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Autokratische	Wende	in	der	
EU?
…oder	soziales,	demokratisches	und	ökologisches	
Europa	der	Vielen?	




gpa‐djp	
14.	06.	2012
lukas	oberndorfer




                                                   wien.arbeiterkammer.at
Fragestellung?
 Wie	kann	man	die	momentanen	Krisen‐Prozesse	im	
 europäischen	Institutionen‐Gefüge	verstehen?

 Verschiebungen	erzeugen	Bedürfnis	für	neue	Begriffe:
 „postdemokratischer	Exektutivföderalismus“	(Habermas	
 2011)
 „autoritäres	Krisenregime“	(Urban	2012,	IG	Metall)

 Was	ist	das	Gemeinsame	dieser	Begriffe?:
 Die	Fortsetzung	der	neoliberalen	Politik	hat	zunehmend	nicht	
 mehr	die	Zustimmung	der	Bevölkerung:	Hegemoniekrise
 Krise	führt	zu	einer	Aufwertung	der	Exekutive
  und	zu	einer	tiefgreifenden	Entdemokratisierung

 Steht	ein	starker,		autoritärer	Staat	nicht	im	Widerspruch	
 zum	Neoliberalismus?

 Alternativen	für	ein	soziales,	demokratisches	und	
 ökologisches	Europa?
                                                                  wien.arbeiterkammer.at
Verfahrensweise

 Wie	kann	man	die	gegenwärtigen	Verschiebungen	im	
 europäischen	Institutionengefüge	erklären?	‐>	
 Gesellschaftlicher	Hintergrund:	Krise	der	neoliberalen	
 Hegemonie,	was	heißt	das?

 In	der	Economic	Governance	und	im	Fiskalpakt bündeln	sich	
 zahlreiche	Elemente,	die	es	rechtfertigen	von	einer	
 autokratischen	Wende	zu	sprechen	‐>	Schlaglichter	auf	die	
 Maßnahmen	&	Kritik

 Steht	ein	starker	Staat	nicht	im	Widerspruch	zum	
 Neoliberalismus?	Rückblende: Der	Staat	in	den	Debatten	des	
 „neuen“	Liberalismus	nach	der	Weltwirtschaftskrise	1929ff

 Aufruf	zu	einer	Neugründung	Europas	– Perspektiven	eines	
 Europas	von	unten


                                                               wien.arbeiterkammer.at
Was	bedeutet	Hegemonie?

 Hegemonie:	Moderne	Herrschaft	beruht	auf	Zwang	und
 Konsens

 Konsens:	Beruht	auf	zwei	wesentlichen	Säulen

  der	Etablierung	einer	Weltauffassung	durch	
 Intellektuelle	(existierende	Werte,	neue	Sichtweisen	und	
 Momente	des	Alltagsverstandes	werden	in	eine	schlüssige	
 Erzählung	eingebunden	und	universalisiert):	„psychologische	
 Beeinflussung	und	politische	Erziehung“	(Franz	Böhm)	

  materielle	Zugeständnisse	an	die	arbeitende	
 Bevölkerung	(Umverteilung,	Sozialsystem,…)

 Neoliberale	Hegemonie	ab	Mitte	der	1980ziger	Jahre


                                                                wien.arbeiterkammer.at
Welche	neoliberalen	Denkweisen	konnten	sich	im	
Rahmen	der	EU	in	Form	von	Projekten	realisieren?		‐>	
wie	ist	die	neoliberale	Hegemonie	entstanden?	
  „Nicht	die	Nachfrage	ist	das	Problem	kapitalistischer	Entwicklung	
  sondern	die	Angebotsseite“:	‐>	Binnenmarktprojekt	ab	1985	dient	
  der	Flexibilisierung	und	Deregulierung	der	Arbeits‐,	Produkt‐ und	
  Dienstleistungsmärkte	(zentrales	Moment	Wettbewerb	der	
  Rechtsordnungen).	

  „Offene	und	deregulierte	Kapitalmärkte	führen	zu	einer	`optimalen	
  Allokation´ des	Kapitals“		‐>	Abschaffung	der
  Kapitalverkehrskontrollen	und	Deregulierung	der	
  Finanzmärkte	(Kapitalverkehrs‐RL	1988;	Vertrag	von	Maastricht	
  1992:	„unmittelbare	Anwendbarkeit	der	Kapitalverkehrsfreiheit“)

  „Allein	eine	unabhängige	Geld‐ und	Währungspolitik	kann	
  sicherstellen,	dass	diese	nicht	den	Interessen	der	`Massen´ anheim	
  fällt“	‐>	Wirtschafts‐ und	Währungsunion	(WWU):	Unabhängige	
  Zentralbank	setzt	Hochzinspolitik	durch;	gemeinsame	Währung	
  nimmt	die	Chance	zur	äußeren	Abwertung;	offene	Märkte	
  fokussieren	Sparpolitik	auf	(Sozial‐)Ausgaben.	
                                                                        wien.arbeiterkammer.at
Neoliberale	Denkweise:	Zwischen	marktkonformer	
Demokratie	und	Autokratie	


  "Die	Durchsetzung	allgemeiner	Spielregeln	einer	liberalen	
  Wettbewerbsordnung scheint	[…]	am	ehesten	dort	
  verlässliche	Hüter	zu	finden,	wo	Pflichten	Organen	
  anvertraut	sind,	die	(wie	die	Europäische	Zentralbank)	
  weniger	Zielabwägungen	zu	treffen	oder	(wie	die	Kommission)	
  weniger	Rücksichten	auf	Wahlrestriktionen	zu	nehmen	
  haben	als	politische	Parteien.“	Michael	Wohlgemuth,	Einheit	in	
  Vielfalt	– Fünfzig	Jahre	europäische	Ordnungspolitik,	FAZ	v.	
  17.3.2007,	11




                                                                    wien.arbeiterkammer.at
Verschiebung	eines	Politikfeldes	ist	Ergebnis	von	Interessen	
und	strategisch	handelnden	Akteuren	und	nicht ein	Match	EU	
gegen	Österreich			


                           Strategisch	handelnde	Akteure	mit	
                           entsprechenden	Interessen	
     Europäische
                           (nationale	Staatsapparate	[zB	
     Staatlichkeit
                           Finanzministerien],	transnationale	
                           Investoren,		Geldvermögensbesitzer,		
                           die	Kommission,…)	verschieben	u.	a.	
                           die	Wirtschafts‐ und	
                           Währungspolitik	auf	die	europäische	
                           Ebene,	weil	sie	sich	davon	eine	
     Nationalstaat
                           erleichterte	Durchsetzung	ihrer	
                           Interessen	erwarten




                                                                   wien.arbeiterkammer.at
Weltwirtschaftskrise:	beschleunigte	
Auflösung	der	Hegemonie	der	neoliberalen	
Integrationsweise	der	EU

 Ausstrahlungskraft	der	im	Rahmen	der	EU	
 realisierten	neoliberalen	Projekte	(WWU,	
 Binnenmarkt,…)	ist	gesunken.	(Bieling 2000:	
 Hegemonie	wird	durch	„Projekte“	errungen,	die	sich	als	
 „im	Allgemeininteresse	stehende	Lösung	drängender,	
 sozialer	und	volkswirtschaftlicher	und	politischer	
 Probleme darstellen“	können).

 Krisenkosten	führen	zu	einem	kleiner	gewordenen	
 Spielraum	für	„materielle	Zugeständnisse“	

 ‐>	Konsens für	neoliberale	Integrationsweise	der	
 EU	bröckelt	(Vorläufer:	Soziale	Auseinandersetzungen	
 ab	Ende	der	1990er).                                      wien.arbeiterkammer.at
Anzeichen	für	Hegemoniekrise	in	Europa	
 Ebene	der	Meinungsbildung:	Absetzbewegungen	der	
 Intellektuellen
  „Die	Linke	könnte	recht	haben“	(Charles	Moore	2011,	
 Biograph	von	Thatcher)
  „Es	ist	zu	spüren,	dass	etwas	zu	Ende	geht	und	etwas	Neues	
 beginnt.“	(Fleischhacker	2011).
  „Man	kann	durchaus	sagen,	dass	das	kapitalistische	System	in	
 seiner	jetzigen	Form	nicht	mehr	in	die	heutige	Welt	passt.“	
 (Schwab	2012)	

 Politisch:	Widersprüche	und	„Streit“	im	europäischen	
 Institutionengefüge

 Demoskopisch?:	88%	der	Deutschen	f.	„neue	
 Wirtschaftsordnung“	(Emnid);	nur	noch	41%	der	Ö	halten	„freie	
 Marktwirtschaft	für	das	beste	System“

 Soziale	Auseinandersetzungen	im	Vergleich	zu	Maastricht:	
 Spanien,	Griechenland,	Großbritannien,	aber	auch	Osteuropa:	
 gerade	jene	Ländern	mit	den	härtesten	Sparmaßnahmen
                                                                   wien.arbeiterkammer.at
Zur	radikalisierten	Fortsetzung	des	„Weiter	
wie	bisher“	wird	der	wegbrechende	Konsens	
zunehmend	durch	Zwang	ersetzt		
  Zwang	und	Aussetzung	von	Grund‐ und	Menschenrechten	auf	
  der	nationalstaatlichen	Maßstabsebene:

   Direkt	repressive	Maßnahmen	gegen	soziale	Bewegungen:	
       Aufhebung	der	Versammlungsfreiheit,	„Gewerkschaften	
       führen	Krieg“	in	GR;	
       „was	immer	die	Polizei	benötigt“	Cameron/GB;	
       ES:	Aufruf	zu	Blockade	und	Besetzung	strafbar:	„die	Leute	
       müssen	mehr	Angst	vor	dem	System	haben	und	deshalb	
       nicht	mehr	so	wagemutig	sind„
   Angriff	auf	den	Flächenkollektivertrag	:	ES,	GR,	PT,	IT	(„Die	
    Gewerkschaften	werden	fallen	wie	die	Berliner	Mauer“)

  Economic	Governance	und	Fiskalpakt:	Verrechtlichung	von		
  Austerität	und	„Ausgleich“	der	ungleiche	Entwicklung durch	
  „innere	Abwertung“	‐>	Umgehung	rechtsstaatlicher	und	
  Durchbrechung	formaldemokratischer	Garantien
                                                                     wien.arbeiterkammer.at
Autokratische	Wende	in	der	EU?	

