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Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
1. 1 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
INHALTSVERZEICHNIS:
I.MENSCHENBILDER IN ORGANISATIONEN ............................................................................... 2
1. MENSCHENBILDER, ARBEIT UND ORGANISATIONEN ........................................................... 2
2. ZUR ZEIT DES ‚HOMO OECONOMICUS’ ................................................................................. 6
3. ZUR ZEIT DES ‚SOCIAL MAN’ ............................................................................................. 13
4. ZUR ZEIT DES ‚SELF-ACTUALIZING MAN’........................................................................... 20
INHALTSTHEORIEN DER MOTIVATION (SIEHE KAPITEL MOTIVATION)................................... 21
5. ZUR ZEIT DES ‚COMPLEX MAN’.......................................................................................... 28
II.ARBEITSGESTALTUNG ......................................................................................................... 45
1. ANALYSE DER ARBEIT ....................................................................................................... 45
2. BEWERTUNG DER ARBEIT .................................................................................................. 59
3. ARBEITSGESTATUNG ......................................................................................................... 74
III. MOTIVATION IN ORGANISATIONEN .................................................................................. 82
1.EINFÜHRUNG IN DIE MOTIVATIONSFORSCHUNG ................................................................. 82
INHALTS- UND PROZESSTHEORIEN DER MOTIVATION............................................................ 84
1.2.1 ÜBERBLICK ÜBER INHALTSTHEORIEN [!NEW!].............................................................. 84
1.2.2 PRAKTISCHE ANWENDUNG DER INHALTSTHEORIEN [!NEW!] ........................................ 86
2. PROZESSTHEORIEN DER MOTIVATION ............................................................................... 88
IV. FÜHRUNG IN ORGANISATIONEN ...................................................................................... 108
1. EINFÜHRUNG IN DIE FÜHRUNGSFORSCHUNG ................................................................... 108
2. EIGENSCHAFTSANSÄTZE .................................................................................................. 110
3. VERHALTENSTHEORIEN ................................................................................................... 111
4.7 LEADER-MEMBER-EXCHANGE(LMX)-THEORIE DER FÜHRUNG [!NEW!] S.467 ..... 119
5. AKTUELLE ANSÄTZE IN DER FÜHRUNGSFORSCHUNG ...................................................... 120
5.2. DAS „FULL RANGE MODEL OF LEADERSHIP“ [!NEW!]............................................ 123
5.3 ETHISCHE FÜHRUNGSKONZEPTE [!NEW!] ................................................................ 124
5.4 SYSTEMISCHE FÜHRUNG [!NEW!] ........................................................................... 125
5.5 SYMBOLISCHE FÜHRUNG [!NEW!] ........................................................................... 125
6. KULTUR, GESCHLECHT UND FÜHRUNG ........................................................................... 126
6.1. KULTURÜBERGREIFENDE FÜHRUNGSFORSCHUNG [!NEW!] S.496-499........................ 126
V. ENTSCHEIDUNGEN IN ORGANISATIONEN ......................................................................... 129
1. AUFGABEN ...................................................................................................................... 129
2. GRUPPEN IN ORGANISATIONEN ....................................................................................... 135
3. ZUR LÖSUNG VON PROBLEMEN ....................................................................................... 140
4. ZUM TREFFEN VON ENTSCHEIDUNGEN ............................................................................ 142
2. 2 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
I.MENSCHENBILDER IN
ORGANISATIONEN
1. MENSCHENBILDER, ARBEIT UND ORGANISATIONEN
Wissenschaftliche Theoriebildung und praktische Handlungen bauen auf ‚Menschenbildern’
auf, die aktuell als selbstverständlich gelten und zeitlichen Begrenzungen unterlegen sind.
Menschenbilder können als Bezugssysteme gefasst werden, die Werte und Verhaltensweisen
von Individuen und der gesamten Gesellschaft beeinflussen, sie sind individuelle und soziale
Konstruktionen, die im wissenschaftlichen Diskurs entwickelt, akzeptiert, kritisiert und im
Laufe der Zeit verändert werden.
Im Bereich der A&O Psychologie sind Menschenbilder besonders bedeutsam, da sie auch die
Gestaltung von Arbeit prägen. Abhängig vom Menschenbild werden Menschen zum Beispiel
als Individuen verstanden, die bei der Arbeit in jedem kleinen Schritt angeleitet werden
müssen. Menschen können aber auch als Mitglieder einer sozialen Gruppe wahrgenommen
werden, für die zwischenmenschliche Beziehungen am Arbeitsplatz gewährleistet sein
müssen. Dementsprechend werden Organisationen als Einrichtungen gestaltet, in denen
entweder jedes einzelne Mitglied streng kontrolliert oder Verantwortung delegiert wird. Die
Gestaltung kann so sein, dass die Mitarbeiter einzeln oder in Gruppen zusammenarbeiten.
1.1ARBEIT
Die Bedeutung dessen, was als Arbeit zu verstehen ist, variiert über Epochen
und wissenschaftliche Disziplinen, die sich mit Arbeit befassen. Etymologisch
stammt Arbeit vom germanischen Verb ‚arbejo’, welches eine Tätigkeit beschreibt, zu der ein
Kind verdingt wird (Schmale, 1983). Dabei bedeutet das Substantiv von „arbejo“ Arbeit, eine
schwere körperliche Anstrengung, Mühsal und Plage.
Es wird aber auch mit dem griechischen Substantiv ‚energeia’ in Verbindung gebracht, das
positiver besetzt ist und den Gegensatz zu Untätigkeit beschreibt. Ergon = selbst geschaffenes
Werk, Ponos = Plage, die eigene physische Existenz aufrechtzuerhalten.
Im Begriff Arbeit ist der Gegensatz zur Untätigkeit sowie die Konnotation von Mühe
und Last enthalten.
Neuberger (1985) charakterisiert bezahlte Arbeit als Aktivität oder Tätigkeit, die
zielgerichtet, gesellschaftlich organisiert, strukturiert und geregelt ist, den Einsatz von
körperlichen und/ oder psychischen Kräften erfordert, Bedürfnisse befriedigt, aber als Last,
Mühsal und Anstrengung erlebt wird, mit Gegenleistung honoriert wird, in Gütern und
Dienstleistungen resultiert, also die physische und soziale Umwelt und dabei auch den
Menschen selbst verändert. Diese Charakteristika sollen für bezahlte Arbeit gelten.
Die Zielgerichtetheit unterscheidet das Spiel (genügt sich selbst) von der Arbeit (peilt ein
Endergebnis an). Ziele der Arbeit: Schaffung von Gütern, Produktion von Produkten,
Erstellungen von Dienstleistungen. Weil Arbeit die physische und soziale Welt verändert, ist
sie Teil der Kultur. Die Arbeit verändert die Umwelt, aber auch die Gesellschaft verändert die
Arbeit, indem Arbeit von der Gesellschaft organisiert, strukturiert, geregelt aber auch
bewertet wird. Der Mensch wird durch die Arbeit beeinflusst, indem seine Bedürfnisse
3. 3 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
befriedigt werden, eine Gegenleistung bereitgestellt wird, und letztlich findet auch eine
Veränderung der Person aufgrund von Sozialisationsprozessen am Arbeitsplatz statt.
Üblicherweise wird unter Arbeit im wissenschaftlichen Diskurs Erwerbsarbeit verstanden,
obwohl etwa Hausarbeit oder karitative Arbeit zweifellos auch Arbeit sind.
1.2ORGANISATIONEN
Organisationen sind zielgerichtete soziale Systeme, die ihre Mitglieder durch
Zwang, Belohnung und Bestrafung oder aufgrund von Normen und Werten dazu
bringen, zur Erreichung des Organisationsziels beizutragen.
Etzione (1964) unterscheidet drei Arten von Organisationen, die sich auf Basis ihrer
Sozialisationsstrategien unterscheiden:
(1) Zwangsorganisation (z.B. Gefängnisse, militärische Organisationen; Zwang und
Bestrafung bringen Mitglieder zur Regeleinhaltung)
(2) Utilitaristische Organisationen ( in Industriebetriebe; Belohnung bzw.
Belohnungsentzug als Sozialisationsstrategien eingesetzt)
(3) Normative Organisationen (Kirchen, freiwillige Vereine; bauen auf internalisierte
Normen und Werte der Mitglieder)
Um die Ziele zu erreichen werden einzelne Individuen oder Gruppen zu einer geordneten
Gesamtheit, einer Organisation zusammengefügt; die Arbeit wird organisiert. Die
Organisation der Arbeitstätigkeiten und die Abstimmung der Tätigkeiten der Mitglieder
schafft eine Organisationsstruktur, die auch Verhaltensrichtlinien in der Organisation vorgibt.
Diese Struktur legt nicht nur Handlungsabläufe fest, sondern bestimmt auch die Art der
Entscheidungsfindung und Beziehungen zwischen den Organisationsmitgliedern. Die
Organisationsstruktur setzt also die Zuordnung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu
Individuen und Gruppen fest und gibt vor, wer in der Organisation über Autorität und
Führung bestimmt. In Organigrammen oder ‚charts’ wird die Organisationsstruktur dargestellt
werden Nach Greenberg und Baron lässt sich die Organisationsstruktur anhand von fünf
Hauptdimensionen beschreiben. (wichtig!! Zieht sich durch das ganze Buch durch!!):
1: Ausmaß an Hierarchie, 2: die Spezialisierung der Arbeitsteilung, 3: die Weite der
Kontrollspanne, 4: der Anteil der beratenden und entscheidenden Positionen 5: Ausmaß an
Zentralisierung
1. Hierarchie und Autorität: Organisationen sind durch hierarchische
Ebenen charakterisiert. Flache Organisationen = wenige Ebenen, stark
hierarchisch strukturierten Organisation = viele Ebenen. Die Anzahl der
hierarchischen Ebenen gibt an, inwieweit Verantwortung zwischen den
Mitgliedern aufgeteilt wird. In stark hierarchischen Unternehmen liegt die
Verantwortung nur in den höheren Ebenen. Mit zunehmender Anzahl von
hierarchischen Stufen nimmt die Qualität der Entscheidungen einzelner
Individuen und die Produktivität der Organisation ab.
2. Spezialisierung der Arbeitsteilung: Je spezialisierter die Arbeitsteilng
ist, umso weniger Aufgaben werden auf einem Arbeitsplatz von einem
Mitglied verrichtet, die Arbeit ist aber von hoher Qualität. Das Ausmaß der
Arbeitsteilung hängt von der Größe der Organisation ab; je größer die
Organisation, desto mehr Spezialisierungen werden angeboten.
4. 4 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
3. Kontrollspanne: gibt an, wie viele Mitarbeiter einer Führungskraft
zugeordnet werden. Je enger die Kontrollspanne, je weniger Mitarbeiter
einer Führungskraft unterstehen, desto weniger Entscheidungsspielraum wird
einzelnen Mitarbeitern zugestanden. In stark hierarchischen Organisationen ist
die Spanne eng. In flachen Org. = Kotrollspanne weiter. Hierarchie und
Kontrollspanne hängen zusammen.
4. Entscheidungs- versus beratende Positionen: Mitglieder können
Entscheidungspositionen (‚line position’, Linie) innehaben oder ein
beratende Position (‚staff position’, Stab; sammeln und bündeln
Infos, treffen keine Entscheidungen). Beratende Mitglieder sind ihrem
Aufgabengebiet stärker verbunden als der Organisation.
5. Ausmaß an Zentralisierung: In zentralisierten Organisationen
werden Entscheidungen von wenigen Entscheidungsträgern
getroffen, wobei die Anzahl der beratenden Positionen höher ist als die der
Entscheidungspositionen. Dezentralisierte Organisationen haben oft
effizientere Entscheidungen und höhere Mitarbeiterzufriedenheit, weil die
einzelnen Organisationsmitglieder über größere Autonomie verfügen.
Zentralisierung und Hierarchie hängen zusammen: je zentraler, je mehr
hierarchische Stufen.
