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Untersuchung des DAB+-Empfangs
(indoor und outdoor)
mit
mobilen und portablen Receivern
im Falle der
lokalen Versorgung
urban strukturierter Verbreitungsgebiete
mit einem DAB+-Kleinleistungssender
Ergebnisse des DAB+-Strahlungsversuches
im Stadtgebiet Stuttgart
vom 03.03. bis 09.04.2015
Release 1.4
Datum: 24.09.2015
Autor: R. Kretzschmann
Inhalt
Seite
1. Executive Summary ......................................................................................................... 4
2. Dank an die Unterstützer des Projektes......................................................................... 5
3. Einleitung.......................................................................................................................... 5
4. Anmerkungen zum eingesetzten DAB+-Versuchs-Sender........................................... 9
5. Untersuchungen im Gebäude Reinsburgstraße 27, Stuttgart.................................... 10
6. Störpegel im Indoor-Bereich......................................................................................... 10
7. Störmodell für Indoor-DAB-Empfang......................................................................... 13
8. Auswertung von Indoor-Empfangstests....................................................................... 14
8.1 Orientierende Feldstärke- und Dämpfungsmessungen im OG 5 (In- und Outdoor)........ 20
8.2 Realistische Gebäudedämpfungen ................................................................................... 21
9. Störstrahlung.................................................................................................................. 22
10. Statistisches Störmodell................................................................................................. 23
11. Nutzfeldstärkeprognose und gemessene Feldstärken................................................. 26
12. Vergleich der Nutzfeldstärken der betrachteten Senderstandorte an stationären
Messpunkten................................................................................................................... 28
13. Funkfeldverhältnisse im Versorgungsgebiet Stuttgart-Stadtmitte............................ 29
14. Mobile Feldstärkemessungen im Innenstadtbereich Stuttgart (Messstrecke 1) ...... 30
14.1 Auswertung der Testfahrt durch den Innenstadtbereich (Messstrecke 1)........................ 32
14.2 Betrachtungen zu den Auswirkungen der Antennenhöhe auf die Versorgung ................ 35
15. Auswertung der Testfahrt im außerstädtischen Bereich (Messstrecke 2)................ 36
16. Postprocessing der mobil aufgezeichneten Messdaten (Messstrecke 1 und 2) ......... 41
17. Diskussion der Ergebnisse des Prognosemodells – das Prognosedilema .................. 49
18. Einfluss von Reflexionen auf den DAB+-Empfang (Rayleigh-Kanal)....................... 50
19. Durchführung und Auswertung von Empfangstests .................................................. 51
20. Fehlerschutzmechanismen (Protection Level) bei DAB ............................................. 52
21. Auswirkung des Fehlerschutzes (Protection Level) auf die Empfangsergebnisse ... 53
21.1 Auswertung von Empfangstests und Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen.............. 53
22. Ergebnisse der subjektiven Empfangstests in Relation zur prognostizierten
Feldstärke........................................................................................................................ 54
23. Anmerkungen zur Mindestnutzfeldstärke................................................................... 56
24. Exkurs zum Thema Audioqualität und Datenraten ................................................... 56
25. Der DAB+-Fernempfang ............................................................................................... 57
26. Der DAB+-Empfang im Vergleich mit UKW.............................................................. 57
27. Die lokale DAB+-Versorgung mit Kleinleistungssendern – eine Bewertung ........... 60
28. Zusammenfassung und Empfehlungen........................................................................ 60
Anlage 1: Abbildung Auswertung Empfangstests
DAB-Strahlungsversuch der LFK
mit einem
Low Tower Low Power Sender
in Stuttgart
Untersuchungen zum DAB+-Empfang
1. Executive Summary
Im März 2015 führte die LFK in Stuttgart einen Strahlungsversuch mit einem DAB-Sender im
Kanal 12A geringer Leistung (ERP: 200 Watt) und niedriger Antennenhöhe (71 m) durch.
Angeregt wurde dieser Versuch durch ähnliche Vorhaben in der Schweiz sowie England und
durch den Wunsch nichtkommerzieller Radioveranstalter in Baden-Württemberg nach
digitalen Broadcast-Lösungen. Mit diesem Versuch wollte die LFK zum einen herausfinden,
wie die subjektive Empfangbarkeit dieses Low Tower-Low Power-Senders im städtischen
Umfeld bei unterschiedlichem Fehlerschutz ist. Zum anderen sollten Testpersonen die
Empfangbarkeit dieses Senders absolut und im Vergleich zu den exponierten Stuttgarter
Hochleistungssendern (ERP: 10 kW) Fernsehturm und Frauenkopf bewerten. Um die
Empfangsqualität zu ermitteln, wurden objektive Messungen und subjektive Empfangstests
mit handelsüblichen tragbaren DAB-Empfängern herangezogen.
Die wichtigsten Versuchsergebnisse sind:
1. Niedrige Senderstandorte in Verbindung mit Sendern geringer Leistung ( 200 W).
bringen im Stadtgebiet im Umkreis von ca. 3 km um den Sender eine ausreichende
DAB+-Versorgung in Gebäuden.
2. Bei der subjektiven Empfangsbeurteilung schneidet der Kleinleistungssender deutlich
schlechter ab als die Hochleistungssender. Die Testpersonen bewerteten den Empfang
des Kleinleistungssenders an 50 % der Testpunkte schlechter als den der
Hochleistungssender – bei gleichem Fehlerschutz (EEP 3-A, r = ½).
3. Man made Noise führt innerhalb von Gebäuden zu großen Störfeldstärken (bis zu 50
dBμV pro Meter). Ursache hierfür sind vor allem elektronische
Kommunikationsgeräte aller Art.
4. Für eine hohe Orts- und Zeitwahrscheinlichkeit für guten DAB-Empfang in Gebäuden
sind sehr hohe Planungsfeldstärken (> 80 dBμV/m) im städtischen Bereich
erforderlich. Gründe hierfür sind neben man made Noise die heute üblichen
Wärmedämmungsmaßnahmen bei Fenstern und Wänden.
DAB-Sender geringer Leistung werden gegenwärtig sowohl überwiegend mit konventionellen
Bauteilen als auch unter starker Verwendung von Software hergestellt. Die Software -
basierten Lösungen führen zu etwas günstigeren Herstellungskosten. Bei einem Vergleich der
Gesamtkosten einer Sendeanlage dürfen allerdings die Standortkosten nicht unberücksichtigt
bleiben. Erschließungs- und Betriebskosten können die Beschaffungskosten des
Sendeequipments übersteigen.
Landesanstalt für Kommunikation Seite 4 / 63 Datum: 24.09.2015
Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
2. Dank an die Unterstützer des Projektes
„Experĭentia est optĭma rerum magistra“ war das Leitmotiv bei der Durchführung des
Strahlungsversuches, um zu einer vagen Bewertung der Qualität des DAB+-Empfangs unter
den schwierigen Verhältnissen in urban strukturierten Verbreitungsgebieten und unter
Verwendung von Sendern kleiner Leistung zu gelangen. Ermöglicht hat den von der
Landesanstalt für Kommunikation initiierten und durchgeführten Strahlungsversuch in erster
Linie die unkomplizierte Zusammenarbeit mit einer ganzen Reihe von Projektpartnern und
Unterstützern. Zuvorderst sei an Herrn Prof. Dr. Andreas Steil von der Hochschule (HS)
Kaiserslautern ein herzlicher Dank für die Bereitstellung des DAB+-Sendeequipments und die
technische Unterstützung bei der Konfiguration und Inbetriebnahme durch Mitarbeiter seines
Institutes, insbesondere durch Herrn Dipl. Ing. Mark Rosenbaum von der TU Kaiserslautern,
gerichtet. Ermöglicht hat den Aufbau der portabel einsetzbaren DAB+/DRM+-
Sendeinfrastruktur ein Kooperationsprojekt der Landeszentrale für Medien und
Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) mit der TU Kaiserslautern und mit Unterstützung
der FH Kaiserslautern. Dass das Projekt zustande kam, ist nicht zuletzt der Initiative von
Herrn Joachim Lehnert zu verdanken. Dafür und für die unentgeltliche Bereitstellung der
portablen Sendeanlage für den Strahlungsversuch in Stuttgart ebenso ein herzliches
Dankeschön an ihn.
Einen wesentlichen wenn nicht sogar den entscheidenden Projektbeitrag leistete der
Südwestrundfunk, indem er für den Strahlungsversuch seine am Funkhaus in Stuttgart bereits
montierte vertikal polarisierte Sendeantenne zur Verfügung gestellt hat und die Aufschaltung
der Sendeanlage in seinen Räumen gestattete. Den Weg dazu bereitet hat der Leiter des
Frequenzmanagements und Systemtechnik Herr Udo Klaus. Vielen Dank an alle beteiligten
Mitarbeiter des SWR für die geleistete großzügige Unterstützung.
Nicht zuletzt geht ein Dank an die Bayerische Medien Technik GmbH für die messtechnische
Unterstützung beim Strahlungsversuch. Herr Thorsten Stache hat mit seiner Messerfahrung
wesentlich dazu beigetragen, eine große Menge an verwertbaren Messdaten für die hier
gezeigten Auswertungen innerhalb kurzer Zeit zur Verfügung stellen zu können.
3. Einleitung
Zu den derzeit häufig diskutierten Ideen gehört, mit preisgünstigen DAB+-Sendern kleiner
Leistung eine lokal begrenzte Versorgung von urbanen Ballungsräumen herzustellen.
Denkanstöße und Anregungen dazu geben neben entsprechenden Überlegungen in England
aktuelle Entwicklungen in der Schweiz. Nachdem bis Ende 2012 dort bereits unterhalb zweier
großräumig angelegter Bedeckungen regional gegliederte Plattformen in Genf, im Großraum
Aargau-Zürich sowie in Bern und der Ostschweiz bereitstanden, sah das Konzept der als
Netzbetreiberin konzessionierten Digris AG bis 2015 den zügigen Ausbau von kleinräumigen
kostengünstigen Lokalversorgungsgebieten in weiteren größeren Agglomerationen der
Schweiz vor. Wesentlich niedrigere Kosten im Vergleich zur Flächenversorgung macht das
Senderkonzept sowohl für kommerzielle als auch nicht-kommerzielle Radios bzw. Webradios
interessant. Die Digris AG setzt zur Kostensenkung auf softwaregestützte Technologien, wie
"Software Defined Radio". Das OpenDigitalRadio.Org-Projekt entwickelt und stellt dafür
Software-Module bereit, die als Opensource die gesamte DAB+-Übertragungskette mit den
sog. ODR-mmb Tools1
abdecken.
1
ODR mmb = Opensource Digital Radio ursprünglich entwickelt von CRC (Communications Research Centre
Canada), Kanada
Landesanstalt für Kommunikation Seite 5 / 63 Datum: 24.09.2015
Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
Die in den Verbänden UNIKOM und ASROC organisierten nicht-kommerziellen Radios bzw.
Webradios in der Schweiz sind im Verein LIMUS2
vereinigt, der seinerseits als Inhaber einer
Funkkonzession einen Aktienanteil der Digris AG übernahm. Das erste LIMUS-Digris
Ensemble in Genf läuft seit 1. Mai 2014 stabil mit 13 Programmen.
Die geschilderte Entwicklung in der Schweiz als auch entsprechende Überlegungen in
England nähren auch in Deutschland die Hoffnung, mit als besonders preisgünstig
eingeschätzten Kleinleistungssendern die Verbreitungskosten senken und in lokal-regionalen
Versorgungsclustern so eine auf diesen Raum zugeschnittene Hörfunkveranstaltung
ermöglichen zu können. Leistungsstarken DAB-Grundnetzsendern mit einigen Kilowatt
Sendeleistung, in Gleichwellennetzen auf eine überwiegend landesweite Versorgung
ausgerichtet, stünden dann Sender mit deutlich unter 0,5 kW Strahlungsleistung im
städtischen Umfeld gegenüber. Mit einem Strahlungsversuch beabsichtigte die LFK im März
2015, ein solches Szenario unter realen Empfangsbedingungen zu erproben. Im Fokus stand
zunächst weniger die eher subjektive Frage der Akzeptanz seitens der DAB-Radiohörer, die
mit einer solchen Versorgung möglicherweise einhergehenden Nachteile in Kauf zu nehmen,
sondern vielmehr die objektiven Befunde bei unterschiedlichen Empfangsszenarien. Zu
erwarten waren bei einem Kleinleistungssender-Konzept in besonderem Maße deutliche
Abstriche bei der sog. Indoor-Versorgung, die gerade im städtischen Umfeld und in den dort
anzutreffenden Gebäuden eine Herausforderung darstellt.
Im Nachtrag sei auf das Ergebnis weiterer Recherchen zur Leistung der eingesetzten Sender
in der Schweiz hingewiesen: Dort sind inzwischen die Sendeleistungen der
„Kleinleistungssender“ durch bessere Endstufen auf weit über 1 kW bis zu 4 kW erhöht, die
somit keine „Kleinleistungssender“ im eigentlichen Sinne mehr darstellen.
Losgelöst von der Erwartungshaltung der potenziellen DAB+-Hörer hinsichtlich der
Empfangbarkeit lokaler Hörfunkangebote geht es im vorliegenden Messbericht in erster Linie
um die Empfangsergebnisse, die unter den Bedingungen urbaner Versorgungsgebiete mit
Kleinleistungssendern und unter den anzunehmenden Empfangsgewohnheiten der Hörer zu
erwarten sind. Die übliche Empfangssituation sieht demnach so aus, dass der Hörer einen
handelsüblichen portablen DAB+-Empfänger mit angebauter Teleskopantenne im Fachhandel
erwirbt und Zuhause an einem Ort seiner Wahl aufstellt. Dort soll der Empfang dann ohne
zusätzliche Anforderungen erfüllen zu müssen, auf einfache Weise funktionieren.
Der DAB+-Empfang ist nicht vergleichbar mit dem FM-Empfang. Für beide Systeme gelten
völlig unterschiedliche charakteristische Systemeigenschaften. Empfindliche DAB-
Empfänger sind in aller Regel noch imstande, völlig rauschfreie Audiosignale zu dekodieren,
selbst dann, wenn Nutzfeldstärken und CNR-Werte vergleichsweise sehr gering sind.
Ein guter DAB-Empfänger kann bereits ab ca. 10 dBμV/m Signalfeldstärke unter günstigen
Bedingungen (noch ausreichendes CNR vorausgesetzt) einen ETI-Datenstrom decodieren und
daraus ein störungsfreies Audiosignal erzeugen. Diese Eigenschaft kommt DAB beim
Mobilempfang zu Gute. Liegt das Nutzsignal auf einer störarmen Frequenz mit nur wenig
Man Made Noise und homogener Feldverteilung, gibt es kaum noch Probleme mit zu
geringen Feldstärken. Selbst fern ab gelegene DAB-Sender können so oft störungsfrei gehört
werden.
2
LIMUS = Layer zur Innovation und Migration Urbaner Sendegebiete
Landesanstalt für Kommunikation Seite 6 / 63 Datum: 24.09.2015
Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
Die vorstehend geschilderten Umstände erklären, weshalb der DAB-Empfang bei mobil
durchgeführten Tests meist mit guten bis sehr guten Ergebnissen hervorsticht und die
Berichterstatter zur Aussage führen, die DAB-Versorgung wäre deutlich besser als in der
Versorgungsprognose berechnet. In Bezug auf die Inhouse-Empfangssituationen gilt dies
jedoch so nicht. Eine durchgängig unterbrechungsfreie Mobilversorgung gibt noch lange
keine Garantie auf einen zufriedenstellenden Empfang in Gebäuden. Die im Versuch
gewonnenen Erfahrungen zeigen vielmehr, dass trotz gutem Mobilempfang nicht automatisch
von einer guter DAB-Empfangbarkeit in Gebäuden mit Behelfsantennen an portablen
Empfangsgeräten auszugehen ist. Die Ursache dafür liegt weniger in Mängeln bei der
Empfindlichkeit der Empfänger, sondern vielmehr an der Störbelastung am Empfangsort und
der hohen Signaldämpfung durch die Gebäude. Es nutzt also nichts, wenn der Empfänger mit
guten Werten bei der Empfindlichkeit aufwartet, wegen hoher Störpegel des sog. Man-Made-
Noise aber das Nutzsignal im Störbelag untergeht.
Wie enttäuschend die Situationen in Gebäuden sein können zeigen die dort durchgeführten
Messungen und Empfangstests. Die Entwicklung bei den FM-Empfängern verleitet viele
Hörer dazu, anzunehmen, das gute alte Radio würde immer und überall funktionieren.
Tatsächlich ist auch das nicht der Fall. Meist ist der analoge FM-Empfang in Gebäuden unter
Verwendung einer Behelfsantennen ebenfalls mit erheblichen Qualitätseinbußen verbunden,
die von den allermeisten Hörern aber hingenommen und von vielen nicht einmal
wahrgenommen werden.
Schon seit Beginn der Rundfunkübertragung sind die auftretenden Funkstörungen und ihre
Mechanismen ein ständig in internationalen Institutionen wie dem CISPR3
und in der
Normung behandeltes Thema. Es geht dabei darum, den Aufwand bei der Entstörung von
Störquellen einerseits und andererseits den sendetechnischen Aufwand zur Erzeugung hoher
Nutzfeldstärken, die maßgeblich zur störungsfreien Funkübertragung beitragen, in eine
ausgewogene und volkswirtschaftlich vertretbare Relation zu bringen. Im weitesten Sinne
geht es also dabei um Kompromisse. Für alle Funkübertragungssysteme lassen sich an Hand
der genormten maximal zulässigen Störpotenziale Modellkonfigurationen für den
störungsfreien Funkempfang herleiten (sog. Störmodelle). Diese Störmodelle sind in den
einzelnen Frequenzbereichen und für die verschiedenen Rundfunksysteme in der Regel
unterschiedlich und richten sich an der technischen Machbarkeit aus. Die Störmodelle für
UKW und DAB unterscheiden sich schon durch ihre unterschiedlichen Frequenzbereiche und
sind besonders wegen sehr verschiedener Systemanforderungen nicht direkt miteinander
vergleichbar. Für den analogen als auch digitalen Rundfunk gehen die Störmodelle meist von
der Verwendung einer Außenantenne zur Entkopplung des Nutzsignals im Funkfeld vom
Störpotenzial der Störquellen in Gebäuden aus (Man Made Noise). Nur so gelingt es, einen
störungsfreien Inhouse-Empfang zu gewährleisten, bei dem eine ausreichend dimensionierte
Systemreserve für langzeitstabile Empfangsverhältnisse sorgt. Es mag sein, dass ein Empfang
auch unter ungünstigeren Bedingungen z.B. ohne besondere Außenantenne möglich ist, einen
rechtlichen Anspruch auf störungsfreien Empfang kann der Hörer daraus allerdings nicht
ableiten. Treten bei DAB instabile Signalverhältnisse am Empfängereingang auf (z.B. durch
ein zu geringes CNR), ist die Freude an dem System auch meist schon dahin. Ständige
Programmunterbrechungen nerven selbst den gewogenen Hörer. Der Empfang mit portablen
DAB-Empfängern mit angebauter Teleskopantenne funktioniert in Gebäuden mit geringen
Nutzfeldstärken und einem hohen Man Made Noise nur wenn günstige Umstände zusammen
kommen (eher zufällig). Von einer hohen Versorgungswahrscheinlichkeit an beliebig
gewählten Empfangsorten selbst unter widrigen Bedingungen kann jedenfalls keine Rede
3
CISPR = Comité international spécial des perturbations radioélectriques
Landesanstalt für Kommunikation Seite 7 / 63 Datum: 24.09.2015
Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
sein. Die Frustrationsrate ist so gesehen bei DAB gewiss etwas höher als es beim FM-
Empfang unter vergleichbaren Pegelbedingungen im Grenzbereich bei geringer
Systemreserve der Fall ist.
Zur Erläuterung der fundamentalen Zusammenhänge beim DAB-Indoor-Empfang dienen die
in den nächsten Abschnitten vorgestellten Testergebnisse. Es handelt sich dabei einerseits um
subjektive Empfangsbewertungen, die mit handelsüblichen portablen Empfängern
durchgeführt wurden und andererseits um Auswertungen von stationären und mobilen DAB+-
Versorgungsmessungen. Die methodisch sehr unterschiedlichen Ansätze und daraus
gewonnenen Ergebnisse werden in Verbindung mit theoretischen Betrachtungen anhand von
Modellen zur Plausibilitätsprüfung zusammengeführt. Als gemeinsame Referenzgröße für
diese Triangulation soll die Feldstärkeprognose dienen, mit der üblicherweise die
Versorgungsbeurteilung von Sendernetzen, bei UKW und DAB gleichermaßen,
vorgenommen wird.
Zur realen Abbildung einer städtischen Versorgungssituation mit einem Kleinleistungssender
erfolgte im Zeitraum vom 03.03. bis 09.04.2015 eine zeitlich befristete Versuchsabstrahlung
mit einem überwiegend als SDR-Equipment4
ausgeführten DAB+-Sender am Standort
Funkhaus des SWR unter Verwendung des Kanals 12A mit einer Strahlungsleistung von
200 Watt ERP ND. Den Sender stellte freundlicherweise die HS Kaiserslautern (Herr Prof.
Steil), den Senderstandort einschließlich der Sendeantenne mit Rundstrahlung und einem
Gewinn von 6 dBd der Südwestrundfunk (SWR) zur Verfügung. Weitere Informationen zum
Sender selbst sind im Abschnitt „Anmerkungen zum verwendeten DAB+-Versuchs-Sender“
enthalten. Sender mit Strahlungsleistungen bis zu 1 kW gelten üblicherweise als sog.
Kleinleistungssender.
Neben stationären Versorgungsmessungen an repräsentativen Messpunkten und mobilen
Signalaufzeichnungen entlang ausgesuchter Messstrecken dienen messtechnische
Untersuchungen im und am Dienstgebäude der LFK in der Reinsburgstraße 27, in 70178
Stuttgart, das sich in einer Entfernung von nur 3,75 km vom Standort des Testsenders in der
Neckarstraße 230 (Funkhaus), 70190 Stuttgart entfernt befindet, als Datenbasis. Ein weiterer
wichtiger Punkt und Informationsquelle sind Auswertungen einer Vielzahl von subjektiven
Empfangstests, die Testhörer an zufällig ausgewählten Testpunkten im Versorgungsgebiet
vornahmen. Testpunkte konnten sowohl in Wohnungen aber auch im Freien festgelegt
werden. Alle gewonnenen Daten und Informationen sind als einzelne Mosaiksteinchen eines
Gesamtbildes zu verstehen, das die Versorgungssituation im städtischen Umfeld
(insbesondere bezüglich des Indoor-Empfangs) letztlich beschreiben und evaluieren hilft.
Nebenbei eignete sich die Versuchsabstrahlung als Nachweis dafür, dass es mit
preisgünstigen SDR-Sendern in der Praxis möglich ist, zuverlässigen d.h. ausfallfreien 7x24-
Sendebetrieb zu realisieren. Das Handling des Senders ist zwar noch verbesserungsfähig,
machte aber dennoch beim Aufbau der Sendeanlage keine Probleme. Um auf eine
Modulationszuführung verzichten zu können, spielte der Software-Multiplexer vorproduzierte
Audioobjekte direkt von der Festplatte aus.
Mit der Durchführung der umfangreichen Messungen beauftragte die Landesanstalt für
Kommunikation die Bayerische Medientechnik (BMT) in München, die dazu ihren eigenen
Messwagen mit umfangreichem DAB/DAB+-Messequipment einsetzte.
4
SDR = Software Defined Radio, hier unter Verwendung von OpenSource-Software ODR mmb-Tools
Landesanstalt für Kommunikation Seite 8 / 63 Datum: 24.09.2015
Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
4. Anmerkungen zum eingesetzten DAB+-Versuchs-Sender
Von Oktober 2013 bis August 2014 führte die Landeszentrale für Medien und
Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) ein Kooperationsprojekt mit der TU Kaiserslautern
mit Unterstützung durch die FH Kaiserslautern zum Aufbau einer portabel einsetzbaren
DAB+/DRM+-Sendeinfrastruktur mit einem kompaktem Multiplexgenerator und Sender für
das VHF-Band III einschließlich einer Sende- Antenne durch.
Basis für den Aufbau war ein technisches Konzept aus der Schweiz für die DAB-Verbreitung
von nichtkommerziellen Hörfunkprogrammen, das aus einer frei verfügbarer OpenSource-
Software (mmbTools der CRC in Kanada in einer Weiterentwicklung zu den ODR-mmbTools
von opendigitalradio.org) für den Multiplexgenerator (Multiplexer und Modulator) und einem
günstigen Frequenzumsetzer (USRP der Firma ETTUS) besteht.
Zur leichten Transportierbarkeit sowie aus der Überlegungen heraus, den Sendeverstärker in
der Nähe zur Antenne und den Multiplexgenerator in der Nähe der Audioquellen aufzubauen,
wurden diese Systemkomponenten getrennt in zwei rollbaren Flightcases untergebracht, die
über ein Ethernetkabel miteinander verbunden sind. Zur Stromversorgung genügt je eine
haushaltsübliche Steckdose.
Der Multiplexgenerator wurde zusätzlich um die Software „Spark“ für die Ausstrahlung von
DRM+ ergänzt. Mit diesen Erweiterungen war es erstmalig machbar, auch DRM+-
Programme zur Demonstration dieses Systems in seiner Eignung für eine digitale
Hörfunkversorgung, insbesondere für lokale Verbreitungsgebiete, über eine kompakte
Sendeanlage auszustrahlen.
Mit den eingesetzten Bauteilen konnte gezeigt werden, dass ein standardkonformer 100 W-
DAB-Sender mit Netto-Hardware-Kosten von ca. 10.000 € realisierbar ist. Durch Verzicht auf
nicht zwingend benötigte Komponenten, z. B. hochwertige Audiointerfaces, lassen sich die
Kosten im Bereich des Multiplexgenerators weiter senken, jedoch sind alternative
minderwertige HF-Komponenten bei der VHF-Sendeeinheit zur Kostenminimierung
kontraproduktiv, weil dadurch die Gefahr besteht, die erforderliche Qualität des Sendesignals
nicht mehr zu erreichen (kritische Spektrumsmaske!).
Der Abschlussbericht des Projekts und eine Bedienungsanleitung zur Inbetriebnahme des
Senders liegt seit November 2014 vor.
Zum Einsatz kam der Koffersender erstmals im April 2014 an der TU Kaiserslautern für das
Veranstaltungsradio im Rahmen der „Nacht, die Wissen schafft 2014“, während des
Symposiums am 3. Juli 2014 sowie im Dezember 2014 für ein weiteres Veranstaltungsradio
der TU in Kaiserslautern. Weiterhin setzte die Landesanstalt für Kommunikation die
Sendeanlage im Zeitraum vom 03.03. bis 09.04.2015 als Testsender für den hier
beschriebenen Strahlungsversuch ein. Die Abstrahlung erfolgte über eine stationär montierte
vertikal polarisierte VHF-Band III-Antenne mit Rundstrahlung und 6 dB Gewinn am
Funkhaus des SWR, Neckarstraße im Dauerbetrieb (7x24).
Weitere Informationen zu den technischen Daten der Sendeanlage finden Sie hier:
http://technik.lfk.de/dab/strversuch/dab_strversuch_00.html
Landesanstalt für Kommunikation Seite 9 / 63 Datum: 24.09.2015
Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
5. Untersuchungen im Gebäude Reinsburgstraße 27, Stuttgart
Das Testgebäude befindet sich im Stuttgarter Westen in der Reinsburgstraße. In Abbildung 11
ist der Standort des Gebäudes als Testpunkt TP1 eingezeichnet.
Im 5.OG des Gebäudes mit nahezu freier Sicht zum Sender fanden sowohl Messungen der
Nutz- und Störpegel als auch subjektive Empfangstests statt. Als Messgerät kam ein portabler
Spektrumanalysator der Firma Rhode & Schwarz FSH3 mit abgesetzter Dipolantenne
(Schleifendipol mit 75 Ohm-Anpassung über Balun) zum Einsatz. Als DAB+-Testempfänger
zur subjektiven Empfangsbeurteilung diente ein Sony XDR-S60DBP, auf dessen umgebautem
Antenneneingang (auf F-Connector) eine Teleskopantenne aufgeschraubt wurde. Ein
beabsichtigter Betrieb mit Dipolantenne und Dämpfungsglied zur Pegeleinstellung mit dem
Ziel, die Systemreserve zu bestimmen, scheiterte, weil der Receiver auch die Mantelwelle auf
dem Schirm des Anschlusskabels nach dem Balun als Empfangssignal verwertet
(Antenneneingang undefiniert symmetrisch ohne Abschluss).
