Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Christine M. Merkel:Das UNESCO-Übereinkommen zur Kulturellen Vielfalt
1. Kultur und Politik B 2.3
Wirtschaft, Gesellschaft und Politik
Das UNESCO-Übereinkommen zur
Kulturellen Vielfalt
Die erste völkerrechtlich verbindliche Magna Charta
zur internationalen Kulturpolitik
Christine M. Merkel
Seit dem 18. März 2007 ist das neue „UNESCO-Übereinkommen zum Schutz und zur Förderung
der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“ in Kraft. Inzwischen haben es bereits 50 Staaten ratifi-
ziert. Die Europäische Gemeinschaft war am 18. Dezember 2006 beigetreten. Das deutsche Ratifi-
zierungsgesetz trat am 7. März 2007 in Kraft.
Die deutsche Ratspräsidentschaft (Januar bis Juni 2007) hat den Zusammenhang zwischen Kultu-
reller Vielfalt, Kulturwirtschaft und Kulturpolitik zentral auf die europäische Agenda gesetzt.
2010/2011 werden die Vertragsstaaten zum ersten Mal Rechenschaft darüber ablegen, ob und wie
man den Zielsetzungen von Schutz und Förderung kultureller Vielfalt näher gekommen ist.
Bund, Länder und Kommunen sowie die vielfältigen Künstlerverbände, Kulturakteure, Produzen-
ten der unabhängigen Kulturwirtschaft und Kulturmittler müssen deshalb Vorschläge entwickeln,
wie sie diese Zielsetzungen mit verwirklichen können.
Gliederung Seite
1. Kulturelle Vielfalt schützen und fördern 3
1.1 Erstes völkerrechtliches Abkommen zur Kulturpolitik 4
1.2 Politischer Kompromiss 5
1.3 Neue kulturpolitische Rolle der EU im internationalen Bereich 6
2. Die Kulturkonvention: Ziele, Inhalte, Instrumente 7
2.1 Wichtigste Ziele und Bestimmungen 7
2.2 Zum Stand der Ratifizierungen 9
2.3 Wem nützt das Übereinkommen 9
3. Vielfalt und Demokratie 10
3.1 Kulturelle Freiheit und Kulturelle Vielfalt 10
3.2 Öffentliche Kulturangebote sind Humus der Demokratie 10
3.3 Völlige Marktöffnung würde Kulturpolitik drastisch einschränken 11
3.4 Kultur ist lebensnotwendig für das soziale Wertesystem 11
3.5 Öffentliche Kulturangebote von GATS nicht ausgenommen 11
4. Kulturelle Vielfalt und Globalisierung: Chancen und Gefährdungen 12
4.1 Kulturwirtschaft zeigt weltweit hohe Wachstumsraten 13
4.2 Massive Ungleichgewichte im internationalen Handel 13
4.3 EU ist größter Kulturexporteur – Deutschland gehört zur Spitze 14
4.4 Multimedia besonders in 1990er Jahren ein Boomsektor 14
4.5 Asymmetrische Handelsbilanz EG/ USA 15
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2. B 2.3 Kultur und Politik
Wirtschaft, Gesellschaft und Politik
5. Kulturelle Ausdrucksformen und Kulturwirtschaft 15
5.1 Immaterielle Aspekte des Kulturhandels werden wichtiger 15
5.2 Mehr Beschäftigte im Kultursektor als in der Autoindustrie 16
5.3 Handlungsbedarf für Länder des Südens 16
5.4 Vorzugsbehandlung für Entwicklungsländer 17
6. Das UNESCO-Übereinkommen mit Leben füllen:
Was ist erreicht, was ist zu tun, was ist machbar? 18
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3. Kultur und Politik B 2.3
Wirtschaft, Gesellschaft und Politik
1. Kulturelle Vielfalt schützen und fördern
Seit dem 18. März 2007 ist das neue „UNESCO-Übereinkommen zum
Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“
in Kraft. Er wurde im Oktober 2005 von der UNESCO-Generalkon-
ferenz beschlossen. Inzwischen haben es bereits 50 Staaten ratifiziert.
Die Europäische Gemeinschaft war am 18. Dezember 2006 beigetre-
ten. Das deutsche Ratifizierungsgesetz ist seit 7. März 2007 in Kraft.
