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Leitthema
Notfall Rettungsmed 2011 · 15:193–197
DOI 10.1007/s10049-011-1518-9
Online publiziert: 25. April 2012
© Springer-Verlag 2012

R. Greif1 · J. Breckwoldt2
1  niversitätsklinik für Anästhesiologie und Schmerztherapie, Universitätsspital Bern,
U

Inselspital und Universität Bern, Schweiz
2  linik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin,
K

Campus Benjamin Franklin, Berlin
Redaktion

J. Breckwoldt, Berlin
B. Dirks, Ulm

Warum lebenslanges Lernen
ohne effektives Feedback
nicht wirkungsvoll ist
Vom „Feedback“ zum „Feedforward“

Der Zweck von effektivem Feedback ist
Stärken zu stärken und
Schwächen zu schwächen.
Obwohl im Kontext von Lernen der Begriff „Feedback“ weit verbreitet ist, gehen die damit verbundenen Vorstellungen weit auseinander. So verstehen die
Einen unter Feedback die abschließende Rückmeldungsrunde nach Seminaren
oder Kursen, während für andere bereits
die Haltung: „nicht getobt ist schon gelobt“ als eindeutiges Feedback gilt.
In diesem Artikel sollen tiefer greifende
Konzepte von Feedback beschrieben werden. Wir wollen Unterschiede zu obigen
Vorstellungen deutlich machen und aufzeigen, was unter „effektivem“ Feedback
gemeint ist. Die pure Rückmeldung ohne Sinn und Zweck bewirkt nämlich keine Veränderung beim Lernenden. Denn
darum geht es und um die Notwendigkeit, Lernende zur stetigen Weiterentwicklung zu motivieren. Wie hilfreich dazu eine
Außenperspektive ist, wird an empirischen
Daten zur Selbsteinschätzung gezeigt. Daraus kann abgeleitet werden, dass letztlich die Haltung der Feedback-Geber und
-Nehmer entscheidend für die Effektivität
von Feedback ist. Als Grundlage für „lebenslanges Lernen“ kann somit der „Blick
zurück“ („Feed → Back“) neu interpretiert werden als gemeinsam konzipierter
Aktionsplan im Sinne eines „Feed → Forward“. Im „Feed → Forward“ liegt das Ge-

wicht auf dem Verbesserungspotenzial des
Lerners und damit in der Zukunft.

Wie beschreibt die moderne Ausbildungsforschung Feedback?
Auch in der Ausbildungsforschung existiert keine eindeutige Definition für Feedback [21]. Wenn man die historische Entwicklung nachzeichnet, wird als Ausgangspunkt häufig das einfache technische Modell der Rückmeldung eines Signals herangezogen. Dieses Modell der Rückmeldung
entwickelt Jack Ende 1983 in seinem Artikel
über die Bedeutung von Feedback für den
klinischen Unterricht weiter [6]. Das Verständnis von Feedback hat sich aber in den
letzten Jahren von der Rückmeldung (dem
Blick auf die Vergangenheit) immer mehr
den möglichen Veränderungen in der Zukunft zugewandt, dem später beschriebenen „Aktionsplan“ mit dem rezenten Modell des Feed Forward [4].
Skeff u. Stratos beschreiben den Prozess als edukative Schleife (. Abb. 1,
[17]), in der die Lehrkraft von den Lehrzielen ausgehend Inhalt und Format des
Unterrichts definiert, um dann anschließend den Erfolg zu evaluieren. Die Performanz der Studierenden wird dabei beobachtet und so kann das Erreichen der
Lernziele im Feedback übermittelt, bewertet und angepasst werden.
Auf der Basis einer umfangreichen Literaturrecherche definierten van de Rid-

der et al. 2008 Feedback in der klinischen
Lehre als „spezifische Information über
den Abgleich zwischen der beobachteten
Performanz des Lerners und einem Standard, mit dem Ziel die Leistung des Trainierenden zu verbessern“[21].
In dieser Definition sind als Kernelemente die zugrunde liegende Beobachtung und die Orientierung auf ein Ziel
genannt. Feedback geht weit über das Beschreiben von Ereignissen und Verhalten
hinaus, im Unterschied zur Kritik. Gerade die Ausrichtung auf die zu verbessernde Leistung im Vergleich mit den zu errei-

Feedback

Evaluation

Lernziele

Unterricht/
Didaktik

Abb. 1 8 Die edukative Schleife. Mit Hilfe des
Instruments „Feedback“, können nach Evaluation des Unterrichts die Leistung eingeordnet
und übermittelt werden, um letztendlich neue
Lernziele zu stecken. (Skeff K, Stratos G. Stanford Faculty Development Program for Clinical
Teaching)
Notfall + Rettungsmedizin 3 · 2012 

| 193
Leitthema
Tab. 1  Charakteristika effektiven Feedbacks
Charakteristikum

Beispiel

Spezifität

Beschreibt ein präzises Beispiel
oder Verhalten

Frequenz und Timing

Häufig und zeitnahe zum
­Ereignis
Beschreibt das Ziel von Feedback besser als der Begriff
„positives“ Feedback
Nimmt emotionale Bindung
vom „Negativem“ weg
Übergang vom Beschreiben
und Reflektieren zu möglichen
Änderungen
Ist das Ziel von Feedback,
kommt vom Lernenden selbst
Vorrausetzungen für effektives
Feedback

Verstärkend

Korrigierend
Reaktion auf Feedback

Aktionsplan
Lernklima, -ziele, Evaluation

„Ich denke, dein Zugang verursacht Probleme“ vs. „Du machst
das falsch“
 
„Was willst du beibehalten –
ausbauen?“
„Was willst du nicht mehr
machen?“
„Kannst du mit dem Beschriebenen etwas anfangen?“
„Was werden deine nächsten
Schritte sein?“
Edukative Schleife (s. Abb.1)

Tab. 2  Feedback-Regeln
Feedback geben
– Alle beobachteten Punkte sind Ressourcen
– Wertschätzung (Feedback ist ein Geschenk)
– Feedback persönlich direkt an Empfänger
– Sachlich, konkrete Beispiele und Wahrnehmungen
– Keine Vermutungen
– Nichts stehen lassen
– Stärken stärken
– Schwächen schwächen
Feedback annehmen
– Niemand muss Feedback nehmen
– Ruhig bis zum Ende anhören
– Verständnisfragen stellen
– Keine Erklärungen oder Rechtfertigungen
– In eigene Worte fassen
– Veränderungsplan für Zukunft überlegen
– Vorschläge ausprobieren

chenden Lernzielen, gibt dem Feedback
erst die eigentliche Bedeutung im kontinuierlichen Lernprozess.
Wie wichtig Feedback für die persönliche Weiterentwicklung im Sinne des lebenslangen Lernens ist, zeigt eine Metaanalyse von Davis et al., in der bei 20 Vergleichen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung nur 7-mal eine positive Assoziation gefunden wurde [5]. Das Alarmierende an den Ergebnissen ist aber v. a.,
dass die schlechteste Übereinstimmung
bei den am wenigsten kompetenten Ärzten nachgewiesen wurde und dass diese
sich aber am besten eingeschätzt hatten.

