Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Dr. Burkhard Bastuck: Rechtliche Strukturen von Orchestern
1. C Betriebsformen-Gesellschaften, Vereine, Stiftungen
C1 Organisationsstrukturen
Rechtliche Strukturen von Orchestern1
Dr. Burkhard Bastuck, LL.M.
Rechtsanwalt und Attorney-at-law (New York) Vorsitzender der Frankfurter Mu-
seums-Gesellschaft e.V., Frankfurt am Main Mitglied des Aufsichtsrats der Städ-
tischen Bühnen Frankfurt am Main GmbH
Inhalt Seite C
1.5
1. Einleitung und Überblick 2 S. 1
2. Unselbstständige Verwaltungseinheiten 2
2.1 Die Orchester der Rundfunkanstalten 2
2.2 Staatlicher Regiebetrieb 2
2.3 Kommunaler Regiebetrieb 3
3. Der Eigenbetrieb 4
3.1 Grundlagen des Eigenbetriebes 4
3.2 Das Gürzenich-Orchester 4
3.3 Andere Orchester als Eigenbetriebe 6
4. Die öffentlich-rechtliche Stiftung 6
4.1 Eigenheiten öffentlich-rechtlicher Stiftungen 7
4.2 Die Berliner Philharmoniker 7
4.3 Andere öffentlich-rechtliche Orchester-Stiftungen 8
5. Die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft 9
6. Der eingetragene Verein 9
6.1 Orchestervereine und Trägervereine 9
6.2 Die Wiener Philharmoniker 10
7. Die GmbH 11
7.1 Beispiele 11
7.2 Das Beispiel Frankfurt am Main 11
8. Bewertung und Schlussbemerkung 15
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2. C Betriebsformen-Gesellschaften, Vereine, Stiftungen
C1 Organisationsstrukturen
1. Einleitung und Überblick
Die deutschsprachigen Länder verfügen über eine weltweit einzigartige Orches-
terlandschaft. In Deutschland allein gibt es derzeit2 132 professionelle „Kulturor-
chester“, also öffentlich finanzierte Orchester, die sich vorwiegend der klassi-
schen Musik widmen.3 Darunter befinden sich die Orchester der Theater und
Opernhäuser, die reinen Konzertorchester einschließlich der Orchester der Rund-
funkanstalten und einige Kammerorchester.4
Aus der Aufgabe eines Orchesters als Opern- oder Konzertorchester lässt sich
jedoch noch nicht auf seine rechtliche Organisationsform schließen. Es gibt For-
C men des öffentlichen Rechts und des privaten Rechts, und es gibt rechtlich selbst-
1.5 ständige Orchester und Orchester, die Teil anderer Einheiten sind.5 Dieser Beitrag
S. 2 versucht anhand von prominenten Beispielen die Vielgestaltigkeit des Organisati-
onsrechts der Orchester aufzuzeigen und zugleich die Vor- und Nachteile der
verschiedenen Rechtsformen herauszuarbeiten.
2. Unselbstständige Verwaltungseinheiten
2.1 Die Orchester der Rundfunkanstalten
Unselbstständige Verwaltungseinheiten im öffentlich-rechtlichen Bereich sind
zunächst die meisten Orchester der Rundfunkanstalten wie etwa das Symphonie-
orchester des Bayerischen Rundfunks, das WDR Sinfonieorchester Köln oder das
hr-Sinfonieorchester Frankfurt, um nur einige zu nennen. Mit wenigen Ausnah-
men6 sind diese Orchester rechtlich nicht verselbstständigt, sondern Teil der öf-
fentlichen Rundfunkanstalten und in deren Haushalts-, Produktions- und Sende-
strukturen eingebunden. Unterhält die betreffende Rundfunkanstalt mehrere
Klangkörper (z. B. Orchester, Chor, Big Band), besteht zumeist eine Klangkör-
per-Abteilung (z. B. „Abteilung Orchester und Chor“) mit einer übergeordneten
Leitung. Für das Orchester selbst ist ein „Orchester-Manager“ bestellt, der wie
ein Orchesterintendant neben dem Chefdirigenten in die Programmverantwortung
eingebunden ist und darüber hinaus organisatorische Aufgaben hat. Sowohl von
ihrer Struktur her als auch ihrem Auftrag nehmen die Funkorchester in der Kul-
turlandschaft eine Sonderstellung ein.
2.2 Staatlicher Regiebetrieb
Auch einige staatliche Orchester sind rechtlich nicht verselbstständigt, sondern
Teil eines Staatstheaters, das selbst eine Verwaltungsabteilung des Landes ist.
Diese Art von Unternehmung wird zumeist als „Regiebetrieb“ bezeichnet.7 Sehen
die Rechtsgrundlagen eine gewisse Selbstständigkeit in der Führung des Betrie-
bes vor, wie das bei Staatstheatern zumeist der Fall ist, spricht man von einem
„optimierten Regiebetrieb“.8
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3. C Betriebsformen-Gesellschaften, Vereine, Stiftungen
C1 Organisationsstrukturen
Diese Struktur besteht etwa bei den drei hessischen Staatstheatern, dem Staats-
theater Darmstadt, dem Staatstheater Kassel und dem Hessischen Staatstheater
Wiesbaden. Diese Theater einschließlich ihrer Orchester werden durch das Land
Hessen aufgrund von mit den Sitzstädten geschlossenen Verträgen betrieben. So
lautet etwa § 1 des Kasseler Theatervertrages von 1959:
„(1) Das Staatstheater Kassel [...] wird durch das Land Hessen betrieben.
