SlideShare a Scribd company logo
1 of 19
Download to read offline
Sportwettenrecht aktuell
          Newsletter zum Recht der Sportwetten, Glücksspiele
                          und Gewinnspiele

                            Nr. 125 vom 13. März 2012




                                   Inhaltsübersicht


   Costa-Urteil: Europäischer Gerichtshof verschärft Anforderungen an die
   Vergabe von Glücksspielkonzessionen, S. 2

   Rank-Urteil: EuGH klärt Grundsatz der steuerlichen Neutralität bei der
   Umsatzbesteuerung von Glücksspielen, S. 6

   Was ist eine Hausverlosung „im Internet“? - Oberverwaltungsgericht Berlin-
   Brandenburg gegen den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, S. 9


   Amtsgericht Augsburg: Vermittlung von Sportwetten an privaten
   Buchmacher derzeit nicht strafbar, S. 14


   Fotball Dataco-Urteil: EuGH lehnt Urheberrechtsschutz für Spielpläne ab, S.
   15

   GIG darf weiter Wettbewerbsverstöße der staatlichen Lottogesellschaften
   verfolgen, S. 18



Der Newsletter „Sportwettenrecht aktuell“ wird per E-mail verteilt. Er erscheint jeweils nach
Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen wenden Sie sich bitte an
die Redaktion.

Der Newsletter dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Er kann
eine umfassende rechtliche Beratung nicht ersetzen.



Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125        ISSN 1613-4222                            Seite 1
Costa-Urteil: Europäischer Gerichtshof verschärft
              Anforderungen an die Vergabe von
              Glücksspielkonzessionen

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG


Wesentliche Punkte des Costa-Urteils:

   umfassende Transparenz der Konzessionierungsverfahren: Alle interessierten
   Wirtschaftsteilnehmer müssen die einschlägigen Informationen erhalten und
   teilnehmen können.

   Gleichbehandlungsgrundsatz: Alle potenziellen Bieter müssen die gleichen
   Chancen haben.

   Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens müssen „klar, genau und
   eindeutig formuliert“ sein.

   kein Schutz von Geschäftspositionen etablierter Betreiber zum Nachteil der neuen
   Konzessionäre

   umfassende gerichtliche Kontrolle von Behördenentscheidungen: äquivalenter
   und effektiver Rechtsschutz für ausgeschlossene Wirtschaftsteilnehmer



Mit dem am 16. Februar 2012 verkündeten Urteil in den verbundenen Rechtssachen
Costa u.a. (Rs. C-72/10 und C-77/10) hat der Gerichtshof der Europäischen Union
(EuGH) die europarechtlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Vergabe
von Glücksspielkonzessionen konkretisiert und verschärft. Die Ausführungen des
Gerichtshofs sind daher insbesondere für die EU-Mitgliedstaaten interessant, die
Glücksspielkonzessionen neu vergeben wollen (wie etwa Deutschland) oder
vergeben haben.

Der EuGH damit seine Rechtsprechung, hier insbesondere sein Urteil in der
Rechtssache Engelmann (Rs. C-64/08) bestätigt. Entsprechend der bisherigen EuGH-
Rechtsprechung muss die Konzessionsvergabe transparent sein, d.h. „auf objektiven,
nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, damit der
Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen gesetzt werden“. Eine
Vergabe „unter der Hand“ ist unzulässig. Alle interessierten Wirtschaftsteilnehmer
müssen „auf der Grundlage sämtlicher einschlägiger Informationen an
Ausschreibungen teilnehmen können“. Bedingungen und Modalitäten des
Vergabeverfahrens müssen „klar, genau und eindeutig formuliert“ sein. Negative
Auswirkungen müssen für die Bewerber bestimmt und vorhersehbar sein.


Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125      ISSN 1613-4222                     Seite 2
Aus der vom EuGH geforderten Öffnung für den Wettbewerb und aus dem
Gleichbehandlungsgrundsatz folgt, dass etablierte Konzessionsinhaber keine
unzulässigen Wettbewerbsvorteile gegenüber den Newcomern haben dürfen (wie
etwa durch einseitig geltende Abstandsvorschriften). Die etablierten Konzessionäre
und die Zulassungsbehörde können sich insbesondere nicht auf „Kontinuität,
finanzielle Stabilität und angemessene Renditen aus den getätigten Investitionen“
berufen.

Auch fordert der EuGH eine umfassende gerichtliche Kontrolle. Es muss insbesondere
eine gerichtliche Nachprüfung möglich sein, ob die Vergabe unparteiisch
durchgeführt worden ist. Für ausgeschlossene Wirtschaftsteilnehmer muss es einen
äquivalenten und effektiven Rechtsschutz geben.


1. Sachverhalt

Dem Costa-Urteil liegt die Vergabe von Glücksspielkonzessionen in Italien zugrunde
(die bereits Gegenstand mehrerer EuGH-Urteile war, vgl. die Urteile in den
Rechtssachen     Zenatti,    Gambelli   und    Placanica  sowie    das    Vertrags-
verletzungsverfahren Kommission/Italien, Rs. C-260/04). Ausgangsverfahren waren
zwei Strafsachen, in denen die für den britischen Buchmacher Stanley International
Betting Ltd (Stanley) tätige Sportwettenvermittler wegen unerlaubter Wetttätigkeit
angeklagt worden waren. Den Datenübertragungszentren für Stanley betreibenden
Herren Costa und Cifone wurde dabei vorgeworfen, Sportwetten ohne die
erforderliche Konzession und polizeiliche Genehmigung (für die eine Konzession
Voraussetzung ist) vermittelt zu haben.

Die ursprüngliche Konzessionsvergabe in Italien im Jahr 1999 war europarechtswidrig,
da u. a. börsennotierte Kapitalgesellschaften ausgeschlossen waren. Um die
Europarechtskonformität herzustellen, erfolgten daher 2006 mit dem Dekret Bersani
eine Neuregelung sowie eine Neuausschreibung. Alte Konzessionsinhaber wurden
jedoch insbesondere durch Abstandsregelungen geschützt. Die Ausschreibungs-
bedingungen für die neu vergebenen Konzessionen waren von dem Buchmacher
Stanley nicht zu erfüllen. Er reichte daher Klage beim Verwaltungsgericht (Tribunale
amministrativo regionale del Lazio) ein.


2. Rechtsausführungen des EuGH

Entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung hält der EuGH fest, dass
strafrechtliche Sanktionen nicht verhängt werden dürfen. Dies gelte auch nach der
Neuausschreibung zur Behebung des bisherigen Unionsrechtsverstoßes, soweit diese
Ausschreibung und die Vergabe neuer Konzessionen den rechtswidrigen Ausschluss
von der früheren Ausschreibung nicht wirksam behoben haben.

Interessanter sind die Ausführungen des EuGH zu den europarechtlichen
Anforderungen an eine Konzessionsvergabe. Der EuGH verweist darauf, dass es für
die rechtswidrig von der Konzessionsvergabe ausgeschlossenen Wirtschafts-


Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125    ISSN 1613-4222                        Seite 3
teilnehmern einen effektiven Rechtsschutz geben müsse (Rn. 51). Dieser dürfe nicht
weniger günstig ausgestaltet sein als für entsprechende Sachverhalte innerstaatlicher
Art (Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der Rechte nicht praktisch unmöglich
machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz).

Zwar könne bei einer europarechtswidrigen Konzessionsvergabe auch eine
Ausschreibung neuer Konzessionen (neben einer kompletten Neuvergabe) eine
europarechtlich zulässige Lösung sein. Allerdings müssten dann die bislang
rechtswidrig ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmer auf dem Markt unter den
gleichen Voraussetzungen wie die bestehenden Betreiber tätig werden können (Rn.
52 unter Hinweis auf Rn. 63 des Placania-Urteils). Den bisherigen Konzessionsinhabern,
die sich auf dem Markt bereits etablieren konnten, dürften daher keine zusätzlichen
Wettbewerbsvorteile eingeräumt werden (Rn. 53). Ansonsten werde der
rechtswidrige Ausschluss aufrechterhalten und verstärkt. Dies stelle eine weitere
Verletzung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit dar und verstoße gegen
den Gleichbehandlungs- und Effektivitätsgrundsatz.

Neben den Grundfreiheiten hat die die Konzessionen vergebende Behörde den
Gleichbehandlungsgrundsatz, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der
Staatsangehörigkeit und das daraus folgende Transparenzgebot zu beachten (R.
54). Dem entsprechend muss die Behörde zur Erfüllung des Transparenzerfordernisses
„einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit sicherstellen, der eine Öffnung der
Konzessionen für den Wettbewerb und die Nachprüfung ermöglicht, ob die
Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt worden sind“ (Rn. 55, bestätigt in Rn.
72).

Aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz folgt, dass alle potenziellen Bieter die
gleichen Chancen haben, und impliziert somit, dass sie denselben Bedingungen
unterliegen (Rn. 57). Dies gilt nach Ansicht des EuGH umso mehr, wenn die
Verletzung     des     Unionsrechts  für    bestimmte     Wirtschaftsteilnehmer eine
Ungleichbehandlung zur Folge hatte. Die italienische Regelung, dass ein
Mindestabstand zu den bereits vorhandenen Konzessionären einzuhalten ist, schützt
die von den bereits etablierten Betreibern erworbenen Geschäftspositionen zum
Nachteil der neuen Konzessionäre. Diese müssen sich an Orten niederlassen, die
geschäftlich weniger interessant sind (Rn. 58). Eine solche Maßnahme bedeutet somit
eine Diskriminierung der von der Ausschreibung von 1999 ausgeschlossenen
Wirtschaftsteilnehmer. Diese Ungleichbehandlung kann nicht durch „Kontinuität,
finanzielle Stabilität und angemessene Renditen aus den getätigten Investitionen“
gerechtfertigt werden, da es sich hierbei nicht um zwingende Gründe des
Allgemeininteresses handelt (Rn. 59). Mit dem Argument einer Verringerung der
Gelegenheit zum Spiel, als Rechtfertigung grundsätzlich anerkannt (Rn. 61), kann
angesichts der expansiven Politik im italienischen Glücksspielsektor die
Ungleichbehandlung nicht begründet werden (Rn. 62). Auch das Argument der
Kriminalitätsbekämpfung kann nur dann vorgebracht werden, wenn die
eingesetzten Mittel kohärent und systematisch sind (Rn. 63 unter Verweis auf Rn. 48
und 53 des Placanica-Urteils). Dies scheitert hier schon daran, da die
Mindestabstandsregelung nur für neuen Konzessionäre und nicht für die bereits
etablierten gilt (Rn. 64).

Im Folgenden befasst sich der EuGH mit den durch das Dekret Bersani neu
eingeführten Beschränkungen. So sind der Entzug der Konzession und der Verfall der


Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125     ISSN 1613-4222                         Seite 4
für die Konzession gestellten finanziellen Sicherheit vorgesehen, wenn gegen den
Konzessionär ein Strafverfahren eingeleitet wird oder dieser über Server im Ausland
Glücksspiele anbietet (Rn. 67). Diese Tatbestände beschränken in der Praxis auch
den Zugang zur Konzession. Insoweit stellt ein Hindernis für eine Konzessionserteilung
an den Buchmacher Stanley auch eine Beschränkung der Tätigkeiten der Herren
Costa und Cifone dar (Rn. 68).

Diese die Grundfreiheiten einschränkenden Beschränkungen müssen durch
zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Der EuGH bestätigt
hierbei noch einmal seine strengen Transparenzanforderungen. Diese sollen
gewährleisten, dass „alle interessierten Wirtschaftsteilnehmer auf der Grundlage
sämtlicher einschlägiger Informationen an Ausschreibungen teilnehmen können, und
die Gefahr von Günstlingswirtschaft oder von willkürlichen Entscheidungen der
Vergabestelle ausschließen“ (Rn. 73). Alle Bedingungen und Modalitäten des
Vergabeverfahrens müssen demnach „klar, genau und eindeutig formuliert“ seien.
Zum Einen sollen dadurch alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung
der üblichen Sorgfalt die genaue Bedeutung dieser Informationen verstehen und sie
in gleicher Weise auslegen können. Zum Anderen soll dem Ermessen der
konzessionserteilenden Stelle Grenzen gesetzt werden. Der Grundsatz der
Rechtssicherheit gebietet im Übrigen, dass Rechtsvorschriften vor allem dann, wenn
sie nachteilige Folgen haben können, klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen
voraussehbar sind (Rn. 74). Insbesondere, soweit hinsichtlich der Sanktionen auf
„sonstige Straftatbestände, die geeignet sind, die vom Vertrauen getragenen
Beziehungen mit der AAMS (italienische Glücksspielbehörde) zu zerrütten“, Bezug
genommen wird, äußert der EuGH gravierende Zweifel an der Bestimmtheit, überlässt
die Überprüfung jedoch dem vorlegenden Gericht (Rn. 79). Nach Ansicht des EuGH
kann ein Ausschluss vom Markt durch Entzug der Konzession auch nur dann als dem
Ziel der Bekämpfung der Kriminalität angemessen betrachtet werden, wenn er auf
einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer hinreichend schweren Straftat beruht
(Rn. 81).

Hinsichtlich der weiteren Konzessionentziehungsmöglichkeit, die in Art. 23 Abs. 3 des
von dem Konzessionsbewerber zu unterzeichnenden Mustervertrags vorgesehen ist,
verweist der EuGH auf die zwei völlig unterschiedlichen Auslegungen durch den
Generalanwalt (Rn. 87). Dieser Bestimmung fehle es daher ersichtlich an Klarheit. Im
Rahmen des Vorabentscheidungsverfahren seien zwar nationale Vorschriften von
den nationalen Gerichten auszulegen. Unionsrecht verlange jedoch, dass die
Bedingungen und Modalitäten eines Vergabeverfahrens klar, genau und eindeutig
formuliert seinen, was bei dieser Regelung nicht der Fall sei (Rn. 89). Stanley könne
nicht vorgeworfen werden, auf eine Bewerbung um eine Konzession angesichts
fehlender Rechtssicherheit verzichtet zu haben, solange hinsichtlich der Vereinbarkeit
seiner Arbeitsweise mit den Bestimmungen des bei der Vergabe der Konzession zu
unterzeichnenden Vertrags Unklarheit bestand (Rn. 90). Soweit ein solcher
Wirtschaftsteilnehmer von der im Urteil Placanica u. a. beanstandeten vorherigen
Ausschreibung unionsrechtswidrig ausgeschlossen war, ist davon auszugehen, dass
dieser Ausschluss durch die neue Ausschreibung nicht wirksam behoben wurde.




Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125     ISSN 1613-4222                         Seite 5
Rank-Urteil: EuGH klärt Grundsatz der steuerlichen
              Neutralität bei der Umsatzbesteuerung von
              Glücksspielen

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG



Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität nach dem Rank-Urteil:

   Gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder
   Dienstleistungen dürfen hinsichtlich der Mehrwertsteuer nicht unterschiedlich
   behandelt werden.

   Bei Gleichartigkeit zweier Dienstleistungen besteht ein Wettbewerbsverhältnis:
   Wettbewerbsverhältnis oder Verzerrung des Wettbewerbs muss daher nicht
   nachgewiesen werden.

   Die Gleichartigkeit wird aus der die Sicht des Durchschnittsverbrauchers beurteilt.
   Detailunterschiede in der Struktur, den Modalitäten oder den Regeln können eine
   Ungleichbehandlung zur gleichen Kategorie gehörender Glücksspiele nicht
   rechtfertigen.

