier
                            Aufgaben. Ebenso zählten Planungs-
                                                                             zeigen sich bereits z.B. in der Organi-
                            leistungen in Neubau und Modernisie-
                                                                             sation der Deutschen Annington ent-
                            rung zum normalern Umfang der Un-
                                                                             sprechende Tendenzen – in Zukunft
                            ternehmensaufgaben. Die ist heute
                                                                             auch spezialisierte Bewirtschaftungs-
                            selbstverständlich outgesourct, um
                                                                             manager zu haben, die im Auftrag der
                            den neudeutschen Begriff hierfür zu
                                                                             Kapitalseite agieren.
                            verwenden.
                                                                             (In Klammern auch wieder ein Blick
                            Aktuell erleben wir, dass Unterneh-              zu Seite: analysiert man die Vorschlä-
                            men damit beginnen, auch die Orga-               ge zur Zukunft des Genossenschafts-
                            nisation der technischen Leistungen              wesens in der Wohnungswirtschaft,
                            am Gebäude auszulagern.                          zeigt sich etwa in der Empfehlung zur
                            Die Fremderbringung von Hausmeis-                Bildung von Managementorganisatio-
                            terleistungen ist auch schon State of            nen für kleinere Genossenschaften im
                            the Art. Die Frage, ob Vertriebsleis-            Grunde eine identische Tendenz zur
                            tungen durch die Unternehmen oder                Diversifikation.)
                            besser durch spezialisierte Organisa-
                            tionen erbracht werden sollen, wird           Als zukünftige Organisationsform der Bran-
                                                                          che erwarte ich somit spezialisierte Unter-
                            auch immer häufiger durch die Ent-
                            scheidung für Externe entschieden.            nehmensformen in folgender Abstufung:

                            Einigkeit herrscht darüber, dass in           1. Stufe: Kapitalseite mit Portfoliomana-
                            Zukunft die Wohnung zusammen mit                  gement und übergeordneten Control-
                            Dienstleitungen, die auf den Nutzer               lingfunktionen, Performancemanage-
                            und seine spezifischen Bedarfe zuge-              ment
                            schnitten sind, vermietet wird. Be-           2. Stufe: Servicelevel: Bewirtschaftungs-
                            stimmte Dienstleitungen können kos-               management, Controlling, Marketing,
                            tengünstig nur erbracht werden, wenn              Vertriebssteuerung
                            eine kritische Masse erreicht wird, die       3. Stufe: Servicelevel: outgesourcte Funk-
                            deutlich oberhalb des Nachfragepo-                tionen: Instandhaltung und Unterhal-
                            tentials in durchschnittlichen Woh-               tung des Bestandes, Planung, Haus-
                            nungsunternehmen liegt. Dies spricht              meisterleistungen, Vertrieb, DV etc.
                            dafür, dass sich auch hier eine Dienst-       4. Stufe: Servicelevel: Bewohnerorientier-
                            leistende Unternehmenslandschaft e-               te Dienstleistungen

10      Wfa-Infocenter
Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik       NRW.BANK-Ideenschiff           1. Juni 2006

Nach den Versuchen Anfang der 90er          chen der Wertschöpfungskette zu effizien-
Jahre, den Unternehmen durch Auswei-        teren Organisationsformen zu gelangen.
tung der Wertschöpfungskette eine neue      Dies wird in der nächsten Zukunft die für
Zukunft zu geben, haben wir jetzt die       die Branche tragende Entwicklung sein.
Tendenz zu verzeichnen, durch Aufbre-


4. Fazit
Für die Wohnungswirtschaft selbst und       nur planerische sondern ebenso viele
ihre Partner in den Kommunen ist dies       Managementqualitäten werden den Stadt-
eine mögliche Entwicklung, die berück-      entwickler der Zukunft auszeichnen. Und
sichtigt werden muss, wenn es darum         die neue Investorenseite wird lernen müs-
geht, die zukünftige Rolle der unterneh-    sen, dass an einem lokalen Wohnungs-
merischen Wohnungswirtschaft in der         markt nur dann optimale Renditen zu
Stadtentwicklung zu bestimmen.              erwirtschaften sind, wenn die Nachfrage-
                                            seite auch in ihren Ansprüchen an die
Und ein weiterer Aspekt wird in die Über-   "weichen" Faktoren des Angebots befrie-
legungen einzubeziehen sein: das weiter     digt wird. Das wiederum heißt für beide
abnehmende quantitative Gewicht der         Seiten auch, dass neue Formen der Parti-
Unternehmen. Denn im Zuge von Portfo-       zipation gefunden werden müssen.
liobewegungen wird ein zunehmender
Teil der Bestände in immer kleinere Ein-    Der Kultur- und Strukturwandel der Woh-
heiten zerlegt, bis hin zum Einzeleigen-    nungswirtschaft ist in vollem Gange. Nach
tum in der Privatisierung.                  einer Phase des Wildwests wird eine Pha-
                                            se der Konsolidierung eintreten, in der die
Dies zusammen mit den weiter abneh-         Chance zur Ausbildung einer neuen Part-
menden Spielräumen zur Subventionsge-       nerschaft zwischen Kommunen und Woh-
währung bedeutet unweigerlich, dass sich    nungswirtschaft besteht.
die Kooperation von Kommunen und
Wohnungswirtschaft neu definieren muss.     Nicht die nostalgische Sehnsucht nach
Ein neues Rollenverständnis wird die        der guten alten zeit des WGG sollte daher
Kommunen eher als Moderator von Inves-      unsere Reaktion auf den Kultur- und
titionsvorhaben denn als Initiator sehen.   Strukturwandel der Wohnungswirtschaft
Es wird darum gehen, ähnlich wie heute      sein. Halten wir es lieber mit der Weisheit
bei der Wirtschaftförderung, potentielle    unserer holländischen Nachbarn:
Investoren auf Chancen hinzuweisen und      Den Wind kann man nicht verbieten, aber
den Weg zur Umsetzung zu ebnen. Nicht       man kann Windmühlen bauen!




                                                                                          Wfa-Infocenter   11
Folgen für die Partnerschaft Wohnungswirtschaft - Kommunen          Norbert Müller



                         Folgen für die Partnerschaft der Woh-
                         nungswirtschaft mit den Kommunen
                         Zusammenfassung des Statements von Norbert Müller, Geschäfts-
                         führer der mehrheitlich kommunalen Bielefelder Gemeinnützigen
                         Wohnungsgesellschaft (BGW).
                         Norbert Müller schildert die Auswirkun-     Dies bedeutet den Wandel vom Hausver-
                         gen zuvor dargestellter Veränderungspro-    walter zu einem modernen Dienstleis-
                         zesse für ein lokal tätiges Unternehmen     tungsunternehmen. So reicht das Ge-
                         und skizziert die Folgen für die Zusam-     schäftsfeld der BGW vom Wohnungsbau
                         menarbeit mit der Stadt.                    und dessen sozial ausgewogener Bewirt-
                                                                     schaftung über wohnbezogene Dienstleis-
                                                                     tungen bis zu Management und Betrieb
                                                                     städtischer Infrastruktur (Kommunalim-
                                                                     mobilien, Bäder, Heime, Kindertagesstät-
                                                                     ten). Quartiersentwicklung und Stadtum-
                                                                     bau werden in Kooperation mit der Stadt
                                                                     betrieben. So erwirtschaftet die BGW im
                                                                     Auftrag der Stadt, aber auch aus eigenem
                                                                     Selbstverständnis heraus, neben der klas-
                                                                     sischen Geldrendite eine „Stadtrendite“,
                                                                     die eine soziale Stadtentwicklung ermög-
                                                                     licht und zudem die eigene Existenz als
                                                                     kommunales Unternehmen rechtfertigt.

                                                                     Voraussetzung für solche Kooperationen
                                                                     sind eine klare Positionierung der Unter-
                                                                     nehmen, genauso aber ein klares Be-
                                                                     kenntnis der Städte zu ihren Gesellschaf-
                         Am Beispiel der BGW zeigt Norbert Mül-      ten und ein langfristig gesicherter Hand-
                         ler, wie kommunale Unternehmen und          lungsrahmen. Die geplante Änderung des
                         Kommune auch im veränderten Markt zu        § 7 Gemeindeordnung würde diesem
                         einer tragfähigen Partnerschaft finden      Handlungsrahmen die Grundlage entzie-
                         können. Dazu müsse sich das kommunale       hen und wäre daher äußerst kontrapro-
                         Unternehmen einerseits den wirtschaftli-    duktiv.
                         chen Erfordernissen anpassen, anderer-
                         seits aber auch deutlich machen, inwie-
                         fern es sich von einem rein gewerblichen    Weitere Informationen:
                         Unternehmen unterscheidet und welchen       www.bgw-bielefeld.de
                         Mehrwert die Stadt davon erwarten kann,
                         dass das Unternehmen in kommunaler          Die Powerpoint-Präsentation zu diesem
                         Hand bleibt.                                Vortrag befindet sich im Anhang.




12      Wfa-Infocenter
Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik           NRW.BANK-Ideenschiff          1. Juni 2006



Integration der Wohnungspolitik in
die Stadtentwicklung
Statement von Stadtdirektor Hartwig Schultheiß, Beigeordneter
der Stadt Münster für Planung und Marketing
Sehr geehrte Damen und Herren,                  sorgung zur „strategischen Wohnstand-
ich freue mich, Ihnen auf dieser Fachta-        ortentwicklung“. Dadurch werden die
gung, die sich mit der Zukunft der kom-         traditionellen Leistungen der sozialen
munalen Wohnungspolitik beschäftigt, die        Wohnungsversorgung nicht weniger
konzeptionellen Überlegungen unserer            wichtig. Wir müssen uns aber darauf ein-
Stadt vorstellen zu können. Ich tue dieses
aus der Perspektive eines Beigeordneten
für Stadtentwicklung und Stadtplanung.

Wir in Münster haben erkannt, dass die
Rahmenbedingungen für die kommunale
Wohnungspolitik sich verändert haben
und sich noch weiter verändern werden,
so dass es erforderlich wird, wohnungs-
politische Aktivitäten nicht auf das Woh-
nungsamt zu beschränken sondern stär-
ker mit anderen Politikfeldern zu verzah-
nen und in die Stadtentwicklung zu integ-
rieren.
    Der demografische Wandel und die
    Haushaltsentwicklung führen zur
    Ausdifferenzierung der Nachfrage
    und sind mit einer Tendenz zu urba-         stellen, dass sich die öffentliche Hand in
    nen Wohnformen verbunden.                   Zukunft immer mehr aus der Verantwor-
    Die chronische Finanzknappheit der          tung für die Wohnungsversorgung zu-
    öff. Hand begünstigt den Rückzug des        rückzieht und wir unsere städtischen Ziele
    Staates aus der Verantwortung für die       in Zukunft nur erreichen können, wenn es
    Wohnungsversorgung. Damit verbun-           uns gelingt, Marktprozesse zu verstehen
    den ist ein geringeres hoheitliches         und zu beeinflussen. Ich möchte ihnen in
    Steuerungspotenzial.                        meinem Vortrag zeigen,
    Wohnen bekommt damit eine stärkere              wo wir in Münster bei der Integration
    stadtökonomische Relevanz: Wohn-
                                                    der Wohnungspolitik in die Stadtent-
    standortattraktivität ist ein fördernder
    Faktor der Einwohnerentwicklung                 wicklung die Akzente setzen wollen
                                                    und wie wir diese begründen,
Wohnen als Standortfaktor                           welche neuen Anforderungen auf uns
Bisher war Wohnungspolitik Bestandteil              zukommen und wie wir damit umge-
der Sozialpolitik, sozialpolitisch motivierte       hen, aber auch
Unterstützungsleistungen für Zielgruppe             mit welchen Schwierigkeiten in der
„Hilfsbedürftige“ hatten Vorrang.                   Umsetzung wir zu kämpfen haben.
Künftig wird kommunale Wohnungspolitik
Bestandteil einer integrierten Stadtent-        Wir meinen, unsere Münsteraner Ansätze
wicklung sein. Ziel ist dann auch die Pro-      können sich sehen lassen. Unsere Überle-
filierung des Wohnungsmarktes als               gungen haben sich in den letzten Jahren
Standortfaktor, d.h. die Schaffung attrak-      kontinuierlich entwickelt, aber erst die
tiver Angebote für Nachfragegruppen mit         Thematisierung des sog. demografischen
Wahlmöglichkeiten. Der Schwerpunkt              Wandels hat uns ein Zeitfenster geöffnet,
verlagert sich also von der Wohnungsver-        um die neuen wohnungspolitischen Ori-

                                                                                             Wfa-Infocenter   13
Wohnungspolitik in Münster           Hartwig Schultheiß

                         entierungen in der Stadtpolitik sukzessive    biete sind daran mit weniger als 10 %
                         zu verankern. Die Verknüpfung Wohn-           beteiligt. Es ist fast der Normalfall, dass
                         standortattraktivität und Einwohnerent-       ein Teil der Wohnungssuchenden in den
                         wicklung gibt die Philosophie und die         favorisierten Beständen kein Angebot
                         Intention der strategischen Wohnstand-        findet und tendenziell nach außen ge-
                         ortentwicklung verkürzt wieder.               drängt wird. Die Ursache dafür liegt heute
                                                                       gewiss nicht in den fehlenden Bestands-
                         Dahinter steckt letztlich das Bestreben,      qualitäten, sondern in einem Mangel an
                         für die Bewohner der Stadt Lebensbedin-       Angeboten, die zudem oft überteuert an
                         gungen zu schaffen, die sie motivieren,       den Markt gehen. Doch die Bewohner der
                         gerne in der Stadt zu leben. Eine Stadt,      Bestände empfinden diesen Mangel so
                         der die Einwohner – unabhängig von der        nicht.
                         natürlichen Entwicklung – weglaufen, hat      Mit dem schleichenden Bevölkerungs-
                         einen Handlungsbedarf. Die Aufmerksam-        rückgang und der geringer werdenden
                         keit, die dem demografischen Wandel           Nachfrage drohen den Bestandsquartie-
                         heute zukommt eröffnet die Option, inten-     ren irgendwann einmal der Rückzug
                         siv auf die Rolle des Wohnungsangebotes       kommerzieller oder öffentlicher Angebote
                         für die Einwohnerentwicklung hinzuwei-        und damit ein merklicher Qualitätsverlust.
                         sen.                                          Diese Entwicklung wird sich in Münster in
                         Es wäre eine fatale Fehlorientierung in       den meisten Quartieren vermeiden lassen,
                         der Stadtpolitik, wenn man die woh-           sofern rechtzeitig präventiv gehandelt
                         nungspolitischen Aktivitäten der Stadt        wird.
                         auch weiterhin allein auf die Hilfsbedürf-    Was zu tun ist, ist sicherlich von Quartier
                         tigen ausrichten würde und nicht versu-       zu Quartier unterschiedlich, aber es sollte
                         chen würde, für die Mehrheit der Nach-        jeweils darum gehen, die örtlichen Inte-
                         frager am Wohnstandort Münster attrakti-      ressen mit einzubeziehen und Mengenzie-
                         ve Angebote zu schaffen.                      le nur soweit umzusetzen, wie es die Sen-
                                                                       sibilitäten der örtlichen Akteure zulassen.
                         Doppelstrategie Neubau & Bestand              Das ist mit Balance zwischen Mengen-
                         Die Bestandsentwicklung wird überwie-         und Qualitätszielen gemeint. Ich bin mir
                         gend als eine qualitative Aufgabe darge-      sicher, dass sich Mengen- und Qualitäts-
                         stellt. Das ist im Prinzip auch langfristig   ziele in den meisten Fällen synergetisch
                         betrachtet richtig, aber man sollte nicht     zueinander verhalten und Mengeneffekte
                         übersehen, dass die Stadt Münster gerade      geradezu Voraussetzung für die Qualitäts-
                         für ihre vorhandenen Bestandsqualitäten       sicherung sind. Das muss aber an prakti-
                         bekannt ist. Auf diese Qualitäten richtet     schen Beispielen bewiesen werden.
                         sich eine umfangreiche Nachfrage, der
                         jedoch kein ausreichendes Angebot gege-       Wohnungsbedarf - Perspektive 2020+
                         nübersteht. Wir sind gut beraten, die Be-     Die LDS-Prognose 2006 geht bis 2025 von
                         standsentwicklung nicht nur als Qualitäts-    einem Einwohnerzuwachs von 6.500 (+
                         sicherung zu verstehen, sondern zu ver-       2,4 %) aus. Die Haushaltsentwicklung soll
                         suchen in den attraktiven Bestandsquar-       bis über 2025 hinaus positiv verlaufen.
                         tieren einen großen Teil unserer Mengen-      Das Pestel-Institut rechnet in seiner Woh-
                         probleme zu lösen. In unseren urbanen         nungsmarktprognose bis 2020 mit einem
                         Strukturen haben wir ein Alleinstellungs-     „Wohnungsbedarf“ 20.000 WE, davon
                         merkmal – bei den Neubaugebieten nicht.       15.000 WE außerhalb des klassischen
                         Die Neubaugebiete müssen oft die Nach-        Eigenheimbaus. Ich rede aber ungern von
                         frage auffangen, die in den innerstädti-      „Wohnungsbedarf“, wenn es um Markt-
                         schen Gebieten nicht zum Zuge gekom-          entwicklungen geht. Es gibt vielmehr in
                         men ist. Bei den Neubaugebieten steht         der Stadtregion ein EW - Entwicklungspo-
                         gewöhnlich die Quantitätsfrage im Vor-        tenzial, das man in Teilen an die Stadt
                         dergrund, jedoch gibt es auch Qualitäts-      binden kann, sofern man ausreichend
                         defizite.                                     attraktive Wohnungsangebote schafft.
                         Mit der Bestandspolitik sind auch ver-        Wenn uns das nicht gelingt, dann haben
                         stärkt die Mengenprobleme in den Griff        wir in Münster keine Wohnungsnot, son-
                         zu bekommen. In Münster gibt es pro Jahr      dern weniger Einwohner und die Nach-
                         mehr als 30.000 Umzüge. Die Neubauge-         bargemeinden entsprechend mehr. Wenn
14      Wfa-Infocenter
Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik           NRW.BANK-Ideenschiff           1. Juni 2006