Die Organisationsstruktur mit ihren fünf Dimensionen bestimmt die Organisation der
Tätigkeiten, die Personalpolitik des Unternehmens und die Art der Verteilung der
Ressourcen (durch Ent- und Belohnungssysteme, Zeitpläne). Organisationstheorien
beschreiben Konzepte, wie Organisationen strukturiert werden können, um die Ziele der
Organisation zu erreichen.
5. 5 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
1.3ARBEITS- UND ORGANISATIONSPSYCHOLOGIE
Überblick über die Wissenschaft des organisationalen Verhaltens, S. 25:
Lernen
Motivation
Persönlichkeit
Wahrnehmung
Training
Psychologie Erfolgreiches Führungsverhalten
Arbeitszufriedenheit
Individuelle Entscheidungen
Leistungsbewertung
Einstellungsmessung
Mitarbeiterauswahl
Arbeitsgestaltung
Individuum
Arbeitsstress
Gruppendynamik
Arbeitsgruppen- und teams
Kommunikation
Macht
Konflikte
Gruppenverhalten
Soziologie
Studie des
Formale Organisationstheorie Gruppe organisationalen
Bürokratie Verhaltens
Organisationstechnologie
Organisationale Veränderungen
Organisationskultur
Verhaltensänderung
Einstellungsänderung
Sozialpsychologie Kommunikation
Gruppenprozesse
Gruppenentscheidungen
Organisation
Vergleich von Werten
Vergleich von Einstellungen
Interkulturelle Analysen
Anthropologie
Organisationskultur
Umwelt der Organisationen
Konflikte
Politikwissenschaften Innerorganisationale Politik
Macht
Die A&O Psychologie untersucht das Erleben und Verhalten von Menschen im
Kontext von Organisationen. Die Arbeitspsychologie untersucht die psychologischen
6. 6 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Auswirkungen von Arbeit auf das Individuum, wie zielgerichtete Tätigkeiten verrichtet
werden und reflektiert Bewertungs- und Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeit und der
Arbeitsumgebung.
Die Organisationspsychologie untersucht das Erleben und Verhalten in Organisationen auf
Mikro-, Meso- und Makroebene.
Die Anfänge der Organisationspsychologie gehen auf Hugo Münsterberg (1913) zurück.
Sie ist heute der psychologische Teilbereich der Disziplin des organisationalen
Verhaltens (organizational behavior), die einem interdisziplinären Ansatz folgt
(Psychologie, Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Anthropologie, Politikwissenschaften.
Sie verfolgt zwei Ziele: zum einen soll die Effizienz von Organisationen optimiert werden,
zum anderen das Wohlbefinden von Individuen innerhalb der Organisationen verbessert
werden.-->beide Ziele untrennbar verbunden, daher müssen beide Ziele gemeinsam optimiert
werden.
Verschiedene Menschenbilder prägen den Lauf der Entwicklung der Arbeits- und
Organisationspsychologie: Homo oeconomicus (Vernunft und Nutzenmaximierung), social
man (neben materiellen Bedürfnisse, soziale Bedürfnisse), selfactualizing man (Streben nach
Selbstverwirklichung) Complex man (Vielfalt des Menschen)selten als eigenständiges
Menschenbild sondern als Erweiterung des Blickwinkels auf inter- und intraindividuelle
Unterschiede, da alle bekannten Motive für einzelne Personen simultan bestimmend sein
können.
2. ZUR ZEIT DES ‚HOMO OECONOMICUS’
Die Väter des homo oeconomicus sind die Ökonomen Adam Smith, Thomas Robert Malthus,
John Stuart Mill und David Ricardo. Sie legten die Basis für ein Menschenbild, das einen
(fiktiven) Durchschnittsmenschen beschreibt, der wirtschaftlich rational entscheidet. Dies
wurde vor dem Hintergrund entwickelt, dass Menschen nur über knappe Ressourcen verfügen
und daher rational (den Gesetzen der Logik entsprechend) und nach dem Prinzip der
Nutzenmaximierung (= gegebenen Kosten, Nutzen maximieren, gegebenen Nutzen, die
Kosten minimieren) Entscheidungen über die Verwendung der Ressourcen treffen müssen.
Die Entscheidungsträger haben klare und stabile Präferenzen, das heißt sie wissen, was sie
wollen und ihre Präferenzen ändern sich nicht ständig während einer Entscheidung.
Idealerweise verfügt der H.O. über alle Informationen, welche am Markt angeboten werden.
Vollständige Infos und die Kenntnis der Eigenschaften und Konsequenzen der Alternativen
sind weitere Merkmale des H.O.
Am Arbeitsmarkt sieht der homo oeconomicus im Idealfall so aus:
- er ist verantwortungsscheu, weil die Arbeit Mühe und Plage ist und Kosten sowie
Zeit und Anstrengung verursacht,
- er ist nur durch monetäre Anreize motivierbar,
- handelt völlig zweckrational
- nach der Maxime des größten Gewinns und
- strebt ständig nach der Maximierung seines Nutzens,
- er besitzt völlige Übersicht über die Handlungsmöglichkeiten (‚Markttransparenz’),
- ist mit Voraussicht in wirtschaftlichen Dingen begabt und
- antwortet mit hoher Reaktionsgeschwindigkeit auf veränderte Angebotsdaten.
- Seine Bedürfnisse sind stabil und linear in die Zukunft gerichtet, sowie unabhängig
von anderen Personen.
7. 7 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Ausschließlich extrinsische Motive, allen voran Geld, können also hier zur Arbeit
motivieren. Das Menschenbild des homo oeconomicus erhebt nicht den Anspruch,
menschliches Verhalten wirklichkeitsgetreu zu beschreiben, sondern orientiert sich an einem
fiktiven Durchschnittsmenschen (stellt den Durchschnitt wirtschaftlicher Akteure dar).
Zunehmend überzeugender wird inzwischen empirisch demonstriert, dass die Annahmen zu
kurz greifen, erfreut sich das Modell breiter Akzeptanz in vielen Bereichen der Wirtschaft.
Kritik: der Anspruch der vollständigen Information stellt eine Überforderung dar. Und dass
weniger vor der Entscheidung die Phasen des normativen Entscheidungsmodells durchlaufen
werden, als das die Auswahl einer Alternative letztlich zu rechtfertigen versucht wird, indem
Nutzen und Logik der Entscheidung im Nachhinein reflektiert und adjustiert werden.
2.1FREDERICK WINSLOW TAYLOR UND DIE WISSENSCHAFTLICHE
BETRIEBSFÜHRUNG
Mit Taylor finden wir die Anfänge der wissenschaftlichen Betriebsführung. Er untersuchte
gegen Ende des 19. Jh.s die Auswirkungen finanzieller Anreizsysteme und der Gestaltung von
Werkzeugen auf die Arbeitsleistung. Das Ergebnis war die Führung des Betriebes nach
wissenschaftlichen Kriterien, wobei alle Arbeitsprozesse und Arbeitsschritte analysiert und
Werkzeuge, Umgebungsbedingungen, menschliche Ermüdungserscheinungen usw. auf die
Betriebsziele hin streng untersucht werden (Scientific Management, Taylorismus). Ziel
war es, die Optimierung von Arbeitsabläufen auf der Basis wissenschaftlicher
Methoden zu erreichen.
Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer streben im zufolge wirtschaftliche Prosperität
(materiellen Gewinn bzw. Lohn) an, was nur erfüllt werden kann, wenn die Produktivität des
Unternehmens hoch ist. Vorrangige Ziele der wissenschaftlichen Betriebsführung:
Produktivität und Gewinn. Maximale Produktivität kann nur erreicht werden, wenn hohe
Leistungen erbracht werden. Die Arbeit ist so zu gestalten, dass maximale Leistungen
möglichst ‚fair’, d.h. ohne körperliche Schäden erbracht werden können. Taylor: „faire
Maximalarbeit“; entspricht einem Arbeitsquantum, das über einen längeren Zeitraum ohne
Überanstrengung geleistet werden kann. Leitungsorgane haben die Aufgabe, die
Arbeitsabläufe zu optimieren. Zur Optimierung der Arbeitsabläufe wird die Arbeit in
Einzelschritte zerlegt und anhand von Zeit- und Bewegungsstudien die rationellste und
kräftesparendste Erledigung der einzelnen Arbeitselemente gesucht. (Beispiele für
konsequent durchgeführte wissenschaftliche Betriebsführung, S. 30-31). Dieser „(one)
best way“ dient in Folge als Richtwert und Vorbild für die Arbeitnehmer. Es wurden nicht nur
optimale Arbeitsabläufe definiert, sondern auch optimale körperliche Voraussetzungen der
Arbeiter festgestellt. Jeder Arbeitsschritt wurde in der Folge von einem jeweils hochgradigen
‚Spezialisten’ ausgeführt. Die Aufgaben des Managements (Planung und Überwachung,
Leitung der Arbeit) sind die Optimierung der Arbeitsabläufe und die Auswahl und Schulung
geeigneter Arbeitskräfte, womit eine klare Trennung zwischen Management und Arbeitern
gezogen ist.
Die wichtigsten Prinzipien der wissenschaftlichen Betriebsführung: Die Zergliederung der
Arbeit in einzelne Arbeitsschritte und Optimierung der Arbeitsabläufe mit Hilfe
wissenschaftlicher Methoden (Zeit- und Bewegungsstudien), die Auswahl und Schulung der
bestgeeignetsten Arbeitskräfte. Damit einhergehend auch eine Trennung von Kopf- und
Handarbeit. Dem ganzen liegt ein sehr mechanistisches Menschenbild zugrunde, wonach
der Arbeitende als ineffiziente Maschine wahrgenommen wird. Unzulänglichkeiten sollen
mit Werkzeugen und vorgegebenen Abläufen ausgeglichen werden. Die Arbeiter sind nur
8. 8 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
durch Geld zu motivieren und nur als Individuum, nicht aber als Teil der Gruppe zu
analysieren.
Taylor legte somit den Grund für die modernen (typischen) Technologien der
Massenfertigung.
Kritik an der wissenschaftlichen Betriebsführung setzte früh ein und bezog sich v.a. auf
negative Konsequenzen für den Arbeiter:
(1) Trennung zwischen Kopf- und Handarbeit: Prinzipiell bedeutet die Trennung in
Denken und Handeln eine Verschwendung von Humanpotential. Sie zieht psychische
und körperliche Beeinträchtigungen (Folgen) nach sich wie z.B. die intellektuelle
Leistungsfähigkeit nimmt ab, Wohlbefinden ist beeinträchtigt, Freizeitverhalten wird
passiv und die Arbeiter engagieren sich kaum in der Gesellschaft und Politik und
resultiert in einer gesellschaftlichen Trennung in eine führende Elite und ein
ausführendes Volk.
(2) Vorgabe eines einzigen besten Weges zur Erledigung der Arbeit: Taylor und seine
Kollegen waren Ingenieure und Mathematiker, die sich mit der Psychologie des
Menschen nicht befassten. Durch die Wegnahme jeglicher individueller Variation
fühlten sich die Arbeiter schlechter und konnten daher auch weniger leisten.
(3) Strikte Arbeitsteilung: Strikte Arbeitsteilung und auch die Trennung zwischen Kopf-
und Handarbeit führten zu einem Abbau der auf die Arbeit bezogenen Fertigkeiten,
die Arbeitskräfte wurden damit billiger. Die Arbeitsteilung ist nicht einmal im Sinne
Taylors; die Analyse von einzelnen Arbeitssequenzen bedeutet noch lange nicht, dass
die einzelnen Sequenzen auch von verschiedenen Arbeitern ausgeführt werden
müssen. Auch Hugo Münsterberg kritisierte die negativen Konsequenzen der
Arbeitsteilung, die Einschnürung und Verkümmerung der seelischen Ganzheit
hervorrufe.
2.2HUGO MÜNSTERBERG UND DIE PSYCHOTECHNIK
Münsterberg (1912) gilt als ‚Vater’ der Wirtschaftspsychologie und war selbst Psychologe.