   In Gaststätten und Spielhallen angebotene Glücksspiele oder Glücksspielgeräte
   dürfen steuerlich nicht anders behandelt werden als Spiele in Spielbanken.

   Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie hat unmittelbare
   Wirkung. Bei Verstoß gegen Grundsatz der steuerlichen Neutralität besteht
   Anspruch auf Steuerbefreiung.




In seiner das britische Unternehmen The Rank Group PLC („Rank“) betreffenden
Vorlageentscheidung hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) den
Grundsatz der der steuerlichen Neutralität bei der Umsatzbesteuerung von
Glücksspielen geklärt (Urteil vom 10. November 2011, Rs. C-259/10 und C-260/10).
Sofern der Mitgliedstaat – auch unabsichtlich – gegen eine unmittelbar anwendbare
Richtlinienbestimmung verstößt, besteht ein Anspruch auf Steuerbefreiung.

1. Mehrwertsteuer-Richtlinie

Die Umsatzsteuer ist europarechtlich harmonisiert, d.h. einheitlich geregelt, hier
insbesondere durch die sog. Sechste Mehrwertsteuer-Richtlinie (Richtlinie
77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften


Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125    ISSN 1613-4222                          Seite 6
der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern). Für Glücksspiele gibt es eine
Umsatzsteuerbefreiung. Nach Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Mehrwertsteuer-
Richtlinie sind Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz unter den
Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden,
von der Mehrwertsteuer befreit.


2. Ausgangsverfahren

In den beiden britischen Ausgangsverfahren ging es darum, dass Rank Mehrwert-
steuerzahlungen für den Zeitraum 2003 bis 2005 bzw. Oktober 2002 und Dezember
2005 erstattet haben wollte, die es für bestimmte Glücksspiele erbracht hatte (mc-
Bingo bzw. Geldspielautomaten). Glücksspiele, die nach britischem Recht zu
unterschiedlichen Lizenzkategorien gehörten und unterschiedlichen rechtlichen
Regelungen hinsichtlich ihrer Aufsicht und Regulierung unterlagen, wurden in diesem
Zeitraum     unterschiedlich   besteuert.   Rank    argumentierte    gegen     diese
unterschiedliche Besteuerung mit einer Verletzung des Grundsatzes der steuerlichen
Neutralität. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH lässt es dieser Grundsatz der
steuerlichen Neutralität nicht zu, gleichartige und deshalb miteinander in
Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer
unterschiedlich zu behandeln.


3. Rechtsausführungen des EuGH

Der EuGH hält in seinem Rank-Urteil zunächst fest, dass die Gleichartigkeit zweier
Dienstleistungen dazu führt, dass sie in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander
stehen (Rn. 33). Daher stelle das tatsächliche Bestehen eines Wettbewerbs-
verhältnisses zwischen zwei Dienstleistungen keine zusätzliche Voraussetzung für eine
Verletzung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität dar, wenn die betreffenden
Dienstleistungen aus der Sicht des Verbrauchers gleich oder gleichartig sind und
dieselben Bedürfnisse des Verbrauchers befriedigen (Rn. 34). Für die Annahme einer
solchen Verletzung bedarf es also nicht noch zusätzlich der Feststellung, dass die
betreffenden Dienstleistungen tatsächlich in einem Wettbewerbsverhältnis
zueinander stehen oder dass der Wettbewerb wegen dieser Ungleichbehandlung
verzerrt ist.

Bei der Beantwortung der Frage, ob zwei Dienstleistungen im Sinne der in der
genannten Randnummer angeführten Rechtsprechung gleichartig sind, ist in erster
Linie auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen (Rn. 43). Auf
unbedeutenden Unterschieden beruhende künstliche Unterscheidungen müssen
nach Ansicht des EuGH vermieden werden.

Hinsichtlich der Umsatzsteuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten
Richtlinie verweist der EuGH darauf, dass nach der Formulierung den Mitgliedstaaten
hinsichtlich der Befreiung oder Besteuerung der betreffenden Umsätze ein weiter
Wertungsspielraum eingeräumt ist. Machten die Mitgliedstaaten jedoch von der
Befugnis, die Bedingungen und Grenzen der Befreiung festzulegen und damit
Umsätze der Mehrwertsteuer zu unterwerfen oder nicht, Gebrauch, müssten sie den
Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachten (Rn. 41). Dieser Grundsatz verbiete
im Bereich der Mehrwertsteuererhebung eine allgemeine Differenzierung zwischen


Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125    ISSN 1613-4222                         Seite 7
unerlaubten und erlaubten Geschäften. Bei der Prüfung der Gleichartigkeit von zwei
Glücksspielen kann daher nicht berücksichtigt werden, ob deren Veranstaltung
rechtmäßig oder rechtswidrig ist (Rn. 45).

Für die Prüfung der Gleichartigkeit von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten
komme es auf die Identität der Veranstalter bzw. Betreiber dieser Glücksspiele und
Geräte sowie auf die Rechtsform, in der sie ihre Tätigkeiten ausüben, grundsätzlich
nicht an (Rn. 46). Unterschiede, die zwischen Gaststätten und Spielhallen einerseits
und zugelassenen Casinos andererseits hinsichtlich des Rahmens bestehen, in dem
dort jeweils Glücksspiele angeboten werden (hinsichtlich der räumlichen und
zeitlichen Zugangsmöglichkeit sowie des Ambiente), sind für die Vergleichbarkeit
dieser Spiele unerheblich (Rn. 47).

Für die Beurteilung der Vergleichbarkeit der betreffenden Glücksspiele komme es
auch auf die Unterschiede in der rechtlichen Regelung nicht an (Rn. 49). Zwar
können unterschiedliche Glücksspielkategorien unterschiedlich besteuert werden, so
etwa Steuerpflicht bei Glücksspielautomaten und Steuerbefreiung bei Wetten,
Lotterien und Ausspielungen. Um den Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht
auszuhöhlen und das gemeinsame Mehrwertsteuersystem nicht zu verfälschen, kann
eine Ungleichbehandlung bei der Mehrwertbesteuerung jedoch nicht auf
Detailunterschiede in der Struktur, den Modalitäten oder den Regeln der
betreffenden Glücksspiele gestützt werden, die, wie Geldspielautomaten, sämtlich
zu derselben Kategorie von Glücksspielen gehören (Rn. 55).

Diese Differenzierung hat aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers zu erfolgen,
wobei die maßgeblichen oder wichtigen Umstände zu berücksichtigen sind, die
dessen Entscheidung, das eine oder das andere Glücksspiel zu spielen, erheblich
beeinflussen können. Insoweit können Unterschiede bei den Mindest- und
Höchsteinsätzen und -gewinnen, den Gewinnchancen, den verfügbaren Formaten
und der Möglichkeit von Interaktionen zwischen dem Spieler und dem
Geldspielautomaten         erheblichen    Einfluss   auf   die   Entscheidung  des
Durchschnittsverbrauchers haben, da die Anziehungskraft von Glücksspielen mit
Geldeinsatz in erster Linie auf der Möglichkeit eines Gewinns beruht (Rn. 57).

Eine bloße steuerliche Ungleichbehandlung in der Praxis führt nach Ansicht des EuGH
nicht zu einer Erstattungspflicht. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität sei dahin
auszulegen, dass ein Steuerpflichtiger nicht die Erstattung der für bestimmte
Dienstleistungen entrichteten Mehrwertsteuer verlangen kann, wenn die
Steuerbehörden des betreffenden Mitgliedstaats gleichartige Dienstleistungen in der
Praxis wie steuerfreie Umsätze behandelt haben, obwohl diese Leistungen nach der
einschlägigen nationalen Regelung eigentlich nicht mehrwertsteuerfrei sind (Rn 59
ff.).

Bei einer rechtswidrigen unterschiedlichen steuerrechtlichen Regelung besteht
jedoch ein Rechtsanspruch auf Steuerbefreiung. Großbritannien hatte in dem
Verfahren argumentiert, bei der Regulierung zwar verspätet, aber mit der
„gebotenen Sorgfalt“ auf die Entwicklung einer neuen Geräteart regiert zu haben.
Dem widerspricht der EuGH. Ein Mitgliedstaat kann, wenn die Bedingungen oder
Beschränkungen, von denen er die Mehrwertsteuerbefreiung für Glücksspiele mit
Geldeinsatz abhängig macht, gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität
verstoßen, sich nicht auf diese Bedingungen oder Beschränkungen berufen, um dem


Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125     ISSN 1613-4222                          Seite 8
Veranstalter solcher Glücksspiele die Steuerbefreiung, auf die dieser nach der
Sechsten Richtlinie einen Rechtsanspruch hat, zu verweigern (Rn. 68). Art. 13 Teil B
Buchst. f der Sechsten Richtlinie hat daher unmittelbare Wirkung. Ein Veranstalter
oder Betreiber von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten kann sich vor den
nationalen Gerichten auf diese Bestimmung berufen, um die Anwendung mit ihr
unvereinbarer innerstaatlicher Rechtsvorschriften zu verhindern (Rn. 69). Eine solche
unmittelbare Wirkung einer Richtlinienbestimmung hängt nach Ansicht des EuGH
auch nicht davon ab, dass der betroffene Mitgliedstaat bei der Umsetzung der
betreffenden Richtlinie absichtlich oder fahrlässig schuldhaft gehandelt hat oder
dass eine hinreichend qualifizierte Verletzung von Unionsrecht vorliegt (Rn. 70).



___


Was ist eine Hausverlosung „im Internet“? -
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gegen den
Bayerischen Verwaltungsgerichtshof

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG



Der Glücksspielstaatvertrag (GlüStV) sieht in seinem § 4 Abs. 4 vor, dass das
Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten ist.
Was unter diesem Internetverbot konkret zu verstehen ist, wird allerdings in der Praxis
völlig  unterschiedlich   beurteilt, was    zwei   neue,      völlig    divergierende
Gerichtsentscheidungen des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin-Brandenburg
und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vom. 7. bzw. 8. Februar 2012
zum gleichen Sachverhalt zeigen.



1. Sachverhalt

Der in Österreich wohnhafte Antragsteller bot über seine weltweit und damit auch in
den Ländern Brandenburg und Bayern aus abrufbare Internetseite die Teilnahme an
der einmaligen Verlosung eines Hausgrundstücks in der Nähe von Berlin an. Über die
auf der Internetseite angegebene E-mail-Adresse und eine Telefonnummer konnte
die Reservierung von Losen erfolgen.

Dieses Angebot wurde ihm sowohl in Brandenburg wie auch Bayern untersagt.
Gegen die jeweils sofort vollziehbaren Untersagungsverfügungen des Ministeriums
des Innern des Landes Brandenburg bzw. der Regierung von Mittelfranken
beantragte der Veranstalter Vollstreckungsschutz.




Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125     ISSN 1613-4222                          Seite 9
2. Entscheidungsgründe

Diesen Sachverhalt beurteilen die beiden damit befassten zweitinstanzlichen (und im
einstweiligen Rechtsschutz auch letztinstanzlichen) Verwaltungsgerichte völlig
konträr, einerseits „bewertend“ und ergebnisorientiert und andererseits am Wortlaut
ausgerichtet.



2.1. OVG Berlin-Brandenburg

Das OVG Berlin-Brandenburg argumentiert in seinem Beschluss vom 8. Februar 2012,
Az. OVG 1 S 20.11, erkennbar entscheidungsorientiert mit der „absehbaren
Nachahmung durch andere“, die nach Ansicht des OVG zu unterbinden sei.
Maßgeblich sei bei einer „bewertenden Betrachtung“ nicht eine bestimmte "Internet-
Technik", sondern eine am Normzweck orientierte, auf den Vertriebsweg "Internet"
abstellende Auslegung.

Das OVG führt hierzu aus:

      „Entgegen dem Beschwerdevorbringen unterfällt die fragliche Hausverlosung
      auch tatbestandlich dem Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV, selbst wenn diese
      nicht überwiegend im Internet abgewickelt werden sollte. Die Argumentation
      des Antragstellers, die zwischen dem Angebot von Informationen im Internet
      (über das Hausgrundstück, die Verlosungsbestimmungen und die
      Kontaktdaten des Veranstalters) einerseits und der Übermittlung von
      Kontaktdaten der Teilnehmer über das Internet per E-Mail anderseits
      differenzieren will, überzeugt nicht. Durch diese technische, allein auf das
      Bemühen zur Umgehung des Internetvertriebsverbots zurückzuführende
      Sichtweise wird der Gesamtvorgang der Veranstaltung künstlich aufgespalten,
      ohne letztlich etwas Wesentliches daran zu ändern, dass die Hausverlosung -
      soweit ersichtlich - ausschließlich im Internet angeboten wird und ohne die
      Nutzung dieses Mediums schlechterdings nicht durchführbar wäre. Zudem
      trägt auch die vom Antragsteller gewählte Glücksspielvariante die für die
      Schaffung von § 4 Abs. 4 GlüStV ursächlichen typischen Gefahren im Sinne
      von § 1 GlüStV in sich.

      Im Einzelnen:

      Trotz der Aufspaltung zwischen der reinen Informationsvermittlung im Internet
      und den weiteren Schritten (Vertragsschluss, Vertragsabwicklung sowie
      Auslosung), die - ohne die von der Beschwerdeschrift aufgezeigten
      Möglichkeiten einer softwaregestützten (automatischen) Registrierung bzw.
      automatisch generierten Kontaktierung nutzend - per E-Mail, Telefon, Briefpost
      oder „offline“ durchgeführt werden sollen, ergibt eine bewertende
      Betrachtung, dass die Verlosung insgesamt gesehen nicht außerhalb des


Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125   ISSN 1613-4222                         Seite
                                                                            10
Internet stattfindet (zu Umgehungsvarianten: vgl. Hüsken, GewArch 2010, 336
      ff. sowie juris).

      Die Differenzierung des Antragstellers zwischen einer Veranstaltung „im
      Internet“ und einer „Übermittlung über Internetleitungen“ bzw. zwischen einer
      „Datenübermittlung im world wide web und dem e-mail-Verkehr“ überzeugt
      schon in technischer Hinsicht nicht (...). Dies muss hier jedoch nicht weiter
      vertieft werden, denn auch bei der Betrachtungsweise des Antragstellers wäre
      eine Erlaubnisfähigkeit nicht begründbar (vgl. VG Regensburg, Beschluss vom
      6. April 2011 - RO 5 S 11.268 - juris); dies gilt auch deshalb, weil ein Verstoß
      gegen das in § 5 Abs. 3 GlüStV bestimmte Werbeverbot auch danach nicht
      entfiele.

