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Erfolgreicher Kunden gewinnen
– mit Listprofiling
LISTPROFILING Responsequoten, durchschnittliche Auftragswerte und Zahlerquoten sollen von Direktwerbeaktion zu Direktwerbeaktion gesteigert werden. Keine einfache Aufgabe. Hier ein Erfolgsrezept:
die gezielte Profilierung spezifischer Adressen aus Fremdlisten nach soziodemografischen Kriterien.
VON ROGER DOBLER*
	 Zur Segmentierung von
Kunden haben sich Techniken
und Methoden aus dem Data
Mining bewährt. Die benötigten
Informationen stammen von den
Kunden selbst, aus deren Rekrutierungsprozess sowie aus ihren
bisherigen Transaktionen. Häufig
werden zusätzlich soziodemografische Daten herbeigezogen,
damit die Intensität der Kundenbeziehung noch exakter modelliert werden kann.

Response nach Altersklassen
n	 Kunden

65+ Jahre

n	 Neukunden
	 Index 100*

55 - 64 Jahre

‹55 Jahre
0	

20	

40	

60	

80	

100	

120	

140	

160	

180

*Index Response (Durchschnitt Anzahl Reagierer aller Klassen: 100)

Hohe Affinität
Für die gezielte Neukundengewinnung werden oft PersonenAdressen als sogenannte Fremdlisten für eine einmalige Verwendung angemietet. Diese Adressen
weisen erfahrungsgemäss eine
hohe Affinität zu den eigenen
Kunden auf. Eine Weinkäufer-Liste eignet sich beispielsweise zur
Neukundengewinnung für eine
Wein- oder Gourmet-Zeitschrift.
Die Fremdadressen können mit
der entsprechenden Erlaubnis
(Permission) für adressierte Werbung, «kalte» Telefonanrufe oder
E-Mail-Kampagnen eingesetzt
werden. Meist lassen sich die
Adressen bei der Selektion jedoch
nur nach den Kriterien Geschlecht
und Sprache eingrenzen.

Eliminationsstrategie
Beim Anmieten von Fremdadressen werden normalerweise folgende Schritte ausgeführt:
A)	Qualitätskontrolle bei der ­	
Adressformatierung
	 – Elimination oder Korrektur	
	 fehlerhafter Adressen
	 – Elimination oder Korrektur	
	 unvollständiger Adressen
B)	Dubletten-Abgleich mit
	 – bisherigen Kunden und
	 – internen Sperrlisten
	 – Negativlisten (z.B. Robinson-	
	 liste, «schlechte Zahler» etc.)
C)	Aufbereitung der Netto-Adressen

Das Listprofiling
Zur gezielten Profilierung von angemieteten Adressen bietet sich
Marketing & Kommunikation 8/07

ein Erfolg versprechendes Rezept
an: das Listprofiling. Allgemein
versteht man unter Listprofiling
die Segmentierung von Fremdlisten anhand zusätzlicher Merkmale
aus einer marktabdeckenden Referenzkartei. Listprofiling erlaubt eine genauere und somit effizientere
Segmentierung der Personen mit
dem Ziel, den Erfolg bei der Neu­
kundengewinnung zu steigern.
D
­ ies bedeutet höhere Reaktionsquoten, steigende Umsätze je Kontakt oder gesteigerte Zahlerquoten.
Der Fremdlisten-Eigentümer
möchte aus ökonomischer Sicht,
dass möglichst viele seiner Adressen eingesetzt werden. Der Adressmieter möchte hingegen möglichst
nur Adressen mit hoher Reak­
tionswahrscheinlichkeit einsetzen. Mit einer Eliminationsstrategie, bei der mutmasslich unterdurchschnittliche Reagierergruppen ausgeschlossen werden, können langfristig die Interessen beider Seiten befriedigt werden.

Vorteile dank Referenzkartei
Beim Listprofiling werden die
Fremdlisten-Adressen mit einer
marktabdeckenden Referenzkartei verknüpft. Diese Voraussetzung
bringt bereits ökonomische Vorteile für den Adressmieter:
A)	Personen, deren Haushalte nicht
in der Referenzkartei gefunden
werden, weisen erfahrungsgemäss
eine postalische Retourenquote

von 25 bis 40% auf. Mit anderen
Worten, ohne Listprofiling verpufft in dieser Gruppe jedes dritte
bis vierte Mailing wirkungslos.
B)	Durch die Übernahme der postalisch korrekten Strassen/PLZ/
Ort-Schreibweisen aus der Referenzkartei für die Adressierung
sinkt die Retourenquote erfahrungsgemäss unter 1%.
C)	Enthält die Referenzkartei Negativmerkmale wie «schlechter
Zahler», besteht zudem die Möglichkeit, diese auszuschliessen.