Die verwendete Messantenne, es handelt sich um ein von der Firma Conrad vertriebene DAB-
Dipol-Antenne (Bestell-Nr. 549698), zeigte beim direkten Vergleich mit der
Messwagenantenne FT01 der Firma Schwarzbeck gute HF-Eigenschaften. In der
Horizontalebene liegt mit kaum relevanten Abweichungen Rundstrahlcharakteristik vor, so
dass insgesamt in guter Näherung eine Dipolcharakteristik für diese Bezugsantenne
angenommen werden kann. Als Antennenumrechnungsfaktoren ergaben sich messtechnisch
im freien Strahlungsfeld im direkten Vergleich mit der Messwagenantenne FT01 gemessene
frequenzabhängige Werte zwischen 11,8 und 12,5 dB, die der Umrechnung von Spannungen
am Analysatoreingang auf Feldstärke zu Grunde gelegt sind (K-Faktor, Transducer-Faktor).
Auf diesem Wege war es möglich, auf einfache und effiziente Weise die Feldverhältnisse
(Nutz- und Störsignale) im Innen- und Außenbereich des Gebäudes durch eine orientierende
Messung zu erfassen und zu protokollieren. Die Lage der Testpunkte im Gebäude geht aus
den Abbildungen 6 bis 8 hervor. Die Ergebnisse der subjektiven Empfangstests sind ebenfalls
in den Abbildung 6 bis 8 mit Symbolen visualisiert dargestellt bzw. die der Messungen
(Feldstärken) in Tabelle 1 zusammengestellt.
Mit der verwendeten Messantenne gelang es zudem, die im Indoor-Bereich vorhandenen
Störpotenziale aufzuspüren und deren Auswirkungen auf den DAB-Empfang zu untersuchen.
Es fiel dabei auf, dass gerade dort, wo hohe Störpegel auftreten, es meist auch sinnvoll und
naheliegend war, den DAB-Empfänger zu platzieren. Die viel störärmeren Bereiche unterhalb
den Decken oder an den Fenstern, an denen gleichzeitig auch höhere Nutzfeldstärken
herrschten, kamen in der Regel als Aufstellungsort weniger in Frage.
6. Störpegel im Indoor-Bereich
Es zeigte sich bei den Messungen, dass neben der Nutzfeldstärke und der Empfindlichkeit der
Receiver das vorhandene CNR am Empfangsort ausschlaggebend für das Empfangsergebnis
ist. Die festgestellten hohen Störpegel im Indoor-Bereich führen dazu, dass der DAB-
Empfang häufig deshalb nicht möglich ist, weil die Störpegel zu hoch sind, um ein noch
ausreichendes CNR zu gewährleisten. Mit Blick auf die auftretenden Störpegel ist
anzumerken, dass besonders im VHF-Band III eine Kumulierung von Störstrahlungen
unterschiedlichster Quellen, die in erster Linie im Indoor-Bereich betrieben werden, statt
findet (hohes Man Made Noise). Jegliche Art kommunikationstechnischer Geräte, vom
Telefon bis zum PC und vom Breitbandanschluss bis zur Satellitenanlage liefern Störbeiträge,
die je nach spektraler Verteilung dem DAB-Empfang den Garaus machen können. Einige
Landesanstalt für Kommunikation Seite 10 / 63 Datum: 24.09.2015
Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
praktische Beispiele von gemessenen VHF-Spektren mit DAB-Nutzsignalen und Störpegeln
im Bürobereich zeigen die Abbildungen 1, 2 und 3.
Als Quelle für Störstrahlungen sind weniger die Geräte selbst auszumachen als vielmehr
deren Anschlusskabel, die oft als Antennen wirken und die Abstrahlung von Störenergie
gerade im Band III begünstigen. Es brauchte keiner besonderen Suche, um Störfeldstärken
von bis über 50 dBμV/m zu identifizieren (vgl. Abbildungen 2 und 3). Das sind immerhin
Feldstärken, die das Nutzsignal des Testsenders auf Kanal 12A deutlich d.h. um ein
Vielfaches übersteigen können.
Abbildung 1 zeigt die spektrale Darstellung der vier im Stadtzentrum Stuttgart empfangbaren
DAB-Multiplexe mit vergleichsweise geringem Man Made Noise, wobei der ganz rechts
abgebildete Nutzpegel auf Kanal 12A vom Testsender herrührt. Neben den Nutzpegeln fällt
der ungleichmäßige spektrale Verlauf des Breitbandstörpegels und zweier Störpegel (fS1 und
fS2) auf diskreten Frequenzen auf.
DAB Kanal 5C
DAB Kanal 9D
DAB Kanal 11B
DAB Kanal 12A
Breitbandstörpegel
Störpegel fS2
Störpegel
fS1
Abbildung 1: DAB-Nutzsignale im VHF-Band III, Messpunkt 1 in Zimmermitte gemessen mit R&S FSH3
Unter den Bedingungen nach Abbildung 1 konnte das DAB-Signal auf dem Kanal 12A
augenblicklich d.h. zum Testzeitpunkt noch gut indoor empfangen werden. Trotzdem können
sich die Maxima der Breitbandstörungen als auch die Störpegel auf diskreten Frequenzen fSn
zeitabhängig verschieben und sich plötzlich auch beispielsweise im Nutzkanal 12A verstärkt
ausbilden. Das kann dann bei dem um rund 20 dB gegenüber den Hochleistungssendern
(Kanäle 5C, 9D und 11B) niedrigeren Nutzpegel auf Kanal 12A zu Ausfällen
(Programmunterbrechungen) führen, was so auch nicht selten beobachtet wurde.
Tatsächlich hat sich bei Langzeitempfangsversuchen über viele Stunden herausgestellt, dass
der DAB-Empfang auf Kanal 12A über einen ganzen Tag hinweg völlig störungsfrei möglich
war, am nächsten Tag dann plötzlich unter unveränderten Bedingungen nur noch mit
ständigen Unterbrechungen. Selbst beim Empfang der leistungsstarken Sender konnten Hörer
solche zeitabhängigen Verschlechterungen des DAB-Empfangs mit
Programmunterbrechungen an anderen Orten im heimischen Umfeld beobachten. Das
bedeutet, dass ein momentan guter DAB-Empfang noch lange keine Gewähr für eine hohe
Langzeitstabilität bietet. Ob solche langzeitstabilen Empfangsbedingungen gegeben sind,
kann im Grunde nur mit Hilfe einer messtechnischen Untersuchung des Spektrums unter
Verwendung eines Analysators am Empfangsort verifiziert werden.
Im Büroumfeld entstand der subjektive Eindruck, dass in den Abendstunden, wenn
zunehmend die Bürokommunikationsgeräte (PCs usw.) außer Betrieb gingen, sich der DAB-
Empfang deutlich verbesserte, zumindest aber merklich weniger Ausfälle auftraten. Die
Landesanstalt für Kommunikation Seite 11 / 63 Datum: 24.09.2015
Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
Beobachtung führt zum Schluss, dass wohl weniger die Nutzfeldstärkeschwankungen allein
dafür verantwortlich sind, sondern vielmehr eine starke Schwankung des CNR als Resultat
von Nutz- und Störfeldstärkeänderungen innerhalb des Gebäudes. Übrigens haben die
Messungen auch gezeigt, dass die Störpotenziale innerhalb des Gebäudes weit über den im
Außenbereich gemessenen Werten liegen.
DAB Kanal 5C DAB Kanal 9D
DAB Kanal 11B
DAB Kanal 12A
Breitbandstörpegel
Störpegel fS2
Störpegel
fS1
Abbildung 2: DAB-Nutz- und Störsignale im VHF-Band III, Messpunkt 3 gemessen mit R&S FSH3
Abbildung 2 zeigt beispielhaft ein Störerszenario, bei dem hohe Störpegel auf diskreten
Frequenzen auftreten. Trotz der Störbelastung war ein DAB-Empfang mit gelegentlichen
Aussetzern auf Kanal 12A noch möglich. Als Ursache der Störpegel auf den diskreten
Frequenzen konnte ein Satelliten-Multiswitch ermittelt werden, dessen Störstrahlung sich
über mehrere Räume ausbreitete, obwohl er in einem betonierten Technikraum mit hoher
Schirmwirkung im Kern des Gebäudes an der Wand montiert war.
Einen Extremfall veranschaulicht Abbildung 3. In einem Abstand von ca. 0,5 Meter von
einem Telefon SNOM 870 mit Touchscreen Monitor stieg der Störpegel breitbandig auf über
50 dBμV/m an. Das Signal des Testsenders auf Kanal 12A versank förmlich im Störnebel.
Ein Empfang war bei Entfernungen von unter 2 Metern zum Störer nicht mehr möglich.
Selbst auf Kanal 9D und 11B kam es bei sehr geringen Entfernungen (< 0,5 Meter) zum
Telefon zu instabilen Empfangsverhältnissen (Kurzzeitaussetzer), die aber problemlos durch
eine Änderung der Antennenausrichtung behoben werden konnten.
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DAB Kanal 5C
DAB Kanal 9D
DAB Kanal 11B
Breitbandstörpegel
Abbildung 3: DAB-Nutz- und Störsignale im VHF-Band III, Messpunkt 3 gemessen mit R&S FSH3; Abstand
zur Störquelle: <0,5 Meter
Zu den Spektrumsdarstellungen sei angemerkt, dass zur Messung von Störpegeln die nach
CISPR 13/16 festgelegten Verfahren zu beachten sind. Eine Aussage, ob Grenzwerte
überschritten werden, setzt voraus, dass Messungen und Bewertungen nach Maßgabe dieser
Normen (CISPR, EN 55022:2010) erfolgen. Insoweit kann aus den Darstellungen 1 bis 3
keine Grenzwertüberschreitung abgeleitet werden. Eine überschlägige Rechnung zeigt, dass
die festgelegten Grenzwerte mit hoher Wahrscheinlichkeit in diesen Fällen noch eingehalten
werden. Es geht lediglich darum, Störmechanismen beim Indoor-Empfang aufzuzeigen und
keinesfalls um eine Störquellensuche.
Es sei ferner darauf hingewiesen, dass es für digitale Übertragungssysteme wie DAB+ keine
festen Grenzwertfestlegungen für Störabstände, wie das bei analogen Übertragungssystemen
üblich war, mehr gibt, weil die Robustheit dieser Systeme von sehr vielen systemspezifischen
Parametern abhängt, die nicht mehr durch einen singulären Wert für einen Störabstand
beschreibbar sind. Es obliegt dem Systembetreiber selbst, ausreichende Schutzabstände
festzulegen und deren Einhaltung z.B. bei der Funknetzplanung sicherzustellen.
7. Störmodell für Indoor-DAB-Empfang
Aus den vorstehend gezeigten Störszenarien kann ein einfaches Störmodell hergeleitet
werden, mit dem Rückschlüsse auf die benötigte Outdoor-Nutzfeldstärke gezogen werden
können. Einen Anhaltspunkt für die im Indoorbereich von Einrichtungen der
Informationstechnik verursachten Störstrahlung geben die in der EN 55022 festgelegten
Grenzwerte (Abbildung 4), die als Berechnungsgrundlage der für einen guten DAB-Indoor-
Empfang erforderlichen Nutzfeldstärken geeignet sind.
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Abbildung 4: Störstrahlgrenzwerte für Einrichtungen der Informationstechnik in 3 Meter Entfernung nach
EN 55022 Class B (rote Kurve) und SchTSEV Anlage 2 (letztere Outdoor, grüne Kurve))
Ausgehend von einer max. Störfeldstärke von 40 dBμV/m, die in dieser Höhe zulässig und
ohne Weiteres in Räumen auftreten kann, ergibt sich folgende „Worst Case“-Berechnung:
Störfeldstärkegrenzwert (Messung nach CISPR 13/16) 40 dBμV/m
Umrechnung Kanalbandbreite (120 kHz / 1.500 kHz) 11 dB
Störabstand (DAB) 15 dB
Gebäudedämpfung 30 dB
Outdoor-Feldstärke (in Bodennähe erforderlich) 96 dBμV/m
Das Ergebnis ist so zu interpretieren, dass erst Feldstärken ab 96 dBμV/m im Außenbereich
des Gebäudes in repräsentativer Höhe gemessen in ungünstigen Fällen für einen wirklich
stabilen DAB-Indoor-Empfang mit hoher Ortswahrscheinlichkeit ausreichen. Bei allen
Pegelwerten unterhalb dieser Schwelle besteht eine mehr oder weniger größere
Wahrscheinlichkeit, dass es zu Empfangsstörungen kommen kann. Bei den in Anwesenheit
hoher Störpegel erforderlichen Eingangspegeln von deutlich über 40 dBμV spielt die
Eingangsempfindlichkeit der Empfänger nur noch eine untergeordnete Rolle.
Abschläge (= niedrigere Versorgungsfeldstärken) wären denkbar bei geringeren
Gebäudedämpfungen (< 30 dB), einer störfreieren Umgebung am Aufstellungsort des
Receivers (keine störenden Geräte in unmittelbarer Nähe) und einer günstigeren Verteilung
der Störenergie im Spektrum (relative Störfreiheit des Nutzkanals), so dass der Fehlerschutz
eine effizientere Wirkung zeigt.
8. Auswertung von Indoor-Empfangstests
Das Testkriterium „störungsfreie DAB-Empfangbarkeit“ ist bei den im folgenden Abschnitt
dokumentierten Empfangstests dann erfüllt, wenn bei einer mehrmaligen langsamen Drehung
des Empfängers mit vertikal ausgerichteter Teleskopantenne in einer Höhe von ca. 1,60
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Metern um den Testpunkt (Zimmermitte, Schnittpunkt der Diagonalen) mit einem Radius von
ca. 0,6 Metern keine Unterbrechung des Empfangs auftritt. Analog dazu gilt für den FM-
Empfang die in der Bewegung festgestellte schlechteste Empfangsqualität (Qualitätsstufen 1 –
5 nach ITU5
). Die Testpunkte sind in den folgenden Abbildung 6 bis 8 im Stockwerksplan
des Gebäudes (5. OG) eingezeichnet und die Ergebnisse farblich hervorgehoben.
Abbildung 5: Symbole zur Darstellung der Ergebnisse subjektiver Empfangstests
UEP 3
EEP 1A
EEP 2A EEP 3A
EEP 4A
DAB FM
Qualitätsstufen 1-5
hier: 3
1
2
3 4
5
Empfang
störungsfrei
Kanal 9D
Kanal 5C
Kanal 11B
Empfang
gestört
Die symbolischen Darstellungen der Empfangsergebnisse in Abbildung 5 haben folgende
Bedeutung:
Bei DAB (linkes Symbol) sind die beim Strahlungsversuch auf dem Testkanal 12A
verwendeten Signalcodierverfahren bzw. Protection-Level symbolisch dargestellt. Das obere
Kreissegment symbolisiert den MPEG Layer II-encodierten Subchannel (MUSICAM) mit
Error-Protectionlevel UEP 3 (Unequal Error Protection Level 3), die vier anderen Segmente
die vier MPEG 4 HE AAC v2 encodierten Subchannel mit den Protection Leveln EEP 1A bis
4A (Equal Error Protection Level 1 – 4). Weitere Erläuterungen zum Fehlerschutz sind unter
Punkt 18 „Fehlerschutzmechanismen“ zu finden. Eine dunkle Einfärbung (grün) steht jeweils
für ein positives Testergebnis, hell (gelb) für gestörten Empfang bzw. nicht empfangbar.
Entsprechend ist beim mittleren dreigeteilten Symbol jedem Kanal der Hochleistungssender
(5C, 9D und 11B) ein Kreissegment zugeordnet. Bei FM sind die fünf Signal-Qualitätsstufen
(nach ITU) als Kreissegmente veranschaulicht, die im Falle einer Überschreitung bzw. wenn
sie mindestens zutreffend sind dunkel erscheinen (rechtes Symbol; grün bzw. bei
Qualitätsstufe 1 rot eingefärbt). Je dunkler (grüner) die Symbole also optisch in der
Gesamtschau erscheinen, um so besser ist der Empfang. In den Abbildungen 6 bis 8 selbst
sind die in Abbildung 5 zur Erläuterung der symbolischen Bedeutung eingetragenen
Beschriftungen weggelassen.
Die jeweils getesteten Services (Programme) ergeben sich aus dem verwendeten
Auswertebogen für die subjektiven Empfangstests, der hier heruntergeladen werden kann:
http://technik.lfk.de/dab/strversuch/dab_strversuch_05.html.
5
Qualitätsstufen nach ITU: 1 = stark gestört, 2 = gestört, 3 = wahrnehmbare Störungen, 4 = geringfügige
Störungen (hinnehmbar), 5 = störungsfrei (nahe an Studio-Qualität.)
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DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart
Auswertung DAB-Indoor-Empfang im Gebäude Reinsburgstraße 27, 70178 Stuttgart, 5. OG
DAB-Empfang Sender Stuttgart Funkhaus Kanal 12 A
Abbildung 6: DAB-Empfang in Gebäuden (leistungsstarke Sender)
Signaleinfall
Signaleinfall
DAB K 12A
FM 99,6 MHz
DAB K 5C
DAB K 9D
DAB K 11B
1 2
3
4
5
6
7
89
101112
13
14 15 16 17
18
Reflexionsempfang
Reflexionen von der
Karlshöhe wirksam
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DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart
Auswertung DAB-Indoor-Empfang im Gebäude Reinsburgstraße 27, 70178 Stuttgart, 5. OG
DAB-Empfang Sender Stuttgart Kanäle 5C, 9D und 11B
Signaleinfall
Signaleinfall
DAB K 12A
FM 99,6 MHz
FM 99,2 MHz
DAB K 5C
DAB K 9D
DAB K 11B
1 2
3
4
5
6
7
89101112
13
14 15 16 17
18
Abbildung 7: DAB-Empfang in Gebäuden (leistungsstarke Sender)
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DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart
Auswertung FM-Indoor-Empfang im Gebäude Reinsburgstraße 27, 70178 Stuttgart, 5. OG
FM-Empfang Sender Stuttgart-Münster 99,2 MHz (analoger Vergleichsempfang)
Abbildung 8: FM-Empfang in Gebäuden (leistungsschwacher FM-Vergleichssender 99.2 MHz, 300 W, FRS)
Signaleinfall
DAB K 5C
DAB K 9D
DAB K 11B
1 2
3
4
5
6
7
89101112
13
14 15 16 17
18
FM 99,2 MHz
Signaleinfall
DAB K 12A
FM 99,6 MHz
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DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart
Als Testempfänger diente das Sony Digitalradio XDR-S60DBM mit angebauter
Teleskopantenne. Die Entfernung vom Gebäude bis zum Sender beträgt ca. 3,75 km.
Die Empfangstest sind jeweils als Momentaufnahme zu betrachten. Besonders beim Empfang
des DAB-Testsenders ist es so, dass der Empfang sogar über einige Stunden störungsfrei
funktionieren kann, dann aber plötzlich am selben Ort unter scheinbar unveränderten
Bedingungen massive Ausfälle auftreten. Letztendlich kann die Stabilität des DAB-Empfangs
nur mit Hilfe einer eingehenden Spektrumsanalyse beurteilt werden. Die Feldverhältnisse
unterliegen ständigen Änderungen und hängen u.a. auch stark davon ab, ob die Fenster
geöffnet oder geschlossen sind. Allein geöffnete oder geschlossene Fenster können an
einzelnen Orten zu Feldstärkeschwankungen von bis zu 30 dB führen.
Die leistungsstarken DAB-Kanäle 5C, 9D und 11B können im Testgebäude indoor gut
empfangen werden. Trotz der hohen Gebäudedämpfung stellt der DAB-Empfang auf den
genannten Kanäle für den Hörer einen Mehrwert gegenüber UKW dar.
Diese Erkenntnis gilt nicht für den leistungsschwachen Testsender. Der DAB-Indoor-
Empfang ist im Testgebäude nur mit einer für Rundfunkverhälnisse geringen
Ortswahrscheinlichkeit möglich (< 50 Prozent) und meist auch dann, wenn der Empfang
momentan gut zu funktionieren scheint, nicht mit einer zufriedenstellenden Langzeitstabilität
gesegnet. Ein Punkt, der besonders von den DAB-Hörern als schwerwiegender Mangel
erachtet wird. Es fällt auf, dass die Eindringtiefe in das Gebäude bei DAB nicht besonders
hoch ist und bezüglich dieser Eigenschaft der UKW-Empfang die Nase vorn hat (ist
insbesondere den unterschiedlichen Frequenzen im VHF-Band geschuldet). Auch der FM-
Indoor-Empfang des getesteten FM-Vergleichssenders Stuttgart-Münster, 99.2 MHz, 300
Watt, FRS zeigt deutliche Schwächen. Trotz der Mängel ist die Langzeitstabilität dennoch
nach dem subjektiven Empfinden deutlich besser. Der Grund liegt in dem Umstand, dass
Feldschwankungen beim FM-Empfang zu temporären Änderungen des audioseitigen SNR
führen, die der Hörer in der Regel aber kaum registriert, Ausfälle bei DAB hingegen schon.
Die Empfangstests fanden auf einer mittleren Etage (E5) des 11-stöckigen Gebäudes statt.
Weitere Tests über alle Etagen im Treppenhaus (E0 bis E11) ergaben, dass sich die
Ortswahrscheinlichkeit mit zunehmender Geschosszahl (Höhe) auch subjektiv wahrnehmbar
verbessert, umgekehrt in den unteren Geschossen aber deutlich verringert. Dieses Ergebnis ist
physikalisch betrachtet plausibel, weil mit zunehmender Höhe auch die Feldstärke im Freien
höhere Werte erreicht. In den Untergeschossen (UG 0, 1, 2) ist hingegen so gut wie kein
DAB-Empfang möglich.
Die bei DAB im Testgebäude festgestellte geringe Eindringtiefe hat sich bei anderen
ähnlichen Tests in Wohngebäuden in ähnlicher Weise bestätigt. Der Testsender konnte oft nur
in der Nähe eines Fensters mit Ausrichtung zum Sender stabil empfangen werden. Mit
größerem Abstand zum Fenster oder an Empfangsorten im Innenbereich der Wohngebäude
bzw. in Bädern oder in den Kellergeschossen war meist kein Empfang möglich. Die
leistungsstarken Sender waren dort hingegen in aller Regel wenn auch mit nur geringen
Systemreserven empfangbar. Diese Erfahrung gibt Anlass zur Hoffnung, in vielen Fällen mit
schlechtem Empfang mit Hilfe von abgesetzten Antennen (Zimmerantennen, kleine
Außenantennen, ausgesucht günstiger Standort für den Receiver) doch noch eine
Verbesserung bewirken zu können.
Beim Einsatz von aktiven Antennen (mit Antennenvorverstärker) muss beachtet werden,
inwieweit die schlechte Empfangbarkeit überhaupt auf zu geringe Empfangspegel
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zurückzuführen ist. Ist das CNR nur wegen zu hohen Störstrahlpegeln zu gering, ist der
Verstärkereinsatz unter Umständen sogar kontraproduktiv.
8.1 Orientierende Feldstärke- und Dämpfungsmessungen im OG 5 (In- und Outdoor)
In der folgenden Tabelle 1 sind die an insgesamt 17 Testpunkten gemessenen
Fußpunktspannungen an einer Dipolantenne zusammengestellt (in dBμV). Es handelt sich um
die Ablesewerte für folgende Messbedingungen: Messgerät: R & S FSH3, RBW: 300 kHz,
Detektor: RMS, Messantenne: VHF-Dipol, vertikal, Antennenhöhe über Grund: 1,6 m). Die
Testpunktbezeichnungen korrespondieren mit denen in den Abbildungen 6 bis 8. Die Werte
(Signalpegel in dBμV) sind kanalbezogen angegeben (Spalten mit den Überschriften 5C, 9D,
11B, 12A). Die Störpegel N in der drittletzten Spalte ergeben sich rechnerisch aus den
gemessenen Nutzpegeln für den Kanal 12A (in dBμV) abzüglich der Werte aus den CNR-
Messungen (in dB) bzw. beim Messpunkt MP 4 als Ausnahme direkt als Messwert.
MP 5C 9D 11B 12A CNR (12A) N (12A
A
) Anmerkung
1 42,5 40,0 40,0 26,0 21,0 5,0 I
2 41,0 41,0 36,0 25,0 20,0 5,0 I
3 37,0 37,0 35,0 20,0 13,0 7,0 I
4 - - - - - 50,0 I Störpegel (Spaun)
5 72,0 60,0 60,0 50,0 50,0 0,0 O Galerie, outdoor
6 66,0 63,0 57,0 61,0 61,0 0,0 O Galerie, outdoor
7 55,0 57,0 52,0 50,0 50,0 0,0 O Galerie, outdoor
8 40,0 28,0 30,0 33,0 28,0 5,0 I
9 38,0 25,0 24,0 16,0 13,0 3,0 I
10 36,0 31,0 29,0 22,0 17,0 5,0 I
11 35,0 35,0 30,0 24,0 21,0 3,0 I
12 46,0 34,0 30,0 22,0 20,0 2,0 I
13 43,0 26,0 37,0 21,0 19,0 2,0 I
14 53,0 53,0 47,0 21,0 19,0 2,0 I
15 43,0 47,0 44,0 23,0 18,0 5,0 I
16 40,0 38,0 35,0 20,0 10,0 10,0 I
17 48,0 45,0 40,0 35,0 22,5 12,5 I 10 - 15 dB Raum 511 / IT
Tabelle 1: Messwerte Pegelmessung (Eingangsspannungen in dBμV RMS am Analysator R & S FSH3;
Messbandbreite: 300 kHz RMS; I = indoor, O = outdoor))
Nach Auswertung der Messreihen über Mediane ergibt sich zunächst für die Differenz
zwischen den In- und Outdoorwerten beim S/N (Kanal 12A) eine Differenz von 31 dB.
Daraus ergibt sich, dass einerseits die Nutzpegel im Innenbereich (I) sehr stark abfallen und
andererseits die Störstrahlung N deutlich zunimmt. Im Außenbereich (Outdoor) ist die
Störstrahlung hingegen eher gering (= 0,0). In folgender Tabelle 2 sind die als Mediane aus
den Messreihen bestimmten Feldstärkewerte (RMS nach Umrechnung über den K-Faktor der
Antenne, Kabeldämpfung und Bandbreitenkorrekturfaktor[=+20 dB]) angegeben:
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Feldstärken (dBμV/m) Kanäle
5C 9D 11B 12A
Median FLDST Outdoor (Messwerte MP 5,6,7)
86,0 80,0 77,0 70,0
Differenz (x - 12A) in dB
16,0 10,0 7,0
Median FLDST Indoor
61,0 57,0 55,0 42,0
Gebäudedämpfung
25,0 23,0 22,0 28,0
Tabelle 2: Berechnete Feldstärken, Pegeldifferenzen und Gebäudedämpfungen
Die aus den Leistungsdifferenzen und den unterschiedlichen Standorten der betrachteten
Sender resultierenden Pegeldifferenzen (Hochleistungssender – Kanal 12A) liegen zwischen 7
und 16 dB. Der aus der Leistungsdifferenz der Sender berechnete Erwartungswert beträgt
17 dB (200 Watt zu 10 kW). Die Ursache für die gemessenen geringeren Differenzen liegen
in erster Linie in den günstigeren Einstrahlverhältnissen in Bezug auf den Standort Funkhaus
und das Gebäude (nahezu freie Sicht). Die Hochleistungssender (Standorte Fernsehturm und
Frauenkopf) werden hingegen durch das Nachbargebäude (Allianz-Hochhaus) zusätzlich
abgeschattet und erfahren dadurch eine etwas höhere Funkfelddämpfung (was sich indirekt als
vermeintlich geringere Strahlungsleistung bzw. niedrigere Feldstärke niederschlägt).
Die gemessenen mittleren Gebäudedämpfungen im Testgebäude liegen im Wertebereich
zwischen 22,0 und 28,0 dB (mittlere effektive Werte). Ausgehend von den gemessenen
Maximal- bzw. Minimalwerten können auch Werte von deutlich über 30 dB für das Gebäude
und für ungünstigere Raumlagen veranschlagt werden. Die Werte für die Hochleistungssender
fallen außerdem etwas geringer aus, weil die gemessene Outdoor-Bezugsfeldstärke (gemessen
auf der Galerie) durch die Abschattung des Nachbargebäudes in Richtung deren
Senderstandorte (Fernsehturm, Frauenkopf) merklich verringert ist. Diese lokal stärkere
Signaldämpfung wirkt sich nicht gleichmäßig auf die gesamte Etage aus und verringert so die
messtechnisch bestimmte Gebäudedämpfung.