In den Fokus seines Interesses rückten die Arbeiter und die Auswirkungen der
Arbeit auf deren psychische und körperliche Verfassung . Er kam etwa zu der
Schlussfolgerung, dass die Monotonie der Arbeit weniger von der Arbeit selbst als von
‚gewissen Dispositionen’ des Individuums abhängt. Seiner Ansicht nach sollte der
Psychologe unparteiisch und wertfrei Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aufzeigen und sie
sollten mögliche Auswirkungen von Arbeit auf die ausführenden Organe beschreiben; und die
Entscheidung über die Arbeitsgestaltung den Wirtschaftstreibenden überlassen. Er bezog
daher auch selbst keine eindeutige Stellung zum Taylorismus, würdigte dessen
wissenschaftliche Analysen, war aber besorgt über die kritiklose Übersteigerung von Taylors
Annahmen (absurd wirkende Arbeitsteilungskonzepte).
Münsterbergs Psychotechnik bedeutet die Anwendung der Psychologie auf alle
Lebensbereiche. Münsterberg begründete die (industrielle) Psychotechnik , die sich
allerdings gegenüber den Ingenieurswissenschaften und der Betriebswirtschaftslehre nicht
behaupten konnte und sich zunehmend auf primär psychologische Kompetenzen verlagerte.
Giese (1927) kritisierte, dass sich die Psychotechnik auf Eignungsdiagnostik beschränke und
schlug eine Trennung vor in
9. 9 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
- Objektpsychotechnik: beschreibt die Anpassung der Arbeitsbedingungen an den
arbeitenden Menschen. Arbeitsstudien werden durchgeführt und psychotechnische
Erkenntnisse genutzt, um Maschinen zu eichen, die Betriebsorganisation und die
Arbeitsbedingungen wie die Lichtverhältnisse zu optimieren und die Gefahr von
Unfällen zu reduzieren.
- Subjektpsychotechnik: strebt die Anpassung des Menschen an die
Arbeitsbedingungen an. Berufskunde und –beratung, Arbeiterauslese, Aus- und
Weiterbildung am Arbeitsplatz und die Führung und Menschenbehandlung sind
Aufgaben der Psychotechnik.
Für Giese solle die Objektpsychotechnik eine größere Rolle spielen, also vornehmlich die
Arbeitsbedingungen an die Menschen angepasst werden und nicht der Mensch den
Arbeitsbedingungen. Während des 1. WK erlebte die Psychotechnik einen enormen
Aufschwung. Während in Europa eher Simulationen des Arbeitsalltags nachempfunden
wurden, in Deutschland dominierte die Eignungsdiagnostik, dominierte in den USA die
Intelligenz- und Leistungsdiagnostik, die ursprünglich im militärischen Kontext entwickelt
worden war, nach dem 1. WK aber in allen Wirtschaftsbereichen aufgenommen wurde. In der
Objektpsychotechnik gewann die Frage nach der Beziehung zwischen Arbeitszeit und
Produktivität an Bedeutung. Man begann zu sehen, dass zu lange Arbeitszeiten zu
verminderter Produktivität führte. Die Frage etwa, ob Pausen strukturiert zu planen und
vorzugeben sind, oder nach eigenem Gutdünken gemacht werden sollten, hat nichts an
Aktualität verloren. Krause (1933) beobachtete, dass Arbeiter einer Lochkartenabteilung zur
Auflockerung Ausgleichsarbeiten einschoben. Erst vierzig Jahre später wurde dieser
Vorschlag der Durchmischung der Arbeitsaufgaben wieder aufgegriffen und unter dem
Terminus „Mischarbeit“ (Auflockerung der Arbeit durch Pausen oder andere Tätigkeiten)
bekannt. Büro, Ausgleich zur Bildschirmarbeit. Medien: Swarovski Glasfabrik, Nichtraucher
forderten, dass Raucher ihre Pausen einarbeiten sollten. Sinnvoller wäre auch Pausen für
Nichtraucher anstatt der Einarbeitung dieser Pausen.
nach vermehrter Kritik gegen die überhand nehmende Eignungsdiagnostik verlor die
Psychotechnik an Bedeutung und endete schließlich mit Beginn der Human-Relations-
Bewegung. Der Verdienst der Psychotechnik ist es, psychologische Auswirkungen der
Arbeitstätigkeit und die Entmenschlichung der Arbeit als Untersuchungsthema etabliert zu
haben.
2.3VORDENKER IHRER ZEIT
2.3.1 KURT LEWIN UND DIE ‚ZWEI GESICHTER DER ARBEIT’
Kurt Lewin gilt als Mitbegründer der Sozialpsychologie und wird zu den bedeutendsten
Psychologen des letzten Jh.s gezählt. Er prangerte die Arbeitsteilung im Sinne des
Taylorismus als Entwürdigung des Menschen an. Menschen würden wie Maschinen
behandelt, Abnützungs- und Amortisationsberechnungen würden ohne Rücksicht auf die
Seele des Arbeitenden aufgestellt. Lewin betonte, dass die Arbeit ‚zwei Gesichter’ habe, also
nicht nur Mühe und Anstrengung sei, sondern auch sinnstiftend sei und zur Entwicklung
des Menschen beitrage. Arbeitstätige sollten demnach Arbeitsaufgaben erfüllen, die ihnen
einen ‚Lebenswert’ bieten, an denen sie also wachsen und sich weiterentwickeln können. Für
monotone und wenig anspruchsvolle Tätigkeiten solle man zumindest entsprechend entlohnt
werden.
10. 10 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
2.3.2 HELLPACHS AUFGABENBEGRIFF UND DAS KONZEPT DER GRUPPENFABRIKATION
Willy Hellpach (1922) definierte zum einen den Begriff der vollständigen Aufgabe und
griff damit späteren Überlegungen vor; zum anderen entwickelte er mit Richard Lang das
Konzept der Gruppenfabrikation. In der Gruppenfabrikation werden einzelne Teile der
Fabrikation von einer Arbeitsgruppe hergestellt. Zu einer Aufgabe zählen für ihn die Planung
der Aufgabe, der Entwurf und die freie Wahl von Ausführungsmöglichkeiten. Er orientiert
sich auch an Lewin, wenn er postuliert, dass Arbeitende die ‚geistige Fühlungnahme’ mit der
Arbeit nicht verlieren dürften. Dazu muss er die Bedeutung des eigenen Produkts im ganzen
Produktionsprozess erkennen, was am besten geschieht, wenn die Produktion einzelner
Fabrikationsteile einer Gruppe übertragen werden. Einer Fabrikationsgruppe wird eine
Gruppe von Mitarbeitern zugewiesen, die aus Meistern, Arbeitern und Betriebsingenieuren
besteht. Assoziationen mit ‚job enrichment’, ‚job enlargement’ oder teilautonomen
Arbeitsgruppen sind aber nicht gerechtfertigt, da die Arbeitsgruppen einen von außen
bestimmten Produktionsprozess umsetzen und Erweiterung der Arbeitsinhalte oder
Selbstregulation nicht gewünscht sind.
2.3.3 DISKUSSION ÜBER AUFGABEN DER ‚WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGEN’ VON 1920- 1930
In den Arbeiten dieser Zeit wird schon eine gewisse Abkehr vom Menschenbild des ‚homo
oeconomicus’ deutlich. Das Menschenbild wird humanistischer, Rationalisierung als oberstes
Gestaltungsziel der Arbeit wird in Frage gestellt und die strikte Anpassung des Menschen an
die Arbeit wird kritisiert. Für Eliasberg etwa setzte sich Arbeit aus der Motivation, dem
sichtbaren Werk und dem Wert, der der Arbeit zugeschrieben wird, zusammen. Arbeit seitz
sich nach Eliasberg aus äußerer und innerer Anstrengung zusammen. Er kritisierte den
Taylorismus, der nur das ‚sichtbare Werk’ analysierte. Lippmann meinte, dass Arbeitnehmer
nur Freude an ihrer Arbeit erleben, wenn sie autonome Entscheidungen treffen können.
Rationalisierung ist zwar zielführend, muss aber die Sicht der Arbeiter berücksichtigen. Für
Rupp wäre das höchste Ziel der psychotechnischen Arbeitsrationalisierung nicht Energie
einzusparen, sondern das Wohl der Menschen.
2.4KLASSISCHE ORGANISATIONSTHEORIEN
Zwischen 1900 und 1930 wurden Organisationen als geschlossene Systeme
betrachtet. Externe Faktoren wie die Umwelt oder interne Faktoren wie Arbeitnehmer
werden außer Acht gelassen. Die Theorien dazu werden als ‚klassische Organisationstheorien’
bezeichnet.-->wissenschaftliche Betriebsführung nach Taylor, die administrative Schule, die
bürokratische Schule nach Weber
2.4.1 DIE WISSENSCHAFTLICHE BETRIEBSFÜHRUNG NACH FREDERICK WINSLOW TAYLOR
Die wissenschaftliche Betriebsführung nach Taylor gehört zu den Technologie-Theorien:
die technischen Abläufe der Produktion sind für die Organisationsstruktur
ausschlaggebend und auch der Mensch wird als Maschine betrachtet , dessen
Unzulänglichkeiten repariert werden können und müssen.
HIERARCHIE STARK, starke hierarchische Struktur,
Hierarchie und Autorität Planung und Ausführung werden strikt geteilt
HOCH; stark spezialisiert, Tätigkeiten werden in
Spezialisierung der Arbeitsteilung Einzelelemente zerlegt. Der Ablauf einzelner Tätigkeiten
wird optimiert und dann meist verschiedenen Arbeitern
11. 11 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
ausgeführt.
ENG; da Arbeiter nicht zur selbstständigen Arbeit zu
Kontrollspanne motivieren sind
Trennung Beratende / entscheidende Beratende Positionen ident mit Entscheidungspositionen.
Positionen Allerdings ist die Trennung zw. Entscheidungs- und
ausführende Position strikt
Zentralisierung EXTREM; dem Unternehmer obliegt gesamte
Entscheidungsgewalt
(Bsp.: fiktive Bäckerei, S. 46-47). Die Personalauswahl erfolgt danach, wie gut Arbeiter zu
der standardisierten Tätigkeit passen. Hohe Ausbildung ist meist nicht nötig, körperliche
Voraussetzungen werden aber kontrolliert. Bezahlung erfolgt nach individueller
Produktionsleistung. Pausen werden vorgegeben und sind einzuhalten.
2.4.2 DIE ADMINISTRATIVE THEORIE NACH HENRY FAYOL
Im Gegensatz zu Taylor, der die Optimierung individueller Arbeitstätigen vor Augen hatte,
strebte Fayol eine Verbesserung der Organisation als Gesamtheit an.
Erfolgreiches Management erfüllt 5 Funktionen: planen, organisieren, befehlen,
koordinieren und kontrollieren. Auf Basis dessen werden noch heute die Funktionen von
Managern beschrieben! Seine Organisationstheorie basiert auf 14 Prinzipien, die sich anhand
der Hauptdimensionen folgendermaßen zusammenfassen lassen können:
HIERARCHIE STARK; Autoritätsstruktur soll sich durch
Hierarchie und Autorität die ganze Organisation durchziehen. Befehle sollen nur von
Übergeordneten empfangen werden.
HOCH; Arbeiter werden zu inhaltlich definierten Gruppen
Spezialisierung der Arbeitsteilung zusammengefasst.
ENG;
Kontrollspanne
Trennung Beratende / entscheidende Beratende Positionen sind nicht vorgesehen.
Positionen
Zentralisierung STARK; Untergebene werden aber zu Eigeninitiative
ermutigt, da damit die Arbeitsanstrengung steigt.
In einer Weiterentwicklung der Theorie prägte Gulick den Code POSDCORB (planning,
organizing, staffing, directing, co-ordinating, reporting, budgeting). Die Theorie ist ein vages
Konzept mit nichtsdestotrotz universellen Ansprüchen, das schwer in die Praxis umzusetzen
und noch schwerer empirisch zu überprüfen ist.