      Entscheidend ist jedoch, dass dem Erlass der maßgeblichen Regelungen in § 4
      Abs. 4 bzw. § 5 Abs. 3 GlüStV - wie bereits angedeutet - nicht ein auf eine
      bestimmte „Internet-Technik“ festgelegtes, sondern ein gefahrenorientiertes,
      schon an der Ermöglichung der Teilnahme ansetzendes Verständnis des im
      Glücksspiel-staatsvertrag und den Ausführungsgesetzen der Länder nicht
      näher definierten Tatbestandsmerkmals „im Internet“ zugrunde liegt (ebenso
      VG Mainz, Urteil vom 22. März 2010 - 6 K 1135/08.MZ - juris Rn. 25 und VG
      Ansbach, a.a.O., Rn. 18 f.). Diese Regelungsintention ergibt sich aus den
      Gesetzesmaterialien (vgl. Landtag Brandenburg, Drs. 4/5156, Teil B., zu § 4
      GlüStV, S. 69), wonach der Gesetzgeber nicht zwischen einer Veranstaltung im
      Internet und einer solchen über das Internet unterschieden, sondern zur
      Sicherung der Ziele des § 1 GlüStV maßgeblich auf den „Vertriebsweg
      Internet“ abgestellt hat, der dem Glücksspielbereich generell untersagt
      werden sollte (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008, a.a.O., Rn.
      40 und 48 sowie Urteil vom 28. März 2006, a.a.O., Rn. 137, 139 und 153). In der
      bereits zitierten Entscheidung des VG Ansbach (a.a.O., Rn. 19) wird zutreffend
      darauf hingewiesen, dass auch der über das Internet erfolgende E-Mail-
      Verkehr eine erleichterte Zugangsmöglichkeit für die Spielteilnahme sowie eine
      fehlende soziale Kontrolle aufweist, die im Interesse des effektiven
      Jugendschutzes durch § 4 Abs. 4 GlüStV unterbunden werden soll. Diese auf
      den Zweck des Internetvertriebs- bzw. Werbeverbots abstellende Auslegung
      des Tatbestandsmerkmals „im Internet“ liegt auch der Entscheidung des EuGH
      in Sachen Carmen Media (Rn. 100 ff. m.w.Nachw.) zugrunde, wonach das
      Verbot in § 4 Abs. 4 GlüStV nicht die Vermarktung einer bestimmten Art von
      Glücksspielen, sondern das Internet als einen bestimmten Vertriebskanal für
      Glücksspiele betrifft. Insofern ist zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals „im
      Internet“ von Bedeutung, ob die Ausspielung über das Internet „vermarktet“
      bzw. „vertrieben“ wird und ob sie in ihren Auswirkungen den bekannten, nach
      § 4 Abs. 4 GlüStV zu unterbindenden Glücksspielen gleichsteht. Hiervon ist der
      Antragsgegner zu Recht ausgegangen, wobei nicht speziell die Person des
      Antragstellers und dessen Seriosität im Fokus der Betrachtung steht, sondern
      das von ihm gewählte Geschäftsmodell („Erste legale Hausverlosung dieses


Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125    ISSN 1613-4222                          Seite
                                                                              11
Hauses in Deutschland“) und dessen absehbare Nachahmung durch
      andere.“



2.2. BayVGH

Der BayVGH argumentiert zwar auch mit Sinn und Zweck der Regelung (die
teleologische Auslegung als Königsdisziplin der Juristen), geht aber zunächst einmal
vom Wortlaut der Regelung und nicht gleich vom angestrebten Ergebnis aus.

Der Verwaltungsgerichtshof hält in seinem Beschluss vom 7. Februar 2012, Az. 10 CS
11.1212, fest, dass die Verlosung außerhalb des Internets stattfinde:

      „Dafür spricht zunächst der Wortlaut der Regelung. Denn bereits nach
      natürlichem Sprachgebrauch spielt sich das vom Antragsteller angebotene
      Glücksspiel nicht im Internet, sondern außerhalb davon ab. Zwar wird im
      Internet über die Hausverlosung und ihre Einzelheiten informiert. Es werden die
      Modalitäten in den Teilnahmebedingungen detailliert beschrieben und eine E-
      Mail-Adresse sowie eine Telefonnummer benannt, über die Kontakt zum
      Veranstalter aufgenommen werden kann, um unter Angabe von Namen,
      Adresse, Telefonnummer und E-Mail-Adresse Wünsche für eine Losreservierung
      mitzuteilen. Die Spielteilnahme als solche erfolgt aber außerhalb des Internets.
      Die Reservierung von Losen wird nicht auf der Internetseite des Antragstellers
      vorgenommen, sondern erfolgt in mehreren Schritten außerhalb dieser Seite.
      Zunächst übermittelt der Teilnahmewillige seine Reservierungswünsche unter
      Angabe der genannten Daten per E-Mail oder per Telefon an den
      Veranstalter. Dieser fordert den Teilnahmewilligen sodann mit einer manuell
      und nicht automatisch erstellten Antwort auf, die Reservierungsgebühr auf ein
      gleichzeitig mitgeteiltes Treuhandkonto zu übermitteln. Erst mit dem Eingang
      der Zahlung auf dem Treuhandkonto ist die Reservierung verbindlich
      abgeschlossen. Die Verlosung selbst findet ebenfalls außerhalb des Internets
      statt.

      Dass das Glücksspiel des Antragstellers in Form der Hausverlosung nicht im
      Sinne von § 4 Abs. 4 GlüStV im Internet veranstaltet wird, bestätigt schließlich
      auch der Sinn und Zweck dieser Regelung. Ziel des Internetverbots ist es, die
      Spiel- und Wettsucht zu bekämpfen sowie einen effektiven Jugendschutz zu
      gewährleisten (vgl. BVerwG vom 01.06.2011 Az. 8 C 5/10 RdNr. 20). Der
      Normgeber ging davon aus, dass gerade das Internet als Vertriebsweg nicht
      geeignet ist, den Jugendschutz wirkungsvoll zu gewährleisten, und dass die
      Anonymität des Spielenden und das Fehlen jeglicher sozialen Kontrolle es
      unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung von Glücksspielsucht erforderlich
      machten, das Internet als Vertriebsweg auszuschließen (vgl. LT-Drucks 15/8486,
      S. 15). Dies spricht aber dafür, dass § 4 Abs. 4 GlüStV dann nicht einschlägig ist,
      wenn ein auf einer Internetseite angebotenes Glücksspiel so ausgestaltet ist,


Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125     ISSN 1613-4222                           Seite
                                                                                12
dass die spezifischen Gefahren des Internets im Hinblick auf den Jugendschutz
      und die Entstehung von Spielsucht nicht bestehen. Ein solcher Fall liegt vor,
      wenn in einem Internetauftritt eines Glücksspielanbieters über die Information
      über das Glücksspiel hinaus lediglich die Möglichkeit eröffnet wird, um eine
      unverbindliche Zusendung von Losen zu bitten, der gesamte Bestell- und
      Bezahlvorgang im Übrigen aber außerhalb des Internets abzuwickeln ist (vgl.
      Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2008, § 4 RdNr. 98). Denn eine solche
      Ausgestaltung des Glücksspiels macht es erforderlich, dass der Spielwillige
      seine Personalien offenbart und damit aus der Spielsucht fördernden
      Anonymität des Internets heraustritt. Außerdem entsteht Raum, den Belangen
      des Jugendschutzes durch entsprechende Vorkehrungen Rechnung zu
      tragen, wenn die verbindlichen Bestell- und Zahlvorgänge erst außerhalb des
      Internets erfolgen. Demgegenüber ist das Internetverbot nach § 4 Abs. 4
      GlüStV einschlägig, wenn die für die verbindliche Teilnahme wesentlichen
      Vorgänge im Internet ablaufen und lediglich die Bezahlung außerhalb des
      Internets erfolgt (vgl. BayVGH vom 25.08.2011 Az. 10 BV 11.1176 RdNr. 28).

      Legt man dies zugrunde, so ist auch nach seinem Sinn und Zweck § 4 Abs. 4
      GlüStV nicht auf die Hausverlosung des Antragstellers anwendbar. Denn der
      Reservierungswunsch, ist auch dann unverbindlich, wenn er nicht ohnehin per
      Telefon, sondern per E-Mail an den Veranstalter übermittelt wird. Verbindlich
      reserviert ist ein Los vielmehr erst dann, wenn der Veranstalter den
      Teilnahmewilligen außerhalb des Internets unter Angabe des dafür
      vorgesehenen Treuhandkontos zur Zahlung aufgefordert hat und die Zahlung
      dort eingegangen ist.

      Bestätigt wird dieses Ergebnis schließlich auch durch die Systematik des
      Glücksspielstaatsvertrags. Neben dem Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV, im
      Internet öffentliche Glücksspiele zu veranstalten oder zu vermitteln, enthält
      dieser in § 5 Abs. 3 GlüStV auch das Verbot, für öffentliches Glücksspiel im
      Internet zu werben. Dies macht eine Abgrenzung von Veranstaltung und
      Vermittlung einerseits und Werbung andererseits erforderlich und zeigt, dass
      nicht jeder Internetauftritt, der die Möglichkeit der Teilnahme an einem
      Glücksspiel betrifft, ein Veranstalten oder Vermitteln von Glücksspielen
      darstellt, sondern auch Werbung für ein Glücksspiel sein kann, das anderweitig
      veranstaltet wird.“



Die ausschließlich für Glücksspielangebote im Internet zuständige Regierung von
Mittelfranken war damit für die verfahrensgegenständliche Untersagung nicht
zuständig.




Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125    ISSN 1613-4222                         Seite
                                                                             13
Amtsgericht Augsburg: Vermittlung von Sportwetten an privaten
Buchmacher derzeit nicht strafbar



von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L-HSG



Die binnnengrenzüberschreitende Vermittlung von Verträgen über Sportwetten ist
derzeit nicht strafbar. Dies hat kürzlich das Amtsgericht Augsburg bestätigt und
deswegen einen von der Rechtsanwaltskanzlei ARENDTS ANWÄLTE vertretenen
Sportwettenvermittler freigesprochen (Urteil vom 30. November 2012, Az. 12 Ds 102 Js
113892/09 (2)). Nach den zutreffenden Feststellungen des Gerichts liegt derzeit
bereits objektiv eine Strafbarkeit nach § 284 StGB nicht vor.

Das Amtsgericht Augsburg verweist auf die einschlägige Rechtsprechung des
Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und hält fest, dass das staatliche Monopol für
Sportwetten nicht mit Europarecht vereinbar ist, da es eine „unverhältnismäßige
Beschränkung der europarechtlichen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit“
darstellt:

      „Somit steht für den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ebenso wie für das
      erkennende Gericht fest, dass das staatliche Sportwettenmonopol auch nach
      dem seit 1.1.2008 geltenden Glückspielstaatsvertrag den europarechtlichen
      Vorgaben nicht entspricht und deswegen nicht anzuwenden ist. Die
      Begründung einer Erlaubnispflicht ist nämlich vor dem Hintergrund der
      Dienstleistungsfreiheit nach Artikel 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der
      Europäischen Union (AEUV) zu sehen. Der EuGH hat in ständiger
      Rechtsprechung (Nachweise siehe bei AG Berlin-Tiergarten, Beschluss vom
      25.07.2011, AZ 249 Ds 14 Js 2738/10 (3/11), 249 Ds 3/11, Rdnr. 8 in JURIS)
      festgestellt, dass eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch einen
      Erlaubnisvorbehalt nur in Betracht kommt, wenn diese Beschränkung dem
      Verhältnismäßigkeitsgrundsatz      entspricht.  Das    bedeutet,    dass   die
      Beschränkung geeignet sein muss, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten
      Ziels in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur
      Begrenzung der Wetttätigkeit beiträgt. Eben dies verneint der Bayerische
      Verwaltungsgerichtshof mit Recht.

      Es ist daher festzuhalten, dass das staatliche Sportwettenmonopol in seiner
      derzeitigen Ausgestaltung gegen Europarecht verstößt und deswegen nicht
      anwendbar ist.“




Auch mit dem Erlaubnisvorbehalt kann nach Überzeugung des Amtsgerichts eine
Strafbarkeit nicht begründet werden:




Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125    ISSN 1613-4222                        Seite
                                                                            14
„Das Gericht geht weiterhin davon aus, dass der Erlaubnisvorbehalt in seiner
      derzeitigen Form ausschließlich der Sicherung des staatlichen          Monopols
      dient. Auch der am 01.01.2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag sieht
      die Beibehaltung eines Monopols vor. Gerade der vorliegende Fall
      untermauert diesen Zusammenhang, wird doch die Unterlassungsverfügung
      der Stadt Augsburg vom 13.05.2009 (vgl. BI. 29 ff. d. A.) ausschließlich auf das
      Bestehen eines staatlichen Monopols gestützt. Der Angeklagte hatte
      deswegen       schlicht   keine    Möglichkeit,    eine    Erlaubnis   für   sein
      Sportwettenangebot zu bekommen. Dies führt nach der Rechtsprechung des
      EuGH (zitiert im o.g. Beschluss des AG Berlin- Tiergarten vom 25.07.2011, Rdnr.
      18) dazu, dass eine strafrechtliche Vorwerfbarkeit des Verhaltens des
      Angeklagten entfällt. Es wäre ihm nämlich unter keinen Umständen möglich
      gewesen, eine Erlaubnis für das Vermitteln privater Sportwetten zu erhalten,
      weil die Behörde diese unter Hinweis auf ein - wie dargelegt
      europarechtswidriges - staatliches Monopol ohnehin abgelehnt hätte und
      hat. Eine andere Handhabung würde nach Auffassung des Gerichts dazu
      führen, dass über den Umweg des Strafrechts eine gegen Europarecht
      verstoßende Gesetzeslage durchgesetzt werden könnte.

      Eine Strafbarkeit des Angeklagten scheidet daher bereits aus objektiven
      Gründen aus.“




             Pressemitteilungen



Fotball Dataco-Urteil: EuGH lehnt Urheberrechtsschutz für Spielpläne ab

Pressemitteilung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 1. März 2012



- Ein Spielplan für Fußballbegegnungen kann nicht urheberrechtlich geschützt
werden, wenn seine Erstellung durch Regeln oder Zwänge bestimmt wird, die für
künstlerische Freiheit keinen Raum lassen

- Die Tatsache, dass für die Erstellung des Spielplans ein bedeutender
Arbeitsaufwand und bedeutende Sachkenntnis des Urhebers erforderlich waren,
rechtfertigt als solche nicht den urheberrechtlichen Schutz des Spielplans



Durch die Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Datenbanken1) werden diese
urheberrechtlich geschützt, wenn die Auswahl oder Anordnung des Stoffes eine
eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers darstellt. Die Datenbanken können auch


Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125     ISSN 1613-4222                          Seite
                                                                               15
durch das Schutzrecht „sui generis“ geschützt sein, wenn für die Beschaffung, die
Überprüfung oder die Darstellung ihres Inhalts eine wesentliche Investition erforderlich
ist.

Die britische Gesellschaft Football Dataco, die mit dem Schutz der an den Spielen
der englischen und der schottischen Fußballligen erworbenen Rechte betraut ist, und
die Organisatoren dieser Ligen werfen im Ausgangsverfahren Yahoo! UK, Stan James
(Buchmacher) und Enetpulse (Sportinformationsdienst) vor, diese hätten ihre Rechte
des geistigen Eigentums an den Fußballspielplänen verletzt, indem sie Letztere ohne
Erbringung einer finanziellen Gegenleistung verwendet hätten.

Die Spielpläne für die Begegnungen werden nach bestimmten Regeln, den
sogenannten „goldenen Regeln“, ausgearbeitet. Das Verfahren zur Ausarbeitung
der Spielpläne ist teilweise automatisiert, erfordert aber dennoch einen
bedeutenden Arbeitsaufwand und bedeutende Sachkenntnis, um der Vielzahl der
Anforderungen der Beteiligten unter Einhaltung der Regeln gerecht zu werden.

Das nationale Gericht hat einen Schutz „sui generis“ dieser Spielpläne bereits im
Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs 2)ausgeschlossen. Dagegen ist es
sich nicht sicher, ob die Spielpläne für einen urheberrechtlichen Schutz in Betracht
kommen. Es bittet daher den Gerichtshof, zu klären, welche Voraussetzungen für die
Gewährung dieses Schutzes erfüllt sein müssen.