Die ermittelte Gebäudedämpfung entspricht damit ziemlich exakt den Dämpfungswerten, die
in Datenblättern für Wärmeschutzverglasungen angeben werden (im Durchschnitt ca. 30 dB).
Das Gebäude erhielt in jüngerer Vergangenheit eine neue Wärmeschutzverglasung. Werte
weit unter 30 dB sind für Gebäude in städtischer Bebauung heute sicherlich nicht mehr
repräsentativ. Eine Wärmeschutzverglasung gehört inzwischen zum Standard in der
Bautechnik.
8.2 Realistische Gebäudedämpfungen
Bereits vor Jahren hat die LFK in einem anderen Gebäude (Rotebühlstraße 121, 70190
Stuttgart) Messungen der Gebäudedämpfung im VHF-Bereich (Kanal 11B) durchgeführt, die
ebenfalls vergleichbare Werte um 30 dB für ein Gebäude mit ähnlicher Bausubstanz lieferten.
Insoweit sind die hier vorgestellten aktuellen Untersuchungen lediglich eine Bestätigung für
bereits bekannten Fakten.
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Weitere Messergebnisse zur Gebäudedämpfung veröffentlichte das Bundesamt für Sicherheit
in der Informationstechnik 6
und hat dabei unterschiedliche Baumaterialien jeweils gesondert
untersucht. Einige der veröffentlichten Dämpfungswerte sind in der folgenden Tabelle 3 für
VHF-Frequenzen im Bereich zwischen 150 und 250 MHz und für vertikale Polarisation
zusammengestellt:
Baumaterial a (dB)
Kalksandstein (Magnetit) als Feder-Nut-System ohne Vertikalvermörtelung 25 - 30
Kalksandstein (Magnetit) als planes Verbindungssystem 10 - 18
Standard Hochlochziegel 0 - 5
Beton mit Bewehrungsmatten als Boden-Decke-Element; nicht verschweißt 12 - 20
Beton als Wandausführung, doppellagige Bewehrung , untereinander verrödelt 20 - 25
dito mit Streckmetallverputzung oder vergleichbarer Metallverkleidung (Bleche) 40 - 50
Porenbeton aus Standardmaterial 5 - 10
Porenbeton mit leitfähigem Zuschlagstoff, Abschirmputz und Rippenstreckmetall 32 – 35
Gipskarton als Trockenbauwand mit Wärmedämmung 0
Gipskarton als Trockenbauwand mit Dampfsperre aus Aluminium 56 - 65
Gipskarton mit HF-Tapete > 80
Bitumenabdichtungssystem für Steildächer 30 - 32
Bitumenabdichtungssystem für Flachdächer 68 - 72
Tabelle 3: Dämpfungswerte für gängige Baumaterialien
Wie sich aus der Aufstellung der Dämpfungswerte in Tabelle 3 für verschiedene
Baumaterialien ergibt, liegt das Gros der Werte in der Praxis zwischen 0 und 30 dB; sie
können aber unter bestimmten Gegebenheiten, z.B. wenn Fassaden metallverkleidet sind,
noch weit darüber hinausgehen und Werte bis über 60 dB erreichen. In Dachwohnungen im
Trockenausbau (Gipskarton) und einer üblichen Isolierung mit einer Alufolien-Dampfsperre
sind Dämpfungen von 60 dB die Regel (!).
9. Störstrahlung
Die auftretende Störstrahlung ist neben der Gebäudedämpfung der zweite entscheidende
Faktor. Hohe Störpegel im Indoor-Bereich i.V. mit hoher Gebäudedämpfung können den
DAB-Empfang empfindlich beeinträchtigen oder gar unmöglich machen, mehr noch als dies
bei Verwendung unempfindlicher Receiver der Fall ist.
Entscheidend für einen stabilen DAB-Empfang ist, dass mit der am Aufstellungsort
vorhandenen Restfeldstärke zeitkontinuierlich ein ausreichendes CNR sichergestellt ist. Es
reicht dabei nicht, dass der Empfang an einem ausgesuchten Ort nur zu einer bestimmten Zeit
zufällig möglich ist, vielmehr muss genügend Systemreserve vorhanden sein, um einen
störungsfreien Empfang jederzeit und über lange Zeiträume am gleichen Ort genießen zu
können. Bei den Empfangstests hat sich herausgestellt, dass der Indoor-Empfang zwar an
einem bestimmten Ort (z.B. auf einem Wandregal) oft sogar über mehrere Stunden
funktionierte, plötzlich aber am nächsten Tag am gleichen Ort unter sonst unveränderten
Umgebungsbedingungen rein gar nichts mehr ging. Es wäre eine Zumutung für den Hörer,
6
BSI-TR-03209-2 Version 1.3 vom 30.04.2008
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wenn er ständig mit dem DAB-Empfänger in seiner Wohnung herumrennen und nach neuen
optimalen Plätzen für den Empfang suchen müsste. Im Ergebnis heißt das, dass akzeptable
Empfangsbedingungen an jedem beliebigen Ort und zu jeder Zeit innerhalb eines Gebäudes
oder Raumes herrschen müssen, was konkret eine Versorgungswahrscheinlichkeit nahe
100 Prozent erfordert. Die Erfahrung bei den Tests hat gezeigt, dass wenn die
Ortswahrscheinlichkeit gering ist (z.B. um 50 bis 70 Prozent), auch die
Zeitwahrscheinlichkeit zum Problem wird. Selbst nur gelegentliche Aussetzer nerven den
DAB-Hörer mehr als häufigere kaum wahrnehmbare CNR-Verschlechterungen beim UKW-
Empfang. Eine augenblicklich geringe Ortswahrscheinlichkeit ist erfahrungsgemäß auch ein
Indiz für eine unzureichende Zeitwahrscheinlichkeit.
10. Statistisches Störmodell
Die beim Strahlungsversuch beobachteten Störeinflüsse werden im nächsten Schritt in ein
realitätsnahes theoretischen Störmodell für den Indoor-Empfang umgesetzt, das den
Grundsätzen der meisten Funkstörmodelle folgt. Der gewählt Ansatz sieht wie folgt aus:
Erforderliche Nutzfeldstärke (min, outdoor) = Störfeldstärke + Störabstand + Gebäudedämpfung (1)
Der Vorteil dieses theoretischen Modells ist, dass die Empfängereigenschaften ohne Belang
sind, solange die angenommene Störfeldstärke über der Empfindlichkeitsschwelle des
Receivers (abzgl. CNR) liegt, was nach den Beobachtungen beim Strahlungsversuch beim
Indoor-Empfang sehr häufig wenn nicht sogar ausschließlich der Fall ist. Die Modellrechnung
hat den Sinn, einen Anhaltspunkt für die zu erwartenden Testergebnisse und deren Bewertung
zu geben.
Der zur statistischen Modellrechnung gewählte Ansatz geht von folgenden Überlegungen aus:
a) Die Störfeldstärke liegt im Mittel deutlich unterhalb des Grenzwertes nach EN 55022.
Grenzwertüberschreitungen treten mit einer vergleichsweise geringeren
Wahrscheinlichkeit (Ort und Zeit) auf (< 10 Prozent). Es wird von einer hohen
Standardabweichung von 12 dB ausgegangen.
b) Die Gebäudedämpfung unterliegt ebenfalls einer hohen Standardabweichung (12 dB).
Die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion wird so bestimmt, dass deren Maximum in der
Mitte des Wertebereiches von 0 bis 30 dB bei 15 dB auftritt (entsprechend der auf
Grund von vorliegenden eigenen Messergebnissen und praktisch nachgewiesener
Gebäudedämpfungen anzunehmenden Dichtefunktion). Demnach kommen niedrige
Dämpfungswerte um 0 dB genauso häufig wie hohe Werte um 30 dB vor.
c) Die Gesamtwahrscheinlichkeit ergibt sich aus der Multiplikation der beiden
Einzelwahrscheinlichkeiten aus betrachteten Störpegeln und Gebäudedämpfungen.
d) Die Mindestnutzfeldstärken (outdoor) ergeben sich aus der Berechnung nach (1) für
beliebige Wahrscheinlichkeiten als Parameter. Als Wert für das CNR sind 15 dB
veranschlagt.
e) Es wird rechentechnisch eine Normalverteilung unterstellt.
Der statistische Ansatz (Dichte- und Verteilfunktionen) des Störmodells ist in folgender
Abbildung 9 graphisch dargestellt.
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0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1,0
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40
Abbildung 9: Statistisches Störmodell für den DAB-Indoorempfang
Wie sich aus dem Verlauf der Dichtefunktion der Gesamtwahrscheinlichkeit ergibt, sind für
anzustrebende hohe Wahrscheinlichkeiten von über 80 Prozent entsprechend hohe Werte für
die Gebäudedämpfung als auch die Störstrahlung anzunehmen, um daraus die erforderlichen
Mindestnutzfeldstärke im Outdoor-Bereich zu berechnen. Die Ergebnisse einer solchen
Berechnung für unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten zeigt die folgende Abbildung 10.
Zu beachten ist, dass die mit dem Störmodell ermittelten Mindestfeldstärken für den
Außenbereich im urbanen Umfeld nicht mit den Prognosefeldstärken in 10 Metern Höhe
identisch sind. Vielmehr handelt es sich dabei um die realen Feldstärken in der unmittelbaren
Umgebung außerhalb der Gebäude in einer für den Empfang im Gebäude repräsentativen
geringeren Höhe (z.B. 2 Meter über Grund bzw. EG-Höhe der Gebäude). Die Differenz
zwischen realer Outdoor-Feldstärke und der Prognosefeldstärke (in 10 Meter Höhe) führt zu
einem weiteren Zuschlag, wie sich aus den Messungen (vgl. Abschnitt 13 ff.) ergibt. Dieser
Zuschlag ist in der Modellberechnung nicht berücksichtigt.
Zu erkennen ist, dass Versorgungswahrscheinlichkeiten von bis zu etwa 70 Prozent mit
vergleichsweise niedrigen Nutzfeldstärken (bis ca. 75 dBμV/m) respektive noch relativ
niedrigen Sendeleistungen erzielt werden können. Wenn allerdings die für einen guten
Indoor-Empfang vorausgesetzten hohen Versorgungswahrscheinlichkeiten von deutlich über
80 Prozent gefordert sind (entspricht gutem Indoor-Empfang; Deep Indoor), sind schon rein
theoretisch überproportional höhere Feldstärken notwendig. Aus den eingangs berechneten
96 dBμV/m Mindestnutzfeldstärke im Außenbereich resultiert beispielsweise eine Indoor-
Versorgungswahrscheinlichkeit von 94 Prozent, die in der Regel einen guten Empfang selbst
bei höheren Gebäudedämpfungen und Störpegeln garantiert. Einige Zwischenwerte sind in
Ergänzung der Abbildung 10 in der folgenden Tabelle 4 angegeben.
20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60
Störstrahlung (dB
F(x) / f(x)
Gebäudedämpfung (dB)
μV/m)
Dichtefunktion Störstrahlung (x20)
Verteilfunktion Gesamtwahrscheinlichkeit
Dichtefunktion Gebäudedämpfung (x20)
Landesanstalt für Kommunikation Seite 24 / 63 Datum: 24.09.2015
Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart
39,0
47,0
58,6
63,6
81,0
90,1
119,0
74,2
53,3
35,0
68,7
0
20
40
60
80
100
120
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Versorgungswahrscheinlichkeit (indoor) in Prozent
Mindestnutzfeldstärke[dBμV/m]
Abbildung 10: Outdoor-Mindestnutzfeldstärken in Abhängigkeit der Indoor-Versorgungswahrscheinlichkeit
Versorgungswahrscheinlichkeit Mindestnutzfeldstärke7
Gebäudedämpfung8
50 Prozent 63,6 dBμV/m 14 dB
70 Prozent 74,2 dBμV/m 19 dB
80 Prozent 81,0 dBμV/m 23 dB
90 Prozent 90,1 dBμV/m 28 dB
95 Prozent 97,0 dBμV/m 31 dB
98 Prozent 105,0 dBμV/m 35 dB
99 Prozent 111,0 dBμV/m 38 dB
100 Prozent 119,0 dBμV/m 42 dB
Tabelle 4: Indoor-Versorgungswahrscheinlichkeit und Mindestnutzfeldstärke im Außenbereich
Aus der überproportionalen Zunahme der erforderlichen Mindestnutzfeldstärke für Versor-
gungswahrscheinlichkeiten ab etwa 80 Prozent ist zu erkennen, dass es mit wirtschaftlich
vertretbarem Aufwand nicht möglich sein wird, mit DAB+-Kleinleistungssendern (< 100
Watt ERP) eine flächendeckende gute Indoor-Versorgung im VHF-Band III in einem mittel-
großen städtischen Versorgungscluster sicherzustellen (Ausdehnung >5 km;
Versorgungsqualität: deep indoor). Selbst unter den günstigsten Bedingungen
(Freiraumausbreitung, keine topographischen und anderen Hindernisse) sind schon in 6,2 km
Entfernung nur noch Versorgungswahrscheinlichkeiten (indoor) von grenzwertigen
7
gemessen als Nutzfeldstärke im Außenbereich der Gebäude in einer repräsentativen Höhe, z.B. EG-Höhe
8
zulässige nominale Gebäudedämpfung für störungsfreien DAB+-Empfang im Einzelfall
Landesanstalt für Kommunikation Seite 25 / 63 Datum: 24.09.2015
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DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart
80 Prozent zu erwarten. Real liegen die Grenzentfernungen noch weit darunter, wie noch
gezeigt wird.
Bei den Empfangstests im Testgebäude (Reinsburgstraße 27), das 3,75 km vom DAB+-Test-
sender entfernt liegt, stellte sich auch mit 200 Watt Strahlungsleistung (ERP) keine wirklich
gute Indoor-Vollversorgung heraus. Neben der hohen Gebäudedämpfung spielt dabei die
gegenüber der Prognose gemessene geringere Feldstärke im Außenbereich (vgl. Tabellen 1
und 2) eine entscheidende Rolle (wegen teilweiser topo- und morphographischer
Abschattungen). Wie in Tabelle 2 berechnet, liegt die gemessene Outdoor-Feldstärke um das
Gebäude im Mittel bei nur rund 70 dBμV/m (Median; gemessener Höchstwert: 81 dBμV/m;
Prognosewert: 87,5 dBμV/m) und führt mit dem vorgestellten statistischen Störmodell zu
einer berechneten Versorgungswahrscheinlichkeit von lediglich 62,5 Prozent. Dieses Ergebnis
deckt sich sehr gut mit den praktischen Empfangsbeobachtungen im Gebäude. Eine knapp
über 60-prozentige Versorgungswahrscheinlichkeit wird unter den Gegebenheiten im
Gebäude (tatsächliche Gebäudedämpfung ist etwas höher als in der statistischen Berechnung
unterstellt) subjektiv als nicht mehr befriedigend empfunden (vgl. Abbildungen 6 bis 8).
11. Nutzfeldstärkeprognose und gemessene Feldstärken
Ein Vergleich der mit ChirPlus prognostizierten Nutzfeldstärken (RMS-Werte) in 10 Metern
Höhe9
mit Messwerten an ausgesuchten Messpunkten, stationär gemessen mit Messantenne in
einer Höhe von ebenfalls 10 Metern, führt zu folgenden Ergebnissen:
Messpunkt MP1 (Entfernung zum Sender: 3,09 km)
Ort: 70192 Stuttgart-Mitte Koordinaten: 48.792010, 9.161057
Straße: Robert-Bosch-Straße 43, Einmündung Anzengruberstraße
Prognosefeldstärke: 70 – 80 (73,6) dBμV/m Messwert: 72,0 dBμV/m
Messpunkt MP2 (Entfernung zum Sender: 5,4 km)
Ort: 70197 Stuttgart-West Koordinaten: 48.768059, 9.140458
Straße: Dantestraße 11
Prognosefeldstärke: 80 – 90 (84,3) dBμV/m Messwert: 71,5 dBμV/m
Lokale Abschattungen (Hochhaus, div. Gebäude) in Richtung Sender an der
Beugungskante (negativer Einstrahlwinkel); Empfang über Reflexion aus anderer
Richtung (Norden) mit höherer Feldstärke möglich (!)
Messpunkt MP3 (Entfernung zum Sender: 1,54 km)
Ort: 70192 Stuttgart-Cannstatt Koordinaten: 48.797690, 9.223295
Straße: Frachtstraße 16
Prognosefeldstärke: 90 – 100 (96,5) dBμV/m Messwert 86,2 dBμV/m
Feldstärke höhenabhängig und Signale aus mehreren Richtungen empfangbar
(starke Reflexionen aus östlicher Richtung trotz insgesamt guter Messbedingungen;
Abschattung durch Gebäude)
9
Prognose mit ChirPlus L&S VHF/UHF-Modell
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DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart
Testpunkt T1 (Gebäude LFK; Entfernung zum Sender: 3,75 km)
Ort: 70178 Stuttgart-Mitte Koordinaten: 48.770084, 9.166413
Straße: Reinsburgstraße 27
Prognosefeldstärke: 80 – 90 (87,5) dBμV/m Messwert: 81,0 dBμV/m (Höchstwert)
Max. gemessener Wert auf der Galerie im 5. OG in Richtung zum Sender; lokale
Abschattungen (Gebäude) im Funkfeld zum Sender vorhanden; freie Sicht teilw.
eingeschränkt.
Die folgende Abbildung 11 zeigt die Lage der Messpunkte.
3,0 km
MP 3
MP 1
MP 2 TP 1
FMT Frauenkopf
Fernsehturm S-Degerloch
Stuttgart-Funkhaus (SWR)
3,75 km
Feldstärke
[dBμV/m]
Abbildung 11: Kartographische Darstellung der Nutzfeldstärkeprognose und Lage der Messpunkte (Karte:
OSM)
Die gemessenen und prognostizierten Werte stimmen eingedenk der Unwägbarkeiten bei der
Prognose hinreichend gut überein. Durch die Morphographie (Bebauung mit lokal
hochwirksamen Abschattungen) und durch topographisch bedingte Effekte (Reflexionen)
weicht die tatsächliche Feldstärke (RMS-Werte) in städtischer Umgebung in der Regel von
den Werten einer kleinräumigen Feldstärkeprognose in einem relativ großen Raster ohne
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DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart
Berücksichtigung der Morphographie mehr oder weniger stark ab. Die abgestrahlte
Sendeleistung liegt in der Größenordnung des Vorgabewertes, wenngleich die praktisch
gemessenen Feldstärken kaum die Prognosewerte erreichen oder übertreffen (was auf Grund
der Messerfahrung unter den vorliegenden Umständen auch gar nicht zu erwarten war!).Bei
einer Abstrahlung mit sehr flachen Winkeln (<< 2,5 Grad) über urbaner Umgebung, wie es
beim Strahlungsversuch im untersuchten Gebiet meist der Fall ist, liegen die tatsächlichen
Nutzfeldstärken in der gewählten Bezugshöhe (10 Meter) in der Regel immer weit unter den
Erwartungswerten der Prognose (wg. der lokal wirksamen Abschattungen durch vorgelagerte
Gebäude, die fast immer weit in die 1. Fresnelzone ragen). Eine sehr flache Einstrahlung in
das urbane Versorgungsgebiet von einem relativ niedrigen Standort (< 100 m; Low Tower) ist
aus diesem Grund äußerst nachteilig.
12. Vergleich der Nutzfeldstärken der betrachteten Senderstandorte an stationären
Messpunkten
Ein Vergleich der gemessenen Nutzfeldstärken (vgl. folgende Tabelle 5) zur Prüfung der
abgestrahlten Leistungen an den Senderstandorten Funkhaus (K12A), Fernmeldeturm (K 5C)
und Fernsehturm (K 9D und K 11B) auf Plausibilität liefert keine Hinweise auf eine
Abweichung von den realisierten und den Auswertungen unterstellten Sollwerten der
abgestrahlten Leistungen (ERP: 200 Watt / 10 kW).
Messpunkt K 12A K 5C K 9D K 11B
MP 1 72,0 dBμV/m
3.090 m
99,0 dBμV/m
4.580 m
99,4 dBμV/m
4.550 m
101,0 dBμV/m
4.550 m
MP 2 71,5 dBμV/m
5.400 m
79,3 dBμV/m
4.840 m
81,5 dBμV/m
3.920 m
78,2 dBμV/m
3.920 m
MP 310
89,9/86,2 dBμV/m
1.540 m
98,1/96,1 dBμV/m
4.000 m
96,9/93,5 dBμV/m
5.190 m
97,0/94,4 dBμV/m
5.190 m
T111
81,0 dBμV/m
3.750 m
72,0 dBμV/m
3.000 m
60,0 dBμV/m
2.340 m
60,0 dBμV/m
2.340 m
Tabelle 5 : Gemessene Nutzfeldstärken in dBμV/m der DAB+-Sender an repräsentativen Messpunkten mit
Angabe der Entfernungen zum Sender
Am Messpunkt MP 1 liegt die gemessene Nutzfeldstärke auf Kanal 12A ca. 14,2 dB unter
dem Vergleichswert, der sich leistungs- und entfernungsbereinigt aus den gemessenen
Nutzpegeln der Hochleistungssender ergibt. Der Messwert (72,0 dBμV/m) stimmt dennoch
sehr gut mit der Prognose überein (73,6 dBμV/m), die eine topographisch bedingte
zusätzliche Felddämpfung in ungefähr gleicher Höhe für den Sender Funkhaus am Messort
ausweist. Zu den Hochleistungssendern besteht vom Messpunkt aus gesehen vollständig freie
Sicht. Der Nutzpegel des Kanal 12A am Messpunkt MP 2 ist in Relation zu den
Hochleistungssendern zwar hoch, erreicht dennoch nicht den Prognosewert (84,3 dBμV/m).
Gründe hierfür sind hauptsächlich lokal wirksame Abschattungen in den Funkfeldern (keine
freie Sicht zu den Sendern) und eine inhomogene Feldausbildung infolge starker Reflexionen.
10
Messwerte: Gemessen im höhenabhängigen Maximum (1. Wert) und mit Antennenhöhe 10 Meter über Grund
11
Messwerte nicht repräsentativ, weil bei K 12A günstigere Einstrahlbedingungen vorliegen (zusätzliche
Dämpfung der Signale auf den Kanälen 5C, 9D und 11B wegen hohem Gebäude [Allianz-Hochhaus] im
Funkfeld)
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Am Messpunkt MP 3 liegen die gemessenen Nutzfeldstärken allesamt in der erwarteten
Relation zueinander (mit nur geringen Abweichungen < 2 dB). Der Prognosewert auf Kanal
12A wird jedoch um ca. 6 dB verfehlt. Hier wirken sich die von starken Reflexionen
geprägten inhomogenen Feldverhältnisse bei den Messungen nachteilig aus (stark ausgeprägte
Höhenabhängigkeit der Feldstärke und abweichende Signaleinfallsrichtungen).
Wie die im Folgenden noch kommentierten Auswertungen von mobilen Messdaten zeigen,
bestimmt die Morphographie (im Wesentlichen die Bebauung) des städtischen Umfeldes beim
flacher einstrahlenden Sender Funkhaus sehr viel stärker als erwartet die Funkfelddämpfung
und führt zu größeren Feldstärkeeinbußen im relativen Vergleich zu den beiden wesentlich
steiler einstrahlenden Hochleistungssendern. Zu beachten ist ferner, dass sich bei den
Hochleistungssendern Fernmeldeturm (Frauenkopf) und Fernsehturm zusätzlich bereits die
Vertikaldiagramme der Sendeantenne auf die VRP auswirken können. Die realen
Strahlungsverhältnisse sind in der folgenden Skizze verdeutlicht (Abbildung 12).
13. Funkfeldverhältnisse im Versorgungsgebiet Stuttgart-Stadtmitte
Wie in Abbildung 12 gezeigt, liegt beim Sender Funkhaus in Bezug auf den Empfangsort T1
(Reinsburgstraße 27, 70178 Stuttgart) sogar ein negativer Einstrahlwinkel von α = + 0,1 Grad
vor, d.h. der Strahlungsvektor im Funkfeld verläuft nahezu parallel zur Horizontalen (leicht
steigend). Im Gegensatz dazu beträgt der Einstrahlwinkel des Senders Fernmeldeturm
Frauenkopf α = -6,7 Grad (mit positivem Vorzeichen), der des Senders Fernsehturm sogar
-9,0 Grad. Der Richtungsvektor der Strahlung zeigt somit von „oben“ in das
Versorgungsgebiet. Das Funkfeld weist im statistischen Mittel geringere Dämpfungen auf,
weil weniger Hindernisse hineinragen.
TX Funkhaus
Stuttgart Stadtmitte
TX Fernmeldeturm
Empfangsort T1
α = -6,7 (-9,0) Grad
H_NN: 283 m
Ant_H: 30 m
α = + 0,1 Grad
H_NN: 235 m
Ant_H: 71 m
TX Fernsehturm
H_NN: 482 m
Ant_H: 200 m
D: 2.3240 m
H_NN: 463 m
Ant_H: 200 m
D: 3.000 m
Abbildung 12: Skizze Strahlungsverhältnisse (Signaleinfallswinkel) im DAB+-Versorgungsgebiet Stuttgart-
Stadtmitte (Angaben: H_NN = Höhe über NN.; Ant_H = Höhe Antenne über Grund; D =
Entfernung RX – TX; α= Einfallswinkel gegenüber der Horizontalen)
Die in der Skizze angegebenen Standorte sind in Abbildung 11 kartographisch dargestellt.
Wie sich schon aus der praktischen Anschauung unschwer herleiten lässt, nimmt die
morphographisch bedingte Dämpfung mit zunehmender Entfernung zum Sender und mit
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flacher werdendem Einfallswinkel dramatisch zu. Zu erwarten ist unter diesen Umständen
eine mit zunehmender Entfernung zum Sender größer werdende Differenz zwischen
prognostizierten und real gemessenen Nutzfeldstärken. Die Größenordnung dieser Differenz
ergibt sich aus der in den nächsten Abschnitten kommentierten Mobilmessungen.
14. Mobile Feldstärkemessungen im Innenstadtbereich Stuttgart (Messstrecke 1)
Einen entscheidenden Faktor bei der Rundfunkversorgung stellt neben anderen Einflüssen
auch bei DAB+ die Höhe der Nutzfeldstärke dar. Eine übliche Vorgehensweise bei der
Versorgungsanalyse im Rundfunk ist, die Höhe der Nutzfeldstärke mit geeigneten Modellen
unter Verwendung von topographischen Daten und teilweise auch Morphodaten zu
berechnen. Für hindernisfreie Umgebungsverhältnisse am Empfangsort liefern diese
einfachen Berechnungsmethoden auf der Basis großer Raster von z.B. 200 m durchaus
aussagekräftige Resultate. Als Höhe der Empfangsantenne bzw. der Höhe, in der sich die
berechnete Feldstärke ausbildet, sind 10 Meter üblich. Praktisch ist es unter bestimmten
Voraussetzungen möglich, an repräsentativen Messpunkten die Ergebnisse mit
Feldstärkemessungen zu verifizieren. Leider ist es in urbanen Versorgungsgebieten, die
zudem in topographisch komplexer Umgebung liegen wie das in Stuttgart der Fall ist, so gut
wie gar nicht möglich, solche repräsentativen Messpunkte überhaupt zu finden. Besonders
unter den Verhältnissen im Innenstadtbereich von Stuttgart spielen zudem Reflexionen eine
nicht zu unterschätzende Rolle. Reflexionen führen zu einer inhomogen Feldausbildung im
Raum und damit zu einer starken Ortsabhängigkeit durch Überlagerung verschiedener
Signalkomponenten mit unterschiedlichen Laufzeiten und dadurch hervorgerufenen
Phasenbezügen zueinander. Solche reflektierten Signalkomponenten können sowohl
topographische als auch morphographische Ursachen haben und gegenüber dem direkt vom
Sender einfallenden Signal sogar höhere Feldstärken erreichen. Erschwerend kommen lokale
Abschattungen durch Gebäude und Beugungseffekte hinzu, die zusammen mit den
Reflexionen dazu führen, dass sich die großflächig prognostizierte Feldstärke in 10 Metern
Höhe in städtischer Umgebung so gut wie gar nie einstellt. Abweichungen von bis zu 10 dB
können schon als erstaunlich gute Übereinstimmung gewertet werden. Genauso wenig
hilfreich sind Prognosen für geringere Antennenhöhen (wie z.B. 1,5 Meter). Für die im
Folgenden ausgewerteten Teststrecke im Innenstadtbereich (Messstrecke 1) beträgt der
Unterschied der Prognosen für 1,5 und 10 Metern Antennenhöhen im Mittel nur 1,3 dB und
ist für die weitere Betrachtung insoweit ohnehin vernachlässigbar. Meistens sind die
prognostizierten Werte für die beiden genannten Höhen identisch oder es kommt zu
Differenzen, die in Kenntnis der realen Wellenausbreitung unrealistisch sind. Ebenso führt ein
kleineres Berechnungsraster (50 Meter) zu keiner qualitativ besseren Prognose.
