Wie sich der Einsatz von Social Media bei Schweizer Unternehmen innerhalb eines Jahres verändert hat, zeigt die Folgestudie "Schweizer Grossunternehmen im Social Web 2012". Artikel von Barbara Kunert im KMU-Magazin Nr. 5, Juni 2012
KMU-Magazin Nr. 5, Juni 2012
46 Marketing & Verkauf
Studie: Social Media
Wie Unternehmen mit
Social Media umgehen
Wie sich der Einsatz von Social Media bei Schweizer Unternehmen innerhalb eines Jahres verändert hat,
zeigt die Folgestudie «Schweizer Grossunternehmen im Social Web 2012». Die sich abzeichnende Entwick-
lung ist auch für KMU’s interessant.
Barbara Kunert
Social Media ist kein kurzfristiger Trend, denn
sie haben endgültig das Ende der Einwegkom-
munikation besiegelt. Für Unternehmen war
es noch nie so einfach gewesen, Botschaften
an ihre Zielgruppen zu bringen und dabei eine
möglichst hohe Reichweite zu erzielen.Wobei
die Entscheidung, Social-Media-Plattformen
zu nutzen, nicht mehr ausschliesslich bei den
Unternehmen liegt, denn seine Anspruchs-
gruppen fordern hierüber mittlerweile Dialog
und Meinungstausch aktiv ein. Der Kunde ist
nicht mehr nur der Empfänger von Botschaf-
ten,sondern seine Meinung wird immer wich-
tiger.Social-Media-Kanäle sind inzwischen das
Hauptinstrument, um direkt mit Kunden in
Kontakt zu treten und eine Beziehung aufzu-
bauen. Dies stellt die Kommunikationsabtei-
lung vor die Herausforderung, Social Media
ganzheitliche in die Unternehmenskommuni-
kation zu integrieren und auch im Unterneh-
men selber eine offene Dialogkultur zu fördern.
Die Folgestudie «Schweizer Grossunterneh-
men im SocialWeb 2012» will aufzeigen, wie
sich der Einsatz von Social Media in der
Schweiz nach einem Jahr verändert hat. Sind
die Unternehmen inzwischen alle mit einer
Strategie im Web unterwegs oder wird noch
mehrheitlich ausprobiert?Welche Kanäle wer-
den genutzt? Ist die Geschäftsleitung aktiv
dabei und bringt Social Media den Unterneh-
men das, was sie sich erhoffen?
Shootingstar YouTube
Social Media hat sich in den Unternehmen
etabliert. Es zeigt sich, dass mittlerweile fast
jedes Schweizer Grossunternehmen in Social
Media engagiert ist, und zwar über 90 Pro-
zent. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das
einer signifikanten Steigerung von 29 Prozent.
Als Spitzenreiter hat sich Facebook mit 68
Prozent wieder behauptet, knapp gefolgt von
YouTube.DieVideoplattform konnte innerhalb
eines Jahres mit 38 Prozent das höchste
Wachstum verzeichnen. Dieser Anstieg trägt
vermutlich dem gewachsenen Multimedia-An-
spruch Rechnung. Vor allem, da sich mit be-
wegten Bildern oder Musik Emotionen gut
transportieren lassen. Aber auch Twitter wird
vermehrt genutzt, und zwar mit 53 Prozent
doppelt so häufig wie im Vorjahr.
Abbildung 1: Social Media wird zunehmend geplant
Frage:Verfügt Ihr Unternehmen über eine schriftliche Social-Media-Strategie? N = 53 /
Vergleich 2011/12
Ja
Geplant
Nein
51%
22%
41%
58%
2012
2011
8%
20%
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Nach wie vor setzt aber nur ein Viertel der
Unternehmen auf Corporate Blogs. Da deren
Pflege ressourcenintensiv ist, wird möglicher-
weise den anderen Plattformen derVorzug ge-
geben. Die Business-Netzwerke Xing und Lin-
kedIn wurden wegen ihrer Relevanz für das
Recruiting zum ersten Mal in die Studie aufge-
nommen. Beide Netzwerke werden von über
einem Drittel der Schweizer Unternehmen ein-
gesetzt. Die Foto Community Flickr sowie Sli-
deshare, ein Netzwerk zum Teilen von Doku-
menten,spielen für die Unternehmen nur eine
untergeordnete Rolle. Bei der Auswahl der für
die Unternehmen relevanten Social-Media-
Kanäle nennen 64 Prozent das Kriterium «vor-
handene Zielgruppe» und 57 Prozent «die
Plattform,die eine hohe Popularität aufweist»,
wie beispielsweise YouTube oder Facebook.