2.4.3 BÜROKRATIEMODELL NACH MAX WEBER
Für Max Weber ist die Bürokratie der Prototyp einer Organisationsform. Sie basiert auf
Ordnung, System, Rationalität, Uniformität, Einheitlichkeit und Konsistenz
sowie ‚formalistischer Unpersönlichkeit’. Sechs Prinzipien fassen die bürokratische
Organisation zusammen:
(1) Fixe und offizielle Bereiche, deren Arbeitsabläufe in Form von Regeln definiert sind.
(2) Die Hierarchie ist Ausdruck der Autoritätsbeziehungen, der Übergeordnete
kontrolliert die Arbeitsabläufe und übernimmt die Verantwortung.
(3) Die Organisation basiert auf geschrieben Dokumenten (Gesetze, Regeln, Formulare).
12. 12 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
(4) Manager sollten Experten ihres Faches sein und auch belegen können, dass sie über
die benötigten Qualifikationen verfügen.
(5) Die offizielle Arbeit erlaubt keine Ausübung von inoffiziellen Aufgaben außerhalb
der eigentlichen Arbeit.
(6) Es gibt generelle Regeln, welche mehr oder weniger überdauernd und mehr oder
weniger ausführlich sind und gelernt werden können.
HIERARCHIE STARK; Autorität wird anhand von
Hierarchie und Autorität schriftlichen Regeln durchgesetzt.
HOCH; Tätigkeiten sind in einfache, gut beschreibbare und
Spezialisierung der Arbeitsteilung schriftliche festgehaltene Aufgaben unterteilt.
ENG durch starke hierarchische Gliederung;
Kontrollspanne
Trennung Beratende / entscheidende Beratende Positionen sind nicht vorgesehen.
Positionen
Zentralisierung STARK; Entscheidungs- und Kommunikationsprozesse
laufen von oben nach unten. Geringe Flexibilität ist die
Konsequenz
Die Personalauswahl erfolgt nach der formalen Qualifikation der Arbeitnehmer (etwa
Gruppe ‚A’ für Akademiker, Gruppe ‚B’ für Maturanten), auch die Bezahlung folgt der
formalen Qualifikation. Ein Aufstieg in der Hierarchie geht mit zunehmender
Entscheidungsgewalt einher und gilt daher als Motivationsfaktor
Typische Dysfunktionen zeigen sich in der öffentlichen Verwaltung, die oft als System der
‚organisierten Unverantwortlichkeit’ bezeichnet wird, indem keine hinreichenden Anreize
für wirtschaftliches Handeln vorhanden sind. Regeln und Ziele werden schriftlich festgehalten
und als überdauernd gesehen. Mangelnde Flexibilität ist die Folge, zudem ist ein Überblick
beinahe unmöglich. Die Entscheidungswege- und Strukturen sind festgefahren und unflexibel,
ein betriebswirtschaftliches Führungsverständnis fehlt. Es herrschen Misstrauenskultur und
Misserfolgsvermeidung anstatt Vertrauenskultur und Erfolgssuche. Es gibt kaum
Gestaltungsmöglichkeiten für den Einzelnen. Die Bürger, die eigentlich als Steuerzahler
Auftraggeber sind, werden als Verwaltungsobjekte gesehen und nicht als Partner. (Bsp.
Fiktive Bäckerei, S. 55-57)
Wichtige Merkmale der Bürokratie: Arbeitsteilung, Formalisierung, Amtshierarchie und
Trennung von Verwaltung und Eigentum.
2.5QUALITÄTSSICHERUNGSSYSTEM ISO 900X
ISO 9000, 9001, 9002, 9003 und 9004 sind
Qualitätssicherungssysteme der
Internationalen Organisation für Standardisierung. Sie wurden zwar viel später
entwickelt (die erste Norm 1987) als die klassischen Organisationstheorien, sind diesen aber
in vielen Belangen sehr ähnlich. Die ISO Norm 900x enthält eine Liste von Richtlinien, um
die Qualitätssicherung im Unternehmen zu gewährleisten. In einem Handbuch nach ISO
900x ist der genaue Ablauf jeder Aufgabe in der Organisation beschrieben. Dazu wird eine
Menge von Formularen entworfen, die zu jeder Handlung begleitend ausgefüllt werden, und
die rasche Aufdeckung von Fehlern möglich macht. Das Handbuch ist allen
Organisationsmitgliedern bekannt und wird im Idealfall von ihnen mitgestaltet. Die
Einführung der ISO 900x Norm bringt sowohl Vorteile im Kundenkontakt als auch interne
Vorteile für die Organisation mit sich. Kunden können eine definierte Qualität von Produkten
und Dienstleistungen erwarten, die über die Zeit konstant bleibt. Die Organisation kann alle
13. 13 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Tätigkeiten überwachen. Dazu müssen sich aber alle Mitarbeiter ganz genau an die Abläufe
im Handbuch halten und dies dokumentieren, was ein riesengroßer Aufwand ist, der geringen
Nutzen verspricht. Viele Kunden kennen die Richtlinien nicht. Im Ganzen ist das Konzept
sehr starr und lässt viele Entwicklungen der Organisationstheorien der letzten Jahre außer
Acht.
HIERARCHIE STARK; Autorität wird anhand der Regeln
Hierarchie und Autorität des Handbuchs durchgesetzt.
HOCH; jede Aufgabe ist genau beschrieben im Handbuch.
Spezialisierung der Arbeitsteilung
ENG; Hauptaufgabe der Organisationsleitung liegt im
Kontrollspanne Kontrollieren der Aufgaben und der damit verbundenen
Überprüfungen der Formulare
Trennung Beratende / entscheidende HOCH; beratende Positionen haben der externe Auditor und
Positionen einzelne Mitarbeiter, die Vorschläge zur
Qualitätsverbesserung machen sollen, inne. Orgleitung
besitzt alleinige Entscheidungsgewalt
Zentralisierung STARK; starke zentrale Leitung, die alleinige
Entscheidungen fällt und von externen Auditoren und
Mitarbeitern nur beraten wird.
Stichwörter: starr, geringe Flexibilität, Arbeitnehmer sollen sich bedingungslos an einen
„besten Weg“ der Arbeitsausführung halten, Sonst keine Fehlererkennung im Arbeitsprozess
möglich.
3. ZUR ZEIT DES ‚SOCIAL MAN’
Das Menschenbild des ‚social man’ entstand als Reaktion auf die rationale, individuelle
Ausrichtung des ‚homo oeconomicus’. Menschen haben soziale Bedürfnisse, welche
auch am Arbeitsplatz befriedigt werden müssen (die wichtiger sind als rein monetäre
Anreize). Nach Weinert (1998) lässt sich das Bild des ‚social man’ so beschreiben:
(1) Der arbeitende Mensch wird von sozialen Motiven geleitet und motiviert und nicht
von materieller Bel- und Entlohnung
(2) Durch seine sozialen Beziehungen erhält er sein Zugehörigkeitsgefühl zur
Organisation, seine Identität und den Willen der Integration in die Organisation
(3) Er handelt eher nach informellen Regeln und Normen, die typisch für seine Gruppe
sind als nach dem offiziellen Kontrollsystem der Organisation
(4) In Abhängigkeit von der Befriedigung seiner sozialen Bedürfnisse am Arbeitsplatz
reagiert er auf die Erwartungen der Leitung
(5) Im Zuge der industriellen Revolution mit der Zerstückelung der Arbeit hat die Arbeit
an Sinn verloren. Der Arbeitnehmer soll deshalb versuchen, seine Bedürfnisse in den
sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz wiederzugewinnen.
Kommunikation zwischen den Arbeitern, zwischenmenschliche Beziehungen und
Teilnahme an Entscheidungen gelten als wichtige nichtmaterielle Quellen der Motivation.
Der Be- und Entlohnung als Motivator wird hier wenig Wert zugemessen, Führungskräfte
sollen außerdem vermehrt personenzentriert agieren, sie sollen auf die Bedürfnisse der
Arbeiter und Angestellten eingehen, sie sollen als Sprachrohr zwischen der
Unternehmensleitung und den ausführenden Arbeitern agieren. Der Übergang zum ‚social
14. 14 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
man’ geht auf die Ergebnisse der Hawthorne-Studien zurück, die zeigten dass sozialer
Austausch am Arbeitsplatz die Leistung fördert.
3.1DIE HAWTHORNE-STUDIEN
Die Hawthorne-Studien wurden von 1927-1932 an den Hawthorne-Werken der Western
Electric Company nahe Chicago durchgeführt (von Mayo und Roethlisberger & Dickson).
Ursprünglich ging es um den Einfluss von Umweltbedingungen auf Arbeitsleistung,
Verhalten und Gesundheit. Es wurde eine Gruppe von Frauen untersucht, die die Aufgabe
hatten, Telefonrelais zu montieren. Beleuchtung, Arbeitszeit und Arbeitspausen wurden
systematisch variiert. Die Ergebnisse waren irritierend: bei jeder Veränderung verbesserte
sich die wöchentliche Arbeitsleistung. Dies wurde dahingehend interpretiert, dass die
freundlichen Versuchsleiter und deren Zuwendung sowie die informellen Kontakte zwischen
den Arbeiterinnen die Veränderungen ausgelöst hätten. Die Ergebnisse der Studie führten zur
Human-Relations-Bewegung. Allerdings wurde bei späteren Recherchen herausgefunden,
dass Mayo und Mitarbeiter wichtige Informationen unterschlagen hatten, die ihrer Deutung
nicht entsprachen. So etwa, dass die teilnehmenden Frauen unter privilegierten Bedingungen,
arbeiteten, erhielten bessere Löhne. Auch wurde ihnen angedroht, wieder an ihre alten
Arbeitsplätze zurückgeschickt zu werden, wenn sie ihre Arbeitsleistungen nicht steigern
würden. Die Experimente sind trotzdem von Bedeutung. Der Hawthorne-Effekt ist ein
Mythos mit imposanten Auswirkungen.
3.2DIE HUMAN-RELATIONS-BEWEGUNG
Die Human-Relations-Bewegung verschiebt den Fokus von den rein
ökonomischen Funktionen des Unternehmens hin zu den menschlichen
Beziehungen. Zum einen wird die Gruppe als soziales System erkannt, zum anderen
werden Gefühle wie Arbeitszufriedenheit als wichtiger Forschungsgegenstand
erkannt/entdeckt. Es zeigte sich etwa, dass individuelle Leistungssteigerungen aber auch
Leistungsminderung aus Gruppennormen resultieren können, die Gruppe also auf individuelle
Leistungen ausgleichend und nivellierend wirkt. Zudem gibt es eine Fülle von
Untersuchungen zu Gefühlen und Affekten am Arbeitsplatz. Nach einem ersten Aufschwung
kam es allerdings zu einer Einschränkung auf das Konzept der Arbeitszufriedenheit. Die
interessanten qualitativen Methoden und Beobachtungen der Anfangszeit wurden aber bald
von weniger kreativen Fragebogenstudien abgelöst. Arbeitspsychologen konzentrierten sich
auf die sozialen Faktoren eines Unternehmens, organisatorische Strukturen wurden ignoriert.
Kritisch ist, dass organisatorische Strukturen ignoriert wurden, also an Arbeitstätigkeiten
selbst nichts verändert wurde. So wurde z.B. nicht das Fließband an sich kritisiert, sondern
angeregt, es so zu gestalten, dass sich die Arbeiter während der Arbeit unterhalten konnten.
3.3ORGANISATIONSTHEORIEN
3.3.1 RENSIS LIKERTS PARTIZIPATIVE THEORIE
Likert (1972) untersuchte die Auswirkungen von Gruppenstrukturen auf die
Kommunikationsflüsse und den Verlauf von Entscheidungsprozessen innerhalb
einer Organisation. Angestrebt wird eine Verbesserung von innerhalb der
Organisation ablaufenden Gruppenprozessen. Likert analysierte zuerst sorgfältig die
Schwachstellen in klassischen Organisationsformen und entwickelte auf Basis dessen seine
15. 15 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Theorie von den vier Systemen , wobei jeweils zwei als autoritäre und zwei als
partizipative Systeme beschrieben werden.
