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1. Wirtschaftspressekonferenz Chemie-Verbände Baden-Württemberg, Donnerstag, 11. April 2013, Stuttgart
Wirtschaftspressekonferenz Chemie-Verbände Baden-Württemberg, Donnerstag, 11. April 2013, Stuttgart
Thomas Mayer, Hauptgeschäftsführer der Chemie-Verbände Baden-Württemberg
Thomas Mayer
Hauptgeschäftsführer der Chemie-Verbände Baden-Württemberg
Sperrfrist: Donnerstag, 11. April 2013, 11:00 Uhr | Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich werde Ihnen die Daten und Einschätzungen zur
Entwicklung der chemischen, pharmazeutischen und der
Lackindustrie in Baden-Württemberg vorstellen.
Konjunkturprognose Wir haben in den vergangenen Wochen unsere
2013 Mitgliedsunternehmen um ihre Einschätzungen zur
Konjunktur gebeten. Die Ergebnisse sind für die
Gesamtbranche in Baden-Württemberg repräsentativ.
Unterm Strich: Die Unternehmen sind vorsichtig
optimistisch. Sie rechnen damit, dass die Chemie-
Konjunktur leicht anzieht. In Baden-Württemberg dürften die
Umsätze gegenüber 2012 um ein bis zwei Prozent
wachsen.
Das passt zur Einschätzung der Entwicklung auf
Bundesebene: Hier wird ein Umsatzplus von zwei Prozent
erwartet.
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Thomas Mayer, Hauptgeschäftsführer der Chemie-Verbände Baden-Württemberg
Die Ergebnisse für Baden-Württemberg im Einzelnen: 28
Prozent der befragten Unternehmen rechnen 2013 mit
einem besseren Konjunkturverlauf als im Vorjahr. Deutlich
mehr als die Hälfte rechnen mit einer gleichbleibenden und
knapp 17 Prozent mit einer schlechteren Entwicklung.
Die Prognosen zu den Umsätzen basieren insbesondere auf
einem starken Export: 40 Prozent der Betriebe bauen auf
Umsatzzuwächse beim Auslandsgeschäft.
Jeweils knapp 28 Prozent der Unternehmen erwarten im
laufenden Jahr eine Umsatzrendite zwischen drei und fünf
beziehungsweise zwischen fünf und zehn Prozent. Einen
Verlust befürchten 8,5 Prozent.
Die Belegschaft aufbauen werden voraussichtlich ein
Fünftel aller befragten Unternehmen. Deutlich mehr als die
Hälfte rechnet mit einem gleichbleibenden
Beschäftigungsstand.
Risiken Die Mehrheit der Unternehmen sehen die Hauptrisiken in
Rohstoffe, Energie, den Faktoren Rohstoff- und Energiekosten. Aber auch die
Preisentwicklung schwierige Weitergabe von Kostensteigerungen an die
Kunden wird als gravierendes Risiko eingeschätzt –
deutlich stärker von den kleineren Unternehmen. Hier
kommt die mittelständische Struktur der Chemie in Baden-
Württemberg zum Tragen. Kleinere Unternehmen sind
regelmäßig in der Kostenklemme zwischen
Rohstofflieferanten und Kunden.
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Ebenfalls zu den Belastungsfaktoren 2013 zählt der
Fachkräftemangel im gewerblich-technischen Bereich. Er
wird für unsere Mitglieder zu einer immer größeren
Herausforderung, noch vor der Suche nach geeignetem
akademischen Nachwuchs.
Gravierender, weil unberechenbarer ist noch ein weiteres
Risiko, das sich in den vergangenen Wochen wieder stark
gezeigt hat: die Euro-Krise. Die Staatsschuldenkrise bleibt
trotz der Lösung für Zypern bestehen. Sie kann jederzeit,
wenn ein größeres Land betroffen ist, zu einem drastischen
Rückschlag für die Wirtschaft führen. Das gilt besonders für
die mittelständisch geprägte chemische Industrie in Baden-
Württemberg. Dieses Risiko dürfen wir nicht außer Acht
lassen, wenn wir über die Konjunkturerwartungen 2013
sprechen.
Nun zu den Teilbranchen.
Farben- und 2012 hat der Umsatz der baden-württembergischen Farben-
Lackindustrie und Lackproduzenten stagniert. Er betrug 2,3 Milliarden
Euro. Dies ist im Einklang mit den Bundeszahlen.
Die baden-württembergischen Farben- und Lack-
Unternehmen erwarten zu 40 Prozent eine grundsätzlich
bessere Konjunktur – fast ein Viertel ist allerdings
pessimistisch. Die positiven Erwartungen bauen hier auf die
Entwicklung in den Auslandsmärkten. Der Binnenmarkt für
Lacke, Farben und Druckfarben wird 2013 insgesamt
schrumpfen.
Dies liegt vor allem an der Automobilkonjunktur, die
inzwischen etwas schwächelt.
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Hinzu kommt bei den Bautenanstrichen die Unsicherheit der
Förderung von energetischen Fassadensanierungen. Bei
den Druckfarben machen sich die rückläufigen Auflagen der
Zeitungen und Zeitschriften bemerkbar.
Arzneimittelhersteller Die pharmazeutische Industrie ist mit einem Anteil von 35
– Konjunktur Prozent nach Beschäftigten und Umsatz weiterhin die
größte Teilbranche innerhalb der Chemie in Baden-
Württemberg. Inzwischen gehen 70 Prozent der hier
hergestellten Medikamente in den Export.
