1. IWAK
Institut für Wi
r Wirtschaft, Arbeit und Kultur
Zentrum der G Goethe-Universität Frankfurt am Main
mM
Fachkräftesicherung durch
Aus- und Weiterbildung
s-
Zwischenbilanz zu 10 Jahren
IAB-Betriebspanel Hessen
Oliver Nüchter
Dr. Christa Larsen
Juli 2012
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2. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 1
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze ............................................................................................................. 2
Betriebliche Aus- und Weiterbildung 2001 bis 2011 ................................................................ 3
Ausbildungsbeteiligung und Ausbildungsintensität ........................................................... 4
Ausbildungsbeteiligung in Hessen auf niedrigstem Stand seit 2003 ........................................ 4
Besonders viele ungenutzte Potenziale im Produzierenden Gewerbe .................................... 6
Zahl der Auszubildenden geht erneut zurück ........................................................................... 7
Hessische Ausbildungsquote leicht rückläufig .......................................................................... 7
Angebotene und besetzte Ausbildungsplätze .................................................................... 9
Angebot von Ausbildungsplätzen steigt wieder an................................................................... 9
Anteil unbesetzter Ausbildungsplätze bleibt konstant hoch .................................................. 10
Kleinere Betriebe haben Probleme bei Besetzung von Ausbildungsplätzen .......................... 11
Viele unbesetzte Plätze in Handel und Sonstigen Dienstleistungen....................................... 12
Ausbildungsabschlüsse und Übernahmen ........................................................................ 13
Zahl der Abschlüsse geht langfristig leicht zurück .................................................................. 13
Deutlich mehr Übernahmen als in den Vorjahren .................................................................. 14
Betriebliche Weiterbildungsbeteiligung........................................................................... 16
Massiver Anstieg der weiterbildenden Betriebe in Hessen seit 2001 .................................... 16
Öffentliche Verwaltung hat höchsten Anteil an weiterbildenden Betrieben ......................... 17
Betriebliche Weiterbildungsintensität ............................................................................. 18
Anteil geförderter Beschäftigter in der Weiterbildung erneut gestiegen .............................. 19
Höchster Anteil der geförderten Beschäftigten im Dienstleistungssektor ............................. 19
Beschäftigte in Kleinbetrieben werden häufiger weitergebildet............................................ 20
Art der betrieblichen Weiterbildung ................................................................................ 22
Externe Kurse sind weiterhin die häufigste Art der Weiterbildung ........................................ 22
Flexible Weiterbildungsformen gewinnen an Bedeutung ...................................................... 22
Resumee .................................................................................................................................. 24
Methodische Anmerkungen .................................................................................................... 25
Literatur ................................................................................................................................... 25
3. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 2
Das Wichtigste in Kürze
Betriebliche Aus- und Weiterbildung sind Kernelemente der beruflichen Qualifizierung und
somit zentrale Bausteine der Fachkräfteversorgung. Idealtypisch bedarf es beider Instrumen-
te, um die nötigen Qualifikationen der Beschäftigten zu generieren und zu erhalten: die dua-
le Ausbildung liefert die fundierte berufsspezifische Grundlage, die dann in der Fort- und
Weiterbildung aktuell gehalten und um betriebsspezifische Inhalte ergänzt wird. Die Nut-
zung der beiden Instrumente erfolgt in den Betrieben jedoch nicht immer in gleicher Weise,
zudem sind in den letzten 10 Jahren unterschiedliche Entwicklungen zu beobachten.
• Die betriebliche Ausbildungsbeteiligung lag 2011 so niedrig wie zuletzt vor acht Jahren.
Maßgeblich hierfür ist v.a. die gestiegene Anzahl von Betrieben, die trotz Berechtigung
nicht ausbilden, vor allem im Produzierenden Gewerbe.
• Auch die absolute Zahl an Auszubildenden war rückläufig; die Ausbildungsintensität lag
somit auf dem niedrigsten Stand der letzten zehn Jahre.
• Einen Anstieg gab es hingegen bei der Zahl der neu angebotenen Ausbildungsplätze –
2011 wurden hochgerechnet rund 9.000 Ausbildungsstellen mehr angeboten als im Jahr
zuvor.
• Einen Höchststand hat 2011 die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze erreicht. Nur
83 Prozent der angebotenen Stellen konnten besetzt werden, wobei vor allem kleinere
Betriebe Probleme bei der Besetzung hatten.
• Die Zahl der erfolgreichen Ausbildungsabschlüsse blieb nahezu konstant, während eine
deutlich höhere Zahl an betrieblichen Übernahmen zu verzeichnen war. Die Übernah-
mequote betrug 2011 rund 67 Prozent, was den höchsten Wert der letzten 10 Jahre
darstellt.
• Einen massiven Anstieg gab es in Hessen im Bereich der Fort- und Weiterbildung. Die
Weiterbildungsbeteiligung lag 2011 bei 59 Prozent aller Betriebe, was mit Abstand den
höchsten Wert seit Beginn der Beobachtung darstellt.
• Auch der Anteil der geförderten Beschäftigten ist deutlich gestiegen, was vor allem an
dem größeren Engagement der Kleinbetriebe liegt. Die Weiterbildungsquote lag 2011
bei 27 Prozent, während 2001 nur 19 Prozent aller hessischen Beschäftigten weiterge-
bildet wurden.
• Der Trend geht zu flexibleren und arbeitsplatznahen Weiterbildungsformen. Weiterhin
sind jedoch externe Kurse und Seminare die häufigste Art der betrieblichen Weiterbil-
dung.
4. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 3
Betriebliche Aus- und Weiterbildung 2001 bis 2011
Aus- und Weiterbildung sind zentrale be- Für die beiden Bereiche Aus- und Weiter-
triebliche Strategien, um ausreichend Ar- bildung liegen unterschiedliche Indikato-
beitskräfte mit den passenden Qualifikati- ren vor. Zur Bestimmung des tatsächlichen
onen verfügbar zu haben. betrieblichen Ausbildungsverhaltens wer-
Betriebe nutzen diese beiden „Strategien“ den drei Themenfelder betrachtet:
in unterschiedlichem Maße in Abhängig- • die Ausbildungsbeteiligung und die
keit von ihren Bedarfen, ihren eigenen Ausbildungsintensität der Betriebe,
finanziellen und personellen Ressourcen • die angebotenen und besetzten Ausbil-
sowie von externen Bedingungen (wirt- dungsstellen,
schaftliche Entwicklung, Angebot an Aus- • sowie die erfolgreichen Ausbildungsab-
bildungsbewerbern etc.). Betriebliches schlüsse und betrieblichen Übernah-
Bildungsverhalten ist davon bestimmt, ein men der Absolventen.
möglichst optimales Match dieser Fakto-
Zur Bestimmung des betrieblichen
ren zu erreichen, um daraus den größten
Weiterbildungsverhaltens erfolgt eine Be-
individuellen Nutzen zu generieren.
rücksichtigung der folgenden Indikatoren:
Die internen und die externen Anforde-
• die Weiterbildungsbeteiligung der Be-
rungen an die meisten hessischen Betrie-
triebe,
be haben sich in den vergangenen 10 Jah-
• deren Weiterbildungsintensität, sowie
ren verändert. Dies hat ein verändertes
• die Art der genutzten Weiterbildungs-
Verhalten im Bereich der Aus- und Wei-
formen.
terbildung mit sich gebracht.
Für die genannten Faktoren werden - ne-
Die Daten das IAB Betriebspanels bilden
ben den Veränderungen im Zeitverlauf -
das Aus- und Weiterbildungsverhalten
Differenzierungen nach Wirtschaftszwei-
hessischer Betriebe im Verlauf der ver-
gen oder Betriebsgrößen bzw. Vergleiche
gangenen 10 Jahre ab. Die Daten sind
der hessischen mit der westdeutschen
nicht generiert, um Verhaltensverände-
Situation vorgenommen, um strukturelle
rungen direkt abzubilden. Es finden sich in
Faktoren und deren Entwicklung ebenfalls
den Daten aber viele Hinweise darauf,
erfassen zu können.
dass sich Betriebe in ihrem Bildungsver-
halten zum Teil beträchtlich gewandelt Die mit den Daten skizzierten vergange-
haben. nen Entwicklungen und erwarteten Trends
bieten Ansatzpunkte für die Optimierung
Der vorliegende Bericht geht auf Basis der
von Aus- und Weiterbildung in hessischen
im IAB-Betriebspanel erhobenen Daten
Betrieben und stellen damit eine wichtige
der Frage nach, wie sich die Aus- und
Säule dar, um zukünftige Fachkräftebedar-
Weiterbildungssituation in Hessen aus
fe zu decken.
betrieblicher Sicht darstellt und welche
Entwicklungen in den letzten 10 Jahren zu
beobachten waren.
5. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 4
Ausbildungsbeteiligung und Ausbildungsintensität
Um mittels betrieblicher Ausbildung einen der Ausbildungsvoraussetzungen bei den
eigenen Beitrag zur zukünftigen Fachkräf- Jugendlichen immer häufiger damit zu
teversorgung zu leisten, müssen ange- rechnen, dass auch ausbildungsbereite
sichts der demografischen Entwicklung Betriebe ihre Ausbildungsstellen nicht
bestehende Ausbildungsaktivitäten der besetzen können.
Betriebe zumindest beibehalten und u.U.
Im Folgenden gehen wir daher der Frage
zusätzliche Ausbildungspotenziale identifi-
nach, wie es den hessischen Betrieben
ziert und aktiviert werden.
gelingt, eine den eigenen Bedarfen ent-
Dieser Anspruch der Ausbildungsaktivtä- sprechende Ausbildungsleistung zu er-
ten findet seine Grenzen jedoch in den bringen. Als Indikatoren werden hierfür
nicht immer einfachen Rahmenbedingun- die Ausbildungsbeteiligung (wie viele Be-
gen; eine fundierte betriebliche Ausbil- triebe bilden aus?) und die Ausbildungsin-
dung ist zeit- und kostenintensiv, was ins- tensität (wie viele Personen werden aus-
besondere bei kleineren Betrieben mit gebildet?) herangezogen und deren Ent-
geringeren Ressourcen eine kontinuierli- wicklung im Verlauf der vergangenen 10
che Sicherung des eigenen Fachkräftebe- Jahre nachgezeichnet. Im ersten Fall geht
darfs durch eigene Ausbildung erschwert. es um die grundsätzliche Frage, ob ein
Zudem ist in der Zukunft aufgrund des Betrieb erstmalig (oder erneut) ausbildet,
demografiebedingten Rückgangs an Be- im zweiten Fall um die Ausbildungsintensi-
werbern und der großen Heterogenität tät.
Ausbildungsbeteiligung in Hessen auf niedrigstem Stand seit 2003
Ein erster Indikator des Ausbildungsver- war die Ausbildungsbeteiligung auf einem
haltens ist, ob sich die Betriebe generell ähnlich niedrigen Stand wie aktuell; im
an der Ausbildung beteiligen oder nicht. Jahr 2003 lag sie mit 29 Prozent sogar et-
Hier ist eine eher ernüchternde Zahl zu was unter dem Wert von 2011.
vermelden: Die Ausbildungsbeteiligung ist Der erneute Rückgang der Ausbildungsbe-
in Hessen seit 2008 kontinuierlich gesun- teiligung liegt im Jahr 2011 weniger an der
ken und lag 2011 bei nur noch 30 Prozent Zahl der Betriebe, die gar nicht ausbilden
ausbildender Betriebe. Dies ist ein Rück- dürfen, sondern vielmehr an dem unge-
gang um fünf Prozentpunkte gegenüber nutzten Potenzial: 34 Prozent der hessi-
dem Jahr 2008. Hochgerechnet bedeutet schen Betriebe haben die Berechtigung zu
dies, dass 2011 etwa 7.500 Betriebe weni- einer betrieblichen Ausbildung, nutzen
ger ausbildeten als noch vor Beginn der diese aber nicht. Mit anderen Worten: 64
Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise. Prozent der hessischen Betriebe besitzen
Ein Blick in die weiter zurückliegende Ver- nach eigenen Angaben eine Ausbildungs-
gangenheit relativiert diesen Befund ein berechtigung, mehr als die Hälfte lässt
wenig: Bereits zu Anfang des Jahrzehnts diese brachliegen. Dies ist der höchste
6. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 5
Wert seit acht Jahren, und kann auch als triebe gesehen werden, geeignete Auszu-
erster Indikator für die Probleme der Be- bildende zu bekommen.
Abb. 1: Ausbildungsberechtigung und Ausbildungsbeteiligung hessischer Betriebe 2001-2011, An-
gaben in Prozent
100%
36 39 38 39 37 34 38 36
42 40 40
27 27 28 33 31 34
26 29 35 29 28
32 31 32 35 32 34 35 33 32 30
29
0%
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Betrieb hat keine Berechtigung Betrieb bildet nicht aus, trotz Berechtigung Betrieb bildet aus
Quelle: IAB-Betriebspanel 2001-2011
Unter dem Aspekt der Fachkräftesiche- Auch unter den Betrieben, die Ausbildung
rung ist zusätzlich interessant, ob die Aus- als wichtige Maßnahme zur eigenen Fach-
bildungsbeteiligung bei den Betrieben, die kräfteversorgung nennen, findet sich über
in naher Zukunft mit Fachkräftebedarfen ein Drittel, das derzeit nicht ausbildet.
rechnen, anders ausfällt als im Durch- Zusammenfassend lässt sich demnach
schnitt aller Betriebe. Tatsächlich ist die festhalten, dass der hohen Bedeutung, die
Ausbildungsbeteiligung in dieser Gruppe Ausbildung als Fachkräftesicherungsstra-
mit über 42 Prozent deutlich höher; aber tegie in der betrieblichen Wahrnehmung
auch unter diesen Betrieben, die in der genießt, nicht durchgängig entsprechende
Zukunft Stellen für Fachkräfte besetzten Aktivitäten folgen.
müssen, lassen derzeit rund 32 Prozent Umgekehrt hat für etwa 15 Prozent der
eine vorhandene Ausbildungsberechti- Ausbildungsbetriebe die forcierte Ausbil-
gung ungenutzt. dung keine Bedeutung bei der Fachkräfte-
Ein ähnliches Bild bietet sich bei Betrach- sicherung. Dies verleitet zu der Folgerung,
tung der Betriebe, die in Zukunft Proble- dass Ausbildung für einige Betriebe eher
me bei der Besetzung von Fachkräftestel- als zukünftige Strategie von Interesse ist,
len erwarten: Dort liegt die Ausbildungs- die noch nicht verfolgt wird, während für
beteiligung zwar ebenfalls über dem andere Betriebe die eigene Ausbildung
Durchschnitt, aber knapp 29 Prozent aller weniger strategischen Überlegungen folgt
Betriebe, die bei allen zu besetzenden als vielmehr einer Tradition oder einer
Stellen mit Problemen rechnen, bilden gesellschaftlichen Verpflichtung.
trotz bestehender Berechtigung nicht aus.
7. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 6
Besonders viele ungenutzte Potenziale im Produzierenden Gewerbe
Traditionell bestehen zwischen den ein- schafts- und wissenschaftsorientierten
zelnen Wirtschaftssektoren deutliche Un- Dienstleister sowie der Sonstigen Dienst-
terschiede bezüglich der Ausbildungsbe- leistungsbetriebe besitzen überhaupt kei-
teiligung. Dies ist 2011 nicht anders: Unter ne Ausbildungsberechtigung. Da in diesen
den Dienstleistungsbetrieben liegt der Sektoren Hessens jedoch eine hohe Zahl
Anteil ausbildender Betriebe bei weniger von Betrieben und Beschäftigten zu finden
als einem Viertel, im Verarbeitenden Ge- ist, ist auch die absolute Zahl der Auszu-
werbe dagegen bei 46 Prozent. Dies ent- bildenden groß, ungeachtet der geringe-
spricht im Wesentlichen der angegebenen ren Ausbildungsbeteiligung im Sektor.