Der Gerichtshof antwortet zunächst, dass der durch die Richtlinie gewährte
urheberrechtliche Schutz die „Struktur“ der Datenbank und nicht deren „Inhalt“ zum
Gegenstand hat. Dieser Schutz erstreckt sich nicht auf die Daten selbst. In diesem
Kontext bedeuten die Begriffe „Auswahl“ und „Anordnung“ im Sinne der Richtlinie
die Auswahl und Anordnung von Daten, durch die der Urheber der Datenbank
dieser ihre Struktur verleiht. Dagegen umfassen diese Begriffe nicht die Erzeugung der
in der Datenbank enthaltenen Daten. Folglich können die geistigen Anstrengungen
und die Sachkenntnis, die für die Erzeugung der Daten aufgewandt wurden, bei der
Beurteilung, ob die diese Daten enthaltende Datenbank für den urheberrechtlichen
Schutz nach der Richtlinie in Betracht kommt, nicht berücksichtigt werden.

Im vorliegenden Fall betreffen die Anstrengungen und die Sachkenntnis, die für die
Erstellung der Spielpläne erforderlich sind, die Erzeugung der in der Datenbank
enthaltenen Daten selbst. Folglich sind diese Anstrengungen und diese Sachkenntnis
jedenfalls ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob die betreffenden Spielpläne für
Fußballbegegnungen für den urheberrechtlichen Schutz nach der Richtlinie in
Betracht kommen.

Weiter führt der Gerichtshof aus, dass der Begriff der „geistigen Schöpfung“, die eine
notwendige Voraussetzung für den urheberrechtlichen Schutz ist, allein auf das
Kriterium der Originalität verweist. In Bezug auf die Erstellung einer Datenbank ist
dieses Kriterium der Originalität erfüllt, wenn der Urheber über die Auswahl oder die


Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125      ISSN 1613-4222                          Seite
                                                                                16
Anordnung der in ihr enthaltenen Daten seine schöpferischen Fähigkeiten in
eigenständiger Weise zum Ausdruck bringt, indem er freie und kreative
Entscheidungen trifft. Dagegen ist dieses Kriterium nicht erfüllt, wenn die Erstellung
der Datenbank durch technische Erwägungen, Regeln oder Zwänge bestimmt wird,
die für künstlerische Freiheit keinen Raum lassen.

Für die Beurteilung der Originalität, die erforderlich ist, damit die Datenbank
urheberrechtlich geschützt werden kann, ist es gleichgültig, ob den Daten durch ihre
Auswahl oder ihre Anordnung in der Datenbank eine „wesentliche Bedeutung
hinzugefügt“ wird.

Ebenso reicht die Tatsache, dass für die Erstellung der Datenbank unabhängig von
der Erzeugung der darin enthaltenen Daten ein bedeutender Arbeitsaufwand und
bedeutende Sachkenntnis des Urhebers erforderlich waren, als solche nicht aus, um
einen urheberrechtlichen Schutz der Datenbank zu rechtfertigen, wenn durch diesen
Arbeitsaufwand und diese Sachkenntnis keinerlei Originalität bei der Auswahl oder
Anordnung der Daten zum Ausdruck kommt.

Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand der vom Gerichtshof angeführten
Aspekte zu beurteilen, ob die betreffenden Spielpläne für Fußballbegegnungen
Datenbanken sind, die die Voraussetzungen für einen urheberrechtlichen Schutz
erfüllen. Der Gerichtshof führt jedoch weiter aus, dass die vom nationalen Gericht
geschilderten Einzelheiten der Erstellung der Spielpläne nicht ausreichen, damit diese
durch das in der Richtlinie vorgesehene Urheberrecht geschützt werden können,
wenn sie nicht durch Faktoren ergänzt werden, durch die Originalität bei der
Auswahl oder Anordnung der in diesen Spielplänen enthaltenen Daten zum
Ausdruck gebracht wird.

Schließlich stellt der Gerichtshof fest, dass im Hinblick darauf, dass die Richtlinie den
urheberrechtlichen       Schutz     von     Datenbanken       harmonisiert,    nationale
Rechtsvorschriften, durch die Datenbanken unter anderen Voraussetzungen als
denen der Richtlinie urheberrechtlicher Schutz gewährt wird, mit dem Unionsrecht
unvereinbar sind.



___

1) Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996
über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. L 77, S. 20).

2) Urteile vom 9. November 2004, Fixtures Marketing, (C-46/02, C-338/02 und C-
444/02), vgl. auch Pressemitteilung Nr. 89/04.




Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125      ISSN 1613-4222                           Seite
                                                                                 17
GIG darf weiter Wettbewerbsverstöße der staatlichen Lottogesellschaften
verfolgen

- Bundesgerichtshof begründet seine Entscheidungen zugunsten des Verbandes
privater Glücksspielunternehmen

- BGH: Werbung der "Glücksspirale" mit dem "guten Zweck" ist unzulässig



12.03.2012 (Köln) – Im August 2011 hatte der BGH drei Klagen des GIG Verband für
Gewerbetreibende        im     Glücksspielwesen      e.V.  gegen     die  staatlichen
Lottogesellschaften von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt für
rechtlich zulässig erklärt. In seinen jetzt vorliegenden Urteilsbegründungen verneint
der BGH unmissverständlich den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs durch den Verband,
den die staatlichen Lottogesellschaften fortwährend erhoben hatten.

Für die Frage des Rechtsmissbrauchs sei es völlig unerheblich, dass der Verband
ausschließlich gegen staatliche Lottogesellschaften vorgehe. Missbräuchlich wäre
lediglich, mit solch einem selektiven Vorgehen Neumitglieder zu werben, denen
nach Beitritt Schutz vor Verfolgung versprochen würde. Dies ist hier aber eindeutig
nicht der Fall, wie der BGH bestätigt hat. Im Übrigen sei es zulässig, die staatlichen
Lottogesellschaften von einer Mitgliedschaft im GIG auszuschließen. Im Verfahren um
die Internet-Webseite "Glücksspirale" der Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt führte der
BGH in seiner Begründung zudem aus, dass ein Hinweis auf eine gemeinnützige
Verwendung der Spieleinnahmen in Verbindung mit einer Aufforderung zur
Spielteilnahme gegen das Internet-Werbeverbot (§ 5 Abs. 3 GlüStV) verstößt und
somit unzulässig ist.

Während das Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz gegen die Lotto Rheinland-Pfalz
GmbH wegen mangelhaften Minderjährigenschutz (9 U 258/10) bereits rechtskräftig
ist, hat der BGH die beiden anderen Verfahren an die Oberlandesgerichte Hamm
und Naumburg zurück verwiesen, die jetzt in der Sache entscheiden müssen.

Beim BGH sind derzeit noch vier weitere Verfahren des GIG anhängig (I ZR 51/11, I ZR
52/11, I ZR 53/11, I ZR 73/11). Darin geht es um unzulässig anreizende Werbung und
Verstöße gegen den Minderjährigenschutz durch den Freistaat Bayern/die Staatliche
Lotterieverwaltung Lotto Bayern.


Quelle: GIG – Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V.




Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125     ISSN 1613-4222                         Seite
                                                                              18
Impressum
                                                      ______________________

                                                      Sportwettenrecht aktuell
                                                      ISSN 1613-4222

                                                      Herausgeber:

                                                      Rechtsanwaltskanzlei
                                                      ARENDTS ANWÄLTE,
                                                      Perlacher Str. 68,
                                                      D - 82031 Grünwald
                                                      (bei München)

                                                      Tel. 0700 / WETTRECHT
                                                      Tel. 089 / 64 91 11 - 75;
                                                      Fax. 089 / 64 91 11 - 76

                                                      E-Mail: wettrecht
                                                      @anlageanwalt.de



                                                      Redaktion:
                                                      Rechtsanwalt Martin
                                                      Arendts, M.B.L.-HSG
                                                      (martin.arendts@anlage
                                                      anwalt.de)
                                                       (presserechtlich
                                                      verantwortlich),
                                                      Rechtsanwalt Clemens
                                                      Schmautzer

                                                      c/o ARENDTS ANWÄLTE,
                                                      Perlacher Str. 68,
                                                      D - 82031 Grünwald


                                                      © 2012.




Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125   ISSN 1613-4222                        Seite
                                                                           19

More Related Content

What's hot

Sportwettenrechtrecht aktuell Nr. 132
Sportwettenrechtrecht aktuell Nr. 132Sportwettenrechtrecht aktuell Nr. 132
Sportwettenrechtrecht aktuell Nr. 132Martin Arendts
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 16/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 16/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 16/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 16/2015SpruchZ
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015Martin Arendts
 
Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache Ince (C-336/14)
Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache Ince (C-336/14) Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache Ince (C-336/14)
Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache Ince (C-336/14) Martin Arendts
 
Effecten-Spiegel zum Delisting
Effecten-Spiegel zum DelistingEffecten-Spiegel zum Delisting
Effecten-Spiegel zum DelistingSpruchZ
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 19/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 19/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 19/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 19/2015SpruchZ
 

What's hot (6)

Sportwettenrechtrecht aktuell Nr. 132
Sportwettenrechtrecht aktuell Nr. 132Sportwettenrechtrecht aktuell Nr. 132
Sportwettenrechtrecht aktuell Nr. 132
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 16/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 16/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 16/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 16/2015
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015
 
Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache Ince (C-336/14)
Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache Ince (C-336/14) Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache Ince (C-336/14)
Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache Ince (C-336/14)
 
Effecten-Spiegel zum Delisting
Effecten-Spiegel zum DelistingEffecten-Spiegel zum Delisting
Effecten-Spiegel zum Delisting
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 19/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 19/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 19/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 19/2015
 

Viewers also liked

Descriptions je suis
Descriptions   je suisDescriptions   je suis
Descriptions je suisfausto2007
 
NFCity : chasse au trésor 2.0 (par Youri Jedlinski)
NFCity : chasse au trésor 2.0 (par Youri Jedlinski)NFCity : chasse au trésor 2.0 (par Youri Jedlinski)
NFCity : chasse au trésor 2.0 (par Youri Jedlinski)Arnaud Robin
 
Barra d'eines UB-T780
Barra d'eines UB-T780Barra d'eines UB-T780
Barra d'eines UB-T780nmoradell
 
Présentation rapide d'OpenStreetMap
Présentation rapide d'OpenStreetMapPrésentation rapide d'OpenStreetMap
Présentation rapide d'OpenStreetMapChristian Quest
 
Alabanzas a Dios - José Luis Caravias, sj.
Alabanzas a Dios - José Luis Caravias, sj.Alabanzas a Dios - José Luis Caravias, sj.
Alabanzas a Dios - José Luis Caravias, sj.infocatolicos
 
Réunions des propriétaires chambres d'hôtes (Novembre 2013)
Réunions des propriétaires chambres d'hôtes (Novembre 2013)Réunions des propriétaires chambres d'hôtes (Novembre 2013)
Réunions des propriétaires chambres d'hôtes (Novembre 2013)SMTR
 
Unsere internationale Rezepte
Unsere internationale RezepteUnsere internationale Rezepte
Unsere internationale Rezepteewoods000
 
Jesús es exigente - José Luis Caravias, sj.
Jesús es exigente - José Luis Caravias, sj.Jesús es exigente - José Luis Caravias, sj.
Jesús es exigente - José Luis Caravias, sj.infocatolicos
 
Evidencias.competencias ciudadanas
Evidencias.competencias ciudadanas Evidencias.competencias ciudadanas
Evidencias.competencias ciudadanas Nathaly Andria
 
Barometre politique-sigma-conseil-mode-de-compatibilite
Barometre politique-sigma-conseil-mode-de-compatibiliteBarometre politique-sigma-conseil-mode-de-compatibilite
Barometre politique-sigma-conseil-mode-de-compatibilitewissemrek
 
Salon E-commerce Paris 2014 : Acquisition vs Fidélisation, et le gagnant est ...
Salon E-commerce Paris 2014 : Acquisition vs Fidélisation, et le gagnant est ...Salon E-commerce Paris 2014 : Acquisition vs Fidélisation, et le gagnant est ...
Salon E-commerce Paris 2014 : Acquisition vs Fidélisation, et le gagnant est ...Emarsys en francais
 
Présentation groupe lisa cat berro
Présentation groupe lisa cat berroPrésentation groupe lisa cat berro
Présentation groupe lisa cat berrolisacatberro
 
Lectura de El alfabetismo dentro y fuera del aula.
Lectura de El alfabetismo dentro y fuera del aula.Lectura de El alfabetismo dentro y fuera del aula.
Lectura de El alfabetismo dentro y fuera del aula.jose enrique tellez pacheco
 
Plan4All - standards d'interopérabilité
Plan4All - standards d'interopérabilitéPlan4All - standards d'interopérabilité
Plan4All - standards d'interopérabilitéBIG
 

Viewers also liked (20)

Descriptions je suis
Descriptions   je suisDescriptions   je suis
Descriptions je suis
 
NFCity : chasse au trésor 2.0 (par Youri Jedlinski)
NFCity : chasse au trésor 2.0 (par Youri Jedlinski)NFCity : chasse au trésor 2.0 (par Youri Jedlinski)
NFCity : chasse au trésor 2.0 (par Youri Jedlinski)
 
Lecture 03
Lecture 03Lecture 03
Lecture 03
 
Barra d'eines UB-T780
Barra d'eines UB-T780Barra d'eines UB-T780
Barra d'eines UB-T780
 
Hombre como microcosmos_segun_hipocrates
Hombre como microcosmos_segun_hipocratesHombre como microcosmos_segun_hipocrates
Hombre como microcosmos_segun_hipocrates
 
Présentation rapide d'OpenStreetMap
Présentation rapide d'OpenStreetMapPrésentation rapide d'OpenStreetMap
Présentation rapide d'OpenStreetMap
 
Lecture 01
Lecture 01Lecture 01
Lecture 01
 
Alabanzas a Dios - José Luis Caravias, sj.
Alabanzas a Dios - José Luis Caravias, sj.Alabanzas a Dios - José Luis Caravias, sj.
Alabanzas a Dios - José Luis Caravias, sj.
 
Lecture 01
Lecture 01Lecture 01
Lecture 01
 
Réunions des propriétaires chambres d'hôtes (Novembre 2013)
Réunions des propriétaires chambres d'hôtes (Novembre 2013)Réunions des propriétaires chambres d'hôtes (Novembre 2013)
Réunions des propriétaires chambres d'hôtes (Novembre 2013)
 
Unsere internationale Rezepte
Unsere internationale RezepteUnsere internationale Rezepte
Unsere internationale Rezepte
 
Jesús es exigente - José Luis Caravias, sj.
Jesús es exigente - José Luis Caravias, sj.Jesús es exigente - José Luis Caravias, sj.
Jesús es exigente - José Luis Caravias, sj.
 
Ofimática en Línea
Ofimática en LíneaOfimática en Línea
Ofimática en Línea
 
Evidencias.competencias ciudadanas
Evidencias.competencias ciudadanas Evidencias.competencias ciudadanas
Evidencias.competencias ciudadanas
 
Barometre politique-sigma-conseil-mode-de-compatibilite
Barometre politique-sigma-conseil-mode-de-compatibiliteBarometre politique-sigma-conseil-mode-de-compatibilite
Barometre politique-sigma-conseil-mode-de-compatibilite
 
Salon E-commerce Paris 2014 : Acquisition vs Fidélisation, et le gagnant est ...
Salon E-commerce Paris 2014 : Acquisition vs Fidélisation, et le gagnant est ...Salon E-commerce Paris 2014 : Acquisition vs Fidélisation, et le gagnant est ...
Salon E-commerce Paris 2014 : Acquisition vs Fidélisation, et le gagnant est ...
 