wir aber erfolgreich sind, dann können         Der Arbeitskreis Wohnen in Münster
wir die Stadt / Umlandwanderung ein-           Als Kooperationsplattform der Verwaltung
dämmen und Teile der regionalen Zu-            und der Wohnungsmarktakteure hat die
wanderung auf die Stadt lenken. Genau          Stadt den AK Wohnen in Münster instal-
das will die strategische Wohnstandort-        liert. Es gab dafür drei Gründe:
entwicklung, nicht nur weil an jedem                den Wunsch, mit Hilfe der Markt-
Einwohner auch ein ökonomisches Poten-              kenntnisse der Akteure die eigene Po-
zial hängt.                                         litik absichern
                                                    die Hoffnung, die Wohnungsmarktak-
Wir müssen gegenüber Investoren, Bau-               teure zur Unterstützung der strategi-
trägern deutlich machen, dass in Münster            schen Wohnstandortentwicklung zu
dauerhaft eine hohe Wohnungsnachfrage               gewinnen und
zu erwarten ist und dass unsere urbanen /           die Erkenntnis, dass ohne Kooperation
städtischen Quartiere langfristig rentierli-        mit den Marktakteuren in der Be-
che Standorte sind, deren Weiterentwick-            standsentwicklung nichts zu machen
lung in der Stadtpolitik ein hoher Stellen-         ist.
wert eingeräumt wird. Die Nachfrageent-        Am AK nehmen Wohnungsunternehmen,
wicklung verlangt nach Bautätigkeit in         Finanz- und Immobilienwirtschaft, Eigen-
den Beständen. Zurzeit ist die Bauleistung     tümer- und Mieterverbände, die Universi-
(rd. 1000 WE je Jahr) vor allem im Mehr-       tät, Politik und Verwaltung teil. Der Pro-
familienhausbau zu niedrig: Für jede           zess wird extern moderiert und dokumen-
Wohnung, die zu wenig bereitgestellt           tiert. Eine Geschäftsstelle übernimmt Or-
wird, fehlen der Stadt zwei Einwohner.         ganisation, fachliche Vorbereitung und
Zugleich gibt es aber auch zu wenig            Scharnierfunktion.
preiswerte Wohnungen zur Umsetzung             Pro Jahr finden 2 AK-Sitzungen statt. Dar-
der Hartz IV-Reformen.                         über hinaus gibt es temporäre themenbe-
                                               zogene Arbeitsgruppen. Aufgaben und
Das Handlungsprogramm Wohnen                   Ziele der Arbeit sind
Das Handlungsprogramm Wohnen (HPW)                  Verständigung über Tendenzen auf
ist das Rahmenkonzept der Stadt zur Bau-            dem Wohnungsmarkt
land- und Wohnungspolitik. Es verfolgt              Entwicklung gemeinsamer Positionen
einen integrativen Ansatz und stellt die            und Aktivitäten zur Stärkung des
Wohnungs- und Baulandpolitik in den                 Wohnstandortes Münster
Kontext der Stadtentwicklung (Woh-                  Politikberatung: Empfehlungen an die
nungsversorgung, Siedlungsstruktur,                 Stadtpolitik im Rahmen des Hand-
Einwohnerentwicklung). Dabei ist es prä-            lungsprogramm Wohnen
ventiv ausgerichtet und weist frühzeitig            eigene Initiativen und Projekte
auf Entwicklungen und Handlungsbedarfe         Die AK-Arbeit geht aus von den Auswir-
hin.                                           kungen der demografischen Veränderun-
Das erste HPW gab es 1993. 2005 ist es         gen auf das Marktgeschehen und unter-
zum dritten Mal fortgeschrieben und vom        sucht die Notwendigkeit zur räumlichen
Rat beschlossen worden. Mit dem Hand-          Differenzierung der Stadtteile und letzt-
lungsprogramm 2005 ist die „strategische       lich der Quartiere.
Wohnstandortentwicklung“ in der Stadt-
politik verankert worden.                      Fokus: Bestandsentwicklung im Quartier
In Zusammenhang mit dem HPW steht              Bei den Überlegungen zur Quartiersarbeit
das Baulandprogramm, das von einem             ist der große Stellenwert von kommunika-
Baulandmonitoring begleitet wird. Es           tiven Leistungen herausgearbeitet wor-
steuert die Umsetzung der Mengen- und          den. Denn im Quartier
Qualitätsziele zur Baulandentwicklung.              hat die Stadt wenig direkte Einfluss-
Die kommunale Wohnungsmarktbeo-                     möglichkeiten
bachtung liefert der Stadt und den Markt-           ist die Mitwirkung der örtlichen Woh-
akteuren Informationen zur Entwicklung              nungsmarktakteure erforderlich
von Angebot und Nachfrage auf dem loka-             ist die Stadt als Moderator und Initia-
len Wohnungsmarkt.                                  tor gefragt.


                                                                                              Wfa-Infocenter   15
Wohnungspolitik in Münster           Hartwig Schultheiß

                         Quartiersbezogene Arbeit muss lokale         Auch erschwert die Münsteraner Mentali-
                         Besonderheiten erkennen, Kooperation         tät Veränderungen:
                         mit örtlichen Akteuren suchen, Konsens           es gibt (noch) keine „Kultur“ der Be-
                         über Entwicklungsziele herstellen und            standsentwicklung
                         örtliche Projektansätze aufgreifen und           damit geht einher, dass Bestandsent-
                         weiterentwickeln. Das Kommunikations-            wicklung, insbesondere wenn sie prä-
                         konzept ist daraufhin entstanden. Gemeint        ventiv angelegt ist, keine Lobby und
                         ist zum einen die Kommunikation vor Ort,         nur geringe politische Relevanz hat.
                         die Aufklärungs- und Informationsleistun-
                         gen im Vorfeld von Planungen, zum ande-      Fazit
                         ren geht es darum, mit der örtlichen         Die stadtökonomische Relevanz der Woh-
                         Wohnungswirtschaft zu kommunizieren.         nungspolitik verlangt Integration in die
                                                                      Stadtentwicklung. Ein Paradigmenwech-
                         Kooperationsverträge                         sel von der Wohnungsversorgung zur
                         Verträge mit der Wohnungswirtschaft          strategischen Wohnstandortentwicklung
                         sollen zusätzliche Angebote im preiswer-     hat stattgefunden.
                         ten Wohnungsbestand für Haushalte mit        Eine solche Wohnstandortentwicklung
                         besonders dringendem Wohnbedarf mobi-        braucht eine Doppelstrategie mit Neubau
                         lisieren. Das passiert über eine Sicherung   und Bestandsentwicklung. Die Bestands-
                         kommunaler Belegungsrechte für beson-        entwicklung soll zusätzliche Wohnungs-
                         ders benachteiligte Personenkreise. Wich-    angebote im Bestand mobilisieren und
                         tiger Gegenstand der Vereinbarung ist        Qualitäten sichern. Sie ist auf Kooperation
                         jedoch auch die Unterstützung ausgewo-       mit Marktakteuren angewiesen und zielt
                         gener Bewohnerstrukturen und das Quar-       auf den Quartierskonsens.
                         tiersmanagement zur Stärkung benachtei-      Die Stadt ist auf dem Weg, ihre Hand-
                         ligter Wohnquartiere. Im Quartier treffen    lungsprioritäten auf die Erforderlichkeiten
                         sich also der versorgungsorientierte An-     der Marktentwicklung umzustellen (HPW
                         satz und die strategische Wohnstandort-      2005, Baulandprogramm, Wohnungs-
                         entwicklung.                                 marktbeobachtung, AK Wohnen). Die
                         Chancen und Grenzen der Bestands-            bereits hohe Wohn- und Lebensqualität in
                         entwicklung                                  Münster erschwert allerdings die Akzep-
                         Meine Damen und Herren, ich hoffe deut-      tanz baulicher Veränderungen und Markt-
                         lich gemacht zu haben, dass unser Erfolg     anpassungen. Daher müssen die Kommu-
                         als Wohnstandort sehr stark von unseren      nikations-, Informations- und Überzeu-
                         Erfolgen in der Bestandsentwicklung ab-      gungsleistungen verstärkt werden.
                         hängt. Unsere Chancen:                       Zum Abschluss
                             hohe Attraktivität der städtischen       Der abgebildete Zeitungsartikel ist ein
                             Wohnquartiere,                           Jahr alt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass
                             weitgehend intakte Bestände mit ho-      sich an den faktischen Gegebenheiten, die
                             her Marktakzeptanz,                      zum Ärger des Geschäftsführers der
                             großes Investitionsinteresse             Wohn- und Stadtbau geführt haben, noch
                             Kooperationsbereitschaft der Akteure     nicht viel geändert hat. Aber ich habe die
                         Dazu brauchen wir die örtlichen Akteure,     große Hoffnung, dass die Wohn- und
                         und wir tun einiges, um Kooperations-        Stadtbau durch die Mitarbeit im Arbeits-
                         strukturen aufzubauen. Die Wohnungs-         kreis Wohnen in Münster neue Zuversicht
                         baugesellschaften zählen zu unseren          gewonnen hat und erfahren konnte, dass
                         wichtigsten Kooperationspartnern.            es in unserer Stadt eine große Allianz von
                                                                      Wohnungsmarktakteuren gibt, die sehr
                         Natürlich hat die Bestandspolitik aber       wohl erkannt haben, dass diese Stadt sich
                         auch Grenzen, und zwar insbesondere          nicht dauerhaft auf ihren Qualitäten aus-
                            in Gebieten mit geringen räumliche        ruhen kann.
                            Entwicklungspotenziale und
                            in Gebieten ohne akuten Problem-
                            druck, die „schleichend“ an Attraktivi-
                            tät einbüßen.


16      Wfa-Infocenter
Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik       NRW.BANK-Ideenschiff         1. Juni 2006




Zu dieser Allianz zählen bisher aber weit-   chende Vorlage auf den Weg gebracht.
gehend diejenigen, die die Chance hatten,    Darüber hinaus können wir jede Unter-
sich mit den anstehenden Entwicklungen       stützung gut gebrauchen.
und deren Auswirkungen zu beschäftigen.      Ich hoffe auch diese Veranstaltung nützt
Die Einsichten in die Erforderlichkeiten     unserem Anliegen und hilft, unsere Über-
der Bestandsentwicklung setzen natürlich     legungen fachlich abzusichern und zu
„informiert sein“ voraus. Für die politi-    verbreiten. Dafür danke ich Ihnen und
schen Gremien unserer Stadt haben wir        dem Veranstalter.
deshalb in diesen Tagen eine entspre-


Weitere Informationen:
www.muenster.de
www.komwob.de unter       Kommunen
Übersichtskarte    Münster sowie bei den
Ergebnissen der    AG Strategie finden
sich weitere Informationen zur Woh-
nungsmarktbeobachtung und zum Hand-
lungsprogramm Wohnen in Münster so-
wie Links zu den entsprechenden Seiten
und Dokumenten der Stadt.

Die Powerpoint-Präsentation zu diesem
Vortrag befindet sich im Anhang.




                                                                                        Wfa-Infocenter   17
Kommunale Wohnungspolitik in einer Mittelstadt – das Beispiel Arnsberg         Thomas Vielhaber



                         Kommunale Wohnungspolitik in einer
                         Mittelstadt – das Beispiel Arnsberg
                         Statement von Thomas Vielhaber, Leiter des Fachbereichs Planen
                         – Bauen – Wohnen der Stadt Arnsberg.
                         Einführung                                      Verwaltung im Hinblick auf die loka-
                         Meine sehr geehrten Damen und Herren,           len Herausforderungen im Bereich
                         die Stadt Arnsberg - nach LDS-Angaben           des Wohnens
                         ca. 76.000 Einwohner, wir selbst zählen         (Bewertung der Situation),
                         mehr als 81.000 Einwohner - ist aufgrund        die Mittel, die innerhalb der Verwal-
                         ihrer polyzentralen Stadtstruktur keine         tung und bei anderen Akteuren des
                         typische Kommune. Dennoch lassen sich           Wohnungsmarktes zur Verfügung ste-
                         viele der Ziele, Aufgaben, Handlungsfel-        hen, aber auch ihr Einsatz
                         der und Handlungsansätze im Bereich der         (Ressourceneinsatz),
                         Wohnungspolitik auf andere Mittelstädte         die Beteiligung der Akteure im Rah-
                         außerhalb des Ballungsraumes Ruhrge-            men der Stadtentwicklungs- und
                         biet übertragen. Wie in Arnsberg kommu-         Wohnungsmarktpolitik bis hin zu
                         nale Wohnungspolitik gemacht wird,              funktionierenden Netzwerken
                         möchte ich nachfolgend skizzieren.              (Prozess)
                                                                         und schließlich das Handlungskonzept
                                                                         selbst im Sinne einer zwischen den
                                                                         Akteuren grundsätzlich abgestimmten,
                                                                         zielgerichteten Herangehensweise
                                                                         (Ziele, Handlungs- und Maßnahmen-
                                                                         konzept).
                                                                         Mit der Evaluation – z.B. über die
                                                                         kontinuierliche Wohnungsmarktbeo-
                                                                         bachtung schließt sich der Kreis.