Im Weiteren werden die Ergebnisse mobiler Feldstärkemessungen vorgestellt und diskutiert.
Ziel ist es, die Feldverhältnisse im Versorgungsgebiet des Testsenders Funkhaus mit hohem
Praxisbezug einschätzen zu können. Als Referenz dient trotz der erläuterten Unwägbarkeiten
die Feldstärkeprognose im 200 Meter-Raster und in 10 Metern Antennenhöhe (hier mit
ChirPlus berechnet12
). Dies auch deshalb, um auf diesem Wege gewonnene Erkenntnisse in
einen Bezug zu anderen Auswertungen, wie beispielsweise zur subjektiven In- und Outdoor-
Empfangbarkeit (vgl. Abschnitt 18.), stellen zu können.
Den Verlauf der 1. Teststrecke durch den Innenstadtbereich zeigt Abbildung 13. Die Strecke
wurde bewusst so gewählt, damit auftretende Effekte selektiv bei noch relativ hohen
12
mit Prognosemodell L&S VHF/UHF der Firma LS telcom AG, Lichtenau
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Feldstärken betrachtet werden können. Von wenigen Ausnahmen abgesehen liegt die
prognostizierte Feldstärke des Testsenders in 10 Metern Höhe entlang der Fahrstrecke in
einem Bereich zwischen 80 und 100 dBμV/m. Die georeferenzierte und interpolierte
Feldstärkeprognosematrix (Export aus ChirPlus) ist der gezeigten Karte (Quelle: OSM) in der
Abbildung 13 überlagert. Die hohen Prognosefeldstärken erscheinen zwar auf den ersten
Blick als überaus üppig, angesichts der festgestellten hohen lokal wirksamen
Signaldämpfungen für eine Postanalyse aber gerade noch hinreichend.
Feldstärke
[dBμV/m]
[A]
[1]
[2]
[3] [4]
[5]
[6][7]
[8]
[9]
[10]
[11]
[12]
[B]
Abbildung 13: Messstecke 1 für mobile Versorgungsmessungen DAB+ Stadtmitte Stuttgart (Karte: OSM)
Die Prognosewerte der Feldstärkematrix wurden aus Darstellungsgründen mit einer
gleitenden Mittelwertbildung auf die äquidistanten Messpunkte der Mobilmessung
umgerechnet, was zu dem etwas stufigen Kurvenverlauf in Abbildung 16 führt. In der
Kartendarstellung erfolgte hingegen eine Interpolation der Matrizenwerte, um eine optisch
höhere Auflösung zu erhalten. Die eingeblendeten Quadrate symbolisieren die einzelnen Pixel
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DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart
der ursprünglichen Prognoseberechnung auf Basis eines 200 Meter-Rasters mit ChirPlus. Die
in Abbildung 13 in den eckigen Klammern angegebenen Zeichen stellen einen Bezug zur
Beschreibung des Streckenverlaufs im folgenden Abschnitt 13.1 und zur
Feldstärkeaufzeichnung in Abbildung 16 her.
14.1 Auswertung der Testfahrt durch den Innenstadtbereich (Messstrecke 1)
In Abbildung 16 ist der Verlauf der Prognosefeldstärke, die in 2,1 Metern Höhe mobil
gemessene Nutzfeldstärke und die Differenz aus Prognose und Messung entlang der etwa
11,8 km langen Teststrecke dargestellt. Die folgenden Erläuterungen zu den Messungen
nehmen Bezug auf die am Kurvenverlauf in der Abbildung 16 angefügten durchnumerierten
Markierungen (im Weiteren in rechteckigen Klammern angegeben) und zur vorstehenden
Abbildung 13.
Die Messfahrt beginnt in der Reinsburgstraße 27 [A] und führt in Richtung Westen bis zur
Schwabstraße. Der Testsender strahlt in diesem Abschnitt in einem relativ flachen Winkel von
nur ca. 15 Grad und unter einem Einfallswinkel von ca. 0 Grad gegen die Horizontale in die
offene und gerade verlaufende Straßenschlucht, woraus eine mäßig schwankende
Nutzfeldstärke zwischen 60 und 70 dBμV/m resultiert. Deutlich erkennbar im
Feldstärkeverlauf ist die Richtungsänderung nach dem Abbiegen in die Schwabstraße [1]. Die
Feldstärke verringert sich erkennbar im Mittel um ca. 6 dB. Die Ursache liegt im
Wesentlichen in der geänderten Einstrahlung in die engere Straßenschlucht der Schwabstraße,
die nun nahezu quer (jetzt um 90 Grad zur Reinsburgstraße gedreht) zur Einstrahlung des
Senders (Strahlungsvektor) verläuft. Unmittelbar nach dem Abbiegen in die Schwabstraße trat
der erste Empfangsausfall wegen Synchronisationsverlust trotz hoher Restfeldstärke von ca.
60 dBμV/m auf. Anzunehmende Ursache hierfür ist, dass die direkte Signalkomponente vom
Sender nun durch die Gebäude stark bedämpft wird und die reflektierten Signalanteile zwar
zusammen eine hohe Restfeldstärke gewährleisten aber keinen wirklich konstruktiven Beitrag
zur Empfangbarkeit leisten. Erst nach dem Abbiegen in die breitere vierspurige
Rotebühlstraße verbessern sich die Empfangsverhältnisse merklich. Im weiteren Verlauf der
Messstrecke entlang der Rotebühlstraße [2] in Richtung Hauptbahnhof steigt die Feldstärke
kontinuierlich von 60 dBμV/m bis auf knapp 80 dBμV/m an. Nach dem Abbiegen auf den
Arnulf-Klett-Platz sind die durch den Hauptbahnhof verursachten Abschattungen gut zu
erkennen, die einen kleineren Feldstärkeeinbruch auf 70 dBμV/m bewirken [3]. Im weiteren
Verlauf der Schillerstraße steigt die Feldstärke auf über 80 dBμV/m an und erreicht in Höhe
des Schlossgartens einen Spitzenwert von ca. 85 dBμV/m [4]. Dazu trägt die jetzt relativ freie
Einstrahlung des Senders über den Schlossgarten auf den Straßenverlauf bei. Nach dem
Abbiegen in die Konrad-Adenauer-Straße fällt die Feldstärke wieder auf Werte um
65 dBμV/m ab [5]. Ursache hierfür sind die Einflüsse der Bebauung in der näheren
Umgebung (Willy-Brandt-Straße), in der teilweise größere Bauwerke im direkten Signalpfad
vom Sender zum Empfangsort eine freie Ausbreitung verhindern. Die Feldverhältnisse
bleiben bis zum Charlottenplatz weitgehend unverändert. Die Messstrecke verläuft am
Charlottenplatz im Weiteren rechts ab in die Planie und in den Schlossplatztunnel [6]. Im
Tunnel kommt es bei einem Feldstärkeeinbruch auf weit unter 30 dBμV/m zu einem
Totalausfall des DAB+-Empfangs auf Kanal 12A. Nach dem Schlossplatztunnel steigt die
Feldstärke in der Schlossstraße wieder schnell auf Werte um 75 dBμV/m an, die sich im
Verlauf der Messstrecke bis zum Berliner Platz und über die Fritz-Elsas-Straße bis zum
Rotebühlplatz weiter unauffällig zeigen [7]. Im Verlauf der Paulinenstraße bis zum
Österreichischen Platz führen hohe Gebäude (u.a. Gerber) zu lokalen Feldstärkeeinbrüchen
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auf Werte um 50 dBμV/m [8]. Am Österreichischen Platz biegt die Messstrecke in die
Hauptstätter Straße ein und führt dort weiter bis zum Charlottenplatz [9]. Die am
Charlottenplatz gemessenen Werte stimmen mit den zuvor gemessenen Werten im
Streckenabschnitt bei [5] überein (ca. 65 dBμV/m). Nach dem Abbiegen in die
Charlottenstraße (rechts) kommt es durch topographisch bedingte Abschattungen
(Uhlandshöhe) und solche durch hohe Gebäude zu Einbrüchen der Nutzfeldstärke auf Werte
unter 50 dBμV/m. Der Versorgungsmangel setzt sich bis zum Olgaeck und im weiteren
Verlauf der Messstrecke in der unteren Olgastraße fort (Streckenabschnitte zwischen [9] und
[10]). Erst im weiteren ansteigenden Verlauf der Olgastraße erholen sich die Feldstärkewerte
und erreichen in Höhe des Fangelsbachfriedhofes [10] wieder Werte bis zu 70 dBμV/m. Die
Messstrecke verläuft vom Fangelsbachfriedhof weiter über die Filderstraße zum Marienplatz.
Die Feldstärke sinkt dabei kontinuierlich von 70 dBμV/m auf knapp unter 50 dBμV/m [11]
am Ende der Filderstraße (HsNr. 34) vor dem Marienplatz. Auf dem Streckenabschnitt vom
Marienplatz bis zum Österreichischen Platz über die Hauptstätter Straße (Abschnitt [11] bis
[12]) steigen die Messwerte wieder auf über 60 dBμV/m an. In der Paulinenstraße können
nun vergleichbare Feldverhältnisse wie zuvor bei der Hinfahrt gemessen werden. Der
Kurvenverlauf der Messwerte stellt sich hier abschnittsweise spiegelverkehrt dar (bei [12] und
[8] zu erkennen). Bis zum Endpunkt der Messstrecke [B] in der Reinsburgstraße stagnieren
die Messwerte bei ca. 60 dBμV/m.
Eine genauere Betrachtung der aufgezeichneten Messwerte lässt folgende Schlüsse zu:
1. Bei einer Einstrahlung des Testsenders unter flachen Winkel zum Verlauf der
Straßenschluchten fallen die Feldstärkeeinbrüche deutlich geringer aus (Beispiel
Rotebühlstraße, Schlossstraße). Hingegen sind relativ hohe zusätzliche
Signaldämpfungen zu veranschlagen, wenn die Einstrahlung (Strahlungsvektor)
horizontal betrachtet unter steilen Winkeln d.h. quer zum Straßenverlauf erfolgt
(Beispiele: Schwabstraße, Arnulf-Klett-Platz, Paulinenstraße, Charlottenstraße). Die
Differenz der zusätzlichen Signaldämpfung in beiden Fällen kann mit rund 10 dB
veranschlagt werden.
2. Flache vertikale Signal-Einfallswinkel um 0 Grad (gemessen gegen die Horizontale), wie
sie beim Strahlungsversuch vorlagen, führen schon in geringen Entfernungen zum Sender
(auffällig schon ab ca. 4 km, Beispiel Marienplatz, Paulinenstraße) zu erheblichen
zusätzlichen Signaldämpfungen in den Straßenschluchten, die ortsabhängig mit zusätzlich
bis über 10 dB zu Buche schlagen.
3. Eine bestimmte Höhe der Nutzfeldstärke allein garantiert unter den gegebenen
Feldverhältnissen (insbesondere Reflexionen) allein noch keinen störungsfreien DAB+-
Empfang.
4. Feldstärken um 50 dBμV/m reichen im urbanen Umfeld mit ausgeprägten Reflexionen
offenbar noch nicht aus, um Synchronisationsverluste beim Mobilempfang völlig
auszuschließen. Das würde bedeuten, dass die tatsächliche Mindestnutzfeldstärke für die
ausgewählte Messstrecke durchgängig mit > 50 dBμV/m zu veranschlagen wäre.
Unter Berücksichtigung der beiden ersten Punkte ergeben sich für die hier betrachtete
Messstrecke Zusatzdämpfungen, die lokal unterschiedliche Werte zwischen 10 und 43 dB
annehmen (siehe Differenzkurve in Abbildung 16) und bei einer prognosebasierenden
Versorgungsbetrachtung als örtliche Abschläge von der berechneten Nutzfeldstärke in 10
Metern Höhe zu berücksichtigen wären. Im Ergebnis der Auswertung ist nur unschwer zu
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DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart
erkennen, dass eine flächendeckende mobile DAB+-Stadtversorgung erst dann sichergestellt
ist, wenn die notwendige Systemreserve aus dieser Betrachtung an jedem Ort des geplanten
Versorgungsgebietes tatsächlich auch vorhanden wäre. Die Betrachtung zeigt ferner, dass die
DAB+-Stadtversorgung (indoor, outdoor) mit den im Rundfunk üblichen
Versorgungsprognosemodellen (fixe Antennenhöhe, weite Pixelraster) wenn überhaupt nur
unzulänglich bestimmt werden kann. Notwendig wäre eine Berechnung mit exakten
morphographischen Daten (Gebäudestruktur) in einem sehr kleinen Raster von nur wenigen
Metern (z.B. 1 – 5 Metern) unter Verwendung komplexerer Simulationsmodelle für die
elektromagnetische Strahlung. Die hier vorgestellten mobilen Messwerte basieren auf einer
solchen engen Rasterung. Im Durchschnitt liegen dem auf äquidistante Messpunkte im
10 Meter-Abstand umgerechneten Feldstärkeverlauf Messungen im Abstand von deutlich
weniger als 10 Meter zu Grunde. Die Umrechnung erfolgte lediglich aus Darstellungsgründen
(Diagramm).
Der erforderliche örtliche Zuschlag bei der Bestimmung des Link-Budgets fällt im freien
Gelände natürlich weit geringer aus bzw. beträgt dort sogar 0 dB (wie noch gezeigt wird).
Dies erklärt auch, weshalb mit DAB+ oft außergewöhnliche Empfangsergebnisse beim
Fernempfang erzielt werden können (Overspill), während der Ortsempfang des Senders im
naheliegenden urbanen Umfeld insbesondere Indoor mit portablen Empfängern oftmals
entgegen der Prognose unbefriedigend ist.
Ist der Mobilempfang bereits grenzwertig, kann in der näheren Umgebung auch kein guter
Indoor-Empfang erwartet werden.
Eine Berechnung der erforderlichen Mindestnutzfeldstärke (Outdoor und Inndoor) für den
Marienplatz, der nur rund 4,1 km vom Senderstandort entfernt liegt, führt beispielhaft zu
folgendem Ergebnis:
Mindestfeldstärke Outdoor an der Empfangsantenne 50,0 dBμV/m
(angenommen nach Messung am Empfänger bzw. Fahrzeugdach)
Erforderlicher lokaler Zuschlag Marienplatz (max. gemessen): 43,0 dB
Erforderliche Mindestnutzfeldstärke in 10 Metern Höhe 93,0 dBμV/m
für guten Mobilempfang im Cluster Marienplatz (Prognose)
Gebäudedämpfung (max): 30,0 dB
Mindestnutzfeldstärke in 10 Metern Höhe für guten 123,0 dBμV/m
Indoor-Empfang mit (sehr) hoher (Orts-) Wahrscheinlichkeit
Die Nutzfeldstärke nach der Prognose beträgt in 10 Metern Höhe rund 88 dBμV/m und
ergäbe somit eine negative Versorgungsreserve (-5 dB). Zudem reicht die angenommene
Mindestfeldstärke (50,0 dBμV/m) für einen ausreichend guten Mobilempfang unter den
gegebenen Feldverhältnissen ebenfalls nicht aus. Die festgestellten Synchronisationsausfälle
sind die Folge dieser akuten Versorgungsmängel, wie die Auswertung der CNR-Messungen
deutlich macht (vgl. Abbildung 17).
Die flache Einstrahlung, starke Abschattungen und ausgeprägte Reflexionen mit dynamisch
schnell wechselnden Best-Servern im Rayleigh-Kanal erfordern offenbar höhere Werte. Die
Landesanstalt für Kommunikation Seite 34 / 63 Datum: 24.09.2015
Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart
näheren Umstände und Sachverhalte dazu werden mit der Auswertung der 2. Messstrecke
näher untersucht und dabei die Grenzbereiche der Empfangbarkeit ausgelotet.
Der Indoor-Empfang ist z.B. in Gebäuden am Marienplatz in Stuttgart nicht mehr mit hoher
Versorgungswahrscheinlichkeit gewährleistet. Ferner zeigt die Berechnung, dass die
Anforderungen an die Höhe der Nutzfeldstärke beim Mobilempfang im Vergleich zum
Indoor-Empfang wesentlich geringer sind. Eine noch ausreichende Mobilversorgung
impliziert nicht einen gleichermaßen befriedigenden Indoor-Empfang. Deshalb ist es auch
nicht zulässig, aus guten Ergebnissen bei der Mobilversorgung auf eine insgesamt gute
DAB+-Versorgung einschließlich des Indoor-Empfangs mit portablen Geräten schließen zu
wollen oder Prognoserechnungen deshalb als zu pessimistisch zu erachten.
Ganz nebenbei zeigt die ebenfalls vorgenommene CNR-Messung und Auswertung den
Vorteil der höheren Sendeleistung. Während auf Kanal 11B entlang der gesamten Teststrecke
kein einziger Synchronisationsverlust (Kriterium: CNR-Messung ohne Ergebnis, d.h. hier aus
graphischen Gründen 0 dB im Diagramm) zu verzeichnen ist, gibt es mindestens 7 solcher
Ausfälle auf Kanal 12A, die vom Hörer jedenfalls als gravierende Empfangsstörungen
(Aussetzer) wahrgenommen werden. Selbst im Schlossplatztunnel wäre der Kanal 11B mit
einem ausreichend empfindlichen Empfänger höchstwahrscheinlich noch durchgehend
empfangbar (ohne kostspielige Tunnelversorgung).
Auf 2,0 Prozent der 11,8 km langen Messstrecke (inkl. dem Schlossplatztunnel) kommt es
wegen Synchronisationsverlusten zu Empfangsausfällen beim Mobilempfang (= rd. 250
Meter ohne Empfang). Damit gilt die ausgewählte Teststrecke zumindest abschnittsweise
bezüglich des Mobilempfangs als nicht mangelfrei versorgt.
In Abbildung 18 sind die nachträglich aus dem entlang der Messstrecke 1 aufgezeichneten
ETI-Datenstrom decodierten Audio-Services als Audiosignalverläufe über der Zeit dargestellt.
Die jeweils über das selbe Zeitintervall des Audiosignals erstellten Tracks zeigen nach
Kompensation des spezifischen Signaldelays anschaulich die Wirkung der Codierverfahren
und des Fehlerschutzes. MUSICAM UEB PL3 und AAC EEP 1-A bis 3-A führen zu
durchaus vergleichbaren Resultaten. Zwischen EEP 1-A, 2-A und 3-A sind keine
signifikanten Unterschiede erkennbar, während EEP 4-A deutlich erkennbar ungünstiger
abschneidet. Übrigens auch deutlich ungünstiger als MUSICAM UEP PL3. Die Ausfälle sind
auf der Zeitachse farblich markiert. Das hier ausschnittsweise betrachtete Verhalten deckt sich
im Übrigen sehr gut mit den im Abschnitt 16 vorgestellten Ergebnissen des Postprocessings.
14.2 Betrachtungen zu den Auswirkungen der Antennenhöhe auf die Versorgung
Das hier beim Strahlungsversuch gesehene Problem bei der gegen die Horizontalen
gemessenen flachen vertikalen Einstrahlung in städtische Versorgungsgebiete ist im Übrigen
nicht singulärer Art und so auch schon im Fall der Versorgung von Karlsruhe zu beobachten.
Trotz ausgewiesener ausreichender Versorgung in der Prognose reklamieren DAB+-Hörer im
Karlsruher Stadtgebiet allenthalben eine schlechte Versorgung insbesondere in Bezug auf den
Indoor-Empfang mit portablen Geräten. Eine Verbesserung dieser Situation ist letztendlich
nur möglich, indem der Signaleinfallswinkel gegenüber der Horizontalen deutlich erhöht
wird. Dazu sind exponierte stadtnahe Senderstandorte erforderlich, die großflächig hohe
Nutzfeldstärken von deutlich über 80 dBμV/m besser 90 dBμV/m erzeugen. Fern ab
gelegene Standorte mit geringen effektiven Antennenhöhen erfüllen diese Voraussetzungen
keinesfalls.
Landesanstalt für Kommunikation Seite 35 / 63 Datum: 24.09.2015
Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart
Die Erkenntnis führt zur Feststellung, dass mit vermeintlich preisgünstigen niedrigeren
Senderstandorten und Sendern geringer Leistung (< 1 kW) keine ausreichende DAB+-
Stadtversorgung hergestellt werden kann.
Um das bestehende Einstrahlproblem des Senders Funkhaus nochmals zu verdeutlichen, zeigt
die folgende Abbildung 17 einen Vergleich des Feldstärkeverlaufs auf Kanal 12A mit dem
des Kanal 11B. Den Kanal 11B strahlt ein leistungsstarker Sender (10 kW ERP) vom
exponierten Standort Fernsehturm ab. Der Einstrahlwinkel gegen die Horizontale gemessen
beträgt am Testpunkt T1 beachtliche 9 Grad (gegenüber nur ca. 0 Grad beim Sender
Funkhaus).
Auf einem Teilabschnitt der Teststrecke zwischen Kilometer 9 und 10 (Filderstraße,
Marienplatz; Länge: 1.000 m) betragen die gemittelten Nutzfeldstärken
auf dem Kanal 12A 54,3 dBμV/m bei 3,97 km mittlerer Entfernung zum TX
und auf dem Kanal 11B 82,0 dBμV/m bei 1,66 km mittlerer Entfernung zum TX
Die leistungs- und entfernungsbereinigte Differenz der normierten Feldstärken ergibt im
analysierten Abschnitt einen Wert von +3,1 dB zugunsten des Senders Fernsehturm und
würde eingedenk des möglichen Vertikaldiagramms der Sendeantenne um den Betrag der
Vertikalabsenkung (VRP bei -10 Grad) noch darüber liegen. Eine analog durchgeführte
Vergleichsrechnung für den Streckenabschnitt zwischen 3.000 und 4.000 Metern mit den
höchsten Feldstärken des Senders Funkhaus (Hauptbahnhof, Schillerstraße) liefert +4,1 dB als
Vorteil für den Standort Fernsehturm.
Konkret bedeutet das Ergebnis trotz der im Vergleich zu den übrigen Unwägbarkeiten bei der
Feldstärkebestimmung relativ geringen Werten, dass von exponierten Standorten aus mit
weniger Strahlungsleistung statistisch gesehen höhere Nutzfeldstärken mit homogenerer
Feldverteilung im urbanen Versorgungsgebiet der Innenstadt erzeugt werden können. Das
Resultat ist ein eindeutiger Versorgungsvorteil des exponierten Standortes, der sich besonders
in den ausgewiesenen nur schwierig versorgbaren Teilbereichen in Stuttgart (wie z.B. am
Marienplatz) überaus positiv auswirkt.
15. Auswertung der Testfahrt im außerstädtischen Bereich (Messstrecke 2)
Der Verlauf der Messfahrt ist angelegt, um die Qualität des Mobilempfangs abhängig von den
verfügbaren Nutzfeldstärken beurteilen zu können. Die Messstrecke verläuft aus dem Bereich
mit prognostizierten hohen Nutzfeldstärken von über 90 dBμV/m an der Benzstraße
Einmündung Martin-Schrenk-Weg über die B 14 durch den Kappelbergtunnel bis zum
B14/B29-Teiler und weiter über die B29 bis nach Winterbach (B29-Ausfahrt Winterbach).
Abbildung 19 zeigt den Verlauf. Die prognostizierte Nutzfeldstärke fällt entlang dieser
Strecke bis auf Werte unter 40 dBμV/m ab. Der Verlauf der prognostizierten Feldstärke ist in
Abbildung 22 dargestellt. Zu beachten ist, dass die Prognose für eine Antennenhöhe von 10
Metern gilt, die Messung der Nutzfeldstärke jedoch in 2,1 Metern Höhe erfolgte
(Dachantenne des Messwagens). Insoweit ist zu erwarten, dass die Messwerte bei vertikaler
Polarisation bis zu etwa 6 dB unter der Prognose liegen. Im hindernisfreien Verlauf der
Messstrecke zwischen 500 und 1000 Metern über die B14 erreichen die gemessenen Werte im
Durchschnitt 83,2 dBμV/m während die Prognose einen Wert von 90,2 dBμV/m liefert
(ebenfalls als Mittelwert über den ausgewerteten Streckenabschnitt in 10 Metern Höhe).
Insoweit lagen die realen Feldverhältnisse beim Strahlungsversuch und die Prognose
Landesanstalt für Kommunikation Seite 36 / 63 Datum: 24.09.2015
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DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart
eingedenk des zu berücksichtigenden Höhenabschlages sehr dicht beieinander (-7 dB). Der
gemessene Maximalwert beträgt übrigens 86,2 dBμV/m, der nur 4 dB unter dem
durchschnittlichen Prognosewert liegt. Daraus ist nebenbei zu folgern, dass der Testsender die
erwartete Strahlungsleistung (200 Watt ERP) tatsächlich auch abgegeben hat.
Eine andere Plausibilitätsprüfung mit Hilfe des ebenfalls gemessenen Kanals 11B führt zu
folgendem Ergebnis:
Feldstärke auf dem Kanal 12A 83,2 dBμV/m bei 4,61 km mittlerer Entfernung zum TX
und auf dem Kanal 11B 95,4 dBμV/m bei 7,29 km mittlerer Entfernung zum TX
Die entfernungsbereinigte Differenz zwischen beiden gemessenen Kanälen respektive
Sendern (Funkhaus und Fernsehturm) beträgt 16,2 dB. Unter Berücksichtigung der
möglicherweise etwas geringeren Strahlungsleistung des Senders Fernsehturm durch das VRP
(Vertical Radiation Pattern) liegt man dem Erwartungswert von 17 dB (200 Watt/10 kW) sehr
nahe.
Die Betrachtungen der Nutzfeldstärke- und CNR-Messungen ergeben bis zum
Kappelbergtunnel für den Kanal 12A keinerlei Auffälligkeiten. Hinter dem Kappelbergtunnel
ändern sich die Feldverhältnisse dramatisch. Die Feldstärken auf dem Kanal 12A fallen
zunächst auf Werte zwischen 40 und 45 dBμV/m und sinken weiter bis kurz vor Winterbach
auf Werte zwischen 30 und 40 BμV/m. Die CNR-Messungen weisen auf dem gesamten
Streckenabschnitt nach dem Tunnel zahlreiche Aussetzer (Synchronisationsverluste) auf. Der
Mobilempfang ist unter diesen Umständen als unbrauchbar einzustufen. Damit ergibt sich
eine Reichweite des Testsenders in Richtung Osten von nur 4,7 km (ab Senderstandort bis
zum Kappelbergtunnel). Völlig anders sind die Verhältnisse auf dem Kanal 11B
(Fernsehturm). Auf der gesamte Messstrecke von ca. 20 km Länge ist der DAB+-Empfang
trotz der topographisch schwierigen Verhältnisse tadellos und wegen der im Remstal
auftretenden starken Reflexionen wesentlich besser als der analoge UKW-Empfang auf den
am gleichen Standort abgestrahlten FM-Frequenzen. Die Feldstärken liegen zumeist von
wenigen kurzen Abschnitten abgesehen bei deutlich über 60 dBμV/m. Auch hier zeigen sich
unübersehbar die Vorteile des höheren Standortes (Fernsehturm) und der höheren
Sendeleistung.
Zur Frage ab welchen Feldstärken unter realen Bedingungen ein mobiler ungestörter DAB+-
Empfang möglich ist, folgt im Weiteren eine statistische Auswertung der Feldstärke- und
CNR-Messungen (Signal-Rausch-Verhältnis).
