Urheberrecht im Museum: Der Museumsvertrag
Was es bei Katalogpublikation, Merchandising, Internetnutzung etc. zu beachten gilt.
Ein Beitrag aus dem Werk "Kultur & Recht" (www.kulturmanagement-portal.de)
Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Prof. Dr. Gerhard Pfennig: Urheberrecht im Museum: Der Museumsvertrag
1. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L3 Bildende Kunst
Urheberrecht im Museum:
Der Museumsvertrag
Was es bei Katalogpublikation, Merchandising, Internetnutzung etc.
zu beachten gilt
Prof. Dr. Gerhard Pfennig
Rechtsanwalt, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der VG Bild-Kunst,
Geschäftsführer der Stiftung Kunstfonds, Verfasser zahlreicher Veröffentlichun-
gen zu Fragen des Urheberrechts und der Kulturpolitik
Inhalt Seite
1. Werke und Urheber 2
1.1 Allgemeines zum Begriff des Kunstwerks 2
1.2 Urheberrechtlicher Originalbegriff 3
1.3 Rechtsinhaber an Werken und Erwerb von Rechten 4
2. Praktische Fragen 5
2.1 Katalogpublikationen, wissenschaftliche Werke 5
2.2 Postkarten, Plakate, Merchandising, Logos 7
2.3 Werbenutzung von Kunstwerken 7
2.4 Presseberichterstattung, Fernsehsendung 8
2.5 Internetnutzung, Film- und Videovorführung, Benutzerterminals 8
2.6 Eigene Rechte der Museen 9
Museumsvertrag 10
Anlage I zum Museumsvertrag 14
Anlage II zum Museumsvertrag 14
L
3.5
S. 1
45 Kultur & Recht April 2009
2. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L3 Bildende Kunst
1. Werke und Urheber
1.1 Allgemeines zum Begriff des Kunstwerks
Der Werkbegriff der Bildenden Kunst hat sich seit der Mitte des 20. Jahrhun-
derts stark erweitert. Zu den Werken der Bildenden Kunst im klassischen Sinne
gehören Werke der Malerei, der künstlerischen Grafik und der Bildhauerei. Hinzu
kamen Werke, die dem klassischen Formenkanon nicht entsprechen, etwa die
Werke der Konzept- und Medienkunst.
Abgrenzungsschwierigkeiten können entstehen, wenn die orthodoxe Auslegung
des Werkbegriffs des Urheberrechts mit der Konzeptkunst in Konflikt gerät, näm-
lich dann, wenn das Kunstwerk sich lediglich in der Idee des Künstlers manifes-
tiert, ohne dass eine eigene erkennbare oder niedergelegte schöpferische Gestal-
tung festzustellen ist. In der juristischen Fachwissenschaft wird deshalb dem
bekannten, von Marcel Duchamps zum Kunstwerk erklärten Flaschentrockner,
oder ähnlichen, unter der Bezeichnung Ready-Made in den Kunstkontext einge-
führten Gebrauchsgegenständen, der urheberrechtliche Werkcharakter abgespro-
chen, ohne dass dies allerdings Auswirkungen auf die Museumspraxis oder den
Kunsthandel hätte. In diesen Zusammenhang gehört auch die Bewertung der
sogenannten Appropriation Art, deren Charakteristikum darin liegt, dass die
Künstler bereits existierende Werke anderer Kollegen – großenteils urheberrecht-
lich noch geschützt – exakt nachgestalten. Urheberrechtlich gesehen handelt es
sich um Reproduktionen von Werken, die andere Künstler geschaffen haben. Eine
persönliche geistige Schöpfung im Sinne des Gesetzes liegt in Bezug auf die
Appropriationists, also die aneignenden Künstler, nicht vor, auch nicht, wenn die
Nachschöpfung mit Einverständnis des ursprünglichen Urhebers erfolgt ist. In der
Praxis stellen sich diese Fragen nicht bei der Ausstellung, sondern bei der Repro-
duktion der Werke der Appropriation Art, nämlich wenn die Urheber der zu
Grunde liegenden Werke ihre eigenen Rechte geltend machen und die Reproduk-
tion der appropriierten Arbeiten verhindern wollen.
