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3. Schriftstellerinnen und Dichterinnen bis zur
Jahrhundertmitte

Schon zuvor hatte es einzelne Texte von schreibenden Frauen
gegeben, ab 1780 jedoch begann sich C. Kelly zufolge eine
regelrechte Tradition von Schriftstellerinnen herauszu bilden.
F. Göpfert sieht einen Anstieg von Frauenliteratur bereits ab
Mitte des 18. Jahrhunderts. Er hält hierbei gerade die Art der
an den Instituten vermittelten humanistischen Bildung für die
Voraussetzung, dass Frauen ihre literarischen Tätigkeiten übe
rhaupt aufnehmen konnten.15

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war in Russland durch die
verbesserten Bildungsmöglichkeiten im 18. Jahrhundert auch für
die Mittelschicht ein neues Leserpotential entstanden.
Literatur wurde nun zu einer Handelsware mit Angebot und
Nachfrage, und der Zugriff zum Buch demonstrierte die
Gesellschaftsfähigkeit. Dies stellte die russische Leserschaft
vor das Problem der verfügbaren
Literatur: Es gab keine eigenständige russische Literatur in
dem Maße, wie plötzlich die Nachfrage danach erforderlich
machte.16


Der wesentliche Grund dafür lag in dem Status des
Dichterberufes: Er begann sich als öffentliche Institution
gerade erst zu entwickeln und war mit massiven Vorurteilen
belastet. Im Hochadel galt es als unter der Würde, sich als
Schriftsteller in der Öffentlichkeit darzustellen. Dichter und
Schriftsteller aus weniger begüterten Schichten wiederum
konnten mit der Literatur nicht ihren Lebensunterhalt
verdienen.17


Dies erklärt sicher auch die Tatsache, dass schreibende Frauen
vor allem aus dem ländlichen und niederen Adel hervorgingen,
nicht aus dem Hochadel. Sie hatten eine gewisse Bildung und
eine privilegierte Position, die ihnen den finanziellen
Rückhalt bot, waren aber nicht so stark im Standesdenken
gefangen wie die Frauen aus dem Hochadel. Außer als
Schöpferinnen eigener Dichtkunst und Prosa, fanden sie ein
weiteres Tätigkeitsfeld in der Übersetzung, da auch der Bedarf
an Übersetzungen westeuropäischer Literaturen zugenommen
hatte. So wurde ein großer Teil der in Zeitschriften
erscheinenden ausländischen Literatur von Frauen übersetzt.18


18   C. Kelly, S. 20, S. 23 und B. Alpern Engel, S. 19.
19   F. Göpfert, S. 25-27.
20   C. Kelly, S. 21f.
21   Ebd., S. 23.
22   F. Göpfert, S. 47.

Gegenüber dem 18. Jahrhundert verbesserte sich bis etwa 1826
langsam die öffentliche Situation schreibender Frauen. Sie
fanden Anerkennung in der literarischen Öffentlichkeit und
konnten sich
                                1
zunehmend unabhängiger von ihrem gesellschaftlichen Stand auch
öffentlich bewegen.19

Zur Entwicklung der schriftstellerischen Tätigkeit von Frauen
stellt C. Kelly stellt zwei Hypothesen gegenüber: Nach der
ersten Hypothese sei der langsame, aber stetige Prozess der
Befreiung der Frauen von ihrer rechtlichen, gesellschaftlichen
und familiären Diskriminierung einhergegangen mit einer
langsamen aber ständigen Verbesserung ihrer
schriftstellerischen Leistungen, die ab den 30er Jahren des
19. Jahrhunderts beträchtlich an Stärke und Selbstvertrauen
gewonnen hätten.20