Présentation groupe lisa cat berro
Présentation groupe lisa cat berroPrésentation groupe lisa cat berro
Présentation groupe lisa cat berro
 
Lectura de El alfabetismo dentro y fuera del aula.
Lectura de El alfabetismo dentro y fuera del aula.Lectura de El alfabetismo dentro y fuera del aula.
Lectura de El alfabetismo dentro y fuera del aula.
 
Guia n 1_intr_mat
Guia n 1_intr_matGuia n 1_intr_mat
Guia n 1_intr_mat
 
Plan4All - standards d'interopérabilité
Plan4All - standards d'interopérabilitéPlan4All - standards d'interopérabilité
Plan4All - standards d'interopérabilité
 

Similar to Sportwettenrecht125

Sportwettenrecht119 Final
Sportwettenrecht119 FinalSportwettenrecht119 Final
Sportwettenrecht119 FinalMartin Arendts
 
Sportwettenrecht aktuell Nr. 130
Sportwettenrecht aktuell Nr. 130Sportwettenrecht aktuell Nr. 130
Sportwettenrecht aktuell Nr. 130Martin Arendts
 
Sportwettenrecht aktuell Nr. 123
Sportwettenrecht aktuell Nr. 123Sportwettenrecht aktuell Nr. 123
Sportwettenrecht aktuell Nr. 123Martin Arendts
 
Sportwettenrecht aktuell Nr. 122
Sportwettenrecht aktuell Nr. 122Sportwettenrecht aktuell Nr. 122
Sportwettenrecht aktuell Nr. 122Martin Arendts
 
Stellungnahme des DAV zum Delisting
Stellungnahme des DAV zum Delisting Stellungnahme des DAV zum Delisting
Stellungnahme des DAV zum Delisting SpruchZ
 
Rechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-Onlinehandel
Rechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-OnlinehandelRechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-Onlinehandel
Rechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-OnlinehandelTrusted Shops
 
Rechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-Onlinehandel,
Rechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-Onlinehandel,Rechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-Onlinehandel,
Rechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-Onlinehandel,Trusted Shops
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 5/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 5/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 5/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 5/2015Martin Arendts
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015SpruchZ
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2013
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2013Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2013
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2013SpruchZ
 
Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2Raabe Verlag
 
Vorlagebeschluss des AG Sonthofen
Vorlagebeschluss des AG SonthofenVorlagebeschluss des AG Sonthofen
Vorlagebeschluss des AG SonthofenMartin Arendts
 
Zum unzuständigen Schiedsrichter
Zum unzuständigen SchiedsrichterZum unzuständigen Schiedsrichter
Zum unzuständigen SchiedsrichterMarco Stacher
 
BGH, Wella-Entscheidung
BGH, Wella-EntscheidungBGH, Wella-Entscheidung
BGH, Wella-EntscheidungSpruchZ
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2013
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2013Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2013
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2013SpruchZ
 
Sportwettenrecht aktuell Nr. 131
Sportwettenrecht aktuell Nr. 131Sportwettenrecht aktuell Nr. 131
Sportwettenrecht aktuell Nr. 131Martin Arendts
 
FG Bremen Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
FG Bremen Vorlage an das BundesverfassungsgerichtFG Bremen Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
FG Bremen Vorlage an das BundesverfassungsgerichtMartin Arendts
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2012
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2012Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2012
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2012SpruchZ
 
Booklet "Die 24 wichtigsten Urteile im Onlinehandel"
Booklet "Die 24 wichtigsten Urteile im Onlinehandel"Booklet "Die 24 wichtigsten Urteile im Onlinehandel"
Booklet "Die 24 wichtigsten Urteile im Onlinehandel"Florian Decker
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015SpruchZ
 

Similar to Sportwettenrecht125 (20)

Sportwettenrecht119 Final
Sportwettenrecht119 FinalSportwettenrecht119 Final
Sportwettenrecht119 Final
 
Sportwettenrecht aktuell Nr. 130
Sportwettenrecht aktuell Nr. 130Sportwettenrecht aktuell Nr. 130
Sportwettenrecht aktuell Nr. 130
 
Sportwettenrecht aktuell Nr. 123
Sportwettenrecht aktuell Nr. 123Sportwettenrecht aktuell Nr. 123
Sportwettenrecht aktuell Nr. 123
 
Sportwettenrecht aktuell Nr. 122
Sportwettenrecht aktuell Nr. 122Sportwettenrecht aktuell Nr. 122
Sportwettenrecht aktuell Nr. 122
 
Stellungnahme des DAV zum Delisting
Stellungnahme des DAV zum Delisting Stellungnahme des DAV zum Delisting
Stellungnahme des DAV zum Delisting
 
Rechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-Onlinehandel
Rechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-OnlinehandelRechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-Onlinehandel
Rechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-Onlinehandel
 
Rechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-Onlinehandel,
Rechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-Onlinehandel,Rechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-Onlinehandel,
Rechtliche Herausforderungen im internationalen B2C-Onlinehandel,
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 5/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 5/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 5/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 5/2015
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2015
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2013
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2013Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2013
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2013
 
Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
 
Vorlagebeschluss des AG Sonthofen
Vorlagebeschluss des AG SonthofenVorlagebeschluss des AG Sonthofen
Vorlagebeschluss des AG Sonthofen
 
Zum unzuständigen Schiedsrichter
Zum unzuständigen SchiedsrichterZum unzuständigen Schiedsrichter
Zum unzuständigen Schiedsrichter
 
BGH, Wella-Entscheidung
BGH, Wella-EntscheidungBGH, Wella-Entscheidung
BGH, Wella-Entscheidung
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2013
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2013Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2013
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 4/2013
 
Sportwettenrecht aktuell Nr. 131
Sportwettenrecht aktuell Nr. 131Sportwettenrecht aktuell Nr. 131
Sportwettenrecht aktuell Nr. 131
 
FG Bremen Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
FG Bremen Vorlage an das BundesverfassungsgerichtFG Bremen Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
FG Bremen Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2012
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2012Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2012
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2012
 
Booklet "Die 24 wichtigsten Urteile im Onlinehandel"
Booklet "Die 24 wichtigsten Urteile im Onlinehandel"Booklet "Die 24 wichtigsten Urteile im Onlinehandel"
Booklet "Die 24 wichtigsten Urteile im Onlinehandel"
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015
 

More from Martin Arendts

Martin Arendts on the proposed Third Amendment to the Interstate Treaty on Ga...
Martin Arendts on the proposed Third Amendment to the Interstate Treaty on Ga...Martin Arendts on the proposed Third Amendment to the Interstate Treaty on Ga...
Martin Arendts on the proposed Third Amendment to the Interstate Treaty on Ga...Martin Arendts
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2018
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2018Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2018
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2018Martin Arendts
 
Arendts special situations
Arendts special situationsArendts special situations
Arendts special situationsMartin Arendts
 
Germany: The Saga continues
Germany: The Saga continuesGermany: The Saga continues
Germany: The Saga continuesMartin Arendts
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2016
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2016Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2016
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2016Martin Arendts
 
Entwurf eines staatsvertrages_zur_neuregelung_des_gluecksspielwesens_in_deuts...
Entwurf eines staatsvertrages_zur_neuregelung_des_gluecksspielwesens_in_deuts...Entwurf eines staatsvertrages_zur_neuregelung_des_gluecksspielwesens_in_deuts...
Entwurf eines staatsvertrages_zur_neuregelung_des_gluecksspielwesens_in_deuts...Martin Arendts
 
Urteil des EuGH in der Rechtssache Ince (Rs. C-336/14)
Urteil des EuGH in der Rechtssache Ince (Rs. C-336/14)Urteil des EuGH in der Rechtssache Ince (Rs. C-336/14)
Urteil des EuGH in der Rechtssache Ince (Rs. C-336/14)Martin Arendts
 
CJEU will pronounce decision in Ince referral case (C-336/14) on 4 February 2016
CJEU will pronounce decision in Ince referral case (C-336/14) on 4 February 2016CJEU will pronounce decision in Ince referral case (C-336/14) on 4 February 2016
CJEU will pronounce decision in Ince referral case (C-336/14) on 4 February 2016Martin Arendts
 
Arendts, Germany: Change is needed
Arendts, Germany: Change is neededArendts, Germany: Change is needed
Arendts, Germany: Change is neededMartin Arendts
 
Opinion of Advocate General Szpunar (ince, C-336/14)
Opinion of Advocate General Szpunar (ince, C-336/14)Opinion of Advocate General Szpunar (ince, C-336/14)
Opinion of Advocate General Szpunar (ince, C-336/14)Martin Arendts
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 20/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 20/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 20/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 20/2015Martin Arendts
 
Failed gambling licensing procedures
Failed gambling licensing proceduresFailed gambling licensing procedures
Failed gambling licensing proceduresMartin Arendts
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 13/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 13/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 13/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 13/2015Martin Arendts
 
Arendts_Germany licensing procedure_igamingbusiness
Arendts_Germany licensing procedure_igamingbusinessArendts_Germany licensing procedure_igamingbusiness
Arendts_Germany licensing procedure_igamingbusinessMartin Arendts
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 7/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 7/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 7/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 7/2015Martin Arendts
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015Martin Arendts
 
Germany arendts egl_spring_2015
Germany arendts egl_spring_2015Germany arendts egl_spring_2015
Germany arendts egl_spring_2015Martin Arendts
 
Lg frankfurt am main rücker
Lg frankfurt am main rückerLg frankfurt am main rücker
Lg frankfurt am main rückerMartin Arendts
 
Varta beschluss olg stuttgart delisting
Varta beschluss olg stuttgart delisting Varta beschluss olg stuttgart delisting
Varta beschluss olg stuttgart delisting Martin Arendts
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2015Martin Arendts
 

More from Martin Arendts (20)

Martin Arendts on the proposed Third Amendment to the Interstate Treaty on Ga...
Martin Arendts on the proposed Third Amendment to the Interstate Treaty on Ga...Martin Arendts on the proposed Third Amendment to the Interstate Treaty on Ga...
Martin Arendts on the proposed Third Amendment to the Interstate Treaty on Ga...
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2018
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2018Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2018
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 3/2018
 
Arendts special situations
Arendts special situationsArendts special situations
Arendts special situations
 
Germany: The Saga continues
Germany: The Saga continuesGermany: The Saga continues
Germany: The Saga continues
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2016
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2016Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2016
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 2/2016
 
Entwurf eines staatsvertrages_zur_neuregelung_des_gluecksspielwesens_in_deuts...
Entwurf eines staatsvertrages_zur_neuregelung_des_gluecksspielwesens_in_deuts...Entwurf eines staatsvertrages_zur_neuregelung_des_gluecksspielwesens_in_deuts...
Entwurf eines staatsvertrages_zur_neuregelung_des_gluecksspielwesens_in_deuts...
 
Urteil des EuGH in der Rechtssache Ince (Rs. C-336/14)
Urteil des EuGH in der Rechtssache Ince (Rs. C-336/14)Urteil des EuGH in der Rechtssache Ince (Rs. C-336/14)
Urteil des EuGH in der Rechtssache Ince (Rs. C-336/14)
 
CJEU will pronounce decision in Ince referral case (C-336/14) on 4 February 2016
CJEU will pronounce decision in Ince referral case (C-336/14) on 4 February 2016CJEU will pronounce decision in Ince referral case (C-336/14) on 4 February 2016
CJEU will pronounce decision in Ince referral case (C-336/14) on 4 February 2016
 
Arendts, Germany: Change is needed
Arendts, Germany: Change is neededArendts, Germany: Change is needed
Arendts, Germany: Change is needed
 
Opinion of Advocate General Szpunar (ince, C-336/14)
Opinion of Advocate General Szpunar (ince, C-336/14)Opinion of Advocate General Szpunar (ince, C-336/14)
Opinion of Advocate General Szpunar (ince, C-336/14)
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 20/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 20/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 20/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 20/2015
 
Failed gambling licensing procedures
Failed gambling licensing proceduresFailed gambling licensing procedures
Failed gambling licensing procedures
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 13/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 13/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 13/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 13/2015
 
Arendts_Germany licensing procedure_igamingbusiness
Arendts_Germany licensing procedure_igamingbusinessArendts_Germany licensing procedure_igamingbusiness
Arendts_Germany licensing procedure_igamingbusiness
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 7/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 7/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 7/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 7/2015
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 6/2015
 
Germany arendts egl_spring_2015
Germany arendts egl_spring_2015Germany arendts egl_spring_2015
Germany arendts egl_spring_2015
 
Lg frankfurt am main rücker
Lg frankfurt am main rückerLg frankfurt am main rücker
Lg frankfurt am main rücker
 
Varta beschluss olg stuttgart delisting
Varta beschluss olg stuttgart delisting Varta beschluss olg stuttgart delisting
Varta beschluss olg stuttgart delisting
 
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2015Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2015
Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 1/2015
 