Bedeutung, die die betriebliche Ausbil-
Eine exakte langfristige Betrachtung der
dung als Strategie zur Fachkräftesicherung
Veränderungen kann aufgrund des Wech-
besitzt, womit zumindest in der sektoralen
sels der Wirtschaftszweig-Systematik im
Betrachtung eine Übereinstimmung zwi-
Jahr 2009 nicht ausgewiesen werden,
schen der präferierten Strategie und dem
punktuelle Vergleiche zeigen jedoch, dass
tatsächlichen Verhalten festzustellen ist.
sich strukturell keine wesentlichen Verän-
Die relative Ausbildungsferne der Dienst- derungen der sektoralen Ausbildungsbe-
leistungsbetriebe wird nochmals bestätigt teiligung ergeben haben – die Verände-
durch die überdurchschnittlich große Zahl rungen betreffen alle Sektoren in ähnli-
von Betrieben, die gar nicht ausbilden chem Maße.
dürfen: Jeweils etwa 45 Prozent aller wirt-
Abb. 2: Ausbildungsberechtigung und Ausbildungsbeteiligung in Hessen 2011 nach Wirtschafts-
zweigen, Angaben in Prozent
100%
17
28
34 36
41 44 45
37
31
31
34
39 33 28
46 41
35 30
23 28
20
0%
Verarbeitendes Baugewerbe Handel u. wirtschaftl. + wiss. Sonstige Öffentliche alle Betriebe
Gewerbe Reparatur Dienstleistungen Dienstleistungen Verwaltung/Org.
o. Erwerbszw
Betrieb hat keine Berechtigung Betrieb bildet nicht aus, trotz Berechtigung Betrieb bildet aus
Quelle: IAB-Betriebspanel 2011, eigene Berechnungen
8. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 7
Zahl der Auszubildenden geht erneut zurück
Der Rückgang der Zahl ausbildender Be- Ein allgemeiner Rückgang der Zahl der
triebe lässt erwarten, dass auch die Zahl Auszubildenden ist hierbei in den letzten
der Auszubildenden rückläufig ist. Dies ist 10 Jahren nicht zu beobachten. Anfang
auch der Fall: Im Jahr 2011 ging die Zahl des Jahrzehnts lagen sie zwar z.T. noch
der in Hessen beschäftigten Auszubilden- deutlich höher, gingen in der Folge dann
den laut IAB-Betriebspanel im zweiten aber zurück, um erst wieder in den Jahren
Jahr in Folge um 2,6 Prozent zurück. Wäh- 2007 und 2008 anzusteigen. Ein genereller
rend dieser Rückgang 2010 noch als späte Trend lässt sich demnach nicht festma-
Reaktion auf die Finanzmarkt- und Wirt- chen.
schaftskrise interpretiert wurde, also kon- Die Veränderungen der Zahl der Auszubil-
junkturbedingt, ist für 2011 zu mutmaßen, denden fallen innerhalb der einzelnen
dass andere Faktoren wie z.B. der Rück- Wirtschaftszweige sehr unterschiedlich
gang an geeigneten Bewerbern (die im
aus, wobei aufgrund der z.T. geringen Fall-
IAB-Betriebspanel nicht erhoben werden)
zahlen nur Tendenzaussagen möglich sind.
maßgeblich sind. Aufgrund der Differen-
So sind im Verarbeitenden Gewerbe, im
zen zu anderen Erhebungen (s. Schlusska-
Handel und bei den Sonstigen Dienstleis-
pitel „Methodische Anmerkungen“) sind
tungen recht deutliche Rückgänge der
die absoluten Zahlen nur bedingt mit an-
Ausbildungszahlen zu beobachten, das
deren Quellen vergleichbar. Das Hessische
Baugewerbe hingegen, in dem die relativ
Statistische Landesamt vermeldete jedoch
meisten unbesetzten Fachkraftstellen zu
in seiner neuesten Veröffentlichung für
finden sind, konnte als einziger Wirt-
das Ausbildungsjahr 2011 ebenfalls einen
schaftszweig eine Zunahme der Zahl der
Rückgang der Zahl der Auszubildenden in
Auszubildenden vermelden.
Hessen, der nach der dort zugrunde lie-
genden Abgrenzung bei 1,8 Prozent lag
(vgl. Statistisches Bundesamt 2012).
Hessische Ausbildungsquote leicht rückläufig
Ausbildungsquoten messen den Anteil der schäftigtenzahl zwischen 2010 und 2011
Auszubildenden an den sozialversiche- erhöhte, ist die Ausbildungsquote in Hes-
rungspflichtig Beschäftigten, wobei alle sen gegenüber dem vergangenen Jahr
Betriebe, also auch Betriebe ohne Auszu- erneut zurückgegangen und liegt nun bei
bildende herangezogen werden. Sie be- 4,6 Prozent. Das Land liegt damit auf dem
stimmen die Ausbildungsintensität der niedrigsten Stand der letzten 10 Jahre;
Betriebe und sind strukturelle Größen, die insbesondere die Zunahme der Zahl der
sich in der Regel im Zeitverlauf nur wenig Gesamtbeschäftigten in den letzten Jahren
verändern; konjunkturelle Effekte lassen schlägt sich hier nieder. Zudem liegt Hes-
sich daher mit der Ausbildungsquote nicht sen deutlich unter dem westdeutschen
erfassen, zumal ein gleichzeitiger Rück- Durchschnitt, der in den letzten Jahren nie
gang von Auszubildenden und Gesamtbe- erreicht werden konnte.
schäftigten zu einer gleichbleibenden
Ausbildungsquote führt. Da sich die Be-
9. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 8
Maßgeblich hierfür kann der höhere werbe hingegen nimmt auch 2011 die
Dienstleistungsanteil in Hessens Wirt- Spitzenposition bei der Ausbildungsinten-
schaft sein, denn im Dienstleistungsbe- sität ein: Mehr als jeder zehnte Beschäftig-
reich ist traditionell eine niedrige Zahl an te im Baugewerbe ist ein Auszubildender.
Auszubildenden beschäftigt. Das Bauge-
Abb. 3: Ausbildungsquoten in Hessen und Westdeutschland 2000-2011, Angaben in Prozent
7
6
5,6 5,6 5,6 5,9
5,5 5,6 5,7
5,5
5,4
5,5 5,5
5,5
5,1
5
4,5 5,1 4,9
5 4,9 4,9 4,8 4,9 4,6
4,8
4
3,9
3
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Hessen Westdeutschland
Quelle: IAB-Betriebspanel 2000- 2011, eigene Berechnungen
Ein Blick auf die sektoralen Ausbildungs- Ausbildungsintensität hinter Westdeutsch-
quoten zeigt jedoch, dass die Wirtschafts- land zurück.
struktur allein nicht die niedrigere Quote Zusammenfassend lässt sich festhalten,
Hessens erklärt: Auch innerhalb der meis- dass Ausbildungsbeteiligung und Ausbil-
ten Wirtschaftsbereiche liegen diese dungsquote zwar gewissen Schwankungen
knapp unterhalb des westdeutschen Mit- unterliegen, in der Vergangenheit struktu-
tels, besonders deutlich im Handel. Die rell jedoch recht konstant blieben. Eine
Öffentliche Verwaltung ist, neben dem generelle Zunahme der Ausbildungsbereit-
Baugewerbe, wie bereits in den Vorjahren schaft, die auf die große Bedeutung als
der einzige hessische Wirtschaftssektor, in Fachkräftesicherungsstrategie zurückzu-
dem mehr Auszubildende pro 100 sozial- führen sein könnte, ist demnach ebenso
versicherungspflichtig Beschäftigter anzu- wenig zu beobachten wie ein möglicher
treffen sind als im westdeutschen Durch- bewerberbedingter Rückgang der Ausbil-
schnitt. In allen anderen Sektoren bleiben dungsaktivitäten.
die hessischen Betriebe hinsichtlich der
10. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 9
Angebotene und besetzte Ausbildungsplätze
Zur genaueren Bewertung des betriebli- dungsverhalten abweichendes Bild ergibt.
chen Verhaltens sind andere, zeitnähere Dies lässt dann unter Umständen Rück-
Indikatoren nützlicher. Hierunter fällt ins- schlüsse darauf zu, ob Betriebe Fachkräf-
besondere, ob der Betrieb neue Ausbil- teengpässe antizipieren, oder aber ihre
dungsstellen angeboten hat, ob diese Ausbildungsaktivitäten nach konjunkturel-
Plätze besetzt werden konnten, und ob len oder anderen strukturellen Maßgaben
sich hierbei ein von allgemeinen Ausbil- planen.