Die zweite Hypothese ignoriert die Beweiskraft von
Frauenliteratur für oder gegen einen Fortschritt der
Frauenemanzipation. Ihrer Aussage nach hätten Frauen nur in
der Puschkin- Ära, im sogenannten „Goldenen Zeitalter“ der
Literatur ernsthaft geschrieben und wären davon inspiriert
gewesen. Kelly betont aber, dass wenngleich die
Frauenliteratur in den 30er und 40er Jahren Teil einer
literarischen Tradition, die von Puschkin und anderen
Schriftstellern geprägt worden war, gewesen sei, ihr doch
insgesamt keine marginale Rolle zukomme. Obwohl sie sich mit
den Arbeiten ihrer männlichen Kollegen beschäftigt hätten,
hätten die Arbeiten der Frauen ihre eigene inhärente Logik
besessen.21


3.1 Themen der Frauenliteratur

Bevor im nächsten Kapitel an einzelnen Beispielen die
Entwicklung der von Frauen geschriebene Literatur bis zur
Jahrhundertmitte aufgezeigt werden soll, wird hier der Versuch
unternommen, einen kurzen Überblick über die Themen der
Schriftstellerinnen und Dichterinnen in diesem Zeitraum zu
geben.


Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Literatur der
Dichterinnen und Schriftstellerinnen nicht auf das eigene
Geschlecht gerichtet. Sie waren an den kanonisierten
Literaturformen orientiert, die Gegenwartsprobleme nicht
thematisierten.22

Männliche Autoren waren in ihren Themen und Zielsetzungen
frei. Von Frauen, die sich der Schriftstellerei zuwandten,
wurde erwartet, dass sie als Frauen im Sinne der „moralischen
Verfeinerung der Nation“ schrieben.23

Viele Themen der Frauen bis zum Ende der 20er Jahre des 19.
Jahrhunderts bezogen sich auf klassische Kunstideale und
standen damit immer mehr abgegrenzt einer Literatur gegenüber,
die sich mit Gesellschaftsutopien auseinandersetzte. Sie
bezogen ihre Gefühle und Gedanken vor allem aus der Kunst und
erreichten in ihrer Ausdruckskraft ein anerkannt hohes Niveau,
blieben aber im Umgang mit der Realität stark in ihrer
                                 2
eigenen, engen Lebenswelt verhaftet.24

In den 30er und 40er Jahren des 19. Jahrhunderts war ein
verbreitetes Thema der Frauenliteratur der Widerspruch
zwischen Liebe und Vernunftehe. Noch immer war es ein gängiger
Brauch im
russischen Adel, die Töchter mit einem Mann ihres Ranges zu
verheiraten. Auch wenn sie nach den Russischen Gesetzen off
iziell nicht in eine Ehe gezwungen werden durften, so
widersetzten sich nur wenige dem Wunsch ihrer Eltern meist
kannten sie diesen Code der Gesetze gar nicht. Viele
unglückliche Ehen waren die Folge, unter denen die Frauen
litten, ohne den Ausweg einer Scheidung hätten nehmen zu
können. Scheidung war so gut wie unmöglich. Umso wichtiger war
dieses Thema für die Frauen.25

Mit dem Ende der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts an begannen
einzelne Frauen, sich einer sozialkritischen Literatur
zuzuwenden und die Lage der Frau in der russischen
Gesellschaft in ihren Schriften zu thematisieren. Sie standen
damit im Kreuzfeuer
eines politischen Kontextes, der zu dieser Zeit die russische
Literatur erfasste und Bewegungen und Gegenbewegungen
auslöste.26

Die Mehrzahl der schreibenden Frauen fühlte sich jedoch noch
stark den Traditionen verpflichtet und thematisierte deshalb
in ihren Werken, was Frauen seit Jahrzehnten thematisierten:
ihre
Unfreiheit einerseits und ihr elementares Bedürfnis nach
Liebe, Zuneigung und einer gleichberechtigten Ehe
andererseits. 27


23 B. Alpern Engel, S. 19.
24 F. Göpfert, S. 67f., S. 103.
25 R. Stites, S. 6 und F. Göpfert, S. 68 und B. Alpern Engel,
S.21 und 34.
26 F. Göpfert, S. 107f.
27 C. Kelly, S. 22 und F. Göpfert, S. 109.




