1. Praktische Erfahrungen und Probleme bei der Erstellung
und Umsetzung
des Luftreinhalteplans in München
Werner Bründl, Ulrich Teichmann
Referat für Gesundheit und Umwelt
Umweltvorsorge, Luftreinhaltung im Verkehr
uw12.rgu@muenchen.de
Berlin, 06.03.2006 1
2. www.stmugv.bayern.de/de/luft/lrp/muenchen.pdf
Überschreitungen der Grenzwerte
einschließlich Toleranzmarge für NO2
(Jahresmittelwert) und für PM10
(Tagesmittelwert) am Stachus und
Luise-Kiesselbach-Platz in 2002 und
2003
Dazu „Verdachtsflächen“ anhand von
1-jährigen Messungen und
Modellberechnungen (Screening)
Plangebiet Ballungsraum München
gebietsbezogen
Berlin, 06.03.2006 2
3. Zuständigkeiten und Zeitschiene
• Bayerisches Staatsministerium für Umwelt,
Gesundheit und Verbraucherschutz
• Regierung von Oberbayern (ROB)
Zeitplan: termingerechte Abgabe (22 Monate nach Ü.)
Einbindung LHM Oktober/November 2003
Maßnahmendiskussion ab April 2004
Beschluss Stadtrat LHM Juli 2004
Öffentlichkeitsphase August 2004
Vorlage Entwurf September 2004
Freigabe Dezember 2004
Bericht Maßnahmenumsetzung September 2005
Fortschreibung läuft
Berlin, 06.03.2006 3
4. Ursachen der Feinstaubbelastung
Quelle LfU 2004: Analyse dreier Verkehrsmessstationen in München
LRP: Hauptverursacher für PM10- und NO2- Immissionen: Verkehr
Maßnahmen gegen alle Verursacher, aber Schwerpunkt Verkehr
Berlin, 06.03.2006 4
5. Maßnahmenplanung
LH München erstellte ein verkehrsbezogenes Maßnahmenpaket aus
Beiträgen der Fachdienststellen (Baureferat, Kreisverwaltungsreferat, Referat
für Stadtplanung und Bauordnung sowie MVG und S-Bahn)
• überwiegend laufende Planungen und Aktivitäten dieser Fachbereiche, von
denen positive Beiträge zur Luftreinhaltung erwartet werden
Basis: u.a. Ergebnisse Forschungsvorhaben MOBINET (u.a. BMBF)
und Inzell-Initiative („Verkehrsprobleme gemeinsam lösen“, u.a. LH München,
BMW, Freistaat, IHK, Umlandgemeinden, TU-München...)
• Dazu weitere konkret auf den LRP bezogene Maßnahmen (LKW-Transit,
Umweltzone)
• keine (umsetzbare) Einzelmaßnahme kann das Problem lösen
Bündel von mittel- und langfristig wirkenden Maßnahmen
Stadtratsbeschluss 28.07.2004 Maßnahmen an ROB zur
Aufnahme in den LRP
Berlin, 06.03.2006 5
6. Maßnahmen, Umsetzung in LRP
• Vermeidung, Verringerung oder Optimierung des Straßenverkehrs
• Überwiegend langfristig und generell wirkende Maßnahmen, keine
kleinräumig differenzierte Maßnahmen; keine lokalen Sperrungen etc.
„Die Feinstaubbelastung ist ein umfassendes Problem, das sich nicht
auf eine begrenzte, konkrete örtliche Verkehrssituation wie an der
Landshuter Allee beschränkt“ (Urteil VG)
Umsetzung des Maßnahmenpaketes in den LRP
München durch Regierung von Oberbayern
• Eingeleitete oder konkret geplante Maßnahmen
Umsetzung erfolgt kontinuierlich
• Maßnahmen, die diskutiert, aber nicht konkret in den LRP
aufgenommen wurden
s. Aktuelle Entwicklung in München, Fortschreibung LRP
Berlin, 06.03.2006 6
7. Maßnahmen, verkehrsbezogen
• Verkehrsmanagement
• Parkraummanagement
bislang 13 Parklizenzgebiete; weitere in Planung mit dem Ziel,
flächendeckende Einführung innerhalb MR, Anwohnertiefgaragen
• Förderung des ÖPNV
vielfältige Maßnahmen zur Angebotsverbesserung und
Steigerung der Attraktivität
• Fahrrad- und Fußgängerverkehr
• Sonstige Maßnahmen, Fahrzeugpark
80 % der Linienbusse mit Partikelfilter (CRT-System),
erfüllen EURO IV/V für Partikel
Fahrzeuge bis 3,5 t keine Diesel, alternativ Erdgas
Berlin, 06.03.2006 7
8. Verkehrsmanagement
Wirtschaftsverkehr
Güterverkehrszentren (GVZ) langfr. Ziel 5 Anlagen
City-Logistik
Infrastruktur
Ausbau von Ring- und Ausfallstraßen
Tunnelbau
Umsetzung des Verkehrsentwicklungsplans München VEP
Verkehrskonzept Münchner Osten
Mobilitätsmanagement
Mobilität für Neubürger
Betriebliches Mobilitätsmanagement
Mobilitätsmanagement an Schulen MOBIKIDS
Mobilitätsmanagement von Großveranstaltungen
Dialog- und Direktberatung für Zielgruppen
Virtuelle Mobilitätszentrale
Dynamische Verkehrssteuerung
Maßnahmen aus der Inzell-Initiative und aus Mobinet
Verkehrszentrale, dyn. Info-Tafeln
Berlin, 06.03.2006 8
10. Lufthygienische Wirkungsanalysen
• Keine systematische Wirkungsanalyse, qualitative
Abschätzung auf Basis einer Bewertungsmatrix des LAI
• Konkrete Aussagen bei Infrastrukturmaßnahmen (z.B.