Sportwettenrecht125

  • 1. Sportwettenrecht aktuell Newsletter zum Recht der Sportwetten, Glücksspiele und Gewinnspiele Nr. 125 vom 13. März 2012 Inhaltsübersicht Costa-Urteil: Europäischer Gerichtshof verschärft Anforderungen an die Vergabe von Glücksspielkonzessionen, S. 2 Rank-Urteil: EuGH klärt Grundsatz der steuerlichen Neutralität bei der Umsatzbesteuerung von Glücksspielen, S. 6 Was ist eine Hausverlosung „im Internet“? - Oberverwaltungsgericht Berlin- Brandenburg gegen den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, S. 9 Amtsgericht Augsburg: Vermittlung von Sportwetten an privaten Buchmacher derzeit nicht strafbar, S. 14 Fotball Dataco-Urteil: EuGH lehnt Urheberrechtsschutz für Spielpläne ab, S. 15 GIG darf weiter Wettbewerbsverstöße der staatlichen Lottogesellschaften verfolgen, S. 18 Der Newsletter „Sportwettenrecht aktuell“ wird per E-mail verteilt. Er erscheint jeweils nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen wenden Sie sich bitte an die Redaktion. Der Newsletter dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Er kann eine umfassende rechtliche Beratung nicht ersetzen. Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 1
  • 2. Costa-Urteil: Europäischer Gerichtshof verschärft Anforderungen an die Vergabe von Glücksspielkonzessionen von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG Wesentliche Punkte des Costa-Urteils: umfassende Transparenz der Konzessionierungsverfahren: Alle interessierten Wirtschaftsteilnehmer müssen die einschlägigen Informationen erhalten und teilnehmen können. Gleichbehandlungsgrundsatz: Alle potenziellen Bieter müssen die gleichen Chancen haben. Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens müssen „klar, genau und eindeutig formuliert“ sein. kein Schutz von Geschäftspositionen etablierter Betreiber zum Nachteil der neuen Konzessionäre umfassende gerichtliche Kontrolle von Behördenentscheidungen: äquivalenter und effektiver Rechtsschutz für ausgeschlossene Wirtschaftsteilnehmer Mit dem am 16. Februar 2012 verkündeten Urteil in den verbundenen Rechtssachen Costa u.a. (Rs. C-72/10 und C-77/10) hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die europarechtlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Vergabe von Glücksspielkonzessionen konkretisiert und verschärft. Die Ausführungen des Gerichtshofs sind daher insbesondere für die EU-Mitgliedstaaten interessant, die Glücksspielkonzessionen neu vergeben wollen (wie etwa Deutschland) oder vergeben haben. Der EuGH damit seine Rechtsprechung, hier insbesondere sein Urteil in der Rechtssache Engelmann (Rs. C-64/08) bestätigt. Entsprechend der bisherigen EuGH- Rechtsprechung muss die Konzessionsvergabe transparent sein, d.h. „auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, damit der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen gesetzt werden“. Eine Vergabe „unter der Hand“ ist unzulässig. Alle interessierten Wirtschaftsteilnehmer müssen „auf der Grundlage sämtlicher einschlägiger Informationen an Ausschreibungen teilnehmen können“. Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens müssen „klar, genau und eindeutig formuliert“ sein. Negative Auswirkungen müssen für die Bewerber bestimmt und vorhersehbar sein. Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 2
  • 3. Aus der vom EuGH geforderten Öffnung für den Wettbewerb und aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz folgt, dass etablierte Konzessionsinhaber keine unzulässigen Wettbewerbsvorteile gegenüber den Newcomern haben dürfen (wie etwa durch einseitig geltende Abstandsvorschriften). Die etablierten Konzessionäre und die Zulassungsbehörde können sich insbesondere nicht auf „Kontinuität, finanzielle Stabilität und angemessene Renditen aus den getätigten Investitionen“ berufen. Auch fordert der EuGH eine umfassende gerichtliche Kontrolle. Es muss insbesondere eine gerichtliche Nachprüfung möglich sein, ob die Vergabe unparteiisch durchgeführt worden ist. Für ausgeschlossene Wirtschaftsteilnehmer muss es einen äquivalenten und effektiven Rechtsschutz geben. 1. Sachverhalt Dem Costa-Urteil liegt die Vergabe von Glücksspielkonzessionen in Italien zugrunde (die bereits Gegenstand mehrerer EuGH-Urteile war, vgl. die Urteile in den Rechtssachen Zenatti, Gambelli und Placanica sowie das Vertrags- verletzungsverfahren Kommission/Italien, Rs. C-260/04). Ausgangsverfahren waren zwei Strafsachen, in denen die für den britischen Buchmacher Stanley International Betting Ltd (Stanley) tätige Sportwettenvermittler wegen unerlaubter Wetttätigkeit angeklagt worden waren. Den Datenübertragungszentren für Stanley betreibenden Herren Costa und Cifone wurde dabei vorgeworfen, Sportwetten ohne die erforderliche Konzession und polizeiliche Genehmigung (für die eine Konzession Voraussetzung ist) vermittelt zu haben. Die ursprüngliche Konzessionsvergabe in Italien im Jahr 1999 war europarechtswidrig, da u. a. börsennotierte Kapitalgesellschaften ausgeschlossen waren. Um die Europarechtskonformität herzustellen, erfolgten daher 2006 mit dem Dekret Bersani eine Neuregelung sowie eine Neuausschreibung. Alte Konzessionsinhaber wurden jedoch insbesondere durch Abstandsregelungen geschützt. Die Ausschreibungs- bedingungen für die neu vergebenen Konzessionen waren von dem Buchmacher Stanley nicht zu erfüllen. Er reichte daher Klage beim Verwaltungsgericht (Tribunale amministrativo regionale del Lazio) ein. 2. Rechtsausführungen des EuGH Entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung hält der EuGH fest, dass strafrechtliche Sanktionen nicht verhängt werden dürfen. Dies gelte auch nach der Neuausschreibung zur Behebung des bisherigen Unionsrechtsverstoßes, soweit diese Ausschreibung und die Vergabe neuer Konzessionen den rechtswidrigen Ausschluss von der früheren Ausschreibung nicht wirksam behoben haben. Interessanter sind die Ausführungen des EuGH zu den europarechtlichen Anforderungen an eine Konzessionsvergabe. Der EuGH verweist darauf, dass es für die rechtswidrig von der Konzessionsvergabe ausgeschlossenen Wirtschafts- Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 3
  • 4. teilnehmern einen effektiven Rechtsschutz geben müsse (Rn. 51). Dieser dürfe nicht weniger günstig ausgestaltet sein als für entsprechende Sachverhalte innerstaatlicher Art (Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz). Zwar könne bei einer europarechtswidrigen Konzessionsvergabe auch eine Ausschreibung neuer Konzessionen (neben einer kompletten Neuvergabe) eine europarechtlich zulässige Lösung sein. Allerdings müssten dann die bislang rechtswidrig ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmer auf dem Markt unter den gleichen Voraussetzungen wie die bestehenden Betreiber tätig werden können (Rn. 52 unter Hinweis auf Rn. 63 des Placania-Urteils). Den bisherigen Konzessionsinhabern, die sich auf dem Markt bereits etablieren konnten, dürften daher keine zusätzlichen Wettbewerbsvorteile eingeräumt werden (Rn. 53). Ansonsten werde der rechtswidrige Ausschluss aufrechterhalten und verstärkt. Dies stelle eine weitere Verletzung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit dar und verstoße gegen den Gleichbehandlungs- und Effektivitätsgrundsatz. Neben den Grundfreiheiten hat die die Konzessionen vergebende Behörde den Gleichbehandlungsgrundsatz, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und das daraus folgende Transparenzgebot zu beachten (R. 54). Dem entsprechend muss die Behörde zur Erfüllung des Transparenzerfordernisses „einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit sicherstellen, der eine Öffnung der Konzessionen für den Wettbewerb und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt worden sind“ (Rn. 55, bestätigt in Rn. 72). Aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz folgt, dass alle potenziellen Bieter die gleichen Chancen haben, und impliziert somit, dass sie denselben Bedingungen unterliegen (Rn. 57). Dies gilt nach Ansicht des EuGH umso mehr, wenn die Verletzung des Unionsrechts für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer eine Ungleichbehandlung zur Folge hatte. Die italienische Regelung, dass ein Mindestabstand zu den bereits vorhandenen Konzessionären einzuhalten ist, schützt die von den bereits etablierten Betreibern erworbenen Geschäftspositionen zum Nachteil der neuen Konzessionäre. Diese müssen sich an Orten niederlassen, die geschäftlich weniger interessant sind (Rn. 58). Eine solche Maßnahme bedeutet somit eine Diskriminierung der von der Ausschreibung von 1999 ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmer. Diese Ungleichbehandlung kann nicht durch „Kontinuität, finanzielle Stabilität und angemessene Renditen aus den getätigten Investitionen“ gerechtfertigt werden, da es sich hierbei nicht um zwingende Gründe des Allgemeininteresses handelt (Rn. 59). Mit dem Argument einer Verringerung der Gelegenheit zum Spiel, als Rechtfertigung grundsätzlich anerkannt (Rn. 61), kann angesichts der expansiven Politik im italienischen Glücksspielsektor die Ungleichbehandlung nicht begründet werden (Rn. 62). Auch das Argument der Kriminalitätsbekämpfung kann nur dann vorgebracht werden, wenn die eingesetzten Mittel kohärent und systematisch sind (Rn. 63 unter Verweis auf Rn. 48 und 53 des Placanica-Urteils). Dies scheitert hier schon daran, da die Mindestabstandsregelung nur für neuen Konzessionäre und nicht für die bereits etablierten gilt (Rn. 64). Im Folgenden befasst sich der EuGH mit den durch das Dekret Bersani neu eingeführten Beschränkungen. So sind der Entzug der Konzession und der Verfall der Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 4
  • 5. für die Konzession gestellten finanziellen Sicherheit vorgesehen, wenn gegen den Konzessionär ein Strafverfahren eingeleitet wird oder dieser über Server im Ausland Glücksspiele anbietet (Rn. 67). Diese Tatbestände beschränken in der Praxis auch den Zugang zur Konzession. Insoweit stellt ein Hindernis für eine Konzessionserteilung an den Buchmacher Stanley auch eine Beschränkung der Tätigkeiten der Herren Costa und Cifone dar (Rn. 68). Diese die Grundfreiheiten einschränkenden Beschränkungen müssen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Der EuGH bestätigt hierbei noch einmal seine strengen Transparenzanforderungen. Diese sollen gewährleisten, dass „alle interessierten Wirtschaftsteilnehmer auf der Grundlage sämtlicher einschlägiger Informationen an Ausschreibungen teilnehmen können, und die Gefahr von Günstlingswirtschaft oder von willkürlichen Entscheidungen der Vergabestelle ausschließen“ (Rn. 73). Alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens müssen demnach „klar, genau und eindeutig formuliert“ seien. Zum Einen sollen dadurch alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt die genaue Bedeutung dieser Informationen verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können. Zum Anderen soll dem Ermessen der konzessionserteilenden Stelle Grenzen gesetzt werden. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet im Übrigen, dass Rechtsvorschriften vor allem dann, wenn sie nachteilige Folgen haben können, klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen voraussehbar sind (Rn. 74). Insbesondere, soweit hinsichtlich der Sanktionen auf „sonstige Straftatbestände, die geeignet sind, die vom Vertrauen getragenen Beziehungen mit der AAMS (italienische Glücksspielbehörde) zu zerrütten“, Bezug genommen wird, äußert der EuGH gravierende Zweifel an der Bestimmtheit, überlässt die Überprüfung jedoch dem vorlegenden Gericht (Rn. 79). Nach Ansicht des EuGH kann ein Ausschluss vom Markt durch Entzug der Konzession auch nur dann als dem Ziel der Bekämpfung der Kriminalität angemessen betrachtet werden, wenn er auf einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer hinreichend schweren Straftat beruht (Rn. 81). Hinsichtlich der weiteren Konzessionentziehungsmöglichkeit, die in Art. 23 Abs. 3 des von dem Konzessionsbewerber zu unterzeichnenden Mustervertrags vorgesehen ist, verweist der EuGH auf die zwei völlig unterschiedlichen Auslegungen durch den Generalanwalt (Rn. 87). Dieser Bestimmung fehle es daher ersichtlich an Klarheit. Im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahren seien zwar nationale Vorschriften von den nationalen Gerichten auszulegen. Unionsrecht verlange jedoch, dass die Bedingungen und Modalitäten eines Vergabeverfahrens klar, genau und eindeutig formuliert seinen, was bei dieser Regelung nicht der Fall sei (Rn. 89). Stanley könne nicht vorgeworfen werden, auf eine Bewerbung um eine Konzession angesichts fehlender Rechtssicherheit verzichtet zu haben, solange hinsichtlich der Vereinbarkeit seiner Arbeitsweise mit den Bestimmungen des bei der Vergabe der Konzession zu unterzeichnenden Vertrags Unklarheit bestand (Rn. 90). Soweit ein solcher Wirtschaftsteilnehmer von der im Urteil Placanica u. a. beanstandeten vorherigen Ausschreibung unionsrechtswidrig ausgeschlossen war, ist davon auszugehen, dass dieser Ausschluss durch die neue Ausschreibung nicht wirksam behoben wurde. Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 5
  • 6. Rank-Urteil: EuGH klärt Grundsatz der steuerlichen Neutralität bei der Umsatzbesteuerung von Glücksspielen von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität nach dem Rank-Urteil: Gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen dürfen hinsichtlich der Mehrwertsteuer nicht unterschiedlich behandelt werden. Bei Gleichartigkeit zweier Dienstleistungen besteht ein Wettbewerbsverhältnis: Wettbewerbsverhältnis oder Verzerrung des Wettbewerbs muss daher nicht nachgewiesen werden. Die Gleichartigkeit wird aus der die Sicht des Durchschnittsverbrauchers beurteilt. Detailunterschiede in der Struktur, den Modalitäten oder den Regeln können eine Ungleichbehandlung zur gleichen Kategorie gehörender Glücksspiele nicht rechtfertigen. In Gaststätten und Spielhallen angebotene Glücksspiele oder Glücksspielgeräte dürfen steuerlich nicht anders behandelt werden als Spiele in Spielbanken. Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie hat unmittelbare Wirkung. Bei Verstoß gegen Grundsatz der steuerlichen Neutralität besteht Anspruch auf Steuerbefreiung. In seiner das britische Unternehmen The Rank Group PLC („Rank“) betreffenden Vorlageentscheidung hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) den Grundsatz der der steuerlichen Neutralität bei der Umsatzbesteuerung von Glücksspielen geklärt (Urteil vom 10. November 2011, Rs. C-259/10 und C-260/10). Sofern der Mitgliedstaat – auch unabsichtlich – gegen eine unmittelbar anwendbare Richtlinienbestimmung verstößt, besteht ein Anspruch auf Steuerbefreiung. 1. Mehrwertsteuer-Richtlinie Die Umsatzsteuer ist europarechtlich harmonisiert, d.h. einheitlich geregelt, hier insbesondere durch die sog. Sechste Mehrwertsteuer-Richtlinie (Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 6