194 | 

Notfall + Rettungsmedizin 3 · 2012

Was sind die Charakteristika
effektiven Feedbacks?
Als übergeordnetes Prinzip sollte die positive Wertschätzung allem Feedback zugrunde liegen. Dieses Prinzip sollte bei
vielen der empfohlenen „Techniken“ eine
Anpassung an die spezifische FeedbackSituation ermöglichen (. Tab. 1, [6]).

Spezifität
Durch das präzise Beschreiben von spezifischem Verhalten durch den Trainer
kann Beobachtetes widergespiegelt werden [1]. Durch die Konzentration auf das

konkrete Verhalten, bewegt sich das Feedback weg von der Persönlichkeit des Lernenden (und evtl. vorhandenen Vorurteilen). So kann es dem Empfänger des Feedbacks leichter fallen, dies anzunehmen
und mögliche Verhaltensänderungen zu
prüfen. Vom Prinzip her stellt Feedback
eine externe Perspektive für konkretes
Verhalten zur Verfügung. Den Charakter oder die Persönlichkeit der Menschen
werden wir hingegen mit Feedback kaum
ändern können.

Frequenz, Zeitpunkt und Umfang
Feedback wird effektiv, wenn es häufig
und zeitnahe zum Ereignis gegeben wird.
Das Verhalten ist dem Lernenden dann
besser in Erinnerung und kann genauer reflektiert werden. Tage später ist es
oft schwer, sich der konkreten Situation
und der emotionalen Verstrickung zu erinnern. Ausnahme davon wäre ein emotional sehr belastendes Ereignis, das erst
nach emotionaler Verarbeitung durch die
Betroffenen reflektiert und analysiert werden kann [3].
Feedback zu einem einzelnen Zeitpunkt ist dem wiederholt gegebenen
Feedback unterlegen, weil häufige kleinere Korrekturen leichter umzusetzen sind
und eine allmähliche Annäherung an das
erwartete Lernziel ermöglicht wird [1, 11].
Dies ist umso bedeutsamer, je eher der
Gegenstand des Feedbacks im Bereich
von haltungsbezogenen Lernzielen liegt.
Einschränkend muss aber erwähnt werden, dass zu häufiges Feedback vom Lerner als einengend empfunden werden
kann oder auch eine Abhängigkeit vom
Lehrer schaffen kann. Dauernde Interventionen der Trainer erschweren die Selbsteinschätzung der Lernenden und erlauben es nicht, dass Lernende unabhängig
und selbstständig werden.

Verstärkendes und
korrigierendes Feedback
Beide Formen sind für Lernende nützlich,
wenn das Feedback zielorientiert ist. Verstärkendes Feedback (auch als „Positives“
bezeichnet) vor korrigierendem (auch
„Negatives“ genannt) erhöht die Aufmerksamkeit beim Empfänger. Darüber
hinaus stärkt es die Wahrnehmung des
Zusammenfassung · Abstract
Lerners für seine positiven Ressourcen,
eine Fähigkeit die im deutschen Sprachraum nicht immer vorhanden ist.
Da die Begriffe „positiv und negativ“
so unterschiedlich emotional besetzt sind
und das Ziel von Feedback nicht die aktuelle Wertung, sondern die Veränderung
ist, sind die Begriffe „Stärken und Korrigieren“ viel angebrachter, um effektives
Feedback zu beschreiben.
Das sog. „Feedback-Sandwich“, in dem
zunächst etwas Positives berichtet wird,
gefolgt vom zu Korrigierenden, um dann
wieder mit etwas Positivem abzuschließen, kann zu einer Koppelung der Stärken mit dem Negativen führen, wenn keine authentisch wertschätzende Haltung
dahinter steht. Oft erwartet der Lerner
nach der Einleitung „das hast du gut gemacht“ die Kritik mit dem „aber: …“. Insofern sollte die formalistische Verbindung „cookie – lemon – cookie“ vermieden werden. Das zu Korrigierende sollte
wenn immer möglich von den Stärken getrennt besprochen werden [14].

Feedback empfangen

Lernklima

Feedback ist erst wirklich effektiv, wenn
das beobachtete und reflektierte Verhalten
verändert wird. Die Frage ist: „Was ist dein
nächster Schritt?“, und die Antwort darauf sollte vom Lernenden kommen. Im
Gegensatz zu den Vorstellungen des Trainers hat der Plan des Lernenden viel größere Chancen zur Umsetzung.
Lerner und Lehrer gehen an dieser Stelle einen „Unterrichtsvertrag“ ein, der Beitrag des Lehrers ist dabei die unterstützende wertschätzende Außenperspektive sowie die Bereitstellung der Ressourcen zum
Einüben und Ausprobieren von den entwickelten Veränderungen (. Abb. 3).

Die wichtigste Säule, auf der effektives
Feedback ruht, ist die wertschätzende
Grundhaltung: Durch Anerkennung der
spezifischen Situation und der Einschränkungen der Lernenden kann der Trainer Vertrauen aufbauen und ein Lernklima schaffen, das eine tiefer gehende Diskussion über beobachtete Verhaltensweisen ermöglicht. In einem guten Lernklima kann immer wieder an die gegebenen
Lernziele erinnert werden und Fokussierung auf diese kann die Aufnahmefähigkeit von Feedback erhöhen (. Abb. 2).
Feedback wird oft mit dem Bild eines
Geschenks verglichen (mit allen seinen
Implikationen): Der „schenkende“ Feedback-Geber versucht, sich möglichst gut
in den Empfänger einzufühlen und bietet ihm den Abgleich mit einer wertfreien Außenperspektive an. Das Feedback
zeigt somit viel vom Geber, so wie auch
ein Geschenk bestimmte (z. B. pädagogische) Intentionen verfolgen kann. In diesem Sinne muss der Abgleich zwischen
den (streng subjektiven) Perspektiven von
Lerner und Trainer nicht unbedingt deckungsgleich sein.

Effektives Feedback hängt auch von der
aktiven Beteiligung der Lernenden ab.
Die Überlegenheit von aktivem FeedbackEinholen seitens des Lerners („feedback
seeking“) im Gegensatz zum reinen „Abwarten“ („feedback monitoring“) konnte in einer Studie in der gynäkologischen
Weiterbildung eindrucksvoll gezeigt werden [20]. Es wird deutlich, wie das herrschende Lernklima in einer Institution die
Bedingungen für das Gelingen von Feedback beeinflusst. Hilfreiche Verhaltensregeln für das Annehmen von Feedback finden sich in . Tab. 2 und 3.
Das Bild vom Feedback als Geschenk
gilt auch für den Annehmenden: Feedback muss nicht angenommen werden. In
der Regel lohnt es sich aber zu überprüfen, ob die gegebene (Feedback-)Perspektive hilfreich sein könnte, um eine Veränderung in Gang zu setzen.

Aktionsplan

Feedback-Ebenen
Je nach ihrem Informationsgehalt unterschieden wir verschiedene Feedback Ebenen [17].