Petueltunnel Messungen vorher und nachher); im Idealfall
Reduzierung bis zur Hintergrundbelastung „Petuelpark“
• Bei vielen „weichen“ Maßnahmen Wirkung nicht
quantifizierbar; aber „konkrete“ Zahlen gefordert
• Generell Nachweis anhand Messungen schwierig, da
unterschiedliche meteorologische Bedingungen i.d.R. in
einzelnen Jahren größere Effekte haben, als die
verkehrlichen Maßnahmen
• Keine Einzelmaßnahmen mit i.d.R. geringen Wirkungen
zielführend, sondern nur ein Maßnahmenbündel (s. Beispiel)
Berlin, 06.03.2006 10
11. Entwicklung Einströmender Gesamt- und Schwerverkehr über....
600
1993 Gesamtverkehr
500 darin Schwerverkehr
506
494
480 2000 Gesamtverkehr
darin Schwerverkehr
449 448 442
2003* Gesamtverkehr
400
darin Schwerverkehr
in 1000 Kfz/24h
300
200
100
93
84
32,1 31,1 30,1 23,3 19,7 18,7 52
4,1 2,4 1,9
0
... die Stadtgrenze ... den Mittlerer Ring ... den Altstadtring
(Quelle: Referat für Stadtplanung und Bauordnung, Stadtentwicklungsplanung, HA I/3)
Maßnahmen zur Beeinflussung
Verkehrsmittelwahl greifen
Berlin, 06.03.2006 11
12. Aktuelle Entwicklung in München
• Fortschreibung des Luftreinhalteplans München durch die
Regierung von Oberbayern
• Forderungen der Landeshauptstadt München für die
Fortschreibung:
⇒ Umleitung des LKW-Transitverkehrs
⇒ Errichtung von „Umweltzonen“ mit Zufahrtsbeschränkungen
für nicht schadstoffarme Fahrzeuge (nach Erlass einer
Kennzeichnungsverordnung des Bundes nach § 40 Abs. 3
BImSchG)
⇒ Einbeziehung des Umlandes (tägl. 1 000 000
stadtgrenzenübergreifende Fahrbewegungen)
Berlin, 06.03.2006 12
13. Lkw-Transitverkehr
• Juli 2004 Forderung in Stadtratsbeschluss > 7,5 t
• Juli 2005 Abgestimmtes Konzept vorgelegt
• Oktober 2005 Verkehrsdaten ergänzt
• 03.02.2005 Entscheidung nur 12 t, Mittlerer Ring
• 08.02.2006 Kabinettssitzung: Ausweitung auf Lkw > 3,5 t
• 13.02.2006 Besprechung ROB; Konzept > 3,5 t
• 01.03.2006 Diskussion neues Konzept in Steuerungsgruppe
Betroffen tägl. etwa 8000 (4000 – 7,5 t, 2000 – 12 t) Fahrzeuge;
Reduktion etwa 11–15 (5-7 bei 12 t) Überschreitungstage
Berlin, 06.03.2006 13
14. Inzwischen über- Neu: Sperrschilder
arbeitetes Konzept am MR und
Zufahrtsstraßen
Vorwegbeschilderung
Quelle: Kreisverwaltungsreferat
Berlin, 06.03.2006 14
15. Umweltzone
Alternativen:
•Gesamte Stadt
•innerhalb Mittlerer Ring
•Innerhalb Mittlerer Ring
einschl. MR
•Altstadtring
ab 2008 Verbot für
Schadstoffklasse 1
ab 2010/2012 Verbot für
Schadstoffklasse 2
Wirkungsabschätzung mit
IMMISLuft (in Bearbeitung)
Quelle: Baureferat
Berlin, 06.03.2006 15
16. Einbeziehung Umland
Plangebiet: von ROB zunächst nur
das Stadtgebiet der LH München
ausgewiesen
Zentrale Forderung der LHM:
Einbeziehung Umland
• tägl. 500 000 Pendler über die
Stadtgrenze,
• Siedlungsentwicklung
UmlandKfz-Bestand 1993-2003
+9,8 % München
+24,3 % Umland
• dazu Hintergrundbelastung
Verdichtungsraum München
8 Landkreise, 84 Gemeinden
Berlin, 06.03.2006 16
17. Forderungen an Bund und EU
Maßnahmen an der „Quelle“
• Förderung von Partikelfiltern
• Schaffung einer Grundlage für die Ein-
führung von Umweltzonen (KennzeichnungsVO)
• Ausweitung der LKW-Maut mit Staffelung nach
Schadstoffausstoß
• Rasche Festlegung der weiteren Abgasstufen Euro VI
für LKW bzw. Euro V für PKW
Berlin, 06.03.2006 17
18. Frühjahr 2005
27.03.2005 35. Überschreitung des Grenzwertes
(Tagesmittelwert PM10) in München
als erste deutsche Stadt? (Stuttgart!)