                                                                      Anhand dieser Punkte, die sich von einer
                                                                      Kommune nicht nacheinander "abarbei-
                                                                      ten" lassen, sondern zum Teil parallel
                                                                      laufen, möchte ich die Arnsberger Situati-
                                                                      on darstellen. Damit soll beispielhaft deut-
                                                                      lich werden, wie auch Mittelstädte zielori-
                                                                      entiert an dieses umfassende Thema he-
                         Zunächst gestatten Sie mir aber die Fra-     rangehen können. Deutlich wird aber
                         ge: Was verbirgt sich hinter "Kommunaler     auch, dass kommunale Wohnungspolitik
                         Wohnungspolitik"? Die Bandbreite der         nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie
                         Ansätze ist wohl nahezu so groß wie die      eng mit der Stadtentwicklungspolitik ver-
                         Anzahl der Kommunen, denn jede Kom-          zahnt ist.
                         mune muss ihre eigenen Wege finden.          Beschreibung der Stadt und der Region
                         Verschiedene Aspekte sind dabei aus-         Zunächst einige kurze Erläuterungen zur
                         schlaggebend, nämlich                        Stadt und Region: Arnsberg liegt am west-
                             zunächst die Kenntnis der Situation      lichen Rand des Hochsauerlandkreises.
                             des Wohnungsmarktes in der jeweili-      Die Stadt verfügt über eine hervorragende
                             gen Kommune bzw. in der Woh-             Verkehrsanbindung über Autobahn und
                             nungsmarktregion, also die Erfassung     Bahn, vor allem an das östliche Ruhrge-
                             der verschiedenen "Teilmärkte" (Be-      biet. Allerdings ist die Wahrnehmung der
                             standsaufnahme),                         Lagequalitäten außerhalb der Region eine
                             dazu der Erkenntnisstand (Problem-       andere. Anders als die Hellwegregion, die
                             bewusstsein) bei Akteuren, Politik und   traditionell mit Dortmund und dem Ruhr-

18      Wfa-Infocenter
Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik         NRW.BANK-Ideenschiff           1. Juni 2006

gebiet verbunden war, gilt der Hochsauer-     Dieses Leitbild beginnt zu wirken. Die
landkreis nach wie vor als schlecht er-       öffentlichen Investitionen, die sich in
reichbar. Dieses Beispiel, das durch das      wichtigen Stadtentwicklungsprojekten
Verhalten der Menschen am Wohnungs-           festmachen, zeigen das. Die Kulturland-
markt zum Teil bestätigt wird, ist im übri-   schaft, bspw. im Bereich des historischen
gen ein Indiz für die Notwendigkeit eines     Stadtkerns, hat deutlich gewonnen und
umfassenden Regionalmarketing.                wird auch weiterhin davon profitieren.
Arnsberg stellt sich heute als lang ge-       Diese Investitionen werden vielfach er-
strecktes Siedlungsband im Ruhrtal dar.       gänzt durch privates oder vereinsbezoge-
Zentrale Dienstleistungseinrichtungen für     nes Engagement. Es ist eine beachtliche
die Region in den Bereichen Verwaltung,       Leistung, wenn der jährliche internationa-
Gesundheitswesen und Justiz werden            le Kunstsommer Hunderte von Menschen
durch Einrichtungen von Kammern, Ver-         aus Stadt und Region aktiv einbindet oder
bänden und weiterer Institutionen er-         die Zahl der Teilnehmer an den themati-
gänzt. Im Zusammenwirken mit einer            schen Stadtführungen innerhalb von we-
mittelständisch geprägten Struktur mit        nigen Jahren von 750 auf über 15.000
bekannten Marken in den Schwerpunkt-          hochschnellt.
bereichen der holz- und metallverarbei-       Mit derartigen Maßnahmen und Aktionen,
tenden Industrien, aber auch im High-         die historische Anknüpfungspunkte haben
Tech-Bereich, bilden sie das wirtschaftli-    und Qualitäten der Stadt sichtbar machen,
che Rückgrat der Stadt und Region.            nimmt auch die Identifikation der Bürger
                                              mit "ihrer" Stadt und die Wohnzufrieden-
Arnsberg hat aber noch ein zweites Ge-        heit nachweislich weiter zu. Aber auch
sicht: fast 2/3 des Stadtgebietes (194 qkm)   private Investitionen, vor allem im Einzel-
sind Wald, gut 30 % der Stadtfläche sind      handelszentrum Neheim, vollziehen das
als Naturschutzgebiete ausgewiesen und        Leitbild nach, im Übrigen in durchaus
große Bereiche sind als FFH-Gebiete ge-       guter Architekturqualität.
meldet. Man mag das im Einzelfall bedau-
ern, weil die flächenhafte Entwicklung        Aufgaben der Wohnungpolitik
einer Stadt dadurch schwieriger wird.         Was aber sind vor dem Hintergrund der
Andererseits wird deutlich, welches Po-       demografischen und der stadtstrukturel-
tenzial sich hinter diesen Fakten verbirgt    len Besonderheiten die wichtigsten woh-
und wie sich das positiv auf die Lebens-      nungspolitischen Aufgaben?
qualität der Menschen auswirkt.               Um Ziele und Maßnahmen zu definieren,
                                              muss die Ausgangssituation klar sein.
Ziele und Projekte der Stadtentwicklung       Ausgelöst durch die Einwohner- und
Die Erhaltung und Verbesserung der Le-        Haushaltsprognosen hat sich die Stadt seit
bensqualität – und das hat sehr viel mit      dem Jahr 2001 intensiv mit der Thematik
"Wohnen" zu tun - sowie die Sicherung         des Wohnens unter neuen Vorzeichen
der regionalen Funktionen der Stadt sind      beschäftigt. Die Handlungsempfehlungen
die wichtigsten im Stadtentwicklungspro-      der Untersuchung "Zukunft Wohnen"
gramm verankerten Ziele. Vor dem Hin-         nennen fünf Schwerpunkte, die in der
tergrund der demografischen Ent-              Folgezeit aufgearbeitet wurden.
wicklung, die für die Stadt eine deutliche
Verringerung der Einwohnerzahlen bis          1. Die Vernetzung der Beteiligten auf
2020 sowie ein Altern der Bevölkerung         dem Wohnungsmarkt - scheinbar die
voraussagt, stellt sich daher die Frage,      einfachste Aufgabe. Aber zugleich auch
wie diese übergeordneten Ziele zu halten      eine ganz schwierige, wenn die Akteure
sind.                                         des Wohnungsmarktes eigenes spezifi-
Arnsberg hat in Kenntnis der lokalen Ge-      sches Wissen und eigene wirtschaftliche
gebenheiten zusammen mit seinen Bürge-        Ziele haben. Mit der "Konferenz Wohnen"
rinnen und Bürgern über verschiedene          haben wir die wesentlichen Akteure – und
ineinander greifende Prozesse das Leit-       da zeigt sich der Vorteil einer überschau-
bild einer Aufgabenteilung mit Schwer-        baren Mittelstadt – zum ersten Mal an
punktsetzungen in den jeweiligen Zentren      einen Tisch geholt, um über Ziele, Markt-
erarbeitet.                                   einschätzungen und Wege zu beraten.

                                                                                            Wfa-Infocenter   19
Kommunale Wohnungspolitik in einer Mittelstadt – das Beispiel Arnsberg         Thomas Vielhaber

                         Makler und Architekten, Vertreter der        Über Gesprächsrunden mit den Woh-
                         Banken, von Wohnungsgesellschaften und       nungsunternehmen, die dort ihre Bestän-
                         Wohnungsgenossenschaft, Politiker und        de haben, entwickelten sich konkrete Ini-
                         Verwaltungsmitarbeiter nutzen das, um        tiativen für dieses "Problemgebiet", etwa
                         ihre unterschiedlichen Sichtweisen und       in der Kooperation der Grünflächenpflege
                         Einschätzungen einzubringen. Natürlich       zwischen Stadt und Wohnungsunterneh-
                         auch, um Neues zu erfahren. Die Kenntnis     men, der Erarbeitung eines Image-Flyers
                         und auch das Verständnis für die unter-      für das Gebiet oder der Suche nach einem
                         schiedlichen Sichtweisen sind für alle       alternativen Nahversorgungskonzept in
                         Beteiligten wichtig und interessant.         dem leerstehenden übergroßen Ladenlo-
                         Dieser Kreis der Akteure spielt auch bei     kal im Zentrum des Quartiers.
                         weiteren Arbeiten eine wichtige Rolle: sei   Die Mitglieder der Bürgerinitiative Moos-
                         es als Ansprechpartner bei                   felde treffen sich nach wie vor regelmäßig
                             den Befragungen der Stadt im Rah-        und führen mit oder ohne Absprache mit
                             men des Wohnungsmarktbarometers          der Stadt Aktionen für ihren Stadtteil
                             oder                                     durch. Sie sind seitdem auch in verschie-
                             den Expertengesprächen im Zuge der       denen Arbeitskreisen, Foren und Pla-
                             Erstellung eines Berichtes über kom-     nungsprozessen tätig, wo sie ihre beson-
                             munale Wohnraumversorgungskon-           deren Erfahrungen einbringen können.
                             zepte (BBR), in dem auch das Arns-       Ansonsten spielen die Wohnungsunter-
                             berger Vorgehen dokumentiert wird,       nehmen als Kooperationspartner in Arns-
                             als geladene Experten in offenen Fo-     berg eher eine untergeordnete Rolle. Die
                             ren, die im Zusammenhang mit der         direkte Ansprache der Nachfrager gestal-
                             Aufstellung des gesamtstädtischen        tet sich aufgrund der Struktur der Stadt –
                             städtebaulichen Entwicklungskonzep-      Arnsberg wird von privaten Mietwohnun-
                             tes stattfinden, hier insb. im Forum     gen und Eigentum dominiert – daher auch
                             "Bauen und Wohnen",                      schwieriger als in Städten mit großen
                             oder als Mitglieder des Gutachteraus-    zusammenhängenden Beständen.
                             schusses bzw. des Beirates für Stadt-    2. Die Profilierung Arnsbergs als Wohn-
                             gestaltung, die beide auch über          standort: Dazu gehört das Binnenmarke-
                             grundsätzliche stadtentwicklungspla-     ting ebenso wie die regionale Sicht. Die
                             nerische Fragestellungen diskutieren.    Erhebungen haben gezeigt, dass es eine
                         Die Anbindung an das politische Handeln      große Disparität gibt zwischen der Zufrie-
                         erfolgt unter anderem über eine jährliche,   denheit der Bewohnerinnen und Bewoh-
                         umfassende Berichterstattung in einer        ner der Stadt auf der einen Seite und der
                         eigens einberufenen Sondersitzung des        "Außensicht".
                         Ausschusses für Planen, Bauen und Woh-       Arnsberg – und noch weniger die bislang
                         nen zu den Themen Demografie und             nicht definierte Wohnungsmarktregion –
                         Wohnen. Schließlich sind Vertreter der       hat als Wohnstandort trotz der Qualitäten,
                         Ratsfraktionen bzw. des Fachausschusses      die die ganze Bandbreite vom Wohnen in
                         auch Teilnehmer der Foren bzw. des Ges-      ländlicher Umgebung bis zu den Wohn-
                         taltungsbeirates.                            standorten Innenstadt bzw. Historische
                         Somit ist in den zurückliegenden Jahren      Altstadt abdeckt, bislang kein ausreichend
                         in Arnsberg ein funktionierendes Netz-       erkennbares eigenständiges Profil.
                         werk entstanden, das den Austausch der       Neben der Schärfung des Profils geht es
                         wesentlichen Informationen sicherstellt.     darum, die Stadt als attraktiven Standort
                         Neben diesen mehr oder weniger institu-      für verschiedene Lebensstile zu präsentie-
                         tionalisierten Formen der Zusammenfüh-       ren. U.a. wurden deshalb in den zurück-
                         rung ging im vergangenen Jahr zum ers-       liegenden Jahren
                         ten Mal die Initiative zum gemeinsamen            zunächst die Motive der Zu- und Fort-
                         Handeln von Bürgern aus, die sich für die         zügler erfasst (um später ein zielgrup-
                         Gartenstadt Moosfelde, ein Quartier der           pengenaues Angebot entwickeln und
                         60er und 70er Jahre mit erheblichen städ-         anbieten zu können),
                         tebaulichen Mängeln und Problemen im              ein Neubürgerpaket und die Familien-
                         sozialen Bereich, einsetzen.                      karte Arnsberg entwickelt und


20      Wfa-Infocenter
Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik          NRW.BANK-Ideenschiff            1. Juni 2006

   der Standort auf regionalen Messen        feld festmachen lässt, ist eine weiterer
   (Bauen und Wohnen, Immobilia) be-         Punkt.
   worben.                                   Allerdings ist aus heutiger Sicht festzuhal-
   Vor allem aber wurde über das stän-       ten, dass das Vertrauen der Akteure in
   dig aktualisierte Wohnbaulandkataster     neue Konzepte teilweise noch fehlt. Das
   und die ergänzende Darstellung aller      Beispiel des geplanten Wohngebietes
   bestehenden und geplanten Wohnge-         Ruhrauen, das den üblichen 08/15-
   biete der Stadt (B-Pläne) im Internet     Angeboten ein Konzept mit hoher Flexibi-
   und                                       lität und Qualität entgegensetzt, macht
   die Vermarktung der städtischen           das deutlich. Jeder, der das Konzept sieht
   Grundstücke über ein Immobilienmo-        und sich weitergehend mit ihm beschäf-
   dul, das auf der Homepage der Stadt       tigt, ist davon angetan. Der Mut zur Inves-
   zu finden ist, ein neuer Service für      tition aber fehlt derzeit noch. Sicher spielt
   Bau- und Kaufwillige geboten.             in dem Zusammenhang die Diskussion um
                                             den Verbleib der Bezirksregierung am
3. Die kontinuierliche Wohnungsmarkt-        Standort eine sehr große Rolle.
beobachtung: Im Entwurf liegt er vor, der    Neue Wohnkonzepte erfordern natürlich
erste Wohnungsmarktbericht, der konkre-      auch Antworten auf die Frage des Woh-
te Analysen zu unterschiedlichen Frage-      nens im Alter.
stellungen des Wohnungsmarktes aus-
führt. Hier werden Daten und Fakten zu-      5. Veränderung der Stadtstrukturen und
sammengeführt, die eine neue Tiefe der       Wohnungsteilmärkte: Die Erschließung
Betrachtung zulassen. Aussagen aus dem       neuer Baugebiete, die Baulücken- und
Wohnungsmarktbarometer, den Motivbe-         Brachflächenaktivierung, die Unterstüt-
fragungen und verschiedenen weiteren         zung zukunftsweisender Wohnprojekte für
Fachberichten, z.B. dem Grundstücks-         alle Lebensstilgruppen, Maßnahmen zur
marktbericht, werden ergänzt um Statisti-    Anpassung nicht mehr nachfragegerech-
ken und Prognosen und nicht zuletzt um       ter Bestände usw. machen deutlich: es
die Ergebnisse des Bürgerpanels. Letz-       geht um die Auswirkungen des demogra-
teres, nämlich eine repräsentative Umfra-    fischen Wandels und die Frage, wie eine
ge über das Internet unter den Arnsberger    Stadt darauf reagieren kann. Lassen Sie
Bürgern, wurde konkret zum Thema             uns deshalb an dieser Stelle auf die Stra-
Wohnen durchgeführt.                         tegie der Stadt Arnsberg schauen:

4. Neue Angebote für unterschiedliche        Dem Schrumpfen entgegen arbeiten zu
Nachfragegruppen schaffen: schnell           wollen bedeutet, die Abwanderungen im
wurde klar, dass mit einer zunehmend         Saldo zu verringern, denn die natürliche
pluralistischen Gesellschaft auch neue       Bevölkerungsentwicklung lässt sich we-
Nachfragen am Wohnungsmarkt entste-          sentlich schwieriger als das Umzugsver-
hen. Diese zu erfassen oder abzuschätzen,    halten beeinflussen. Die Erfassung der
wie das jetzt über den Woh-                  Umzugsmotive (Welche Gruppen verlas-
nungsmarktbericht geschieht, ist das eine.   sen aus welchen Gründen die Stadt?) ist
Diese Erkenntnisse den Akteuren nahe zu      Voraussetzung für ein passgenaues Han-
bringen und die Angebote zu schaffen, ist    deln. Neben persönlichen und beruflichen
bei einem nicht sehr gefestigten Woh-        Gründen sind es vor allem auch woh-
nungsmarkt das andere.                       nungs- und wohnumfeldbezogene Grün-
Dazu gehören natürlich auch nachfrage-       de, die zu Abwanderungen führen. Und
gerechte Neubaugebiete mit einer mög-        genau da beginnt das eigentliche Dilem-
lichst guten bzw. erreichbaren Infrastruk-   ma. Denn regionale Konkurrenzen erfor-
turausstattung und städtebaulichen Quali-    dern auch neue Angebote im Einfamilien-
täten. Die Schaffung eines familienfreund-   hausbau, die das weitere Bauen am Stadt-
lichen Umfeldes, das sich an den Kinder-     rand nach sich ziehen. Sich in der Stadt-
betreuungs- und Förderangeboten, an          entwicklungspolitik vor dem Hintergrund
innovativen Schulen und an einem auf         der demografischen Herausforderungen
junge Familien ausgerichteten Wohnum-        konzentrieren zu müssen, bedeutet aber,
                                             die Stadt eben nicht flächenhaft auszuwei-

                                                                                             Wfa-Infocenter   21
Kommunale Wohnungspolitik in einer Mittelstadt – das Beispiel Arnsberg          Thomas Vielhaber