Minimales Feedback
Den Lernenden wird mitgeteilt, ob deren
Leistung korrekt oder inkorrekt ist, ob
deren Meinungen zugestimmt wird oder
nicht. Häufig geschieht dies durch nonverbale Zeichen der Zustimmung oder
Ablehnung (z. B.: Nicken, Kopfschütteln).

Notfall Rettungsmed 2012 · 15:193–197
DOI 10.1007/s10049-011-1518-9
© Springer-Verlag 2012
R. Greif · J. Breckwoldt

Warum lebenslanges
Lernen ohne effektives
Feedback nicht wirkungsvoll
ist. Vom „Feedback“
zum „Feedforward“
Zusammenfassung
Hintergrund.  Dem Prozess des Feedback
wird im Zusammenhang mit Weiterbildung
inzwischen eine fundamentale Bedeutung
beigemessen.
Ziel.  In diesem Beitrag soll dargestellt werden, warum effektives Feedback diese Bedeutung hat und durch welche spezifischen
Charakteristika es seine Wirksamkeit erlangt.
Dabei werden neuere Erkenntnisse der Ausbildungsforschung einbezogen. Das Konzept,
nach dem Lernende und Feedback-Geber gemeinsam einen Aktionsplan entwickeln, wird
hergeleitet. Des Weiteren wird die Wichtigkeit, das dafür notwendige wertschätzende
Lernklima herzustellen, betont.
Schlüsselwörter
Feedback · Weiterbildung · Medizinische
Ausbildung · Lebenslanges Lernen ·
Lernklima

Why lifelong learning without
consistent feedback is not
effective. From“feed-back”
to“feed-forward”
Abstract
Background.  The process of feedback is regarded to be a fundamental element of medical education.
Objective.  This manuscript aims to show
why effective feedback possesses this importance and how it reaches effectiveness. Data from empirical research are related to the
principles of effective feedback. We propose
a concept for the mutual development of a
learning path by both the learner and the
feedback-provider in order to improve learner performance. To facilitate this, the importance of an open learning climate is highlighted.
Keywords
Feedback · Medical education · Postgraduate
training · Life long learning · learning climate

Notfall + Rettungsmedizin 3 · 2012 

| 195
Leitthema

minimales

verhaltensbezogenes

Feedback

interaktives

Evaluation

Lernziele

Lernklima

Evaluation

Abb. 2 8 Säulen für effektives Feedback. Die
verschiedenen Ebenen von Feedback können
erst effektiv sein, wenn das Lernklima ein Gespräch im gegenseitigen Vertrauen zulässt. Die
Lernziele als Grundlage der Beobachtung und
der Einschätzung müssen bekannt sein, um
einerseits Evaluationskriterien zu haben und andererseits neue Lernziele (einen „Aktionsplan“)
zu formulieren

Diese durch Körpersprache und Mimik
vermittelten „indirekten“ Feedbacks bergen die Gefahr, unklar oder doppeldeutig
zu sein bzw. vom Lernenden nicht wahrgenommen zu werden. Minimales Feedback ist in der Regel unidirektional, d. h.,
dass sich der Feedback-Geber hinsichtlich
des Effekts kaum rückversichern kann.
Vorteilhaft ist natürlich der geringe Zeitbedarf, der in entsprechenden Situationen
immerhin hilfreich sein kann.
Beispiel für minimales Feedback:
„ja –gut – das ist korrekt“ – oder: „du
machst einen Fehler“

Beschreibendes Feedback
Nun spiegelt der Trainer direkt Beobachtetes, indem er die Performanz des Lernenden konkret beschreibt. Er teilt zudem
mit, warum er die Performanz für korrekt
oder falsch hält und begründet somit seine Bewertung. Daraus können dann Verbesserungsansätze abgeleitet werden.
Beispiele für verhaltensbezogenes Feedback:
„Deine Fallpräsentation war klar und
gut strukturiert.“
„Deinem Bericht fehlen wesentliche
Untersuchungsergebnisse.“
„Ich stimme dir zu, da…“
“… das nächste Mal würde ich Folgendes machen…“

Interaktives Feedback
Hier wird der Lernende aufgefordert zu artikulieren, was das zuvor gegebene Feedback bei ihm auslöst und wie er oder sie sich

196 | 

Notfall + Rettungsmedizin 3 · 2012

„Was beibehalten?”
„Was beenden?”
„Nächste Schritte?”

Aktionsplan
„Womit starten?”

Abb. 3 8Von der Evaluation zum Aktionsplan. Während des Evaluationsprozesses beobachtet die Lehrkraft („L“) die Interaktion der Studierenden („S“)
mit dem Inhalt des Unterrichts („I“) und bekommt entsprechende Information
über die Performanz zurück. Im Feedback kann nun gemeinsam analysiert und
reflektiert werden, was beibehalten („Stärken stärken“) und was beendet oder
verändert werden soll („Schwächen schwächen“). Daraus können dann die Lernenden ihre nächsten Schritte herausarbeiten und gelangen mit Unterstützung der Lehrkraft zum Aktionsplan künftiger Veränderungen

diesbezüglich selbst einzuschätzt. Es kann
dann im Anschluss dazu ein Feedback zu
dieser Selbsteinschätzung gegeben werden
und sich aus der Diskussion zwischen Feedback-Geber und -Nehmer ein Aktionsplan
für die Zukunft entwickeln. Wenn der resultierende Aktionsplan vom Lernenden
selbst kommt, steigert das die Akzeptanz
für eine Verhaltensänderung enorm. Dies
leitet hin zum zuvor schon beschriebenen
Konzept des Feed-Forward [4].
Interaktives Feedback soll die Fähigkeit zur Selbsteinschätzung fördern. Wesentliche Defizite sind hier empirisch belegt (wie bereits erwähnt) und auch außerhalb der Medizin beobachtet worden [5, 8,
16]. Daher gilt es als effektiver, wenn ein
Aktionsplan nicht allein aufgrund eigener
Einschätzungen, sondern gemeinsam mit
dem Trainer entwickelt wird („monitored
self-directed learning“; [9]).
Beispiele für interaktives Feedback:
„Wie schätzt du deine Leistung ein? – Ich
sehe das auch so.“
“… stimmst du meiner Beobachtung zu?“
„Was möchtest du ändern?“