Interaktion mit Facebook
Täglich werden auf Facebook über 300 Milli-
onen Fotos hochgeladen und über 3 Milliar-
den «likes and comments» vergeben.Laut So-
cialbakers vermehrte sich im vergangenen Jahr
die Facebook Community weltweit pro Stun-
de um sieben neue Nutzer.In der Schweiz sind
es in diesem Frühjahr fast 2,9 Millionen, was
über der Hälfte der Schweizer Internetnutzer
entspricht bzw. fast 38 Prozent der Gesamt-
bevölkerung der Schweiz. Hierbei halten sich
die weiblichen und männlichen Nutzer in etwa
die Waage. Die grösste Gruppe der Faceboo-
knutzer sind dabei die 25- bis 34-jährigen,wo-
bei im ersten Quartal 2012 die am stärksten
gewachsene Gruppe die der 45- bis 54-jähri-
gen war.
Involvierte Abteilungen
Treiber des Dialogs zwischen Unternehmen
und Anspruchsgruppen im Social Web ist mit
83 Prozent die Kommunikationsabteilung,
gefolgt von Marketing mit 72 Prozent. Mit
51 Prozent Involvierung reflektiert Human
Resources die immer grösser werdende Be-
deutung des Employer Brandings und der
Rekrutierung von Talenten durch das Social
Web. Einen erstaunlich niedrigen Wert be-
legt der Customer Service mit 19 Prozent
und zeigt, dass hier noch Potenzial brach-
liegt.Vermutlich wird der Kundenservice bei
den kleinen und mittelständigen Unterneh-
men einen höheren Wert aufweisen. Aber
welche Rolle spielt die Geschäftsleitung? Er-
staunlicherweise bescheinigen 43 Prozent
der befragten Unternehmen ihren Ge-
schäftsleitungsmitgliedern Desinteresse ge-
genüber dem Social Web, was sicherlich
auch eine Generationssache ist. Davon ge-
ben etwa sieben Prozent der Befragten an,
dass ihre Geschäftsleitungsmitglieder im
fortgeschritteneren Alter keinen Bezug zum
Social Web haben. Die Mehrheit allerdings
meint, dass rund 42 Prozent mit Unterstüt-
zung aktiv dabei sind.
Image- und Reputationsaufbau
Innerhalb eines Jahres hat die Erwartungshal-
tung an Social Media stark zugenommen. Klar
an der Spitze der fünf wichtigsten Social-Me-
dia-Ziele steht der «Image- und Reputations-
aufbau» mit 87 Prozent, was einem Zuwachs
von 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr ent-
spricht. Mit etwas Abstand folgen «Employer
Branding/Social Recruiting»‚ «Dialog mit Ziel-
gruppen»‚ «Pflege von Kundenbeziehungen»
und «Vertrauen in das Unternehmen schaf-
fen». Der Zuwachs um 15 Prozent bei «Em-
ployer Branding» zeigt, dass immer mehr Un-
ternehmen versuchen, sich bei potenziellen
Kandidaten als attraktiver Arbeitgeber zu po-
sitionieren.
Kommunikationsrichtlinien
Dominierte vor einem Jahr als grösste
Schwäche von Social Media noch die Angst
vor Kontrollverlust mit 62 Prozent, wird in
2012 ein Rückgang um neun Prozent sicht-
bar. Dazu beigetragen hat zweifellos die
stark zugenommene Einführung von Social-
Media-Kommunikationsrichtlinien in den
Unternehmen, die Mitarbeitende bezüglich
dem Umgang mit Social Media sensibilisie-
ren und schulen, so dass vertrauliche Infor-
mationen nicht über die Social-Media-Kanä-
le nach aussen kommuniziert werden. Ein
sehr schönes Beispiel sind die Social Media
Guidelines von Kodak.
Als grösste Social-Media-Schwäche wird der
hohe Aufwand gesehen, und zwar zeitlicher
sowie finanzieller Art. Bei der Beantwortung
der Frage, was grösser sei, der Aufwand oder
der Nutzen, den Social Media bringt, halten
sich die Einschätzungen in etwa die Waage.
Inzwischen ist nur noch einViertel der befrag-
ten Unternehmen der Meinung, dass der
Aufwand für ein Social-Media-Engagement
höher ist als der daraus resultierende Nutzen.
Dies entspricht einer Verbesserung um zehn
Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Mehr Personal fürs Web
Social Media kann man – wenn man strate-
gisch vorgeht – nicht einfach «nebenbei» ent-
wickeln und betreuen. Dem wird zwischen-
zeitlich Rechnung getragen. In 68 Prozent der
An den Social-Media-Kanälen kommen
Unternehmen auf Dauer nicht mehr vorbei. Ent-
sprechend wächst die Zahl der Unternehmen mit
geplanten Engagements.
