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Europäischer Gerichtshof verurteilt Spanien wegen diskriminierender
Glücksspielbesteuerung
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Mit Urteil vom 6. Oktober 2009 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) Spanien wegen
der diskriminierenden Besteuerung von Glücksspielen verurteilt (Rechtssache C-153/08).
Die Europäische Kommission konnte damit das Vertragsverletzungsverfahren gegen
Spanien in dem wesentlichen Punkt erfolgreich abschließen.
Die Europäische Kommission hatte in der Klageschrift gegen Spanien eine gegen
Europarecht verstoßende diskriminierende Besteuerung geltend gemacht. Nach der
spanischen Regelung sind nämlich Gewinne aus Lotterien und Wetten, die von der
Loterías y Apuestas del Estado (staatliches Unternehmen für Lotterien und Wetten) und
von Stellen oder Einheiten der Autonomen Gemeinschaften (vergleichbar den
Bundesländern) veranstaltet würden, sowie aus vom Spanischen Roten Kreuz oder von
der ONCE (Organización Nacional de Ciegos Españoles, die nationale Organisation der
spanischen Blinden) veranstalteten Losziehungen von der Einkommensteuer befreit.
Diese Steuerbefreiung ist nach Überzeugung des EuGH diskriminierend, da sie bewirkt,
dass die Gewinne, die von in dieser Vorschrift aufgezählten Einrichtungen ausgezahlt
werden, günstiger behandelt werden. Somit stellt diese Steuerregelung eine
diskriminierende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit zum Nachteil von öffentlichen
Einrichtungen und sozial oder karitativ tätigen gemeinnützigen Einrichtungen dar, die
ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben und die dieselben Ziele verfolgen wie
die in dieser Vorschrift aufgeführten Einrichtungen (Rn. 34).
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Diese Diskriminierung ist nach Ansicht des EuGH nicht gerechtfertigt. Eine derartige
Beschränkung könne nur dann gerechtfertigt sein, wenn die vom spanischen
Gesetzgeber verfolgten Ziele Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder
Gesundheit im Sinne des Art. 46 Abs. 1 EG zugeordnet werden könnten und wenn sie
mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang stünden (Rn. 38). Behörden eines
Mitgliedstaats dürften jedoch nicht allgemein und unterschiedslos davon ausgehen,
dass Einrichtungen, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, kriminelle Handlungen
begingen (eine kleine Spitze gegen das Liga Portuguesa-Urteil). Darüber hinaus sei der
generelle Ausschluss dieser Einrichtungen von der Steuerbefreiung als unverhältnismäßig
anzusehen, da er über das hinausgehe, was zur Bekämpfung der Kriminalität
erforderlich sei. Es gibt nämlich mehrere Mittel, die Tätigkeit und die Konten dieser
Einrichtungen zu kontrollieren (Rn. 39).
Zu der Bekämpfung der Glücksspielabhängigkeit habe Spanien nichts vorgetragen,
woraus hervorginge, dass diese Krankheit in der Bevölkerung Spaniens so weit verbreitet
wäre, dass sie als Gefahr für die öffentliche Gesundheit angesehen werden könnte (Rn.
40). Das angebliche Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht werde auch nicht
kohärent verfolgt:
„Ferner ist die Steuerbefreiung der Gewinne (…) geeignet, die Verbraucher zur
Teilnahme an Lotterien, Glücksspielen und Wetten, für die diese Befreiung gilt, zu
ermuntern und damit nicht geeignet, die Verwirklichung des angeblich
verfolgten Ziel in kohärenter Weise zu gewährleisten. Da die streitige
Steuerbefreiung die Typologie der verschiedenen Spiele nicht berücksichtigt,
kann das Königreich Spanien schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, mit der
Steuerbefreiung werde das Ziel verfolgt, die Spiellust der Spieler auf bestimmte
Spiele zu lenken, deren Ablaufmodalitäten ein geringeres Abhängigkeits-
potenzial aufwiesen.“
Die Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen und gemeinnützigen Projekten können
nach Auffassung des EuGH nicht als sachliche Rechtfertigung von Beschränkungen der
Dienstleistungsfreiheit angesehen werden (Rn. 43). Wirtschaftliche Gründe gehörten
nicht zu den Gründen im Sinne von Art. 46 EG, die eine Beschränkung der vom Vertrag
gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen könnten.