Praktisches zum „eigenen“
Aktionsplan zum Erlernen
von effektivem Feedback
Ganz sicherlich kann effektives Feedback
nicht durch das Lesen eines Artikels oder
durch pures Beobachten anderer erlernt
werden (. Tab. 2, [2, 12]). Das muss in

der Praxis geschehen [13], in Workshops
zum Erarbeiten und Üben von Feedback
und v. a., indem wir Feedback zu unserem Feedback einholen. So können auch
wir uns überlegen, was unsere nächsten
Schritte sein sollen [2, 10, 18].
Auf jeden Fall müssen wir uns auf eine
Beziehung mit den Lernenden einlassen
[21]. Man kann das gut als „Konversation“ darstellen, in der der Fokus auf spezifisch veränderbarem Verhalten liegt und
nicht auf dem Charakter der Person (Milan Teaching and Learning in Medicine,
. Tab. 3, PEARLS). Das kann gelingen,
wenn Inhalt und Beziehung möglichst
nicht vermischt werden.
Hinsichtlich des Informationsumfangs
funktioniert Feedback nicht als reiner
„Download“ von beobachteten Fakten. Das
führt lediglich zu einem „Overload“ von
Information, sodass schließlich gar nichts
mehr aufgenommen und verändert werden kann. Der Feedback-Geber muss die
Schwerpunkte setzen, die aus seiner Sicht
am wichtigsten sind.
„Feedback-Geben“ sollte deutlich explizit gemacht werden, damit es als solches
wahrgenommen werden kann. Mehrere
Untersuchungen haben aufgezeigt, dass
Lernende angeben, sich Feedback öfter zu
wünschen, es aber viel zu selten bekommen. Im Gegensatz dazu geben Lehrer an,
durchaus häufig Feedback zu geben [19].
Genauso wichtig ist es, sich Zeit zu
nehmen für Evaluation und Einschätzung.
Tab. 3  Effektives Feedback geben – das „PEARLS“-Konzept nach [14, 15]: Um eine Bezie-

hung aufzubauen sind folgende Punkte entscheidend
Partnership (Partnerschaft):
Empathy (Einfühlungsvermögen):
Apology (Entschuldigung):
Respect (Respekt):
Legitimation (Rechtfertigung):
Support (Unterstützung):

Bei kontinuierlichem Feedback besteht
die Gelegenheit zu wiederholter Performanz und wiederholtem Feedback, wodurch Kompetenzen und Verhalten sukzessive verfeinert werden können.
Wenn möglich, sollte Augenmerk auf
das Etablieren von kontinuierlichem Feedback gelegt werden. K.A. Ericsson beschäftigte sich mit der essenziellen Bedeutung
von kontinuierlichem Feedback im Zusammenhang mit dem von ihm als „deliberate practice“ bezeichneten Verhalten. Damit
wird eine Form von „zielgerichteter Praxis“
beschrieben, in der der Trainer die Übungen so arrangiert, dass der Plan zur Verbesserung der spezifischen Kompetenzen ständig neu angepasst wird. „Deliberate practice“ macht letztlich den Unterschied zwischen Weiterentwicklung und Stagnation
aus (oder gar den Abfall vom bereits erworbenen Kompetenzniveau; [7]).
Feedback ist gerade wegen unserer
Schwierigkeiten in der Selbsteinschätzung als „Außenwahrnehmung“ so wichtig. Das Konzept des lebenslangen Lernens geht ja davon aus, dass eigene Kompetenzlücken wahrgenommen werden
und diese durch entsprechende Lernaktivitäten aufgefüllt werden.

Fazit für die Praxis
F	 er Zweck von effektivem Feedback,
D
wie schon eingangs erwähnt, ist
1tärken zu stärken und
S
1chwächen zu schwächen.
S
F	eedback geben kann erlernt werden,
F
und zwar auf der Ebene von Wissen,
Fertigkeiten und Haltungen. In der
Interaktion mit dem Lernenden soll
ein Perspektivenabgleich zwischen
spezifischer, zeitnaher Beschreibung
eines beobachteten Verhaltens mit
einem vorgegeben Standard erfolgen, mit dem Ziel einen Plan zur Ver-

„Ich schätze es, mit dir an dem Projekt zu
­arbeiten“
„Es klingt frustrierend, sich so abzumühen“
„Es tut mir leid, von deinen Schwierigkeiten zu
hören“
„Danke, dass du deine Ansichten mit uns teilst“
„Das ist wirklich eine schwierige Aufgabe“
„Mal schauen, wie ich dir dabei helfen kann“

haltensänderung zu formulieren.
­Effektives Feedback ermöglicht letztendlich
1en Lernenden ihr Wissen, ihre
d
­Fertigkeiten und ihre Haltungen zu
verbessern,
1en Lehrenden zu erfahren, wie sie
d
ihren Unterricht effektiver gestalten können.

Korrespondenzadresse
Dr. J. Breckwoldt
Klinik für Anästhesiologie
mit Schwerpunkt operative
­Intensivmedizin, Charite –
Universitäts­medizin Berlin,
Campus Benjamin ­Franklin
Hindenburgdamm 30,
12200 Berlin
jan.breckwoldt@charite.deDanksagung.  Viele Gedanken dieses Artikels stammen aus der publizierten Literatur, aber noch viel mehr aus den vielen
Gelegenheiten zu Feedback im Unterricht. So möchten wir uns besonders bei allen Lernenden bedanken,
die unsere Erkenntnisse im Feedback erweitert haben.
Speziellen Einfluss hatten sicherlich auch die Erfahrungen aus den Kursen des European Resucitation Councils und aus den Workshops des „Stanford Faculty Development Center for Medical Teachers“ (http://sfdc.
stanford.edu/; [17]), das die theoretische Grundlage für
den Artikel geliefert hat.
Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor
gibt für sich und seine Koautoren an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  5.	 Davis DA, Mazmanian PE, Fordis M et al (2006) Accuracy of physician self-assessment compared
with observed measures of competence: a systematic review. JAMA 296:1094–1102
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Acad Emerg Med 15:988–994
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Health Professions: A Reformulation and Research
Agenda. Acad Med 80:46–54
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between self-assessment and self-monitoring. Adv
Health Sci Educ 16:311–29
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practice: the case for faculty development in teaching. Am J Med 109:749–752
11.	 Henderson P, Ferguson-Smith AC, Johnson MH
(2005). Developing essential professional skills: a
framework for teaching and learning about feedback. BMC Med Educ;5:11 doi:10.1186/1472-69205-11
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Teaching feedback to first-year medical students:
long-term skill retention and accuracy of student
self-assessment. J Gen Intern Med 24:721–726
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Educational Feedback Based on Clinical Communication Skills Strategies: Beyond the „Feedback
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addictive behaviors. Am Psychol 47:1102–1114
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Ortho Rel Res 449:34–38
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stanford.edu/clinical_teaching.html last accessed
25.12.2011
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the variables influencing residents‘ feedback-seeking behavior in relation to night shifts. Acad Med
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44:101–108
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accuracy, reactions, and perceptions of usefulness.
J Appl Psychol 86:930–942
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success. Notfall Rettungsmed 12(Suppl 2):45–48

Notfall + Rettungsmedizin 3 · 2012 

| 197

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Lebenslanges lernen ohne_effektives_feedback[1]