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Christine Sarakinis Schriftstellerinnen und Dichterinnen im Russland des 19. Jahrhunderts Kapitel 3. Schriftstellerinnen und Dichterinnen bis zur Jahrhundertmitte

  • 1. 3. Schriftstellerinnen und Dichterinnen bis zur Jahrhundertmitte Schon zuvor hatte es einzelne Texte von schreibenden Frauen gegeben, ab 1780 jedoch begann sich C. Kelly zufolge eine regelrechte Tradition von Schriftstellerinnen herauszu bilden. F. Göpfert sieht einen Anstieg von Frauenliteratur bereits ab Mitte des 18. Jahrhunderts. Er hält hierbei gerade die Art der an den Instituten vermittelten humanistischen Bildung für die Voraussetzung, dass Frauen ihre literarischen Tätigkeiten übe rhaupt aufnehmen konnten.15 Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war in Russland durch die verbesserten Bildungsmöglichkeiten im 18. Jahrhundert auch für die Mittelschicht ein neues Leserpotential entstanden. Literatur wurde nun zu einer Handelsware mit Angebot und Nachfrage, und der Zugriff zum Buch demonstrierte die Gesellschaftsfähigkeit. Dies stellte die russische Leserschaft vor das Problem der verfügbaren Literatur: Es gab keine eigenständige russische Literatur in dem Maße, wie plötzlich die Nachfrage danach erforderlich machte.16 Der wesentliche Grund dafür lag in dem Status des Dichterberufes: Er begann sich als öffentliche Institution gerade erst zu entwickeln und war mit massiven Vorurteilen belastet. Im Hochadel galt es als unter der Würde, sich als Schriftsteller in der Öffentlichkeit darzustellen. Dichter und Schriftsteller aus weniger begüterten Schichten wiederum konnten mit der Literatur nicht ihren Lebensunterhalt verdienen.17 Dies erklärt sicher auch die Tatsache, dass schreibende Frauen vor allem aus dem ländlichen und niederen Adel hervorgingen, nicht aus dem Hochadel. Sie hatten eine gewisse Bildung und eine privilegierte Position, die ihnen den finanziellen Rückhalt bot, waren aber nicht so stark im Standesdenken gefangen wie die Frauen aus dem Hochadel. Außer als Schöpferinnen eigener Dichtkunst und Prosa, fanden sie ein weiteres Tätigkeitsfeld in der Übersetzung, da auch der Bedarf an Übersetzungen westeuropäischer Literaturen zugenommen hatte. So wurde ein großer Teil der in Zeitschriften erscheinenden ausländischen Literatur von Frauen übersetzt.18 18 C. Kelly, S. 20, S. 23 und B. Alpern Engel, S. 19. 19 F. Göpfert, S. 25-27. 20 C. Kelly, S. 21f. 21 Ebd., S. 23. 22 F. Göpfert, S. 47. Gegenüber dem 18. Jahrhundert verbesserte sich bis etwa 1826 langsam die öffentliche Situation schreibender Frauen. Sie fanden Anerkennung in der literarischen Öffentlichkeit und konnten sich 1
  • 2. zunehmend unabhängiger von ihrem gesellschaftlichen Stand auch öffentlich bewegen.19 Zur Entwicklung der schriftstellerischen Tätigkeit von Frauen stellt C. Kelly stellt zwei Hypothesen gegenüber: Nach der ersten Hypothese sei der langsame, aber stetige Prozess der Befreiung der Frauen von ihrer rechtlichen, gesellschaftlichen und familiären Diskriminierung einhergegangen mit einer langsamen aber ständigen Verbesserung ihrer schriftstellerischen Leistungen, die ab den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts beträchtlich an Stärke und Selbstvertrauen gewonnen hätten.20 Die zweite Hypothese ignoriert die Beweiskraft von Frauenliteratur für oder gegen einen Fortschritt der Frauenemanzipation. Ihrer Aussage