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UnternehmenkümmernsichentsprechendeMit-
arbeitendeumdieSocial-Media-Aktivitäten,was
eine Steigerung um knapp 30 Prozent gegen-
über dem Vorjahr bedeutet. Fast zehn Prozent
planen, Mitarbeitende einzustellen; lediglich
sechs Prozent suchen externe Unterstützung.
Ungeplantes Engagement
Verfügten 2011 nur 22 Prozent der Schwei-
zer Grossunternehmen über eine schriftlich
formulierte Social-Media-Strategie hat sich die
Zahl innerhalb eines Jahres auf 51 Prozent
mehr als verdoppelt. Da, wie die Umfrage
zeigt, aber 91 Prozent der Unternehmen im
Social Web aktiv sind, erfolgt der Einsatz von
Social Media bei 40 Prozent der Unternehmen
noch ungeplant.
Schritte ins Social Web
Um sich im ersten Schritt vertrauensvoll auf
die sozialen Plattformen einzulassen, bedarf
es eines aufmerksamen Zuhörens. Bewusstes
Monitoring ermöglicht es, sich mit den Me-
chanismen, Meinungsführern und den disku-
tiertenThemen vertraut zu machen. Es ist ein-
fach und schnell möglich, Präsenzen im Soci-
al Web einzurichten, um dann in einer «Trial
an Error»-Phase erste Erfolge zu erzielen. Je-
doch muss über kurz oder lang eine Social-
Media-Strategie erarbeitet und in die gesamt-
heitliche Strategie der Unternehmenskommu-
nikation eingebunden werden. Nur so ist es
möglich, gezielt vorzugehen, die relevanten
Dialoggruppen anzusprechen, mit einer Wir-
kungskontrolle den Return of Investment fest-
zustellen und gegebenenfalls die Vorgehens-
weise anzupassen. Dabei muss darauf geach-
tet werden, dass zuerst im Unternehmen
selber eine offene Dialogkultur entsteht. So-
cial-Media-Kommunikationsrichtlinien helfen
dabei, das Feld der Online-Kommunikation
abzustecken, in dem sich die Mitarbeitenden
relativ frei bewegen können.
Um einen aktiven Dialog mit seinen An-
spruchsgruppen zu führen, diesen zu steuern
und entsprechend zu nutzen, wird sich kaum
ein Unternehmen den Social-Media-Plattfor-
men entziehen können. Umso wichtiger ist es
heute, sich mit den entsprechenden Massnah-
men auf Social Media einzulassen und damit
vertraut zu machen.
Die Studien
Barbara Kunert hat die Erst- und Folgeun-
tersuchung initiiert und beide durchge-
führt. Die Auswertung der anonymen On-
line-Umfrage für diese Folgestudie wurde
zusammen mit der Hochschule für Wirt-
schaft Zürich und Hutter Consult GmbH er-
stellt. Insgesamt wurden 141 Unterneh-
men befragt; 53 Unternehmen haben sich
an der Umfrage beteiligt. Die Stichproben-
gesamtheit reflektiert ein ausgewogenes
Verhältnis von Industrie-,Handels-,Dienst-
leistungsunternehmen sowie Unterneh-
men aus dem Finanzbereich.
Die Folgestudie «Schweizer Grossunter-
nehmen im Social Web 2012» mit weite-
ren Auswertungen und Details sind unter
www.slideshare.net/Barbara_Kunert/
folgestudie-social-media-2012 frei abrufbar.
Kontakt
Barbara Kunert
Industriekauffrau
PR-Fachfrau mit eidg. Fachausweis
Master of Advanced Studies
in Business Communications
barbara.kunert@yahoo.com
Abbildung 2: Warum Unternehmen Social Media betreiben
Social-Media-Ziele
Image-/Reputationsaufbau
Employer Branding
Dialog mit Zielgruppen
Beziehungen zu Kunden pflegen
Vertrauen in das Unternehmen schaffen
Beziehungen zur Öffentlichkeit pflegen
Krisen frühzeitig erkennen
Trend nicht verschlafen
Beziehungen zu Journalisten pflegen
Absatzförderung/Produktinformation
Öffentliche Meinung beeinflussen
Andere Gründe
87%
52%
74%
59%
68%
64%
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35%
60%
28%
51%
41%
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35%
38%
31%
34%
10%
32%
21%
23%
16%
2%
10%
Frage:Welchen Erfolg erhoffen Sie sich vom
Einsatz von Social Media (Mehrfachnennun-
gen möglich) N = 53 /Vergleich 2011/2012
2012
2011