Die	Economic‐Governance	und	der	Fiskalpakt	sind	
zentrale	Initiativen	in	der	neoliberalen	
Krisenbearbeitung.	Das	„weiter	wie	bisher“	kann	
aufgrund	des	wegbrechenden	Konsenses	in	der	
Bevölkerung	zunehmend	nur	noch	durch	Umgehung	und	
Durchbrechung formal‐demokratischer	Verfahren	
bewerkstelligt	werden.

Diese	autoritäre	Wende,	die	mit	der	neoliberalen	
Denkweise	durchaus	vereinbar	ist,		stellt	für	die	
Gewerkschaftsbewegung einerseits	eine	Gefahr	aber	
andererseits	auch	die	Chance dar,	ein	Gegenmodell	
durchzusetzen.



                                                     wien.arbeiterkammer.at
Economic	Governance	und	Fiskalpakt


   Economic	Governance	(„six	pack“);	fünf	Verordnungen	und	eine	RL	
    (beschlossen	im	Herbst	2011)	zur	Verschärfung	des	Stabilitäts‐ und	
    Wachstumspaktes;	Schaffung	eines	Verfahrens	bei	
    makroökonomischen	Ungleichgewichten

   Fiskalpakt:	Völkerrechtlicher	Vertrag	außerhalb	des	
    Europarechts	(Umgehung		selbst	der	geringen	demokratischen	und	
    rechtsstaatlichen	Garantien	des	EUR)	der	im	Laufe	von	2012	ratifiziert	
    werden	soll	– Einführung	einer	„europäischen	Schuldenbremse“	‐>	
    Nichteinhaltung:	automatischer	Korrekturmechanismus	(ohne	
    Beteiligung	der	Parlamente).
VO	über	die	wirksame	
                                                                                                         Durchsetzung	der	
           Entwicklung	der	                                                                            haushaltspolitischen	
                                                                                                         Überwachung	im	
           Rechtsgrundlage	für	die	                              Bestimmungen	für	die	
                                                                                                     Euroraum,	KOM	(2010)	524

           Wirtschafts‐ und	                                     MS	deren	Währung	der	
                                                                 Euro	ist,	Art	136	AEUV                       VO	über	
                                                                                                     Durchsetzungsmaßnahmen	
           Währungspolitik	der	EU                                                                          zur	Korrektur	
                                                                                                           übermäßiger	
                                                                                                        Ungleichgewichte	im	
                                                                                                     Euroraum,	KOM	(2010)	525
                                                                                     Präventive	
                                                                                    Komponente
                                          Vertrag	von	Lissabon                                         Verschärfung	der	VO	
                                                                          VO	über	die	                  (Begrenzung		des	
                                                                      haushaltspolitische	               Wachstums	der	
                                                                        Überwachung	&	                Ausgaben),	KOM(2010)	
                                                                      Koordinierung	der	                       526
                                                                       Wirtschaftspolitik	
                                       Koordinierung	der	                (1466/97/EG)
                                      Wirtschaftspolitik,	Art	                                       VO über	die	Vermeidung	
                                            121	AEUV                                                     und	Korrektur	
                                                                                                      makroökonomischer	
   Vertrag	von	Maastricht                                                                               Ungleichgewichte	
                                                                                                        (KOM(2010)	527)
                                                                          VO	über	die	
                                                                      Beschleunigung	und	
                                                                   Klärung	des	Verfahrens	bei	
                                          Verfahren	zur	           einem	übermäßigen	Defizit	         Verschärfung	der	VO	,	
                                        Vermeidung	eines	                (1467/97/EG)                    KOM(2010) 522
                                      übermäßigen	Defizits,	
                                          Art	126	AEUV                                 Korrektive	
Legende:                                                                              Komponente
Vertrag	von	Maastricht	1993                                                                                RL	über	die	
Stabilitäts‐ und	Wachstumspakt	1997                                                                   Anforderungen	an	die	
Vertrag	von	Lissabon	2009                                                                             haushaltspolitischen	
Entwurf	für	Econonomic Governance      Protokoll	(Nr.12)	über	                                        Rahmen	der	MS,	KOM	
                                      das	Verfahren	bei	einem	                                             (2010)	523	
Abkürzungen:                            übermäßigen	Defizit
VO	‐>	Verordnung
RL	–>	Richtlinie
KOM	‐>	Kommission
üD ‐>	übermäßiges	Defiziz
üUGG ‐>	übermäßiges	Ungleichgewicht

           Lukas Oberndorfer                                                                                wien.arbeiterkammer.at
Neues	Verfahren	über	die	Vermeidung	und	Korrektur	
makroökonomische	Ungleichgewichte		=	Verfahren	zur	
wettbewerblichen	Restrukturierung

     Entwendung	eines	Begriffes:	Ungleiche	Entwicklung		nicht	als	
      Charakteristik	des	Kapitalismus	sondern	als	Ergebnis	
      mangelnder	Wettbewerbsfähigkeit	(Produktivität/Löhne)

     Völlig	unbestimmte	Verordnung:	Nach	welchen	Indikatoren	
      wird	übermäßiges	Ungleichgewicht	festgestellt?:	„Das	
      Scoreboard setzt	sich	aus	einer	Reihe	makroökonomischer	[…]	
      Indikatoren	für	die	MS	zusammen“	(Art	3	Abs 2)
            ‐>	KOM	möchte	Höhe	der	Löhne	zu	zentralem	
            Indikator

     Rolle	der	Exekutive:	Zur	Überprüfung,	„stellt	die	KOM	nach	
      Anhörung	der	MS	als	Richtschnur	ein	Scoreboard auf“	(Art	3	Abs
      1)	‐>	de	facto	entscheidet der	exekutive europäische	
      Staatsapparat über	zentrale	Indikatoren	der	
      Wirtschaftspolitik
Zwangsmaßnahmen	zur	Durchsetzung	des	Verfahrens	
der	wettbewerblichen	Restrukturierung		(VO	über	
Durchsetzungsmaßnahmen,	KOM	(2010)	525)

    Einführung	einer	jährlichen	Geldbuße	in	der	Höhe	von	
     0,1%	des	BIP	des	MS	(Art	3	Abs 2)

    Beim	Beschluss	aller	Sanktionen	soll	der	Kommission	
     eine	privilegierte	Stellung (Reverse	Majority Voting)	
     eingeräumt	werden:	
          „Wird	der	Beschluss	nicht	innerhalb	von	zehn	
          Tagen	nach	der	Annahme	durch	die	Kommission	
          vom	Rat	mit	qualifizierter	Mehrheit	abgelehnt	 ,	
          so	gilt	er	als	vom	Rat	angenommen.“	(siehe	zB Art	3	
          Abs 1,	letzter	Satz)

 ‐>	Zentrale	Maßnahmen	der	Economic Governance
 rechtswidrig?
VO	über	die	wirksame	
                                                                                                                Durchsetzung	der	
           Entwicklung	der	                                                                                   haushaltspolitischen	
                                                                                                                Überwachung	im	
           Rechtsgrundlage	für	die	                                     Bestimmungen	für	die	
                                                                                                            Euroraum,	KOM	(2010)	524

           Wirtschafts‐ und	                                            MS	deren	Währung	der	
                                                                        Euro	ist,	Art	136	AEUV                       VO	über	
                                                                                                            Durchsetzungsmaßnahmen	
           Währungspolitik	der	EU                                                                                 zur	Korrektur	
                                                                                                                  übermäßiger	
                                                                                                               Ungleichgewichte	im	
                                                                                                            Euroraum,	KOM	(2010)	525
                                                                                            Präventive	
                                                                                           Komponente
                                          Vertrag	von	Lissabon
                                                                                 VO	über	die	                    Entwurf	zur	
                                                                             haushaltspolitische	            Verschärfung	der	VO,	
                                                                               Überwachung	&	                   KOM(2010)	526
                                                                             Koordinierung	der	
                                                                              Wirtschaftspolitik	
                                       Koordinierung	der	                       (1466/97/EG)
                                      Wirtschaftspolitik,	Art	                                              VO über	die	Vermeidung	
                                            121	AEUV                                                            und	Korrektur	
                                                                                                             makroökonomischer	
   Vertrag	von	Maastricht                                                                                      Ungleichgewichte	
                                                                                                               (KOM(2010)	527)
                                                                                  VO	über	die	
                                                                              Beschleunigung	und	
                                                                           Klärung	des	Verfahrens	bei	
                                          Verfahren	zur	                   einem	übermäßigen	Defizit	            Entwurf	zur	
                                        Vermeidung	eines	                        (1467/97/EG)                Verschärfung	der	VO	,	
                                      übermäßigen	Defizits,	                                                    KOM(2010) 522
                                          Art	126	AEUV                                        Korrektive	
                                                                                             Komponente
                                                                                                                  RL	über	die	
Legende:                                                                                                     Anforderungen	an	die	
Vertrag	von	Maastricht	1993                                                                                  haushaltspolitischen	
Stabilitäts‐ und	Wachstumspakt	1997    Protokoll	(Nr.12)	über	                                               Rahmen	der	MS,	KOM	
Vertrag	von	Lissabon	2009             das	Verfahren	bei	einem	                                                    (2010)	523	
Entwurf	für	Econonomic Governance       übermäßigen	Defizit