nach hätten Frauen nur in der Puschkin- Ära, im sogenannten „Goldenen Zeitalter“ der Literatur ernsthaft geschrieben und wären davon inspiriert gewesen. Kelly betont aber, dass wenngleich die Frauenliteratur in den 30er und 40er Jahren Teil einer literarischen Tradition, die von Puschkin und anderen Schriftstellern geprägt worden war, gewesen sei, ihr doch insgesamt keine marginale Rolle zukomme. Obwohl sie sich mit den Arbeiten ihrer männlichen Kollegen beschäftigt hätten, hätten die Arbeiten der Frauen ihre eigene inhärente Logik besessen.21 3.1 Themen der Frauenliteratur Bevor im nächsten Kapitel an einzelnen Beispielen die Entwicklung der von Frauen geschriebene Literatur bis zur Jahrhundertmitte aufgezeigt werden soll, wird hier der Versuch unternommen, einen kurzen Überblick über die Themen der Schriftstellerinnen und Dichterinnen in diesem Zeitraum zu geben. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Literatur der Dichterinnen und Schriftstellerinnen nicht auf das eigene Geschlecht gerichtet. Sie waren an den kanonisierten Literaturformen orientiert, die Gegenwartsprobleme nicht thematisierten.22 Männliche Autoren waren in ihren Themen und Zielsetzungen frei. Von Frauen, die sich der Schriftstellerei zuwandten, wurde erwartet, dass sie als Frauen im Sinne der „moralischen Verfeinerung der Nation“ schrieben.23 Viele Themen der Frauen bis zum Ende der 20er Jahre des 19. Jahrhunderts bezogen sich auf klassische Kunstideale und standen damit immer mehr abgegrenzt einer Literatur gegenüber, die sich mit Gesellschaftsutopien auseinandersetzte. Sie bezogen ihre Gefühle und Gedanken vor allem aus der Kunst und erreichten in ihrer Ausdruckskraft ein anerkannt hohes Niveau, blieben aber im Umgang mit der Realität stark in ihrer 2
  • 3. eigenen, engen Lebenswelt verhaftet.24 In den 30er und 40er Jahren des 19. Jahrhunderts war ein verbreitetes Thema der Frauenliteratur der Widerspruch zwischen Liebe und Vernunftehe. Noch immer war es ein gängiger Brauch im russischen Adel, die Töchter mit einem Mann ihres Ranges zu verheiraten. Auch wenn sie nach den Russischen Gesetzen off iziell nicht in eine Ehe gezwungen werden durften, so widersetzten sich nur wenige dem Wunsch ihrer Eltern meist kannten sie diesen Code der Gesetze gar nicht. Viele unglückliche Ehen waren die Folge, unter denen die Frauen litten, ohne den Ausweg einer Scheidung hätten nehmen zu können. Scheidung war so gut wie unmöglich. Umso wichtiger war dieses Thema für die Frauen.25 Mit dem Ende der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts an begannen einzelne Frauen, sich einer sozialkritischen Literatur zuzuwenden und die Lage der Frau in der russischen Gesellschaft in ihren Schriften zu thematisieren. Sie standen damit im Kreuzfeuer eines politischen Kontextes, der zu dieser Zeit die russische Literatur erfasste und Bewegungen und Gegenbewegungen auslöste.26 Die Mehrzahl der schreibenden Frauen fühlte sich jedoch noch stark den Traditionen verpflichtet und thematisierte deshalb in ihren Werken, was Frauen seit Jahrzehnten thematisierten: ihre Unfreiheit einerseits und ihr elementares Bedürfnis nach Liebe, Zuneigung und einer gleichberechtigten Ehe andererseits. 27 23 B. Alpern Engel, S. 19. 24 F. Göpfert, S. 67f., S. 103. 25 R. Stites, S. 6 und F. Göpfert, S. 68 und B. Alpern Engel, S.21 und 34. 26 F. Göpfert, S. 107f. 27 C. Kelly, S. 22 und F. Göpfert, S. 109. 3