Voraussichtlich im Juni 2007 wird die Vertragsstaatenkonferenz zum
ersten Mal zusammentreten. Sie wird Schritt für Schritt die Umset-
zung gestalten. Dazu findet im Vorfeld vom 26.-28.April 2007 in Es-
sen eine der ersten internationalen Fachkonferenzen statt, welche mit
400 Teilnehmern und Referenten aus 50 Ländern dazu Vorschläge
erarbeiten wird.
Die deutsche Ratspräsidentschaft (Januar bis Juni 2007) hat den Zu- Zukunftsaufgabe
sammenhang zwischen Kultureller Vielfalt, Kulturwirtschaft und Kul- Förderung
turpolitik zentral auf die europäische Agenda gesetzt. 2010/2011 wer- Kultureller Vielfalt
den die Vertragsstaaten zum ersten Mal Rechenschaft darüber ablegen,
ob und wie man den Zielsetzungen von Schutz und Förderung kultu-
reller Vielfalt näher gekommen ist.
Für Bund, Länder und Kommunen sowie für die vielfältigen Künstler-
verbände, Kulturakteure, Produzenten der unabhängigen Kulturwirt-
schaft und Kulturmittler geht es künftig darum, Vorschläge zu entwi-
ckeln, wie sie in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich diese Ziel-
setzungen mit verwirklichen können.
Abb. B 2.3-1 Back for More Umbrellas1
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4. B 2.3 Kultur und Politik
Wirtschaft, Gesellschaft und Politik
1.1 Erstes völkerrechtliches Abkommen zur
Kulturpolitik
Dieses neue normative Instrument ist das erste völkerrechtliche Ab-
kommen im Bereich der internationalen Kulturpolitik. Es ist zugleich
das erste Abkommen, das den Doppelcharakter von Kulturgütern als
Ware und Sinnträger von der Kultur her definiert. Mit dem Überein-
kommen wird die Besonderheit kultureller Güter und Dienstleistungen
anerkannt (Präambel, Ziffer 18). Damit wird die Berechtigung natio-
naler und internationaler Kulturpolitik auch im Hinblick auf die ver-
einbarte fortschreitende Liberalisierung im Rahmen der Welthandels-
organisation (WTO) völkerrechtlich festgeschrieben.
Beteiligung der Ein wichtiger Teil der bisherigen Erfolgsgeschichte dieses UNESCO-
Zivilgesellschaft Übereinkommens ist die enge Kooperation mit der Zivilgesellschaft.
wesentlich Die Ausarbeitung dieses Völkerrechtsvertrages zu den globalen Her-
ausforderungen der Kulturpolitik wurde international von Künstlern
und Kulturpolitikern mit großem Interesse verfolgt und beworben. In
über vierzig Koalitionen zur Kulturellen Vielfalt in Europa, auf dem
amerikanischen Kontinent, in Afrika und Asien/Pazifik haben sich
weltweit ca. 1500 Künstler- und Kulturverbände in engem Dialog mit
Parlamentariern und Regierungen engagiert, in Deutschland durch
regelmäßige Konsultationen im Rahmen der Bundesweiten Koalition
für Kulturelle Vielfalt und internationale Kooperation mit dem Netz-
werk der Koalitionen und Künstlerverbände. Die aktive Beteiligung
der Zivilgesellschaft wird wesentlich bleiben, um die Ziele dieses
Übereinkommens zu erreichen.
Neue Legitimität für Kulturpolitik und öffentliche Kulturförderung erhalten mit diesem
Kulturpolitik und öffent- Abkommen neue Legitimität. Sie können nicht einfach aus rein han-
liche Kulturförderung delsrechtlicher Sicht als wettbewerbsrechtliche Einschränkungen atta-
ckiert werden. Kulturpolitische Ziele können mit internationalen Han-
delsabkommen wie zum Beispiel dem Allgemeinen Abkommen zum
Handel mit Dienstleistungen (GATS) politisch und rechtlich in Ein-
klang gebracht werden.
Schutz und Förderung kultureller Vielfalt sind eine Aufgabe mit natio-
naler und internationaler Dimension. Sie sind sowohl Zielsetzung als
auch langfristige Vision: Es muss grundsätzlich möglich sein, künstle-
rische Inhalte und Kulturprodukte aus allen Ländern kennen zu lernen,
zu sehen, zu nutzen und auszutauschen. Dies schließt die wachsende
Fülle von hybriden Kunst- und Kulturformen ein, die Ergebnisse
weltweiter Wanderungsbewegungen sind.
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