Erhebliches Echo Medien
politische Diskussion
öffentliche Diskussion (Bürger)
Diskussionen z.T. sehr kontrovers, meist fachlich nicht
zielführend
Bindung von Ressourcen
Feinstaubproblematik wurde kurzfristig umfassend thematisiert
breites Problembewusstsein aber offensichtlich nur bedingt
geweckt
Berlin, 06.03.2006 18
20. Landshuter Allee (ab 07/2004)
DTV 138 000
LKW 7 700 (5,6 %)
Breite ca. 55 m
Randb. 4 bzw. 5 Stockw. Moosach
Johanneskirchen
Tunnelmund in ca. 200 m
Lothstraße
2005: NO2 JMW: 92 µg/m³
PM10 TMW: 107 Prinzregentenstraße
Landshuter Allee
Überschreitungen Stachus
Luise-Kiesselbach-Platz
Berlin, 06.03.2006 20
21. Klageverfahren
Klagen eines Anwohners der Landshuter Allee gegen
• LH München: straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen die
die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte
sicherstellen (Sperrung/Beschränkungen für
LKW, Geschwindigkeitsbeschränkungen)
• Freistaat Bayern: Aufstellung eines Aktionsplanes zur
Verminderung der Feinstaubbelastung
Klagen in erster Instanz abgewiesen, aber generelle Aussagen
z.B. zu Anforderungen an einen Aktionsplan
Berufungsverfahren
Berlin, 06.03.2006 21
22. Kurzbegründung der Urteile
Ein von der Feinstaubbelastung betroffener Dritter kann aus dem
BImSchG keinen Anspruch auf verkehrsrechtliche Maßnahmen
ableiten. Diese bedürfen einer Regelung in einem Aktions- oder
Luftreinhalteplan.
Straßenverkehrsrechtliche Regelungen ermächtigen nur zu
Beschränkungen hinsichtlich begrenzter, konkreter örtlicher
Verkehrssituationen. Verkehrsbehördliche Maßnahmen aus
allgemeinen, abstrakten Erwägungen des Umweltschutzes können
nicht angeordnet werden.
Ein von der Feinstaubbelastung betroffener Dritter hat keinen
Anspruch auf Aufstellung eines Aktionsplanes.
Berlin, 06.03.2006 22
24. PM10 2006
Tagesmittelwerte PM 10 in µg/m³ Januar, Februar 2006
180
Johanneskirchen
160 Luise-Kiesselbach-Platz
Landshuter Allee
140 Lothstraße
Prinz regentenstraße
120
Stachus
Grenz w ert 2005
100
80
60
40
20
RGU-UW 12
0
1 6 11 16 21 26 31 5 10 15 20 25
Januar Februar
Datenquelle: Bayerisches Landesamt für Umwelt
Berlin, 06.03.2006 24
25. Fazit
Aufgrund der Zuständigkeiten haben die Kommunen nur einen
begrenzten Handlungsspielraum
Mit kommunalen Maßnahmen allein kann das Feinstaubproblem nicht
gelöst werden, Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene sind
ebenso erforderlich (Hintergrundbelastung!)
Zum Jahr 2010 ergibt sich voraussichtlich ein Problem mit den NO2-
Grenzwerten
Was macht die EU-Kommission nach Prüfung der Pläne?
Rechtssicherheit straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen
Umweltrecht ???
Luftreinhalteplanung kann nicht isoliert erfolgen: Lärmminderungs-
planung, Verkehrsentwicklungsplanung, auch Regionalplanung (Pendler)
aber: mögliche Zielkonflikte Verkehrsbündelung <-> „Hot Spots“
Berlin, 06.03.2006 25