  • 1. Leitthema Notfall Rettungsmed 2011 · 15:193–197 DOI 10.1007/s10049-011-1518-9 Online publiziert: 25. April 2012 © Springer-Verlag 2012 R. Greif1 · J. Breckwoldt2 1  niversitätsklinik für Anästhesiologie und Schmerztherapie, Universitätsspital Bern, U Inselspital und Universität Bern, Schweiz 2  linik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, K Campus Benjamin Franklin, Berlin Redaktion J. Breckwoldt, Berlin B. Dirks, Ulm Warum lebenslanges Lernen ohne effektives Feedback nicht wirkungsvoll ist Vom „Feedback“ zum „Feedforward“ Der Zweck von effektivem Feedback ist Stärken zu stärken und Schwächen zu schwächen. Obwohl im Kontext von Lernen der Begriff „Feedback“ weit verbreitet ist, gehen die damit verbundenen Vorstellungen weit auseinander. So verstehen die Einen unter Feedback die abschließende Rückmeldungsrunde nach Seminaren oder Kursen, während für andere bereits die Haltung: „nicht getobt ist schon gelobt“ als eindeutiges Feedback gilt. In diesem Artikel sollen tiefer greifende Konzepte von Feedback beschrieben werden. Wir wollen Unterschiede zu obigen Vorstellungen deutlich machen und aufzeigen, was unter „effektivem“ Feedback gemeint ist. Die pure Rückmeldung ohne Sinn und Zweck bewirkt nämlich keine Veränderung beim Lernenden. Denn darum geht es und um die Notwendigkeit, Lernende zur stetigen Weiterentwicklung zu motivieren. Wie hilfreich dazu eine Außenperspektive ist, wird an empirischen Daten zur Selbsteinschätzung gezeigt. Daraus kann abgeleitet werden, dass letztlich die Haltung der Feedback-Geber und -Nehmer entscheidend für die Effektivität von Feedback ist. Als Grundlage für „lebenslanges Lernen“ kann somit der „Blick zurück“ („Feed → Back“) neu interpretiert werden als gemeinsam konzipierter Aktionsplan im Sinne eines „Feed → Forward“. Im „Feed → Forward“ liegt das Ge- wicht auf dem Verbesserungspotenzial des Lerners und damit in der Zukunft. Wie beschreibt die moderne Ausbildungsforschung Feedback? Auch in der Ausbildungsforschung existiert keine eindeutige Definition für Feedback [21]. Wenn man die historische Entwicklung nachzeichnet, wird als Ausgangspunkt häufig das einfache technische Modell der Rückmeldung eines Signals herangezogen. Dieses Modell der Rückmeldung entwickelt Jack Ende 1983 in seinem Artikel über die Bedeutung von Feedback für den klinischen Unterricht weiter [6]. Das Verständnis von Feedback hat sich aber in den letzten Jahren von der Rückmeldung (dem Blick auf die Vergangenheit) immer mehr den möglichen Veränderungen in der Zukunft zugewandt, dem später beschriebenen „Aktionsplan“ mit dem rezenten Modell des Feed Forward [4]. Skeff u. Stratos beschreiben den Prozess als edukative Schleife (. Abb. 1, [17]), in der die Lehrkraft von den Lehrzielen ausgehend Inhalt und Format des Unterrichts definiert, um dann anschließend den Erfolg zu evaluieren. Die Performanz der Studierenden wird dabei beobachtet und so kann das Erreichen der Lernziele im Feedback übermittelt, bewertet und angepasst werden. Auf der Basis einer umfangreichen Literaturrecherche definierten van de Rid- der et al. 2008 Feedback in der klinischen Lehre als „spezifische Information über den Abgleich zwischen der beobachteten Performanz des Lerners und einem Standard, mit dem Ziel die Leistung des Trainierenden zu verbessern“[21]. In dieser Definition sind als Kernelemente die zugrunde liegende Beobachtung und die Orientierung auf ein Ziel genannt. Feedback geht weit über das Beschreiben von Ereignissen und Verhalten hinaus, im Unterschied zur Kritik. Gerade die Ausrichtung auf die zu verbessernde Leistung im Vergleich mit den zu errei- Feedback Evaluation Lernziele Unterricht/ Didaktik Abb. 1 8 Die edukative Schleife. Mit Hilfe des Instruments „Feedback“, können nach Evaluation des Unterrichts die Leistung eingeordnet und übermittelt werden, um letztendlich neue Lernziele zu stecken. (Skeff K, Stratos G. Stanford Faculty Development Program for Clinical Teaching) Notfall + Rettungsmedizin 3 · 2012  | 193
  • 2. Leitthema Tab. 1  Charakteristika effektiven Feedbacks Charakteristikum Beispiel Spezifität Beschreibt ein präzises Beispiel oder Verhalten Frequenz und Timing Häufig und zeitnahe zum ­Ereignis Beschreibt das Ziel von Feedback besser als der Begriff „positives“ Feedback Nimmt emotionale Bindung vom „Negativem“ weg Übergang vom Beschreiben und Reflektieren zu möglichen Änderungen Ist das Ziel von Feedback, kommt vom Lernenden selbst Vorrausetzungen für effektives Feedback Verstärkend Korrigierend Reaktion auf Feedback Aktionsplan Lernklima, -ziele, Evaluation „Ich denke, dein Zugang verursacht Probleme“ vs. „Du machst das falsch“   „Was willst du beibehalten – ausbauen?“ „Was willst du nicht mehr machen?“ „Kannst du mit dem Beschriebenen etwas anfangen?“ „Was werden deine nächsten Schritte sein?“ Edukative Schleife (s. Abb.1) Tab. 2  Feedback-Regeln Feedback geben – Alle beobachteten Punkte sind Ressourcen – Wertschätzung (Feedback ist ein Geschenk) – Feedback persönlich direkt an Empfänger – Sachlich, konkrete Beispiele und Wahrnehmungen – Keine Vermutungen – Nichts stehen lassen – Stärken stärken – Schwächen schwächen Feedback annehmen – Niemand muss Feedback nehmen – Ruhig bis zum Ende anhören – Verständnisfragen stellen – Keine Erklärungen oder Rechtfertigungen – In eigene Worte fassen – Veränderungsplan für Zukunft überlegen – Vorschläge ausprobieren chenden Lernzielen, gibt dem Feedback erst die eigentliche Bedeutung im kontinuierlichen Lernprozess. Wie wichtig Feedback für die persönliche Weiterentwicklung im Sinne des lebenslangen Lernens ist, zeigt eine Metaanalyse von Davis et al., in der bei 20 Vergleichen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung nur 7-mal eine positive Assoziation gefunden wurde [5]. Das Alarmierende an den Ergebnissen ist aber v. a., dass die schlechteste Übereinstimmung bei den am wenigsten kompetenten Ärzten nachgewiesen wurde und dass diese sich aber am besten eingeschätzt hatten. 