                         ten, sondern sie qualitativ auszubauen        Bereichen sind aber Unterstützungs- und
                         und zu erneuern.                              Begleitungsleistungen durch die Stadt
                         Gerade deshalb sind überzeugende Alter-       möglich. Dazu jeweils ein Beispiel:
                         nativbeispiele zum Einfamilienhausbau            Beispiel 1: Mit der neuen SchulStadt-
                         am Stadtrand gefragt. Auch Angebote für          Bücherei wurden vorhandene Angebo-
                         besondere Nachfragen, die im ländlicher          te (Stadtbücherei und Schulbücherei)
                         geprägten Umfeld nicht zu befriedigen            in der wirtschaftlich nicht mehr trag-
                         sind (auf eigene Stärken setzen), sind eine      fähigen, da stark renovierungsbedürf-
                         weitere Möglichkeit des Handelns.                tigen Schulaula eines Gymnasiums zu-
                         Der Weg von Neuausweisungen zum Be-              sammengeführt und um das neue
                         standsumbau und zur Innenentwicklung             SelbstLernZentrum mit aktueller tech-
                         ist kein einfacher Weg, er kann aber             nischer Ausstattung ergänzt. Die Fi-
                         durch qualitätsvolle Projekte in den In-         nanzierung erfolgte über Schulmittel
                         nenstädten, die den Wohn-, Arbeits- Kul-         sowie die Aufgabe eines Mietverhält-
                         tur-, Freizeit-, Erholungs- und Einkaufs-        nisses für die Stadtbücherei. Für gro-
                         standort aufwerten, gefördert werden.            ße Veranstaltungen kann die Schule
                         Auch hier wird wieder deutlich, dass es          das Theater mitnutzen. Die Schüler
                         darum gehen muss, die Wohnungspolitik            können die Bücherei auch außerhalb
                         als zentralen Aufgabenbereich der Stadt-         der eigentlichen, schon weit ausge-
                         entwicklungspolitik zu verstehen.                dehnten Öffnungszeiten (u.a. an Sonn-
                                                                          tagen), bspw. vor Schulbeginn nutzen.
                         So ist Wohnen in Arnsberg wesentliches           Insgesamt wurde das Ziel der Quali-
                         Thema im Zusammenhang mit dem in                 tätssteigerung für Schule und Stadt
                         Aufstellung befindlichen Flächennut-             erreicht und damit zu einem familien-
                         zungsplan sowie dem städtebaulichen              freundlicheren Umfeld beigetragen.
                         Entwicklungskonzept im Rahmen des                Das ist eine für mich wichtige Maß-
                         Stadtumbau West. Hier erstellen wir zur-         nahme zur Erhöhung der Wohnquali-
                         zeit eine Siedlungstypologie des bebauten        tät des Standortes.
                         Bereiches, die auf der Basis städtebauli-        Beispiel 2: Die Einbindung der Senio-
                         cher Kriterien erste Aussagen über künf-         ren in ein umfassendes Netzwerk und
                         tige Problemgebiete in Arnsberg liefern          der Aufbau einer Vielzahl z.T. gemein-
                         soll. Konkret haben wir die oft mit groß-        schaftlich geplanter Seniorenwohn-
                         zügigen Freiräumen ausgestatteten Bau-           projekte in Arnsberg. Heute finden sie
                         gebiete der 50er Jahre im Fokus, die er-         betreutes Wohnen in guten Lagen,
                         hebliche Nachverdichtungspotenziale              z.T. auch in Anbindung an vorhandene
                         aufweisen. Zum anderen die Siedlungen            Angebote. Es gibt ebenfalls in zentra-
                         der 70er und 80er Jahre, die sich im Hin-        len Lagen der verschiedenen Stadttei-
                         blick auf die Bewohner- als auch die Ei-         le Pflegeheime, aber auch neue Kon-
                         gentümerstruktur in einer Phase des Um-          zepte und Sonderprojekte wie das
                         bruchs befinden. Zusammen mit der                Memoryhaus, ein Wohnhaus für De-
                         Wohnbaulandkartierung und den Daten              menzkranke mit speziellen zuschaltba-
                         und Informationen zu Leerständen ent-            ren Leistungen.
                         steht nach und nach ein Bild der Teilräu-
                         me, mit denen wir uns aus strukturellen       Die Kommune als Moderator und Initiator
                         Gründe in den nächsten Monaten und            Bei allen Projekten hat die Stadt mehr
                         Jahren beschäftigen müssen.                   oder weniger umfangreiche Beratungs-
                                                                       leistungen übernommen, von der Phase
                         Neben dem Weniger geht es aber auch           der Ideenentwicklung (Moderation) über
                         um die Verschiebung der Alterspyramide.       die Förderung bis hin zur Realisierung
                         Mit der Anpassung von Angeboten und           und zum Betrieb. Die Stärke der Stadt
                         Infrastrukturen, soweit veränderte oder       liegt auch hier in ihrer Überschaubarkeit,
                         neue Nachfragen erkennbar sind, kann          die es möglich macht, örtliche Investoren
                         darauf jedenfalls in einigen Bereichen        einzubinden, die nicht in erster Linie den
                         eingegangen werden. Dabei beschränkt          wirtschaftlichen Erfolg suchen. Das enor-
                         sich der direkte kommunale Einflussbe-        me ehrenamtliche Engagement zeigt sich
                         reich auf öffentliche Angebote, in anderen    bspw. aber auch in der Wohnungsbera-

22      Wfa-Infocenter
Tagungsdokumentation Kommunale-Wohnungspolitik 2006
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Tagungsdokumentation Kommunale-Wohnungspolitik 2006