Einfacher zu beurteilen sind dagegen Einordnungen neuer künstlerischer Werkar-
ten in das vorhandene Raster, wie z. B. die Einbeziehung von Happenings in den
Kreis der geschützten Werke der Bildenden Kunst, die erst auf Grund eines Ur-
teils des Bundesgerichtshofs erfolgte. Noch schwieriger wird es, wenn das Leben
selbst zur Kunst wird, mit anderen Worten, wenn Aktionskunst und das Leben
schlechthin gleichgesetzt werden. Beispiele hierfür sind die Künstlerpaare Gilbert
und George oder Eva und Adele. Nach der deutschen Rechtsprechung gibt es mit
L der Zuordnung dieser Erscheinungsformen des Lebens zur Kunst allerdings noch
3.5 Schwierigkeiten. So entschied ein Gericht in Bezug auf Eva und Adele, dass
S. 2 „Leben“, so originell es sich auch entfalten mag, niemals gleichzeitig eine „per-
sönlich geistige Schöpfung“ im Sinne des Urheberrechts darstellen könne.
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3. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L3 Bildende Kunst
Durch die Entwicklung der Medienkunst entstehen fließende Übergänge zwischen
klassischen Kunst- und Lichtbildwerken sowie audiovisuellen Werken. Allerdings
ist die Terminologie des Urheberrechtsgesetzes so flexibel, dass hieraus keine
wirklichen Probleme entstehen. Auch mit dem Aufkommen neuer Nutzungsarten
im Zusammenhang mit der Entfaltung des Internet sind keine grundsätzlich neuen
Rechtsfragen aufgetreten.
1.2 Urheberrechtlicher Originalbegriff
In den Zusammenhang der Beschreibung des Werkbegriffs der Bildenden Kunst
gehört die Frage nach dem Original. Der Begriff Original stellt letztlich nichts
anderes dar, als das im Handel und im unjuristischen Umgang mit Kunst übliche
Synonym für Werk. Denn nur eine neue persönlich-geistige Schöpfung, also ein
Werk, kann auch ein Original sein und deshalb einen Wert in einem Markt dar-
stellen, dessen Gegenstand Kunstwerke sind. Allerdings ist es bisher nicht gelun-
gen, den Originalbegriff im Hinblick auf multiplizierte Werke eindeutig zu fas-
sen. Die Interessenlage der Marktteilnehmer und die Vielfältigkeit künstlerischer
Kreativität und Erfindungsgabe verhindern die Definition eines eindeutigen,
allgemein gültigen und noch dazu wissenschaftlich abgesicherten Begriffs.
In der Praxis hat sich als Minimalkonsens eine Definition durchgesetzt, die ver-
traglich zwischen der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunsthandelsverbände und
der VG Bild-Kunst für Zwecke der Abwicklung des Folgerechts (siehe 6.2) fest-
gelegt wurde:
Definition
„Werke, die in mehreren Exemplaren hergestellt wurden, gelten insoweit als
Originale, als auch das Hilfsmittel der Vervielfältigung (Druckplatten, Gussform
usw.) vom Künstler stammt und die Vervielfältigung entweder von ihm selbst oder
unter seiner Aufsicht durch Dritte vorgenommen worden ist; bei vom Künstler
signierten Exemplaren wird dies unwiderleglich vermutet.“
Auch diese Definition wird jedoch nicht allen Fällen gerecht und bedarf der Aus-
legung insbesondere bei Multiples, die unter Einsatz moderner technischer Mittel,
Computer etc. „als Hilfsmittel der Vervielfältigung“ hergestellt werden. Hier ist
ein Original im Bereich der Grafik immer dann gegeben, wenn der Künstler das
Produkt seines Schaffens, gleich mit welchem technischen Medium es vervielfäl-
tigt wurde, im Rahmen seines Arbeitskonzepts zum Original erklärt – sofern er
den Herstellungsprozess im weitesten Sinne steuert. So handelt es sich bei den
auflagenstarken und nicht limitierten Plakaten Klaus Staecks oder den Grafiken
Hundertwassers ebenso um Originale wie bei einer auf sechs Exemplare be- L
schränkten Auflage von Bronzeskulpturen. Das Vorliegen eines Originals muss 3.5
deshalb letztlich im Einzelfall unter Berücksichtigung der künstlerischen Position S. 3
und Haltung des Künstlers zur Herstellungsweise des fraglichen Objekts ent-
schieden und unter Auslegung der Willensrichtung des Künstlers beurteilt wer-
den. Aus dieser Situation wird deutlich, dass Auflagenbeschränkungen allein
jedenfalls keine brauchbaren Hilfsmittel zur Originaldefinition sein können.
