10. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Definitionen von „Wirklichkeit“ „Mit dem Substantiv ‚die Wirklichkeit‘ meinen wir zunächst: ‚die Welt, wie sie ist‘, das Insgesamt des Gegebenen.“ (Wolfgang Welsch im Buch Medien, Computer, Realität (1998) im Text „Wirklich“ auf Seite 175) 3
11. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Definitionen von „Wirklichkeit“ „Das deutsche Wort Wirklichkeit wurde von Meister Eckhart als Übersetzung des lateinischen ,actualitas‘ eingeführt. Es bezeichnet den Seinsmodus, der von Möglichkeit und Notwendigkeit abgegrenzt ist (siehe auch Kontingenz). Dem Begriffspaar Wirklichkeit/Möglichkeit (Akt/Potenz) steht das anders akzentuierte Begriffspaar Realität/Idealität gegenüber (siehe auch Realismus und Idealismus).“ (Wikipedia) 4
12. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Definitionen von „Wirklichkeit“ „Ich verstehe unter Wirklichkeit ein Netzwerk von Begriffen, die sich in der bisherigen Erfahrung des Erlebenden als angemessen, brauchbar oder ‚viabel‘ erwiesen haben, und zwar dadurch, dass sie wiederholt zur erfolgreichen Überwindung von Hindernissen oder zur begrifflichen ‚Assimilation‘ von Erfahrungskomplexen gedient haben.“ (Beats Biblionetz: Ernst von Glasersfeld im Buch Wege des Wissens (1997) im Text Fiktion und Realität aus der Perspektive des radikalen Konstruktivismus auf Seite 47) 5
13. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Definitionen von „Wirklichkeit“ Wirklichkeit 1. Ordnung „Die Wirklichkeit 1. Ordnung ist das, was wir täglich zusammen mit anderen Menschen erleben, was anhand von Experimenten und durch Wiederholungen ‚überprüfbar‘ ist, wie zum Beispiel die Form, Farbe, Duft, Geräusche von bestimmten Objekten.“ (Wikipedia) 6
14. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Definitionen von „Wirklichkeit“ Wirklichkeit 2. Ordnung „Die Wirklichkeit 2. Ordnung ist auf ein Individuum bezogen und mit ,Grundannahmen‘ zu umschreiben, die wir über die Welt durch Erfahrung haben. Sie ist eng verbunden mit Sinn und Wertvorstellungen, die wir mit den Dingen an sich verbinden und das Resultat höchst komplexer Kommunikationsvorgänge.“ (Wikipedia) 7
26. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Grundprinzipien des radikalen Konstruktivismus Wissen wird nicht passiv aufgenommen, weder durch Sinnesorgane noch durch Kommunikation Wissen wird vom denkenden Subjekt aktiv aufgebaut 12
27. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Grundprinzipien des radikalen Konstruktivismus 3. Die Funktion von Kognition ist adaptiver Art (Anpassung), sie zielt auf Passung oder Viabilität (gangbar, passend, brauchbar, funktional) 4. Kognition dient der Organisation der Erfahrungswelt des Subjekts und nicht der „Erkenntnis“ einer objektiven, ontologischen Realität 13
28. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Die 2 Wirklichkeiten Wirklichkeit 1.er Ordnung Wirklichkeit 2.er Ordnung 14
29. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Die 2 Wirklichkeiten Wirklichkeit 1.er Ordnung - rein physisch - (weitgehend) objektiv feststellbare Eigenschaften von Dingen 15
30. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Die 2 Wirklichkeiten Wirklichkeit 2.er Ordnung - Zuschreibung von Sinn und Wert an diesen Dingen Kommunikation z.B.: Gold - physisch nachweisbare Eigenschaften (Wirklichkeit 1.er Ordnung) - Bedeutung und Wert (Wirklichkeit 2.er Ordnung) 16
31. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Die 2 Wirklichkeiten Wirklichkeit 2.er Ordnung - Zuschreibung von Sinn und Wert an diesen Dingen Kommunikation Wie wichtig und relativ das sein kann, soll an einem Beispiel gezeigt werden: Die Macht der Gruppe 17
35. Dann: 1 Proband weicht mit seiner Entscheidung von den anderen ab! bei jedem weiteren Versuch: zunehmende Unsicherheit, zögerndes Handeln und peinliches Lächeln des Probanden 19
36.