194 |  Notfall + Rettungsmedizin 3 · 2012 Was sind die Charakteristika effektiven Feedbacks? Als übergeordnetes Prinzip sollte die positive Wertschätzung allem Feedback zugrunde liegen. Dieses Prinzip sollte bei vielen der empfohlenen „Techniken“ eine Anpassung an die spezifische FeedbackSituation ermöglichen (. Tab. 1, [6]). Spezifität Durch das präzise Beschreiben von spezifischem Verhalten durch den Trainer kann Beobachtetes widergespiegelt werden [1]. Durch die Konzentration auf das konkrete Verhalten, bewegt sich das Feedback weg von der Persönlichkeit des Lernenden (und evtl. vorhandenen Vorurteilen). So kann es dem Empfänger des Feedbacks leichter fallen, dies anzunehmen und mögliche Verhaltensänderungen zu prüfen. Vom Prinzip her stellt Feedback eine externe Perspektive für konkretes Verhalten zur Verfügung. Den Charakter oder die Persönlichkeit der Menschen werden wir hingegen mit Feedback kaum ändern können. Frequenz, Zeitpunkt und Umfang Feedback wird effektiv, wenn es häufig und zeitnahe zum Ereignis gegeben wird. Das Verhalten ist dem Lernenden dann besser in Erinnerung und kann genauer reflektiert werden. Tage später ist es oft schwer, sich der konkreten Situation und der emotionalen Verstrickung zu erinnern. Ausnahme davon wäre ein emotional sehr belastendes Ereignis, das erst nach emotionaler Verarbeitung durch die Betroffenen reflektiert und analysiert werden kann [3]. Feedback zu einem einzelnen Zeitpunkt ist dem wiederholt gegebenen Feedback unterlegen, weil häufige kleinere Korrekturen leichter umzusetzen sind und eine allmähliche Annäherung an das erwartete Lernziel ermöglicht wird [1, 11]. Dies ist umso bedeutsamer, je eher der Gegenstand des Feedbacks im Bereich von haltungsbezogenen Lernzielen liegt. Einschränkend muss aber erwähnt werden, dass zu häufiges Feedback vom Lerner als einengend empfunden werden kann oder auch eine Abhängigkeit vom Lehrer schaffen kann. Dauernde Interventionen der Trainer erschweren die Selbsteinschätzung der Lernenden und erlauben es nicht, dass Lernende unabhängig und selbstständig werden. Verstärkendes und korrigierendes Feedback Beide Formen sind für Lernende nützlich, wenn das Feedback zielorientiert ist. Verstärkendes Feedback (auch als „Positives“ bezeichnet) vor korrigierendem (auch „Negatives“ genannt) erhöht die Aufmerksamkeit beim Empfänger. Darüber hinaus stärkt es die Wahrnehmung des
  • 3. Zusammenfassung · Abstract Lerners für seine positiven Ressourcen, eine Fähigkeit die im deutschen Sprachraum nicht immer vorhanden ist. Da die Begriffe „positiv und negativ“ so unterschiedlich emotional besetzt sind und das Ziel von Feedback nicht die aktuelle Wertung, sondern die Veränderung ist, sind die Begriffe „Stärken und Korrigieren“ viel angebrachter, um effektives Feedback zu beschreiben. Das sog. „Feedback-Sandwich“, in dem zunächst etwas Positives berichtet wird, gefolgt vom zu Korrigierenden, um dann wieder mit etwas Positivem abzuschließen, kann zu einer Koppelung der Stärken mit dem Negativen führen, wenn keine authentisch wertschätzende Haltung dahinter steht. Oft erwartet der Lerner nach der Einleitung „das hast du gut gemacht“ die Kritik mit dem „aber: …“. Insofern sollte die formalistische Verbindung „cookie – lemon – cookie“ vermieden werden. Das zu Korrigierende sollte wenn immer möglich von den Stärken getrennt besprochen werden [14]. Feedback empfangen Lernklima Feedback ist erst wirklich effektiv, wenn das beobachtete und reflektierte Verhalten verändert wird. Die Frage ist: „Was ist dein nächster Schritt?“, und die Antwort darauf sollte vom Lernenden kommen. Im Gegensatz zu den Vorstellungen des Trainers hat der Plan des Lernenden viel größere Chancen zur Umsetzung. Lerner und Lehrer gehen an dieser Stelle einen „Unterrichtsvertrag“ ein, der Beitrag des Lehrers ist dabei die unterstützende wertschätzende Außenperspektive sowie die Bereitstellung der Ressourcen zum Einüben und Ausprobieren von den entwickelten Veränderungen (. Abb. 3). Die wichtigste Säule, auf der effektives Feedback ruht, ist die wertschätzende Grundhaltung: Durch Anerkennung der spezifischen Situation und der Einschränkungen der Lernenden kann der Trainer Vertrauen aufbauen und ein Lernklima schaffen, das eine tiefer gehende Diskussion über beobachtete Verhaltensweisen ermöglicht. In einem guten Lernklima kann immer wieder an die gegebenen Lernziele erinnert werden und Fokussierung auf diese kann die Aufnahmefähigkeit von Feedback erhöhen (. Abb. 2). Feedback wird oft mit dem Bild eines Geschenks verglichen (mit allen seinen Implikationen): Der „schenkende“ Feedback-Geber versucht, sich möglichst gut in den Empfänger einzufühlen und bietet ihm den Abgleich mit einer wertfreien Außenperspektive an. Das Feedback zeigt somit viel vom Geber, so wie auch ein Geschenk bestimmte (z. B. pädagogische) Intentionen verfolgen kann. In diesem Sinne muss der Abgleich zwischen den (streng subjektiven) Perspektiven von Lerner und Trainer nicht unbedingt deckungsgleich sein. Effektives Feedback hängt auch von der aktiven Beteiligung der Lernenden ab. Die Überlegenheit von aktivem FeedbackEinholen seitens des Lerners („feedback seeking“) im Gegensatz zum reinen „Abwarten“ („feedback monitoring“) konnte in einer Studie in der gynäkologischen Weiterbildung eindrucksvoll gezeigt werden [20]. Es wird deutlich, wie das herrschende Lernklima in einer Institution die Bedingungen für das Gelingen von Feedback beeinflusst. Hilfreiche Verhaltensregeln für das Annehmen von Feedback finden sich in . Tab. 2 und 3. Das Bild vom Feedback als Geschenk gilt auch für den Annehmenden: Feedback muss nicht angenommen werden. In der Regel lohnt es sich aber zu überprüfen, ob die gegebene (Feedback-)Perspektive hilfreich sein könnte, um eine Veränderung in Gang zu setzen. Aktionsplan Feedback-Ebenen Je nach ihrem Informationsgehalt unterschieden wir verschiedene Feedback Ebenen [17]. Minimales Feedback Den Lernenden wird mitgeteilt, ob deren Leistung korrekt oder inkorrekt ist, ob deren Meinungen zugestimmt wird oder nicht. Häufig geschieht dies durch nonverbale Zeichen der Zustimmung oder Ablehnung (z. B.: Nicken, Kopfschütteln). Notfall Rettungsmed 2012 · 15:193–197 DOI 10.1007/s10049-011-1518-9 © Springer-Verlag 2012 R. Greif · J. Breckwoldt Warum lebenslanges Lernen ohne effektives Feedback nicht wirkungsvoll ist. Vom „Feedback“ zum „Feedforward“ Zusammenfassung Hintergrund.  Dem Prozess des Feedback wird im Zusammenhang mit Weiterbildung inzwischen eine fundamentale Bedeutung beigemessen. Ziel.  