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4. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L3 Bildende Kunst
Posthume Güsse oder Drucke können jedoch niemals Originale sein. Denn ein
verstorbener Künstler kann weder einen Vervielfältigungsprozess steuern noch
begrenzen und auch kein Ergebnis autorisieren. Dies schließt allerdings nicht aus,
dass sie dennoch wichtige und wesentliche Bestandteile von Sammlungen und
Ausstellungen sein können, die dem Original sehr nahe kommen. Verlangt wer-
den muss aber in diesem Fall, dass sie nachweislich im Rahmen des vom Künst-
ler zu Lebzeiten bestimmten Guss- bzw. Vervielfältigungsprogramms liegen, und
von der Originalform bzw. der Originaldruckvorlage stammen. Es versteht sich
von selbst, dass derartige posthume Stücke als solche eindeutig gekennzeichnet
werden sollten.
1.3 Rechtsinhaber an Werken und Erwerb von Rechten
Inhaber der Urheber- bzw. Nutzungsrechte an allen Werken sind und bleiben,
unabhängig von den Eigentumsverhältnissen, die Werkurheber, ihre Erben oder
Verwertungsgesellschaften im In- und Ausland. Diese Rechte werden beim Ver-
kauf von Werken nicht auf die Erwerber übertragen – mit Ausnahme des Rechts,
das erworbene Werk auszustellen (§ 44 Abs. 1 und 2 UrhG). Vertragliche Abwei-
chungen von diesem Grundsatz sind aber möglich.
Die Urheber oder Rechtsnachfolger können die Nutzungsrechte, nicht aber die Per-
sönlichkeitsrechte an Dritte übertragen, und zwar entweder exklusiv – dann kann sie
nur der Erwerber nutzen – oder einfach, d. h. mehrfach für bestimmte eingeschränk-
te Zwecke an mehrere Nutzer (§ 31 Abs. 1 und 2 UrhG). Die Übertragung kann
außerdem räumlich, zeitlich und auf einzelne Nutzungsarten beschränkt werden.
Neuerdings können auch Nutzungsrechte für Nutzungsarten, die bei Vertragsschluss
noch gar nicht bekannt sind, vorsorglich durch Vertrag eingeräumt werden. Treten
solche neuen Nutzungsmöglichkeiten auf – es wird immer Streit geben, wenn dieser
Fall vorliegt – hat der Urheber Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung.
Empfehlung
Vereinbarungen über den Erwerb von Urheberrechten sollten unbedingt schriftlich
getroffen werden, um spätere Missverständnisse zu begrenzen oder auszuschließen.
In vielen Fällen werden Nutzungsrechte an Kunstwerken von der VG Bild-Kunst,
einer auf die Verwaltung von Nutzungsrechten und Vergütungsansprüchen von
Bildurhebern spezialisierten Gesellschaft oder ähnlichen Institutionen im Ausland
wahrgenommen. Diese werden Vertragspartner der Museen und sonstiger Nutzer
und stellen, soweit erforderlich, die Verbindung zu den Künstlern oder Erben her.
L Die VG Bild-Kunst hat in langjähriger Zusammenarbeit mit Museen und ihren
3.5 Trägern einen Standardvertrag entwickelt, der die wesentlichen Fragen der
Zusammenarbeit und auch der Vergütung für die gebührenpflichtigen Nutzungen
S. 4
regelt. Darin werden den Museen in einigen Fällen auf vertraglicher Grundlage
Nutzungsrechte eingeräumt, die über die in den Ausnahmevorschriften des UrhG
geregelten Möglichkeiten hinausgehen. Dieser Vertrag ist als Muster diesem
Text beigefügt.
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