Angebot von Ausbildungsplätzen steigt wieder an
Die absolute Zahl an Auszubildenden ging Stellen 2011 also höher sein als im Jahr
2011 zurück, wie oben gezeigt wurde. zuvor.
Wenn die These richtig ist, dass Betriebe
Die Zahlen des IAB- Betriebspanels bestä-
aufgrund erwarteter Fachkräfteengpässe
tigen dies: Im Jahr 2011 boten die hessi-
verstärkt auf betriebliche Ausbildung set-
schen Betriebe hochgerechnet etwa
zen, sollte sich dies zumindest beim Ange-
53.900 Ausbildungsstellen nach der Defini-
bot neuer Ausbildungsplätze niederschla-
tion des Panels an, was einen Zuwachs
gen. Es müsste die Zahl der angebotenen
binnen Jahresfrist um fast 9.000 Stellen
bedeutet.
Abb. 4: Angebotene Ausbildungsplätze in Hessen 2002-2011, hochgerechnete absolute Zahlen (ge-
rundet)
60000
55.400
53.300 53.900
47.800 48.600
47.100 46.600 47.200
45.100
45000 42.800
30000
15000
0
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Quelle: IAB-Betriebspanel 2002 - 2011, eigene Berechnungen
11. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 10
Der zweite Blick auf die langfristige Ent- Ausbildungsmarkt wirken, denn in beiden
wicklung des Angebots bestätigt diesen Jahren war eine schwierige wirtschaftliche
Befund. Die Zahl der angebotenen Plätze Lage zu verzeichnen.
2011 ist nicht nur im Vergleich zum Vor- Mit Blick auf die demografische Entwick-
jahr, sondern auch in Relation zu den in lung könnte man daher festhalten, dass
den Jahren zuvor üblicherweise beobach- die Ausweitung des Stellenangebots sei-
teten Werten sehr hoch: Allein in den Jah-
tens der Betriebe deren zukünftig größere
ren 2009 und 2004 wurden bislang ähnlich
Bereitschaft spiegeln könnte, in die Aus-
viele Ausbildungsstellen in Hessen ange-
bildung eigener Fachkräfte zu investieren.
boten. Die hohen Werte dieser beiden
Um dies zu validieren, muss allerdings die
Jahre belegen auch, dass konjunkturelle
Entwicklung der nächsten Jahre abgewar-
Effekte in der Regel verzögert auf den
tet werden.
Anteil unbesetzter Ausbildungsplätze bleibt konstant hoch
Ein zentraler Indikator für die betriebli- konnten. Im Jahr 2010 fiel dieser Wert
chen Schwierigkeiten, geeignete Auszubil- jedoch auf nur noch knapp 83 Prozent,
dende zu finden, ist die Zahl der unbesetzt was zu der Vermutung führte, dass die
bleibenden Ausbildungsstellen. Im IAB- Anzahl der (im IAB-Betriebspanel nicht
Betriebspanel lag diese Besetzungsquote erhobenen) Bewerber bereits am Sinken
in der Vergangenheit zumeist bei etwa 90 ist, weshalb mehr Ausbildungsstellen nicht
Prozent, d.h. dass neun von zehn Ausbil- besetzt werden konnten als in der Ver-
dungsstellen in Hessen besetzt werden gangenheit.
Abb. 5: Differenz zwischen angebotenen und besetzten Ausbildungsplätze in Hessen 2002-2011
(hochgerechnete absolute Zahlen, gerundet)
10000
9.100
9000
7.700
8000 7.500 7.400
7000
6.400
6000
5000 5.200
4.800
4.300
4000
3.700
3.300
3000
2000
1000
0
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Quelle: IAB-Betriebspanel 2002-2011, eigene Berechnungen
Für das Jahr 2011 scheint sich dies zu be- 83 Prozent stagniert - zu berücksichtigen
stätigen, da der Wert weiterhin bei etwa ist allerdings, dass aufgrund der höheren
12. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 11
absoluten Zahl an angebotenen Plätzen tatsächlich zu wenige Bewerber vorhan-
sowohl eine größere Zahl an Stellen unbe- den sind, stellt sich für die Betriebe die
setzt blieb wie auch besetzt werden konn- Frage, ob eigene Ausbildung die falsche
te als im Vorjahr. Strategie ist, bzw. müssen sich die Betrie-
Inwieweit der Anstieg der neu angebote- be beim „Kampf um die Köpfe“ aktiv um
nen Ausbildungsstellen schon als Reaktion höhere Attraktivität bemühen, um die
auf die erwarteten Fachkräfteprobleme zu wenigen Bewerber tatsächlich in Ausbil-
sehen ist, lässt sich mit den Daten des IAB- dung zu bringen und zu halten.
Betriebspanels nicht klären. Falls jedoch
Kleinere Betriebe haben Probleme bei Besetzung von Ausbildungsplätzen
Besonders große Probleme, Auszubilden- angebotenen Stellen zu besetzen, hatten
de zu finden, hatten hierbei erneut die dagegen die Großbetriebe, die für über 90
Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten, Prozent ihrer Ausbildungsplätze geeignete
bei denen etwa ein Viertel der Stellen un- Bewerber fanden.
besetzt blieb. Deutlich mehr Erfolg, die
Abb. 6: Angebotene und besetzte Ausbildungsplätze in Hessen nach Betriebsgrößenklassen 2011,
hochgerechnete absolute Zahlen (gerundet)
16000
14.700 14.600
14000 13.300
12.500
12.000
12000 11.400 11.400
10000
8.700
8000
6000
4000
2000
0
1-9 Beschäftigte 10-49 Beschäftigte 50-249 Beschäftigte 250 u. mehr Beschäftigte
angebotene Ausbildungsplätze besetzte Ausbildungsplätze
Quelle: IAB-Betriebspanel 2011, eigene Berechnungen
Zurückführen kann man dies möglicher- Ausstattung der Arbeitsplätze und die Be-
weise auf die häufig attraktiven Ausbil- treuung ebenso von Belang sind wie spä-
dungsbedingungen, die größere Betriebe tere Beschäftigungs- und Verdienstmög-
in der Regel bieten können, wobei die lichkeiten.
13. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 12
Viele unbesetzte Plätze in Handel und Sonstigen Dienstleistungen
In der vorausgegangenen Fachkräftestudie toren werden gewisse Differenzen sicht-
konnte festgestellt werden, dass in jenen bar: Betriebe aus den Bereichen der wirt-
Sektoren, die aktuell viele unbesetzte schaftlichen und wissenschaftlichen
Fachkraftstellen aufweisen, in der Zukunft Dienstleistungen und des Baugewerbes
trotzdem seltener Probleme bei der Be- hatten nur recht wenige unbesetzte Aus-
setzung von offenen Stellen erwartet wer- bildungsstellen zu verzeichnen. Mit ande-
den. Dies wurde u.a. mit der konjunkturel- ren Worten: Gerade in jenen Sektoren, die
len Situation begründet (vgl. Nüchter / aktuell viele Fachkräfte suchen, werden
Larsen 2012). ausreichend Auszubildende gewonnen,
Die vertiefte Auswertung des Ausbil- was wiederum zu der Einschätzung beitra-
dungsverhaltens liefert nun einen weite- gen dürfte, in der nahen Zukunft keine
ren Anhaltspunkt für diese Diskrepanz, gravierenden Probleme bei der Fachkräf-
denn bei Betrachtung der Wirtschaftssek- teversorgung zu bekommen.
Abb. 7: Angebotene und besetzte Ausbildungsplätze in Hessen nach Wirtschaftszweigen 2011,
hochgerechnete absolute Zahlen (gerundet)
18000 17.000
16000
14.300
14000 12.900
12000
9.700
10000
7.700
8000
6.200
6000 5.300
4.700 4.900
3.900
4000 3.4003.200
2000
0
Verarbeitendes Baugewerbe Handel u. wirtschaftl. + wiss. Sonstige Öffentliche
Gewerbe Reparatur Dienstleistungen Dienstleistungen Verwaltung/Org.
o. Erwerbszw
angebotene Ausbildungsplätze besetzte Ausbildungsplätze
Quelle: IAB-Betriebspanel 2011, eigene Berechnungen
Ein ganz anderes Bild bietet sich hingegen gistik, Erziehung und Unterricht sowie das
in den Bereichen Handel und den Sonsti- Gesundheitswesen gehören, bestehen
gen Dienstleistungen, die beide für die demnach recht große Schwierigkeiten bei
Zukunft größere Fachkräfteprobleme er- der Nachwuchsrekrutierung, was sich auch
warten – dort blieb 2011 eine große Zahl in der zukünftigen Erwartung wiederspie-
an Ausbildungsstellen unbesetzt. In diesen gelt.