Abkürzungen:
VO	‐>	Verordnung
RL	–>	Richtlinie
KOM	‐>	Kommission
üD ‐>	übermäßiges	Defiziz
üUGG ‐>	übermäßiges	Ungleichgewicht                         Lukas Oberndorfer, Abteilung EU & Internationales      wien.arbeiterkammer.at
Die	Europäischen	Verträge	sehen	weder	Zwangsstrafen	
noch	Entscheidungsmacht	der	Kommission	vor


    Verordnungsvorschläge	    „Sanktionen“	 nach	121	
     sehen	erstmals	           Abs 4	Vertrag	über	die	
     Geldbußen für	            Arbeitsweise	der	EU	
     makroökonomische	         (AEUV)	:	WP	ist	mit	den	
     Ungleichgewichte	vor,	    „Grundzügen“	nicht	
     die	de	facto	durch	die	   vereinbar oder	gefährdet	
     Kommission	verhängt	      das	Funktionieren der	
     werden	können.	           WWU:	Rat „kann“	
                               Empfehlungen an	MS	
                               richten	und	eine	
                               Veröffentlichung
                               beschließen.
Der	Fiskalpakt	– Fahrplan	der	Erarbeitung	&	
Beschlussfassung


  9.12.2011:	Einigung	auf	Erarbeitung

  16.12.2011:	Erster	Entwurf
                                            Erarbeitung	in	
  31.01.2012:	Akkordierung der	Endfassung   nur	3	Monaten
  2.03.2012:	Unterzeichnung	durch	
      25	Staats‐ und	Regierungschefs

  Ratifizierung	im	Laufe	des	Jahres	2012

  Beschlussfassung	im	NR	Herbst	2012

                                                  wien.arbeiterkammer.at
Substanz	des	Fiskalpakts:	Schuldenbremse


 Vertragsparteien	verpflichten	sich	zur	Einführung	
 einer	„Europäischen	Schuldenbremse“,	welche	ein	
 Nulldefizit	vorsieht	(Art.	3	Abs.	1	lit.	a	FP)	

 Diese	Vorschrift	soll	noch	als	erfüllt	gelten,	wenn	
 das	mittelfristige	Haushaltsziel im	Sinne	der	
 Economic	Governance	eingehalten	wird.	

 Allerdings	definiert	der	Fiskalpakt	einen	
 wesentlich	engeren	Korridor	für	das	mHZ:	nicht	
 mehr	‐1%	sondern	allein	‐0,5%	des	BIP	sind	
 zulässig	(Art.	3	Abs.	1	lit.	b	FP).		


                                                        wien.arbeiterkammer.at
Substanz des	Fiskalpaktes:	
Schuldenabbauregel
   Jene	Parteien	deren	Gesamtschuldenstand	über	60%	
   liegt,	müssen	den	Differenzbetrag	zum	
   Schwellenwert	um	jährlich	1/20	reduzieren	(Art.	
   4	FP)
                    1/20	a	year

       BIP



60	%




       Fiskalpakt




                                                       wien.arbeiterkammer.at
Automatischer	Austeritätsmechanismus


 Bei	Nichteinhaltung	der	europäischen	
 Schuldenbremse, wird	automatisch	(ohne	
 Beteiligung	der	Parlamente)	ein	
 „Korrekturmechanismus“	ausgelöst.	

 Die	genaue	Gestalt	des	Austeritätsmechanismus	
 bleibt	im	FP	vollkommen	unbestimmt	(die	VP	sind	
 verpflichtet	„Maßnahmen	zu	ergreifen,	um	die	
 Abweichungen	innerhalb	eines	festgelegten	
 Zeitraumes	zu	korrigieren.“	Art.	3	Abs.	1	lit.	e	FP)




                                                        wien.arbeiterkammer.at
Genehmigung von	
Strukturreformprogrammen	durch	
Kommission	und	Rat:

 Sobald	eine	Vertragspartei	„Gegenstand	eines	
 Defizitverfahrens	ist“	(wie	derzeit	auch	Ö)	
 verpflichtet	sie	sich	ein	Haushaltsprogramm	mit	
 „detaillierten	Strukturreformen“	vorzulegen.	
 Diese	Programme	werden	durch	Rat	und	
 Kommission	(Exekutive)	genehmigt,	wie	ihre	
 Umsetzung	durch	diese	Organe	überwacht	wird	
 (Art.	5	FP).	




                                                    wien.arbeiterkammer.at
Verpflichtung	zur	Verankerung	in	den	
nationalstaatlichen	Rechtsordnungen

  Neue	Instrumente	müssen	in	den	nationalen	
  Rechtsordnungen „durch	verbindliche	und	
  dauerhafte	– vorzugsweise	verfassungsrechtliche	–
  Bestimmungen“	verankert	werden	(Art.	3	Abs.	2).	

  Obwohl	der	Austeritätsmechanismus	völlig	
  unbestimmt	ist,		wird	die	Kommission	zur	
  Konkretisierung	berufen:	Sie	soll	„insbesondere	
  Art,	Umfang	und	Zeitrahmen	der	zu	ergreifenden	
  Korrekturmaßnahmen“	und	die	„Rolle	und	die	
  Unabhängigkeit der	auf	einzelstaatlicher	Ebene	für	
  die	Überwachung	der	Einhaltung	der	Vorschriften	
  zuständigen	Institutionen“	festlegen	(Art.	3	Abs.	2	
  FP).	
                                                         wien.arbeiterkammer.at
Der	Austeritätsmechanismus	ein	
Trojanisches	Pferd	für	die	Demokratie?


  Aufgrund	der	Tatsache,	dass	der	„automatische	
  Korrekturmechanismus“	im	FP	völlig	unbestimmt	
  bleibt,	wird	eine	Reihe	von	Instrumenten	möglich:

  Automatische	Reduktion	öffentlicher	Ausgaben
  Entsprechende	Erhöhung	indirekter	Steuern
  Sonderkonto	nach	griechischem	Muster


  Nach	der	Ratifizierung	verlieren	die	Parlamente	
  ihr	demokratisches	Kontrollrecht:	De	jure	ist	
  allein	die	Kommission	verantwortlich den	
  Austeritätsmechanismus	zu	definieren.	
                                                      wien.arbeiterkammer.at
Pläne	der	Kommission	geleakt	(Handelsblatt	v.	
23.5.2012	berichtet	über	durchgesickerten	Entwurf	
zum	Korrekturmechanismus)
  Bund	muss	kontrollieren,	dass	Länder	nicht	vom	
  Schuldenabbaupfad	abweichen.	
  Dt.	Länder	müssen	nachbessern,	weil	ihre	derzeitigen	
  Programme	unzureichend	sind.	
  „Außerdem	verlangt	die	Kommission	einen	von	allen	
  Institutionen	– auch	dem	Parlament	– unabhängigen	
  Stabilitätsrat.	Obwohl	das	Haushaltsrecht	wichtigstes	
  Recht	des	Parlaments	ist,	dürften	diese	nur	ihre	Meinung	
  sagen.“	
  Stabilitätsrat	muss	jede	Abweichung	vom	vereinbarten	
  Schuldenabbaupfad	ahnden	können.	
                                                              wien.arbeiterkammer.at
Auch	Einleitung	des	Defizitverfahrens	de	
facto	allein	durch	die	europäische	Exekutive


  Auch	die	Einleitung	eines	Defizitverfahrens	wird	allein	der	
  Kommission	unterstellt:	Schon	durch	das	Six‐Pack	haben	die	
  Mitgliedstaaten	de	facto	allein	der	Kommission	das	Recht	
  gegeben	Sanktionen	zu	verhängen	(sog	Reverse	Majority Rule).	
  Jedoch	konnten	sie	mit	ihrer	Stimme	kontrollieren,	ob	
  überhaupt ein	Defizitverfahren	eingeleitet	wird.


  Spätestens	an	diesem	Punkt:	Eingriff	in	die	österreichische	
  Verfassung.



                                                                  wien.arbeiterkammer.at
Scharfe	gerichtliche	Kontrolle	der	Umsetzung	
der	neuen	Instrumente
  Die	Umsetzung der	neuen	Austeritätsinstrumente wird	
  der	Kontrolle	des	EuGH	unterworfen.

  Die	Kommission	überwacht	die	Vertragsparteien	in	der	
  Umsetzung	der	neuen	Instrumente.	

  Stellt	sie	einen	Verstoß	fest,	„rufen	eine	oder	mehrere	
  Vertragsparteien	den	Gerichtshof	der	Europäischen	
  Union	an.“	(Art.	8	Abs.	2	FP)

  Wenn	die	Umsetzung	nicht	ordnungsgemäß	erfolgt,	kann	
  das	Gericht	Geldbußen	idH von	0,1%	des	BIP	
  verhängen.	



                                                             wien.arbeiterkammer.at
Europarechtliche	und	demokratiepolitische	
Kritik	des	Fiskalpaktes:	Umgehung

 Eine	große	Bandbreite	der	neuen	Instrumente	
 verfügt	über	keinerlei	Rechtsgrundlage	in	der	
 „Europäischen	Verfassung“.