- System 1: ausbeutend-autoritäres System
- System 2: wohlwollend-autoritäres System
- System 3: beratendes System (beratend-partizipativ), wobei allerdings die
Partizipation auf Beratung, als auf gelebte Mitentscheidung beruht.
- System 4: Gruppensystem (auch partizipativ)
Die Systeme markieren einen Übergang von der klassischen (1) bis hin zur idealen (4)
Organisationsform. Im System 4 sollen die Schwachstellen der klassischen Ansätze
überwunden sein. Das Gruppensystem basiert auf unterstützenden Beziehungen zwischen den
Mitgliedern der Organisation. Partizipation ist nur möglich (sinnvoll), wenn die
Kommunikation nicht nur von oben nach unten verläuft, sondern auch von unten nach oben.
Dies soll mit überlappenden Arbeitsgruppen (linking pins) gewährleistet werden, die
Gruppen hierarchischer Ebenen miteinander verbinden. (Überlappende Arbeitsgruppen
verbinden Gruppen hierarchischer Ebenen miteinander und ermöglichen partizipative
Entscheidungen). Neben den überlappenden Arbeitsgruppen führt Likert auch vertikal
verlaufende Gruppen ein, die als ständige Einrichtung oder als zeitlich begrenzte
Projektgruppern konzipiert sind. Nach den Hauptdimensionen lässt sich System 4
beschreiben:
HIERARCHIE FLACH; der ideale Führungsstil wird als
Hierarchie und Autorität personenzentriert und unterstützend beschrieben, es gibt
aber trotzdem Autoritätsbeziehungen, die Autorität geht vom
Gruppenleiter aus, der nicht von Person zu Person Autorität
ausübt, sondern gruppenzentriert agiert.
MITTEL; einem Arbeitsteam wird die Durchführung einer
Spezialisierung der Arbeitsteilung Tätigkeit übertragen. Limitierte Job-rotation befürwortet.
WEIT; Mitarbeiter sollen eigene Entscheidungen treffen.
Kontrollspanne
Trennung Beratende / entscheidende KEINE STRIKTE TRENNUNG; Zusammenarbeit und
Positionen Koordination erwünscht. Trennung zw. Entscheidende
(Kopf) und ausführende (Hand) Tätigkeiten aufgehoben.
Auch Unterscheidung in Stab (beratende Position) und Linie
(entscheidende Position) aufgehoben, da aufgrund seines
Spezialistenwissens der Stab einen größeren Einfluss auf die
Entscheidung haben muss. Sollen daher eng
zusammenarbeiten und sich in ihren Entscheidungen
gegenseitig beeinflussen.
Zentralisierung DEZENTRALISIERUNG; Entscheidungen werden auch in
tief liegenden hierarchischen Ebenen selbstständig getroffen.
Die Motivation der Mitarbeiter entsteht aus der Möglichkeit zur Mitentscheidung und
Identifikation mit Zielen der eigenen Arbeitsgruppe und der Organisation. Belohnungen
erfolgen anhand von Gruppenleistungen (um mögliche Konkurrenz zwischen den
Gruppenmitgliedern zu vermeiden). Teamfähigkeit der Mitarbeiter ist die
Grundvoraussetzung für das Funktionieren von Likerts Organisationstheorie. (Bsp. Fiktive
Bäckerei, S. 72-74). Arbeiter werden in Likerts Theorie von ausführenden Maschinen zu
mitentscheidenden Individuen, sie wird auch heute noch unterrichtet, da sie gut aufzeigt, wie
Gruppenstrukturen und überlappende Arbeitsgruppen die Kommunikation verbessern können.
Allerdings berücksichtigt er Umweltfaktoren nicht und sein Organisationsmodell ist in einer
sich ändernden Umwelt starr und unflexibel.
16. 16 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
3.3.2 ORGANISATIONEN ALS ‚OFFENE SYSTEME’
In den Theorien über offene Organisationsformen wird die Organisation als
natürliches System verstanden, welches mit der Umwelt und anderen Systemen
wechselseitig agiert (die Organisation ist ein natürliches in Interaktion mit der
Umwelt stehendes System). Die Grenzen eines Systems hängen von der Perspektive der
Betrachtung ab. So kann die Organisation das System sein und die Umwelt das Suprasystem,
oder aber Arbeitsgruppen werden als System betrachtet und die Organisation fungiert als
Suprasystem. Das System ist nicht offen, weil es permeable Grenzen hat, sondern weil es mit
der Umwelt interagiert. Annahmen, die sich daraus ergeben:
(1) Die Subsysteme einer Organisation sind voneinander abhängig und tragen
gemeinsam zur Zielerreichung bei.
(2) Bedürfnisse und Ziele einer Organisation müssen einander entsprechen.
(3) Das Gesamte ist mehr als die Summe der individuellen Handlungen. Die Analyse
individuellen Handelns kann also das System als Ganzheit nicht abdecken.
(4) Die Organisation als System ist ihrerseits Teil eines übergeordneten Suprasystems.
Daraus ergibt sich, dass ein Gleichgewicht zwischen den Anforderungen der Umwelt
und denen der Organisation gefunden werden muss. Das Gleichgewicht ist ein
Kompromiss zwischen einer Anpassung der Organisation an die Umwelt (Adaption)
und der Anpassung der Umwelt an das System (Akkommodation).
Wenn nur Anpassung der Org. an Umweltfehl notwendige Stabilität für Überleben,
nur/strikte Anpassung der Umwelt an Org. ist auf Dauer nicht möglich. Zum Beispiel zeigt
sich in der öffentlichen Verwaltung eine Abkehr von der Bürokratie als geschlossenes
System, da dieses System nach Jahrzehnten der verpassten Anpassungen an die verändernden
Umweltbedingungen den Anforderungen der Umwelt nicht mehr genügen kann.
3.3.2.1 CHESTER BARNARDS KOOPERATIVE SYSTEME
Barnards (1938) Kooperative Systemtheorie ist von Max Weber bürokratischer
Organisation beeinflusst, weicht aber von dessen mechanistischer Struktur ab. Als
wichtigstes Ziel gilt verstärkte und funktionierende Kooperation innerhalb der
Organisation. Organisationen sind soziale Systeme, die sich aus den
Handlungen von zwei oder mehreren Personen zusammensetzen . Mitarbeiter sind
Elemente, die mit anderen Elementen interagieren. Organisationen stehen außerdem in
Verbindung mit anderen, externen Systemen. Das Grundbedürfnis des Überlebens in der
Umwelt wird durch Anpassung an die Umwelt, aber auch durch Anpassung der Umwelt an
das System erreicht. Die Anpassungen erfolgen aber eher spontan und anhand von
informellen Organisationsstrukturen, Rationalität kann sie nicht erklären. Führungskräfte
sollen kommunizieren und motivieren, ein gemeinsames Ziel zu erreichen, außerdem die
Umwelt beobachten und Anpassungen einleiten. Barnard kam aus der Praxis und hatte die
Erfahrung gemacht, dass untergebene Mitarbeiter nicht bereit sind, Verantwortung zu
übernehmen, er spricht sich daher für enge Kontrollspannen und hohe Hierarchie aus.
HIERARCHIE HOCH; STARKE AUTORITÄT; Autorität
Hierarchie und Autorität geht aber von der Person aus, die Autorität akzeptiert.
Autorität wird akzeptiert, wenn die Organisationsziele den
eigenen nicht widersprechen und wenn die Verbindung zur
Organisation persönliche Vorteile bringt.
17. 17 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
HOCH; Spezialisierung bezieht sich aber nicht auf das
Spezialisierung der Arbeitsteilung Individuum, sondern auf die organisationale Einheit.
ENG; Kontrollspanne max. 15 Personen, ab dieser Anzahl
Kontrollspanne wird zeitliche und kommunikative Kapazität der
Führungskraft überschritten
Trennung Beratende / entscheidende KLARE TRENNUNG;
Positionen
Zentralisierung HOCH; zentrale Entscheidungsstrukturen, die von oben nach
unten laufen
Aus der fehlenden Systemrationalität ergibt sich jedoch mangelnde Planbarkeit von
organisationalen Reaktionen. Die Theorie ist sehr komplex, abstrakt und schwer verständlich,
daher auch empirisch schwer testbar.
3.3.2.2 KATZ UND KAHNS ORGANISATIONSMODELL ALS OFFENES, SOZIALES SYSTEM
Katz gilt als Begründer der offenen Systemtheorie. Für Katz & Kahn (1966) waren Likerts
und McGregors Theorien zu sehr auf das Individuum ausgerichtet, während die
Organisationssoziologie den Arbeiter als Individuum völlig außer Acht ließ. Ziel der beiden
war es, mikro- sowie makroanalytische Ansätze zu integrieren . Individuelle
Arbeitnehmer sind mit der Organisation verbunden, indem sie Rollen innerhalb des Systems
übernehmen. Als Kernthemen gelten die Fragen nach Effektivität der Organisation und nach
den Merkmalen des Rollensystems. Organisationen im Spannungsfeld zwischen den
Voraussetzungen ihres technischen Produktionsprozesses und den Anforderungen der
Umwelt. Sie dienen der Transformation von Energie, indem Rohstoffe und Arbeitskraft
(‚input’) in ein Produkt (‚output’) umgewandelt werden. (In Organisationen werden Rohstoffe
und Arbeitskraft (‚input’) in ein Produkt (‚output’) umgewandelt). Demnach werden
Organisationen davon bestimmt, was von außen an sie herangetragen wird, von dem, was
innerhalb der Organisation geschieht und von den Beziehungen zwischen Organisation und
Umwelt. Sie entwickeln sich außerdem aus einfachen Strukturen zu komplexen sozialen
Systemen und durchlaufen dabei vier Stadien:
(1) Einfache Organisation: Herstellung des Produkts steht im Mittelpunkt des Interesses.
Die technischen Produktionsaufgaben stellen die Basis der Zusammenarbeit dar und
werden im technischen bzw. produktiven System ausgeführt.
(2) Die Organisationsmitglieder spezialisieren sich in der Entwicklung der
unterstützenden Systeme. Die Organisation erfüllt schon drei Funktionen: Einkauf
der Rohmat., Produktion des Endprod., Verkauf des Produkts.
(3) Die interne Organisation dieser Bereiche wird optimiert im Management-System und
es wird in aufrechterhaltende Systeme investiert (Personalabteilungen,
Buchhaltungen, PR, ...).
(4) Entwicklung von adaptiven Systemen, da die Organisation ja in eine dynamische
Umwelt eingebettet ist. Aufgabe: die Umwelt beobachten und die Anpassung der Org.
an sich ändernde Umweltbedingungen einzuleiten (z.B. Marktforschungsabteilung).
Die beschriebenen Systeme können innerhalb einer Organisation bestehen, oder eigene
Organisationen bilden (z.B. Consulting-Firmen = bieten als aufrechterhaltende und adaptive
Systeme ihre Leistungen an). Das Individuum nimmt in der Organisation eine Rolle
an, ein spezifisches Verhaltensmuster, das mit einer Position im Unternehmen
einhergeht. (Rolle ist ein spezifisches Verhaltensmuster einer Person, die eine bestimmte
Position im Unternehmen einnimmt) Rollen werden intersubjektiv verschieden interpretiert
18. 18 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
und ausgefüllt. Jede Person kann außerdem in verschiedenen Systemen und Gruppen auch
verschiedenen Rollen übernehmen. Mit dem Konzept der Rolle sind aber auch Probleme
verbunden:
- In der Rolle können nur Teile der Persönlichkeit integriert sein, ein anderer Teil muss
während der Rollenübernahme aufgegeben werden.
- Die organisationale Definition der einzelnen, positionsspezifischen Rollen ist nicht
unbedingt ident mit dem Verständnis des Rollenträgers.
- Komplexe Verhaltenserwartungen, v.a. wenn eine Rolle mehrere Aktivitäten umfasst
oder ein Job verschiedene Rollen.