In diesem Beitrag soll dargestellt werden, warum effektives Feedback diese Bedeutung hat und durch welche spezifischen Charakteristika es seine Wirksamkeit erlangt. Dabei werden neuere Erkenntnisse der Ausbildungsforschung einbezogen. Das Konzept, nach dem Lernende und Feedback-Geber gemeinsam einen Aktionsplan entwickeln, wird hergeleitet. Des Weiteren wird die Wichtigkeit, das dafür notwendige wertschätzende Lernklima herzustellen, betont. Schlüsselwörter Feedback · Weiterbildung · Medizinische Ausbildung · Lebenslanges Lernen · Lernklima Why lifelong learning without consistent feedback is not effective. From“feed-back” to“feed-forward” Abstract Background.  The process of feedback is regarded to be a fundamental element of medical education. Objective.  This manuscript aims to show why effective feedback possesses this importance and how it reaches effectiveness. Data from empirical research are related to the principles of effective feedback. We propose a concept for the mutual development of a learning path by both the learner and the feedback-provider in order to improve learner performance. To facilitate this, the importance of an open learning climate is highlighted. Keywords Feedback · Medical education · Postgraduate training · Life long learning · learning climate Notfall + Rettungsmedizin 3 · 2012  | 195
  • 4. Leitthema minimales verhaltensbezogenes Feedback interaktives Evaluation Lernziele Lernklima Evaluation Abb. 2 8 Säulen für effektives Feedback. Die verschiedenen Ebenen von Feedback können erst effektiv sein, wenn das Lernklima ein Gespräch im gegenseitigen Vertrauen zulässt. Die Lernziele als Grundlage der Beobachtung und der Einschätzung müssen bekannt sein, um einerseits Evaluationskriterien zu haben und andererseits neue Lernziele (einen „Aktionsplan“) zu formulieren Diese durch Körpersprache und Mimik vermittelten „indirekten“ Feedbacks bergen die Gefahr, unklar oder doppeldeutig zu sein bzw. vom Lernenden nicht wahrgenommen zu werden. Minimales Feedback ist in der Regel unidirektional, d. h., dass sich der Feedback-Geber hinsichtlich des Effekts kaum rückversichern kann. Vorteilhaft ist natürlich der geringe Zeitbedarf, der in entsprechenden Situationen immerhin hilfreich sein kann. Beispiel für minimales Feedback: „ja –gut – das ist korrekt“ – oder: „du machst einen Fehler“ Beschreibendes Feedback Nun spiegelt der Trainer direkt Beobachtetes, indem er die Performanz des Lernenden konkret beschreibt. Er teilt zudem mit, warum er die Performanz für korrekt oder falsch hält und begründet somit seine Bewertung. Daraus können dann Verbesserungsansätze abgeleitet werden. Beispiele für verhaltensbezogenes Feedback: „Deine Fallpräsentation war klar und gut strukturiert.“ „Deinem Bericht fehlen wesentliche Untersuchungsergebnisse.“ „Ich stimme dir zu, da…“ “… das nächste Mal würde ich Folgendes machen…“ Interaktives Feedback Hier wird der Lernende aufgefordert zu artikulieren, was das zuvor gegebene Feedback bei ihm auslöst und wie er oder sie sich 196 |  Notfall + Rettungsmedizin 3 · 2012 „Was beibehalten?” „Was beenden?” „Nächste Schritte?” Aktionsplan „Womit starten?” Abb. 3 8Von der Evaluation zum Aktionsplan. Während des Evaluationsprozesses beobachtet die Lehrkraft („L“) die Interaktion der Studierenden („S“) mit dem Inhalt des Unterrichts („I“) und bekommt entsprechende Information über die Performanz zurück. Im Feedback kann nun gemeinsam analysiert und reflektiert werden, was beibehalten („Stärken stärken“) und was beendet oder verändert werden soll („Schwächen schwächen“). Daraus können dann die Lernenden ihre nächsten Schritte herausarbeiten und gelangen mit Unterstützung der Lehrkraft zum Aktionsplan künftiger Veränderungen diesbezüglich selbst einzuschätzt. Es kann dann im Anschluss dazu ein Feedback zu dieser Selbsteinschätzung gegeben werden und sich aus der Diskussion zwischen Feedback-Geber und -Nehmer ein Aktionsplan für die Zukunft entwickeln. Wenn der resultierende Aktionsplan vom Lernenden selbst kommt, steigert das die Akzeptanz für eine Verhaltensänderung enorm. Dies leitet hin zum zuvor schon beschriebenen Konzept des Feed-Forward [4]. Interaktives Feedback soll die Fähigkeit zur Selbsteinschätzung fördern. Wesentliche Defizite sind hier empirisch belegt (wie bereits erwähnt) und auch außerhalb der Medizin beobachtet worden [5, 8, 16]. Daher gilt es als effektiver, wenn ein Aktionsplan nicht allein aufgrund eigener Einschätzungen, sondern gemeinsam mit dem Trainer entwickelt wird („monitored self-directed learning“; [9]). Beispiele für interaktives Feedback: „Wie schätzt du deine Leistung ein? – Ich sehe das auch so.“ “… stimmst du meiner Beobachtung zu?“ „Was möchtest du ändern?“ Praktisches zum „eigenen“ Aktionsplan zum Erlernen von effektivem Feedback Ganz sicherlich kann effektives Feedback nicht durch das Lesen eines Artikels oder durch pures Beobachten anderer erlernt werden (. Tab. 2, [2, 12]). Das muss in der Praxis geschehen [13], in Workshops zum Erarbeiten und Üben von Feedback und v. a., indem wir Feedback zu unserem Feedback einholen. So können auch wir uns überlegen, was unsere nächsten Schritte sein sollen [2, 10, 18]. Auf jeden Fall müssen wir uns auf eine Beziehung mit den Lernenden einlassen [21]. Man kann das gut als „Konversation“ darstellen, in der der Fokus auf spezifisch veränderbarem Verhalten liegt und nicht auf dem Charakter der Person (Milan Teaching and Learning in Medicine, . Tab. 3, PEARLS). Das kann gelingen, wenn Inhalt und Beziehung möglichst nicht vermischt werden. Hinsichtlich des Informationsumfangs funktioniert Feedback nicht als reiner „Download“ von beobachteten Fakten. Das führt lediglich zu einem „Overload“ von Information, sodass schließlich gar nichts mehr aufgenommen und verändert werden kann. Der Feedback-Geber muss die Schwerpunkte setzen, die aus seiner Sicht am wichtigsten sind. „Feedback-Geben“ sollte deutlich explizit gemacht werden, damit es als solches wahrgenommen werden kann. Mehrere Untersuchungen haben aufgezeigt, dass Lernende angeben, sich Feedback öfter zu wünschen, es aber viel zu selten bekommen. Im Gegensatz dazu geben Lehrer an, durchaus häufig Feedback zu geben [19]. Genauso wichtig ist es, sich Zeit zu nehmen für Evaluation und Einschätzung.