Sektoren, zu denen auch die Bereiche Lo-
14. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 13
Ausbildungsabschlüsse und Übernahmen
Die Zahl der erfolgreichen Ausbildungsab- schlussprüfungen. Die Zahl der Auszubil-
schlüsse variiert von Jahr zu Jahr. Sie ist denden, die ihre Ausbildung erfolgreich
zudem nicht unmittelbar aus der Zahl der abgeschlossen hat, ist demnach sowohl
neuabgeschlossenen Ausbildungsverträge ein Indikator für den Ausbildungsmarkt im
ableitbar, da die Dauer der Ausbildung Zeitverlauf, als auch für die Ausbildungs-
zwischen zwei und dreieinhalb Jahren lie- leistung von Betrieben und Berufsschulen.
gen kann; hinzu kommen noch die vorzei- Zudem gibt sie Aufschluss über die Fach-
tigen Vertragslösungen (Ausbildungsab- kräfte, die dem Arbeitsmarkt in der Folge
brüche), sowie nicht bestandene Ab- zusätzlich zur Verfügung stehen.
Zahl der Abschlüsse geht langfristig leicht zurück
Deren Zahl war im ersten Halbjahr 2011 noch darunter lag. Von allen erfolgreichen
eher unterdurchschnittlich: Hessenweit Absolventen waren rund 17.600 weiblich,
haben hochgerechnet etwa 35.600 Perso- was einem Anteil von 49,4 Prozent ent-
nen ihre Ausbildung erfolgreich beendet, spricht. Wenn man berücksichtigt, dass
was einen leichten Rückgang gegenüber unter allen Auszubildenden der Frauenan-
dem Vorjahr darstellt. Auch im langjähri- teil nur 45,7 Prozent beträgt, zeigt dies,
gen Vergleich ist dies ein eher niedriger dass die weiblichen Auszubildenden über-
Wert, wenn gleich in den Jahren 2008 und durchschnittlich häufig ihre Ausbildung
2009 die Zahl der erfolgreichen Abgänge erfolgreich abschließen.
Abb. 8: Erfolgreiche Ausbildungsabschlüsse in Hessen 2001-2011, hochgerechnete absolute Zahlen
(gerundet)
45.000
40.400
39.400 38.000
37.900 36.800 37.300
36.000 36.500 35.600
34.400
32.000
30.000
15.000
0
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Quelle: IAB-Betriebspanel 2001-2011, eigene Berechnungen
15. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 14
Deutlich mehr Übernahmen als in den Vorjahren
Als letzter Indikator des betrieblichen unterlag daher in der Vergangenheit recht
Ausbildungsverhaltens wurde die Über- großen Schwankungen. Im Jahr 2001 wur-
nahme von Ausbildungsabsolventen un- den noch zwei Drittel aller Absolventen
tersucht. Die Übernahmebereitschaft der übernommen, in den 2002, 2004 und 2005
Betriebe kann von deren wirtschaftlicher dann nur noch rund jeder zweite. Auch in
Lage und dem aktuellen Arbeitskräftebe- den 2008 bis 2010 ging die Übernahme-
darf bestimmt werden. Zudem ist zu be- quote kontinuierlich zurück.
achten, dass einige Betriebe grundsätzlich
Zwei Faktoren lassen für 2011 eine höhere
über Bedarf ausbilden, um einen Beitrag
Übernahmebereitschaft der Betriebe er-
zur generellen Fachkräfteversorgung zu
warten: die günstigere konjunkturelle Lage
leisten, ohne eine spätere Übernahme zu
sowie die eingangs formulierte Erkenntnis,
intendieren.
dass eigene Ausbildungsabsolventen einen
Die Übernahmequote, d.h. der Anteil der Schlüssel zur zukünftigen Fachkräftesiche-
Übernommenen an allen Absolventen, rung liefern.
Abb. 9: Übernahmequoten in Hessen 2001-2011, Angaben in Prozent
70 67 66 67
65
62
60
60 58 58
54 53 53
50
40
30
20
10
0
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Quelle: IAB-Betriebspanel 2001-2011, eigene Berechnungen
Die Zahlen des IAB-Betriebspanels bestäti- neun Prozentpunkte gegenüber dem Vor-
gen diese Vorannahme: Insgesamt wurden jahr bedeutet, womit erstmals wieder der
2011 von den ca. 35.600 Personen, die Spitzenwert des Jahres 2001 erreicht wur-
ihre Ausbildung erfolgreich abschlossen, de. Mit anderen Worten: Noch nie waren
hochgerechnet etwa 23.900 nach ihrer in der 10-jährigen Panelbeobachtung die
Ausbildung in den Betrieb übernommen. Chancen für junge Menschen besser, nach
Dies entspricht einer Übernahmequote einer erfolgreichen Ausbildung im eigenen
von 67 Prozent, was einen Zuwachs um Betrieb weiterbeschäftigt zu werden. An-
16. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 15
ders als bei den erfolgreichen Abschlüssen dungsbeteiligung und der Ausbildungsin-
sind bei den Übernahmen Frauen etwas tensität die Zahl der angebotenen und
unterrepräsentiert: Die Übernahmequote besetzten Ausbildungsplätze sowie der
bei den weiblichen Absolventen liegt bei betrieblichen Übernahmen in den letzten
64,5 Prozent. Einschränkend ist hierbei 10 Jahren eine größere Schwankung zei-
anzumerken, dass die Differenz gering ist; gen.
zudem liegen die Gründe für eine Nicht-
Ein eindeutiger Trend ist jedoch auch hier
Übernahme häufig bei den Jugendlichen
nicht zu beobachten – es existieren jedoch
selbst, die z.B den Betrieb wechseln möch-
Anhaltspunkte für Veränderung im Ausbil-
ten.
dungsverhalten, die den sich verändern-
Zusammenfassend lässt sich festhalten, den Rahmenbedingungen Rechnung zu
dass anders als bei der generellen Ausbil- tragen scheinen.
17. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 16
Betriebliche Weiterbildungsbeteiligung
Einen noch höheren Stellenwert als die deutung, die die Weiterbildung aus Sicht
betriebliche Ausbildung hat bei der Fach- der Betriebe hat, sich auch in einer Zu-
kräftesicherung aus Sicht der Betriebe die nahme entsprechender betrieblicher Akti-
Förderung der Fort- und Weiterbildung vitäten niederschlägt, wobei vor allem die
der Beschäftigten. Über 47 Prozent und betriebliche Weiterbildungsbeteiligung
somit fast die Hälfte der Betriebe, die (wie viele Betriebe fördern Weiterbil-
Probleme bei der Stellenbesetzung erwar- dungsmaßnahmen?) und die Weiterbil-
ten, setzt darauf. Weiterbildung ist damit dungsintensität (wie viele Beschäftigte
die bedeutsamste betriebliche Strategie werden gefördert?) als Indikatoren die-
zur Fachkräftesicherung (vgl. Nüch- nen. Zudem untersuchen wir noch, welche
ter/Larsen 2012). Maßgeblich hierfür dürf- Formen von Weiterbildung zum Einsatz
te insbesondere sein, dass sich Weiterbil- kommen und welche Entwicklung hierbei
dungsinhalte rascher, passgenauer und zu beobachten ist, wobei sowohl formale
flexibler auf die betrieblichen Bedarfe ab- (bspw. Kurse, Seminare oder Lehrgänge)
stimmen lassen als eine mehrjährige Aus- als auch informelle Weiterbildungsange-
bildung. bote (bspw. selbstgesteuertes Lernen am
Arbeitsplatz) erfasst werden.