37. Entweder der Proband widerspricht und kommt der Gruppe in seiner Wirklichkeitsauffassung/Wahrnehmung merkwürdig gestört vor
38. Oder der Proband stimmt zu, weil er entweder an seiner Wahrnehmung zweifelt oder in Harmonie zur Gruppe stehen will 36,8 % der Probanden stimmten der Gruppe zu! 20
39. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Watzlawicks 5 pragmatischen Axiome (zu Grunde gelegte und nicht ableitbare Ausgangssätze) Wie es zu solchen und anderen Phänomenen kommen kann, lässt sich mit Hilfe von Watzlawicks 5 pragmatischen Axiomen erklären. 21
40. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Watzlawicks 5 pragmatischen Axiome (zu Grunde gelegte und nicht ableitbare Ausgangssätze) Man kann nicht nicht kommunizieren Inhalt & Beziehung Interpunktion Digitale & analoge Kommunikation Symmetrisch oder komplementär 22
41. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Watzlawicks 5 pragmatischen Axiome (zu Grunde gelegte und nicht ableitbare Ausgangssätze) Man kann nicht nicht kommunizieren - jedes Verhalten ist Kommunikation nonverbale und unbewusste Kommunikation - man kann sich nicht nicht verhalten - sobald gegenseitige Wahrnehmung Kommunikation 23
42. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Watzlawicks 5 pragmatischen Axiome (zu Grunde gelegte und nicht ableitbare Ausgangssätze) Inhalt & Beziehung - Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt - der Beziehungsaspekt bestimmt den Inhaltsaspekt - Inhalt ist „was“ - Beziehung ist „wie“ 24
43. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Watzlawicks 5 pragmatischen Axiome (zu Grunde gelegte und nicht ableitbare Ausgangssätze) Interpunktion - (unterschiedliche) Gliederung des Kommunikationsablaufs - menschliche Kommunikation ist nicht in Kausalketten auflösbar - sie ist kreisförmig 25
44. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Watzlawicks 5 pragmatischen Axiome (zu Grunde gelegte und nicht ableitbare Ausgangssätze) Interpunktion - (unterschiedliche) Gliederung des Kommunikationsablaufs A - - -|- - - -|- - - -|- - - - - - -|- - - - - - B - - - - -|- - - -|- -|- - -|- - - - - -|- - - - 26
45. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Watzlawicks 5 pragmatischen Axiome (zu Grunde gelegte und nicht ableitbare Ausgangssätze) Interpunktion „Jedenfalls ist die Tatsache, daß der gesamte Sinn eines Ereignisablaufs von dem Ordnungsprinzip abhängt, das ihm der Beobachter sozusagen aufstülpt, von wesentlicher Bedeutung für unsere Wirklichkeitswahrnehmung […].“ (S. 72) 27
46. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Watzlawicks 5 pragmatischen Axiome (zu Grunde gelegte und nicht ableitbare Ausgangssätze) Interpunktion Interdependenz (gegenseitig bedingtes Verhalten, der Ablauf von Ursache und Wirkung differiert) z.B.: Ehemann 1 Rückzug 3 Rückzug 5 Rückzug 7 Ehefrau 2 nörgelt 4 nörgelt 6 nörgelt 28
52. Was ich denke, dass er/sie denkt, dass ich denke … Partner B: B1 B2 +5 +8 A1 A2 +5 -5 Partner A: -3 -5 +8 +8 -3 30
53. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Watzlawicks 5 pragmatischen Axiome (zu Grunde gelegte und nicht ableitbare Ausgangssätze) Digitale & analoge Kommunikation - digital: vermittelt Inhalt - analog: vermittelt Bedeutung der Info auf der Beziehungsebene - gelungene Kommunikation bei Übereinstimmung der digitalen & analogen Kommunikation beider Partner (Kongruenz) 31
54. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Watzlawicks 5 pragmatischen Axiome (zu Grunde gelegte und nicht ableitbare Ausgangssätze) Digitale & analoge Kommunikation - stimmen digitale & analoge Kommunikation nicht überein keine gelungene Kommunikation - Problem: Digitale & analoge Ebene können mehrdeutig sein und müssen interpretiert werden 32
55. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Watzlawicks 5 pragmatischen Axiome (zu Grunde gelegte und nicht ableitbare Ausgangssätze) Symmetrisch oder komplementär - Gleichheit oder Unterschiedlichkeit der Kommunikationspartner 33
56. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Watzlawicks 5 pragmatischen Axiome (zu Grunde gelegte und nicht ableitbare Ausgangssätze) Symmetrisch oder komplementär - komplementäre Beziehung: - Unterschiedliche Verhaltensweisen ergänzen sich - Beziehungsgrundlage ist die Unterschiedlichkeit Hierarchie in der Beziehung 34
57. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Watzlawicks 5 pragmatischen Axiome (zu Grunde gelegte und nicht ableitbare Ausgangssätze) Symmetrisch oder komplementär - symmetrische Beziehung: - das Bemühen beider Partner Ungleichheiten untereinander zu minimieren Streben nach Gleichheit 35
68. Die verschiedenen Wirklichkeiten der verschiedenen Menschen können, aber müssen nicht deckungsgleich sein (Wirklichkeiten von Mensch y und Mensch z)Wy & Wz Wy Wz Wy Wz 38
69. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Fazit Zum Schluss noch ein Zitat von Watzlawick: „Der eigentliche Wahn liegt in der Annahme, daß es eine ‚wirkliche‘ Wirklichkeit zweiter Ordnung gibt und daß ‚Normale‘ sich in ihr besser auskennen als ‚Geistesgestörte‘ .“ (S. 144) 39
70. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Jetzt ist aber „wirklich“ Schluss! Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! Präsentation zum Download unter: www.hinzz.de Quellen: Watzlawick, P.: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn, Täuschung, Verstehen, 2006 Watzlawick, P., Beavin, J., Jackson, D. D.: Menschliche Kommunikation, 1990 Beats Biblionetz: http://beat.doebe.li/bibliothek/w00045.html Wikipedia: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wirklichkeit&oldid=66461731 http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Paul_Watzlawick&oldid=66358858 http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Axiom&oldid=66428586 http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Metakommunikatives_Axiom&oldid=64323529 http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Radikaler_Konstruktivismus&oldid=66214344 http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Viabel&oldid=61013427 http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Arbitrarität&oldid=60453499 Abbildungen: http://www.boersenblatt.net/sixcms/media.php/747/Watzlawik%A9Peter%20Peitsch.jpg http://www.buergergesellschaft.de/fileadmin/images/grafik_arb_10_2_frauen_gross.gif 40