- Je komplexer die Rollenerwartungen, desto leichter können Rollenkonflikte entstehen:
Intra-Sender-Konflikt entsteht, wenn die Anforderungen der Rolle persönlichen
Werten entgegensteht. Inter-Sender-Konflikte bestehen, wenn von mehreren
Außenstehenden konkurrierende Erwartungen an den Rollenträger gestellt werden.
Wenn aus mehreren Rollen verschiedene, sich widersprechende Anforderungen an
eine Person gerichtet werden (interrole).Person-Rolle-Konflikte ergeben sich, wenn
die Rollenanforderungen die Person in ihren Fähigkeiten überfordern.
Theoretisches Modell der Rollenübernahme, S. 83:
Merkmale
der
Person
Organisa- Rollensender Person
tions-
faktoren Rollen- Gesendete Angenomme Rollen-
erwartungen Rolle ne Rolle verhalten
Inter-
personelle
Faktoren
Humanressourcen können optimal genutzt werden, wenn die Rollenerwartungen an den
Einzelnen klar definiert sind und die Motivation der Mitarbeiter auf intrinsischen Faktoren
beruht. Organisationen sowie die Umwelt sind dynamische Systeme, es reicht daher nicht aus,
Rollen zu Beginn ein für allemal festzulegen.
In wenig dynamischen Umwelten sind Hierarchien stark; die
Hierarchie und Autorität Stärke der hohen Hierarchie liegt in ihrer Effizienz. In
dynamischen Umwelten sollte demokratische
Entscheidungsprozesse gefördert werden, dabei wird das
19. 19 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
menschliche Potential besser genutzt; organisationale Ziele
sind den Mitgliedern bekannt, kreative und innovative
Lösungen werden gefördert, ebenso intrinsische Motivation.
Autorität ist Macht, die von der Organisationsstruktur und
dem Rollensystem legitimiert wird, sie wird eingesetzt um
die Rollenerfüllung zu überwachen.
Spezialisierung ist Voraussetzung des Rollensystems.
Spezialisierung der Arbeitsteilung
WEIT; z.B. Buddy-System: zwei Gleichgestellte werden zu
Kontrollspanne Paaren zusammengefasst, die jeweils für die Rollenerfüllung
des Partners zuständig sind. Bei Regelverletzung kann ein
Vorgesetzter informiert werden. Autoritätssystem in
Großfamilien
Trennung Beratende / entscheidende Unterscheidung eher in entscheidende und ausführende
Positionen Organe. Beide unabhängig treffen mangelhafte
Entscheidungen. Entscheidungen sollten daher von mehreren
Hierarchieebenen getroffen werden.
Zentralisierung DEZENTRALISIERUNG kann in großen und komplexen
Organisationen die Effektivität erhöhen, da in kleineren
Einheiten schneller auf die Umwelt reagiert werden kann.
Die Theorie ist bedeutend aufgrund ihrer genauen Analyse des Rollensystems innerhalb von
Organisationen. Ihre Konzeption von Organisationsstrukturen ist aber klassisch und sie
scheinen gute Rollenausführung ohne Überwachung und Kontrolle zu bezweifeln. In der
Umsetzung war Likerts Theorie, die Katz und Kahn anfangs kritisierten, für ihre Zeit mutiger
und innovativer.
3.3.2.3 DAS SOZIOTECHNISCHE SYSTEM
In der soziotechnischen Systemforschung der Tavistock-Gruppe (GB) wird die
Human-Relations-Bewegung dahingehend kritisiert, dass sie die technischen Ablaufprozesse
zugunsten des sozialen Gefüges ignoriert hätten. Das technische System stellt hier
einen Mediator zwischen Input und Output der Organisation dar. Das soziale
und das technische System sind wechselseitig voneinander abhängig . Die
Annahmen der Tavistock-Gruppe gehen auf Studien im englischen Kohlebergbau zurück, bei
denen dir Forscher als Berater engagiert worden waren. Die klassische Soziotechnik wurde
außerdem von dem norwegischen Programm der industriellen Demokratie geprägt (1962-
1969). In den Experimenten konnten zwar soziale Auswirkungen von technischen
Veränderungen gezeigt werden, diese ließen sich aber nicht auf das ganze Unternehmen
generalisieren. In der modernen Soziotechnik wurde der Schwerpunkt auf betriebliche
Partizipation gelegt. Zusammenfassend machen 9 Prinzipien die soziotechnische
Systemtheorie aus:
(1) Wiederholung der Funktionen wird angestrebt im Gegensatz zu der Wiederholung
der Arbeitstätigkeit.
(2) Interne Koordination und Kontrolle im Rahmen von kleinen Einheiten.
Selbstregulation.
(3) Demokratie und Partizipation der Mitarbeiter an Entscheidungsprozessen.
(4) Gemeinsame Optimierung von abhängigen Aspekten und Systemen wird
angestrebt.
(5) Die humane Arbeitskraft wird als Potential eines Unternehmens gewürdigt.
20. 20 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
(6) Die Organisationsentwicklung soll den Rahmen der Organisation bestimmen, aber
nicht alles bis ins letzte Detail planen.
(7) Komplexe Aufgaben in einer einfachen Organisation statt einfachen Aufgaben in
einem komplexen System.
(8) Fokus liegt auf der Gruppe und nicht auf dem Individuum.
(9) Vollständige Aufgaben sollen Interesse und Bindung an die Arbeit erhöhen.
FLACHE HIERARCHIE; wenig Überwachung und
Hierarchie und Autorität Kontrolle.
Nur, wenn unbedingt erforderlich.
Spezialisierung der Arbeitsteilung
WEIT; da Kontrolle und Koordination der Arbeitsgruppe
Kontrollspanne übertragen wird
Trennung Beratende / entscheidende Geringe Bedeutung, da demokratisch entschieden wird und
Positionen da durch die gleiche Aufteilung der Aufgaben eher
Generalisten als Experten
Zentralisierung DEZENTRALISIERUNG;
Lange wurden die Ergebnisse der soziotechnischen Systemtheorien nicht aufgegriffen
(Grund: mangelnde Kontrollierbarkeit von teilautonomen Arbeitsgruppen). Erst in den 1980-
ern konnten sich teilautonome Arbeitsgruppen etablieren. Die Bedeutung der Theorie ist für
die heutige Arbeitsgestaltung groß. Am zielführendsten wäre es, wenn Techniker und
Sozialpsychologen gemeinsam technische Abläufe entwickeln würden, und nicht v.a. soziale
Gegebenheiten an das technische System angepasst würden. (Bsp. Fiktive Bäckerei, S. 92-
94). Die Soziotechnik macht auch deutlich dass die Trennung in Arbeitspsychologie und
Organisationspsychologie künstlich ist, man spricht heute nur noch von A&O Psychologie als
gemeinsames Forschungsgebiet. Denn die Organisation mit den technischen Abläufen und die
individuelle Arbeitstätigkeit hängen voneinander ab und beeinflussen sich gegenseitig.
4. ZUR ZEIT DES ‚SELF-ACTUALIZING MAN’
Zwischen 1950- 1970 setzte sich das Menschenbild des ‚self-actualizing man’ durch. Der
Fokus wanderte wieder von der Gruppe zum Individuum. Menschen wird eine Vielfalt an
Bedürfnissen zugeschrieben, welche in der Arbeit befriedigt werden sollten. Es wurde
erkannt, dass Arbeitnehmer nach Selbstverwirklichung am Arbeitsplatz streben.
Selbstverwirklichung und Motivation wurden als wichtige Motivationsquellen der Arbeit
erkannt. Merkmale des self-actualizing man:
(1) Alle Arbeitnehmer streben nach Selbstverwirklichung. Den Sinn der Arbeit zu
erkennen, kann erst dann erreicht werden, wenn niedere Bedürfnisse befriedigt sind.
(2) Menschen sind dazu fähig, sich am Arbeitsplatz weiterzuentwickeln und möchten als
reife Mitarbeiter verstanden werden. Weiterentwicklung ist den Menschen möglich,
allerdings nur, wenn autonome Entscheidungen getroffen werden können, Chancen
auf längerfristige Entwicklungen bestehen und Arbeitnehmer flexibel auf
Veränderungen reagieren können und dürfen.
(3) Menschen sind primär intrinsisch motiviert. Sie wollen die Motivation zur Arbeit
aus der Arbeitstätigkeit selbst beziehen. Externe Belohnung bewirkt eine eher passive
Anpassung und behindert dadurch ihre Weiterentwicklung zu einem höheren Grad an
Maturität.
(4) Zwischen dem individuellen Streben nach Selbstverwirklichung und den
organisationalen Zielen besteht nicht zwingend ein Konflikt oder Widerspruch.
21. 21 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Führungskräfte sollen nun primär anregen, unterstützen und fördern und für intrinsische
Motivation sorgen. Dies geschieht v.a. durch die Übertragung von Autonomie und
vollständigen Aufgaben. Sie sollen als Mediatoren zwischen den Zielen der Organisation
und denen der Mitarbeiter fungieren.
4.1HUMANISIERUNG DER ARBEIT
In den 1970-er Jahren war eine tiefe Krise in der Arbeitsmotivation ersichtlich: hohe
Fluktuation, bemerkbarer Qualitätsverlust in der Fertigung, Streiks. Die Kritikpunkte an der
Gestaltung der Arbeit bezogen sich v.a. auf die negativen Konsequenzen der tayloristischen
Arbeitsteilung. Phase 2, der ‚social man’ entwickelte sich teilweise überlappend mit dem
‚self-actualizing man’, letzterer baut also weniger auf ersterem auf, als dass auch er eine
Reaktion auf den Taylorismus darstellt. Als Antwort auf die Probleme wurde eine verstärkte
Humanisierung der Arbeit gefordert. Ziel der Arbeitsorganisation ist eine positive
Persönlichkeitsentwicklung der Mitarbeiter
INHALTSTHEORIEN DER MOTIVATION (SIEHE KAPITEL MOTIVATION)
4.1.1 DIE BEDÜRFNISPYRAMIDE NACH ABRAHAM MASLOW =MOTIVATIONSTHEORIE
Maslow (1954) unterscheidet fünf Klassen von Motiven:
1. Physiologische Grundbedürfnisse
2. Sicherheitsbedürfnisse
3. Soziale Bedürfnisse
4. Bedürfnisse nach Wertschätzung
5. Selbstverwirklichung als Wachstumsmotiv
Physiologische Grundbedürfnisse: befinden sich auf der untersten Ebene der Pyramide. Zu
diesen Motiven zählen die elementaren Bedürfnisse des Menschen, welche zur
Aufrechterhaltung des menschlichen Organismus beitragen: Nahrung zur Befriedgung von
Hunger und Durst, Schlaf, Sexualität.
Sicherheitsbedürfnisse: bauen auf den physiologischen Bedürfnissen auf und umfassen das
Bedürfnis nach Sicherheit, Struktur, Ordnung, Recht, Grenzziehung und Schutz
beziehungsweise Angstfreiheit.
Soziale Bedürfnisse: dritte Stufe auf der Motivationspyramide, beschreiben das menschliche
Bedürfnis nach Zuneigung und Zugehörigkeit zu Gruppen.
Bedürfnisse nach Wertschätzung (Ich- oder Ego-Motive): Erfolg, Selbstvertrauen,
Kompetenz, aber auch von der Gruppe abhängige Bedürfnisse wie Macht, Status und
Beachtung.
Selbstverwirklichung als Wachstumsmotiv: steht an der Spitze der Bedürfnispyramide.