 Ihre	europarechtsfonforme	Einführung	hätte	ein	
 ordentliches	Änderungsverfahren	der	
 „Europäischen	Verfassung“	(Art.	48	EUV)	zur	
 Voraussetzung	gehabt,	welches	die	Beteiligung	und	
 Zustimmung	der	nationalen	Parlamente und	des	
 europäischen	Parlaments	garantiert.	

 Aufgrund	der	Tatsache,	dass	der	FP	als	
 völkerrechtlicher	Vertrag	vorgelegt	wird,	wird	
 dieses	Verfahren und	damit	die	parlamentarische	
 Arena	umgangen.	                                     wien.arbeiterkammer.at
Europarechtliche	und	demokratiepolitische	
   Kritik	des	Fiskalpaktes:	Flucht	aus	der	
   europäischen	Verfassung		
Aufgrund	seines	völkerrechtlichen	Charakters	umgeht	der	FP	
demokratische	und	rechtsstaatliche	Garantien	der	Verfassung


    Europäische	Verfassung:
       Parlamentarische
        Kontrolle
       Unabhängige
        gerichtliche Kontrolle
       Kompetenzordnung                Fiskalpakt	als	
       Achtung von Grund-              völkerrechtlicher	
        und Menschenrechte              Vertrag




                                                             wien.arbeiterkammer.at
Eine	unkontrollierte	Exekutive	durch	die	
Beleihung	außerhalb	des	Europarecht


  Während	das	Europarecht	eine	Beleihung	des	EuGH	
  zur	Beilegung	von	Streitigkeiten	außerhalb	des	EUR	
  in	gewissem	Ausmaß	noch	vorsieht	(Art.	273	EUV),	ist	
  die	Beleihung	der	Kommission	unzulässig.	

  Die	Kommission	kann	im	Haus	des	Fiskalpaktes	
  nicht	am	Maßstab	des	EUR	gemessen	werden:	Sie	ist	
  damit	eine	mächtige	Exekutive	ohne	demokratische	
  und	rechtliche	Kontrolle.




                                                          wien.arbeiterkammer.at
Europarechtliche	und	demokratiepolitische	
Kritik	des	Fiskalpaktes:	Bruch	des	
Europarechts

 Mit	der	Unterzeichnung	und	der	Ratifizierung	des	
 Fiskalpakts	verletzten	die	Mitgliedstaaten	die	
 Europäische	Verfassung.	

 Das	Europarecht	verpflichtet	die	EU	und	die	
 Mitgliedstaaten	zur	Achtung	von	Demokratie	und	
 Rechtsstaatlichkeit	(Art.	2	EUV).

 Die	Mitgliedstaaten	sind	verpflichtet,	alle	
 Maßnahmen,	welche	die	Verwirklichung	der	Ziele	
 der	Union	gefährden	könnten,	zu	unterlassen	
 (Art.	4	Abs.	2	EUV).

                                                     wien.arbeiterkammer.at
Austerität	leichter	durch	völkerrechtlichen	
Vertrag	durchsetzbar?


  Die	Beschlussfassung	des	FP	unter	Vermeidung	des	
  eigentlich	notwendigen	ordentlichen	
  Vertragsänderungsverfahrens,	legt	nahe,	dass	die	
  Fortsetzung	der	neoliberalen	Krisenbearbeitung	nur	
  durch	eine	Durchbrechung	formaler	Demokratie	
  möglich	ist.	

  Ein	Hinweis	für	diese	Annahme	findet	sich	durch	einen	
  Vergleich	der	Ratifizierungsverfahren:	Die	
  Anforderungen	an	einen	völkerrechtlichen	Vertrag	
  sind	geringer:	z.	B.	Irish Supreme	Court	1987:	
  „amendment to European	Treaties“	nur	durch	zwingende	
  Volksabstimmung;	Österreichische	und	dt.	
  Bundesverfassung.			
                                                           wien.arbeiterkammer.at
Teile	und	herrsche?



 Der	Fiskalpakt	folgt	der	Strategie	von	„teile	und	
 herrsche“.	Im	Gegensatz	zum	ordentlichen	
 Vertragsänderungsverfahren	reichen	schon	12	
 Vertragsparteien	aus,	damit	der	FP	zwischen	
 diesen	Parteien	in	Kraft	tritt (Art	14	Abs.	2	FP).	

 Weiterer	Anreiz	zur	Ratifizierung	des	Vertrages	
 gegen	demokratische	Mehrheiten:	Ratifizierung	
 und	Einhaltung	des	Vertrages	ist	Voraussetzung,	
 um	aus	dem	ESM Mittel	zu	erhalten	(Erwg.	25	FP).



                                                       wien.arbeiterkammer.at
Versteinerung	durch	internationales	Recht	–
Austerität	und	Neoliberalismus	für	immer?


Der	Fiskalpakt enthält keine Bestimmungen über seine	Beendigung
“a	Treaty	which	contains	no	provision	regarding	its	
termination	and	which	does	not	provide	for	denunciation	or	
withdrawal	is	not	subject	to	denunciation”	(Art.	56,	para.	1	
Vienna	Convention	of	the	Law	of	Treaties).


Deutsche	Kanzlerin Angela	Merkel:	“It	is	about	inserting	debt	
brakes	permanently	in	the	national	legal	systems.	They	shall	
possess	a	binding	and	eternal	validity!”

                                                           wien.arbeiterkammer.at
Euroraum
                                                    2012/2016
               Simulation der Auswirkungen des Fiskalpaktes von
                                          Stephan Schulmeister


                                         Fiskalpakt   Eurobonds


BIP                                             0.5       1.3
Brutto-Investitionen                            0.5       2.3
                   1
Arbeitslosenquote )                            11.4      10.3
Inflation                                       0.4       2.0
                            1
Budgetsaldo in % des BIP )                      0.6      -1.8
                       1
Staatsschuldenquote )                          88.3      87.2
                                     1
Leistungsbilanz in % des BIP )                  0.8      -0.3
1)   Absolut
                                35                              18.06.2012
Neoliberale	Sparprogramme	=	EU	der	Wenigen	
       statt	Europa	der	Vielen…	


                                                                 2009-2011




Quelle:	Paul	Krugman	(http://krugman.blogs.nytimes.com/2012/04/24/austerity‐and‐growth‐again‐
wonkish/).
                                                                                                wien.arbeiterkammer.at
Wegbrechender	Konsens	führt	zu	einer	
Rückkehr	des	Neoliberalismus	zu	
seinen	autoritären	Wurzeln
 Der	Siegeszug	des	Neoliberalismus	ab	Ende	der	1970er	als	
 konstruktives	Projekt,		das		sich	als	politisch‐ökonomisches	
 Modell	konsensual in	den	Köpfen	der	Menschen	verankern	
 konnte,	verschleiert	seine	autoritären	Wurzeln.


 Entstehungsgeschichte:		Krise	1929ff	und	ihre	Vorläufer	
 führen	zu	einer	Delegitimierung des	„Laissez‐Faire“‐
 Liberalismus;	ArbeiterInnen‐ und	Gewerkschaftsbewegung	
 fordern	Demokratisierung	der	Wirtschaft.	Gegen	diese	
 Hintergrund	wird	der	„neue“	Liberalismus	entwickelt:	
 Starker	Staat	zur	Abwehr	der	Demokratisierung.
                                                                 wien.arbeiterkammer.at
Die	Wiederkehr	des	autoritären	
Liberalismus?	– Hermann	Heller

 „[D]er	ungefähre	Inhalt	des	autoritären	Liberalismus	
 [kennzeichnet	sich	durch]:	Rückzug	des	autoritären	Staates	aus	
 der	Sozialpolitik,	Entstaatlichung	der	Wirtschaft	und	
 diktatorische	Verstaatlichung	der	politisch‐geistigen	
 Funktionen.	Autoritär	und	stark	muß solcher	Staat	sein,	weil	
 er,	nach	Schmitts	durchaus	glaubwürdiger	Versicherung,	nur	er	
 die	übertriebenen	Verbindungen	zwischen	Staat	und	
 Wirtschaft	zu	lösen	vermag.	Sicherlich!	Denn	in	
 demokratischen	Formen	würde	[die	Bevölkerung]	diesen	
 neoliberalen	Staat	nicht	lange	ertragen.“	(Hermann	Heller,	
 1930)
                                                                   wien.arbeiterkammer.at
Die	Wiederkehr	des	autoritären	
Liberalismus?	– Carl	Schmitt

 Carl	Schmitt:	Allein	Notverordnungen,	Formen	der	
 kommissarischen	Regierung	und	staatliches	Handeln	außerhalb	
 der	Verfassung	könne	in	der	spätestens	1929	einsetzenden	
 Vielfachkrise	„Dauer,	Kontinuität	und	Stabilität“ vor	dem	
 Ansturm	der	„besitzlosen	Massen“	retten:	„Wir	brauchen	
 erst	einen	starken	handlungsfähigen,	seinen	großen	
 Aufgaben	gewachsenen	Staat.	Haben	wir	ihn,	so	können	wir	
 neue	Einrichtungen,	neue	Institutionen,	neue	Verfassungen	
 schaffen.“
      Carl	Schmitt,	Starker	Staat	und	gesunde	Wirtschaft	–
      Rede	vor	westfälischen	Industriellen	(Langnam Verein),	1930)
                                                                     wien.arbeiterkammer.at
Die	Wiederkehr	des	autoritären	
Liberalismus?	– Alexander	Rüstow