Nach den Apothekenumsatzdaten ist die konjunkturelle
Entwicklung im Inland bei den Arzneimittelherstellern nur
wenig besser als im Vorjahr. Damit hat sich die Teilbranche
im vergangenen Jahr nur wenig positiv entwickelt:
Etwas anders sieht es nach den Angaben des statistischen
Landesamtes aus. Diese Zahlen sind allerdings aufgrund
einer Umstrukturierung überzeichnet. Danach sind die
Pharmaumsätze 2012 gegenüber dem Vorjahr um 8,1
Prozent auf 8,5 Milliarden Euro gestiegen. Der
Auslandsumsatz stieg um 4,4 Prozent, das Inlandsgeschäft
um 17,4 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten in den Pharma-
Unternehmen nahm 2012 um 8,5 Prozent zu.
Für 2013 sind die Unternehmen grundsätzlich optimistisch
eingestellt. Sie erwarten höhere Umsätze – auch hier sind
die Impulse im Auslandsgeschäft zu suchen.
Etwa die Hälfte der Unternehmen erwartet keine
Veränderung der Ertragslage gegenüber 2012.
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Die Beschäftigung wird voraussichtlich in zwei Dritteln der
Betriebe konstant bleiben.
Pharmastandort Dennoch können wir bei der pharmazeutischen Industrie
Baden-Württemberg nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Sie ist wie
kaum eine andere Branche abhängig von den
Entscheidungen der Politik. Vielfach wird verkannt, welche
Rolle die Arzneimittelhersteller darüber hinaus spielen.
Der baden-württembergische Wirtschaftsminister Schmid
hat im Rahmen des Branchendialogs mit der
Gesundheitsindustrie dazu etwas Bemerkenswertes gesagt:
Zitat Schmid: „Die Gesundheitswirtschaft ist ein
Wachstumsfaktor mit Potenzial zur Leitbranche.
Unternehmen der Branchen Pharma, Medizintechnik und
Biotechnologie sind standorttreue Arbeitgeber und bieten
überdurchschnittlich viele hochqualifizierte, wissensintensive
und krisensichere Arbeitsplätze.“ – Zitat Ende.
Wir hoffen, dass diese Erkenntnis endlich zu einem
Umdenken in der Gesundheitspolitik führt. Der
Pharmastandort Deutschland, der Pharmastandort Baden-
Württemberg ist sonst in ernster Gefahr. Unsere
Unternehmen brauchen vernünftige Erträge, um Forschung
und Entwicklung finanzieren zu können.
Markteingriffe der Es geht um viele und andauernde Markteingriffe durch die
Politik Gesundheitspolitik.
Da ist der Zwangsabschlag von 16 Prozent auf die
Herstellerpreise.
Dann das inzwischen seit drei Jahren andauernde
Preismoratorium.
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Weiter die sogenannte „frühe Nutzenbewertung“, die
besonders patentgeschützte innovative Arzneimittel betrifft.
Zusätzlich die ruinösen Rabattverträge, die für
Nachahmerprodukte mit den Krankenkassen abgeschlossen
werden.
Das alles hat dazu geführt, dass der Arzneimittelpreisindex
um mehr als 7 Prozentpunkte gedrückt wurde. Die
Verbraucherpreise sind in diesem Zeitraum – 2005 bis 2011
– hingegen um zehn Prozent gestiegen.
Das sind einige Beispiele in Kürze – auf die wir gerne im
Detail, außerhalb der Pressekonferenz, noch näher
eingehen.
Zwangsabschlag Wesentlich für die Unternehmen ist der 16prozentige
Zwangsabschlag, der 2010 eingeführt wurde. Allein die
Dimension zeigt deutlich, dass sich hier etwas ändern muss:
Bundesweit müssen die Unternehmen dadurch auf 2,5
Milliarden Euro pro Jahr verzichten.
Das entspricht in etwa dem gesamten Inlandsumsatz der
Pharmaindustrie in Baden-Württemberg.
Dass hier immer weiter „gespart“ wird, ist nicht verständlich.
Diejenige, die davon profitieren soll, ist die Gesetzliche
Krankenversicherung. Sie hat inzwischen Überschüsse von
mehr als 27 Milliarden Euro angehäuft. Vor diesem
Hintergrund ist die Entscheidung des Bundesgesund-
heitsministerium, die Zwangsmaßnahmen nicht
abzuschaffen oder mindestens teilweise zurückzufahren,
völlig unverständlich.
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Thomas Mayer, Hauptgeschäftsführer der Chemie-Verbände Baden-Württemberg
Bürokratiebelastungen Auch die weitere Bürokratisierung belastet die Unternehmen
– gerade den Mittelstand in Baden-Württemberg.
Ein Beispiel ist die geplante Gebührenerhöhung von aktuell
etwa 1.300 Euro auf 80.000 Euro durch eine Verlagerung
der Zuständigkeit für Arzneimittel-Sicherheitsmeldungen von
der nationalen auf die europäische Ebene. Dieser
überzogene Gebührenvorschlag wurde aufgrund massiver
Proteste zurückgezogen.
Die Tendenz ist aber weiterhin unbefriedigend. Die Kosten
für Bürokratie und Dokumentation steigen ständig massiv
an, während die Sparmaßnahmen der Bundesregierung den
Inlandsmarkt weiter schädigen.
Dies beschädigt den Pharmastandort. Eine Leitbranche
schafft man so nicht.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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