  • 1. Wohnungsmarktbeobachtung NRW Die Zukunft kommunaler Wohnungspolitik – auf dem Weg zu neuen Partnerschaften? Dokumentation der Fachtagung am 1. Juni 2006 NRW.BANK-Ideenschiff Stadthafen Münster
  • 2. Wohnungsbauförderungsanstalt Nordrhein-Westfalen (Wfa) Anstalt der NRW.BANK Kavalleriestraße 22 40213 Düsseldorf Telefon (0211) 91741-0 Telefax (0211) 91741-1566 www.nrwbank.de wfa@nrwbank.de Publikationen aus der Wohnungsmarkt- beobachtung NRW: nrwbankde.de Wohnraumförderportal Wohnungsmarktbeobachtung Publikationen Mehr zur Wohnungsmarktbeobachtung der anderen Bundesländer, des Bundes und der Kommunen: wohnungsmarktbeobachtung.de komwob.de Konzeption & Dokumentation der Tagung Team Wohnungsmarktbeobachtung Karl Hofmann, Kerstin Jochimsen, Ulrich Kraus, Rebekka Späth Rückfragen unter (0211) 91741-1154 wfa-infocenter@nrwbank.de Nachdruck und auszugsweise Veröffentli- chung sind nach Rücksprache möglich. Bei Bedarf können wir einzelne Abbildungen zur Verfügung stellen. Düsseldorf, August 2006
  • 3. Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik NRW.BANK-Ideenschiff 1. Juni 2006 Programm und Inhaltsübersicht In dieser Dokumentation sind die Podiumsdiskussion sowie die Texte der Referenten in Kurzfassung und, sofern sie vorlagen, in Langfassung abgedruckt. Die Präsentationen dazu stehen im An- hang. Dort finden Sie auch die Teilnehmerliste, die Ergebnisse der Publikumsbefragungen (über MobiTED) und einige Fotos von der Tagung. 10:00 Eröffnung der Tagung Karl Hofmann, Leiter der Wohnungsmarktbeobachtung der Wfa Einschätzungen der Teilnehmer zum Thema (MobiTED) Moderation: Christian Schweitzer, WDR Münster 10:15 Kultur- und Strukturwandel der Wohnungswirtschaft: Folgen für die Partnerschaft mit den Kommunen Statements von Volker Nordalm, Vorstandsmitglied vhw Norbert Müller, Geschäftsführer BGW Bielefeld Kaffeepause 11:30 Kommunale Wohnungspolitik heute – Aufgaben und Handlungsspielräume der Kommunen 3 Beispiele aus NRW vorgestellt von Stadtdirektor Hartwig Schultheiß, Beigeordneter der Stadt Münster für Planung und Marketing Thomas Vielhaber, Leiter FB Planen – Bauen – Wohnen bei der Stadt Arnsberg Stadtrat Ullrich Sierau, Planungsdezernent der Stadt Dortmund 12:30 Mittagspause mit Fingerfood auf dem Schiff 13:30 Talk im Ideenschiff: Schwierigkeiten, offene Fragen und Lösungsan- sätze in der Zusammenarbeit zwischen Wohnungswirtschaft und Kommunen Diskussion mit dem Publikum, den Referenten und Thomas Janta, Abtei- lungsleiter Wohnen im Ministerium für Bauen u. Verkehr NRW 15:00 Visionen und Möglichkeiten einer Partnerschaft zwischen Wohnungswirtschaft und Kommunen Zukunftsszenarien von Prof. Volker Eichener, FH Düsseldorf/InWIS, Bochum 16:00 Verabschiedung & Ende der Veranstaltung Wfa-Infocenter 3
  • 4. Kultur- und Strukturwandel der Wohnungswirtschaft Volker Nordalm Der Kultur- und Strukturwandel der Wohnungswirtschaft Vortrag von Volker Nordalm, vhw-Vorstandsmitglied und ehem. Generalbevollmächtigter der Viterra AG Philosophie und Theologie gehen in ihren Beginnend mit dem 1.1.1990 sind diese Gedankenkonstrukten von drei elementa- Zeiten aber unwiderruflich vorbei und die ren Grundfragen aus: Branche hat seitdem ihr Gesicht funda- wer sind wir? mental verändert. Dieser Veränderungs- woher kommen wir? prozess dauert noch an. Er hat die ver- wohin gehen wir? schiedenen Gruppierungen der Woh- Der Kabarettist Matthias Beltz pflegte dies nungswirtschaft in unterschiedlichem um die Frage zu ergänzen: Ausmaß erfasst, aber meine These ist, … und warum sind wir nicht da dass er aufgrund der ihm immanenten geblieben? ökonomischen Logik auch vor den kom- munalen Unternehmen und selbst den Genossenschaften nicht halt machen wird. Eine Branche durchläuft einen massiven Change-Prozess und ich möchte Ihnen schildern, wie dieser Prozess bisher ver- laufen ist, gegenwärtig verläuft und wie er sich m.E. in Zukunft fortsetzen wird. Die Folgen hieraus für das Verhältnis dieser Branche zur Politik und für die zukünfti- gen Rahmenbedingungen der Stadtent- wicklung werden wir im Laufe dieses Tages zu thematisieren haben. Der unumkehrbare Prozess der Ökonomi- sierung der Wohnungswirtschaft (Klem- mer) verläuft nach meiner Einschätzung Meine sehr geehrten Damen und Herren, in drei Phasen: diese letzte Frage wird zurzeit oft gestellt, wenn man sich mit Akteuren aus der 1. Entstehen eines normalisierten Woh- Wohnungswirtschaft unterhält. Gemeint nungsmarktes (Experimente an der ist dann die gute alte Zeit der Wohnungs- Wertschöpfungskette) gemeinnützigkeit, in der die Welt noch in 2. Rekonfiguration der Eigentümerstruk- Ordnung war: turen (Wer kann in Zukunft was mit Wohnungen waren knapp Wohnungen anfangen?) Subventionen sprudelten reichlich 3. Business Development und dem Eigentümer wurden 4 % auf (Neue Unternehmensformen) das Nominalkapital ausgeschüttet. 1. Entstehen eines normalisierten Wohnungsmarktes Die neue Freiheit nach Aufhebung des Zunächst ging es um die Stabilisierung WGG hatte bei denjenigen Unternehmen des Kerngeschäfts (zunächst insbesondere den industriever- Da stand am Anfang die Entdeckung des bundenen), die sich bei ihren Eigentü- Mieters als Kunden. Die Aufhebung be- mern unternehmerische Spielräume ver- stehender Zugangsbarrieren an Teilmärk- schaffen konnten, Reaktionen in zwei ten, sei es durch planmäßiges oder aktiv Richtungen zur Folge: herbeigeführtes Auslaufen öffentlicher Bindungen, sei es durch Verlust der Be- 4 Wfa-Infocenter
  • 5. Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik NRW.BANK-Ideenschiff 1. Juni 2006 deutung der Werkswohnungsversorgung, als erste Folge aus dieser geänderten führte zu einer Marktöffnung, die neue Betrachtungsweise. Vertriebswege erforderlich machte. Hinzu Als zweite ergab sich die Suche nach al- tritt die im Laufe der 90er Jahre zuneh- ternativen Geschäftsmodellen zur Wieder- mend die Auswirkung der demografi- anlage der aus dem Immobilienhandel schen Entwicklung, die das Schicksal der erwirtschafteten Erträge. Hier haben wir Branche in den kommenden Jahrzehnten ein breites Spektrum von Aktivitäten weiter bestimmen wird. Die Schaffung kommen und auch gehen sehen: Enga- eines adäquaten Angebots für den Kun- gement im gewerblichen Development, den hat die Herausbildung von diversifi- Bauträgergeschäft in großem Stil, Ange- zierten Angeboten zu Folge. Hierzu ge- bote im Facility Management, Bau und hört das Experimentieren mit wohnbeglei- Betrieb von Sozialimmobilien und schließ- tenden Dienstleistungen. lich Projekte der PPP. So schön solche Aktivitäten einen Geschäftsbericht auch Zur Normalisierung gehört weiter der schmücken können, letztlich werden sie Bedeutungszuwachs der Behandlung alle an der Hürde gemessen, an der sich der Wohnung als Wirtschaftsgut. die Abkehr von Wohnungsaktivitäten hat- Die Bewirtschaftung des Bestandes unter te messen lassen müssen: an der Verzin- Wertgesichtspunkten führte zur Einfüh- sung des eingesetzten Kapitals. Und dies rung professioneller Instrumente der Un- hat schon so manchen zum Sprung anset- ternehmensführung auch in der Woh- zenden prächtigen Tiger als Bettvorleger nungswirtschaft: Stichpunkte hierfür sind landen lassen. Portfoliomanagement, dynamische Investitionsrechnung Noch ein kurzes Wort zu der These, die (DCF) und geschilderte Logik gelte nur für privat- wertorientierte Unternehmenssteue- wirtschaftlich organisierte Unternehmen rung(etwa nach dem ROIC oder dem und habe mit der Realität der kommuna- ROCE). len Wohnungswirtschaft und der Genos- senschaften nichts zu tun: Wenn auch mit Wenn sich im Ergebnis der Bestand oder zeitlicher Verzögerung sprechen auch die Teile von ihm als "underperforming as- Kommunalen über Kapitalverzinsung und sets" entpuppten, stellte sich recht schnell ihre Substitute (was anders ist die Diskus- die Frage nach dem ökonomisch richtigen sion über die Stadtrendite). Und ebenso Umgang mit einem solchen Phänomen. zeigen sich im genossenschaftlichen Sek- Bestandsverkäufe en gros und en Detail, tor Ansätze von aktivem Portfoliomanage- also das Entstehen einer intensiveren ment und alternativen Anlageformen. In Umschichtung von Portfolios, resultieren der Kreation wohnbegleitender Dienstlei- stungen sind diese ja lang schon führend. 2. Rekonfiguration der Eigentümerstrukturen Hatten die Väter der Aufhebung des WGG als Folge davon die vollen Werte der Port- das Erlangen neuer Freiheiten im Sinn, so folios am Markt zu realisieren. hatten sie Eines nicht hinreichend be- dacht: nicht nur sie selber, auch ihre Ei- Ging man anfangs davon aus, dass dies gentümer konnten sich neuer Freiheiten eine Unternehmenspolitik sei, die sich auf erfreuen. Oder anders gesagt: die Eigen- die rd. 600.000 in Industriebesitz befindli- tümer konnten nun uneingeschränkt über chen Wohnungen (10 % des Gesamtbe- ihr Eigentum verfügen. Und das taten sie standes der ehemals Gemeinnützigen denn auch und tun es weiterhin: bzw. fast 3 % des Mietwohnungsbestan- Die Liberalisierung des Wohnungsmark- des) beschränken würde, so zeigte sich tes nach Aufhebung des WGG und damit bald, dass auch dies ein Irrtum war: verbunden, die Möglichkeit zur Abkehr Nicht die Konzerne, sondern die öffentli- von der gemeinnützigkeitsrechtlich regle- che Hand entdeckte als erste den Reiz, mentierten Ausschüttungspolitik machte der von einem großen Wohnungsportfolio es möglich, Renditen zu optimieren und ausgehen kann. Und damit wurden inkl. Wfa-Infocenter 5
  • 6. Kultur- und Strukturwandel der Wohnungswirtschaft Volker Nordalm der kommunalen Bestände plötzlich sage für stark übertrieben. Der Werk- 3,5 Mio. WE bzw. 17 % des Mietwoh- zeugkasten ist seit langem bekannt, wird nungsbestandes disponibel: Kasse macht aber zugegebenermaßen von den neuen eben sinnlich. Herren mit hoher Konsequenz eingesetzt. DeutschBau, WBRM, FSG, die Gehag, die GSW, die LEG von Schleswig-Holstein Es sind fünf Elemente, die in der Über- und Niedersachsen, die Wohnungsgesell- nahme eines Großportfolios zum Einsatz schaften der Deutschen Bahn AG und der kommen: BVG, ebenso wie die Bestände der Städte Kiel und Dresden - Unternehmen mit öf- Ausnutzen aller Finanzierungshebel fentlichen Eigentümern bestimmen den Wenn Private Equity einen Startvorteil Markt für Großportfolios und werden ihn gegenüber deutschen Investoren hat, weiter prägen: Freiburg, die Nassauische dann ist es die Finanzierung der Invest- Heimstätte sowie die LEG NRW stehen an ments. Dass Investitionen, aus denen und auch der Bund hat ohne großes Auf- langfristig stabile Cashflows erwirtschaftet sehen gerade wieder 70.000 WE gebün- werden, sich hervorragend zum Ausnut- delt. Von Kämmerern weiterer Kommunen zen von Leverage-Effekten eignen, ist hört man auch schon lautes Nachdenken. keine neue Erkenntnis. Dies gehört aber Die 50.000 WE der Thyssen-Krupp und in der unternehmerischen Praxis hierzu- die 170.000 WE der Viterra nehmen sich lande u.a. auch aus bilanztechnischen gegen dieses schon bewegte und das Gründen (Verlängerung der Bilanz, Ei- potenziell von der öffentlichen Hand noch genkapitalproblematik) nicht zu den ge- zu bewegende Volumen bescheiden aus! bräuchlichen Instrumenten. Private Equity spielt auf dieser Klaviatur War der Markt zunächst noch von deut- perfekt. Das effektiv eingesetzte Eigenka- schen Playern geprägt - die Viterra tätigte pital wird bei 5-10 % gehalten. Bei nied- die ersten Großdeals und auch die WCM rigen Fremdkapitalzinsen kann so eine seligen Angedenkens war noch aktiv – so hohe Rendite auf das Eigenkapital erzielt änderten sich Preise, Ankaufslogik und werden. Unter Annahme eines Returns Marktklima grundlegend mit den Erfolgen von 6 % und einem Zins auf das Fremd- ausländischer Investoren in den Bieterver- kapital von 5 % sind dies bei 10 % Ei- fahren. Mit den Zuschlägen für Deutsche genkapital 16 %, bei 5 % Eigenkapital Annington (Bahnwohnungen, Viterra), 26 %. Eine um 0,5 % höhere Spanne Fortress (Gagfah, LEG Niedersachsen, zwischen Kapitalkosten und Return erhöht Dresden) und Cerberus (GSW) setzt sich die Rendite um 5 % bzw. 10 %! ein von der Logik des Private Equity ge- Erwartet man dann noch eine Wert- triebenes Investitionskalkül nachhaltig steigerung der Bestände im Zeitablauf, durch. kann man sich leicht eine Rendite über Dies wird für absehbare Zeit den Markt Alles von über 30 % ausrechnen. prägen und soll deshalb auf seine ökono- mischen und psychologisch-politischen Und was, wenn sich solche Relationen Implikationen überprüft werden. nicht ergeben, sei es durch Zinssteige- rungen, sei es durch ausbleibende Wert- steigerungen? Ökonomische Aspekte des Engage- Nun, die Antwort ist locker gegeben, aber ments der Private Equity Fonds ökonomisch unbefriedigend: Das Eigen- Stimmt nun die zuvorderst vertretene kapital ist sehr schnell herausgelöst, das These, dass die neuen Investoren um ein Risiko hängt beim Finanzierer! deutliches professioneller sind als es die Aber sie sehen eins deutlich an diesem bisherigen Unternehmer gewesen waren Beispiel: der Erfolg ist primär nicht vom und das es bei dem sich vollziehenden Produkt abhängig sondern von der reali- Change um die Ablösung eines amateur- sierten Finanzierung. Ein Aspekt, der uns haften durch ein professionelles Mana- noch beschäftigen wird. gement geht? Steigerung der Einnahmen Ich gebe zu, ich bin als ehemals Beteilig- Mietsteigerungen! Da haben wir das Fa- ter Partei, dennoch: ich halte diese Aus- nal an der Wand, da schaut der Blutsau- 6 Wfa-Infocenter
  • 7. Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik NRW.BANK-Ideenschiff 1. Juni 2006 ger um die Ecke, das frisst sich die ge- entsprechenden Umschichtungen im Ma- meine Heuschrecke satt!!!! nagement der Unternehmen. Gemach, gemach: Ich habe diesen Punkt nur aufgenommen, um darauf hinzuwei- Die stringente Budgetierung der großen sen, dass das Investitionskalkül exorbitan- Kostenblöcke – insbesondere in der In- te Mietsteigerungen nicht benötigt, ja, standhaltung – soll weitere Kostendegres- dass diese im Sinne einer Stabilisierung sionen generieren. Hier können sich na- der Cash-Flows bei volatiler werdenden türlich Konflikte mit den Investitionszielen Märkten sogar kontraproduktiv sein kön- des Werterhalts und der Wertsteigerung nen. Mir ist nicht bekannt, dass einer der ergeben. Mann sollte aber nun nicht die- großen Aufkäufer am deutschen Woh- ses Problem als neu oder gar auf die neu- nungsmarkt Verfahren wegen Mietpreis- en Investoren begrenzt darstellen: Glei- überhöhung ausgesetzt ist. Nein: das Ver- ches ist wohnungswirtschaftlicher Alltag. halten bewegt sich im Bereich der am jeweiligen Markt gegebenen Möglichkei- Portfoliomanagement ten. Natürlich werden Mietsteigerungspo- Das Portfoliomanagement in neuen Un- tentiale genutzt, aber dies im vom Markt ternehmenskontext erfährt eine deutliche vorgegebenen Rahmen. Und einige Ver- Akzentuierung, weil die Werthaltigkeit käufer haben ja Mietsteigerungsbremsen des Portfolios kurzfristig zu sichern ist in die Verkaufsverträge eingebaut. und die Cash-Flows stabil gehalten wer- den müssen. Ein Weiteres an dieser Stelle: der Dem Immobilienhandel im Großen wie im Markteintritt ausländischer Investoren Kleinen bekommt daher eine zentrale wurde mit großem Aufwand vorbereitet. Steuerungsfunktion. Angesichts der zu- Und dazu gehörte auch, dass man sich ein letzt exorbitant hohen Kaufpreise wird genaues Bild über die vorhandenen Sensi- sich der Schwerpunkt hier vom En-Bloc- tivitäten gemacht hat. Verkauf hin zur Privatisierung verschie- Moderate Mietsteigerungen verbunden ben, weil bei eher stagnierenden Märkten mit entsprechenden Wertsteigerungen ansonsten keine positiven Ergebnisse des Bestandes, das harmoniert mit der generiert werden können. An dieser Stell- Logik des Engagements und entspricht schraube wird m.E. die Anspannung deut- auch dem Image, das die neuen Investo- lich ansteigen. ren pflegen wollen. Exit-Management Kostenreduzierung, Economies of scale Nach dem Kauf ist vor dem Verkauf! Die- (d.h. größenbedingte Ersparnisse) se abgewandelte Fußballweisheit verweist In der Organisation des Geschäfts aller- darauf, dass der Exit auch mit Blick auf dings bringen die neuen Eigentümer den die Geldgeber von vornherein mit in das Erfahrungshintergrund des angelsächsi- Unternehmenshandeln einzubeziehen ist. schen Managements mit. Sofern der Ver- käufer nicht im Kaufvertrag (dann natür- Das zu beobachtende Handeln der großen lich kaufpreismindernd) entsprechende Akteure weist dabei deutliche Varianzen Restriktionen vereinbart hat, werden die auf: möglichen Potentiale rasant gehoben. Während Cerberus sich im Handel mit Groß-Portfolios versucht und auch den Personalreduzierungen sowie das Out- Exit über strukturierte Fonds angeht sourcen von Funktionen wie Technik, (mit soviel Erfolg, dass aktuell der Vertrieb, aber auch Zentralfunktionen Verlust des gesamten Top- werden zeitnah umgesetzt. Damit wird Managements zu beklagen ist), i.d.R. ein zentralistischer Ansatz verfolgt, strebt Fortress den schnellen Börsen- der auch ein entsprechendes ständiges gang an, auch über außerdeutsche Reporting an das Management des neuen Börsenplätze. Eigentümers einschließt. Der damit ein- Die Deutsche Annington hingegen hergehende Bedeutungsverlust des loka- versteht sich als Bestandsbewirtschaf- len Managements führt dann auch zu ter und denkt in Wachstum und eher mittelfristigem Exit. Wfa-Infocenter 7