 Alexander	Rüstow:	"Der	neue	Liberalismus	[...]	fordert	einen	
 starken	Staat,	einen	Staat	oberhalb	der	Wirtschaft,	oberhalb	
 der	Interessen.	[...]	wer	sich	zu	diesem	starken	Staat	bekennt,	
 muss	liberale	Wirtschaftspolitik	wollen,	und	wer	liberale	
 Wirtschaftspolitik		für	richtig	hält	,	muss	den	starken	Staat	
 wollen.	Eines	bedingt	das	andere."
      Alexander	Rüstow,	Interessenpolitik	oder	Staatspolitik,	

      Der	deutsche	Volkswirt	1932,	172	




                                                                    wien.arbeiterkammer.at
Rechter	Chauvinismus	(Glaube	an	die	Überlegenheit	der	
eigenen	Gruppe)	als	Mittel	in	der	Krise	um	von	der	
zentrale	Konfliktachse	abzulenken

  Um	von	den	wahren	Ursachen	der	Krise	abzulenken,	finden	
  zunehmend	chauvinistische	Aussagen	Eingang	in	die	„offizielle	
  Sprache“	‐>	zB „PIGS“	oder	„Clubmed“;	„Wir	Deutschen	haben	
  unsere	Hausaufgaben	gemacht.“	
  Rechtsextreme	Wahlerfolge	in	Frankreich,	Ungarn,	Griechenl.
  Analyse	der	entsprechenden	Partei‐Programme	ergibt	aber,	dass	
  diese	Parteien	in	ihrer	wirtschaftspolitischen	Ausrichtung	die	
  neoliberale	Integrationsweise		der	EU	unterstützen
  Sündenböcke	und	der	Hass	gegen	„das	andere“	als	neue	Quelle	
  von	Konsens?	




                                                                    wien.arbeiterkammer.at
„Zurück	zum	Nationalstaat“	– eine	gewerkschaftliche	
Strategie?

  Europäische	Wirtschaft	und	ihre	Produktionsketten	sind	
  derart	transnationalisiert,	dass	dies	massive	Folgen für	die	
  österreichische	Wirtschaft	hätte.	


  Letzter	Versuch	von	„Sozialstaat	in	einem	Land“:	Francois	
  Mitterand	1981:	„projet socialiste“	aufgrund	des	Fehlens	einer	
  europäischen	Strategie	gescheitert.


  Europa	ist	der	richtige	Rahmen	um	ein	emanzipatives	Projekt	
  nach	innen	zu	verteidigen	und	eine	andere	
  Weltwirtschaftspolitik	nach	außen	durchzusetzen	(zB
  Wirtschaftsmacht,	Außenhandelsquote,…)	
                                                                    wien.arbeiterkammer.at
Europa	neu	begründen!	Zwei	Initiativen	für	ein	
demokratisches,	soziales	und	ökologisches	Europa	der	
Vielen

  „Demokratie	statt	Fiskalpakt!	– Krisenlösung	und	Europa	
  gehen	nur	ganz	anders“ – Aufruf	der	Assoziation	für	kritische	
  Gesellschaftsforschung	von	Anfang	März	2012:	
  http://www.demokratie‐statt‐fiskalpakt.org/


  „Europa	neu	begründen!	Den	Marsch	in	den	Ruin	stoppen!	
  Die	Krise	durch	Solidarität	und	Demokratie	bewältigen!“	–
  Aufruf	der	führenden	dt GewerkschafterInnen von	Ende	März	
  2012:	http://www.europa‐neu‐begruenden.de




                                                                   wien.arbeiterkammer.at
Ist	der	derzeitige Rahmen	der	EU	geeignet,	um	ein	Europa	
von	unten	durchzusetzen?	

  Die	notwendige	europäische	Umverteilung	des	Vermögens	im	Wege	der	
  Einführung	von	Finanztransaktionssteuer,	einer	harmonisierten	KöSt und	
  Vermögensteuern	sowie	der	Trockenlegung	von	Steueroasen	bedarf	gemäß	
  der	derzeitigen	Verträge	der	Einstimmigkeit		‐>	möglich?


  Genauso	Einstimmigkeit	oder	überhaupt	eine	Vertragsänderung	
  erfordert:
   Europäische	Zentralbank	als	„Lender of last	Resort“		&	Eurobonds
   Ende	des	Wettbewerbs	der	Rechtsordnungen
   Demokratische	Kontrolle	der	EZB	und	AN‐Geldpolitik
   Einführung	von	Kapitalverkehrskontrollen
   Umfassende	Re‐Regulierung	der	Finanzmärkte
   Europäische	Lohnkoordination


  Vertragsänderung!	Aber	wie?
                                                                            wien.arbeiterkammer.at
Bisheriges	Vertragsänderungsverfahren	oder	Wahl	zu	
einer	verfassungsgebenden	Versammlung?

  Das	ordentliche	Vertragsänderungsverfahren	setzt	voraus,	dass	alle
  Staats‐ und	Regierungschefs	dem	Entwurf	zustimmen ‐>	neoliberale	
  Politik	und	die	ihnen	zugrundeliegenden	Interessen	werden	sich	immer	
  zumindest	durch	einen	Staat	ausdrücken!


  Allgemeine	und	gleiche	Wahlen	zu	einer	Versammlung	für	die	
  Neubegründung	Europas	von	unten?
   Parteien	müssen	sich	bis	dahin	als	echte europäische	Parteien	
  konstituieren	(vertikale	Konfliktachse:	AN‐Interessen statt	„deutsche“,	
  „französische“,	„österreichische“	Interessen)	
   Wahlen	2016	–>	Zeit	für	eine	grenzüberschreitende	und	
  transnationale	Debatte
   Verfassung	muss	auch	neues	Änderungsverfahren	vorsehen	
   Über	das	Ergebnis	finden	in	allen	Ländern	Volksabstimmungen	statt
   2020:	Eine	Europäische	Verfassung	von	unten?
                                                                             wien.arbeiterkammer.at
Lesetipp:	EU‐Infobrief
http://wien.arbeiterkammer.at/infobrief‐bestellen




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Lukas Oberndorfer: "Autokratische Wende in der EU oder soziales und demokratisches Europa der Vielen