Zunächst muss vorausgeschickt werden, dass allein die Feldstärke noch keine Aussage
zulässt, ob der DAB+-Empfang mit ausreichender Qualität möglich ist. Bedeutsamer ist die
Höhe des CNR-Wertes. Dieser Wert steht zunächst in keinem unmittelbar linearen Verhältnis
zur Feldstärke selbst, sondern variiert mit der Feldstärke abhängig von den örtlichen
Signalverhältnissen (Störbelag [Man Made Noise], Reflexionen, destruktive
Gleichwellenanteile). Prinzipiell führen höhere Nutzfeldstärken auch zu höheren CNR-
Werten (vgl. dazu Abbildung 21).
Eine statistische Auswertung der gemessenen Wertepaare (Nutzfeldstärken und CNR) im
Streckenabschnitt ab Kilometer 4,5 (etwa ab östlichem Portal des Kappelbergtunnels bis nach
Winterbach) ergibt sich für ein angenommenes Auswertefenster für CNR-Werte zwischen 14
und 16 dB die in folgender Abbildung 14 gezeigte Häufigkeit der Feldstärken. Aus der Dichte
der in den Wertepaaren vorkommenden gemessenen Feldstärkewerte lässt sich bestimmen,
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Untersuchungen DAB Insel
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Untersuchungen DAB Insel

  • 1. Untersuchung des DAB+-Empfangs (indoor und outdoor) mit mobilen und portablen Receivern im Falle der lokalen Versorgung urban strukturierter Verbreitungsgebiete mit einem DAB+-Kleinleistungssender Ergebnisse des DAB+-Strahlungsversuches im Stadtgebiet Stuttgart vom 03.03. bis 09.04.2015 Release 1.4 Datum: 24.09.2015 Autor: R. Kretzschmann
  • 2. Inhalt Seite 1. Executive Summary ......................................................................................................... 4 2. Dank an die Unterstützer des Projektes......................................................................... 5 3. Einleitung.......................................................................................................................... 5 4. Anmerkungen zum eingesetzten DAB+-Versuchs-Sender........................................... 9 5. Untersuchungen im Gebäude Reinsburgstraße 27, Stuttgart.................................... 10 6. Störpegel im Indoor-Bereich......................................................................................... 10 7. Störmodell für Indoor-DAB-Empfang......................................................................... 13 8. Auswertung von Indoor-Empfangstests....................................................................... 14 8.1 Orientierende Feldstärke- und Dämpfungsmessungen im OG 5 (In- und Outdoor)........ 20 8.2 Realistische Gebäudedämpfungen ................................................................................... 21 9. Störstrahlung.................................................................................................................. 22 10. Statistisches Störmodell................................................................................................. 23 11. Nutzfeldstärkeprognose und gemessene Feldstärken................................................. 26 12. Vergleich der Nutzfeldstärken der betrachteten Senderstandorte an stationären Messpunkten................................................................................................................... 28 13. Funkfeldverhältnisse im Versorgungsgebiet Stuttgart-Stadtmitte............................ 29 14. Mobile Feldstärkemessungen im Innenstadtbereich Stuttgart (Messstrecke 1) ...... 30 14.1 Auswertung der Testfahrt durch den Innenstadtbereich (Messstrecke 1)........................ 32 14.2 Betrachtungen zu den Auswirkungen der Antennenhöhe auf die Versorgung ................ 35 15. Auswertung der Testfahrt im außerstädtischen Bereich (Messstrecke 2)................ 36 16. Postprocessing der mobil aufgezeichneten Messdaten (Messstrecke 1 und 2) ......... 41 17. Diskussion der Ergebnisse des Prognosemodells – das Prognosedilema .................. 49 18. Einfluss von Reflexionen auf den DAB+-Empfang (Rayleigh-Kanal)....................... 50 19. Durchführung und Auswertung von Empfangstests .................................................. 51 20. Fehlerschutzmechanismen (Protection Level) bei DAB ............................................. 52 21. Auswirkung des Fehlerschutzes (Protection Level) auf die Empfangsergebnisse ... 53
  • 3. 21.1 Auswertung von Empfangstests und Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen.............. 53 22. Ergebnisse der subjektiven Empfangstests in Relation zur prognostizierten Feldstärke........................................................................................................................ 54 23. Anmerkungen zur Mindestnutzfeldstärke................................................................... 56 24. Exkurs zum Thema Audioqualität und Datenraten ................................................... 56 25. Der DAB+-Fernempfang ............................................................................................... 57 26. Der DAB+-Empfang im Vergleich mit UKW.............................................................. 57 27. Die lokale DAB+-Versorgung mit Kleinleistungssendern – eine Bewertung ........... 60 28. Zusammenfassung und Empfehlungen........................................................................ 60 Anlage 1: Abbildung Auswertung Empfangstests
  • 4. DAB-Strahlungsversuch der LFK mit einem Low Tower Low Power Sender in Stuttgart Untersuchungen zum DAB+-Empfang 1. Executive Summary Im März 2015 führte die LFK in Stuttgart einen Strahlungsversuch mit einem DAB-Sender im Kanal 12A geringer Leistung (ERP: 200 Watt) und niedriger Antennenhöhe (71 m) durch. Angeregt wurde dieser Versuch durch ähnliche Vorhaben in der Schweiz sowie England und durch den Wunsch nichtkommerzieller Radioveranstalter in Baden-Württemberg nach digitalen Broadcast-Lösungen. Mit diesem Versuch wollte die LFK zum einen herausfinden, wie die subjektive Empfangbarkeit dieses Low Tower-Low Power-Senders im städtischen Umfeld bei unterschiedlichem Fehlerschutz ist. Zum anderen sollten Testpersonen die Empfangbarkeit dieses Senders absolut und im Vergleich zu den exponierten Stuttgarter Hochleistungssendern (ERP: 10 kW) Fernsehturm und Frauenkopf bewerten. Um die Empfangsqualität zu ermitteln, wurden objektive Messungen und subjektive Empfangstests mit handelsüblichen tragbaren DAB-Empfängern herangezogen. Die wichtigsten Versuchsergebnisse sind: 1. Niedrige Senderstandorte in Verbindung mit Sendern geringer Leistung ( 200 W). bringen im Stadtgebiet im Umkreis von ca. 3 km um den Sender eine ausreichende DAB+-Versorgung in Gebäuden. 2. Bei der subjektiven Empfangsbeurteilung schneidet der Kleinleistungssender deutlich schlechter ab als die Hochleistungssender. Die Testpersonen bewerteten den Empfang des Kleinleistungssenders an 50 % der Testpunkte schlechter als den der Hochleistungssender – bei gleichem Fehlerschutz (EEP 3-A, r = ½). 3. Man made Noise führt innerhalb von Gebäuden zu großen Störfeldstärken (bis zu 50 dBμV pro Meter). Ursache hierfür sind vor allem elektronische Kommunikationsgeräte aller Art. 4. Für eine hohe Orts- und Zeitwahrscheinlichkeit für guten DAB-Empfang in Gebäuden sind sehr hohe Planungsfeldstärken (> 80 dBμV/m) im städtischen Bereich erforderlich. Gründe hierfür sind neben man made Noise die heute üblichen Wärmedämmungsmaßnahmen bei Fenstern und Wänden. DAB-Sender geringer Leistung werden gegenwärtig sowohl überwiegend mit konventionellen Bauteilen als auch unter starker Verwendung von Software hergestellt. Die Software - basierten Lösungen führen zu etwas günstigeren Herstellungskosten. Bei einem Vergleich der Gesamtkosten einer Sendeanlage dürfen allerdings die Standortkosten nicht unberücksichtigt bleiben. Erschließungs- und Betriebskosten können die Beschaffungskosten des Sendeequipments übersteigen. Landesanstalt für Kommunikation Seite 4 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 5. 2. Dank an die Unterstützer des Projektes „Experĭentia est optĭma rerum magistra“ war das Leitmotiv bei der Durchführung des Strahlungsversuches, um zu einer vagen Bewertung der Qualität des DAB+-Empfangs unter den schwierigen Verhältnissen in urban strukturierten Verbreitungsgebieten und unter Verwendung von Sendern kleiner Leistung zu gelangen. Ermöglicht hat den von der Landesanstalt für Kommunikation initiierten und durchgeführten Strahlungsversuch in erster Linie die unkomplizierte Zusammenarbeit mit einer ganzen Reihe von Projektpartnern und Unterstützern. Zuvorderst sei an Herrn Prof. Dr. Andreas Steil von der Hochschule (HS) Kaiserslautern ein herzlicher Dank für die Bereitstellung des DAB+-Sendeequipments und die technische Unterstützung bei der Konfiguration und Inbetriebnahme durch Mitarbeiter seines Institutes, insbesondere durch Herrn Dipl. Ing. Mark Rosenbaum von der TU Kaiserslautern, gerichtet. Ermöglicht hat den Aufbau der portabel einsetzbaren DAB+/DRM+- Sendeinfrastruktur ein Kooperationsprojekt der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) mit der TU Kaiserslautern und mit Unterstützung der FH Kaiserslautern. Dass das Projekt zustande kam, ist nicht zuletzt der Initiative von Herrn Joachim Lehnert zu verdanken. Dafür und für die unentgeltliche Bereitstellung der portablen Sendeanlage für den Strahlungsversuch in Stuttgart ebenso ein herzliches Dankeschön an ihn. Einen wesentlichen wenn nicht sogar den entscheidenden Projektbeitrag leistete der Südwestrundfunk, indem er für den Strahlungsversuch seine am Funkhaus in Stuttgart bereits montierte vertikal polarisierte Sendeantenne zur Verfügung gestellt hat und die Aufschaltung der Sendeanlage in seinen Räumen gestattete. Den Weg dazu bereitet hat der Leiter des Frequenzmanagements und Systemtechnik Herr Udo Klaus. Vielen Dank an alle beteiligten Mitarbeiter des SWR für die geleistete großzügige Unterstützung. Nicht zuletzt geht ein Dank an die Bayerische Medien Technik GmbH für die messtechnische Unterstützung beim Strahlungsversuch. Herr Thorsten Stache hat mit seiner Messerfahrung wesentlich dazu beigetragen, eine große Menge an verwertbaren Messdaten für die hier gezeigten Auswertungen innerhalb kurzer Zeit zur Verfügung stellen zu können. 3. Einleitung Zu den derzeit häufig diskutierten Ideen gehört, mit preisgünstigen DAB+-Sendern kleiner Leistung eine lokal begrenzte Versorgung von urbanen Ballungsräumen herzustellen. Denkanstöße und Anregungen dazu geben neben entsprechenden Überlegungen in England aktuelle Entwicklungen in der Schweiz. Nachdem bis Ende 2012 dort bereits unterhalb zweier großräumig angelegter Bedeckungen regional gegliederte Plattformen in Genf, im Großraum Aargau-Zürich sowie in Bern und der Ostschweiz bereitstanden, sah das Konzept der als Netzbetreiberin konzessionierten Digris AG bis 2015 den zügigen Ausbau von kleinräumigen kostengünstigen Lokalversorgungsgebieten in weiteren größeren Agglomerationen der Schweiz vor. Wesentlich niedrigere Kosten im Vergleich zur Flächenversorgung macht das Senderkonzept sowohl für kommerzielle als auch nicht-kommerzielle Radios bzw. Webradios interessant. Die Digris AG setzt zur Kostensenkung auf softwaregestützte Technologien, wie "Software Defined Radio". Das OpenDigitalRadio.Org-Projekt entwickelt und stellt dafür Software-Module bereit, die als Opensource die gesamte DAB+-Übertragungskette mit den sog. ODR-mmb Tools1 abdecken. 1 ODR mmb = Opensource Digital Radio ursprünglich entwickelt von CRC (Communications Research Centre Canada), Kanada Landesanstalt für Kommunikation Seite 5 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 6. Die in den Verbänden UNIKOM und ASROC organisierten nicht-kommerziellen Radios bzw. Webradios in der Schweiz sind im Verein LIMUS2 vereinigt, der seinerseits als Inhaber einer Funkkonzession einen Aktienanteil der Digris AG übernahm. Das erste LIMUS-Digris Ensemble in Genf läuft seit 1. Mai 2014 stabil mit 13 Programmen. Die geschilderte Entwicklung in der Schweiz als auch entsprechende Überlegungen in England nähren auch in Deutschland die Hoffnung, mit als besonders preisgünstig eingeschätzten Kleinleistungssendern die Verbreitungskosten senken und in lokal-regionalen Versorgungsclustern so eine auf diesen Raum zugeschnittene Hörfunkveranstaltung ermöglichen zu können. Leistungsstarken DAB-Grundnetzsendern mit einigen Kilowatt Sendeleistung, in Gleichwellennetzen auf eine überwiegend landesweite Versorgung ausgerichtet, stünden dann Sender mit deutlich unter 0,5 kW Strahlungsleistung im städtischen Umfeld gegenüber. Mit einem Strahlungsversuch beabsichtigte die LFK im März 2015, ein solches Szenario unter realen Empfangsbedingungen zu erproben. Im Fokus stand zunächst weniger die eher subjektive Frage der Akzeptanz seitens der DAB-Radiohörer, die mit einer solchen Versorgung möglicherweise einhergehenden Nachteile in Kauf zu nehmen, sondern vielmehr die objektiven Befunde bei unterschiedlichen Empfangsszenarien. Zu erwarten waren bei einem Kleinleistungssender-Konzept in besonderem Maße deutliche Abstriche bei der sog. Indoor-Versorgung, die gerade im städtischen Umfeld und in den dort anzutreffenden Gebäuden eine Herausforderung darstellt. Im Nachtrag sei auf das Ergebnis weiterer Recherchen zur Leistung der eingesetzten Sender in der Schweiz hingewiesen: Dort sind inzwischen die Sendeleistungen der „Kleinleistungssender“ durch bessere Endstufen auf weit über 1 kW bis zu 4 kW erhöht, die somit keine „Kleinleistungssender“ im eigentlichen Sinne mehr darstellen. Losgelöst von der Erwartungshaltung der potenziellen DAB+-Hörer hinsichtlich der Empfangbarkeit lokaler Hörfunkangebote geht es im vorliegenden Messbericht in erster Linie um die Empfangsergebnisse, die unter den Bedingungen urbaner Versorgungsgebiete mit Kleinleistungssendern und unter den anzunehmenden Empfangsgewohnheiten der Hörer zu erwarten sind. Die übliche Empfangssituation sieht demnach so aus, dass der Hörer einen handelsüblichen portablen DAB+-Empfänger mit angebauter Teleskopantenne im Fachhandel erwirbt und Zuhause an einem Ort seiner Wahl aufstellt. Dort soll der Empfang dann ohne zusätzliche Anforderungen erfüllen zu müssen, auf einfache Weise funktionieren. Der DAB+-Empfang ist nicht vergleichbar mit dem FM-Empfang. Für beide Systeme gelten völlig unterschiedliche charakteristische Systemeigenschaften. Empfindliche DAB- Empfänger sind in aller Regel noch imstande, völlig rauschfreie Audiosignale zu dekodieren, selbst dann, wenn Nutzfeldstärken und CNR-Werte vergleichsweise sehr gering sind. Ein guter DAB-Empfänger kann bereits ab ca. 10 dBμV/m Signalfeldstärke unter günstigen Bedingungen (noch ausreichendes CNR vorausgesetzt) einen ETI-Datenstrom decodieren und daraus ein störungsfreies Audiosignal erzeugen. Diese Eigenschaft kommt DAB beim Mobilempfang zu Gute. Liegt das Nutzsignal auf einer störarmen Frequenz mit nur wenig Man Made Noise und homogener Feldverteilung, gibt es kaum noch Probleme mit zu geringen Feldstärken. Selbst fern ab gelegene DAB-Sender können so oft störungsfrei gehört werden. 2 LIMUS = Layer zur Innovation und Migration Urbaner Sendegebiete Landesanstalt für Kommunikation Seite 6 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 7. Die vorstehend geschilderten Umstände erklären, weshalb der DAB-Empfang bei mobil durchgeführten Tests meist mit guten bis sehr guten Ergebnissen hervorsticht und die Berichterstatter zur Aussage führen, die DAB-Versorgung wäre deutlich besser als in der Versorgungsprognose berechnet. In Bezug auf die Inhouse-Empfangssituationen gilt dies jedoch so nicht. Eine durchgängig unterbrechungsfreie Mobilversorgung gibt noch lange keine Garantie auf einen zufriedenstellenden Empfang in Gebäuden. Die im Versuch gewonnenen Erfahrungen zeigen vielmehr, dass trotz gutem Mobilempfang nicht automatisch von einer guter DAB-Empfangbarkeit in Gebäuden mit Behelfsantennen an portablen Empfangsgeräten auszugehen ist. Die Ursache dafür liegt weniger in Mängeln bei der Empfindlichkeit der Empfänger, sondern vielmehr an der Störbelastung am Empfangsort und der hohen Signaldämpfung durch die Gebäude. Es nutzt also nichts, wenn der Empfänger mit guten Werten bei der Empfindlichkeit aufwartet, wegen hoher Störpegel des sog. Man-Made- Noise aber das Nutzsignal im Störbelag untergeht. Wie enttäuschend die Situationen in Gebäuden sein können zeigen die dort durchgeführten Messungen und Empfangstests. Die Entwicklung bei den FM-Empfängern verleitet viele Hörer dazu, anzunehmen, das gute alte Radio würde immer und überall funktionieren. Tatsächlich ist auch das nicht der Fall. Meist ist der analoge FM-Empfang in Gebäuden unter Verwendung einer Behelfsantennen ebenfalls mit erheblichen Qualitätseinbußen verbunden, die von den allermeisten Hörern aber hingenommen und von vielen nicht einmal wahrgenommen werden. Schon seit Beginn der Rundfunkübertragung sind die auftretenden Funkstörungen und ihre Mechanismen ein ständig in internationalen Institutionen wie dem CISPR3 und in der Normung behandeltes Thema. Es geht dabei darum, den Aufwand bei der Entstörung von Störquellen einerseits und andererseits den sendetechnischen Aufwand zur Erzeugung hoher Nutzfeldstärken, die maßgeblich zur störungsfreien Funkübertragung beitragen, in eine ausgewogene und volkswirtschaftlich vertretbare Relation zu bringen. Im weitesten Sinne geht es also dabei um Kompromisse. Für alle Funkübertragungssysteme lassen sich an Hand der genormten maximal zulässigen Störpotenziale Modellkonfigurationen für den störungsfreien Funkempfang herleiten (sog. Störmodelle). Diese Störmodelle sind in den einzelnen Frequenzbereichen und für die verschiedenen Rundfunksysteme in der Regel unterschiedlich und richten sich an der technischen Machbarkeit aus. Die Störmodelle für UKW und DAB unterscheiden sich schon durch ihre unterschiedlichen Frequenzbereiche und sind besonders wegen sehr verschiedener Systemanforderungen nicht direkt miteinander vergleichbar. Für den analogen als auch digitalen Rundfunk gehen die Störmodelle meist von der Verwendung einer Außenantenne zur Entkopplung des Nutzsignals im Funkfeld vom Störpotenzial der Störquellen in Gebäuden aus (Man Made Noise). Nur so gelingt es, einen störungsfreien Inhouse-Empfang zu gewährleisten, bei dem eine ausreichend dimensionierte Systemreserve für langzeitstabile Empfangsverhältnisse sorgt. Es mag sein, dass ein Empfang auch unter ungünstigeren Bedingungen z.B. ohne besondere Außenantenne möglich ist, einen rechtlichen Anspruch auf störungsfreien Empfang kann der Hörer daraus allerdings nicht ableiten. Treten bei DAB instabile Signalverhältnisse am Empfängereingang auf (z.B. durch ein zu geringes CNR), ist die Freude an dem System auch meist schon dahin. Ständige Programmunterbrechungen nerven selbst den gewogenen Hörer. Der Empfang mit portablen DAB-Empfängern mit angebauter Teleskopantenne funktioniert in Gebäuden mit geringen Nutzfeldstärken und einem hohen Man Made Noise nur wenn günstige Umstände zusammen kommen (eher zufällig). Von einer hohen Versorgungswahrscheinlichkeit an beliebig gewählten Empfangsorten selbst unter widrigen Bedingungen kann jedenfalls keine Rede 3 CISPR = Comité international spécial des perturbations radioélectriques Landesanstalt für Kommunikation Seite 7 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 8. sein. Die Frustrationsrate ist so gesehen bei DAB gewiss etwas höher als es beim FM- Empfang unter vergleichbaren Pegelbedingungen im Grenzbereich bei geringer Systemreserve der Fall ist. Zur Erläuterung der fundamentalen Zusammenhänge beim DAB-Indoor-Empfang dienen die in den nächsten Abschnitten vorgestellten Testergebnisse. Es handelt sich dabei einerseits um subjektive Empfangsbewertungen, die mit handelsüblichen portablen Empfängern durchgeführt wurden und andererseits um Auswertungen von stationären und mobilen DAB+- Versorgungsmessungen. Die methodisch sehr unterschiedlichen Ansätze und daraus gewonnenen Ergebnisse werden in Verbindung mit theoretischen Betrachtungen anhand von Modellen zur Plausibilitätsprüfung zusammengeführt. Als gemeinsame Referenzgröße für diese Triangulation soll die Feldstärkeprognose dienen, mit der üblicherweise die Versorgungsbeurteilung von Sendernetzen, bei UKW und DAB gleichermaßen, vorgenommen wird. Zur realen Abbildung einer städtischen Versorgungssituation mit einem Kleinleistungssender erfolgte im Zeitraum vom 03.03. bis 09.04.2015 eine zeitlich befristete Versuchsabstrahlung mit einem überwiegend als SDR-Equipment4 ausgeführten DAB+-Sender am Standort Funkhaus des SWR unter Verwendung des Kanals 12A mit einer Strahlungsleistung von 200 Watt ERP ND. Den Sender stellte freundlicherweise die HS Kaiserslautern (Herr Prof. Steil), den Senderstandort einschließlich der Sendeantenne mit Rundstrahlung und einem Gewinn von 6 dBd der Südwestrundfunk (SWR) zur Verfügung. Weitere Informationen zum Sender selbst sind im Abschnitt „Anmerkungen zum verwendeten DAB+-Versuchs-Sender“ enthalten. Sender mit Strahlungsleistungen bis zu 1 kW gelten üblicherweise als sog. Kleinleistungssender. Neben stationären Versorgungsmessungen an repräsentativen Messpunkten und mobilen Signalaufzeichnungen entlang ausgesuchter Messstrecken dienen messtechnische Untersuchungen im und am Dienstgebäude der LFK in der Reinsburgstraße 27, in 70178 Stuttgart, das sich in einer Entfernung von nur 3,75 km vom Standort des Testsenders in der Neckarstraße 230 (Funkhaus), 70190 Stuttgart entfernt befindet, als Datenbasis. Ein weiterer wichtiger Punkt und Informationsquelle sind Auswertungen einer Vielzahl von subjektiven Empfangstests, die Testhörer an zufällig ausgewählten Testpunkten im Versorgungsgebiet vornahmen. Testpunkte konnten sowohl in Wohnungen aber auch im Freien festgelegt werden. Alle gewonnenen Daten und Informationen sind als einzelne Mosaiksteinchen eines Gesamtbildes zu verstehen, das die Versorgungssituation im städtischen Umfeld (insbesondere bezüglich des Indoor-Empfangs) letztlich beschreiben und evaluieren hilft. Nebenbei eignete sich die Versuchsabstrahlung als Nachweis dafür, dass es mit preisgünstigen SDR-Sendern in der Praxis möglich ist, zuverlässigen d.h. ausfallfreien 7x24- Sendebetrieb zu realisieren. Das Handling des Senders ist zwar noch verbesserungsfähig, machte aber dennoch beim Aufbau der Sendeanlage keine Probleme. Um auf eine Modulationszuführung verzichten zu können, spielte der Software-Multiplexer vorproduzierte Audioobjekte direkt von der Festplatte aus. Mit der Durchführung der umfangreichen Messungen beauftragte die Landesanstalt für Kommunikation die Bayerische Medientechnik (BMT) in München, die dazu ihren eigenen Messwagen mit umfangreichem DAB/DAB+-Messequipment einsetzte. 4 SDR = Software Defined Radio, hier unter Verwendung von OpenSource-Software ODR mmb-Tools Landesanstalt für Kommunikation Seite 8 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 9. 4. Anmerkungen zum eingesetzten DAB+-Versuchs-Sender Von Oktober 2013 bis August 2014 führte die Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) ein Kooperationsprojekt mit der TU Kaiserslautern mit Unterstützung durch die FH Kaiserslautern zum Aufbau einer portabel einsetzbaren DAB+/DRM+-Sendeinfrastruktur mit einem kompaktem Multiplexgenerator und Sender für das VHF-Band III einschließlich einer Sende- Antenne durch. Basis für den Aufbau war ein technisches Konzept aus der Schweiz für die DAB-Verbreitung von nichtkommerziellen Hörfunkprogrammen, das aus einer frei verfügbarer OpenSource- Software (mmbTools der CRC in Kanada in einer Weiterentwicklung zu den ODR-mmbTools von opendigitalradio.org) für den Multiplexgenerator (Multiplexer und Modulator) und einem günstigen Frequenzumsetzer (USRP der Firma ETTUS) besteht. Zur leichten Transportierbarkeit sowie aus der Überlegungen heraus, den Sendeverstärker in der Nähe zur Antenne und den Multiplexgenerator in der Nähe der Audioquellen aufzubauen, wurden diese Systemkomponenten getrennt in zwei rollbaren Flightcases untergebracht, die über ein Ethernetkabel miteinander verbunden sind. Zur Stromversorgung genügt je eine haushaltsübliche Steckdose. Der Multiplexgenerator wurde zusätzlich um die Software „Spark“ für die Ausstrahlung von DRM+ ergänzt. Mit diesen Erweiterungen war es erstmalig machbar, auch DRM+- Programme zur Demonstration dieses Systems in seiner Eignung für eine digitale Hörfunkversorgung, insbesondere für lokale Verbreitungsgebiete, über eine kompakte Sendeanlage auszustrahlen. Mit den eingesetzten Bauteilen konnte gezeigt werden, dass ein standardkonformer 100 W- DAB-Sender mit Netto-Hardware-Kosten von ca. 10.000 € realisierbar ist. Durch Verzicht auf nicht zwingend benötigte Komponenten, z. B. hochwertige Audiointerfaces, lassen sich die Kosten im Bereich des Multiplexgenerators weiter senken, jedoch sind alternative minderwertige HF-Komponenten bei der VHF-Sendeeinheit zur Kostenminimierung kontraproduktiv, weil dadurch die Gefahr besteht, die erforderliche Qualität des Sendesignals nicht mehr zu erreichen (kritische Spektrumsmaske!). Der Abschlussbericht des Projekts und eine Bedienungsanleitung zur Inbetriebnahme des Senders liegt seit November 2014 vor. Zum Einsatz kam der Koffersender erstmals im April 2014 an der TU Kaiserslautern für das Veranstaltungsradio im Rahmen der „Nacht, die Wissen schafft 2014“, während des Symposiums am 3. Juli 2014 sowie im Dezember 2014 für ein weiteres Veranstaltungsradio der TU in Kaiserslautern. Weiterhin setzte die Landesanstalt für Kommunikation die Sendeanlage im Zeitraum vom 03.03. bis 09.04.2015 als Testsender für den hier beschriebenen Strahlungsversuch ein. Die Abstrahlung erfolgte über eine stationär montierte vertikal polarisierte VHF-Band III-Antenne mit Rundstrahlung und 6 dB Gewinn am Funkhaus des SWR, Neckarstraße im Dauerbetrieb (7x24). Weitere Informationen zu den technischen Daten der Sendeanlage finden Sie hier: http://technik.lfk.de/dab/strversuch/dab_strversuch_00.html Landesanstalt für Kommunikation Seite 9 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 10. 