  • 8. Kultur- und Strukturwandel der Wohnungswirtschaft Volker Nordalm Börsengang und dies bevorzugt in der Politik hat unmittelbaren Einfluss auf Form des – leider schon viel zu lange in den Wohnungsmarkt verloren der Pipeline befindlichen – 'German REIT' Es gibt keine Position am Wohnungsmarkt ist in meinen Augen der logische End- mehr, die der Politik einen unmittelbaren punkt der augenblicklichen Phase des Einfluss auf das Marktgeschehen sichert. raschen Eigentümerwechsels. Zwar waren in NRW 45 % der Nach- kriegsproduktion an Wohnungen staatlich induziert (in den 50er Jahren waren dies Psychologisch-politische Aspekte der 82,5 %, in den 90ern nur noch 27,2 %), Private-Equity-Diskussion aber die Zeit, zu der rd. 44 % des Miet- Der Übergang des Empfindens über den wohnungsmarktes NRW in staatlicher Zustand des Wohnungsmarktes wieder in Hand waren liegt ein über dreißig Jahre eine ruhigere Grundstimmung erscheint zurück (1970). Heute unterliegen noch mir derzeit eine wesentliche Vorausset- 18,4 % der Mietwohnungen staatlichen zung dafür zu sein, dass die Diskussion Bindungen, Tendenz weiter fallend (und um die zukünftige Wohnungs- und Stadt- im Bestand sind gerade diejenigen Sied- entwicklungspolitik wieder vor rationalem lungen, die sozial die größten Probleme Hintergrund geführt werden kann. machen). Natürlich haben wir in den unterschiedli- Denn gefühlte und tatsächliche Markt- chen Teilräumen des Landes unterschied- temperatur klaffen weit auseinander: liche Interventionspotentiale: die verblie- Seit 1997 haben rund 5 % des deut- benen Mietwohnungen mit Bindungen schen Mietwohnungsbestandes in konzentrieren sich in den Ballungsbieten. Form des Verkaufs von Wohnungsun- Dennoch bleibt der Einfluss auf Preisbil- ternehmen den Besitzer gewechselt, dung und Belegung begrenzt. Direkte das sind im Schnitt der Jahre also et- Investitions- und Entwicklungsimpulse wa 0,5 % p.a. Dies ist weniger als die wären nur über neue Subventionen mög- Abrissquote und ich wage die These, lich und damit ist die Möglichkeit zur dass im Einzelhausverkauf auch nicht Lenkung der Stadtentwicklung bei gege- viel weniger geschieht. benen Budgets (und da geht es uns in Dennoch wird dieser Marktprozess, NRW ja noch vergleichsweise gut) auf der logische Folge einer politischen Demonstrationsmaßnahmen beschränkt. Willensbildung vor 17 Jahren gewesen ist, fast schon zu einer nationalen Ka- Befürchtung, dass traditionelle Partner tastrophe stilisiert. verloren gehen Natürlich ist der Vorgang für die unmit- Die in den wohnungswirtschaftlichen telbar betroffenen Mieter intransparent, Verbänden VdW Rheinland Westfalen und schafft daher Ängste und macht ihnen BFW organisierten Wohnungsunterneh- deutlich, dass die Zeiten des regulierten men werden traditionell als genuiner und staatlich überformten Marktes vorbei Partner der Wohnungs- und Städtebaupo- sind, mental der Fall aus dem Biosphären- litik angesehen. Nicht zuletzt auch dieser reservat in den Dschungel. Dies schafft Kongress beweist, dass man sich seitens Unsicherheiten, die ernst genommen der Politik von diesen Partnern eine ges- werden müssen. Aber: Spielball sind sie taltende Rolle erhofft. nicht, der Mieterschutz funktioniert nach In beiden Verbänden sind derzeit rd. wie vor sehr gut und auch die Privatisie- 1,25 Mio. WE zusammengefasst, dies sind rungsprozesse sind inzwischen gut einge- 25 % des Mietwohnungsmarktes in NRW. spielt – auch mit freiwilligen Schutzrech- In rein kommunalem Besitz dürfte rd. die ten für die vorhandene Mieterschaft durch Hälfte dieser Wohnungen sein. Also auch die Veräußerer. hier ist zu hinterfragen, was diese Markt- teilnehmer tatsächlich bewegen können Aber auch die Politik zeigt sich z.T. in und wo ihre mögliche Rolle überschätzt hohem Maße verunsichert und reagiert wird. inkonsistent. Vielleicht zunächst ein paar Daten zum Fact-finding: 8 Wfa-Infocenter
  • 9. Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik NRW.BANK-Ideenschiff 1. Juni 2006 Konsequenzen für die Akteure Zur Einführung von REITs Mein Plädoyer in Zusammenhang mit der Die politische Diskussion um die Einfüh- angemessenen Reaktion auf die laufende rung von REITs in Deutschland zeigt, wie und sich weiter fortsetzende Rekonfigura- weit wir von den von mir eingeforderten tion der Eigentümerstrukturen geht daher Selbstverständlichkeiten noch entfernt in zwei Richtungen: sind: Der REIT hat sich in den USA als Form der Haltung von Immobilienvermögen in Form von Aktien seit über 30 Jahren be- währt. Er hat sich unabhängig gegen die allgemeinen Kursschwankungen – auch die extremen – erwiesen und ist aufgrund seiner konstruktionsbedingten hohen Ausschüttungen ein fester Baustein im Rahmen der privaten Altersvorsorge – sei es nun als Privatanlage oder durch institu- tionelle Investoren getätigt. Das sind die Fakten. Wenn Sie die aktuelle Diskussion bei uns verfolgen, hören sie davon sehr wenig. Wir reden abseits aller empirischen Argumente über drohende Mieterhö- Wir müssen uns endlich lösen von der hungen durch REITs. Vorstellung, dass die Wohnung ihre Auf- Wir haben es in vielen Jahren noch gabe als Sozialgut unter den Bedingungen nicht geschafft, ein adäquates Instru- eines liberalisierten Marktes nicht entfal- ment der privaten Altersvorsorge auch ten kann. Zu diskutieren ist, wie und in in Immobilien zu konstruieren. Hier welchem Umfang dies noch notwendig ist wäre eins – nein, das wird natürlich und mit welchen Instrumenten dann die von den Sozialpolitikern abgelehnt. soziale Absicherung am Wohnungsmarkt Der REIT brächte nachweislich hohe geschehen kann. Sie mögen mir vorwer- Steuermehreinnahmen – nein: die Be- fen, dass diese Forderung ein alter Hut steuerung der Ausschüttungen beim sei. Ich halte dem entgegen, dass gerade Inhaber der Aktien wird als nicht sys- in der aktuellen Situation sich wieder temkonform von den Finanzpolitikern zeigt, dass der Glaube an die schützende abgelehnt, obwohl alle Ansätze einer Hand des Staates' als bessere Form der grundlegenden Steuerreform die Marktorganisation nicht ad acta gelegt ist. nachgelagerte Besteuerung präferie- ren. Des Weiteren müssen die politischen Ak- Der REIT wäre eine Möglichkeit der teure in Land und Kommunen die sich sozial ausgewogenen Mobilisierung ergebende Situation emotionslos und öffentlichen Immobilienvermögens, unter Beachtung ihrer tatsächlichen weil zum einen über die Mehrheits- Handlungsmöglichkeiten analysieren. verhältnisse bzw. die Satzung, zum Dazu gehört auch, dass die Positionsbe- anderen über die dem Verkaufpreis stimmung einer kommunalen Wohnungs- zugrunde liegende Verzinsung Steue- wirtschaft als Akt der politischen Willens- rungsmöglichkeiten in Richtung auf bildung vollzogen wird und nicht als tem- eine Sozialbindung vorhanden wären. porär aufflackernder Interessenkonflikt zwischen kommunaler Finanz- und Stadt- Und so beginnen erneut aufgrund unserer entwicklungspolitik. fortentwickelten Kunst der Selbstblocka- de, Milliardeninvestitionen an Deutsch- land vorbei getätigt zu werden. Sie wer- den der Presse entnommen haben, dass der Börsengang der Gagfah über Luxem- burg oder London stattfinden wird. Gro- tesk, aber bezeichnend! Wfa-Infocenter 9
  • 10. Kultur- und Strukturwandel der Wohnungswirtschaft Volker Nordalm 3. Business Development Parallel zur Rekonfiguration der Eigentü- tablieren wird, die von der Woh- merstrukturen hat ein Prozess begonnen, nungswirtschaft eingesetzt werden der die Branche nachhaltig verändern kann. wird. Dieser Prozess ist dadurch gekenn- Aber auch die heute noch als unum- zeichnet, dass sich die Wohnungsunter- stößlich betrachtete Einheit von Kapi- nehmen zunehmend funktional differen- taldisposition und Bewirtschaftungs- zieren und diese Differenzierung in neu- management ist für mich kein Natur- en, spezialisierten Unternehmen ihren gesetz. Niederschlag findet. Dies wird letztlich zu Ich hatte bereits darauf hingewiesen, einer Auflösung des heute noch dominie- dass die Logik von Private Equity vom renden Typus von Wohnungsunterneh- Produkt abstrahiert. Ob Kaugummi men mit breitem Leistungsspektrum füh- oder Wohnungen, es geht um die er- ren. Zunächst etwas Empirie und Progno- wirtschafteten Cashflows. Und auch, se: wenn man die Börsennotierung von Der Regiebetrieb seligen Angeden- Wohnungsportfolios befürwortet, zeigt kens zählte noch bis in die 70er/80er sich eine aktuell noch ungelöste Auf- Jahre zum Normalfall in der Woh- gabe: in Zukunft geht es darum, vola- nungswirtschaft. tiler agierendes Kapital mit kontinu- Reparaturen incl. Materialhaltung und ierlicher Marktaktivität zu verbinden! Grünpflege waren die wesentlichen Dies spricht dafür – und auch hier Aufgaben. Ebenso zählten Planungs- zeigen sich bereits z.B. in der Organi- leistungen in Neubau und Modernisie- sation der Deutschen Annington ent- rung zum normalern Umfang der Un- sprechende Tendenzen – in Zukunft ternehmensaufgaben. Die ist heute auch spezialisierte Bewirtschaftungs- selbstverständlich outgesourct, um manager zu haben, die im Auftrag der den neudeutschen Begriff hierfür zu Kapitalseite agieren. verwenden. (In Klammern auch wieder ein Blick Aktuell erleben wir, dass Unterneh- zu Seite: analysiert man die Vorschlä- men damit beginnen, auch die Orga- ge zur Zukunft des Genossenschafts- nisation der technischen Leistungen wesens in der Wohnungswirtschaft, am Gebäude auszulagern. zeigt sich etwa in der Empfehlung zur Die Fremderbringung von Hausmeis- Bildung von Managementorganisatio- terleistungen ist auch schon State of nen für kleinere Genossenschaften im the Art. Die Frage, ob Vertriebsleis- Grunde eine identische Tendenz zur tungen durch die Unternehmen oder Diversifikation.) besser durch spezialisierte Organisa- tionen erbracht werden sollen, wird Als zukünftige Organisationsform der Bran- che erwarte ich somit spezialisierte Unter- auch immer häufiger durch die Ent- scheidung für Externe entschieden. nehmensformen in folgender Abstufung: Einigkeit herrscht darüber, dass in 1. Stufe: Kapitalseite mit Portfoliomana- Zukunft die Wohnung zusammen mit gement und übergeordneten Control- Dienstleitungen, die auf den Nutzer lingfunktionen, Performancemanage- und seine spezifischen Bedarfe zuge- ment schnitten sind, vermietet wird. Be- 2. Stufe: Servicelevel: Bewirtschaftungs- stimmte Dienstleitungen können kos- management, Controlling, Marketing, tengünstig nur erbracht werden, wenn Vertriebssteuerung eine kritische Masse erreicht wird, die 3. Stufe: Servicelevel: outgesourcte Funk- deutlich oberhalb des Nachfragepo- tionen: Instandhaltung und Unterhal- tentials in durchschnittlichen Woh- tung des Bestandes, Planung, Haus- nungsunternehmen liegt. Dies spricht meisterleistungen, Vertrieb, DV etc. dafür, dass sich auch hier eine Dienst- 4. Stufe: Servicelevel: Bewohnerorientier- leistende Unternehmenslandschaft e- te Dienstleistungen 10 Wfa-Infocenter
  • 11. Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik NRW.BANK-Ideenschiff 1. Juni 2006 Nach den Versuchen Anfang der 90er chen der Wertschöpfungskette zu effizien- Jahre, den Unternehmen durch Auswei- teren Organisationsformen zu gelangen. tung der Wertschöpfungskette eine neue Dies wird in der nächsten Zukunft die für Zukunft zu geben, haben wir jetzt die die Branche tragende Entwicklung sein. Tendenz zu verzeichnen, durch Aufbre- 4. Fazit Für die Wohnungswirtschaft selbst und nur planerische sondern ebenso viele ihre Partner in den Kommunen ist dies Managementqualitäten werden den Stadt- eine mögliche Entwicklung, die berück- entwickler der Zukunft auszeichnen. Und sichtigt werden muss, wenn es darum die neue Investorenseite wird lernen müs- geht, die zukünftige Rolle der unterneh- sen, dass an einem lokalen Wohnungs- merischen Wohnungswirtschaft in der markt nur dann optimale Renditen zu Stadtentwicklung zu bestimmen. erwirtschaften sind, wenn die Nachfrage- seite auch in ihren Ansprüchen an die Und ein weiterer Aspekt wird in die Über- "weichen" Faktoren des Angebots befrie- legungen einzubeziehen sein: das weiter digt wird. Das wiederum heißt für beide abnehmende quantitative Gewicht der Seiten auch, dass neue Formen der Parti- Unternehmen. Denn im Zuge von Portfo- zipation gefunden werden müssen. liobewegungen wird ein zunehmender Teil der Bestände in immer kleinere Ein- Der Kultur- und Strukturwandel der Woh- heiten zerlegt, bis hin zum Einzeleigen- nungswirtschaft ist in vollem Gange. Nach tum in der Privatisierung. einer Phase des Wildwests wird eine Pha- se der Konsolidierung eintreten, in der die Dies zusammen mit den weiter abneh- Chance zur Ausbildung einer neuen Part- menden Spielräumen zur Subventionsge- nerschaft zwischen Kommunen und Woh- währung bedeutet unweigerlich, dass sich nungswirtschaft besteht. die Kooperation von Kommunen und Wohnungswirtschaft neu definieren muss. Nicht die nostalgische Sehnsucht nach Ein neues Rollenverständnis wird die der guten alten zeit des WGG sollte daher Kommunen eher als Moderator von Inves- unsere Reaktion auf den Kultur- und titionsvorhaben denn als Initiator sehen. Strukturwandel der Wohnungswirtschaft Es wird darum gehen, ähnlich wie heute sein. Halten wir es lieber mit der Weisheit bei der Wirtschaftförderung, potentielle unserer holländischen Nachbarn: Investoren auf Chancen hinzuweisen und Den Wind kann man nicht verbieten, aber den Weg zur Umsetzung zu ebnen. Nicht man kann Windmühlen bauen! Wfa-Infocenter 11
  • 12. Folgen für die Partnerschaft Wohnungswirtschaft - Kommunen Norbert Müller Folgen für die Partnerschaft der Woh- nungswirtschaft mit den Kommunen Zusammenfassung des Statements von Norbert Müller, Geschäfts- führer der mehrheitlich kommunalen Bielefelder Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft (BGW). Norbert Müller schildert die Auswirkun- Dies bedeutet den Wandel vom Hausver- gen zuvor dargestellter Veränderungspro- walter zu einem modernen Dienstleis- zesse für ein lokal tätiges Unternehmen tungsunternehmen. So reicht das Ge- und skizziert die Folgen für die Zusam- schäftsfeld der BGW vom Wohnungsbau menarbeit mit der Stadt. und dessen sozial ausgewogener Bewirt- schaftung über wohnbezogene Dienstleis- tungen bis zu Management und Betrieb städtischer Infrastruktur (Kommunalim- mobilien, Bäder, Heime, Kindertagesstät- ten). Quartiersentwicklung und Stadtum- bau werden in Kooperation mit der Stadt betrieben. So erwirtschaftet die BGW im Auftrag der Stadt, aber auch aus eigenem Selbstverständnis heraus, neben der klas- sischen Geldrendite eine „Stadtrendite“, die eine soziale Stadtentwicklung ermög- licht und zudem die eigene Existenz als kommunales Unternehmen rechtfertigt. Voraussetzung für solche Kooperationen sind eine klare Positionierung der Unter- nehmen, genauso aber ein klares Be- kenntnis der Städte zu ihren Gesellschaf- Am Beispiel der BGW zeigt Norbert Mül- ten und ein langfristig gesicherter Hand- ler, wie kommunale Unternehmen und lungsrahmen. Die geplante Änderung des Kommune auch im veränderten Markt zu § 7 Gemeindeordnung würde diesem einer tragfähigen Partnerschaft finden Handlungsrahmen die Grundlage entzie- können. Dazu müsse sich das kommunale hen und wäre daher äußerst kontrapro- Unternehmen einerseits den wirtschaftli- duktiv. chen Erfordernissen anpassen, anderer- seits aber auch deutlich machen, inwie- fern es sich von einem rein gewerblichen Weitere Informationen: Unternehmen unterscheidet und welchen www.bgw-bielefeld.de Mehrwert die Stadt davon erwarten kann, dass das Unternehmen in kommunaler Die Powerpoint-Präsentation zu diesem Hand bleibt. Vortrag befindet sich im Anhang. 12 Wfa-Infocenter