Entfaltung, Selbstaktualisierung und Entwicklung des eigenen Potentials.Transparenz
Die Kategorien lassen sich in eine Rangordnung bringen. Nur nach Befriedigung unterer
Bedürfnisse werden höhere aktiviert. Die ersten vier Klassen werden Defizitmotive (=
22. 22 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Bedürfnis erst dann aktiviert, wenn ein Mangel oder Defizit erkannt wird, sie sind befriedigt,
wenn ein Mangel aufgehoben wird) genannt. Selbstentfaltung ist ein Wachstumsmotiv: es
führt zur Persönlichkeitsentwicklung und kann nicht gesättigt werden. (Maslows
Bedürfnispyramide, S. 99). Wachstumsmotiv: entspringt weder einem Mangel, noch kann es
jemals gestillt werden. Das Bedürfnis wächst, während es befriedigt wird. Z.B. Die
Selbstentfaltung wird sogar angeregt, wenn erste Schritte der Selbstverwirklichung getan
wurden. Die Aktivierung von ranghöheren Bedürfnissen hängt davon ab, ob die rangniedrigen
befriedigt sind.
http://www.regiolog.de/manager/partner/gs/sem/evo/lexikon/lex/Maslow.gif (Zugr.:05-01-24)
Maslows Ansatz kann erklären, dass in Zeiten von Mangel materielle Entlohnungssysteme als
Motivatoren ausreichen. In Zeiten ohne existentielle Bedrohung allerdings streben Arbeiter
nach höheren Motiven. Die Theorie gilt als Klassiker der Inhaltstheorien der Motivation und
hat die Aufmerksamkeit auf Selbstverwirklichungsmotive gelenkt.
Kritik: 1.) Ab welchem Zeitpunkt Bedürfnisse als befriedigt erlebt werden, ist allerdings
interindividuell verschieden. 2.) Die hierarchische Anordnung der Bedürfnisse entspricht
nicht der Vielfalt der individuellen Wertigkeiten (Menschen nur nach Selbstverwirklichung,
Van Gogh). 3.) Die Bedürfnisklassen sind nicht eindeutig voneinander trennbar (Nahrung =
physiologisch + sozial in netter Gesellschaft). 4.) Bedürfnisse können außerdem substituiert
werden, wenn sie nicht befriedigt werden (Verzicht auf soziale und Machtbedürfnisse
zugunsten größerer Arbeitssicherheit). 5.) Das Bestreben, einzelne Motive zu befriedigen,
hängt zudem von realen oder subjektiven Möglichkeiten ab, die eine Befriedigung zulassen
oder eben nicht. 6.) Bedürfnisse werden schließlich auch von Berufsgruppen mit ihren
spezifischen Werten, Zielen und Normen beeinflusst.
Alderfer (1969) legte die Basis für empirische Überprüfungen mit seinen drei Gruppen von
Kernbedürfnissen (ERG):
(1) Existenzbedürfnisse (existence)
(2) Beziehungsbedürfnisse (relatedness)/soziale Bedürfnisse
(3) Wachstumsbedürfnisse (growth)/Entfaltungsbedürfnisse
23. 23 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Die Daseins- und Existenzbedürfnis entspricht Maslows physiologischen und
Sicherheitsbedürfnissen. Das Beziehungsbedürfnis fasst die sozialen Bedürfnisse und die Ich-
Motive zusammen und das Bedürfnis nach Selbsterfüllung bezeichnet Alderfer als „groth
needs“. Alderfer nimmt nicht nur die Wirkung von Motiven auf die nächsthöheren an,
sondern beschreibt auch eine Auswirkung auf nächstniedrige Bedürfnisse. Das heißt, wenn
ein Bedürfnis befriedigt ist, wird das nächsthöhere aktiviert (auch bei Maslow), eine
Nichtbefriedigung eines Bedürfnisses kann jedoch die darunter oder auch die darüber
liegenden aktivieren (widerspricht Maslows Annahmen).
(Auch die Bedürfnisklassen von Maslow lassen sich diesen Kernbedürfnissen zuordnen. Alderfer geht jedoch
nicht von einem fixen hierarchischen Modell aus, sondern meint, dass gleichzeitig mehr als ein Bedürfnis
aktiviert sein kann und je nach Kultur unterschiedliche Bedürfnispräferenzen zum Tragen kommen. )
4.1.2 DIE ZWEI-FAKTOREN-THEORIE VON HERZBERG, MAUSNER UND SNYDERMAN
Herzberg et al. (1959) entwickelten die Zwei-Faktoren-Theorie : Zufriedenheit und
Unzufriedenheit werden von je zwei unterschiedlichen Faktorengruppen beeinflusst. Sie
verwendeten die Methode der kritischen Ereignisse, die auf Flanagan zurückgeht. Kritische
Ereignisse werden im Gegensatz zu alltäglichen Ereignissen leichter erinnert und können auch
nach einiger Zeit einigermaßen detailgetreu berichtet werden. Sie fragten Personen nach
Arbeitssituationen, in denen sie sich besonders gut gefühlt hatten und nach solchen, in denen
sie sich besonders schlecht gefühlt hatten. Die Ergebnisse machen deutlich, dass in „guten“
Situationen andere Aspekte zählen, als in den „schlechten“. Mausner und Snyderman
schlossen daraus, dass zwei unabhängige Faktorenkategorien (die Zufriedenheit bzw.
Unzufriedenheit auslösen) für Mitarbeiter in Arbeitsorganisationen wichtig sind:
- Hygienefaktoren (dissatisfiers, Kontextfaktoren’/extrinsische Faktoren) können
Unzufriedenheit der Arbeiter auslösen, wenn sie nicht befriedigt werden (nicht aber
Zufriedenheit bewirken). Sie beziehen sich auf die Merkmale der Arbeit, die außerhalb
der Person selbst liegen, wie Bezahlung, Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitsbedingungen,
Status, Reglementierungen und Verwaltungsprozesse der Organisation, Verhalten der
Führungskräfte und die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen am
Arbeitsplatz.
- Motivatoren (satisfier, intrinsische Faktoren‚ Kontenfaktoren’) bewirken
Zufriedenheit der Arbeitnehmer, wenn sie in der Arbeit gegeben sind. Die
Motivatoren beschreiben hingegen Merkmale der Arbeitstätigkeit selbst und der
Person, welche die Arbeit ausführet: Leistung, Anerkennung, Verantwortung, die
Arbeit selbst, Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung.
Die Autoren revidierten damit die Sicht, dass Zufriedenheit und Unzufriedenheit zwei Pole
derselben Dimension seien/sind keine gegensätzlichen Pole einer Dimension. Vielmehr sind
die zwei voneinander unabhängige Dimensionen.
Hygienefaktoren können nicht zu Zufriedenheit führen, allenfalls zu Nichtunzufriedenheit,
umgekehrt führen Motivatoren zu Zufriedenheit und im Falle des Fehlens zu
Nichtzufriedenheit, aber nicht zu Unzufriedenheit.
Herzberg gilt oft auch als Vater des ‚job enrichment’ (Garant für Zufriedenheit der
Mitarbeiter), weil die Zwei-Faktoren Theorie eine theoretische Erklärung der Wirkung von
Autonomie auf die Arbeitsmotivation anbietet. Kritik:
24. 24 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
(1) Die Theorie wurde anhand der Methode der Kritischen Ereignisse erstellt, deren
Validität fragwürdig ist. Mechanismen zum Schutz des Selbstwerts (Ich-Abwehr-
Mechanismen) könnten die Zwei-Faktoren Theorie bedingen: Es ist leichter die
Ursachen der Unzufriedenheit anderen als sich selbst in die Schuhe zu schieben, und
es ist angenehm die Gründe für Zufriedenheit bei sich selbst zu suchen.
(2) Auch die Reliabilität der Methode ist fraglich. Die Auswertungskategorien der
kritischen Ereignisse überlappen, und die Zuordnung von Faktoren in die Kategorien
der Motivatoren und Hygienefaktoren ist oft willkürlich.
(3) Die Theorie gilt als Theorie der Arbeitsmotivation. Die Teilnehmer wurden allerdings
nach (kritischen) Situationen befragt, in denen es ihnen gut/ schlecht gegangen
seidamit können keine Aussagen über die Arbeitszufriedenheit gewonnen werden,
weniger über die menschliche Motivation.
(4) Es fand keine generelle Erhebung der Arbeitszufriedenheit statt. Es wurden nur
einzelne Aspekte der Arbeit befragt, dadurch können keine Aussagen über die
generelle Arbeitszufriedenheit gemacht werden.
(5) Bekannte Forschungsarbeiten anderer Wissenschaftler wurden ignoriert:
Situationsmerkmale etwa wurden nicht miteinbezogen.
(6) Die Beziehung zwischen Arbeitszufriedenheit und Leistung ist komplexer als von
den Autoren beschrieben.
(7) Gruppenarbeit als Motivationsfaktor wird ungenügend miteinbezogen, da
Beziehungen den Hygienefaktoren zugerechnet werden.
Trotzdem hat die Theorie viele fruchtbare weitere Entwicklungen angeregt: Wichtige
Forschungsarbeiten zur Arbeitsmotivation, wie etwa Hackman und Oldhams „Job
Charakterics Model“.
4.2ORGANISATIONSTHEORIEN
‚Neoklassische Organisationstheorien’ wurden in Reaktion auf das Menschenbild des
homo oeconomicus entwickelt. Zu den Neoklassische Organisationstheorien zählen die
partizipative Theorie nach Likert (1961), die Organisationstheorie von McGregor und Agyris.
Sie unterscheiden sich untereinander v.a. darin, ob sie den Fokus auf die Gruppe legen oder
auf das Individuum.
4.2.1 THEORIE X UND THEORIE Y VON DOUGLAS MCGREGOR
Diese Theorie stellt eher eine Metatheorie von der Sichtweise des arbeitenden Menschen dar,
als eine konkret einsetzbare Organisationstheorie. Für McGregor (1960) ist das
Management für die Produktivität von Organisationen verantwortlich. Seine Aufgabe ist es,
die Organisationsmitglieder zu leiten, motivieren, zu kontrollieren, sowie ihr Verhalten so zu
lenken, dass die organisationalen Ziele erfüllt werden. Führungsstil und –verhalten des
Managements hängen davon ab, welches Menschenbild Führungskräfte über den arbeitenden
Menschen haben:
- Theorie X : der Mensch ist von Natur aus träge, arbeitsscheu, ohne Ehrgeiz und muss
durch Belohnungsanreize sowie negative Sanktionen zur Arbeit angehalten werden. Er
übernimmt ungern Verantwortung und will geführt werden. Ein auf Theorie X
aufbauender Führungsstil praktiziert Lenkung durch Kontrolle und Autorität.
McGregor beschreibt die Theorie auch als Irrlehre und Summe von Vorurteilen.
25. 25 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
- Theorie Y : idealistischeres Bild vom Menschen. Der Mensch ist organisationalen
Zielen gegenüber nicht passiv und gleichgültig. Motivation, Entwicklungspotential
und Verantwortungsbereitschaft sind gegeben. Menschen lassen sich durch
selbstgesetzte Ziele motivieren und lenken. Dieser Führungsstil fördert Integration und
Selbstkontrolle der Untergebenen.
Der Teufelskreis der Theorie X und die verstärkende Wirkung der Theorie Y, S. 111.
Theorie X
bestätigt daraus folgt
Verantwortungsscheu, Strenge Vorschriften
keine Initiative und Kontrolle
führt zu Passives bewirkt
Arbeitsverhalten
Theorie Y
verstärkt daraus folgt
Initiative und Verant- Handlungsspielraum,
wortungsbereitschaft Selbstkontrolle
führt zu Engagement für die ermöglicht
Arbeit
Das Führungsverhalten und das Verhalten des Geführten sind voneinander abhängig. Im Fall
der Theorie X entsteht ein Teufelskreis gemäß dem Prinzip der selbsterfüllenden
Prophezeiung. Glauben Führungskräfte an die Theorie X, werden sie ihre Mitarbeiter stark
kontrollieren und Eigenverantwortung und Autonomie eingrenzen. Die Arbeitnehmer werden
sich eher passiv verhalten, um Strafen zu vermeiden, und die Übernahme von Verantwortung
scheuen. Auch Eigeninitiativen sind selten. Die Führungskraft erlebt und erfährt, dass sich
ihre Mitarbeiter gemäß der Theorie X verhalten, erkennt aber nicht, dass ihr eigenes
Führungsverhalten die Ursache dafür ist. Der Führungsstil soll den Bedürfnissen der
Arbeitnehmer angepasst sein. Theorie X kann nur effektiv sein, wenn die Arbeiter nach
Befriedigung von Grundbedürfnissen streben. Sind allerdings sensu Maslow höhere Motive
aktiviert, kann sie die Bedürfnisse nicht befriedigen: Frustration und Demotivation ist die
Folge. Der große Verdienst McGregors besteht in der Problematisierung von Vorurteilen. Sie
ist allerdings weniger eine tatsächliche Organisationstheorie, als eher ein philosophischer,
normativer Ansatz.