5. Untersuchungen im Gebäude Reinsburgstraße 27, Stuttgart Das Testgebäude befindet sich im Stuttgarter Westen in der Reinsburgstraße. In Abbildung 11 ist der Standort des Gebäudes als Testpunkt TP1 eingezeichnet. Im 5.OG des Gebäudes mit nahezu freier Sicht zum Sender fanden sowohl Messungen der Nutz- und Störpegel als auch subjektive Empfangstests statt. Als Messgerät kam ein portabler Spektrumanalysator der Firma Rhode & Schwarz FSH3 mit abgesetzter Dipolantenne (Schleifendipol mit 75 Ohm-Anpassung über Balun) zum Einsatz. Als DAB+-Testempfänger zur subjektiven Empfangsbeurteilung diente ein Sony XDR-S60DBP, auf dessen umgebautem Antenneneingang (auf F-Connector) eine Teleskopantenne aufgeschraubt wurde. Ein beabsichtigter Betrieb mit Dipolantenne und Dämpfungsglied zur Pegeleinstellung mit dem Ziel, die Systemreserve zu bestimmen, scheiterte, weil der Receiver auch die Mantelwelle auf dem Schirm des Anschlusskabels nach dem Balun als Empfangssignal verwertet (Antenneneingang undefiniert symmetrisch ohne Abschluss). Die verwendete Messantenne, es handelt sich um ein von der Firma Conrad vertriebene DAB- Dipol-Antenne (Bestell-Nr. 549698), zeigte beim direkten Vergleich mit der Messwagenantenne FT01 der Firma Schwarzbeck gute HF-Eigenschaften. In der Horizontalebene liegt mit kaum relevanten Abweichungen Rundstrahlcharakteristik vor, so dass insgesamt in guter Näherung eine Dipolcharakteristik für diese Bezugsantenne angenommen werden kann. Als Antennenumrechnungsfaktoren ergaben sich messtechnisch im freien Strahlungsfeld im direkten Vergleich mit der Messwagenantenne FT01 gemessene frequenzabhängige Werte zwischen 11,8 und 12,5 dB, die der Umrechnung von Spannungen am Analysatoreingang auf Feldstärke zu Grunde gelegt sind (K-Faktor, Transducer-Faktor). Auf diesem Wege war es möglich, auf einfache und effiziente Weise die Feldverhältnisse (Nutz- und Störsignale) im Innen- und Außenbereich des Gebäudes durch eine orientierende Messung zu erfassen und zu protokollieren. Die Lage der Testpunkte im Gebäude geht aus den Abbildungen 6 bis 8 hervor. Die Ergebnisse der subjektiven Empfangstests sind ebenfalls in den Abbildung 6 bis 8 mit Symbolen visualisiert dargestellt bzw. die der Messungen (Feldstärken) in Tabelle 1 zusammengestellt. Mit der verwendeten Messantenne gelang es zudem, die im Indoor-Bereich vorhandenen Störpotenziale aufzuspüren und deren Auswirkungen auf den DAB-Empfang zu untersuchen. Es fiel dabei auf, dass gerade dort, wo hohe Störpegel auftreten, es meist auch sinnvoll und naheliegend war, den DAB-Empfänger zu platzieren. Die viel störärmeren Bereiche unterhalb den Decken oder an den Fenstern, an denen gleichzeitig auch höhere Nutzfeldstärken herrschten, kamen in der Regel als Aufstellungsort weniger in Frage. 6. Störpegel im Indoor-Bereich Es zeigte sich bei den Messungen, dass neben der Nutzfeldstärke und der Empfindlichkeit der Receiver das vorhandene CNR am Empfangsort ausschlaggebend für das Empfangsergebnis ist. Die festgestellten hohen Störpegel im Indoor-Bereich führen dazu, dass der DAB- Empfang häufig deshalb nicht möglich ist, weil die Störpegel zu hoch sind, um ein noch ausreichendes CNR zu gewährleisten. Mit Blick auf die auftretenden Störpegel ist anzumerken, dass besonders im VHF-Band III eine Kumulierung von Störstrahlungen unterschiedlichster Quellen, die in erster Linie im Indoor-Bereich betrieben werden, statt findet (hohes Man Made Noise). Jegliche Art kommunikationstechnischer Geräte, vom Telefon bis zum PC und vom Breitbandanschluss bis zur Satellitenanlage liefern Störbeiträge, die je nach spektraler Verteilung dem DAB-Empfang den Garaus machen können. Einige Landesanstalt für Kommunikation Seite 10 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 11. praktische Beispiele von gemessenen VHF-Spektren mit DAB-Nutzsignalen und Störpegeln im Bürobereich zeigen die Abbildungen 1, 2 und 3. Als Quelle für Störstrahlungen sind weniger die Geräte selbst auszumachen als vielmehr deren Anschlusskabel, die oft als Antennen wirken und die Abstrahlung von Störenergie gerade im Band III begünstigen. Es brauchte keiner besonderen Suche, um Störfeldstärken von bis über 50 dBμV/m zu identifizieren (vgl. Abbildungen 2 und 3). Das sind immerhin Feldstärken, die das Nutzsignal des Testsenders auf Kanal 12A deutlich d.h. um ein Vielfaches übersteigen können. Abbildung 1 zeigt die spektrale Darstellung der vier im Stadtzentrum Stuttgart empfangbaren DAB-Multiplexe mit vergleichsweise geringem Man Made Noise, wobei der ganz rechts abgebildete Nutzpegel auf Kanal 12A vom Testsender herrührt. Neben den Nutzpegeln fällt der ungleichmäßige spektrale Verlauf des Breitbandstörpegels und zweier Störpegel (fS1 und fS2) auf diskreten Frequenzen auf. DAB Kanal 5C DAB Kanal 9D DAB Kanal 11B DAB Kanal 12A Breitbandstörpegel Störpegel fS2 Störpegel fS1 Abbildung 1: DAB-Nutzsignale im VHF-Band III, Messpunkt 1 in Zimmermitte gemessen mit R&S FSH3 Unter den Bedingungen nach Abbildung 1 konnte das DAB-Signal auf dem Kanal 12A augenblicklich d.h. zum Testzeitpunkt noch gut indoor empfangen werden. Trotzdem können sich die Maxima der Breitbandstörungen als auch die Störpegel auf diskreten Frequenzen fSn zeitabhängig verschieben und sich plötzlich auch beispielsweise im Nutzkanal 12A verstärkt ausbilden. Das kann dann bei dem um rund 20 dB gegenüber den Hochleistungssendern (Kanäle 5C, 9D und 11B) niedrigeren Nutzpegel auf Kanal 12A zu Ausfällen (Programmunterbrechungen) führen, was so auch nicht selten beobachtet wurde. Tatsächlich hat sich bei Langzeitempfangsversuchen über viele Stunden herausgestellt, dass der DAB-Empfang auf Kanal 12A über einen ganzen Tag hinweg völlig störungsfrei möglich war, am nächsten Tag dann plötzlich unter unveränderten Bedingungen nur noch mit ständigen Unterbrechungen. Selbst beim Empfang der leistungsstarken Sender konnten Hörer solche zeitabhängigen Verschlechterungen des DAB-Empfangs mit Programmunterbrechungen an anderen Orten im heimischen Umfeld beobachten. Das bedeutet, dass ein momentan guter DAB-Empfang noch lange keine Gewähr für eine hohe Langzeitstabilität bietet. Ob solche langzeitstabilen Empfangsbedingungen gegeben sind, kann im Grunde nur mit Hilfe einer messtechnischen Untersuchung des Spektrums unter Verwendung eines Analysators am Empfangsort verifiziert werden. Im Büroumfeld entstand der subjektive Eindruck, dass in den Abendstunden, wenn zunehmend die Bürokommunikationsgeräte (PCs usw.) außer Betrieb gingen, sich der DAB- Empfang deutlich verbesserte, zumindest aber merklich weniger Ausfälle auftraten. Die Landesanstalt für Kommunikation Seite 11 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 12. Beobachtung führt zum Schluss, dass wohl weniger die Nutzfeldstärkeschwankungen allein dafür verantwortlich sind, sondern vielmehr eine starke Schwankung des CNR als Resultat von Nutz- und Störfeldstärkeänderungen innerhalb des Gebäudes. Übrigens haben die Messungen auch gezeigt, dass die Störpotenziale innerhalb des Gebäudes weit über den im Außenbereich gemessenen Werten liegen. DAB Kanal 5C DAB Kanal 9D DAB Kanal 11B DAB Kanal 12A Breitbandstörpegel Störpegel fS2 Störpegel fS1 Abbildung 2: DAB-Nutz- und Störsignale im VHF-Band III, Messpunkt 3 gemessen mit R&S FSH3 Abbildung 2 zeigt beispielhaft ein Störerszenario, bei dem hohe Störpegel auf diskreten Frequenzen auftreten. Trotz der Störbelastung war ein DAB-Empfang mit gelegentlichen Aussetzern auf Kanal 12A noch möglich. Als Ursache der Störpegel auf den diskreten Frequenzen konnte ein Satelliten-Multiswitch ermittelt werden, dessen Störstrahlung sich über mehrere Räume ausbreitete, obwohl er in einem betonierten Technikraum mit hoher Schirmwirkung im Kern des Gebäudes an der Wand montiert war. Einen Extremfall veranschaulicht Abbildung 3. In einem Abstand von ca. 0,5 Meter von einem Telefon SNOM 870 mit Touchscreen Monitor stieg der Störpegel breitbandig auf über 50 dBμV/m an. Das Signal des Testsenders auf Kanal 12A versank förmlich im Störnebel. Ein Empfang war bei Entfernungen von unter 2 Metern zum Störer nicht mehr möglich. Selbst auf Kanal 9D und 11B kam es bei sehr geringen Entfernungen (< 0,5 Meter) zum Telefon zu instabilen Empfangsverhältnissen (Kurzzeitaussetzer), die aber problemlos durch eine Änderung der Antennenausrichtung behoben werden konnten. Landesanstalt für Kommunikation Seite 12 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 13. DAB Kanal 5C DAB Kanal 9D DAB Kanal 11B Breitbandstörpegel Abbildung 3: DAB-Nutz- und Störsignale im VHF-Band III, Messpunkt 3 gemessen mit R&S FSH3; Abstand zur Störquelle: <0,5 Meter Zu den Spektrumsdarstellungen sei angemerkt, dass zur Messung von Störpegeln die nach CISPR 13/16 festgelegten Verfahren zu beachten sind. Eine Aussage, ob Grenzwerte überschritten werden, setzt voraus, dass Messungen und Bewertungen nach Maßgabe dieser Normen (CISPR, EN 55022:2010) erfolgen. Insoweit kann aus den Darstellungen 1 bis 3 keine Grenzwertüberschreitung abgeleitet werden. Eine überschlägige Rechnung zeigt, dass die festgelegten Grenzwerte mit hoher Wahrscheinlichkeit in diesen Fällen noch eingehalten werden. Es geht lediglich darum, Störmechanismen beim Indoor-Empfang aufzuzeigen und keinesfalls um eine Störquellensuche. Es sei ferner darauf hingewiesen, dass es für digitale Übertragungssysteme wie DAB+ keine festen Grenzwertfestlegungen für Störabstände, wie das bei analogen Übertragungssystemen üblich war, mehr gibt, weil die Robustheit dieser Systeme von sehr vielen systemspezifischen Parametern abhängt, die nicht mehr durch einen singulären Wert für einen Störabstand beschreibbar sind. Es obliegt dem Systembetreiber selbst, ausreichende Schutzabstände festzulegen und deren Einhaltung z.B. bei der Funknetzplanung sicherzustellen. 7. Störmodell für Indoor-DAB-Empfang Aus den vorstehend gezeigten Störszenarien kann ein einfaches Störmodell hergeleitet werden, mit dem Rückschlüsse auf die benötigte Outdoor-Nutzfeldstärke gezogen werden können. Einen Anhaltspunkt für die im Indoorbereich von Einrichtungen der Informationstechnik verursachten Störstrahlung geben die in der EN 55022 festgelegten Grenzwerte (Abbildung 4), die als Berechnungsgrundlage der für einen guten DAB-Indoor- Empfang erforderlichen Nutzfeldstärken geeignet sind. Landesanstalt für Kommunikation Seite 13 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 14. Abbildung 4: Störstrahlgrenzwerte für Einrichtungen der Informationstechnik in 3 Meter Entfernung nach EN 55022 Class B (rote Kurve) und SchTSEV Anlage 2 (letztere Outdoor, grüne Kurve)) Ausgehend von einer max. Störfeldstärke von 40 dBμV/m, die in dieser Höhe zulässig und ohne Weiteres in Räumen auftreten kann, ergibt sich folgende „Worst Case“-Berechnung: Störfeldstärkegrenzwert (Messung nach CISPR 13/16) 40 dBμV/m Umrechnung Kanalbandbreite (120 kHz / 1.500 kHz) 11 dB Störabstand (DAB) 15 dB Gebäudedämpfung 30 dB Outdoor-Feldstärke (in Bodennähe erforderlich) 96 dBμV/m Das Ergebnis ist so zu interpretieren, dass erst Feldstärken ab 96 dBμV/m im Außenbereich des Gebäudes in repräsentativer Höhe gemessen in ungünstigen Fällen für einen wirklich stabilen DAB-Indoor-Empfang mit hoher Ortswahrscheinlichkeit ausreichen. Bei allen Pegelwerten unterhalb dieser Schwelle besteht eine mehr oder weniger größere Wahrscheinlichkeit, dass es zu Empfangsstörungen kommen kann. Bei den in Anwesenheit hoher Störpegel erforderlichen Eingangspegeln von deutlich über 40 dBμV spielt die Eingangsempfindlichkeit der Empfänger nur noch eine untergeordnete Rolle. Abschläge (= niedrigere Versorgungsfeldstärken) wären denkbar bei geringeren Gebäudedämpfungen (< 30 dB), einer störfreieren Umgebung am Aufstellungsort des Receivers (keine störenden Geräte in unmittelbarer Nähe) und einer günstigeren Verteilung der Störenergie im Spektrum (relative Störfreiheit des Nutzkanals), so dass der Fehlerschutz eine effizientere Wirkung zeigt. 8. Auswertung von Indoor-Empfangstests Das Testkriterium „störungsfreie DAB-Empfangbarkeit“ ist bei den im folgenden Abschnitt dokumentierten Empfangstests dann erfüllt, wenn bei einer mehrmaligen langsamen Drehung des Empfängers mit vertikal ausgerichteter Teleskopantenne in einer Höhe von ca. 1,60 Landesanstalt für Kommunikation Seite 14 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 15. Metern um den Testpunkt (Zimmermitte, Schnittpunkt der Diagonalen) mit einem Radius von ca. 0,6 Metern keine Unterbrechung des Empfangs auftritt. Analog dazu gilt für den FM- Empfang die in der Bewegung festgestellte schlechteste Empfangsqualität (Qualitätsstufen 1 – 5 nach ITU5 ). Die Testpunkte sind in den folgenden Abbildung 6 bis 8 im Stockwerksplan des Gebäudes (5. OG) eingezeichnet und die Ergebnisse farblich hervorgehoben. Abbildung 5: Symbole zur Darstellung der Ergebnisse subjektiver Empfangstests UEP 3 EEP 1A EEP 2A EEP 3A EEP 4A DAB FM Qualitätsstufen 1-5 hier: 3 1 2 3 4 5 Empfang störungsfrei Kanal 9D Kanal 5C Kanal 11B Empfang gestört Die symbolischen Darstellungen der Empfangsergebnisse in Abbildung 5 haben folgende Bedeutung: Bei DAB (linkes Symbol) sind die beim Strahlungsversuch auf dem Testkanal 12A verwendeten Signalcodierverfahren bzw. Protection-Level symbolisch dargestellt. Das obere Kreissegment symbolisiert den MPEG Layer II-encodierten Subchannel (MUSICAM) mit Error-Protectionlevel UEP 3 (Unequal Error Protection Level 3), die vier anderen Segmente die vier MPEG 4 HE AAC v2 encodierten Subchannel mit den Protection Leveln EEP 1A bis 4A (Equal Error Protection Level 1 – 4). Weitere Erläuterungen zum Fehlerschutz sind unter Punkt 18 „Fehlerschutzmechanismen“ zu finden. Eine dunkle Einfärbung (grün) steht jeweils für ein positives Testergebnis, hell (gelb) für gestörten Empfang bzw. nicht empfangbar. Entsprechend ist beim mittleren dreigeteilten Symbol jedem Kanal der Hochleistungssender (5C, 9D und 11B) ein Kreissegment zugeordnet. Bei FM sind die fünf Signal-Qualitätsstufen (nach ITU) als Kreissegmente veranschaulicht, die im Falle einer Überschreitung bzw. wenn sie mindestens zutreffend sind dunkel erscheinen (rechtes Symbol; grün bzw. bei Qualitätsstufe 1 rot eingefärbt). Je dunkler (grüner) die Symbole also optisch in der Gesamtschau erscheinen, um so besser ist der Empfang. In den Abbildungen 6 bis 8 selbst sind die in Abbildung 5 zur Erläuterung der symbolischen Bedeutung eingetragenen Beschriftungen weggelassen. Die jeweils getesteten Services (Programme) ergeben sich aus dem verwendeten Auswertebogen für die subjektiven Empfangstests, der hier heruntergeladen werden kann: http://technik.lfk.de/dab/strversuch/dab_strversuch_05.html. 5 Qualitätsstufen nach ITU: 1 = stark gestört, 2 = gestört, 3 = wahrnehmbare Störungen, 4 = geringfügige Störungen (hinnehmbar), 5 = störungsfrei (nahe an Studio-Qualität.) Landesanstalt für Kommunikation Seite 15 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 16. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart Auswertung DAB-Indoor-Empfang im Gebäude Reinsburgstraße 27, 70178 Stuttgart, 5. OG DAB-Empfang Sender Stuttgart Funkhaus Kanal 12 A Abbildung 6: DAB-Empfang in Gebäuden (leistungsstarke Sender) Signaleinfall Signaleinfall DAB K 12A FM 99,6 MHz DAB K 5C DAB K 9D DAB K 11B 1 2 3 4 5 6 7 89 101112 13 14 15 16 17 18 Reflexionsempfang Reflexionen von der Karlshöhe wirksam Landesanstalt für Kommunikation Seite 16 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 17. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart Auswertung DAB-Indoor-Empfang im Gebäude Reinsburgstraße 27, 70178 Stuttgart, 5. OG DAB-Empfang Sender Stuttgart Kanäle 5C, 9D und 11B Signaleinfall Signaleinfall DAB K 12A FM 99,6 MHz FM 99,2 MHz DAB K 5C DAB K 9D DAB K 11B 1 2 3 4 5 6 7 89101112 13 14 15 16 17 18 Abbildung 7: DAB-Empfang in Gebäuden (leistungsstarke Sender) Landesanstalt für Kommunikation Seite 17 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 18. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart Auswertung FM-Indoor-Empfang im Gebäude Reinsburgstraße 27, 70178 Stuttgart, 5. OG FM-Empfang Sender Stuttgart-Münster 99,2 MHz (analoger Vergleichsempfang) Abbildung 8: FM-Empfang in Gebäuden (leistungsschwacher FM-Vergleichssender 99.2 MHz, 300 W, FRS) Signaleinfall DAB K 5C DAB K 9D DAB K 11B 1 2 3 4 5 6 7 89101112 13 14 15 16 17 18 FM 99,2 MHz Signaleinfall DAB K 12A FM 99,6 MHz Landesanstalt für Kommunikation Seite 18 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 19. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart Als Testempfänger diente das Sony Digitalradio XDR-S60DBM mit angebauter Teleskopantenne. Die Entfernung vom Gebäude bis zum Sender beträgt ca. 3,75 km. Die Empfangstest sind jeweils als Momentaufnahme zu betrachten. Besonders beim Empfang des DAB-Testsenders ist es so, dass der Empfang sogar über einige Stunden störungsfrei funktionieren kann, dann aber plötzlich am selben Ort unter scheinbar unveränderten Bedingungen massive Ausfälle auftreten. Letztendlich kann die Stabilität des DAB-Empfangs nur mit Hilfe einer eingehenden Spektrumsanalyse beurteilt werden. Die Feldverhältnisse unterliegen ständigen Änderungen und hängen u.a. auch stark davon ab, ob die Fenster geöffnet oder geschlossen sind. Allein geöffnete oder geschlossene Fenster können an einzelnen Orten zu Feldstärkeschwankungen von bis zu 30 dB führen. Die leistungsstarken DAB-Kanäle 5C, 9D und 11B können im Testgebäude indoor gut empfangen werden. Trotz der hohen Gebäudedämpfung stellt der DAB-Empfang auf den genannten Kanäle für den Hörer einen Mehrwert gegenüber UKW dar. Diese Erkenntnis gilt nicht für den leistungsschwachen Testsender. Der DAB-Indoor- Empfang ist im Testgebäude nur mit einer für Rundfunkverhälnisse geringen Ortswahrscheinlichkeit möglich (< 50 Prozent) und meist auch dann, wenn der Empfang momentan gut zu funktionieren scheint, nicht mit einer zufriedenstellenden Langzeitstabilität gesegnet. Ein Punkt, der besonders von den DAB-Hörern als schwerwiegender Mangel erachtet wird. Es fällt auf, dass die Eindringtiefe in das Gebäude bei DAB nicht besonders hoch ist und bezüglich dieser Eigenschaft der UKW-Empfang die Nase vorn hat (ist insbesondere den unterschiedlichen Frequenzen im VHF-Band geschuldet). Auch der FM- Indoor-Empfang des getesteten FM-Vergleichssenders Stuttgart-Münster, 99.2 MHz, 300 Watt, FRS zeigt deutliche Schwächen. Trotz der Mängel ist die Langzeitstabilität dennoch nach dem subjektiven Empfinden deutlich besser. Der Grund liegt in dem Umstand, dass Feldschwankungen beim FM-Empfang zu temporären Änderungen des audioseitigen SNR führen, die der Hörer in der Regel aber kaum registriert, Ausfälle bei DAB hingegen schon. Die Empfangstests fanden auf einer mittleren Etage (E5) des 11-stöckigen Gebäudes statt. Weitere Tests über alle Etagen im Treppenhaus (E0 bis E11) ergaben, dass sich die Ortswahrscheinlichkeit mit zunehmender Geschosszahl (Höhe) auch subjektiv wahrnehmbar verbessert, umgekehrt in den unteren Geschossen aber deutlich verringert. Dieses Ergebnis ist physikalisch betrachtet plausibel, weil mit zunehmender Höhe auch die Feldstärke im Freien höhere Werte erreicht. In den Untergeschossen (UG 0, 1, 2) ist hingegen so gut wie kein DAB-Empfang möglich. Die bei DAB im Testgebäude festgestellte geringe Eindringtiefe hat sich bei anderen ähnlichen Tests in Wohngebäuden in ähnlicher Weise bestätigt. Der Testsender konnte oft nur in der Nähe eines Fensters mit Ausrichtung zum Sender stabil empfangen werden. Mit größerem Abstand zum Fenster oder an Empfangsorten im Innenbereich der Wohngebäude bzw. in Bädern oder in den Kellergeschossen war meist kein Empfang möglich. Die leistungsstarken Sender waren dort hingegen in aller Regel wenn auch mit nur geringen Systemreserven empfangbar. Diese Erfahrung gibt Anlass zur Hoffnung, in vielen Fällen mit schlechtem Empfang mit Hilfe von abgesetzten Antennen (Zimmerantennen, kleine Außenantennen, ausgesucht günstiger Standort für den Receiver) doch noch eine Verbesserung bewirken zu können. Beim Einsatz von aktiven Antennen (mit Antennenvorverstärker) muss beachtet werden, inwieweit die schlechte Empfangbarkeit überhaupt auf zu geringe Empfangspegel Landesanstalt für Kommunikation Seite 19 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 20. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart zurückzuführen ist. Ist das CNR nur wegen zu hohen Störstrahlpegeln zu gering, ist der Verstärkereinsatz unter Umständen sogar kontraproduktiv. 8.1 Orientierende Feldstärke- und Dämpfungsmessungen im OG 5 (In- und Outdoor) In der folgenden Tabelle 1 sind die an insgesamt 17 Testpunkten gemessenen Fußpunktspannungen an einer Dipolantenne zusammengestellt (in dBμV). Es handelt sich um die Ablesewerte für folgende Messbedingungen: Messgerät: R & S FSH3, RBW: 300 kHz, Detektor: RMS, Messantenne: VHF-Dipol, vertikal, Antennenhöhe über Grund: 1,6 m). Die Testpunktbezeichnungen korrespondieren mit denen in den Abbildungen 6 bis 8. Die Werte (Signalpegel in dBμV) sind kanalbezogen angegeben (Spalten mit den Überschriften 5C, 9D, 11B, 12A). Die Störpegel N in der drittletzten Spalte ergeben sich rechnerisch aus den gemessenen Nutzpegeln für den Kanal 12A (in dBμV) abzüglich der Werte aus den CNR- Messungen (in dB) bzw. beim Messpunkt MP 4 als Ausnahme direkt als Messwert. MP 5C 9D 11B 12A CNR (12A) N (12A A ) Anmerkung 1 42,5 40,0 40,0 26,0 21,0 5,0 I 2 41,0 41,0 36,0 25,0 20,0 5,0 I 3 37,0 37,0 35,0 20,0 13,0 7,0 I 4 - - - - - 50,0 I Störpegel (Spaun) 5 72,0 60,0 60,0 50,0 50,0 0,0 O Galerie, outdoor 6 66,0 63,0 57,0 61,0 61,0 0,0 O Galerie, outdoor 7 55,0 57,0 52,0 50,0 50,0 0,0 O Galerie, outdoor 8 40,0 28,0 30,0 33,0 28,0 5,0 I 9 38,0 25,0 24,0 16,0 13,0 3,0 I 10 36,0 31,0 29,0 22,0 17,0 5,0 I 11 35,0 35,0 30,0 24,0 21,0 3,0 I 12 46,0 34,0 30,0 22,0 20,0 2,0 I 13 43,0 26,0 37,0 21,0 19,0 2,0 I 14 53,0 53,0 47,0 21,0 19,0 2,0 I 15 43,0 47,0 44,0 23,0 18,0 5,0 I 16 40,0 38,0 35,0 20,0 10,0 10,0 I 17 48,0 45,0 40,0 35,0 22,5 12,5 I 10 - 15 dB Raum 511 / IT Tabelle 1: Messwerte Pegelmessung (Eingangsspannungen in dBμV RMS am Analysator R & S FSH3; Messbandbreite: 300 kHz RMS; I = indoor, O = outdoor)) Nach Auswertung der Messreihen über Mediane ergibt sich zunächst für die Differenz zwischen den In- und Outdoorwerten beim S/N (Kanal 12A) eine Differenz von 31 dB. Daraus ergibt sich, dass einerseits die Nutzpegel im Innenbereich (I) sehr stark abfallen und andererseits die Störstrahlung N deutlich zunimmt. Im Außenbereich (Outdoor) ist die Störstrahlung hingegen eher gering (= 0,0). In folgender Tabelle 2 sind die als Mediane aus den Messreihen bestimmten Feldstärkewerte (RMS nach Umrechnung über den K-Faktor der Antenne, Kabeldämpfung und Bandbreitenkorrekturfaktor[=+20 dB]) angegeben: Landesanstalt für Kommunikation Seite 20 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 21. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart Feldstärken (dBμV/m) Kanäle 5C 9D 11B 12A Median FLDST Outdoor (Messwerte MP 5,6,7) 86,0 80,0 77,0 70,0 Differenz (x - 12A) in dB 16,0 10,0 7,0 Median FLDST Indoor 61,0 57,0 55,0 42,0 Gebäudedämpfung 25,0 23,0 22,0 28,0 Tabelle 2: Berechnete Feldstärken, Pegeldifferenzen und Gebäudedämpfungen Die aus den Leistungsdifferenzen und den unterschiedlichen Standorten der betrachteten Sender resultierenden Pegeldifferenzen (Hochleistungssender – Kanal 12A) liegen zwischen 7 und 16 dB. Der aus der Leistungsdifferenz der Sender berechnete Erwartungswert beträgt 17 dB (200 Watt zu 10 kW). Die Ursache für die gemessenen geringeren Differenzen liegen in erster Linie in den günstigeren Einstrahlverhältnissen in Bezug auf den Standort Funkhaus und das Gebäude (nahezu freie Sicht). Die Hochleistungssender (Standorte Fernsehturm und Frauenkopf) werden hingegen durch das Nachbargebäude (Allianz-Hochhaus) zusätzlich abgeschattet und erfahren dadurch eine etwas höhere Funkfelddämpfung (was sich indirekt als vermeintlich geringere Strahlungsleistung bzw. niedrigere Feldstärke niederschlägt). Die gemessenen mittleren Gebäudedämpfungen im Testgebäude liegen im Wertebereich zwischen 22,0 und 28,0 dB (mittlere effektive Werte). Ausgehend von den gemessenen Maximal- bzw. Minimalwerten können auch Werte von deutlich über 30 dB für das Gebäude und für ungünstigere Raumlagen veranschlagt werden. Die Werte für die Hochleistungssender fallen außerdem etwas geringer aus, weil die gemessene Outdoor-Bezugsfeldstärke (gemessen auf der Galerie) durch die Abschattung des Nachbargebäudes in Richtung deren Senderstandorte (Fernsehturm, Frauenkopf) merklich verringert ist. Diese lokal stärkere Signaldämpfung wirkt sich nicht gleichmäßig auf die gesamte Etage aus und verringert so die messtechnisch bestimmte Gebäudedämpfung. Die ermittelte Gebäudedämpfung entspricht damit ziemlich exakt den Dämpfungswerten, die in Datenblättern für Wärmeschutzverglasungen angeben werden (im Durchschnitt ca. 30 dB). Das Gebäude erhielt in jüngerer Vergangenheit eine neue Wärmeschutzverglasung. Werte weit unter 30 dB sind für Gebäude in städtischer Bebauung heute sicherlich nicht mehr repräsentativ. Eine Wärmeschutzverglasung gehört inzwischen zum Standard in der Bautechnik. 8.2 Realistische Gebäudedämpfungen Bereits vor Jahren hat die LFK in einem anderen Gebäude (Rotebühlstraße 121, 70190 Stuttgart) Messungen der Gebäudedämpfung im VHF-Bereich (Kanal 11B) durchgeführt, die ebenfalls vergleichbare Werte um 30 dB für ein Gebäude mit ähnlicher Bausubstanz lieferten. Insoweit sind die hier vorgestellten aktuellen Untersuchungen lediglich eine Bestätigung für bereits bekannten Fakten. Landesanstalt für Kommunikation Seite 21 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 22. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart Weitere Messergebnisse zur Gebäudedämpfung veröffentlichte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik 6 und hat dabei unterschiedliche Baumaterialien jeweils gesondert untersucht. Einige der veröffentlichten Dämpfungswerte sind in der folgenden Tabelle 3 für VHF-Frequenzen im Bereich zwischen 150 und 250 MHz und für vertikale Polarisation zusammengestellt: Baumaterial a (dB) Kalksandstein (Magnetit) als Feder-Nut-System ohne Vertikalvermörtelung 25 - 30 Kalksandstein (Magnetit) als planes Verbindungssystem 10 - 18 Standard Hochlochziegel 0 - 5 Beton mit Bewehrungsmatten als Boden-Decke-Element; nicht verschweißt 12 - 20 Beton als Wandausführung, doppellagige Bewehrung , untereinander verrödelt 20 - 25 dito mit Streckmetallverputzung oder vergleichbarer Metallverkleidung (Bleche) 40 - 50 Porenbeton aus Standardmaterial 5 - 10 Porenbeton mit leitfähigem Zuschlagstoff, Abschirmputz und Rippenstreckmetall 32 – 35 Gipskarton als Trockenbauwand mit Wärmedämmung 0 Gipskarton als Trockenbauwand mit Dampfsperre aus Aluminium 56 - 65 Gipskarton mit HF-Tapete > 80 Bitumenabdichtungssystem für Steildächer 30 - 32 Bitumenabdichtungssystem für Flachdächer 68 - 72 Tabelle 3: Dämpfungswerte für gängige Baumaterialien Wie sich aus der Aufstellung der Dämpfungswerte in Tabelle 3 für verschiedene Baumaterialien ergibt, liegt das Gros der Werte in der Praxis zwischen 0 und 30 dB; sie können aber unter bestimmten Gegebenheiten, z.B. wenn Fassaden metallverkleidet sind, noch weit darüber hinausgehen und Werte bis über 60 dB erreichen. In Dachwohnungen im Trockenausbau (Gipskarton) und einer üblichen Isolierung mit einer Alufolien-Dampfsperre sind Dämpfungen von 60 dB die Regel (!). 9. Störstrahlung Die auftretende Störstrahlung ist neben der Gebäudedämpfung der zweite entscheidende Faktor. Hohe Störpegel im Indoor-Bereich i.V. mit hoher Gebäudedämpfung können den DAB-Empfang empfindlich beeinträchtigen oder gar unmöglich machen, mehr noch als dies bei Verwendung unempfindlicher Receiver der Fall ist. Entscheidend für einen stabilen DAB-Empfang ist, dass mit der am Aufstellungsort vorhandenen Restfeldstärke zeitkontinuierlich ein ausreichendes CNR sichergestellt ist. Es reicht dabei nicht, dass der Empfang an einem ausgesuchten Ort nur zu einer bestimmten Zeit zufällig möglich ist, vielmehr muss genügend Systemreserve vorhanden sein, um einen störungsfreien Empfang jederzeit und über lange Zeiträume am gleichen Ort genießen zu können. Bei den Empfangstests hat sich herausgestellt, dass der Indoor-Empfang zwar an einem bestimmten Ort (z.B. auf einem Wandregal) oft sogar über mehrere Stunden funktionierte, plötzlich aber am nächsten Tag am gleichen Ort unter sonst unveränderten Umgebungsbedingungen rein gar nichts mehr ging. Es wäre eine Zumutung für den Hörer, 6 BSI-TR-03209-2 Version 1.3 vom 30.04.2008 Landesanstalt für Kommunikation Seite 22 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 23. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart wenn er ständig mit dem DAB-Empfänger in seiner Wohnung herumrennen und nach neuen optimalen Plätzen für den Empfang suchen müsste. Im Ergebnis heißt das, dass akzeptable Empfangsbedingungen an jedem beliebigen Ort und zu jeder Zeit innerhalb eines Gebäudes oder Raumes herrschen müssen, was konkret eine Versorgungswahrscheinlichkeit nahe 100 Prozent erfordert. Die Erfahrung bei den Tests hat gezeigt, dass wenn die Ortswahrscheinlichkeit gering ist (z.B. um 50 bis 70 Prozent), auch die Zeitwahrscheinlichkeit zum Problem wird. Selbst nur gelegentliche Aussetzer nerven den DAB-Hörer mehr als häufigere kaum wahrnehmbare CNR-Verschlechterungen beim UKW- Empfang. Eine augenblicklich geringe Ortswahrscheinlichkeit ist erfahrungsgemäß auch ein Indiz für eine unzureichende Zeitwahrscheinlichkeit. 10. Statistisches Störmodell Die beim Strahlungsversuch beobachteten Störeinflüsse werden im nächsten Schritt in ein realitätsnahes theoretischen Störmodell für den Indoor-Empfang umgesetzt, das den Grundsätzen der meisten Funkstörmodelle folgt. Der gewählt Ansatz sieht wie folgt aus: Erforderliche Nutzfeldstärke (min, outdoor) = Störfeldstärke + Störabstand + Gebäudedämpfung (1) Der Vorteil dieses theoretischen Modells ist, dass die Empfängereigenschaften ohne Belang sind, solange die angenommene Störfeldstärke über der Empfindlichkeitsschwelle des Receivers (abzgl. CNR) liegt, was nach den Beobachtungen beim Strahlungsversuch beim Indoor-Empfang sehr häufig wenn nicht sogar ausschließlich der Fall ist. Die Modellrechnung hat den Sinn, einen Anhaltspunkt für die zu erwartenden Testergebnisse und deren Bewertung zu geben. Der zur statistischen Modellrechnung gewählte Ansatz geht von folgenden Überlegungen aus: a) Die Störfeldstärke liegt im Mittel deutlich unterhalb des Grenzwertes nach EN 55022. Grenzwertüberschreitungen treten mit einer vergleichsweise geringeren Wahrscheinlichkeit (Ort und Zeit) auf (< 10 Prozent). Es wird von einer hohen Standardabweichung von 12 dB ausgegangen. b) Die Gebäudedämpfung unterliegt ebenfalls einer hohen Standardabweichung (12 dB). Die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion wird so bestimmt, dass deren Maximum in der Mitte des Wertebereiches von 0 bis 30 dB bei 15 dB auftritt (entsprechend der auf Grund von vorliegenden eigenen Messergebnissen und praktisch nachgewiesener Gebäudedämpfungen anzunehmenden Dichtefunktion). Demnach kommen niedrige Dämpfungswerte um 0 dB genauso häufig wie hohe Werte um 30 dB vor. c) Die Gesamtwahrscheinlichkeit ergibt sich aus der Multiplikation der beiden Einzelwahrscheinlichkeiten aus betrachteten Störpegeln und Gebäudedämpfungen. d) Die Mindestnutzfeldstärken (outdoor) ergeben sich aus der Berechnung nach (1) für beliebige Wahrscheinlichkeiten als Parameter. Als Wert für das CNR sind 15 dB veranschlagt. e) Es wird rechentechnisch eine Normalverteilung unterstellt. Der statistische Ansatz (Dichte- und Verteilfunktionen) des Störmodells ist in folgender Abbildung 9 graphisch dargestellt. Landesanstalt für Kommunikation Seite 23 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 24. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 Abbildung 9: Statistisches Störmodell für den DAB-Indoorempfang Wie sich aus dem Verlauf der Dichtefunktion der Gesamtwahrscheinlichkeit ergibt, sind für anzustrebende hohe Wahrscheinlichkeiten von über 80 Prozent entsprechend hohe Werte für die Gebäudedämpfung als auch die Störstrahlung anzunehmen, um daraus die erforderlichen Mindestnutzfeldstärke im Outdoor-Bereich zu berechnen. Die Ergebnisse einer solchen Berechnung für unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten zeigt die folgende Abbildung 10. Zu beachten ist, dass die mit dem Störmodell ermittelten Mindestfeldstärken für den Außenbereich im urbanen Umfeld nicht mit den Prognosefeldstärken in 10 Metern Höhe identisch sind. Vielmehr handelt es sich dabei um die realen Feldstärken in der unmittelbaren Umgebung außerhalb der Gebäude in einer für den Empfang im Gebäude repräsentativen geringeren Höhe (z.B. 2 Meter über Grund bzw. EG-Höhe der Gebäude). Die Differenz zwischen realer Outdoor-Feldstärke und der Prognosefeldstärke (in 10 Meter Höhe) führt zu einem weiteren Zuschlag, wie sich aus den Messungen (vgl. Abschnitt 13 ff.) ergibt. Dieser Zuschlag ist in der Modellberechnung nicht berücksichtigt. Zu erkennen ist, dass Versorgungswahrscheinlichkeiten von bis zu etwa 70 Prozent mit vergleichsweise niedrigen Nutzfeldstärken (bis ca. 75 dBμV/m) respektive noch relativ niedrigen Sendeleistungen erzielt werden können. Wenn allerdings die für einen guten Indoor-Empfang vorausgesetzten hohen Versorgungswahrscheinlichkeiten von deutlich über 80 Prozent gefordert sind (entspricht gutem Indoor-Empfang; Deep Indoor), sind schon rein theoretisch überproportional höhere Feldstärken notwendig. Aus den eingangs berechneten 96 dBμV/m Mindestnutzfeldstärke im Außenbereich resultiert beispielsweise eine Indoor- Versorgungswahrscheinlichkeit von 94 Prozent, die in der Regel einen guten Empfang selbst bei höheren Gebäudedämpfungen und Störpegeln garantiert. Einige Zwischenwerte sind in Ergänzung der Abbildung 10 in der folgenden Tabelle 4 angegeben. 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 Störstrahlung (dB F(x) / f(x) Gebäudedämpfung (dB) μV/m) Dichtefunktion Störstrahlung (x20) Verteilfunktion Gesamtwahrscheinlichkeit Dichtefunktion Gebäudedämpfung (x20) Landesanstalt für Kommunikation Seite 24 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 25. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart 39,0 47,0 58,6 63,6 81,0 90,1 119,0 74,2 53,3 35,0 68,7 0 20 40 60 80 100 120 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Versorgungswahrscheinlichkeit (indoor) in Prozent Mindestnutzfeldstärke[dBμV/m] Abbildung 10: Outdoor-Mindestnutzfeldstärken in Abhängigkeit der Indoor-Versorgungswahrscheinlichkeit Versorgungswahrscheinlichkeit Mindestnutzfeldstärke7 Gebäudedämpfung8 50 Prozent 63,6 dBμV/m 14 dB 70 Prozent 74,2 dBμV/m 19 dB 80 Prozent 81,0 dBμV/m 23 dB 90 Prozent 90,1 dBμV/m 28 dB 95 Prozent 97,0 dBμV/m 31 dB 98 Prozent 105,0 dBμV/m 35 dB 99 Prozent 111,0 dBμV/m 38 dB 100 Prozent 119,0 dBμV/m 42 dB Tabelle 4: Indoor-Versorgungswahrscheinlichkeit und Mindestnutzfeldstärke im Außenbereich Aus der überproportionalen Zunahme der erforderlichen Mindestnutzfeldstärke für Versor- gungswahrscheinlichkeiten ab etwa 80 Prozent ist zu erkennen, dass es mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht möglich sein wird, mit DAB+-Kleinleistungssendern (< 100 Watt ERP) eine flächendeckende gute Indoor-Versorgung im VHF-Band III in einem mittel- großen städtischen Versorgungscluster sicherzustellen (Ausdehnung >5 km; Versorgungsqualität: deep indoor). Selbst unter den günstigsten Bedingungen (Freiraumausbreitung, keine topographischen und anderen Hindernisse) sind schon in 6,2 km Entfernung nur noch Versorgungswahrscheinlichkeiten (indoor) von grenzwertigen 7 gemessen als Nutzfeldstärke im Außenbereich der Gebäude in einer repräsentativen Höhe, z.B. EG-Höhe 8 zulässige nominale Gebäudedämpfung für störungsfreien DAB+-Empfang im Einzelfall Landesanstalt für Kommunikation Seite 25 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 26. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart 80 Prozent zu erwarten. Real liegen die Grenzentfernungen noch weit darunter, wie noch gezeigt wird. Bei den Empfangstests im Testgebäude (Reinsburgstraße 27), das 3,75 km vom DAB+-Test- sender entfernt liegt, stellte sich auch mit 200 Watt Strahlungsleistung (ERP) keine wirklich gute Indoor-Vollversorgung heraus. Neben der hohen Gebäudedämpfung spielt dabei die gegenüber der Prognose gemessene geringere Feldstärke im Außenbereich (vgl. Tabellen 1 und 2) eine entscheidende Rolle (wegen teilweiser topo- und morphographischer Abschattungen). Wie in Tabelle 2 berechnet, liegt die gemessene Outdoor-Feldstärke um das Gebäude im Mittel bei nur rund 70 dBμV/m (Median; gemessener Höchstwert: 81 dBμV/m; Prognosewert: 87,5 dBμV/m) und führt mit dem vorgestellten statistischen Störmodell zu einer berechneten Versorgungswahrscheinlichkeit von lediglich 62,5 Prozent. Dieses Ergebnis deckt sich sehr gut mit den praktischen Empfangsbeobachtungen im Gebäude. Eine knapp über 60-prozentige Versorgungswahrscheinlichkeit wird unter den Gegebenheiten im Gebäude (tatsächliche Gebäudedämpfung ist etwas höher als in der statistischen Berechnung unterstellt) subjektiv als nicht mehr befriedigend empfunden (vgl. Abbildungen 6 bis 8). 11. Nutzfeldstärkeprognose und gemessene Feldstärken Ein Vergleich der mit ChirPlus prognostizierten Nutzfeldstärken (RMS-Werte) in 10 Metern Höhe9 mit Messwerten an ausgesuchten Messpunkten, stationär gemessen mit Messantenne in einer Höhe von ebenfalls 10 Metern, führt zu folgenden Ergebnissen: Messpunkt MP1 (Entfernung zum Sender: 3,09 km) Ort: 70192 Stuttgart-Mitte Koordinaten: 48.792010, 9.161057 Straße: Robert-Bosch-Straße 43, Einmündung Anzengruberstraße Prognosefeldstärke: 70 – 80 (73,6) dBμV/m Messwert: 72,0 dBμV/m Messpunkt MP2 (Entfernung zum Sender: 5,4 km) Ort: 70197 Stuttgart-West Koordinaten: 48.768059, 9.140458 Straße: Dantestraße 11 Prognosefeldstärke: 80 – 90 (84,3) dBμV/m Messwert: 71,5 dBμV/m Lokale Abschattungen (Hochhaus, div. Gebäude) in Richtung Sender an der Beugungskante (negativer Einstrahlwinkel); Empfang über Reflexion aus anderer Richtung (Norden) mit höherer Feldstärke möglich (!) Messpunkt MP3 (Entfernung zum Sender: 1,54 km) Ort: 70192 Stuttgart-Cannstatt Koordinaten: 48.797690, 9.223295 Straße: Frachtstraße 16 Prognosefeldstärke: 90 – 100 (96,5) dBμV/m Messwert 86,2 dBμV/m Feldstärke höhenabhängig und Signale aus mehreren Richtungen empfangbar (starke Reflexionen aus östlicher Richtung trotz insgesamt guter Messbedingungen; Abschattung durch Gebäude) 9 Prognose mit ChirPlus L&S VHF/UHF-Modell Landesanstalt für Kommunikation Seite 26 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 27. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart Testpunkt T1 (Gebäude LFK; Entfernung zum Sender: 3,75 km) Ort: 70178 Stuttgart-Mitte Koordinaten: 48.770084, 9.166413 Straße: Reinsburgstraße 27 Prognosefeldstärke: 80 – 90 (87,5) dBμV/m Messwert: 81,0 dBμV/m (Höchstwert) Max. gemessener Wert auf der Galerie im 5. OG in Richtung zum Sender; lokale Abschattungen (Gebäude) im Funkfeld zum Sender vorhanden; freie Sicht teilw. eingeschränkt. Die folgende Abbildung 11 zeigt die Lage der Messpunkte. 3,0 km MP 3 MP 1 MP 2 TP 1 FMT Frauenkopf Fernsehturm S-Degerloch Stuttgart-Funkhaus (SWR) 3,75 km Feldstärke [dBμV/m] Abbildung 11: Kartographische Darstellung der Nutzfeldstärkeprognose und Lage der Messpunkte (Karte: OSM) Die gemessenen und prognostizierten Werte stimmen eingedenk der Unwägbarkeiten bei der Prognose hinreichend gut überein. Durch die Morphographie (Bebauung mit lokal hochwirksamen Abschattungen) und durch topographisch bedingte Effekte (Reflexionen) weicht die tatsächliche Feldstärke (RMS-Werte) in städtischer Umgebung in der Regel von den Werten einer kleinräumigen Feldstärkeprognose in einem relativ großen Raster ohne Landesanstalt für Kommunikation Seite 27 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 28. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart Berücksichtigung der Morphographie mehr oder weniger stark ab. Die abgestrahlte Sendeleistung liegt in der Größenordnung des Vorgabewertes, wenngleich die praktisch gemessenen Feldstärken kaum die Prognosewerte erreichen oder übertreffen (was auf Grund der Messerfahrung unter den vorliegenden Umständen auch gar nicht zu erwarten war!).Bei einer Abstrahlung mit sehr flachen Winkeln (<< 2,5 Grad) über urbaner Umgebung, wie es beim Strahlungsversuch im untersuchten Gebiet meist der Fall ist, liegen die tatsächlichen Nutzfeldstärken in der gewählten Bezugshöhe (10 Meter) in der Regel immer weit unter den Erwartungswerten der Prognose (wg. der lokal wirksamen Abschattungen durch vorgelagerte Gebäude, die fast immer weit in die 1. Fresnelzone ragen). Eine sehr flache Einstrahlung in das urbane Versorgungsgebiet von einem relativ niedrigen Standort (< 100 m; Low Tower) ist aus diesem Grund äußerst nachteilig. 12. Vergleich der Nutzfeldstärken der betrachteten Senderstandorte an stationären Messpunkten Ein Vergleich der gemessenen Nutzfeldstärken (vgl. folgende Tabelle 5) zur Prüfung der abgestrahlten Leistungen an den Senderstandorten Funkhaus (K12A), Fernmeldeturm (K 5C) und Fernsehturm (K 9D und K 11B) auf Plausibilität liefert keine Hinweise auf eine Abweichung von den realisierten und den Auswertungen unterstellten Sollwerten der abgestrahlten Leistungen (ERP: 200 Watt / 10 kW). Messpunkt K 12A K 5C K 9D K 11B MP 1 72,0 dBμV/m 3.090 m 99,0 dBμV/m 4.580 m 99,4 dBμV/m 4.550 m 101,0 dBμV/m 4.550 m MP 2 71,5 dBμV/m 5.400 m 79,3 dBμV/m 4.840 m 81,5 dBμV/m 3.920 m 78,2 dBμV/m 3.920 m MP 310 89,9/86,2 dBμV/m 1.540 m 98,1/96,1 dBμV/m 4.000 m 96,9/93,5 dBμV/m 5.190 m 97,0/94,4 dBμV/m 5.190 m T111 81,0 dBμV/m 3.750 m 72,0 dBμV/m 3.000 m 60,0 dBμV/m 2.340 m 60,0 dBμV/m 2.340 m Tabelle 5 : Gemessene Nutzfeldstärken in dBμV/m der DAB+-Sender an repräsentativen Messpunkten mit Angabe der Entfernungen zum Sender Am Messpunkt MP 1 liegt die gemessene Nutzfeldstärke auf Kanal 12A ca. 14,2 dB unter dem Vergleichswert, der sich leistungs- und entfernungsbereinigt aus den gemessenen Nutzpegeln der Hochleistungssender ergibt. Der Messwert (72,0 dBμV/m) stimmt dennoch sehr gut mit der Prognose überein (73,6 dBμV/m), die eine topographisch bedingte zusätzliche Felddämpfung in ungefähr gleicher Höhe für den Sender Funkhaus am Messort ausweist. Zu den Hochleistungssendern besteht vom Messpunkt aus gesehen vollständig freie Sicht. Der Nutzpegel des Kanal 12A am Messpunkt MP 2 ist in Relation zu den Hochleistungssendern zwar hoch, erreicht dennoch nicht den Prognosewert (84,3 dBμV/m). Gründe hierfür sind hauptsächlich lokal wirksame Abschattungen in den Funkfeldern (keine freie Sicht zu den Sendern) und eine inhomogene Feldausbildung infolge starker Reflexionen. 10 Messwerte: Gemessen im höhenabhängigen Maximum (1. Wert) und mit Antennenhöhe 10 Meter über Grund 11 Messwerte nicht repräsentativ, weil bei K 12A günstigere Einstrahlbedingungen vorliegen (zusätzliche Dämpfung der Signale auf den Kanälen 5C, 9D und 11B wegen hohem Gebäude [Allianz-Hochhaus] im Funkfeld) Landesanstalt für Kommunikation Seite 28 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 29. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart Am Messpunkt MP 3 liegen die gemessenen Nutzfeldstärken allesamt in der erwarteten Relation zueinander (mit nur geringen Abweichungen < 2 dB). Der Prognosewert auf Kanal 12A wird jedoch um ca. 6 dB verfehlt. Hier wirken sich die von starken Reflexionen geprägten inhomogenen Feldverhältnisse bei den Messungen nachteilig aus (stark ausgeprägte Höhenabhängigkeit der Feldstärke und abweichende Signaleinfallsrichtungen). Wie die im Folgenden noch kommentierten Auswertungen von mobilen Messdaten zeigen, bestimmt die Morphographie (im Wesentlichen die Bebauung) des städtischen Umfeldes beim flacher einstrahlenden Sender Funkhaus sehr viel stärker als erwartet die Funkfelddämpfung und führt zu größeren Feldstärkeeinbußen im relativen Vergleich zu den beiden wesentlich steiler einstrahlenden Hochleistungssendern. Zu beachten ist ferner, dass sich bei den Hochleistungssendern Fernmeldeturm (Frauenkopf) und Fernsehturm zusätzlich bereits die Vertikaldiagramme der Sendeantenne auf die VRP auswirken können. Die realen Strahlungsverhältnisse sind in der folgenden Skizze verdeutlicht (Abbildung 12). 13. Funkfeldverhältnisse im Versorgungsgebiet Stuttgart-Stadtmitte Wie in Abbildung 12 gezeigt, liegt beim Sender Funkhaus in Bezug auf den Empfangsort T1 (Reinsburgstraße 27, 70178 Stuttgart) sogar ein negativer Einstrahlwinkel von α = + 0,1 Grad vor, d.h. der Strahlungsvektor im Funkfeld verläuft nahezu parallel zur Horizontalen (leicht steigend). Im Gegensatz dazu beträgt der Einstrahlwinkel des Senders Fernmeldeturm Frauenkopf α = -6,7 Grad (mit positivem Vorzeichen), der des Senders Fernsehturm sogar -9,0 Grad. Der Richtungsvektor der Strahlung zeigt somit von „oben“ in das Versorgungsgebiet. Das Funkfeld weist im statistischen Mittel geringere Dämpfungen auf, weil weniger Hindernisse hineinragen. TX Funkhaus Stuttgart Stadtmitte TX Fernmeldeturm Empfangsort T1 α = -6,7 (-9,0) Grad H_NN: 283 m Ant_H: 30 m α = + 0,1 Grad H_NN: 235 m Ant_H: 71 m TX Fernsehturm H_NN: 482 m Ant_H: 200 m D: 2.3240 m H_NN: 463 m Ant_H: 200 m D: 3.000 m Abbildung 12: Skizze Strahlungsverhältnisse (Signaleinfallswinkel) im DAB+-Versorgungsgebiet Stuttgart- Stadtmitte (Angaben: H_NN = Höhe über NN.; Ant_H = Höhe Antenne über Grund; D = Entfernung RX – TX; α= Einfallswinkel gegenüber der Horizontalen) Die in der Skizze angegebenen Standorte sind in Abbildung 11 kartographisch dargestellt. Wie sich schon aus der praktischen Anschauung unschwer herleiten lässt, nimmt die morphographisch bedingte Dämpfung mit zunehmender Entfernung zum Sender und mit Landesanstalt für Kommunikation Seite 29 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 30. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart flacher werdendem Einfallswinkel dramatisch zu. Zu erwarten ist unter diesen Umständen eine mit zunehmender Entfernung zum Sender größer werdende Differenz zwischen prognostizierten und real gemessenen Nutzfeldstärken. Die Größenordnung dieser Differenz ergibt sich aus der in den nächsten Abschnitten kommentierten Mobilmessungen. 14. Mobile Feldstärkemessungen im Innenstadtbereich Stuttgart (Messstrecke 1) Einen entscheidenden Faktor bei der Rundfunkversorgung stellt neben anderen Einflüssen auch bei DAB+ die Höhe der Nutzfeldstärke dar. Eine übliche Vorgehensweise bei der Versorgungsanalyse im Rundfunk ist, die Höhe der Nutzfeldstärke mit geeigneten Modellen unter Verwendung von topographischen Daten und teilweise auch Morphodaten zu berechnen. Für hindernisfreie Umgebungsverhältnisse am Empfangsort liefern diese einfachen Berechnungsmethoden auf der Basis großer Raster von z.B. 200 m durchaus aussagekräftige Resultate. Als Höhe der Empfangsantenne bzw. der Höhe, in der sich die berechnete Feldstärke ausbildet, sind 10 Meter üblich. Praktisch ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, an repräsentativen Messpunkten die Ergebnisse mit Feldstärkemessungen zu verifizieren. Leider ist es in urbanen Versorgungsgebieten, die zudem in topographisch komplexer Umgebung liegen wie das in Stuttgart der Fall ist, so gut wie gar nicht möglich, solche repräsentativen Messpunkte überhaupt zu finden. Besonders unter den Verhältnissen im Innenstadtbereich von Stuttgart spielen zudem Reflexionen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Reflexionen führen zu einer inhomogen Feldausbildung im Raum und damit zu einer starken Ortsabhängigkeit durch Überlagerung verschiedener Signalkomponenten mit unterschiedlichen Laufzeiten und dadurch hervorgerufenen Phasenbezügen zueinander. Solche reflektierten Signalkomponenten können sowohl topographische als auch morphographische Ursachen haben und gegenüber dem direkt vom Sender einfallenden Signal sogar höhere Feldstärken erreichen. Erschwerend kommen lokale Abschattungen durch Gebäude und Beugungseffekte hinzu, die zusammen mit den Reflexionen dazu führen, dass sich die großflächig prognostizierte Feldstärke in 10 Metern Höhe in städtischer Umgebung so gut wie gar nie einstellt. Abweichungen von bis zu 10 dB können schon als erstaunlich gute Übereinstimmung gewertet werden. Genauso wenig hilfreich sind Prognosen für geringere Antennenhöhen (wie z.B. 1,5 Meter). Für die im Folgenden ausgewerteten Teststrecke im Innenstadtbereich (Messstrecke 1) beträgt der Unterschied der Prognosen für 1,5 und 10 Metern Antennenhöhen im Mittel nur 1,3 dB und ist für die weitere Betrachtung insoweit ohnehin vernachlässigbar. Meistens sind die prognostizierten Werte für die beiden genannten Höhen identisch oder es kommt zu Differenzen, die in Kenntnis der realen Wellenausbreitung unrealistisch sind. Ebenso führt ein kleineres Berechnungsraster (50 Meter) zu keiner qualitativ besseren Prognose. Im Weiteren werden die Ergebnisse mobiler Feldstärkemessungen vorgestellt und diskutiert. Ziel ist es, die Feldverhältnisse im Versorgungsgebiet des Testsenders Funkhaus mit hohem Praxisbezug einschätzen zu können. Als Referenz dient trotz der erläuterten Unwägbarkeiten die Feldstärkeprognose im 200 Meter-Raster und in 10 Metern Antennenhöhe (hier mit ChirPlus berechnet12 ). Dies auch deshalb, um auf diesem Wege gewonnene Erkenntnisse in einen Bezug zu anderen Auswertungen, wie beispielsweise zur subjektiven In- und Outdoor- Empfangbarkeit (vgl. Abschnitt 18.), stellen zu können. Den Verlauf der 1. Teststrecke durch den Innenstadtbereich zeigt Abbildung 13. Die Strecke wurde bewusst so gewählt, damit auftretende Effekte selektiv bei noch relativ hohen 12 mit Prognosemodell L&S VHF/UHF der Firma LS telcom AG, Lichtenau Landesanstalt für Kommunikation Seite 30 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 31. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart Feldstärken betrachtet werden können. Von wenigen Ausnahmen abgesehen liegt die prognostizierte Feldstärke des Testsenders in 10 Metern Höhe entlang der Fahrstrecke in einem Bereich zwischen 80 und 100 dBμV/m. Die georeferenzierte und interpolierte Feldstärkeprognosematrix (Export aus ChirPlus) ist der gezeigten Karte (Quelle: OSM) in der Abbildung 13 überlagert. Die hohen Prognosefeldstärken erscheinen zwar auf den ersten Blick als überaus üppig, angesichts der festgestellten hohen lokal wirksamen Signaldämpfungen für eine Postanalyse aber gerade noch hinreichend. Feldstärke [dBμV/m] [A] [1] [2] [3] [4] [5] [6][7] [8] [9] [10] [11] [12] [B] Abbildung 13: Messstecke 1 für mobile Versorgungsmessungen DAB+ Stadtmitte Stuttgart (Karte: OSM) Die Prognosewerte der Feldstärkematrix wurden aus Darstellungsgründen mit einer gleitenden Mittelwertbildung auf die äquidistanten Messpunkte der Mobilmessung umgerechnet, was zu dem etwas stufigen Kurvenverlauf in Abbildung 16 führt. In der Kartendarstellung erfolgte hingegen eine Interpolation der Matrizenwerte, um eine optisch höhere Auflösung zu erhalten. Die eingeblendeten Quadrate symbolisieren die einzelnen Pixel Landesanstalt für Kommunikation Seite 31 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 32. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart der ursprünglichen Prognoseberechnung auf Basis eines 200 Meter-Rasters mit ChirPlus. Die in Abbildung 13 in den eckigen Klammern angegebenen Zeichen stellen einen Bezug zur Beschreibung des Streckenverlaufs im folgenden Abschnitt 13.1 und zur Feldstärkeaufzeichnung in Abbildung 16 her. 14.1 Auswertung der Testfahrt durch den Innenstadtbereich (Messstrecke 1) In Abbildung 16 ist der Verlauf der Prognosefeldstärke, die in 2,1 Metern Höhe mobil gemessene Nutzfeldstärke und die Differenz aus Prognose und Messung entlang der etwa 11,8 km langen Teststrecke dargestellt. Die folgenden Erläuterungen zu den Messungen nehmen Bezug auf die am Kurvenverlauf in der Abbildung 16 angefügten durchnumerierten Markierungen (im Weiteren in rechteckigen Klammern angegeben) und zur vorstehenden Abbildung 13. Die Messfahrt beginnt in der Reinsburgstraße 27 [A] und führt in Richtung Westen bis zur Schwabstraße. Der Testsender strahlt in diesem Abschnitt in einem relativ flachen Winkel von nur ca. 15 Grad und unter einem Einfallswinkel von ca. 0 Grad gegen die Horizontale in die offene und gerade verlaufende Straßenschlucht, woraus eine mäßig schwankende Nutzfeldstärke zwischen 60 und 70 dBμV/m resultiert. Deutlich erkennbar im Feldstärkeverlauf ist die Richtungsänderung nach dem Abbiegen in die Schwabstraße [1]. Die Feldstärke verringert sich erkennbar im Mittel um ca. 6 dB. Die Ursache liegt im Wesentlichen in der geänderten Einstrahlung in die engere Straßenschlucht der Schwabstraße, die nun nahezu quer (jetzt um 90 Grad zur Reinsburgstraße gedreht) zur Einstrahlung des Senders (Strahlungsvektor) verläuft. Unmittelbar nach dem Abbiegen in die Schwabstraße trat der erste Empfangsausfall wegen Synchronisationsverlust trotz hoher Restfeldstärke von ca. 60 dBμV/m auf. Anzunehmende Ursache hierfür ist, dass die direkte Signalkomponente vom Sender nun durch die Gebäude stark bedämpft wird und die reflektierten Signalanteile zwar zusammen eine hohe Restfeldstärke gewährleisten aber keinen wirklich konstruktiven Beitrag zur Empfangbarkeit leisten. Erst nach dem Abbiegen in die breitere vierspurige Rotebühlstraße verbessern sich die Empfangsverhältnisse merklich. Im weiteren Verlauf der Messstrecke entlang der Rotebühlstraße [2] in Richtung Hauptbahnhof steigt die Feldstärke kontinuierlich von 60 dBμV/m bis auf knapp 80 dBμV/m an. Nach dem Abbiegen auf den Arnulf-Klett-Platz sind die durch den Hauptbahnhof verursachten Abschattungen gut zu erkennen, die einen kleineren Feldstärkeeinbruch auf 70 dBμV/m bewirken [3]. Im weiteren Verlauf der Schillerstraße steigt die Feldstärke auf über 80 dBμV/m an und erreicht in Höhe des Schlossgartens einen Spitzenwert von ca. 85 dBμV/m [4]. Dazu trägt die jetzt relativ freie Einstrahlung des Senders über den Schlossgarten auf den Straßenverlauf bei. Nach dem Abbiegen in die Konrad-Adenauer-Straße fällt die Feldstärke wieder auf Werte um 65 dBμV/m ab [5]. Ursache hierfür sind die Einflüsse der Bebauung in der näheren Umgebung (Willy-Brandt-Straße), in der teilweise größere Bauwerke im direkten Signalpfad vom Sender zum Empfangsort eine freie Ausbreitung verhindern. Die Feldverhältnisse bleiben bis zum Charlottenplatz weitgehend unverändert. Die Messstrecke verläuft am Charlottenplatz im Weiteren rechts ab in die Planie und in den Schlossplatztunnel [6]. Im Tunnel kommt es bei einem Feldstärkeeinbruch auf weit unter 30 dBμV/m zu einem Totalausfall des DAB+-Empfangs auf Kanal 12A. Nach dem Schlossplatztunnel steigt die Feldstärke in der Schlossstraße wieder schnell auf Werte um 75 dBμV/m an, die sich im Verlauf der Messstrecke bis zum Berliner Platz und über die Fritz-Elsas-Straße bis zum Rotebühlplatz weiter unauffällig zeigen [7]. Im Verlauf der Paulinenstraße bis zum Österreichischen Platz führen hohe Gebäude (u.a. Gerber) zu lokalen Feldstärkeeinbrüchen Landesanstalt für Kommunikation Seite 32 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 33. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart auf Werte um 50 dBμV/m [8]. Am Österreichischen Platz biegt die Messstrecke in die Hauptstätter Straße ein und führt dort weiter bis zum Charlottenplatz [9]. Die am Charlottenplatz gemessenen Werte stimmen mit den zuvor gemessenen Werten im Streckenabschnitt bei [5] überein (ca. 65 dBμV/m). Nach dem Abbiegen in die Charlottenstraße (rechts) kommt es durch topographisch bedingte Abschattungen (Uhlandshöhe) und solche durch hohe Gebäude zu Einbrüchen der Nutzfeldstärke auf Werte unter 50 dBμV/m. Der Versorgungsmangel setzt sich bis zum Olgaeck und im weiteren Verlauf der Messstrecke in der unteren Olgastraße fort (Streckenabschnitte zwischen [9] und [10]). Erst im weiteren ansteigenden Verlauf der Olgastraße erholen sich die Feldstärkewerte und erreichen in Höhe des Fangelsbachfriedhofes [10] wieder Werte bis zu 70 dBμV/m. Die Messstrecke verläuft vom Fangelsbachfriedhof weiter über die Filderstraße zum Marienplatz. Die Feldstärke sinkt dabei kontinuierlich von 70 dBμV/m auf knapp unter 50 dBμV/m [11] am Ende der Filderstraße (HsNr. 34) vor dem Marienplatz. Auf dem Streckenabschnitt vom Marienplatz bis zum Österreichischen Platz über die Hauptstätter Straße (Abschnitt [11] bis [12]) steigen die Messwerte wieder auf über 60 dBμV/m an. In der Paulinenstraße können nun vergleichbare Feldverhältnisse wie zuvor bei der Hinfahrt gemessen werden. Der Kurvenverlauf der Messwerte stellt sich hier abschnittsweise spiegelverkehrt dar (bei [12] und [8] zu erkennen). Bis zum Endpunkt der Messstrecke [B] in der Reinsburgstraße stagnieren die Messwerte bei ca. 60 dBμV/m. Eine genauere Betrachtung der aufgezeichneten Messwerte lässt folgende Schlüsse zu: 1. Bei einer Einstrahlung des Testsenders unter flachen Winkel zum Verlauf der Straßenschluchten fallen die Feldstärkeeinbrüche deutlich geringer aus (Beispiel Rotebühlstraße, Schlossstraße). Hingegen sind relativ hohe zusätzliche Signaldämpfungen zu veranschlagen, wenn die Einstrahlung (Strahlungsvektor) horizontal betrachtet unter steilen Winkeln d.h. quer zum Straßenverlauf erfolgt (Beispiele: Schwabstraße, Arnulf-Klett-Platz, Paulinenstraße, Charlottenstraße). Die Differenz der zusätzlichen Signaldämpfung in beiden Fällen kann mit rund 10 dB veranschlagt werden. 2. Flache vertikale Signal-Einfallswinkel um 0 Grad (gemessen gegen die Horizontale), wie sie beim Strahlungsversuch vorlagen, führen schon in geringen Entfernungen zum Sender (auffällig schon ab ca. 4 km, Beispiel Marienplatz, Paulinenstraße) zu erheblichen zusätzlichen Signaldämpfungen in den Straßenschluchten, die ortsabhängig mit zusätzlich bis über 10 dB zu Buche schlagen. 3. Eine bestimmte Höhe der Nutzfeldstärke allein garantiert unter den gegebenen Feldverhältnissen (insbesondere Reflexionen) allein noch keinen störungsfreien DAB+- Empfang. 4. Feldstärken um 50 dBμV/m reichen im urbanen Umfeld mit ausgeprägten Reflexionen offenbar noch nicht aus, um Synchronisationsverluste beim Mobilempfang völlig auszuschließen. Das würde bedeuten, dass die tatsächliche Mindestnutzfeldstärke für die ausgewählte Messstrecke durchgängig mit > 50 dBμV/m zu veranschlagen wäre. Unter Berücksichtigung der beiden ersten Punkte ergeben sich für die hier betrachtete Messstrecke Zusatzdämpfungen, die lokal unterschiedliche Werte zwischen 10 und 43 dB annehmen (siehe Differenzkurve in Abbildung 16) und bei einer prognosebasierenden Versorgungsbetrachtung als örtliche Abschläge von der berechneten Nutzfeldstärke in 10 Metern Höhe zu berücksichtigen wären. Im Ergebnis der Auswertung ist nur unschwer zu Landesanstalt für Kommunikation Seite 33 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 34. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart erkennen, dass eine flächendeckende mobile DAB+-Stadtversorgung erst dann sichergestellt ist, wenn die notwendige Systemreserve aus dieser Betrachtung an jedem Ort des geplanten Versorgungsgebietes tatsächlich auch vorhanden wäre. Die Betrachtung zeigt ferner, dass die DAB+-Stadtversorgung (indoor, outdoor) mit den im Rundfunk üblichen Versorgungsprognosemodellen (fixe Antennenhöhe, weite Pixelraster) wenn überhaupt nur unzulänglich bestimmt werden kann. Notwendig wäre eine Berechnung mit exakten morphographischen Daten (Gebäudestruktur) in einem sehr kleinen Raster von nur wenigen Metern (z.B. 1 – 5 Metern) unter Verwendung komplexerer Simulationsmodelle für die elektromagnetische Strahlung. Die hier vorgestellten mobilen Messwerte basieren auf einer solchen engen Rasterung. Im Durchschnitt liegen dem auf äquidistante Messpunkte im 10 Meter-Abstand umgerechneten Feldstärkeverlauf Messungen im Abstand von deutlich weniger als 10 Meter zu Grunde. Die Umrechnung erfolgte lediglich aus Darstellungsgründen (Diagramm). Der erforderliche örtliche Zuschlag bei der Bestimmung des Link-Budgets fällt im freien Gelände natürlich weit geringer aus bzw. beträgt dort sogar 0 dB (wie noch gezeigt wird). Dies erklärt auch, weshalb mit DAB+ oft außergewöhnliche Empfangsergebnisse beim Fernempfang erzielt werden können (Overspill), während der Ortsempfang des Senders im naheliegenden urbanen Umfeld insbesondere Indoor mit portablen Empfängern oftmals entgegen der Prognose unbefriedigend ist. Ist der Mobilempfang bereits grenzwertig, kann in der näheren Umgebung auch kein guter Indoor-Empfang erwartet werden. Eine Berechnung der erforderlichen Mindestnutzfeldstärke (Outdoor und Inndoor) für den Marienplatz, der nur rund 4,1 km vom Senderstandort entfernt liegt, führt beispielhaft zu folgendem Ergebnis: Mindestfeldstärke Outdoor an der Empfangsantenne 50,0 dBμV/m (angenommen nach Messung am Empfänger bzw. Fahrzeugdach) Erforderlicher lokaler Zuschlag Marienplatz (max. gemessen): 43,0 dB Erforderliche Mindestnutzfeldstärke in 10 Metern Höhe 93,0 dBμV/m für guten Mobilempfang im Cluster Marienplatz (Prognose) Gebäudedämpfung (max): 30,0 dB Mindestnutzfeldstärke in 10 Metern Höhe für guten 123,0 dBμV/m Indoor-Empfang mit (sehr) hoher (Orts-) Wahrscheinlichkeit Die Nutzfeldstärke nach der Prognose beträgt in 10 Metern Höhe rund 88 dBμV/m und ergäbe somit eine negative Versorgungsreserve (-5 dB). Zudem reicht die angenommene Mindestfeldstärke (50,0 dBμV/m) für einen ausreichend guten Mobilempfang unter den gegebenen Feldverhältnissen ebenfalls nicht aus. Die festgestellten Synchronisationsausfälle sind die Folge dieser akuten Versorgungsmängel, wie die Auswertung der CNR-Messungen deutlich macht (vgl. Abbildung 17). Die flache Einstrahlung, starke Abschattungen und ausgeprägte Reflexionen mit dynamisch schnell wechselnden Best-Servern im Rayleigh-Kanal erfordern offenbar höhere Werte. Die Landesanstalt für Kommunikation Seite 34 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 35. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart näheren Umstände und Sachverhalte dazu werden mit der Auswertung der 2. Messstrecke näher untersucht und dabei die Grenzbereiche der Empfangbarkeit ausgelotet. Der Indoor-Empfang ist z.B. in Gebäuden am Marienplatz in Stuttgart nicht mehr mit hoher Versorgungswahrscheinlichkeit gewährleistet. Ferner zeigt die Berechnung, dass die Anforderungen an die Höhe der Nutzfeldstärke beim Mobilempfang im Vergleich zum Indoor-Empfang wesentlich geringer sind. Eine noch ausreichende Mobilversorgung impliziert nicht einen gleichermaßen befriedigenden Indoor-Empfang. Deshalb ist es auch nicht zulässig, aus guten Ergebnissen bei der Mobilversorgung auf eine insgesamt gute DAB+-Versorgung einschließlich des Indoor-Empfangs mit portablen Geräten schließen zu wollen oder Prognoserechnungen deshalb als zu pessimistisch zu erachten. Ganz nebenbei zeigt die ebenfalls vorgenommene CNR-Messung und Auswertung den Vorteil der höheren Sendeleistung. Während auf Kanal 11B entlang der gesamten Teststrecke kein einziger Synchronisationsverlust (Kriterium: CNR-Messung ohne Ergebnis, d.h. hier aus graphischen Gründen 0 dB im Diagramm) zu verzeichnen ist, gibt es mindestens 7 solcher Ausfälle auf Kanal 12A, die vom Hörer jedenfalls als gravierende Empfangsstörungen (Aussetzer) wahrgenommen werden. Selbst im Schlossplatztunnel wäre der Kanal 11B mit einem ausreichend empfindlichen Empfänger höchstwahrscheinlich noch durchgehend empfangbar (ohne kostspielige Tunnelversorgung). Auf 2,0 Prozent der 11,8 km langen Messstrecke (inkl. dem Schlossplatztunnel) kommt es wegen Synchronisationsverlusten zu Empfangsausfällen beim Mobilempfang (= rd. 250 Meter ohne Empfang). Damit gilt die ausgewählte Teststrecke zumindest abschnittsweise bezüglich des Mobilempfangs als nicht mangelfrei versorgt. In Abbildung 18 sind die nachträglich aus dem entlang der Messstrecke 1 aufgezeichneten ETI-Datenstrom decodierten Audio-Services als Audiosignalverläufe über der Zeit dargestellt. Die jeweils über das selbe Zeitintervall des Audiosignals erstellten Tracks zeigen nach Kompensation des spezifischen Signaldelays anschaulich die Wirkung der Codierverfahren und des Fehlerschutzes. MUSICAM UEB PL3 und AAC EEP 1-A bis 3-A führen zu durchaus vergleichbaren Resultaten. Zwischen EEP 1-A, 2-A und 3-A sind keine signifikanten Unterschiede erkennbar, während EEP 4-A deutlich erkennbar ungünstiger abschneidet. Übrigens auch deutlich ungünstiger als MUSICAM UEP PL3. Die Ausfälle sind auf der Zeitachse farblich markiert. Das hier ausschnittsweise betrachtete Verhalten deckt sich im Übrigen sehr gut mit den im Abschnitt 16 vorgestellten Ergebnissen des Postprocessings. 14.2 Betrachtungen zu den Auswirkungen der Antennenhöhe auf die Versorgung Das hier beim Strahlungsversuch gesehene Problem bei der gegen die Horizontalen gemessenen flachen vertikalen Einstrahlung in städtische Versorgungsgebiete ist im Übrigen nicht singulärer Art und so auch schon im Fall der Versorgung von Karlsruhe zu beobachten. Trotz ausgewiesener ausreichender Versorgung in der Prognose reklamieren DAB+-Hörer im Karlsruher Stadtgebiet allenthalben eine schlechte Versorgung insbesondere in Bezug auf den Indoor-Empfang mit portablen Geräten. Eine Verbesserung dieser Situation ist letztendlich nur möglich, indem der Signaleinfallswinkel gegenüber der Horizontalen deutlich erhöht wird. Dazu sind exponierte stadtnahe Senderstandorte erforderlich, die großflächig hohe Nutzfeldstärken von deutlich über 80 dBμV/m besser 90 dBμV/m erzeugen. Fern ab gelegene Standorte mit geringen effektiven Antennenhöhen erfüllen diese Voraussetzungen keinesfalls. Landesanstalt für Kommunikation Seite 35 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 36. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart Die Erkenntnis führt zur Feststellung, dass mit vermeintlich preisgünstigen niedrigeren Senderstandorten und Sendern geringer Leistung (< 1 kW) keine ausreichende DAB+- Stadtversorgung hergestellt werden kann. Um das bestehende Einstrahlproblem des Senders Funkhaus nochmals zu verdeutlichen, zeigt die folgende Abbildung 17 einen Vergleich des Feldstärkeverlaufs auf Kanal 12A mit dem des Kanal 11B. Den Kanal 11B strahlt ein leistungsstarker Sender (10 kW ERP) vom exponierten Standort Fernsehturm ab. Der Einstrahlwinkel gegen die Horizontale gemessen beträgt am Testpunkt T1 beachtliche 9 Grad (gegenüber nur ca. 0 Grad beim Sender Funkhaus). Auf einem Teilabschnitt der Teststrecke zwischen Kilometer 9 und 10 (Filderstraße, Marienplatz; Länge: 1.000 m) betragen die gemittelten Nutzfeldstärken auf dem Kanal 12A 54,3 dBμV/m bei 3,97 km mittlerer Entfernung zum TX und auf dem Kanal 11B 82,0 dBμV/m bei 1,66 km mittlerer Entfernung zum TX Die leistungs- und entfernungsbereinigte Differenz der normierten Feldstärken ergibt im analysierten Abschnitt einen Wert von +3,1 dB zugunsten des Senders Fernsehturm und würde eingedenk des möglichen Vertikaldiagramms der Sendeantenne um den Betrag der Vertikalabsenkung (VRP bei -10 Grad) noch darüber liegen. Eine analog durchgeführte Vergleichsrechnung für den Streckenabschnitt zwischen 3.000 und 4.000 Metern mit den höchsten Feldstärken des Senders Funkhaus (Hauptbahnhof, Schillerstraße) liefert +4,1 dB als Vorteil für den Standort Fernsehturm. Konkret bedeutet das Ergebnis trotz der im Vergleich zu den übrigen Unwägbarkeiten bei der Feldstärkebestimmung relativ geringen Werten, dass von exponierten Standorten aus mit weniger Strahlungsleistung statistisch gesehen höhere Nutzfeldstärken mit homogenerer Feldverteilung im urbanen Versorgungsgebiet der Innenstadt erzeugt werden können. Das Resultat ist ein eindeutiger Versorgungsvorteil des exponierten Standortes, der sich besonders in den ausgewiesenen nur schwierig versorgbaren Teilbereichen in Stuttgart (wie z.B. am Marienplatz) überaus positiv auswirkt. 15. Auswertung der Testfahrt im außerstädtischen Bereich (Messstrecke 2) Der Verlauf der Messfahrt ist angelegt, um die Qualität des Mobilempfangs abhängig von den verfügbaren Nutzfeldstärken beurteilen zu können. Die Messstrecke verläuft aus dem Bereich mit prognostizierten hohen Nutzfeldstärken von über 90 dBμV/m an der Benzstraße Einmündung Martin-Schrenk-Weg über die B 14 durch den Kappelbergtunnel bis zum B14/B29-Teiler und weiter über die B29 bis nach Winterbach (B29-Ausfahrt Winterbach). Abbildung 19 zeigt den Verlauf. Die prognostizierte Nutzfeldstärke fällt entlang dieser Strecke bis auf Werte unter 40 dBμV/m ab. Der Verlauf der prognostizierten Feldstärke ist in Abbildung 22 dargestellt. Zu beachten ist, dass die Prognose für eine Antennenhöhe von 10 Metern gilt, die Messung der Nutzfeldstärke jedoch in 2,1 Metern Höhe erfolgte (Dachantenne des Messwagens). Insoweit ist zu erwarten, dass die Messwerte bei vertikaler Polarisation bis zu etwa 6 dB unter der Prognose liegen. Im hindernisfreien Verlauf der Messstrecke zwischen 500 und 1000 Metern über die B14 erreichen die gemessenen Werte im Durchschnitt 83,2 dBμV/m während die Prognose einen Wert von 90,2 dBμV/m liefert (ebenfalls als Mittelwert über den ausgewerteten Streckenabschnitt in 10 Metern Höhe). Insoweit lagen die realen Feldverhältnisse beim Strahlungsversuch und die Prognose Landesanstalt für Kommunikation Seite 36 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann
  • 37. DAB+-Strahlungsversuch Stuttgart eingedenk des zu berücksichtigenden Höhenabschlages sehr dicht beieinander (-7 dB). Der gemessene Maximalwert beträgt übrigens 86,2 dBμV/m, der nur 4 dB unter dem durchschnittlichen Prognosewert liegt. Daraus ist nebenbei zu folgern, dass der Testsender die erwartete Strahlungsleistung (200 Watt ERP) tatsächlich auch abgegeben hat. Eine andere Plausibilitätsprüfung mit Hilfe des ebenfalls gemessenen Kanals 11B führt zu folgendem Ergebnis: Feldstärke auf dem Kanal 12A 83,2 dBμV/m bei 4,61 km mittlerer Entfernung zum TX und auf dem Kanal 11B 95,4 dBμV/m bei 7,29 km mittlerer Entfernung zum TX Die entfernungsbereinigte Differenz zwischen beiden gemessenen Kanälen respektive Sendern (Funkhaus und Fernsehturm) beträgt 16,2 dB. Unter Berücksichtigung der möglicherweise etwas geringeren Strahlungsleistung des Senders Fernsehturm durch das VRP (Vertical Radiation Pattern) liegt man dem Erwartungswert von 17 dB (200 Watt/10 kW) sehr nahe. Die Betrachtungen der Nutzfeldstärke- und CNR-Messungen ergeben bis zum Kappelbergtunnel für den Kanal 12A keinerlei Auffälligkeiten. Hinter dem Kappelbergtunnel ändern sich die Feldverhältnisse dramatisch. Die Feldstärken auf dem Kanal 12A fallen zunächst auf Werte zwischen 40 und 45 dBμV/m und sinken weiter bis kurz vor Winterbach auf Werte zwischen 30 und 40 BμV/m. Die CNR-Messungen weisen auf dem gesamten Streckenabschnitt nach dem Tunnel zahlreiche Aussetzer (Synchronisationsverluste) auf. Der Mobilempfang ist unter diesen Umständen als unbrauchbar einzustufen. Damit ergibt sich eine Reichweite des Testsenders in Richtung Osten von nur 4,7 km (ab Senderstandort bis zum Kappelbergtunnel). Völlig anders sind die Verhältnisse auf dem Kanal 11B (Fernsehturm). Auf der gesamte Messstrecke von ca. 20 km Länge ist der DAB+-Empfang trotz der topographisch schwierigen Verhältnisse tadellos und wegen der im Remstal auftretenden starken Reflexionen wesentlich besser als der analoge UKW-Empfang auf den am gleichen Standort abgestrahlten FM-Frequenzen. Die Feldstärken liegen zumeist von wenigen kurzen Abschnitten abgesehen bei deutlich über 60 dBμV/m. Auch hier zeigen sich unübersehbar die Vorteile des höheren Standortes (Fernsehturm) und der höheren Sendeleistung. Zur Frage ab welchen Feldstärken unter realen Bedingungen ein mobiler ungestörter DAB+- Empfang möglich ist, folgt im Weiteren eine statistische Auswertung der Feldstärke- und CNR-Messungen (Signal-Rausch-Verhältnis). Zunächst muss vorausgeschickt werden, dass allein die Feldstärke noch keine Aussage zulässt, ob der DAB+-Empfang mit ausreichender Qualität möglich ist. Bedeutsamer ist die Höhe des CNR-Wertes. Dieser Wert steht zunächst in keinem unmittelbar linearen Verhältnis zur Feldstärke selbst, sondern variiert mit der Feldstärke abhängig von den örtlichen Signalverhältnissen (Störbelag [Man Made Noise], Reflexionen, destruktive Gleichwellenanteile). Prinzipiell führen höhere Nutzfeldstärken auch zu höheren CNR- Werten (vgl. dazu Abbildung 21). Eine statistische Auswertung der gemessenen Wertepaare (Nutzfeldstärken und CNR) im Streckenabschnitt ab Kilometer 4,5 (etwa ab östlichem Portal des Kappelbergtunnels bis nach Winterbach) ergibt sich für ein angenommenes Auswertefenster für CNR-Werte zwischen 14 und 16 dB die in folgender Abbildung 14 gezeigte Häufigkeit der Feldstärken. Aus der Dichte der in den Wertepaaren vorkommenden gemessenen Feldstärkewerte lässt sich bestimmen, Landesanstalt für Kommunikation Seite 37 / 63 Datum: 24.09.2015 Technische Abteilung Bearbeiter: R. Kretzschmann