  • 7. der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern). Für Glücksspiele gibt es eine Umsatzsteuerbefreiung. Nach Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Mehrwertsteuer- Richtlinie sind Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz unter den Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden, von der Mehrwertsteuer befreit. 2. Ausgangsverfahren In den beiden britischen Ausgangsverfahren ging es darum, dass Rank Mehrwert- steuerzahlungen für den Zeitraum 2003 bis 2005 bzw. Oktober 2002 und Dezember 2005 erstattet haben wollte, die es für bestimmte Glücksspiele erbracht hatte (mc- Bingo bzw. Geldspielautomaten). Glücksspiele, die nach britischem Recht zu unterschiedlichen Lizenzkategorien gehörten und unterschiedlichen rechtlichen Regelungen hinsichtlich ihrer Aufsicht und Regulierung unterlagen, wurden in diesem Zeitraum unterschiedlich besteuert. Rank argumentierte gegen diese unterschiedliche Besteuerung mit einer Verletzung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH lässt es dieser Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht zu, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. 3. Rechtsausführungen des EuGH Der EuGH hält in seinem Rank-Urteil zunächst fest, dass die Gleichartigkeit zweier Dienstleistungen dazu führt, dass sie in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen (Rn. 33). Daher stelle das tatsächliche Bestehen eines Wettbewerbs- verhältnisses zwischen zwei Dienstleistungen keine zusätzliche Voraussetzung für eine Verletzung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität dar, wenn die betreffenden Dienstleistungen aus der Sicht des Verbrauchers gleich oder gleichartig sind und dieselben Bedürfnisse des Verbrauchers befriedigen (Rn. 34). Für die Annahme einer solchen Verletzung bedarf es also nicht noch zusätzlich der Feststellung, dass die betreffenden Dienstleistungen tatsächlich in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen oder dass der Wettbewerb wegen dieser Ungleichbehandlung verzerrt ist. Bei der Beantwortung der Frage, ob zwei Dienstleistungen im Sinne der in der genannten Randnummer angeführten Rechtsprechung gleichartig sind, ist in erster Linie auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen (Rn. 43). Auf unbedeutenden Unterschieden beruhende künstliche Unterscheidungen müssen nach Ansicht des EuGH vermieden werden. Hinsichtlich der Umsatzsteuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Richtlinie verweist der EuGH darauf, dass nach der Formulierung den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Befreiung oder Besteuerung der betreffenden Umsätze ein weiter Wertungsspielraum eingeräumt ist. Machten die Mitgliedstaaten jedoch von der Befugnis, die Bedingungen und Grenzen der Befreiung festzulegen und damit Umsätze der Mehrwertsteuer zu unterwerfen oder nicht, Gebrauch, müssten sie den Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachten (Rn. 41). Dieser Grundsatz verbiete im Bereich der Mehrwertsteuererhebung eine allgemeine Differenzierung zwischen Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 7
  • 8. unerlaubten und erlaubten Geschäften. Bei der Prüfung der Gleichartigkeit von zwei Glücksspielen kann daher nicht berücksichtigt werden, ob deren Veranstaltung rechtmäßig oder rechtswidrig ist (Rn. 45). Für die Prüfung der Gleichartigkeit von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten komme es auf die Identität der Veranstalter bzw. Betreiber dieser Glücksspiele und Geräte sowie auf die Rechtsform, in der sie ihre Tätigkeiten ausüben, grundsätzlich nicht an (Rn. 46). Unterschiede, die zwischen Gaststätten und Spielhallen einerseits und zugelassenen Casinos andererseits hinsichtlich des Rahmens bestehen, in dem dort jeweils Glücksspiele angeboten werden (hinsichtlich der räumlichen und zeitlichen Zugangsmöglichkeit sowie des Ambiente), sind für die Vergleichbarkeit dieser Spiele unerheblich (Rn. 47). Für die Beurteilung der Vergleichbarkeit der betreffenden Glücksspiele komme es auch auf die Unterschiede in der rechtlichen Regelung nicht an (Rn. 49). Zwar können unterschiedliche Glücksspielkategorien unterschiedlich besteuert werden, so etwa Steuerpflicht bei Glücksspielautomaten und Steuerbefreiung bei Wetten, Lotterien und Ausspielungen. Um den Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht auszuhöhlen und das gemeinsame Mehrwertsteuersystem nicht zu verfälschen, kann eine Ungleichbehandlung bei der Mehrwertbesteuerung jedoch nicht auf Detailunterschiede in der Struktur, den Modalitäten oder den Regeln der betreffenden Glücksspiele gestützt werden, die, wie Geldspielautomaten, sämtlich zu derselben Kategorie von Glücksspielen gehören (Rn. 55). Diese Differenzierung hat aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers zu erfolgen, wobei die maßgeblichen oder wichtigen Umstände zu berücksichtigen sind, die dessen Entscheidung, das eine oder das andere Glücksspiel zu spielen, erheblich beeinflussen können. Insoweit können Unterschiede bei den Mindest- und Höchsteinsätzen und -gewinnen, den Gewinnchancen, den verfügbaren Formaten und der Möglichkeit von Interaktionen zwischen dem Spieler und dem Geldspielautomaten erheblichen Einfluss auf die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers haben, da die Anziehungskraft von Glücksspielen mit Geldeinsatz in erster Linie auf der Möglichkeit eines Gewinns beruht (Rn. 57). Eine bloße steuerliche Ungleichbehandlung in der Praxis führt nach Ansicht des EuGH nicht zu einer Erstattungspflicht. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität sei dahin auszulegen, dass ein Steuerpflichtiger nicht die Erstattung der für bestimmte Dienstleistungen entrichteten Mehrwertsteuer verlangen kann, wenn die Steuerbehörden des betreffenden Mitgliedstaats gleichartige Dienstleistungen in der Praxis wie steuerfreie Umsätze behandelt haben, obwohl diese Leistungen nach der einschlägigen nationalen Regelung eigentlich nicht mehrwertsteuerfrei sind (Rn 59 ff.). Bei einer rechtswidrigen unterschiedlichen steuerrechtlichen Regelung besteht jedoch ein Rechtsanspruch auf Steuerbefreiung. Großbritannien hatte in dem Verfahren argumentiert, bei der Regulierung zwar verspätet, aber mit der „gebotenen Sorgfalt“ auf die Entwicklung einer neuen Geräteart regiert zu haben. Dem widerspricht der EuGH. Ein Mitgliedstaat kann, wenn die Bedingungen oder Beschränkungen, von denen er die Mehrwertsteuerbefreiung für Glücksspiele mit Geldeinsatz abhängig macht, gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität verstoßen, sich nicht auf diese Bedingungen oder Beschränkungen berufen, um dem Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 8
  • 9. Veranstalter solcher Glücksspiele die Steuerbefreiung, auf die dieser nach der Sechsten Richtlinie einen Rechtsanspruch hat, zu verweigern (Rn. 68). Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Richtlinie hat daher unmittelbare Wirkung. Ein Veranstalter oder Betreiber von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten kann sich vor den nationalen Gerichten auf diese Bestimmung berufen, um die Anwendung mit ihr unvereinbarer innerstaatlicher Rechtsvorschriften zu verhindern (Rn. 69). Eine solche unmittelbare Wirkung einer Richtlinienbestimmung hängt nach Ansicht des EuGH auch nicht davon ab, dass der betroffene Mitgliedstaat bei der Umsetzung der betreffenden Richtlinie absichtlich oder fahrlässig schuldhaft gehandelt hat oder dass eine hinreichend qualifizierte Verletzung von Unionsrecht vorliegt (Rn. 70). ___ Was ist eine Hausverlosung „im Internet“? - Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gegen den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG Der Glücksspielstaatvertrag (GlüStV) sieht in seinem § 4 Abs. 4 vor, dass das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten ist. Was unter diesem Internetverbot konkret zu verstehen ist, wird allerdings in der Praxis völlig unterschiedlich beurteilt, was zwei neue, völlig divergierende Gerichtsentscheidungen des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin-Brandenburg und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vom. 7. bzw. 8. Februar 2012 zum gleichen Sachverhalt zeigen. 1. Sachverhalt Der in Österreich wohnhafte Antragsteller bot über seine weltweit und damit auch in den Ländern Brandenburg und Bayern aus abrufbare Internetseite die Teilnahme an der einmaligen Verlosung eines Hausgrundstücks in der Nähe von Berlin an. Über die auf der Internetseite angegebene E-mail-Adresse und eine Telefonnummer konnte die Reservierung von Losen erfolgen. Dieses Angebot wurde ihm sowohl in Brandenburg wie auch Bayern untersagt. Gegen die jeweils sofort vollziehbaren Untersagungsverfügungen des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg bzw. der Regierung von Mittelfranken beantragte der Veranstalter Vollstreckungsschutz. Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 9
  • 10. 2. Entscheidungsgründe Diesen Sachverhalt beurteilen die beiden damit befassten zweitinstanzlichen (und im einstweiligen Rechtsschutz auch letztinstanzlichen) Verwaltungsgerichte völlig konträr, einerseits „bewertend“ und ergebnisorientiert und andererseits am Wortlaut ausgerichtet. 2.1. OVG Berlin-Brandenburg Das OVG Berlin-Brandenburg argumentiert in seinem Beschluss vom 8. Februar 2012, Az. OVG 1 S 20.11, erkennbar entscheidungsorientiert mit der „absehbaren Nachahmung durch andere“, die nach Ansicht des OVG zu unterbinden sei. Maßgeblich sei bei einer „bewertenden Betrachtung“ nicht eine bestimmte "Internet- Technik", sondern eine am Normzweck orientierte, auf den Vertriebsweg "Internet" abstellende Auslegung. Das OVG führt hierzu aus: „Entgegen dem Beschwerdevorbringen unterfällt die fragliche Hausverlosung auch tatbestandlich dem Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV, selbst wenn diese nicht überwiegend im Internet abgewickelt werden sollte. Die Argumentation des Antragstellers, die zwischen dem Angebot von Informationen im Internet (über das Hausgrundstück, die Verlosungsbestimmungen und die Kontaktdaten des Veranstalters) einerseits und der Übermittlung von Kontaktdaten der Teilnehmer über das Internet per E-Mail anderseits differenzieren will, überzeugt nicht. Durch diese technische, allein auf das Bemühen zur Umgehung des Internetvertriebsverbots zurückzuführende Sichtweise wird der Gesamtvorgang der Veranstaltung künstlich aufgespalten, ohne letztlich etwas Wesentliches daran zu ändern, dass die Hausverlosung - soweit ersichtlich - ausschließlich im Internet angeboten wird und ohne die Nutzung dieses Mediums schlechterdings nicht durchführbar wäre. Zudem trägt auch die vom Antragsteller gewählte Glücksspielvariante die für die Schaffung von § 4 Abs. 4 GlüStV ursächlichen typischen Gefahren im Sinne von § 1 GlüStV in sich. Im Einzelnen: Trotz der Aufspaltung zwischen der reinen Informationsvermittlung im Internet und den weiteren Schritten (Vertragsschluss, Vertragsabwicklung sowie Auslosung), die - ohne die von der Beschwerdeschrift aufgezeigten Möglichkeiten einer softwaregestützten (automatischen) Registrierung bzw. automatisch generierten Kontaktierung nutzend - per E-Mail, Telefon, Briefpost oder „offline“ durchgeführt werden sollen, ergibt eine bewertende Betrachtung, dass die Verlosung insgesamt gesehen nicht außerhalb des Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 10
  • 11. Internet stattfindet (zu Umgehungsvarianten: vgl. Hüsken, GewArch 2010, 336 ff. sowie juris). Die Differenzierung des Antragstellers zwischen einer Veranstaltung „im Internet“ und einer „Übermittlung über Internetleitungen“ bzw. zwischen einer „Datenübermittlung im world wide web und dem e-mail-Verkehr“ überzeugt schon in technischer Hinsicht nicht (...). Dies muss hier jedoch nicht weiter vertieft werden, denn auch bei der Betrachtungsweise des Antragstellers wäre eine Erlaubnisfähigkeit nicht begründbar (vgl. VG Regensburg, Beschluss vom 6. April 2011 - RO 5 S 11.268 - juris); dies gilt auch deshalb, weil ein Verstoß gegen das in § 5 Abs. 3 GlüStV bestimmte Werbeverbot auch danach nicht entfiele. Entscheidend ist jedoch, dass dem Erlass der maßgeblichen Regelungen in § 4 Abs. 4 bzw. § 5 Abs. 3 GlüStV - wie bereits angedeutet - nicht ein auf eine bestimmte „Internet-Technik“ festgelegtes, sondern ein gefahrenorientiertes, schon an der Ermöglichung der Teilnahme ansetzendes Verständnis des im Glücksspiel-staatsvertrag und den Ausführungsgesetzen der Länder nicht näher definierten Tatbestandsmerkmals „im Internet“ zugrunde liegt (ebenso VG Mainz, Urteil vom 22. März 2010 - 6 K 1135/08.MZ - juris Rn. 25 und VG Ansbach, a.a.O., Rn. 18 f.). Diese Regelungsintention ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien (vgl. Landtag Brandenburg, Drs. 4/5156, Teil B., zu § 4 GlüStV, S. 69), wonach der Gesetzgeber nicht zwischen einer Veranstaltung im Internet und einer solchen über das Internet unterschieden, sondern zur Sicherung der Ziele des § 1 GlüStV maßgeblich auf den „Vertriebsweg Internet“ abgestellt hat, der dem Glücksspielbereich generell untersagt werden sollte (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008, a.a.O., Rn. 40 und 48 sowie Urteil vom 28. März 2006, a.a.O., Rn. 137, 139 und 153). In der bereits zitierten Entscheidung des VG Ansbach (a.a.O., Rn. 19) wird zutreffend darauf hingewiesen, dass auch der über das Internet erfolgende E-Mail- Verkehr eine erleichterte Zugangsmöglichkeit für die Spielteilnahme sowie eine fehlende soziale Kontrolle aufweist, die im Interesse des effektiven Jugendschutzes durch § 4 Abs. 4 GlüStV unterbunden werden soll. Diese auf den Zweck des Internetvertriebs- bzw. Werbeverbots abstellende Auslegung des Tatbestandsmerkmals „im Internet“ liegt auch der Entscheidung des EuGH in Sachen Carmen Media (Rn. 100 ff. m.w.Nachw.) zugrunde, wonach das Verbot in § 4 Abs. 4 GlüStV nicht die Vermarktung einer bestimmten Art von Glücksspielen, sondern das Internet als einen bestimmten Vertriebskanal für Glücksspiele betrifft. Insofern ist zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals „im Internet“ von Bedeutung, ob die Ausspielung über das Internet „vermarktet“ bzw. „vertrieben“ wird und ob sie in ihren Auswirkungen den bekannten, nach § 4 Abs. 4 GlüStV zu unterbindenden Glücksspielen gleichsteht. Hiervon ist der Antragsgegner zu Recht ausgegangen, wobei nicht speziell die Person des Antragstellers und dessen Seriosität im Fokus der Betrachtung steht, sondern das von ihm gewählte Geschäftsmodell („Erste legale Hausverlosung dieses Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 11
  • 12. Hauses in Deutschland“) und dessen absehbare Nachahmung durch andere.“ 2.2. BayVGH Der BayVGH argumentiert zwar auch mit Sinn und Zweck der Regelung (die teleologische Auslegung als Königsdisziplin der Juristen), geht aber zunächst einmal vom Wortlaut der Regelung und nicht gleich vom angestrebten Ergebnis aus. Der Verwaltungsgerichtshof hält in seinem Beschluss vom 7. Februar 2012, Az. 10 CS 11.1212, fest, dass die Verlosung außerhalb des Internets stattfinde: „Dafür spricht zunächst der Wortlaut der Regelung. Denn bereits nach natürlichem Sprachgebrauch spielt sich das vom Antragsteller angebotene Glücksspiel nicht im Internet, sondern außerhalb davon ab. Zwar wird im Internet über die Hausverlosung und ihre Einzelheiten informiert. Es werden die Modalitäten in den Teilnahmebedingungen detailliert beschrieben und eine E- Mail-Adresse sowie eine Telefonnummer benannt, über die Kontakt zum Veranstalter aufgenommen werden kann, um unter Angabe von Namen, Adresse, Telefonnummer und E-Mail-Adresse Wünsche für eine Losreservierung mitzuteilen. Die Spielteilnahme als solche erfolgt aber außerhalb des Internets. Die Reservierung von Losen wird nicht auf der Internetseite des Antragstellers vorgenommen, sondern erfolgt in mehreren Schritten außerhalb dieser Seite. Zunächst übermittelt der Teilnahmewillige seine Reservierungswünsche unter Angabe der genannten Daten per E-Mail oder per Telefon an den Veranstalter. Dieser fordert den Teilnahmewilligen sodann mit einer manuell und nicht automatisch erstellten Antwort auf, die Reservierungsgebühr auf ein gleichzeitig mitgeteiltes Treuhandkonto zu übermitteln. Erst mit dem Eingang der Zahlung auf dem Treuhandkonto ist die Reservierung verbindlich abgeschlossen. Die Verlosung selbst findet ebenfalls außerhalb des Internets statt. Dass das Glücksspiel des Antragstellers in Form der Hausverlosung nicht im Sinne von § 4 Abs. 4 GlüStV im Internet veranstaltet wird, bestätigt schließlich auch der Sinn und Zweck dieser Regelung. Ziel des Internetverbots ist es, die Spiel- und Wettsucht zu bekämpfen sowie einen effektiven Jugendschutz zu gewährleisten (vgl. BVerwG vom 01.06.2011 Az. 8 C 5/10 RdNr. 20). Der Normgeber ging davon aus, dass gerade das Internet als Vertriebsweg nicht geeignet ist, den Jugendschutz wirkungsvoll zu gewährleisten, und dass die Anonymität des Spielenden und das Fehlen jeglicher sozialen Kontrolle es unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung von Glücksspielsucht erforderlich machten, das Internet als Vertriebsweg auszuschließen (vgl. LT-Drucks 15/8486, S. 15). Dies spricht aber dafür, dass § 4 Abs. 4 GlüStV dann nicht einschlägig ist, wenn ein auf einer Internetseite angebotenes Glücksspiel so ausgestaltet ist, Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 12