Im folgenden wird nun der Frage nachge-
gangen, ob die hohe und steigende Be-
Massiver Anstieg der weiterbildenden Betriebe in Hessen seit 2001
Bereits in den Auswertungen des Be- Zunahme um 12 Prozentpunkte innerhalb
triebspanels der vergangenen Jahre konn- der letzten beiden Jahren dar; erstmals
te eine langsame Zunahme der Weiterbil- beteiligte sich somit eine deutliche Mehr-
dungsbeteiligung in Hessen beobachtet heit der hessischen Betriebe (hochgerech-
werden (vgl. Nüchter/Schmid 2011). net knapp 91.200) an Weiterbildungsmaß-
nahmen. Legt man die Entwicklung seit
Dieser Trend erfuhr im vergangenen Jahr
Beginn des Jahrzehnts zugrunde, ist der
eine massive Verstärkung. Im 1. Halbjahr
Anteil der weiterbildenden Betriebe in
2011 förderten rund 59 Prozent aller hes-
Hessen sogar um 20 Prozentpunkte höher;
sischen Betriebe Weiterbildungsmaßnah-
das Postulat des „lebenslangen Lernens“
men, indem sie Beschäftigte zur Teilnah-
findet demnach erstmals in einer Mehr-
me an inner- oder außerbetrieblicher Wei-
heit der hessischen Betriebe seine Ent-
terbildung freistellten und/oder diese
sprechung.
Maßnahme finanzierten. Dies stellt eine
18. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 17
Abb. 10: Anteil von Betrieben, die Weiterbildungsmaßnahmen fördern, an allen Betrieben in Hes-
sen und Westdeutschland 2001-2011, Angaben in Prozent
60 59
52
47
46 45
45 42
39 45 44
41 42
36
30
15
Hessen
Westdeutschland
0
2001 2003 2005 2007 2009 2011
Quelle: IAB-Betriebspanel 2001 -2011, eigene Berechnungen
Diese „betriebliche Weiterbildungsquote“ den kann. Auch in Westdeutschland ist ein
liegt in Hessen traditionell etwas höher als deutlicher Anstieg weiterbildender Betrie-
in Westdeutschland, was vor allem mit be zu beobachten, der aber hinter dem
dem etwas höheren Anteil an Dienstleis- hessischen zurückbleibt.
tungsbetrieben in Hessen begründet wer-
Öffentliche Verwaltung hat höchsten Anteil an weiterbildenden Betrieben
Wie oben bereits beschrieben, unter- dass dort auch die tatsächliche Weiterbil-
scheiden sich die einzelnen Wirtschafts- dungsbeteiligung entsprechend hoch ist.
zweige recht deutlich hinsichtlich der von
Die Daten des IAB-Betriebspanels bestäti-
ihnen präferierten Strategie zur Fachkräf-
gen dies: Im Bereich der öffentlichen Ver-
tesicherung. Während in der Produktion
waltung und der Organisationen ohne
(Bau- und Verarbeitendes Gewerbe) stär-
Erwerbscharakter finden sich die meisten
ker auf betriebliche Ausbildung gesetzt
weiterbildenden Betriebe. Deren Zahl ist
wird, halten im Dienstleistungsbereich
zudem nochmals deutlich gestiegen und
sowie der Öffentlichen Verwaltung über-
liegt bei nun 85 Prozent, mit anderen
durchschnittlich viele Betriebe Weiterbil-
Worten: Nur noch rund jeder siebte Be-
dung für die am besten geeignete Maß-
trieb dieses Sektors förderte im ersten
nahme. Dies legt die Vermutung nahe,
Halbjahr 2011 keinerlei Weiterbildung.
19. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 18
Abb. 11: Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen nach Wirtschaftszweigen in Hessen 2011, An-
gaben in Prozent
100%
15
32
80% 42 43 41
53 56
60%
40% 85
68
58 57 59
47 44
20%
0%
Verarbeitendes Baugewerbe Handel u. wirtsch. + Sonstige Öffentliche alle Betriebe
Gewerbe Reparatur wissenschaftl. Dienstleistungen Verwaltung/Org.
Dienstleistungen o. Erwerbszw
Ja Nein
Quelle: IAB-Betriebspanel 2011, eigene Berechnungen
Ebenfalls überdurchschnittlich ist die werbe der Anteil der weiterbildenden Be-
Weiterbildungsbeteiligung im Bereich der triebe unter dem Durchschnitt. Allerdings
Sonstigen Dienstleistungen; bei den wirt- sind auch deutliche Zuwächse zu verzeich-
schaftsbezogenen und wissenschaftlichen nen; so stieg der Anteil der weiterbilden-
Dienstleistungen hingegen, für die Wei- den Baubetriebe binnen Jahresfrist um
terbildung ein zentraler Baustein der zehn Prozentpunkte, was – neben kon-
Fachkräftesicherung ist, schlägt sich dies junkturellen Gründen – auch auf der sich
nicht in einer überdurchschnittlichen festigenden Erkenntnis beruhen könnte,
Weiterbildungsbeteiligung nieder. dass Engpässe auch mit Weiterbildung
behoben werden können.
Erwartungsgemäß liegt wiederum im Ver-
arbeitenden Gewerbe und dem Bauge-
Betriebliche Weiterbildungsintensität
Die Anzahl der fördernden Betriebe gibt hen, wenn z.B. aufgrund wirtschaftlicher
noch keine Auskunft über die Zahl der ge- Schwierigkeiten die Betriebe bei der Aus-
förderten Beschäftigten. So kann eine Zu- wahl der Weiterbildungsbeteiligten stren-
nahme des Anteils an fördernden Betrie- gere Maßstäbe anlegen. Um die Bedeu-
ben trotzdem mit einem Rückgang an Ar- tung der betrieblichen Weiterbildung zu
beitskräften, die an Fort- und Weiterbil- analysieren, ist es daher wichtig, die Be-
dungsmaßnahmen teilnehmen, einherge-
20. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 19
schäftigten in die Betrachtung mit einzu- beziehen.
Anteil geförderter Beschäftigter in der Weiterbildung erneut gestiegen
Auch hier ist jedoch ein deutlicher Zu- Die Weiterbildungsquote unter den be-
wachs zu verzeichnen: Im 1. Halbjahr 2011 schäftigten Frauen liegt wie in den Vorjah-
wurden hochgerechnet ca. 777.000 Be- ren unter dem Durchschnitt. Maßgeblich
schäftigte durch betriebliche Weiterbil- hierfür ist in erster Linie die höhere Teil-
dungsmaßnahmen gefördert, dies ent- zeitquote der Frauen, da Teilzeitbeschäf-
spricht einer Weiterbildungsquote von tigte seltener weitergebildet werden als
27,4 Prozent. Dies bedeutet nicht nur ei- Vollzeitkräfte; allerdings ist auch bei den
nen Zuwachs um rund drei Prozentpunkte Frauen 2011 mit einer Weiterbildungsquo-
gegenüber dem Vorjahr, sondern ist die te von 26,1 Prozent ein historischer
höchste Weiterbildungsquote seit Beginn Höchststand erreicht worden.
der Panelbeobachtung in Hessen vor 10
Jahren.
Abb. 12: Anteil geförderter Beschäftigter an allen Beschäftigten in Hessen 2001-2011, Angaben in
Prozent
30
27
25
23
24
21 22
20 19
15
2001 2003 2005 2007 2009 2011
Quelle: IAB-Betriebspanel 2001- 2011, eigene Berechnungen
Höchster Anteil der geförderten Beschäftigten im Dienstleistungssektor
Auch die Anteile der geförderten Beschäf- Gewerbe nahmen im ersten Halbjahr 2011
tigten variieren erwartungsgemäß zwi- an einer Weiterbildungsmaßnahme teil.
schen den Wirtschaftszweigen. Wenig Der höchste Anteil an geförderten Be-
überraschend ist zunächst, dass das Pro- schäftigten findet sich im Dienstleistungs-
duzierende Gewerbe den geringsten Anteil sektor, wo mehr als drei von zehn Be-
an geförderten Beschäftigten aufweist.
schäftigten im ersten Halbjahr 2011 geför-
Jeweils weniger als 20 Prozent der Be-
dert wurden. Die oben formulierte Diskre-
schäftigten in Bau- und Verarbeitendem panz zwischen der hohen Bedeutung, die
Weiterbildung als Strategie zur Fachkräf-
21. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 20
tesicherung in diesem Sektor besitzt, und Weiterbildungsquote die Öffentliche Ver-
der eher niedrigen Zahl an Betrieben, die waltung unter dem Durchschnitt, was
entsprechend handelt, wird somit relati- nichts anderes bedeutet, als dass dort
viert: Nirgendwo werden so viele Beschäf- zwar viele Betriebe grundsätzlich Maß-
tigte weitergebildet wie im Dienstleis- nahmen fördern, aber nur relativ wenig
tungssektor. Beschäftigte hiervon profitieren.