Zwei Lösungsansätze
Für das eigentliche Listprofiling
gibt es grundsätzlich zwei Ansätze, wie die zu eliminierenden Personen bestimmt werden können:
A)	Die Anwendung von ScoringModellen, wie sie zum Beispiel
auch für die Optimierung von
Kampagnen bei bestehenden
Kunden eingesetzt werden, und
B)	Verwendung einzelner Merkmale für den Ausschluss von
Adressen mit tiefer Reaktionswahrscheinlichkeit. In der Praxis
werden hier vorwiegend die Kriterien Alter, verfügbares Einkommen
oder Kaufkraft, Haushaltsgrösse,
Lebensphase oder Postkaufaffinität  erfolgreich eingesetzt.

Scoring-Modelle
Der Einsatz von Scoring-Modellen im Listprofiling setzt voraus, dass bereits Modelle über

das Verhalten von Kunden gebildet worden sind. Aus den dadurch gewonnenen Erkenntnissen direkt eine Eliminationsstrategie für das Listprofiling abzuleiten, kann jedoch gefährlich sein.
So hat beispielsweise das Alter
bei der Neukundengewinnung
häufig einen anderen Einfluss auf
das Verhalten als bei bestehenden
Kunden. Folgendes Praxisbeispiel
belegt dies:
Vergleicht man den Response
nach Altersklassen bei Kunden­
aktivitäten mit demjenigen bei der
Neukundengewinnung, wird ersichtlich, dass bestehende Kunden
ab einem Alter von 55 Jahren durchschnittlich oder überdurchschnittlich auf Angebote reagieren. Gegensätzlich verhält es sich jedoch bei
den Neukunden, wo diese Altersgruppe kaum zu einem Wechsel des
Dienstleisters zu bewegen ist.

Testanlagen
Das Beispiel zeigt, dass mit einer Begrenzung des Alters auf 54
Jahre ein Responsezuwachs von
68%, bei einer Begrenzung auf 64
Jahre ein Zuwachs von 31% realisiert werden kann. Das Listprofiling ist somit rentabel.
Falls einzelne Merkmale ohne statistische Grundlagen ausgewählt werden müssen, ist der Einbezug aller bisherigen Erfahrungen
umso wichtiger. Für den kontinuierlichen Erfolg ist zudem wesentlich, dass entsprechende Testanlagen erstellt werden, damit die Einflüsse der verschiedenen Grössen
korrekt nachgewiesen und überwacht werden können.
Vom resultierenden, dank Listprofiling langfristig rentablen Einsatz einer Adressliste profitieren
schlussendlich beide Seiten, der
Adressmieter sowie der Listen-Eigentümer. n
* Roger Dobler, Teamleader
D
­ ata Mining  Geo Marketing,
AZ Direct AG, Rotkreuz/Crissier/
St.Gallen

Dossier

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Erfolgreicher Kunden gewinnen mit Listprofiling