  • 13. Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik NRW.BANK-Ideenschiff 1. Juni 2006 Integration der Wohnungspolitik in die Stadtentwicklung Statement von Stadtdirektor Hartwig Schultheiß, Beigeordneter der Stadt Münster für Planung und Marketing Sehr geehrte Damen und Herren, sorgung zur „strategischen Wohnstand- ich freue mich, Ihnen auf dieser Fachta- ortentwicklung“. Dadurch werden die gung, die sich mit der Zukunft der kom- traditionellen Leistungen der sozialen munalen Wohnungspolitik beschäftigt, die Wohnungsversorgung nicht weniger konzeptionellen Überlegungen unserer wichtig. Wir müssen uns aber darauf ein- Stadt vorstellen zu können. Ich tue dieses aus der Perspektive eines Beigeordneten für Stadtentwicklung und Stadtplanung. Wir in Münster haben erkannt, dass die Rahmenbedingungen für die kommunale Wohnungspolitik sich verändert haben und sich noch weiter verändern werden, so dass es erforderlich wird, wohnungs- politische Aktivitäten nicht auf das Woh- nungsamt zu beschränken sondern stär- ker mit anderen Politikfeldern zu verzah- nen und in die Stadtentwicklung zu integ- rieren. Der demografische Wandel und die Haushaltsentwicklung führen zur Ausdifferenzierung der Nachfrage und sind mit einer Tendenz zu urba- stellen, dass sich die öffentliche Hand in nen Wohnformen verbunden. Zukunft immer mehr aus der Verantwor- Die chronische Finanzknappheit der tung für die Wohnungsversorgung zu- öff. Hand begünstigt den Rückzug des rückzieht und wir unsere städtischen Ziele Staates aus der Verantwortung für die in Zukunft nur erreichen können, wenn es Wohnungsversorgung. Damit verbun- uns gelingt, Marktprozesse zu verstehen den ist ein geringeres hoheitliches und zu beeinflussen. Ich möchte ihnen in Steuerungspotenzial. meinem Vortrag zeigen, Wohnen bekommt damit eine stärkere wo wir in Münster bei der Integration stadtökonomische Relevanz: Wohn- der Wohnungspolitik in die Stadtent- standortattraktivität ist ein fördernder Faktor der Einwohnerentwicklung wicklung die Akzente setzen wollen und wie wir diese begründen, Wohnen als Standortfaktor welche neuen Anforderungen auf uns Bisher war Wohnungspolitik Bestandteil zukommen und wie wir damit umge- der Sozialpolitik, sozialpolitisch motivierte hen, aber auch Unterstützungsleistungen für Zielgruppe mit welchen Schwierigkeiten in der „Hilfsbedürftige“ hatten Vorrang. Umsetzung wir zu kämpfen haben. Künftig wird kommunale Wohnungspolitik Bestandteil einer integrierten Stadtent- Wir meinen, unsere Münsteraner Ansätze wicklung sein. Ziel ist dann auch die Pro- können sich sehen lassen. Unsere Überle- filierung des Wohnungsmarktes als gungen haben sich in den letzten Jahren Standortfaktor, d.h. die Schaffung attrak- kontinuierlich entwickelt, aber erst die tiver Angebote für Nachfragegruppen mit Thematisierung des sog. demografischen Wahlmöglichkeiten. Der Schwerpunkt Wandels hat uns ein Zeitfenster geöffnet, verlagert sich also von der Wohnungsver- um die neuen wohnungspolitischen Ori- Wfa-Infocenter 13
  • 14. Wohnungspolitik in Münster Hartwig Schultheiß entierungen in der Stadtpolitik sukzessive biete sind daran mit weniger als 10 % zu verankern. Die Verknüpfung Wohn- beteiligt. Es ist fast der Normalfall, dass standortattraktivität und Einwohnerent- ein Teil der Wohnungssuchenden in den wicklung gibt die Philosophie und die favorisierten Beständen kein Angebot Intention der strategischen Wohnstand- findet und tendenziell nach außen ge- ortentwicklung verkürzt wieder. drängt wird. Die Ursache dafür liegt heute gewiss nicht in den fehlenden Bestands- Dahinter steckt letztlich das Bestreben, qualitäten, sondern in einem Mangel an für die Bewohner der Stadt Lebensbedin- Angeboten, die zudem oft überteuert an gungen zu schaffen, die sie motivieren, den Markt gehen. Doch die Bewohner der gerne in der Stadt zu leben. Eine Stadt, Bestände empfinden diesen Mangel so der die Einwohner – unabhängig von der nicht. natürlichen Entwicklung – weglaufen, hat Mit dem schleichenden Bevölkerungs- einen Handlungsbedarf. Die Aufmerksam- rückgang und der geringer werdenden keit, die dem demografischen Wandel Nachfrage drohen den Bestandsquartie- heute zukommt eröffnet die Option, inten- ren irgendwann einmal der Rückzug siv auf die Rolle des Wohnungsangebotes kommerzieller oder öffentlicher Angebote für die Einwohnerentwicklung hinzuwei- und damit ein merklicher Qualitätsverlust. sen. Diese Entwicklung wird sich in Münster in Es wäre eine fatale Fehlorientierung in den meisten Quartieren vermeiden lassen, der Stadtpolitik, wenn man die woh- sofern rechtzeitig präventiv gehandelt nungspolitischen Aktivitäten der Stadt wird. auch weiterhin allein auf die Hilfsbedürf- Was zu tun ist, ist sicherlich von Quartier tigen ausrichten würde und nicht versu- zu Quartier unterschiedlich, aber es sollte chen würde, für die Mehrheit der Nach- jeweils darum gehen, die örtlichen Inte- frager am Wohnstandort Münster attrakti- ressen mit einzubeziehen und Mengenzie- ve Angebote zu schaffen. le nur soweit umzusetzen, wie es die Sen- sibilitäten der örtlichen Akteure zulassen. Doppelstrategie Neubau & Bestand Das ist mit Balance zwischen Mengen- Die Bestandsentwicklung wird überwie- und Qualitätszielen gemeint. Ich bin mir gend als eine qualitative Aufgabe darge- sicher, dass sich Mengen- und Qualitäts- stellt. Das ist im Prinzip auch langfristig ziele in den meisten Fällen synergetisch betrachtet richtig, aber man sollte nicht zueinander verhalten und Mengeneffekte übersehen, dass die Stadt Münster gerade geradezu Voraussetzung für die Qualitäts- für ihre vorhandenen Bestandsqualitäten sicherung sind. Das muss aber an prakti- bekannt ist. Auf diese Qualitäten richtet schen Beispielen bewiesen werden. sich eine umfangreiche Nachfrage, der jedoch kein ausreichendes Angebot gege- Wohnungsbedarf - Perspektive 2020+ nübersteht. Wir sind gut beraten, die Be- Die LDS-Prognose 2006 geht bis 2025 von standsentwicklung nicht nur als Qualitäts- einem Einwohnerzuwachs von 6.500 (+ sicherung zu verstehen, sondern zu ver- 2,4 %) aus. Die Haushaltsentwicklung soll suchen in den attraktiven Bestandsquar- bis über 2025 hinaus positiv verlaufen. tieren einen großen Teil unserer Mengen- Das Pestel-Institut rechnet in seiner Woh- probleme zu lösen. In unseren urbanen nungsmarktprognose bis 2020 mit einem Strukturen haben wir ein Alleinstellungs- „Wohnungsbedarf“ 20.000 WE, davon merkmal – bei den Neubaugebieten nicht. 15.000 WE außerhalb des klassischen Die Neubaugebiete müssen oft die Nach- Eigenheimbaus. Ich rede aber ungern von frage auffangen, die in den innerstädti- „Wohnungsbedarf“, wenn es um Markt- schen Gebieten nicht zum Zuge gekom- entwicklungen geht. Es gibt vielmehr in men ist. Bei den Neubaugebieten steht der Stadtregion ein EW - Entwicklungspo- gewöhnlich die Quantitätsfrage im Vor- tenzial, das man in Teilen an die Stadt dergrund, jedoch gibt es auch Qualitäts- binden kann, sofern man ausreichend defizite. attraktive Wohnungsangebote schafft. Mit der Bestandspolitik sind auch ver- Wenn uns das nicht gelingt, dann haben stärkt die Mengenprobleme in den Griff wir in Münster keine Wohnungsnot, son- zu bekommen. In Münster gibt es pro Jahr dern weniger Einwohner und die Nach- mehr als 30.000 Umzüge. Die Neubauge- bargemeinden entsprechend mehr. Wenn 14 Wfa-Infocenter
  • 15. Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik NRW.BANK-Ideenschiff 1. Juni 2006 wir aber erfolgreich sind, dann können Der Arbeitskreis Wohnen in Münster wir die Stadt / Umlandwanderung ein- Als Kooperationsplattform der Verwaltung dämmen und Teile der regionalen Zu- und der Wohnungsmarktakteure hat die wanderung auf die Stadt lenken. Genau Stadt den AK Wohnen in Münster instal- das will die strategische Wohnstandort- liert. Es gab dafür drei Gründe: entwicklung, nicht nur weil an jedem den Wunsch, mit Hilfe der Markt- Einwohner auch ein ökonomisches Poten- kenntnisse der Akteure die eigene Po- zial hängt. litik absichern die Hoffnung, die Wohnungsmarktak- Wir müssen gegenüber Investoren, Bau- teure zur Unterstützung der strategi- trägern deutlich machen, dass in Münster schen Wohnstandortentwicklung zu dauerhaft eine hohe Wohnungsnachfrage gewinnen und zu erwarten ist und dass unsere urbanen / die Erkenntnis, dass ohne Kooperation städtischen Quartiere langfristig rentierli- mit den Marktakteuren in der Be- che Standorte sind, deren Weiterentwick- standsentwicklung nichts zu machen lung in der Stadtpolitik ein hoher Stellen- ist. wert eingeräumt wird. Die Nachfrageent- Am AK nehmen Wohnungsunternehmen, wicklung verlangt nach Bautätigkeit in Finanz- und Immobilienwirtschaft, Eigen- den Beständen. Zurzeit ist die Bauleistung tümer- und Mieterverbände, die Universi- (rd. 1000 WE je Jahr) vor allem im Mehr- tät, Politik und Verwaltung teil. Der Pro- familienhausbau zu niedrig: Für jede zess wird extern moderiert und dokumen- Wohnung, die zu wenig bereitgestellt tiert. Eine Geschäftsstelle übernimmt Or- wird, fehlen der Stadt zwei Einwohner. ganisation, fachliche Vorbereitung und Zugleich gibt es aber auch zu wenig Scharnierfunktion. preiswerte Wohnungen zur Umsetzung Pro Jahr finden 2 AK-Sitzungen statt. Dar- der Hartz IV-Reformen. über hinaus gibt es temporäre themenbe- zogene Arbeitsgruppen. Aufgaben und Das Handlungsprogramm Wohnen Ziele der Arbeit sind Das Handlungsprogramm Wohnen (HPW) Verständigung über Tendenzen auf ist das Rahmenkonzept der Stadt zur Bau- dem Wohnungsmarkt land- und Wohnungspolitik. Es verfolgt Entwicklung gemeinsamer Positionen einen integrativen Ansatz und stellt die und Aktivitäten zur Stärkung des Wohnungs- und Baulandpolitik in den Wohnstandortes Münster Kontext der Stadtentwicklung (Woh- Politikberatung: Empfehlungen an die nungsversorgung, Siedlungsstruktur, Stadtpolitik im Rahmen des Hand- Einwohnerentwicklung). Dabei ist es prä- lungsprogramm Wohnen ventiv ausgerichtet und weist frühzeitig eigene Initiativen und Projekte auf Entwicklungen und Handlungsbedarfe Die AK-Arbeit geht aus von den Auswir- hin. kungen der demografischen Veränderun- Das erste HPW gab es 1993. 2005 ist es gen auf das Marktgeschehen und unter- zum dritten Mal fortgeschrieben und vom sucht die Notwendigkeit zur räumlichen Rat beschlossen worden. Mit dem Hand- Differenzierung der Stadtteile und letzt- lungsprogramm 2005 ist die „strategische lich der Quartiere. Wohnstandortentwicklung“ in der Stadt- politik verankert worden. Fokus: Bestandsentwicklung im Quartier In Zusammenhang mit dem HPW steht Bei den Überlegungen zur Quartiersarbeit das Baulandprogramm, das von einem ist der große Stellenwert von kommunika- Baulandmonitoring begleitet wird. Es tiven Leistungen herausgearbeitet wor- steuert die Umsetzung der Mengen- und den. Denn im Quartier Qualitätsziele zur Baulandentwicklung. hat die Stadt wenig direkte Einfluss- Die kommunale Wohnungsmarktbeo- möglichkeiten bachtung liefert der Stadt und den Markt- ist die Mitwirkung der örtlichen Woh- akteuren Informationen zur Entwicklung nungsmarktakteure erforderlich von Angebot und Nachfrage auf dem loka- ist die Stadt als Moderator und Initia- len Wohnungsmarkt. tor gefragt. Wfa-Infocenter 15
  • 16. Wohnungspolitik in Münster Hartwig Schultheiß Quartiersbezogene Arbeit muss lokale Auch erschwert die Münsteraner Mentali- Besonderheiten erkennen, Kooperation tät Veränderungen: mit örtlichen Akteuren suchen, Konsens es gibt (noch) keine „Kultur“ der Be- über Entwicklungsziele herstellen und standsentwicklung örtliche Projektansätze aufgreifen und damit geht einher, dass Bestandsent- weiterentwickeln. Das Kommunikations- wicklung, insbesondere wenn sie prä- konzept ist daraufhin entstanden. Gemeint ventiv angelegt ist, keine Lobby und ist zum einen die Kommunikation vor Ort, nur geringe politische Relevanz hat. die Aufklärungs- und Informationsleistun- gen im Vorfeld von Planungen, zum ande- Fazit ren geht es darum, mit der örtlichen Die stadtökonomische Relevanz der Woh- Wohnungswirtschaft zu kommunizieren. nungspolitik verlangt Integration in die Stadtentwicklung. Ein Paradigmenwech- Kooperationsverträge sel von der Wohnungsversorgung zur Verträge mit der Wohnungswirtschaft strategischen Wohnstandortentwicklung sollen zusätzliche Angebote im preiswer- hat stattgefunden. ten Wohnungsbestand für Haushalte mit Eine solche Wohnstandortentwicklung besonders dringendem Wohnbedarf mobi- braucht eine Doppelstrategie mit Neubau lisieren. Das passiert über eine Sicherung und Bestandsentwicklung. Die Bestands- kommunaler Belegungsrechte für beson- entwicklung soll zusätzliche Wohnungs- ders benachteiligte Personenkreise. Wich- angebote im Bestand mobilisieren und tiger Gegenstand der Vereinbarung ist Qualitäten sichern. Sie ist auf Kooperation jedoch auch die Unterstützung ausgewo- mit Marktakteuren angewiesen und zielt gener Bewohnerstrukturen und das Quar- auf den Quartierskonsens. tiersmanagement zur Stärkung benachtei- Die Stadt ist auf dem Weg, ihre Hand- ligter Wohnquartiere. Im Quartier treffen lungsprioritäten auf die Erforderlichkeiten sich also der versorgungsorientierte An- der Marktentwicklung umzustellen (HPW satz und die strategische Wohnstandort- 2005, Baulandprogramm, Wohnungs- entwicklung. marktbeobachtung, AK Wohnen). Die Chancen und Grenzen der Bestands- bereits hohe Wohn- und Lebensqualität in entwicklung Münster erschwert allerdings die Akzep- Meine Damen und Herren, ich hoffe deut- tanz baulicher Veränderungen und Markt- lich gemacht zu haben, dass unser Erfolg anpassungen. Daher müssen die Kommu- als Wohnstandort sehr stark von unseren nikations-, Informations- und Überzeu- Erfolgen in der Bestandsentwicklung ab- gungsleistungen verstärkt werden. hängt. Unsere Chancen: Zum Abschluss hohe Attraktivität der städtischen Der abgebildete Zeitungsartikel ist ein Wohnquartiere, Jahr alt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass weitgehend intakte Bestände mit ho- sich an den faktischen Gegebenheiten, die her Marktakzeptanz, zum Ärger des Geschäftsführers der großes Investitionsinteresse Wohn- und Stadtbau geführt haben, noch Kooperationsbereitschaft der Akteure nicht viel geändert hat. Aber ich habe die Dazu brauchen wir die örtlichen Akteure, große Hoffnung, dass die Wohn- und und wir tun einiges, um Kooperations- Stadtbau durch die Mitarbeit im Arbeits- strukturen aufzubauen. Die Wohnungs- kreis Wohnen in Münster neue Zuversicht baugesellschaften zählen zu unseren gewonnen hat und erfahren konnte, dass wichtigsten Kooperationspartnern. es in unserer Stadt eine große Allianz von Wohnungsmarktakteuren gibt, die sehr Natürlich hat die Bestandspolitik aber wohl erkannt haben, dass diese Stadt sich auch Grenzen, und zwar insbesondere nicht dauerhaft auf ihren Qualitäten aus- in Gebieten mit geringen räumliche ruhen kann. Entwicklungspotenziale und in Gebieten ohne akuten Problem- druck, die „schleichend“ an Attraktivi- tät einbüßen. 16 Wfa-Infocenter
  • 17. Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik NRW.BANK-Ideenschiff 1. Juni 2006 Zu dieser Allianz zählen bisher aber weit- chende Vorlage auf den Weg gebracht. gehend diejenigen, die die Chance hatten, Darüber hinaus können wir jede Unter- sich mit den anstehenden Entwicklungen stützung gut gebrauchen. und deren Auswirkungen zu beschäftigen. Ich hoffe auch diese Veranstaltung nützt Die Einsichten in die Erforderlichkeiten unserem Anliegen und hilft, unsere Über- der Bestandsentwicklung setzen natürlich legungen fachlich abzusichern und zu „informiert sein“ voraus. Für die politi- verbreiten. Dafür danke ich Ihnen und schen Gremien unserer Stadt haben wir dem Veranstalter. deshalb in diesen Tagen eine entspre- Weitere Informationen: www.muenster.de www.komwob.de unter Kommunen Übersichtskarte Münster sowie bei den Ergebnissen der AG Strategie finden sich weitere Informationen zur Woh- nungsmarktbeobachtung und zum Hand- lungsprogramm Wohnen in Münster so- wie Links zu den entsprechenden Seiten und Dokumenten der Stadt. Die Powerpoint-Präsentation zu diesem Vortrag befindet sich im Anhang. Wfa-Infocenter 17
  • 18. Kommunale Wohnungspolitik in einer Mittelstadt – das Beispiel Arnsberg Thomas Vielhaber Kommunale Wohnungspolitik in einer Mittelstadt – das Beispiel Arnsberg Statement von Thomas Vielhaber, Leiter des Fachbereichs Planen – Bauen – Wohnen der Stadt Arnsberg. Einführung Verwaltung im Hinblick auf die loka- Meine sehr geehrten Damen und Herren, len Herausforderungen im Bereich die Stadt Arnsberg - nach LDS-Angaben des Wohnens ca. 76.000 Einwohner, wir selbst zählen (Bewertung der Situation), mehr als 81.000 Einwohner - ist aufgrund die Mittel, die innerhalb der Verwal- ihrer polyzentralen Stadtstruktur keine tung und bei anderen Akteuren des typische Kommune. Dennoch lassen sich Wohnungsmarktes zur Verfügung ste- viele der Ziele, Aufgaben, Handlungsfel- hen, aber auch ihr Einsatz der und Handlungsansätze im Bereich der (Ressourceneinsatz), Wohnungspolitik auf andere Mittelstädte die Beteiligung der Akteure im Rah- außerhalb des Ballungsraumes Ruhrge- men der Stadtentwicklungs- und biet übertragen. Wie in Arnsberg kommu- Wohnungsmarktpolitik bis hin zu nale Wohnungspolitik gemacht wird, funktionierenden Netzwerken möchte ich nachfolgend skizzieren. (Prozess) und schließlich das Handlungskonzept selbst im Sinne einer zwischen den Akteuren grundsätzlich abgestimmten, zielgerichteten Herangehensweise (Ziele, Handlungs- und Maßnahmen- konzept). Mit der Evaluation – z.B. über die kontinuierliche Wohnungsmarktbeo- bachtung schließt sich der Kreis. Anhand dieser Punkte, die sich von einer Kommune nicht nacheinander "abarbei- ten" lassen, sondern zum Teil parallel laufen, möchte ich die Arnsberger Situati- on darstellen. Damit soll beispielhaft deut- lich werden, wie auch Mittelstädte zielori- entiert an dieses umfassende Thema he- Zunächst gestatten Sie mir aber die Fra- rangehen können. Deutlich wird aber ge: Was verbirgt sich hinter "Kommunaler auch, dass kommunale Wohnungspolitik Wohnungspolitik"? Die Bandbreite der nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie Ansätze ist wohl nahezu so groß wie die eng mit der Stadtentwicklungspolitik ver- Anzahl der Kommunen, denn jede Kom- zahnt ist. mune muss ihre eigenen Wege finden. Beschreibung der Stadt und der Region Verschiedene Aspekte sind dabei aus- Zunächst einige kurze Erläuterungen zur schlaggebend, nämlich Stadt und Region: Arnsberg liegt am west- zunächst die Kenntnis der Situation lichen Rand des Hochsauerlandkreises. des Wohnungsmarktes in der jeweili- Die Stadt verfügt über eine hervorragende gen Kommune bzw. in der Woh- Verkehrsanbindung über Autobahn und nungsmarktregion, also die Erfassung Bahn, vor allem an das östliche Ruhrge- der verschiedenen "Teilmärkte" (Be- biet. Allerdings ist die Wahrnehmung der standsaufnahme), Lagequalitäten außerhalb der Region eine dazu der Erkenntnisstand (Problem- andere. Anders als die Hellwegregion, die bewusstsein) bei Akteuren, Politik und traditionell mit Dortmund und dem Ruhr- 18 Wfa-Infocenter
