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Roman Josi, mögen Sie Country Musik?
In Nashville kommt man nicht drum herum. Da läuft
dieseMusikinallenBars,amRadio,immerundüber-
all. Manchmal höre ich die Musik sogar im Sommer,
hier in Bern. Zum Grillen passt es perfekt.
Nach den Berner Mutzen nun der Säbelzahn-
tiger aus Tennessee. Raubtiere scheinen Ihnen
zu liegen. Sehen Sie sich selber auch so?
Gar nicht. Auf dem Eis bin ich nicht der aggressive
Checker. Ich versuche mich eher mit spielerischen
Mitteln durchzusetzen.
Mit 20 Jahren unterschrieben Sie
Ihren ersten Vertrag bei den Nashvil-
le Predators. Ein besonderes Gefühl?
Das war schon cool, ja. Besonders ein-
drücklich war der Draft zwei Jahre zu-
vor, wo die Teams der NHL die Rechte
an jungen Spielern erwarben.
Wie muss man sich so einen Draft
vorstellen?
Das ausverkaufte Eisstadion in Ottawa,
oben die Fans, unten die Spieler mit ih-
ren Familien, in der Mitte auf dem Eis
die Teams. Dann wählen die Klubs die
Spieler aus, die auf der riesigen Bühne
vorgestellt werden. Überall Kameras,
Musik, natürlich Liveübertragung. Das
war ein unglaublicher Moment.
Am Anfang mussten Sie sich ein Jahr
lang im Farmteam der Preds behaup-
ten. Wie fühlt man sich da als Neu-
ling? Hatten Sie Heimweh?
Ja schon. Heimweh habe ich auch heute
noch. Die letzten Wochen im Sommer
sind besonders schwierig, wenn jeweils
der Rückflug in die USA näher rückt.
Das erste Jahr war hart, ja. Gleich im ersten Training
habe ich mir das Handgelenk gebrochen. Manchmal
hatten wir drei Spiele in
drei Tagen, dazu kamen
die langen Reisen im
Flugzeug. Gleichzeitig war
es genial: Wir waren alles
ganz junge Spieler, Kanadier, Schweden, Finnen,
Amerikaner, viel Ausgang, super!
Wie muss man sich das vorstellen? Sie fliegen
rüber und alles steht parat?
Schönwärs!DaziehtmandannhaltmiteinpaarTeam-
kollegen los und sucht sich eine Wohnung, entdeckt
das Quartier, die Umgebung. Das ist gut so. So lernt
man Selbstständigkeit.
Wie ging das mit der Sprache?
Das Hockey-Englisch hast du schnell mal beisam-
men, für die Garderobe oder das Training reicht das.
Wir hatten ja auch beim SC Bern schon Spieler aus
Nordamerika. Ausserhalb der Hockey-Welt war das
etwas anders. Aber ich habe recht schnell gelernt.
Also Trashtalk auch auf Englisch?
Ja klar; auf Deutsch wäre es ja wenig sinnvoll (grinst).
Sie hätten ja in der Schweiz ein sicheres
Auskommen gehabt. Haben Sie den Schritt
in die USA nie bereut?
Nein, das bereue ich nicht. Hey, das hier ist die NHL,
die beste Liga der Welt, alle wollen hier spielen. Und
ich habe das grosse Glück, tatsächlich hier spielen zu
können.
Wie haben Ihre Eltern reagiert, als klar war, dass
der Sohn in die USA geht?
Meine Mutter muss schon etwas beissen. Während
der Saison steht sie mitten in der Nacht auf, wenn ich
spiele. Sie schaut jeden Match.
Roman Josi ist 23, Vizeweltmeister und Dollarmillionär in der
nordamerikanischen Eishockeyliga NHL. Hier spricht er über Heimweh,
die harte Konkurrenz im Klub und die Schlaflosigkeit seiner Mutter.
Text: Gaston Haas; Fotos:Cortis & Sonderegger
«Hey, das hier ist die NHL!»
«Allewollenhierspielen.
IchhabedasgrosseGlück,es
tatsächlichzukönnen.»
Erleben Interview Roman Josi
Dies oder Das
Hamburger oder Röschti?
Hamburger.
Aromat oder BBQ-Sauce?
Aromat.
Bätzi oder Jack Daniels?
Bätzi.
Dolly Parton oder Züri
West?
Patent Ochsner. Letztes
Jahr auf dem Gurten hat der
ganze Berg mitgesungen.
Geil!
Surfbrett oder Slalomski?
Ich darf vertraglich gar
nicht Ski fahren.
Marshmallow oder
Haselnusslebkuchen?
Ich bin nicht so süss;
lieber Salziges.
Rocky Mountains oder
Berner Oberland?
Berner Oberland.
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Interview Roman Josi Erleben
Zur Person
RomanJosi (*1990)isteinerder
erfolgreichstenEishockeyspieler
derGegenwart.Mit16Jahrenstand
erinder1.MannschaftdesSCBern
undwurde2010SchweizerMeister.
AnderWeltmeisterschaftindiesem
JahrgewannerdieSilbermedaille
undwurdealsersterSchweizer
zumwertvollstenSpieler(MVP)
gewählt.ImSommerverlängerte
Josiden VertragmitseinemKlub
NashvillePredators,derihm
indenkommendensiebenJahren
28MillionenDollareinbringt.