Anders als bei der Zahl der weiterbilden-
den Betriebe findet sich dagegen bei der
Abb. 13: Anteil geförderter Beschäftigter an allen Beschäftigten nach Wirtschaftszweigen in Hessen
2011, Angaben in Prozent
35
31,8 31,3
28,5 27,4
26,2
18,8 17,2
0
Verarbeitendes Baugewerbe Handel u. wirtsch. + Sonstige Öffentliche alle Betriebe
Gewerbe Reparatur wissenschaftl. Dienstleistungen Verwaltung/Org.
Dienstleistungen o. Erwerbszw
Quelle: IAB-Betriebspanel 2011, eigene Berechnungen
Auch hier ist eine exakte langfristige Be- aus den Bereichen Handel und Sonstigen
trachtung der sektoralen Veränderungen Dienstleistungen zu verzeichnen ist. Inso-
nicht möglich; Vergleiche legen jedoch fern dies zutrifft, wären dies wiederum
nahe, dass eine Zunahme der geförderten jene Sektoren, die in Zukunft die größten
Beschäftigten insbesondere in Betrieben Fachkräfteengpässe erwarten.
Beschäftigte in Kleinbetrieben werden häufiger weitergebildet
Dass der Anteil der weiterbildenden Be- den Großbetrieben lag dieser Wert bei
triebe mit steigender Betriebsgröße zu- über 96 Prozent.
nimmt, ist wenig überraschend. Von den Aufschlussreicher ist hier die Weiterbil-
Kleinstbetrieben förderten etwa 51 Pro-
dungsquote, d.h. der Anteil der Beschäf-
zent Weiterbildungsmaßnahmen, unter
tigten, die von den Maßnahmen profitier-
22. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 21
ten. Diese zeigt, dass die relativ größte insofern, als Großbetriebe aufgrund der
Wahrscheinlichkeit, in den Genuss einer größeren Flexibilitätspotenziale und dem
Weiterbildung zu kommen, für Beschäftig- Einsatz strategischer Personalentwicklung
te in Klein- und Kleinstbetrieben besteht. grundsätzlich bessere Voraussetzungen für
Dort wird jeder Dritte gefördert, in den die gezielte Fortbildung ihrer Beschäftig-
hessischen Großbetrieben hingegen nur ten besitzen.
jeder Fünfte. Dies Ergebnis überrascht
Abb. 14: Anteil geförderter Beschäftigter an allen Beschäftigten nach Betriebsgrößen in Hessen
2001-2011, Angaben in Prozent
40
33 34
29
26 26
25
23 23 23 23 24
21 21 21 21 22 20
22
21 20
19 18 19
14
0
1 bis 9 Beschäftigte 10 bis 49 Beschäftigte 50 bis 249 250 und mehr
Beschäftigte Beschäftigte
2001 2003 2005 2007 2009 2011
Quelle: IAB-Betriebspanel 2001-2011, eigene Berechnungen
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass figer als zu Beginn des Jahrtausends. Dies
dies zu Beginn der Panelbeobachtung auch zeigt, dass insbesondere in den kleineren
noch der Fall war. Während die Weiterbil- Betrieben Hessens die Notwendigkeit der
dungsquoten in den Mittelbetrieben seit- gezielten Weiterqualifizierung erkannt
her nur moderat gewachsen sind und in wurde, wobei die vielfältigen Unterstüt-
den Großbetrieben in den letzten 10 Jah- zungsmaßnahmen seitens von Politik und
ren sogar ein leichter Rückgang zu be- Verbänden (Qualifizierungsbeauftragte,
obachten ist, werden die Beschäftigten in Informationssysteme, finanzielle Anreize
Klein- und Kleinstbetriebe deutlich häufi- etc.) ebenfalls zu nennen sind. In Großbe-
ger weitergebildet als noch vor 10 Jahren trieben dagegen scheint eine gewisse Sät-
– in Kleinbetriebe fast doppelt so oft, in tigung des Weiterbildungsbedarfs erreicht
den kleinsten Betrieben sogar 2,5 mal häu- zu sein.
23. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 22
Art der betrieblichen Weiterbildung
Neben der Struktur der weiterbildenden terbildung in der gewünschten Art anbie-
Betriebe und Beschäftigten wird auch die ten zu können, zudem ermöglicht dies
Art der Weiterbildungsmaßnahmen erho- Aufschlüsse über die betrieblichen Präfe-
ben. Für die Weiterbildungsakteure ist renzen und die Bedarfe nach Anpassungs-
dies von Interesse, um ausreichend Wei- qualifikation sowie deren Entwicklung.
Externe Kurse sind weiterhin die häufigste Art der Weiterbildung
Im ersten Halbjahr 2011 stellten 83 Pro- Seminare, sowie die Teilnahme an Vorträ-
zent der weiterbildenden Betriebe Be- gen, Fachtagungen, Messeveranstaltungen
schäftigten für externe Kurse, Lehrgänge u. ä. Eine gewisse Bedeutung hat auch das
und Seminare frei bzw. finanzierten sie selbstgesteuerte Lernen am Arbeitsplatz;
ganz oder teilweise. Alle anderen Weiter- sonstige Weiterbildungsformen wie Ar-
bildungsarten sind deutlich weniger ver- beitsplatzwechsel (Jobrotation) oder Qua-
breitet: Jeweils etwas über die Hälfte der litäts- und Werkstattzirkel werden nur
Betriebe förderte die Weiterbildung am selten genannt.
Arbeitsplatz, interne Kurse, Lehrgänge und
Abb. 15: Art der geförderten Maßnahmen in Hessen 2011, Basis: alle Betriebe, die Weiterbil-
dungsmaßnahmen fördern, Angaben in Prozent (Mehrfachnennungen)
Externe Kurse, Lehrgänge, Seminare 83
Weiterbildung am Arbeitsplatz 60
Interne Kurse, Lehrgänge, Seminare 56
Teilnahme an Vorträgen, Tagungen etc. 55
Selbstgesteuertes Lernen mit Hilfe von Medien 23
Sonstige Weiterbildungsmaßnahmen 12
Qualitätszirkel, Werkstattzirkel u.ä. 7
Arbeitsplatzwechsel 6
0 30 60 90
Quelle: IAB-Betriebspanel 2011, eigene Berechnungen
Flexible Weiterbildungsformen gewinnen an Bedeutung
Interessant ist, neben der reinen Verbrei- ein Blick auf deren Entwicklung. Hierbei
tung der einzelnen Weiterbildungsarten, zeigt sich, dass die Teilnahme an externen
24. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 23
Kursen und Seminaren zwar gewissen lichkeiten, deutlich häufiger anzutreffen
Schwankungen unterliegt, insgesamt aber sind als in der Vergangenheit.
in den letzten Jahren eine relativ gleich- Zusammengenommen zeigt sich demnach,
bleibend hohe Bedeutung besitzt. dass beim Besuch externer Lehrgänge eine
Bei den anderen häufig genutzten Weiter- gewisse Sättigung erreicht ist, während
bildungsarten zeigt sich jedoch eine Zu- kurzfristige und flexible Formen der Wei-
nahme der Nutzung, wobei neben der terbildung weiter an Bedeutung gewin-
Teilnahme an Tagungen und Messen vor nen. Da diese in der Regel kostengünstiger
allem interne Kurse und die Weiterbildung und idealerweise auch auf den konkreten
am Arbeitsplatz, mithin die am stärksten Bedarf angepasst sind, spricht dies für eine
an den eigenen Betrieb angepassten Mög- zunehmende Optimierung der Nutzung
der Ressource Weiterbildung.