  • 19. Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik NRW.BANK-Ideenschiff 1. Juni 2006 gebiet verbunden war, gilt der Hochsauer- Dieses Leitbild beginnt zu wirken. Die landkreis nach wie vor als schlecht er- öffentlichen Investitionen, die sich in reichbar. Dieses Beispiel, das durch das wichtigen Stadtentwicklungsprojekten Verhalten der Menschen am Wohnungs- festmachen, zeigen das. Die Kulturland- markt zum Teil bestätigt wird, ist im übri- schaft, bspw. im Bereich des historischen gen ein Indiz für die Notwendigkeit eines Stadtkerns, hat deutlich gewonnen und umfassenden Regionalmarketing. wird auch weiterhin davon profitieren. Arnsberg stellt sich heute als lang ge- Diese Investitionen werden vielfach er- strecktes Siedlungsband im Ruhrtal dar. gänzt durch privates oder vereinsbezoge- Zentrale Dienstleistungseinrichtungen für nes Engagement. Es ist eine beachtliche die Region in den Bereichen Verwaltung, Leistung, wenn der jährliche internationa- Gesundheitswesen und Justiz werden le Kunstsommer Hunderte von Menschen durch Einrichtungen von Kammern, Ver- aus Stadt und Region aktiv einbindet oder bänden und weiterer Institutionen er- die Zahl der Teilnehmer an den themati- gänzt. Im Zusammenwirken mit einer schen Stadtführungen innerhalb von we- mittelständisch geprägten Struktur mit nigen Jahren von 750 auf über 15.000 bekannten Marken in den Schwerpunkt- hochschnellt. bereichen der holz- und metallverarbei- Mit derartigen Maßnahmen und Aktionen, tenden Industrien, aber auch im High- die historische Anknüpfungspunkte haben Tech-Bereich, bilden sie das wirtschaftli- und Qualitäten der Stadt sichtbar machen, che Rückgrat der Stadt und Region. nimmt auch die Identifikation der Bürger mit "ihrer" Stadt und die Wohnzufrieden- Arnsberg hat aber noch ein zweites Ge- heit nachweislich weiter zu. Aber auch sicht: fast 2/3 des Stadtgebietes (194 qkm) private Investitionen, vor allem im Einzel- sind Wald, gut 30 % der Stadtfläche sind handelszentrum Neheim, vollziehen das als Naturschutzgebiete ausgewiesen und Leitbild nach, im Übrigen in durchaus große Bereiche sind als FFH-Gebiete ge- guter Architekturqualität. meldet. Man mag das im Einzelfall bedau- ern, weil die flächenhafte Entwicklung Aufgaben der Wohnungpolitik einer Stadt dadurch schwieriger wird. Was aber sind vor dem Hintergrund der Andererseits wird deutlich, welches Po- demografischen und der stadtstrukturel- tenzial sich hinter diesen Fakten verbirgt len Besonderheiten die wichtigsten woh- und wie sich das positiv auf die Lebens- nungspolitischen Aufgaben? qualität der Menschen auswirkt. Um Ziele und Maßnahmen zu definieren, muss die Ausgangssituation klar sein. Ziele und Projekte der Stadtentwicklung Ausgelöst durch die Einwohner- und Die Erhaltung und Verbesserung der Le- Haushaltsprognosen hat sich die Stadt seit bensqualität – und das hat sehr viel mit dem Jahr 2001 intensiv mit der Thematik "Wohnen" zu tun - sowie die Sicherung des Wohnens unter neuen Vorzeichen der regionalen Funktionen der Stadt sind beschäftigt. Die Handlungsempfehlungen die wichtigsten im Stadtentwicklungspro- der Untersuchung "Zukunft Wohnen" gramm verankerten Ziele. Vor dem Hin- nennen fünf Schwerpunkte, die in der tergrund der demografischen Ent- Folgezeit aufgearbeitet wurden. wicklung, die für die Stadt eine deutliche Verringerung der Einwohnerzahlen bis 1. Die Vernetzung der Beteiligten auf 2020 sowie ein Altern der Bevölkerung dem Wohnungsmarkt - scheinbar die voraussagt, stellt sich daher die Frage, einfachste Aufgabe. Aber zugleich auch wie diese übergeordneten Ziele zu halten eine ganz schwierige, wenn die Akteure sind. des Wohnungsmarktes eigenes spezifi- Arnsberg hat in Kenntnis der lokalen Ge- sches Wissen und eigene wirtschaftliche gebenheiten zusammen mit seinen Bürge- Ziele haben. Mit der "Konferenz Wohnen" rinnen und Bürgern über verschiedene haben wir die wesentlichen Akteure – und ineinander greifende Prozesse das Leit- da zeigt sich der Vorteil einer überschau- bild einer Aufgabenteilung mit Schwer- baren Mittelstadt – zum ersten Mal an punktsetzungen in den jeweiligen Zentren einen Tisch geholt, um über Ziele, Markt- erarbeitet. einschätzungen und Wege zu beraten. Wfa-Infocenter 19
  • 20. Kommunale Wohnungspolitik in einer Mittelstadt – das Beispiel Arnsberg Thomas Vielhaber Makler und Architekten, Vertreter der Über Gesprächsrunden mit den Woh- Banken, von Wohnungsgesellschaften und nungsunternehmen, die dort ihre Bestän- Wohnungsgenossenschaft, Politiker und de haben, entwickelten sich konkrete Ini- Verwaltungsmitarbeiter nutzen das, um tiativen für dieses "Problemgebiet", etwa ihre unterschiedlichen Sichtweisen und in der Kooperation der Grünflächenpflege Einschätzungen einzubringen. Natürlich zwischen Stadt und Wohnungsunterneh- auch, um Neues zu erfahren. Die Kenntnis men, der Erarbeitung eines Image-Flyers und auch das Verständnis für die unter- für das Gebiet oder der Suche nach einem schiedlichen Sichtweisen sind für alle alternativen Nahversorgungskonzept in Beteiligten wichtig und interessant. dem leerstehenden übergroßen Ladenlo- Dieser Kreis der Akteure spielt auch bei kal im Zentrum des Quartiers. weiteren Arbeiten eine wichtige Rolle: sei Die Mitglieder der Bürgerinitiative Moos- es als Ansprechpartner bei felde treffen sich nach wie vor regelmäßig den Befragungen der Stadt im Rah- und führen mit oder ohne Absprache mit men des Wohnungsmarktbarometers der Stadt Aktionen für ihren Stadtteil oder durch. Sie sind seitdem auch in verschie- den Expertengesprächen im Zuge der denen Arbeitskreisen, Foren und Pla- Erstellung eines Berichtes über kom- nungsprozessen tätig, wo sie ihre beson- munale Wohnraumversorgungskon- deren Erfahrungen einbringen können. zepte (BBR), in dem auch das Arns- Ansonsten spielen die Wohnungsunter- berger Vorgehen dokumentiert wird, nehmen als Kooperationspartner in Arns- als geladene Experten in offenen Fo- berg eher eine untergeordnete Rolle. Die ren, die im Zusammenhang mit der direkte Ansprache der Nachfrager gestal- Aufstellung des gesamtstädtischen tet sich aufgrund der Struktur der Stadt – städtebaulichen Entwicklungskonzep- Arnsberg wird von privaten Mietwohnun- tes stattfinden, hier insb. im Forum gen und Eigentum dominiert – daher auch "Bauen und Wohnen", schwieriger als in Städten mit großen oder als Mitglieder des Gutachteraus- zusammenhängenden Beständen. schusses bzw. des Beirates für Stadt- 2. Die Profilierung Arnsbergs als Wohn- gestaltung, die beide auch über standort: Dazu gehört das Binnenmarke- grundsätzliche stadtentwicklungspla- ting ebenso wie die regionale Sicht. Die nerische Fragestellungen diskutieren. Erhebungen haben gezeigt, dass es eine Die Anbindung an das politische Handeln große Disparität gibt zwischen der Zufrie- erfolgt unter anderem über eine jährliche, denheit der Bewohnerinnen und Bewoh- umfassende Berichterstattung in einer ner der Stadt auf der einen Seite und der eigens einberufenen Sondersitzung des "Außensicht". Ausschusses für Planen, Bauen und Woh- Arnsberg – und noch weniger die bislang nen zu den Themen Demografie und nicht definierte Wohnungsmarktregion – Wohnen. Schließlich sind Vertreter der hat als Wohnstandort trotz der Qualitäten, Ratsfraktionen bzw. des Fachausschusses die die ganze Bandbreite vom Wohnen in auch Teilnehmer der Foren bzw. des Ges- ländlicher Umgebung bis zu den Wohn- taltungsbeirates. standorten Innenstadt bzw. Historische Somit ist in den zurückliegenden Jahren Altstadt abdeckt, bislang kein ausreichend in Arnsberg ein funktionierendes Netz- erkennbares eigenständiges Profil. werk entstanden, das den Austausch der Neben der Schärfung des Profils geht es wesentlichen Informationen sicherstellt. darum, die Stadt als attraktiven Standort Neben diesen mehr oder weniger institu- für verschiedene Lebensstile zu präsentie- tionalisierten Formen der Zusammenfüh- ren. U.a. wurden deshalb in den zurück- rung ging im vergangenen Jahr zum ers- liegenden Jahren ten Mal die Initiative zum gemeinsamen zunächst die Motive der Zu- und Fort- Handeln von Bürgern aus, die sich für die zügler erfasst (um später ein zielgrup- Gartenstadt Moosfelde, ein Quartier der pengenaues Angebot entwickeln und 60er und 70er Jahre mit erheblichen städ- anbieten zu können), tebaulichen Mängeln und Problemen im ein Neubürgerpaket und die Familien- sozialen Bereich, einsetzen. karte Arnsberg entwickelt und 20 Wfa-Infocenter
  • 21. Fachtagung Zukunft der kommunalen Wohnungspolitik NRW.BANK-Ideenschiff 1. Juni 2006 der Standort auf regionalen Messen feld festmachen lässt, ist eine weiterer (Bauen und Wohnen, Immobilia) be- Punkt. worben. Allerdings ist aus heutiger Sicht festzuhal- Vor allem aber wurde über das stän- ten, dass das Vertrauen der Akteure in dig aktualisierte Wohnbaulandkataster neue Konzepte teilweise noch fehlt. Das und die ergänzende Darstellung aller Beispiel des geplanten Wohngebietes bestehenden und geplanten Wohnge- Ruhrauen, das den üblichen 08/15- biete der Stadt (B-Pläne) im Internet Angeboten ein Konzept mit hoher Flexibi- und lität und Qualität entgegensetzt, macht die Vermarktung der städtischen das deutlich. Jeder, der das Konzept sieht Grundstücke über ein Immobilienmo- und sich weitergehend mit ihm beschäf- dul, das auf der Homepage der Stadt tigt, ist davon angetan. Der Mut zur Inves- zu finden ist, ein neuer Service für tition aber fehlt derzeit noch. Sicher spielt Bau- und Kaufwillige geboten. in dem Zusammenhang die Diskussion um den Verbleib der Bezirksregierung am 3. Die kontinuierliche Wohnungsmarkt- Standort eine sehr große Rolle. beobachtung: Im Entwurf liegt er vor, der Neue Wohnkonzepte erfordern natürlich erste Wohnungsmarktbericht, der konkre- auch Antworten auf die Frage des Woh- te Analysen zu unterschiedlichen Frage- nens im Alter. stellungen des Wohnungsmarktes aus- führt. Hier werden Daten und Fakten zu- 5. Veränderung der Stadtstrukturen und sammengeführt, die eine neue Tiefe der Wohnungsteilmärkte: Die Erschließung Betrachtung zulassen. Aussagen aus dem neuer Baugebiete, die Baulücken- und Wohnungsmarktbarometer, den Motivbe- Brachflächenaktivierung, die Unterstüt- fragungen und verschiedenen weiteren zung zukunftsweisender Wohnprojekte für Fachberichten, z.B. dem Grundstücks- alle Lebensstilgruppen, Maßnahmen zur marktbericht, werden ergänzt um Statisti- Anpassung nicht mehr nachfragegerech- ken und Prognosen und nicht zuletzt um ter Bestände usw. machen deutlich: es die Ergebnisse des Bürgerpanels. Letz- geht um die Auswirkungen des demogra- teres, nämlich eine repräsentative Umfra- fischen Wandels und die Frage, wie eine ge über das Internet unter den Arnsberger Stadt darauf reagieren kann. Lassen Sie Bürgern, wurde konkret zum Thema uns deshalb an dieser Stelle auf die Stra- Wohnen durchgeführt. tegie der Stadt Arnsberg schauen: 4. Neue Angebote für unterschiedliche Dem Schrumpfen entgegen arbeiten zu Nachfragegruppen schaffen: schnell wollen bedeutet, die Abwanderungen im wurde klar, dass mit einer zunehmend Saldo zu verringern, denn die natürliche pluralistischen Gesellschaft auch neue Bevölkerungsentwicklung lässt sich we- Nachfragen am Wohnungsmarkt entste- sentlich schwieriger als das Umzugsver- hen. Diese zu erfassen oder abzuschätzen, halten beeinflussen. Die Erfassung der wie das jetzt über den Woh- Umzugsmotive (Welche Gruppen verlas- nungsmarktbericht geschieht, ist das eine. sen aus welchen Gründen die Stadt?) ist Diese Erkenntnisse den Akteuren nahe zu Voraussetzung für ein passgenaues Han- bringen und die Angebote zu schaffen, ist deln. Neben persönlichen und beruflichen bei einem nicht sehr gefestigten Woh- Gründen sind es vor allem auch woh- nungsmarkt das andere. nungs- und wohnumfeldbezogene Grün- Dazu gehören natürlich auch nachfrage- de, die zu Abwanderungen führen. Und gerechte Neubaugebiete mit einer mög- genau da beginnt das eigentliche Dilem- lichst guten bzw. erreichbaren Infrastruk- ma. Denn regionale Konkurrenzen erfor- turausstattung und städtebaulichen Quali- dern auch neue Angebote im Einfamilien- täten. Die Schaffung eines familienfreund- hausbau, die das weitere Bauen am Stadt- lichen Umfeldes, das sich an den Kinder- rand nach sich ziehen. Sich in der Stadt- betreuungs- und Förderangeboten, an entwicklungspolitik vor dem Hintergrund innovativen Schulen und an einem auf der demografischen Herausforderungen junge Familien ausgerichteten Wohnum- konzentrieren zu müssen, bedeutet aber, die Stadt eben nicht flächenhaft auszuwei- Wfa-Infocenter 21
  • 22. Kommunale Wohnungspolitik in einer Mittelstadt – das Beispiel Arnsberg Thomas Vielhaber ten, sondern sie qualitativ auszubauen Bereichen sind aber Unterstützungs- und und zu erneuern. Begleitungsleistungen durch die Stadt Gerade deshalb sind überzeugende Alter- möglich. Dazu jeweils ein Beispiel: nativbeispiele zum Einfamilienhausbau Beispiel 1: Mit der neuen SchulStadt- am Stadtrand gefragt. Auch Angebote für Bücherei wurden vorhandene Angebo- besondere Nachfragen, die im ländlicher te (Stadtbücherei und Schulbücherei) geprägten Umfeld nicht zu befriedigen in der wirtschaftlich nicht mehr trag- sind (auf eigene Stärken setzen), sind eine fähigen, da stark renovierungsbedürf- weitere Möglichkeit des Handelns. tigen Schulaula eines Gymnasiums zu- Der Weg von Neuausweisungen zum Be- sammengeführt und um das neue standsumbau und zur Innenentwicklung SelbstLernZentrum mit aktueller tech- ist kein einfacher Weg, er kann aber nischer Ausstattung ergänzt. Die Fi- durch qualitätsvolle Projekte in den In- nanzierung erfolgte über Schulmittel nenstädten, die den Wohn-, Arbeits- Kul- sowie die Aufgabe eines Mietverhält- tur-, Freizeit-, Erholungs- und Einkaufs- nisses für die Stadtbücherei. Für gro- standort aufwerten, gefördert werden. ße Veranstaltungen kann die Schule Auch hier wird wieder deutlich, dass es das Theater mitnutzen. Die Schüler darum gehen muss, die Wohnungspolitik können die Bücherei auch außerhalb als zentralen Aufgabenbereich der Stadt- der eigentlichen, schon weit ausge- entwicklungspolitik zu verstehen. dehnten Öffnungszeiten (u.a. an Sonn- tagen), bspw. vor Schulbeginn nutzen. So ist Wohnen in Arnsberg wesentliches Insgesamt wurde das Ziel der Quali- Thema im Zusammenhang mit dem in tätssteigerung für Schule und Stadt Aufstellung befindlichen Flächennut- erreicht und damit zu einem familien- zungsplan sowie dem städtebaulichen freundlicheren Umfeld beigetragen. Entwicklungskonzept im Rahmen des Das ist eine für mich wichtige Maß- Stadtumbau West. Hier erstellen wir zur- nahme zur Erhöhung der Wohnquali- zeit eine Siedlungstypologie des bebauten tät des Standortes. Bereiches, die auf der Basis städtebauli- Beispiel 2: Die Einbindung der Senio- cher Kriterien erste Aussagen über künf- ren in ein umfassendes Netzwerk und tige Problemgebiete in Arnsberg liefern der Aufbau einer Vielzahl z.T. gemein- soll. Konkret haben wir die oft mit groß- schaftlich geplanter Seniorenwohn- zügigen Freiräumen ausgestatteten Bau- projekte in Arnsberg. Heute finden sie gebiete der 50er Jahre im Fokus, die er- betreutes Wohnen in guten Lagen, hebliche Nachverdichtungspotenziale z.T. auch in Anbindung an vorhandene aufweisen. Zum anderen die Siedlungen Angebote. Es gibt ebenfalls in zentra- der 70er und 80er Jahre, die sich im Hin- len Lagen der verschiedenen Stadttei- blick auf die Bewohner- als auch die Ei- le Pflegeheime, aber auch neue Kon- gentümerstruktur in einer Phase des Um- zepte und Sonderprojekte wie das bruchs befinden. Zusammen mit der Memoryhaus, ein Wohnhaus für De- Wohnbaulandkartierung und den Daten menzkranke mit speziellen zuschaltba- und Informationen zu Leerständen ent- ren Leistungen. steht nach und nach ein Bild der Teilräu- me, mit denen wir uns aus strukturellen Die Kommune als Moderator und Initiator Gründe in den nächsten Monaten und Bei allen Projekten hat die Stadt mehr Jahren beschäftigen müssen. oder weniger umfangreiche Beratungs- leistungen übernommen, von der Phase Neben dem Weniger geht es aber auch der Ideenentwicklung (Moderation) über um die Verschiebung der Alterspyramide. die Förderung bis hin zur Realisierung Mit der Anpassung von Angeboten und und zum Betrieb. Die Stärke der Stadt Infrastrukturen, soweit veränderte oder liegt auch hier in ihrer Überschaubarkeit, neue Nachfragen erkennbar sind, kann die es möglich macht, örtliche Investoren darauf jedenfalls in einigen Bereichen einzubinden, die nicht in erster Linie den eingegangen werden. Dabei beschränkt wirtschaftlichen Erfolg suchen. Das enor- sich der direkte kommunale Einflussbe- me ehrenamtliche Engagement zeigt sich reich auf öffentliche Angebote, in anderen bspw. aber auch in der Wohnungsbera- 22 Wfa-Infocenter