4.2.2 INTEGRATION DES INDIVIDUUMS UND DER ORGANISATION NACH CHRIS ARGYRIS
Argyris versuchte in seinen Arbeiten eine Verbindung zwischen Psychoanalyse
und administrativen Prozessen. In seinen frühen Arbeiten (1957- 1964) beschreibt er die
Organisation als Kollegialsystem, welches arbeitenden Menschen Möglichkeiten zur
Selbstverwirklichung bietet. In den späteren Arbeiten (ab ca. 1970) beschreibt er lernende
Organisationen (Kapitel 6.3.1). Organisationales Verhalten basiert auf folgenden Faktoren,
die miteinander verwoben und voneinander abhängig sind:
26. 26 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
1. Individuelle Persönlichkeit/Merkmalen: basierend auf den Arbeiten
Eriksons strebt der erwachsene Mensch in der Arbeit nach
Selbstverwirklichung und psychologischem Erfolg. Dieser wird erlebt, wenn
Arbeitsziele den eigenen Bedürfnissen angepasst werden können und die
Mittel der Zielerreichung gewählt werden können.
2. Formale Organisation(sstrukturen): klassische Organisationstheorien bieten
den Arbeitern wenig Kontrolle, nur repetitive und wenig anspruchsvolle
Tätigkeiten.
3. Die Organisation in ihrer Gesamtheit besteht neben den formalen Strukturen
auch aus dem informellen oder sozialen System/informellen
Gruppenprozessen. Es besteht aus informellen Gruppen mit eigenen Regeln
und eigener Gruppendynamik.
In klassischen Organisationstheorien besteht ein Antagonismus zwischen den
organisationalen Zielen und individuellen Bedürfnissen, es werden wenig Möglichkeiten für
Autonomie und psychologischen Erfolg geboten, was zu Frustration, Konflikten und
Misserfolg führt. Zum Schutz der eigenen Integrität und mentalen Gesundheit passen sich die
Mitarbeiter an: Verlassen der Organisation, Karrieresprünge auf höhere Managementebenen,
psychoanalytische Abwehrreaktionen (Rationalisierung, Projektion). Auch Rückfälle in
frühere Entwicklungsstufen sind zu beobachten, sie zeigen sich abhängig, desinteressiert und
mit kurzfristigen Perspektiven. Die Konflikte können jedoch von dem informellen System
abgeschwächt werden.
Agyris (1964) entwickelt ein neues Organisationsmodell, das Mix-Modell , um die
negativen Konsequenzen der klassischen Organisationsstruktur für den arbeitenden Menschen
zu überwinden. Hauptfunktionen der Organisation sind Realisierung der Organisationsziele,
Aufrechterhaltung des internen Systems und die Anpassung an sich ändernde
Umweltbedingungen. Zudem soll das Individuum psychologischen Erfolg erleben. Mix-
Modell heißt da Modell, da er einen Mix aus verschiedenen Strukturen innerhalb einer
Organisation für möglich hält, etwa neben einer hierarchischen Pyramide auch Strukturen mit
flacher Hierarchie. Im Idealfall bestehen Organisationen vorrangig aus Strukturen, welche
maximalen psychologischen Erfolg ihrer Mitglieder ermöglichen. Diese Struktur lässt sich
anhand der Kriterien einer Organisation folgendermaßen beschreiben:
Abhängig von der Art der Entscheidung. Entscheidungen
Zentralisierung und Hierachie nach hierarchischen Aspekten sollten nur bei Krisen- und
Ausnahmesituationen, bei Routineentscheidungen und
solchen, die die Selbstverwirklichung nicht gefährden,
getroffen werden.
GERING; Erweiterung der Arbeitstätigkeit (Kontrolle über
Spezialisierung der Arbeitsteilung Ziele, Umsetzung) ist ein wichtiger Faktor für
psychologischen Erfolg. Ist die Erweiterung aufgrund
technischer Gegebenheiten nicht möglich, kann der
Entscheidungsspielraum erweitert werden:
- durch Partizipation in den Entscheidungsprozessen
- Gruppen können Vertreter wählen, die an
Entscheidungen mitwirken
- Förderung des Feedbacks
- Mitentscheidung über die Qualitätsstandards der
eigenen Tätigkeit
WEIT; Eigenverantwortung und gleichverteilte Autorität,
Kontrollspanne, (fehlende Kontrolle fördert unreifes Verhalten)
Eigenverantwortung, gleichverteilte
27. 27 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Autorität
Trennung Beratende / entscheidende Trennung; allerdings sollten die Funktionen überlappen.
Positionen Beratendestark an Entscheidgprozesse beteiligt werden
sollen, staffsoll mehr Einblick in die Org. als Ganzes
gewinnen durch transparente Aufgabenstellungen
Zentralisierung und Hierarchie Ebenso wie Hierarchie abhängig von der Entscheidung;
Die Gründe für ‚unreifes’ Verhalten der Angestellten werden einseitig in der
Organisationsstruktur lokalisiert. Allerdings räumt Agyris in späteren Konzeptionen ein, dass
die erfolgreiche Umsetzung seines Modells auch von der individuellen Reifestufe des
Einzelnen abhängt.
4.2.3 DIE THEORIE DER FIRMA VON MARCH, SIMON UND CYERT
March & Simon (1958) und Cyert & March (1963) beschreiben die Organisation als
System von Individuen, die Entscheidungen fällen. Ihr Fokus liegt auf dem
Individuum. Ein Unternehmen verfolgt die Ziele seines Leiters, der versucht, möglichst viele
Mitarbeiter zu gewinnen. Das Verhalten in Organisationen beruht auf der Summe von
individuellen Entscheidungen. Organisationen sind Systeme von Individuen, die
Entscheidungen treffen. Zwei Entscheidungen der Mitglieder sind für das Funktionieren
der Organisation von Bedeutung:
- Die Entscheidung, im Unternehmen zu bleiben oder dieses zu verlassen.
- Die Entscheidung, dem Erwartungsniveau des Unternehmens entsprechend, Leistung
zu erbringen oder zu verweigern.
Entscheidungen werden von inneren Zuständen sowie von Umgebungsfaktoren
beeinflusst. Im Zentrum der Theorie steht das Prinzip der ‚bounded rationality’. Nur ein Teil
der vorhandenen Informationen wird genutzt aufgrund von Zeitdruck (motivationaler Grund)
und der zu großen Zahl der vorhandenen Informationen (kognitive Limitierung). Zuerst
werden immer bekannte Lösungen überlegt, neue nur gesucht, wenn die alten scheitern.
Verschiedene Individuen mit unterschiedlichen Interessen, Werten und Zielen bilden
Koalitionen. Um die eigenen Interessen durchzusetzen, werden an andere Personen ‚side
payments’ gezahlt, wobei über Geld, Status, Positionen oder Autorität verhandelt werden
kann. Side payments binden längerfristig Ressourcen und schränken die Organisation in ihrer
Weiterentwicklung ein. Ziele und Entscheidungsprozesse (oder Lösungen) werden im
Nachhinein den side payments angepasst (z.B. ein Mitarbeiter soll zum Abteilungsleiter
befördert werden und man muss im Nachhinein ein ‚Problem für die Lösung abwarten’, also
eine Situation, die die Beförderung nötig macht). Die Organisationsstruktur soll dem
menschlichen Entscheidungsverhalten mit seiner begrenzten Fähigkeit zur Infoverarbeitung
angepasst sein. Sie schlagen kein allgemeines Modell vor, sondern beschreiben zielführendes
organisationales Verhalten in verschiedenen Situationen. (Bsp. Fiktive Bäckerei S. 123-
125)
Starke Hierarchie ist nur in stabilen Umwelten möglich.
Hierarchie und Autorität Entscheidungen, die für die Organisation von weniger
Bedeutung sind, für das Individuum aber von hoher, sollen
dem Individuum übertragen werden. Mit dem Arbeitsvertrag
akzeptiert der Mitarbeiter ein Autoritätsverhältnis zur
Organisation.
Abhängig von der Art der Arbeitsaufgaben. Nach Simon
Spezialisierung der Arbeitsteilung zieht der Computer mit dem Menschen zumindest gleich.
Menschen sollten also in Zukunft die Aufgaben erfüllen, die
28. 28 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
den menschlichen Infoverarbeitungskapazitäten am besten
entsprechen:
Einfache Tätigkeiten, die auf Hand-Auge-Gehirn
Koordination beruhen und zu teuer zu automatisieren sind.
Instandhaltungsaufgaben wie Reinigung.
Führungskräfte, die ‚Ausnahmefälle’ planen und managen.
Designer, die Produkte und Prozesse neu formen und die
Organisation als Ganzes planen und erneuern.
Servicepersonal.
Im Ganzen wird laut Simon in den nächsten Jahren eine
Verschiebung der Humantätigkeiten in den Servicebereich
zu beobachten sein.
Kontrollspanne
Trennung Beratende / entscheidende Trennung kann zu Zielkonflikten führen.
Positionen
Zentralisierung Zentrale Entscheidungen nur in stabilen Umwelten möglich.
Die Theorie ist in der Realität schwer umzusetzen, da sie sich mit der Beschreibung von
Abläufen begnügt, aber keine psychologisch fundierten Prinzipien anbietet, nach denen eine
Organisation zu strukturieren sei. Ihre Stärke ist die wirklichkeitsnahe Beschreibung von
Entscheidungsprozessen und die Berücksichtigung der Situation.
5. ZUR ZEIT DES ‚COMPLEX MAN’
Die bisher beschriebenen Menschenbilder vereinfachen und generalisieren die ‚Psychologie’
des arbeitenden Menschen. Im ‚complex man’ dagegen wird interindividuellen und
intraindividuellen Unterschieden von Arbeitnehmern Rechnung getragen. Es
wird versucht, die Aspekte der vorhergehenden Menschenbilder zu integrieren:
(1) Bedürfnisse variieren sowohl intraindividuell als auch interindividuell. Menschen
haben viele verschiedene Bedürfnisse, die abhängig vom Entwicklungsstand und der
Situation aktiviert werden. Die Theorie nach Maslow ist nicht mehr
aufrechtzuerhalten, da Individuen für sich unterschiedliche Wertigkeiten der
Bedürfnisse erkennen und sich diese Wertigkeiten im Lauf der Zeit ändern können.
(2) Motive wirken nicht voneinander unabhängig, sondern sind zu einem komplexen
Muster miteinander verwoben. Zur Befriedigung einer Bedürfnisklasse steht eine
Vielfalt von Mitteln und Wegen zur Verfügung.
(3) Innerhalb einer Organisation können die Mitglieder neue Motive erlernen.
(4) Eine einzelne Person kann in mehreren Organisationen, und sogar in verschiedenen
Bereichen derselben Organisation unterschiedliche Motive verfolgen.
(5) Arbeitszufriedenheit und Effizienz der Organisation lassen sich nur teilweise auf
Motivmuster der Arbeitnehmer zurückführen.
(6) Führungsverhalten soll den Ansprüchen der Arbeitnehmer angepasst sein. Angesichts
der individuellen Variation kann es auch beim Führungsverhalten nicht einen einzig
richtigen Weg geben.
Das Menschenbild des ‚complex man’ versucht alle Aspekte zu integrieren, die in den Bildern
des Economic Man, Social Man und Self-actualizing Man getrennt betont wurden. Mit dieser
Integration wird im Complex Man eine vereinfachte und generalisierte Sichtweise
überwunden. Das Menschenbild des ‚complex man’ stellt an Führungskräfte hohe Ansprüche,
Lösungen sind nur für jeweilig bestimmte Situationen und Personen zu finden. Es entspricht