  • 5. Tab. 3  Effektives Feedback geben – das „PEARLS“-Konzept nach [14, 15]: Um eine Bezie- hung aufzubauen sind folgende Punkte entscheidend Partnership (Partnerschaft): Empathy (Einfühlungsvermögen): Apology (Entschuldigung): Respect (Respekt): Legitimation (Rechtfertigung): Support (Unterstützung): Bei kontinuierlichem Feedback besteht die Gelegenheit zu wiederholter Performanz und wiederholtem Feedback, wodurch Kompetenzen und Verhalten sukzessive verfeinert werden können. Wenn möglich, sollte Augenmerk auf das Etablieren von kontinuierlichem Feedback gelegt werden. K.A. Ericsson beschäftigte sich mit der essenziellen Bedeutung von kontinuierlichem Feedback im Zusammenhang mit dem von ihm als „deliberate practice“ bezeichneten Verhalten. Damit wird eine Form von „zielgerichteter Praxis“ beschrieben, in der der Trainer die Übungen so arrangiert, dass der Plan zur Verbesserung der spezifischen Kompetenzen ständig neu angepasst wird. „Deliberate practice“ macht letztlich den Unterschied zwischen Weiterentwicklung und Stagnation aus (oder gar den Abfall vom bereits erworbenen Kompetenzniveau; [7]). Feedback ist gerade wegen unserer Schwierigkeiten in der Selbsteinschätzung als „Außenwahrnehmung“ so wichtig. Das Konzept des lebenslangen Lernens geht ja davon aus, dass eigene Kompetenzlücken wahrgenommen werden und diese durch entsprechende Lernaktivitäten aufgefüllt werden. Fazit für die Praxis F er Zweck von effektivem Feedback, D wie schon eingangs erwähnt, ist 1tärken zu stärken und S 1chwächen zu schwächen. S F eedback geben kann erlernt werden, F und zwar auf der Ebene von Wissen, Fertigkeiten und Haltungen. In der Interaktion mit dem Lernenden soll ein Perspektivenabgleich zwischen spezifischer, zeitnaher Beschreibung eines beobachteten Verhaltens mit einem vorgegeben Standard erfolgen, mit dem Ziel einen Plan zur Ver- „Ich schätze es, mit dir an dem Projekt zu ­arbeiten“ „Es klingt frustrierend, sich so abzumühen“ „Es tut mir leid, von deinen Schwierigkeiten zu hören“ „Danke, dass du deine Ansichten mit uns teilst“ „Das ist wirklich eine schwierige Aufgabe“ „Mal schauen, wie ich dir dabei helfen kann“ haltensänderung zu formulieren. ­Effektives Feedback ermöglicht letztendlich 1en Lernenden ihr Wissen, ihre d ­Fertigkeiten und ihre Haltungen zu verbessern, 1en Lehrenden zu erfahren, wie sie d ihren Unterricht effektiver gestalten können. Korrespondenzadresse Dr. J. Breckwoldt Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative ­Intensivmedizin, Charite – Universitäts­medizin Berlin, Campus Benjamin ­Franklin Hindenburgdamm 30, 12200 Berlin jan.breckwoldt@charite.deDanksagung.  Viele Gedanken dieses Artikels stammen aus der publizierten Literatur, aber noch viel mehr aus den vielen Gelegenheiten zu Feedback im Unterricht. So möchten wir uns besonders bei allen Lernenden bedanken, die unsere Erkenntnisse im Feedback erweitert haben. Speziellen Einfluss hatten sicherlich auch die Erfahrungen aus den Kursen des European Resucitation Councils und aus den Workshops des „Stanford Faculty Development Center for Medical Teachers“ (http://sfdc. stanford.edu/; [17]), das die theoretische Grundlage für den Artikel geliefert hat. Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt für sich und seine Koautoren an, dass kein Interessenkonflikt besteht.   5. Davis DA, Mazmanian PE, Fordis M et al (2006) Accuracy of physician self-assessment compared with observed measures of competence: a systematic review. JAMA 296:1094–1102   6. Ende J (1983) Feedback in clinical medical education. JAMA 250:777–781   7. Ericsson A (2008) Deliberate Practice and Acquisition of Expert Performance: A General Overview. Acad Emerg Med 15:988–994   8. Eva K, Regehr G (2005) Self-Assessment in the Health Professions: A Reformulation and Research Agenda. Acad Med 80:46–54   9. Eva K, Regehr G (2011) Exploring the divergence between self-assessment and self-monitoring. Adv Health Sci Educ 16:311–29 10. Griffith CH (2000) Evidenced-based educational practice: the case for faculty development in teaching. Am J Med 109:749–752 11. Henderson P, Ferguson-Smith AC, Johnson MH (2005). Developing essential professional skills: a framework for teaching and learning about feedback. BMC Med Educ;5:11 doi:10.1186/1472-69205-11 12. Hewson M, Little M (1998) Giving Feedback in Medical Education Verification of Recommended Techniques. J Gen Intern Med 13:111–116 13. Kruidering-Hall M, O’Sullivan PS, Chou CL (2009) Teaching feedback to first-year medical students: long-term skill retention and accuracy of student self-assessment. J Gen Intern Med 24:721–726 14. Milan F, Parish S, Reichgott M (2006) A Model for Educational Feedback Based on Clinical Communication Skills Strategies: Beyond the „Feedback Sandwich“. Teach Learn Med 18:42–47 15. Prochaska JO, DiClemente CC, Norcross JC (1992) In search of how people change. Applications to addictive behaviors. Am Psychol 47:1102–1114 16. Regehr G, Kevin Eva K (2006) Self-assessment, Selfdirection, and the Self-regulating Professional. Clin Ortho Rel Res 449:34–38 17. Skeff K, Stratos G (2011) Stanford Faculty Development Program for Clinical Teaching, http://sfdc. stanford.edu/clinical_teaching.html last accessed 25.12.2011 18. Skeff KM, Stratos GA, Berman J, Bergen MR (1992) Improving clinical teaching. Evaluation of a national dissemination program. Arch Intern Med 152:1156–1161 19. Sostok M, Coberly L, Rouan G (2002) Feedback Process between Faculty and Students. Acad Med 77:267 20. Teunissen PW, Stapel DA, Vleuten C van der et al (2009) Who wants feedback? An investigation of the variables influencing residents‘ feedback-seeking behavior in relation to night shifts. Acad Med 84:910–917 21. Ridder JM van de, Stokking KM, McGaghie WC, Cate OT ten (2008) What is feedback in clinical education? Med Educ 42:189–197 Literatur   1. Archer JC (2010) State of the science in health professional education: effective feedback. Med Educ 44:101–108   2. Bienstock J, Katz N, Cox S et al (2007) To the point: medical education reviews – providing feedback. Am J Obstet Gynecol 196:508–513   3. Brett JF, Atwater LE (2001) 360 degree feedback: accuracy, reactions, and perceptions of usefulness. J Appl Psychol 86:930–942   4. Conaghan P, Lockey A (2009) Feedback to feedforward. A positive approach to improving candidate success. Notfall Rettungsmed 12(Suppl 2):45–48 Notfall + Rettungsmedizin 3 · 2012  | 197