JosilebtinNashville(Winter)
undinBern(Sommer).
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Erleben Interview Roman Josi
Wie sehen die Tage eines NHL-Profis während
der Saison aus?
Hockey ist schon zentral. In der letzten Saison haben
wir wegen des Lockouts fast jeden zweiten Tag ge-
spielt. Mit den langen Distanzen zwischen den Spiel-
orten und den Trainings bleibt nicht viel Zeit für an-
deres. Vielleicht besuchen wir mal eine Mall, gehen
ins Kino oder in eine Bar. Mehr ist da nicht.
Nach der WM in Stockholm standen Sie im Zen-
trum des medialen Interesses. Wie gehen Sie mit
dieser geballten Ladung an Aufmerksamkeit um?
Manchmal sind die Interviews und Fotoshootings
schon anstrengend. Aber das gehört zum Geschäft.
Und wie reagiert Ihre
Umgebung?
Mein Bruder findet es nicht
immer lustig, ständig als
«älterer Bruder vom Ro-
man» wahrgenommen zu werden. Am wenigsten
stört es meine Mutter; die freut sich und ist stolz auf
mich, wie überhaupt alle in der Familie. Bei meinen
Freunden und Kollegen hat sich überhaupt nichts
verändert. Und dann gibt es noch jene Leute, die den-
ken, dass jetzt in der Familie Josi keiner mehr arbei-
ten müsse (lacht).
An der WM wurden Sie zum wertvollsten Spieler
(MVP) gewählt. Verändert sich jetzt auch Ihre
Rolle im Klub?
Überhaupt nicht. Wir haben sehr erfahrene Spieler
im Team. Ich würde mir nie herausnehmen, denen
etwas vorzuschreiben. Wenn man jung ist, spricht
man, wenn man gefragt wird. Den Respekt muss man
sich erarbeiten, Spiel für Spiel, Jahr für Jahr. Da reicht
ein MVP noch lange nicht.
Bei den Nashville Predators ist Captain Shea
Weber mit einem 110-Millionen-Dollar-Vertrag
der Superstar. Wie wichtig sind Stars für den
Erfolg einer Mannschaft?
Stars sind im Hockey oft ältere, erfahrene Spieler, die
vonallenakzeptiert werden.SiesinddieBindeglieder
zwischen dem Coach und der Mannschaft. Das sind
«WährendderSaisonsteht
meineMuttermittenin
derNachtauf,wennichspiele.
SieschautjedenMatch.»
Foto:AndyMüller/freshfocus
6. Mai 2013,
WM-Viertelfinal
gegen Tschechien:
Roman Josi setzt
sich gegen
Jiri Tlusty durch.
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4. «EinSiegbeiOlympiawäre
genial:Esistgrossartig,fürsein
Heimatlandzuspielen.»
wichtige Figuren, die ein Team zusammenhalten.
Aber so Paradiesvögel wie in anderen Sportarten sind
im Hockey eher selten.
Nach der WM haben Sie einen Vertrag unter-
schrieben, der Ihnen in sieben Jahren
28 Millionen Dollar einbringt. Wird Ihnen
bei diesem Betrag nicht schwindlig?
Wenn ich die Zahl sehe schon. Aber ich habe gar noch
nicht richtig realisiert, was das bedeutet. Verändert
hat sich dadurch jedenfalls nichts.
Kein schnelles Auto, keine Villa in Nashville?
Nein, wirklich nicht. Alles ist wie vorher. Irgendwann
werde ich mir schon etwas leisten, aber zurzeit sind
so Sachen keine Option.
Ziehen Sie nun definitiv in die USA?
Nein, bestimmt nicht. Ich werde auch in den nächs-
ten Jahren den Sommer in Bern verbringen. Meine
Heimat ist hier.
Wie haben Sie den neuen Vertrag gefeiert?
Wir waren in Zürich im Training. Da habe ich die
Kollegen zum Znacht eingeladen.
So bescheiden?
Ja wirklich. Es war ein schöner Abend.
Wie gehen Sie mit dem enormen Druck um, der
jetzt noch mehr auf Ihnen lastet? Haben Sie keine
Angst, Ihre Unbeschwertheit zu verlieren?
Nein. In den USA war
ich immer ein wenig der
kleine Schweizer, die
Medien haben sich eher
mit den Amerikanern
und Kanadiern im Team befasst. Das wird sich nicht
gross ändern.
Ist der Druck in der Schweiz auf den Nationalspie-
ler Josi fast grösser als auf den Klubspieler?
Ja, das ist so. Manche Fans denken, wir NHL-Spieler
könnten alles reissen. Aber das ist natürlich nicht so.
Am 1. Oktober beginnt die Hockey-Saison in den
USA. Was ist von Ihrem Team zu erwarten?
Wir haben neue junge Stürmer geholt. Nach der letz-
ten nicht so erfolgreichen Saison wollen wir in die
Playoffs und dann um den Stanley Cup spielen.
Im nächsten Jahr finden die Olympischen Winter-
spiele in Russland statt. Was wäre wertvoller? Ein
Olympiasieg oder der Stanley Cup?
Der Stanley Cup ist das grösste, was du im Klubho-
ckey erreichen kannst. Wobei: Ein Sieg bei Olympia
wäre schon genial: Es ist grossartig, für sein Heimat-
land zu spielen. ■