  • 1. Erfolgreicher Kunden gewinnen – mit Listprofiling LISTPROFILING Responsequoten, durchschnittliche Auftragswerte und Zahlerquoten sollen von Direktwerbeaktion zu Direktwerbeaktion gesteigert werden. Keine einfache Aufgabe. Hier ein Erfolgsrezept: die gezielte Profilierung spezifischer Adressen aus Fremdlisten nach soziodemografischen Kriterien. VON ROGER DOBLER* Zur Segmentierung von Kunden haben sich Techniken und Methoden aus dem Data Mining bewährt. Die benötigten Informationen stammen von den Kunden selbst, aus deren Rekrutierungsprozess sowie aus ihren bisherigen Transaktionen. Häufig werden zusätzlich soziodemografische Daten herbeigezogen, damit die Intensität der Kundenbeziehung noch exakter modelliert werden kann. Response nach Altersklassen n Kunden 65+ Jahre n Neukunden Index 100* 55 - 64 Jahre ‹55 Jahre 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 *Index Response (Durchschnitt Anzahl Reagierer aller Klassen: 100) Hohe Affinität Für die gezielte Neukundengewinnung werden oft PersonenAdressen als sogenannte Fremdlisten für eine einmalige Verwendung angemietet. Diese Adressen weisen erfahrungsgemäss eine hohe Affinität zu den eigenen Kunden auf. Eine Weinkäufer-Liste eignet sich beispielsweise zur Neukundengewinnung für eine Wein- oder Gourmet-Zeitschrift. Die Fremdadressen können mit der entsprechenden Erlaubnis (Permission) für adressierte Werbung, «kalte» Telefonanrufe oder E-Mail-Kampagnen eingesetzt werden. Meist lassen sich die Adressen bei der Selektion jedoch nur nach den Kriterien Geschlecht und Sprache eingrenzen. Eliminationsstrategie Beim Anmieten von Fremdadressen werden normalerweise folgende Schritte ausgeführt: A) Qualitätskontrolle bei der ­ Adressformatierung – Elimination oder Korrektur fehlerhafter Adressen – Elimination oder Korrektur unvollständiger Adressen B) Dubletten-Abgleich mit – bisherigen Kunden und – internen Sperrlisten – Negativlisten (z.B. Robinson- liste, «schlechte Zahler» etc.) C) Aufbereitung der Netto-Adressen Das Listprofiling Zur gezielten Profilierung von angemieteten Adressen bietet sich Marketing & Kommunikation 8/07 ein Erfolg versprechendes Rezept an: das Listprofiling. Allgemein versteht man unter Listprofiling die Segmentierung von Fremdlisten anhand zusätzlicher Merkmale aus einer marktabdeckenden Referenzkartei. Listprofiling erlaubt eine genauere und somit effizientere Segmentierung der Personen mit dem Ziel, den Erfolg bei der Neu­ kundengewinnung zu steigern. D ­ ies bedeutet höhere Reaktionsquoten, steigende Umsätze je Kontakt oder gesteigerte Zahlerquoten. Der Fremdlisten-Eigentümer möchte aus ökonomischer Sicht, dass möglichst viele seiner Adressen eingesetzt werden. Der Adressmieter möchte hingegen möglichst nur Adressen mit hoher Reak­ tionswahrscheinlichkeit einsetzen. Mit einer Eliminationsstrategie, bei der mutmasslich unterdurchschnittliche Reagierergruppen ausgeschlossen werden, können langfristig die Interessen beider Seiten befriedigt werden. Vorteile dank Referenzkartei Beim Listprofiling werden die Fremdlisten-Adressen mit einer marktabdeckenden Referenzkartei verknüpft. Diese Voraussetzung bringt bereits ökonomische Vorteile für den Adressmieter: A) Personen, deren Haushalte nicht in der Referenzkartei gefunden werden, weisen erfahrungsgemäss eine postalische Retourenquote von 25 bis 40% auf. Mit anderen Worten, ohne Listprofiling verpufft in dieser Gruppe jedes dritte bis vierte Mailing wirkungslos. B) Durch die Übernahme der postalisch korrekten Strassen/PLZ/ Ort-Schreibweisen aus der Referenzkartei für die Adressierung sinkt die Retourenquote erfahrungsgemäss unter 1%. C) Enthält die Referenzkartei Negativmerkmale wie «schlechter Zahler», besteht zudem die Möglichkeit, diese auszuschliessen. Zwei Lösungsansätze Für das eigentliche Listprofiling gibt es grundsätzlich zwei Ansätze, wie die zu eliminierenden Personen bestimmt werden können: A) Die Anwendung von ScoringModellen, wie sie zum Beispiel auch für die Optimierung von Kampagnen bei bestehenden Kunden eingesetzt werden, und B) Verwendung einzelner Merkmale für den Ausschluss von Adressen mit tiefer Reaktionswahrscheinlichkeit. In der Praxis werden hier vorwiegend die Kriterien Alter, verfügbares Einkommen oder Kaufkraft, Haushaltsgrösse, Lebensphase oder Postkaufaffinität erfolgreich eingesetzt. Scoring-Modelle Der Einsatz von Scoring-Modellen im Listprofiling setzt voraus, dass bereits Modelle über das Verhalten von Kunden gebildet worden sind. Aus den dadurch gewonnenen Erkenntnissen direkt eine Eliminationsstrategie für das Listprofiling abzuleiten, kann jedoch gefährlich sein. So hat beispielsweise das Alter bei der Neukundengewinnung häufig einen anderen Einfluss auf das Verhalten als bei bestehenden Kunden. Folgendes Praxisbeispiel belegt dies: Vergleicht man den Response nach Altersklassen bei Kunden­ aktivitäten mit demjenigen bei der Neukundengewinnung, wird ersichtlich, dass bestehende Kunden ab einem Alter von 55 Jahren durchschnittlich oder überdurchschnittlich auf Angebote reagieren. Gegensätzlich verhält es sich jedoch bei den Neukunden, wo diese Altersgruppe kaum zu einem Wechsel des Dienstleisters zu bewegen ist. Testanlagen Das Beispiel zeigt, dass mit einer Begrenzung des Alters auf 54 Jahre ein Responsezuwachs von 68%, bei einer Begrenzung auf 64 Jahre ein Zuwachs von 31% realisiert werden kann. Das Listprofiling ist somit rentabel. Falls einzelne Merkmale ohne statistische Grundlagen ausgewählt werden müssen, ist der Einbezug aller bisherigen Erfahrungen umso wichtiger. Für den kontinuierlichen Erfolg ist zudem wesentlich, dass entsprechende Testanlagen erstellt werden, damit die Einflüsse der verschiedenen Grössen korrekt nachgewiesen und überwacht werden können. Vom resultierenden, dank Listprofiling langfristig rentablen Einsatz einer Adressliste profitieren schlussendlich beide Seiten, der Adressmieter sowie der Listen-Eigentümer. n * Roger Dobler, Teamleader D ­ ata Mining Geo Marketing, AZ Direct AG, Rotkreuz/Crissier/ St.Gallen Dossier