  • 2. Fragestellung? Wie kann man die momentanen Krisen‐Prozesse im europäischen Institutionen‐Gefüge verstehen? Verschiebungen erzeugen Bedürfnis für neue Begriffe: „postdemokratischer Exektutivföderalismus“ (Habermas 2011) „autoritäres Krisenregime“ (Urban 2012, IG Metall) Was ist das Gemeinsame dieser Begriffe?: Die Fortsetzung der neoliberalen Politik hat zunehmend nicht mehr die Zustimmung der Bevölkerung: Hegemoniekrise Krise führt zu einer Aufwertung der Exekutive  und zu einer tiefgreifenden Entdemokratisierung Steht ein starker, autoritärer Staat nicht im Widerspruch zum Neoliberalismus? Alternativen für ein soziales, demokratisches und ökologisches Europa? wien.arbeiterkammer.at
  • 3. Verfahrensweise Wie kann man die gegenwärtigen Verschiebungen im europäischen Institutionengefüge erklären? ‐> Gesellschaftlicher Hintergrund: Krise der neoliberalen Hegemonie, was heißt das? In der Economic Governance und im Fiskalpakt bündeln sich zahlreiche Elemente, die es rechtfertigen von einer autokratischen Wende zu sprechen ‐> Schlaglichter auf die Maßnahmen & Kritik Steht ein starker Staat nicht im Widerspruch zum Neoliberalismus? Rückblende: Der Staat in den Debatten des „neuen“ Liberalismus nach der Weltwirtschaftskrise 1929ff Aufruf zu einer Neugründung Europas – Perspektiven eines Europas von unten wien.arbeiterkammer.at
  • 4. Was bedeutet Hegemonie? Hegemonie: Moderne Herrschaft beruht auf Zwang und Konsens Konsens: Beruht auf zwei wesentlichen Säulen  der Etablierung einer Weltauffassung durch Intellektuelle (existierende Werte, neue Sichtweisen und Momente des Alltagsverstandes werden in eine schlüssige Erzählung eingebunden und universalisiert): „psychologische Beeinflussung und politische Erziehung“ (Franz Böhm)  materielle Zugeständnisse an die arbeitende Bevölkerung (Umverteilung, Sozialsystem,…) Neoliberale Hegemonie ab Mitte der 1980ziger Jahre wien.arbeiterkammer.at
  • 5. Welche neoliberalen Denkweisen konnten sich im Rahmen der EU in Form von Projekten realisieren? ‐> wie ist die neoliberale Hegemonie entstanden? „Nicht die Nachfrage ist das Problem kapitalistischer Entwicklung sondern die Angebotsseite“: ‐> Binnenmarktprojekt ab 1985 dient der Flexibilisierung und Deregulierung der Arbeits‐, Produkt‐ und Dienstleistungsmärkte (zentrales Moment Wettbewerb der Rechtsordnungen). „Offene und deregulierte Kapitalmärkte führen zu einer `optimalen Allokation´ des Kapitals“ ‐> Abschaffung der Kapitalverkehrskontrollen und Deregulierung der Finanzmärkte (Kapitalverkehrs‐RL 1988; Vertrag von Maastricht 1992: „unmittelbare Anwendbarkeit der Kapitalverkehrsfreiheit“) „Allein eine unabhängige Geld‐ und Währungspolitik kann sicherstellen, dass diese nicht den Interessen der `Massen´ anheim fällt“ ‐> Wirtschafts‐ und Währungsunion (WWU): Unabhängige Zentralbank setzt Hochzinspolitik durch; gemeinsame Währung nimmt die Chance zur äußeren Abwertung; offene Märkte fokussieren Sparpolitik auf (Sozial‐)Ausgaben. wien.arbeiterkammer.at
  • 6. Neoliberale Denkweise: Zwischen marktkonformer Demokratie und Autokratie "Die Durchsetzung allgemeiner Spielregeln einer liberalen Wettbewerbsordnung scheint […] am ehesten dort verlässliche Hüter zu finden, wo Pflichten Organen anvertraut sind, die (wie die Europäische Zentralbank) weniger Zielabwägungen zu treffen oder (wie die Kommission) weniger Rücksichten auf Wahlrestriktionen zu nehmen haben als politische Parteien.“ Michael Wohlgemuth, Einheit in Vielfalt – Fünfzig Jahre europäische Ordnungspolitik, FAZ v. 17.3.2007, 11 wien.arbeiterkammer.at
  • 7. Verschiebung eines Politikfeldes ist Ergebnis von Interessen und strategisch handelnden Akteuren und nicht ein Match EU gegen Österreich Strategisch handelnde Akteure mit entsprechenden Interessen Europäische (nationale Staatsapparate [zB Staatlichkeit Finanzministerien], transnationale Investoren, Geldvermögensbesitzer, die Kommission,…) verschieben u. a. die Wirtschafts‐ und Währungspolitik auf die europäische Ebene, weil sie sich davon eine Nationalstaat erleichterte Durchsetzung ihrer Interessen erwarten wien.arbeiterkammer.at
  • 8. Weltwirtschaftskrise: beschleunigte Auflösung der Hegemonie der neoliberalen Integrationsweise der EU Ausstrahlungskraft der im Rahmen der EU realisierten neoliberalen Projekte (WWU, Binnenmarkt,…) ist gesunken. (Bieling 2000: Hegemonie wird durch „Projekte“ errungen, die sich als „im Allgemeininteresse stehende Lösung drängender, sozialer und volkswirtschaftlicher und politischer Probleme darstellen“ können). Krisenkosten führen zu einem kleiner gewordenen Spielraum für „materielle Zugeständnisse“ ‐> Konsens für neoliberale Integrationsweise der EU bröckelt (Vorläufer: Soziale Auseinandersetzungen ab Ende der 1990er). wien.arbeiterkammer.at
  • 9. Anzeichen für Hegemoniekrise in Europa Ebene der Meinungsbildung: Absetzbewegungen der Intellektuellen  „Die Linke könnte recht haben“ (Charles Moore 2011, Biograph von Thatcher)  „Es ist zu spüren, dass etwas zu Ende geht und etwas Neues beginnt.“ (Fleischhacker 2011).  „Man kann durchaus sagen, dass das kapitalistische System in seiner jetzigen Form nicht mehr in die heutige Welt passt.“ (Schwab 2012) Politisch: Widersprüche und „Streit“ im europäischen Institutionengefüge Demoskopisch?: 88% der Deutschen f. „neue Wirtschaftsordnung“ (Emnid); nur noch 41% der Ö halten „freie Marktwirtschaft für das beste System“ Soziale Auseinandersetzungen im Vergleich zu Maastricht: Spanien, Griechenland, Großbritannien, aber auch Osteuropa: gerade jene Ländern mit den härtesten Sparmaßnahmen wien.arbeiterkammer.at
  • 10. Zur radikalisierten Fortsetzung des „Weiter wie bisher“ wird der wegbrechende Konsens zunehmend durch Zwang ersetzt Zwang und Aussetzung von Grund‐ und Menschenrechten auf der nationalstaatlichen Maßstabsebene:  Direkt repressive Maßnahmen gegen soziale Bewegungen: Aufhebung der Versammlungsfreiheit, „Gewerkschaften führen Krieg“ in GR; „was immer die Polizei benötigt“ Cameron/GB; ES: Aufruf zu Blockade und Besetzung strafbar: „die Leute müssen mehr Angst vor dem System haben und deshalb nicht mehr so wagemutig sind„  Angriff auf den Flächenkollektivertrag : ES, GR, PT, IT („Die Gewerkschaften werden fallen wie die Berliner Mauer“) Economic Governance und Fiskalpakt: Verrechtlichung von Austerität und „Ausgleich“ der ungleiche Entwicklung durch „innere Abwertung“ ‐> Umgehung rechtsstaatlicher und Durchbrechung formaldemokratischer Garantien wien.arbeiterkammer.at
  • 12. Economic Governance und Fiskalpakt  Economic Governance („six pack“); fünf Verordnungen und eine RL (beschlossen im Herbst 2011) zur Verschärfung des Stabilitäts‐ und Wachstumspaktes; Schaffung eines Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten  Fiskalpakt: Völkerrechtlicher Vertrag außerhalb des Europarechts (Umgehung selbst der geringen demokratischen und rechtsstaatlichen Garantien des EUR) der im Laufe von 2012 ratifiziert werden soll – Einführung einer „europäischen Schuldenbremse“ ‐> Nichteinhaltung: automatischer Korrekturmechanismus (ohne Beteiligung der Parlamente).
  • 13. VO über die wirksame Durchsetzung der Entwicklung der haushaltspolitischen Überwachung im Rechtsgrundlage für die Bestimmungen für die Euroraum, KOM (2010) 524 Wirtschafts‐ und MS deren Währung der Euro ist, Art 136 AEUV VO über Durchsetzungsmaßnahmen Währungspolitik der EU zur Korrektur übermäßiger Ungleichgewichte im Euroraum, KOM (2010) 525 Präventive Komponente Vertrag von Lissabon Verschärfung der VO VO über die (Begrenzung des haushaltspolitische Wachstums der Überwachung & Ausgaben), KOM(2010) Koordinierung der 526 Wirtschaftspolitik Koordinierung der (1466/97/EG) Wirtschaftspolitik, Art VO über die Vermeidung 121 AEUV und Korrektur makroökonomischer Vertrag von Maastricht Ungleichgewichte (KOM(2010) 527) VO über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei Verfahren zur einem übermäßigen Defizit Verschärfung der VO , Vermeidung eines (1467/97/EG) KOM(2010) 522 übermäßigen Defizits, Art 126 AEUV Korrektive Legende: Komponente Vertrag von Maastricht 1993 RL über die Stabilitäts‐ und Wachstumspakt 1997 Anforderungen an die Vertrag von Lissabon 2009 haushaltspolitischen Entwurf für Econonomic Governance Protokoll (Nr.12) über Rahmen der MS, KOM das Verfahren bei einem (2010) 523 Abkürzungen: übermäßigen Defizit VO ‐> Verordnung RL –> Richtlinie KOM ‐> Kommission üD ‐> übermäßiges Defiziz üUGG ‐> übermäßiges Ungleichgewicht Lukas Oberndorfer wien.arbeiterkammer.at
  • 14. Neues Verfahren über die Vermeidung und Korrektur makroökonomische Ungleichgewichte = Verfahren zur wettbewerblichen Restrukturierung  Entwendung eines Begriffes: Ungleiche Entwicklung nicht als Charakteristik des Kapitalismus sondern als Ergebnis mangelnder Wettbewerbsfähigkeit (Produktivität/Löhne)  Völlig unbestimmte Verordnung: Nach welchen Indikatoren wird übermäßiges Ungleichgewicht festgestellt?: „Das Scoreboard setzt sich aus einer Reihe makroökonomischer […] Indikatoren für die MS zusammen“ (Art 3 Abs 2) ‐> KOM möchte Höhe der Löhne zu zentralem Indikator  Rolle der Exekutive: Zur Überprüfung, „stellt die KOM nach Anhörung der MS als Richtschnur ein Scoreboard auf“ (Art 3 Abs 1) ‐> de facto entscheidet der exekutive europäische Staatsapparat über zentrale Indikatoren der Wirtschaftspolitik