Abb. 16: Art der geförderten Maßnahmen in Hessen 2003-2011, Basis: alle Betriebe, die Weiterbil-
dungsmaßnahmen fördern, Angaben in Prozent (Mehrfachnennungen)
85
Externe Kurse,
80 80 Lehrgänge,
83 Seminare
79
75
Weiterbildung
am Arbeitsplatz
60
54 56
55 Interne Kurse,
50 55 Lehrgänge,
46 47 52 Seminare
45 46
42 43 45
42 41 Teilnahme an
Vorträgen,
35 Tagungen etc.
2003 2005 2007 2009 2011
Quelle: IAB-Betriebspanel 2003-2011, eigene Berechnungen
25. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 24
Resumee
Die betriebliche Ausbildung und die be- sowohl auf der Angebots- als auch auf der
triebliche Weiterbildung und Qualifizie- Nachfrageseite. Im Ausbildungsbereich
rung besitzen gleichermaßen eine Schlüs- hingegen sind aufgrund der formalen und
selfunktion bei der Rekrutierung und Si- gesetzlichen Vorgaben deutlich geringere
cherung des Fachkräftebestands. Wäh- Flexibilisierungspotenziale vorhanden,
rend die Ausbildung ein breites Grundla- weshalb aus Sicht der Betriebe u.U. den
genwissen vermittelt, dient die betriebli- kurzfristigeren und flexibleren Bildungs-
che Weiterbildung v.a. der spezifischen formen der Vorzug gegeben wird. Eine
Anpassungs- und Höherqualifizierung, so solche Strategie übersieht jedoch, dass
dass beide Bereiche komplementär funk- Ausbildung die Möglichkeit bietet, junge
tionieren. Dies bedeutet allerdings nicht, Menschen mit den jeweiligen betriebli-
dass ihre Nutzung auch parallel verläuft; chen Spezifika vertraut zu machen und
beide Instrumente zeigen in den letzten 10 somit die Arbeitskräfte nicht nur fachlich,
Jahren eine sehr unterschiedliche Entwick- sondern auch sozial und persönlich in die
lung. betriebliche Arbeitswelt zu integrieren.
Die Verbreitung und Intensität der be- Eine Strategie, die Weiterbildung auf Kos-
trieblichen Ausbildung waren im vergan- ten der Ausbildung bevorzugt, wirft die
genen Jahrzehnt strukturell immer recht Frage auf, ob dies zwar als kurzfristiger
ähnlich, unterbrochen von kleineren, un- Beitrag zur Qualifikationssicherung funkti-
ter Umständen konjunkturbedingten Aus- onal ist, als langfristige Strategie zur Fach-
schlägen. Eine generelle Zunahme der kräftesicherung und -bindung jedoch ver-
Ausbildungsbereitschaft ist nicht zu ver- sagt. Hier wären dann andere innovative
zeichnen, es gibt jedoch Anzeichen für die Strategien nötig, die trotz kürzerer Zyklen
strategische Nutzung der zeit- und kosten- und knapper Ressourcen mittel- und lang-
intensiven betrieblichen Ausbildung als fristig den Fachkräftebedarf decken.
Instrument der Fachkräftesicherung.
Diese Herausforderung ist unter den hes-
Ein ganz anderes Bild bietet sich bei der sischen Betrieben nicht gleich verteilt.
betrieblichen Weiterbildung. Hier ist ein Differenzen ergeben sich v.a. analog zur
klarer Aufwärtstrend sowohl bei der Betei- Bedeutung der jeweiligen Strategie – ins-
ligung als auch der Intensität zu beobach- besondere Betriebe, die Weiterbildung als
ten; mittlerweile fördert eine Mehrheit zentrales Element der Fachkräftesicherung
der hessischen Betriebe Weiterbildungs- sehen, setzen diese auch häufiger ein.
maßnahmen. Besonders große Probleme, Ausbildungs-
Ein genauerer Blick auf die präferierte Art stellen zu besetzten und Fachkräfte zu
der Weiterbildung liefert möglicherweise gewinnen, haben die kleineren Betriebe.
auch die Erklärung für diese gegenläufige Diese warten aber bereits heute mit einer
Entwicklung: Der Trend geht recht deutlich höheren Aus- und Weiterbildungsquote
in Richtung passgenauer und flexibler auf als die größeren Betriebe; die Proble-
Qualifizierung, und tendenziell weg von me sind dort demnach erkannt, ein be-
den relativ formalisierten Kursstrukturen sonderer Bedarf an Unterstützung bleibt
gleichwohl bestehen.
26. Fachkräftesicherung durch betriebliche Aus- und Weiterbildung 25
Methodische Anmerkungen
Die Datengrundlage des vorliegenden Re- Die Ausbildungsdaten des IAB-
ports bildet das Betriebspanel des Instituts Betriebspanels sind nicht mit den Stich-
für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung tagsdaten des BIBB vergleichbar. Zunächst
(IAB), das seit 1993 in Zusammenarbeit stimmt der Erhebungszeitpunkt des IAB-
mit der TNS Infratest Sozialforschung Betriebspanels nicht mit dem Stichtag der
GmbH eine repräsentative Betriebsbefra- BIBB-Daten (zum 30. September eines
gung durchführt. Jahres) überein. Zudem umfasst Berufs-
ausbildung im IAB-Betriebspanel neben
Durch die Unterstützung des Landes Hes-
der Ausbildung nach Berufsbildungsgesetz
sen, des Europäischen Sozialfonds sowie
und Handwerksordnung auch schulische
der Regionaldirektion Hessen der Bundes-
Berufsausbildung sowie Beamtenanwär-
agentur für Arbeit wurde eine Aufsto-
ter. Zudem ist auch die Definition von
ckung der befragten Betriebe möglich, so
„Ausbildungsbetrieben“ im IAB-
dass seit der Befragungswelle 2001 die
Betriebspanel eher weit gefasst, um das
Entwicklung hessischer Betriebskennzah-
len untersucht und aktuelle Daten im Lich- generelle Ausbildungsengagement der
te einer längerfristigen Entwicklung be- Betriebe besser beurteilen zu können. Sie
wertet werden können, was große Vortei- umfasst alle Betriebe, die
le gegenüber reinen Querschnittserhe- • entweder Auszubildende in ihrem Per-
bungen bietet. sonalbestand führen;
Der Report zum betrieblichen Aus- und • oder im Befragungsjahr Abgänge von
Weiterbildungsverhalten ist nach dem Auszubildenden zu verzeichnen hatten;
Report zum betrieblichen Fachkräftebe- • oder im Befragungsjahr neue Ausbil-
darf der zweite aus der Befragungswelle dungsverträge abgeschlossen hatten;
2011. Die Auswertungen basieren auf der • oder dies noch bis zum Beginn des
Befragung von 988 Betrieben in Hessen. neuen Ausbildungsjahres planen.
Die Ergebnisse wurden auf alle hessischen Soweit nicht anders genannt, beziehen
Betriebe hochgerechnet und sind damit sich die hier angegebenen Zahlen immer
repräsentativ im Hinblick auf die Wirt- auf das IAB-Betriebspanel Hessen.
schaftszweige und Betriebsgrößenklassen.
Literatur
Nüchter, Oliver / Larsen, Christa (2012): Fachkräftebedarf in hessischen Betrieben 2011, unter:
http://doku.iab.de/externe/2012/k120524303.pdf
Nüchter, Oliver / Schmid, Alfons (2011): IAB-Betriebspanel Hessen 2010. Abschlussbericht, unter:
http://www.iwak-frankfurt.de/documents/IAB-Betriebspanel_Hessen_Endbericht_2010.pdf
Hessisches Statistisches Landesamt (2012): Weniger Auszubildende im Dualen System - Zahl der
Neuabschlüsse weiterhin angestiegen, Pressemitteilung vom 30.03.2012, unter:
http://www.statistik-hessen.de/Presse/Presse2.jsp?Thema=12&LfdNr=68
Der vorliegende sowie weitere Reporte aus dem IAB-
Betriebspanel Hessen sind zusätzlich zur Printversion im Inter-
net unter der Adresse www.iwak-frankfurt.de abrufbar.
Kontakt: ol.nuechter@em.uni-frankfurt.de