(2) Die Stadt ist am Betrieb des Staatstheaters nach Maßgabe dieses Ver-
trages beteiligt.“
Nach dem Vertrag trägt das Land 52 % und die Stadt 48 % der Kosten des Thea-
ters. Außerdem regelt der Vertrag, wie die Theaterleitung zu bestellen und der C
Haushalt aufzustellen und zu genehmigen ist. Das Orchester ist eine einfache 1.5
Abteilung dieses staatlichen Regiebetriebes. Dieselben Regelungen gelten in S. 3
Darmstadt und in Wiesbaden.
Ähnlich strukturiert sind die württembergischen Staatstheater Stuttgart mit der
Staatsoper Stuttgart und dem Staatsorchester Stuttgart. Rechtsträger ist das Land.
Ein Vertrag zwischen dem Land und der Stadt Stuttgart sieht eine hälftige Finan-
zierung und eine eigene Verwaltungsstruktur unter Beteiligung der Stadt Stuttgart
vor. Staatliche Regiebetriebe sind auch die Bayerische Staatsoper in München
mit dem Bayerischen Staatsorchester9 und die Sächsische Staatsoper Dresden
(die „Semperoper“)10 mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Bei diesen
Betrieben beteiligen sich die Sitzstädte nur zu einem geringen Teil an der Finan-
zierung11 und sind nicht in die Verwaltung der Staatsbetriebe einbezogen.
2.3 Kommunaler Regiebetrieb
Auch viele kommunale Orchester werden als Regiebetrieb geführt. So sind etwa
die Münchner Philharmoniker eine einfache Verwaltungseinheit der Stadt Mün-
chen, ähnlich etwa dem Einwohnermeldeamt, und unterstehen dem Kulturrefe-
renten. Für die Stuttgarter Philharmoniker ist zuständig das Stuttgarter Kultur-
amt, das eine eigene „Abteilung Stuttgarter Philharmoniker“ unterhält.
Diese ganz unselbstständige Rechts- und Organisationsform ist für reine Kon-
zertorchester heute noch häufig anzutreffen, für Theater oder Konzerthäuser mit
zugehörigem Orchester aber eher seltener geworden. Grund dafür dürfte sein,
dass für diese komplexeren Betriebe, die ein größeres Vermögen, mehr Personal
und auch mehr Finanzmittel binden, eine stärkere Verselbstständigung und mehr
Transparenz wünschenswert ist.
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4. C Betriebsformen-Gesellschaften, Vereine, Stiftungen
C1 Organisationsstrukturen
3. Der Eigenbetrieb
Einen höheren Grad der rechtlichen Verselbstständigung erreicht man im kom-
munalen Bereich durch einen Eigenbetrieb.
3.1 Grundlagen des Eigenbetriebes
Eigenbetriebe sind ein Spezifikum des deutschen Gemeinderechts. Als „wirt-
schaftliches Unternehmen ohne Rechtspersönlichkeit“12 sind sie insofern Unter-
nehmen, als sie mit eigener Verwaltung und eigenem, von der übrigen Verwaltung
C getrenntem Sondervermögen ausgestattet sind. Sie haben aber keine eigene
1.5 Rechtspersönlichkeit, so dass die Leitung des Betriebes stets die dahinter stehen-
S. 4 de Gebietskörperschaft in Bezug auf das dem Betrieb zugewiesene Sonderver-
mögen vertritt.13
Eigenbetriebe werden geleitet von einer „Werk-“ oder „Betriebsleitung“. Diese
berichtet an eine „Betriebskommission“ oder einen „Betriebsausschuss“, dem
auch bestimmte Zuständigkeiten übertragen werden. In wichtigen Angelegen-
heiten entscheidet der Rat der Stadt. Der Bürgermeister oder Oberbürgermeister
ist Dienstvorgesetzter der Angestellten des Eigenbetriebes. Für den Eigenbetrieb
hat der Rat eine kommunalen Betriebssatzung zu beschließen und darin Gegen-
stand und Zweck des Eigenbetriebes, Kapitalausstattung, Betriebsleitung, Be-
triebsausschuss sowie die Kompetenzen der kommunalen Stellen und Gremien zu
regeln.14
3.2 Das Gürzenich-Orchester
Typischer Anwendungsfall für Eigenbetriebe sind wirtschaftliche Gemeindeun-
ternehmen wie die Müllabfuhr, die Markthallen oder Krankenhäuser. Doch juris-
tisch kann ein „Betriebsleiter“ auch ein Chefdirigent sein, und so sind in der Tat
viele Orchester als Eigenbetrieb strukturiert. Ein Beispiel ist das Symphonieor-
chester der Stadt Köln, das Gürzenich-Orchester.
In § 1 der vom Rat der Stadt Köln im Februar 2011 beschlossenen „Betriebssat-
zung der Stadt Köln für das Gürzenich-Orchester“ heißt es:
„Das Gürzenich-Orchester wird ab dem 01.09.2000 als städtische Einrich-
tung ohne Rechtspersönlichkeit wie ein Eigenbetrieb15 nach den Vor-
schriften der Gemeindeordnung [...], der Eigenbetriebsverordnung [...]
und den Bestimmungen dieser Betriebssatzung geführt.“
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