  • 15. Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung des Verfahrens der wettbewerblichen Restrukturierung (VO über Durchsetzungsmaßnahmen, KOM (2010) 525)  Einführung einer jährlichen Geldbuße in der Höhe von 0,1% des BIP des MS (Art 3 Abs 2)  Beim Beschluss aller Sanktionen soll der Kommission eine privilegierte Stellung (Reverse Majority Voting) eingeräumt werden: „Wird der Beschluss nicht innerhalb von zehn Tagen nach der Annahme durch die Kommission vom Rat mit qualifizierter Mehrheit abgelehnt , so gilt er als vom Rat angenommen.“ (siehe zB Art 3 Abs 1, letzter Satz) ‐> Zentrale Maßnahmen der Economic Governance rechtswidrig?
  • 16. VO über die wirksame Durchsetzung der Entwicklung der haushaltspolitischen Überwachung im Rechtsgrundlage für die Bestimmungen für die Euroraum, KOM (2010) 524 Wirtschafts‐ und MS deren Währung der Euro ist, Art 136 AEUV VO über Durchsetzungsmaßnahmen Währungspolitik der EU zur Korrektur übermäßiger Ungleichgewichte im Euroraum, KOM (2010) 525 Präventive Komponente Vertrag von Lissabon VO über die Entwurf zur haushaltspolitische Verschärfung der VO, Überwachung & KOM(2010) 526 Koordinierung der Wirtschaftspolitik Koordinierung der (1466/97/EG) Wirtschaftspolitik, Art VO über die Vermeidung 121 AEUV und Korrektur makroökonomischer Vertrag von Maastricht Ungleichgewichte (KOM(2010) 527) VO über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei Verfahren zur einem übermäßigen Defizit Entwurf zur Vermeidung eines (1467/97/EG) Verschärfung der VO , übermäßigen Defizits, KOM(2010) 522 Art 126 AEUV Korrektive Komponente RL über die Legende: Anforderungen an die Vertrag von Maastricht 1993 haushaltspolitischen Stabilitäts‐ und Wachstumspakt 1997 Protokoll (Nr.12) über Rahmen der MS, KOM Vertrag von Lissabon 2009 das Verfahren bei einem (2010) 523 Entwurf für Econonomic Governance übermäßigen Defizit Abkürzungen: VO ‐> Verordnung RL –> Richtlinie KOM ‐> Kommission üD ‐> übermäßiges Defiziz üUGG ‐> übermäßiges Ungleichgewicht Lukas Oberndorfer, Abteilung EU & Internationales wien.arbeiterkammer.at
  • 17. Die Europäischen Verträge sehen weder Zwangsstrafen noch Entscheidungsmacht der Kommission vor  Verordnungsvorschläge „Sanktionen“ nach 121 sehen erstmals Abs 4 Vertrag über die Geldbußen für Arbeitsweise der EU makroökonomische (AEUV) : WP ist mit den Ungleichgewichte vor, „Grundzügen“ nicht die de facto durch die vereinbar oder gefährdet Kommission verhängt das Funktionieren der werden können. WWU: Rat „kann“ Empfehlungen an MS richten und eine Veröffentlichung beschließen.
  • 18. Der Fiskalpakt – Fahrplan der Erarbeitung & Beschlussfassung 9.12.2011: Einigung auf Erarbeitung 16.12.2011: Erster Entwurf Erarbeitung in 31.01.2012: Akkordierung der Endfassung nur 3 Monaten 2.03.2012: Unterzeichnung durch 25 Staats‐ und Regierungschefs Ratifizierung im Laufe des Jahres 2012 Beschlussfassung im NR Herbst 2012 wien.arbeiterkammer.at
  • 19. Substanz des Fiskalpakts: Schuldenbremse Vertragsparteien verpflichten sich zur Einführung einer „Europäischen Schuldenbremse“, welche ein Nulldefizit vorsieht (Art. 3 Abs. 1 lit. a FP) Diese Vorschrift soll noch als erfüllt gelten, wenn das mittelfristige Haushaltsziel im Sinne der Economic Governance eingehalten wird. Allerdings definiert der Fiskalpakt einen wesentlich engeren Korridor für das mHZ: nicht mehr ‐1% sondern allein ‐0,5% des BIP sind zulässig (Art. 3 Abs. 1 lit. b FP). wien.arbeiterkammer.at
  • 20. Substanz des Fiskalpaktes: Schuldenabbauregel Jene Parteien deren Gesamtschuldenstand über 60% liegt, müssen den Differenzbetrag zum Schwellenwert um jährlich 1/20 reduzieren (Art. 4 FP) 1/20 a year BIP 60 % Fiskalpakt wien.arbeiterkammer.at
  • 21. Automatischer Austeritätsmechanismus Bei Nichteinhaltung der europäischen Schuldenbremse, wird automatisch (ohne Beteiligung der Parlamente) ein „Korrekturmechanismus“ ausgelöst. Die genaue Gestalt des Austeritätsmechanismus bleibt im FP vollkommen unbestimmt (die VP sind verpflichtet „Maßnahmen zu ergreifen, um die Abweichungen innerhalb eines festgelegten Zeitraumes zu korrigieren.“ Art. 3 Abs. 1 lit. e FP) wien.arbeiterkammer.at
  • 22. Genehmigung von Strukturreformprogrammen durch Kommission und Rat: Sobald eine Vertragspartei „Gegenstand eines Defizitverfahrens ist“ (wie derzeit auch Ö) verpflichtet sie sich ein Haushaltsprogramm mit „detaillierten Strukturreformen“ vorzulegen. Diese Programme werden durch Rat und Kommission (Exekutive) genehmigt, wie ihre Umsetzung durch diese Organe überwacht wird (Art. 5 FP). wien.arbeiterkammer.at
  • 23. Verpflichtung zur Verankerung in den nationalstaatlichen Rechtsordnungen Neue Instrumente müssen in den nationalen Rechtsordnungen „durch verbindliche und dauerhafte – vorzugsweise verfassungsrechtliche – Bestimmungen“ verankert werden (Art. 3 Abs. 2). Obwohl der Austeritätsmechanismus völlig unbestimmt ist, wird die Kommission zur Konkretisierung berufen: Sie soll „insbesondere Art, Umfang und Zeitrahmen der zu ergreifenden Korrekturmaßnahmen“ und die „Rolle und die Unabhängigkeit der auf einzelstaatlicher Ebene für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften zuständigen Institutionen“ festlegen (Art. 3 Abs. 2 FP). wien.arbeiterkammer.at
  • 24. Der Austeritätsmechanismus ein Trojanisches Pferd für die Demokratie? Aufgrund der Tatsache, dass der „automatische Korrekturmechanismus“ im FP völlig unbestimmt bleibt, wird eine Reihe von Instrumenten möglich: Automatische Reduktion öffentlicher Ausgaben Entsprechende Erhöhung indirekter Steuern Sonderkonto nach griechischem Muster Nach der Ratifizierung verlieren die Parlamente ihr demokratisches Kontrollrecht: De jure ist allein die Kommission verantwortlich den Austeritätsmechanismus zu definieren. wien.arbeiterkammer.at
  • 25. Pläne der Kommission geleakt (Handelsblatt v. 23.5.2012 berichtet über durchgesickerten Entwurf zum Korrekturmechanismus) Bund muss kontrollieren, dass Länder nicht vom Schuldenabbaupfad abweichen. Dt. Länder müssen nachbessern, weil ihre derzeitigen Programme unzureichend sind. „Außerdem verlangt die Kommission einen von allen Institutionen – auch dem Parlament – unabhängigen Stabilitätsrat. Obwohl das Haushaltsrecht wichtigstes Recht des Parlaments ist, dürften diese nur ihre Meinung sagen.“ Stabilitätsrat muss jede Abweichung vom vereinbarten Schuldenabbaupfad ahnden können. wien.arbeiterkammer.at
  • 26. Auch Einleitung des Defizitverfahrens de facto allein durch die europäische Exekutive Auch die Einleitung eines Defizitverfahrens wird allein der Kommission unterstellt: Schon durch das Six‐Pack haben die Mitgliedstaaten de facto allein der Kommission das Recht gegeben Sanktionen zu verhängen (sog Reverse Majority Rule). Jedoch konnten sie mit ihrer Stimme kontrollieren, ob überhaupt ein Defizitverfahren eingeleitet wird. Spätestens an diesem Punkt: Eingriff in die österreichische Verfassung. wien.arbeiterkammer.at
  • 27. Scharfe gerichtliche Kontrolle der Umsetzung der neuen Instrumente Die Umsetzung der neuen Austeritätsinstrumente wird der Kontrolle des EuGH unterworfen. Die Kommission überwacht die Vertragsparteien in der Umsetzung der neuen Instrumente. Stellt sie einen Verstoß fest, „rufen eine oder mehrere Vertragsparteien den Gerichtshof der Europäischen Union an.“ (Art. 8 Abs. 2 FP) Wenn die Umsetzung nicht ordnungsgemäß erfolgt, kann das Gericht Geldbußen idH von 0,1% des BIP verhängen. wien.arbeiterkammer.at
  • 28. Europarechtliche und demokratiepolitische Kritik des Fiskalpaktes: Umgehung Eine große Bandbreite der neuen Instrumente verfügt über keinerlei Rechtsgrundlage in der „Europäischen Verfassung“. Ihre europarechtsfonforme Einführung hätte ein ordentliches Änderungsverfahren der „Europäischen Verfassung“ (Art. 48 EUV) zur Voraussetzung gehabt, welches die Beteiligung und Zustimmung der nationalen Parlamente und des europäischen Parlaments garantiert. Aufgrund der Tatsache, dass der FP als völkerrechtlicher Vertrag vorgelegt wird, wird dieses Verfahren und damit die parlamentarische Arena umgangen. wien.arbeiterkammer.at
  • 29. Europarechtliche und demokratiepolitische Kritik des Fiskalpaktes: Flucht aus der europäischen Verfassung Aufgrund seines völkerrechtlichen Charakters umgeht der FP demokratische und rechtsstaatliche Garantien der Verfassung Europäische Verfassung:  Parlamentarische Kontrolle  Unabhängige gerichtliche Kontrolle  Kompetenzordnung Fiskalpakt als  Achtung von Grund- völkerrechtlicher und Menschenrechte Vertrag wien.arbeiterkammer.at
  • 30. Eine unkontrollierte Exekutive durch die Beleihung außerhalb des Europarecht Während das Europarecht eine Beleihung des EuGH zur Beilegung von Streitigkeiten außerhalb des EUR in gewissem Ausmaß noch vorsieht (Art. 273 EUV), ist die Beleihung der Kommission unzulässig. Die Kommission kann im Haus des Fiskalpaktes nicht am Maßstab des EUR gemessen werden: Sie ist damit eine mächtige Exekutive ohne demokratische und rechtliche Kontrolle. wien.arbeiterkammer.at
  • 31. Europarechtliche und demokratiepolitische Kritik des Fiskalpaktes: Bruch des Europarechts Mit der Unterzeichnung und der Ratifizierung des Fiskalpakts verletzten die Mitgliedstaaten die Europäische Verfassung. Das Europarecht verpflichtet die EU und die Mitgliedstaaten zur Achtung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit (Art. 2 EUV). Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten, zu unterlassen (Art. 4 Abs. 2 EUV). wien.arbeiterkammer.at
  • 32. Austerität leichter durch völkerrechtlichen Vertrag durchsetzbar? Die Beschlussfassung des FP unter Vermeidung des eigentlich notwendigen ordentlichen Vertragsänderungsverfahrens, legt nahe, dass die Fortsetzung der neoliberalen Krisenbearbeitung nur durch eine Durchbrechung formaler Demokratie möglich ist. Ein Hinweis für diese Annahme findet sich durch einen Vergleich der Ratifizierungsverfahren: Die Anforderungen an einen völkerrechtlichen Vertrag sind geringer: z. B. Irish Supreme Court 1987: „amendment to European Treaties“ nur durch zwingende Volksabstimmung; Österreichische und dt. Bundesverfassung. wien.arbeiterkammer.at
  • 33. Teile und herrsche? Der Fiskalpakt folgt der Strategie von „teile und herrsche“. Im Gegensatz zum ordentlichen Vertragsänderungsverfahren reichen schon 12 Vertragsparteien aus, damit der FP zwischen diesen Parteien in Kraft tritt (Art 14 Abs. 2 FP). Weiterer Anreiz zur Ratifizierung des Vertrages gegen demokratische Mehrheiten: Ratifizierung und Einhaltung des Vertrages ist Voraussetzung, um aus dem ESM Mittel zu erhalten (Erwg. 25 FP). wien.arbeiterkammer.at
  • 34. Versteinerung durch internationales Recht – Austerität und Neoliberalismus für immer? Der Fiskalpakt enthält keine Bestimmungen über seine Beendigung “a Treaty which contains no provision regarding its termination and which does not provide for denunciation or withdrawal is not subject to denunciation” (Art. 56, para. 1 Vienna Convention of the Law of Treaties). Deutsche Kanzlerin Angela Merkel: “It is about inserting debt brakes permanently in the national legal systems. They shall possess a binding and eternal validity!” wien.arbeiterkammer.at
  • 35. Euroraum  2012/2016 Simulation der Auswirkungen des Fiskalpaktes von Stephan Schulmeister Fiskalpakt Eurobonds BIP 0.5 1.3 Brutto-Investitionen 0.5 2.3 1 Arbeitslosenquote ) 11.4 10.3 Inflation 0.4 2.0 1 Budgetsaldo in % des BIP ) 0.6 -1.8 1 Staatsschuldenquote ) 88.3 87.2 1 Leistungsbilanz in % des BIP ) 0.8 -0.3 1) Absolut 35 18.06.2012
  • 36. Neoliberale Sparprogramme = EU der Wenigen statt Europa der Vielen… 2009-2011 Quelle: Paul Krugman (http://krugman.blogs.nytimes.com/2012/04/24/austerity‐and‐growth‐again‐ wonkish/). wien.arbeiterkammer.at
  • 37. Wegbrechender Konsens führt zu einer Rückkehr des Neoliberalismus zu seinen autoritären Wurzeln Der Siegeszug des Neoliberalismus ab Ende der 1970er als konstruktives Projekt, das sich als politisch‐ökonomisches Modell konsensual in den Köpfen der Menschen verankern konnte, verschleiert seine autoritären Wurzeln. Entstehungsgeschichte: Krise 1929ff und ihre Vorläufer führen zu einer Delegitimierung des „Laissez‐Faire“‐ Liberalismus; ArbeiterInnen‐ und Gewerkschaftsbewegung fordern Demokratisierung der Wirtschaft. Gegen diese Hintergrund wird der „neue“ Liberalismus entwickelt: Starker Staat zur Abwehr der Demokratisierung. wien.arbeiterkammer.at
  • 38. Die Wiederkehr des autoritären Liberalismus? – Hermann Heller „[D]er ungefähre Inhalt des autoritären Liberalismus [kennzeichnet sich durch]: Rückzug des autoritären Staates aus der Sozialpolitik, Entstaatlichung der Wirtschaft und diktatorische Verstaatlichung der politisch‐geistigen Funktionen. Autoritär und stark muß solcher Staat sein, weil er, nach Schmitts durchaus glaubwürdiger Versicherung, nur er die übertriebenen Verbindungen zwischen Staat und Wirtschaft zu lösen vermag. Sicherlich! Denn in demokratischen Formen würde [die Bevölkerung] diesen neoliberalen Staat nicht lange ertragen.“ (Hermann Heller, 1930) wien.arbeiterkammer.at
  • 39. Die Wiederkehr des autoritären Liberalismus? – Carl Schmitt Carl Schmitt: Allein Notverordnungen, Formen der kommissarischen Regierung und staatliches Handeln außerhalb der Verfassung könne in der spätestens 1929 einsetzenden Vielfachkrise „Dauer, Kontinuität und Stabilität“ vor dem Ansturm der „besitzlosen Massen“ retten: „Wir brauchen erst einen starken handlungsfähigen, seinen großen Aufgaben gewachsenen Staat. Haben wir ihn, so können wir neue Einrichtungen, neue Institutionen, neue Verfassungen schaffen.“ Carl Schmitt, Starker Staat und gesunde Wirtschaft – Rede vor westfälischen Industriellen (Langnam Verein), 1930) wien.arbeiterkammer.at
  • 40. Die Wiederkehr des autoritären Liberalismus? – Alexander Rüstow Alexander Rüstow: "Der neue Liberalismus [...] fordert einen starken Staat, einen Staat oberhalb der Wirtschaft, oberhalb der Interessen. [...] wer sich zu diesem starken Staat bekennt, muss liberale Wirtschaftspolitik wollen, und wer liberale Wirtschaftspolitik für richtig hält , muss den starken Staat wollen. Eines bedingt das andere." Alexander Rüstow, Interessenpolitik oder Staatspolitik, Der deutsche Volkswirt 1932, 172 wien.arbeiterkammer.at
  • 41. Rechter Chauvinismus (Glaube an die Überlegenheit der eigenen Gruppe) als Mittel in der Krise um von der zentrale Konfliktachse abzulenken Um von den wahren Ursachen der Krise abzulenken, finden zunehmend chauvinistische Aussagen Eingang in die „offizielle Sprache“ ‐> zB „PIGS“ oder „Clubmed“; „Wir Deutschen haben unsere Hausaufgaben gemacht.“ Rechtsextreme Wahlerfolge in Frankreich, Ungarn, Griechenl. Analyse der entsprechenden Partei‐Programme ergibt aber, dass diese Parteien in ihrer wirtschaftspolitischen Ausrichtung die neoliberale Integrationsweise der EU unterstützen Sündenböcke und der Hass gegen „das andere“ als neue Quelle von Konsens? wien.arbeiterkammer.at
  • 42. „Zurück zum Nationalstaat“ – eine gewerkschaftliche Strategie? Europäische Wirtschaft und ihre Produktionsketten sind derart transnationalisiert, dass dies massive Folgen für die österreichische Wirtschaft hätte. Letzter Versuch von „Sozialstaat in einem Land“: Francois Mitterand 1981: „projet socialiste“ aufgrund des Fehlens einer europäischen Strategie gescheitert. Europa ist der richtige Rahmen um ein emanzipatives Projekt nach innen zu verteidigen und eine andere Weltwirtschaftspolitik nach außen durchzusetzen (zB Wirtschaftsmacht, Außenhandelsquote,…) wien.arbeiterkammer.at
  • 43. Europa neu begründen! Zwei Initiativen für ein demokratisches, soziales und ökologisches Europa der Vielen „Demokratie statt Fiskalpakt! – Krisenlösung und Europa gehen nur ganz anders“ – Aufruf der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung von Anfang März 2012: http://www.demokratie‐statt‐fiskalpakt.org/ „Europa neu begründen! Den Marsch in den Ruin stoppen! Die Krise durch Solidarität und Demokratie bewältigen!“ – Aufruf der führenden dt GewerkschafterInnen von Ende März 2012: http://www.europa‐neu‐begruenden.de wien.arbeiterkammer.at
  • 44. Ist der derzeitige Rahmen der EU geeignet, um ein Europa von unten durchzusetzen? Die notwendige europäische Umverteilung des Vermögens im Wege der Einführung von Finanztransaktionssteuer, einer harmonisierten KöSt und Vermögensteuern sowie der Trockenlegung von Steueroasen bedarf gemäß der derzeitigen Verträge der Einstimmigkeit ‐> möglich? Genauso Einstimmigkeit oder überhaupt eine Vertragsänderung erfordert:  Europäische Zentralbank als „Lender of last Resort“ & Eurobonds  Ende des Wettbewerbs der Rechtsordnungen  Demokratische Kontrolle der EZB und AN‐Geldpolitik  Einführung von Kapitalverkehrskontrollen  Umfassende Re‐Regulierung der Finanzmärkte  Europäische Lohnkoordination Vertragsänderung! Aber wie? wien.arbeiterkammer.at
  • 45. Bisheriges Vertragsänderungsverfahren oder Wahl zu einer verfassungsgebenden Versammlung? Das ordentliche Vertragsänderungsverfahren setzt voraus, dass alle Staats‐ und Regierungschefs dem Entwurf zustimmen ‐> neoliberale Politik und die ihnen zugrundeliegenden Interessen werden sich immer zumindest durch einen Staat ausdrücken! Allgemeine und gleiche Wahlen zu einer Versammlung für die Neubegründung Europas von unten?  Parteien müssen sich bis dahin als echte europäische Parteien konstituieren (vertikale Konfliktachse: AN‐Interessen statt „deutsche“, „französische“, „österreichische“ Interessen)  Wahlen 2016 –> Zeit für eine grenzüberschreitende und transnationale Debatte  Verfassung muss auch neues Änderungsverfahren vorsehen  Über das Ergebnis finden in allen Ländern Volksabstimmungen statt  2020: Eine Europäische Verfassung von unten? wien.arbeiterkammer.at