  • 13. dass die spezifischen Gefahren des Internets im Hinblick auf den Jugendschutz und die Entstehung von Spielsucht nicht bestehen. Ein solcher Fall liegt vor, wenn in einem Internetauftritt eines Glücksspielanbieters über die Information über das Glücksspiel hinaus lediglich die Möglichkeit eröffnet wird, um eine unverbindliche Zusendung von Losen zu bitten, der gesamte Bestell- und Bezahlvorgang im Übrigen aber außerhalb des Internets abzuwickeln ist (vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2008, § 4 RdNr. 98). Denn eine solche Ausgestaltung des Glücksspiels macht es erforderlich, dass der Spielwillige seine Personalien offenbart und damit aus der Spielsucht fördernden Anonymität des Internets heraustritt. Außerdem entsteht Raum, den Belangen des Jugendschutzes durch entsprechende Vorkehrungen Rechnung zu tragen, wenn die verbindlichen Bestell- und Zahlvorgänge erst außerhalb des Internets erfolgen. Demgegenüber ist das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV einschlägig, wenn die für die verbindliche Teilnahme wesentlichen Vorgänge im Internet ablaufen und lediglich die Bezahlung außerhalb des Internets erfolgt (vgl. BayVGH vom 25.08.2011 Az. 10 BV 11.1176 RdNr. 28). Legt man dies zugrunde, so ist auch nach seinem Sinn und Zweck § 4 Abs. 4 GlüStV nicht auf die Hausverlosung des Antragstellers anwendbar. Denn der Reservierungswunsch, ist auch dann unverbindlich, wenn er nicht ohnehin per Telefon, sondern per E-Mail an den Veranstalter übermittelt wird. Verbindlich reserviert ist ein Los vielmehr erst dann, wenn der Veranstalter den Teilnahmewilligen außerhalb des Internets unter Angabe des dafür vorgesehenen Treuhandkontos zur Zahlung aufgefordert hat und die Zahlung dort eingegangen ist. Bestätigt wird dieses Ergebnis schließlich auch durch die Systematik des Glücksspielstaatsvertrags. Neben dem Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV, im Internet öffentliche Glücksspiele zu veranstalten oder zu vermitteln, enthält dieser in § 5 Abs. 3 GlüStV auch das Verbot, für öffentliches Glücksspiel im Internet zu werben. Dies macht eine Abgrenzung von Veranstaltung und Vermittlung einerseits und Werbung andererseits erforderlich und zeigt, dass nicht jeder Internetauftritt, der die Möglichkeit der Teilnahme an einem Glücksspiel betrifft, ein Veranstalten oder Vermitteln von Glücksspielen darstellt, sondern auch Werbung für ein Glücksspiel sein kann, das anderweitig veranstaltet wird.“ Die ausschließlich für Glücksspielangebote im Internet zuständige Regierung von Mittelfranken war damit für die verfahrensgegenständliche Untersagung nicht zuständig. Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 13
  • 14. Amtsgericht Augsburg: Vermittlung von Sportwetten an privaten Buchmacher derzeit nicht strafbar von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L-HSG Die binnnengrenzüberschreitende Vermittlung von Verträgen über Sportwetten ist derzeit nicht strafbar. Dies hat kürzlich das Amtsgericht Augsburg bestätigt und deswegen einen von der Rechtsanwaltskanzlei ARENDTS ANWÄLTE vertretenen Sportwettenvermittler freigesprochen (Urteil vom 30. November 2012, Az. 12 Ds 102 Js 113892/09 (2)). Nach den zutreffenden Feststellungen des Gerichts liegt derzeit bereits objektiv eine Strafbarkeit nach § 284 StGB nicht vor. Das Amtsgericht Augsburg verweist auf die einschlägige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und hält fest, dass das staatliche Monopol für Sportwetten nicht mit Europarecht vereinbar ist, da es eine „unverhältnismäßige Beschränkung der europarechtlichen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit“ darstellt: „Somit steht für den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ebenso wie für das erkennende Gericht fest, dass das staatliche Sportwettenmonopol auch nach dem seit 1.1.2008 geltenden Glückspielstaatsvertrag den europarechtlichen Vorgaben nicht entspricht und deswegen nicht anzuwenden ist. Die Begründung einer Erlaubnispflicht ist nämlich vor dem Hintergrund der Dienstleistungsfreiheit nach Artikel 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu sehen. Der EuGH hat in ständiger Rechtsprechung (Nachweise siehe bei AG Berlin-Tiergarten, Beschluss vom 25.07.2011, AZ 249 Ds 14 Js 2738/10 (3/11), 249 Ds 3/11, Rdnr. 8 in JURIS) festgestellt, dass eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch einen Erlaubnisvorbehalt nur in Betracht kommt, wenn diese Beschränkung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht. Das bedeutet, dass die Beschränkung geeignet sein muss, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeit beiträgt. Eben dies verneint der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Recht. Es ist daher festzuhalten, dass das staatliche Sportwettenmonopol in seiner derzeitigen Ausgestaltung gegen Europarecht verstößt und deswegen nicht anwendbar ist.“ Auch mit dem Erlaubnisvorbehalt kann nach Überzeugung des Amtsgerichts eine Strafbarkeit nicht begründet werden: Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 14
  • 15. „Das Gericht geht weiterhin davon aus, dass der Erlaubnisvorbehalt in seiner derzeitigen Form ausschließlich der Sicherung des staatlichen Monopols dient. Auch der am 01.01.2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag sieht die Beibehaltung eines Monopols vor. Gerade der vorliegende Fall untermauert diesen Zusammenhang, wird doch die Unterlassungsverfügung der Stadt Augsburg vom 13.05.2009 (vgl. BI. 29 ff. d. A.) ausschließlich auf das Bestehen eines staatlichen Monopols gestützt. Der Angeklagte hatte deswegen schlicht keine Möglichkeit, eine Erlaubnis für sein Sportwettenangebot zu bekommen. Dies führt nach der Rechtsprechung des EuGH (zitiert im o.g. Beschluss des AG Berlin- Tiergarten vom 25.07.2011, Rdnr. 18) dazu, dass eine strafrechtliche Vorwerfbarkeit des Verhaltens des Angeklagten entfällt. Es wäre ihm nämlich unter keinen Umständen möglich gewesen, eine Erlaubnis für das Vermitteln privater Sportwetten zu erhalten, weil die Behörde diese unter Hinweis auf ein - wie dargelegt europarechtswidriges - staatliches Monopol ohnehin abgelehnt hätte und hat. Eine andere Handhabung würde nach Auffassung des Gerichts dazu führen, dass über den Umweg des Strafrechts eine gegen Europarecht verstoßende Gesetzeslage durchgesetzt werden könnte. Eine Strafbarkeit des Angeklagten scheidet daher bereits aus objektiven Gründen aus.“ Pressemitteilungen Fotball Dataco-Urteil: EuGH lehnt Urheberrechtsschutz für Spielpläne ab Pressemitteilung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 1. März 2012 - Ein Spielplan für Fußballbegegnungen kann nicht urheberrechtlich geschützt werden, wenn seine Erstellung durch Regeln oder Zwänge bestimmt wird, die für künstlerische Freiheit keinen Raum lassen - Die Tatsache, dass für die Erstellung des Spielplans ein bedeutender Arbeitsaufwand und bedeutende Sachkenntnis des Urhebers erforderlich waren, rechtfertigt als solche nicht den urheberrechtlichen Schutz des Spielplans Durch die Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Datenbanken1) werden diese urheberrechtlich geschützt, wenn die Auswahl oder Anordnung des Stoffes eine eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers darstellt. Die Datenbanken können auch Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 15
  • 16. durch das Schutzrecht „sui generis“ geschützt sein, wenn für die Beschaffung, die Überprüfung oder die Darstellung ihres Inhalts eine wesentliche Investition erforderlich ist. Die britische Gesellschaft Football Dataco, die mit dem Schutz der an den Spielen der englischen und der schottischen Fußballligen erworbenen Rechte betraut ist, und die Organisatoren dieser Ligen werfen im Ausgangsverfahren Yahoo! UK, Stan James (Buchmacher) und Enetpulse (Sportinformationsdienst) vor, diese hätten ihre Rechte des geistigen Eigentums an den Fußballspielplänen verletzt, indem sie Letztere ohne Erbringung einer finanziellen Gegenleistung verwendet hätten. Die Spielpläne für die Begegnungen werden nach bestimmten Regeln, den sogenannten „goldenen Regeln“, ausgearbeitet. Das Verfahren zur Ausarbeitung der Spielpläne ist teilweise automatisiert, erfordert aber dennoch einen bedeutenden Arbeitsaufwand und bedeutende Sachkenntnis, um der Vielzahl der Anforderungen der Beteiligten unter Einhaltung der Regeln gerecht zu werden. Das nationale Gericht hat einen Schutz „sui generis“ dieser Spielpläne bereits im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs 2)ausgeschlossen. Dagegen ist es sich nicht sicher, ob die Spielpläne für einen urheberrechtlichen Schutz in Betracht kommen. Es bittet daher den Gerichtshof, zu klären, welche Voraussetzungen für die Gewährung dieses Schutzes erfüllt sein müssen. Der Gerichtshof antwortet zunächst, dass der durch die Richtlinie gewährte urheberrechtliche Schutz die „Struktur“ der Datenbank und nicht deren „Inhalt“ zum Gegenstand hat. Dieser Schutz erstreckt sich nicht auf die Daten selbst. In diesem Kontext bedeuten die Begriffe „Auswahl“ und „Anordnung“ im Sinne der Richtlinie die Auswahl und Anordnung von Daten, durch die der Urheber der Datenbank dieser ihre Struktur verleiht. Dagegen umfassen diese Begriffe nicht die Erzeugung der in der Datenbank enthaltenen Daten. Folglich können die geistigen Anstrengungen und die Sachkenntnis, die für die Erzeugung der Daten aufgewandt wurden, bei der Beurteilung, ob die diese Daten enthaltende Datenbank für den urheberrechtlichen Schutz nach der Richtlinie in Betracht kommt, nicht berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall betreffen die Anstrengungen und die Sachkenntnis, die für die Erstellung der Spielpläne erforderlich sind, die Erzeugung der in der Datenbank enthaltenen Daten selbst. Folglich sind diese Anstrengungen und diese Sachkenntnis jedenfalls ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob die betreffenden Spielpläne für Fußballbegegnungen für den urheberrechtlichen Schutz nach der Richtlinie in Betracht kommen. Weiter führt der Gerichtshof aus, dass der Begriff der „geistigen Schöpfung“, die eine notwendige Voraussetzung für den urheberrechtlichen Schutz ist, allein auf das Kriterium der Originalität verweist. In Bezug auf die Erstellung einer Datenbank ist dieses Kriterium der Originalität erfüllt, wenn der Urheber über die Auswahl oder die Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 16
  • 17. Anordnung der in ihr enthaltenen Daten seine schöpferischen Fähigkeiten in eigenständiger Weise zum Ausdruck bringt, indem er freie und kreative Entscheidungen trifft. Dagegen ist dieses Kriterium nicht erfüllt, wenn die Erstellung der Datenbank durch technische Erwägungen, Regeln oder Zwänge bestimmt wird, die für künstlerische Freiheit keinen Raum lassen. Für die Beurteilung der Originalität, die erforderlich ist, damit die Datenbank urheberrechtlich geschützt werden kann, ist es gleichgültig, ob den Daten durch ihre Auswahl oder ihre Anordnung in der Datenbank eine „wesentliche Bedeutung hinzugefügt“ wird. Ebenso reicht die Tatsache, dass für die Erstellung der Datenbank unabhängig von der Erzeugung der darin enthaltenen Daten ein bedeutender Arbeitsaufwand und bedeutende Sachkenntnis des Urhebers erforderlich waren, als solche nicht aus, um einen urheberrechtlichen Schutz der Datenbank zu rechtfertigen, wenn durch diesen Arbeitsaufwand und diese Sachkenntnis keinerlei Originalität bei der Auswahl oder Anordnung der Daten zum Ausdruck kommt. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand der vom Gerichtshof angeführten Aspekte zu beurteilen, ob die betreffenden Spielpläne für Fußballbegegnungen Datenbanken sind, die die Voraussetzungen für einen urheberrechtlichen Schutz erfüllen. Der Gerichtshof führt jedoch weiter aus, dass die vom nationalen Gericht geschilderten Einzelheiten der Erstellung der Spielpläne nicht ausreichen, damit diese durch das in der Richtlinie vorgesehene Urheberrecht geschützt werden können, wenn sie nicht durch Faktoren ergänzt werden, durch die Originalität bei der Auswahl oder Anordnung der in diesen Spielplänen enthaltenen Daten zum Ausdruck gebracht wird. Schließlich stellt der Gerichtshof fest, dass im Hinblick darauf, dass die Richtlinie den urheberrechtlichen Schutz von Datenbanken harmonisiert, nationale Rechtsvorschriften, durch die Datenbanken unter anderen Voraussetzungen als denen der Richtlinie urheberrechtlicher Schutz gewährt wird, mit dem Unionsrecht unvereinbar sind. ___ 1) Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. L 77, S. 20). 2) Urteile vom 9. November 2004, Fixtures Marketing, (C-46/02, C-338/02 und C- 444/02), vgl. auch Pressemitteilung Nr. 89/04. Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 17
  • 18. GIG darf weiter Wettbewerbsverstöße der staatlichen Lottogesellschaften verfolgen - Bundesgerichtshof begründet seine Entscheidungen zugunsten des Verbandes privater Glücksspielunternehmen - BGH: Werbung der "Glücksspirale" mit dem "guten Zweck" ist unzulässig 12.03.2012 (Köln) – Im August 2011 hatte der BGH drei Klagen des GIG Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V. gegen die staatlichen Lottogesellschaften von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt für rechtlich zulässig erklärt. In seinen jetzt vorliegenden Urteilsbegründungen verneint der BGH unmissverständlich den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs durch den Verband, den die staatlichen Lottogesellschaften fortwährend erhoben hatten. Für die Frage des Rechtsmissbrauchs sei es völlig unerheblich, dass der Verband ausschließlich gegen staatliche Lottogesellschaften vorgehe. Missbräuchlich wäre lediglich, mit solch einem selektiven Vorgehen Neumitglieder zu werben, denen nach Beitritt Schutz vor Verfolgung versprochen würde. Dies ist hier aber eindeutig nicht der Fall, wie der BGH bestätigt hat. Im Übrigen sei es zulässig, die staatlichen Lottogesellschaften von einer Mitgliedschaft im GIG auszuschließen. Im Verfahren um die Internet-Webseite "Glücksspirale" der Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt führte der BGH in seiner Begründung zudem aus, dass ein Hinweis auf eine gemeinnützige Verwendung der Spieleinnahmen in Verbindung mit einer Aufforderung zur Spielteilnahme gegen das Internet-Werbeverbot (§ 5 Abs. 3 GlüStV) verstößt und somit unzulässig ist. Während das Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz gegen die Lotto Rheinland-Pfalz GmbH wegen mangelhaften Minderjährigenschutz (9 U 258/10) bereits rechtskräftig ist, hat der BGH die beiden anderen Verfahren an die Oberlandesgerichte Hamm und Naumburg zurück verwiesen, die jetzt in der Sache entscheiden müssen. Beim BGH sind derzeit noch vier weitere Verfahren des GIG anhängig (I ZR 51/11, I ZR 52/11, I ZR 53/11, I ZR 73/11). Darin geht es um unzulässig anreizende Werbung und Verstöße gegen den Minderjährigenschutz durch den Freistaat Bayern/die Staatliche Lotterieverwaltung Lotto Bayern. Quelle: GIG – Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V. Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 18
  • 19. Impressum ______________________ Sportwettenrecht aktuell ISSN 1613-4222 Herausgeber: Rechtsanwaltskanzlei ARENDTS ANWÄLTE, Perlacher Str. 68, D - 82031 Grünwald (bei München) Tel. 0700 / WETTRECHT Tel. 089 / 64 91 11 - 75; Fax. 089 / 64 91 11 - 76 E-Mail: wettrecht @anlageanwalt.de Redaktion: Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG (martin.arendts@anlage anwalt.de) (presserechtlich verantwortlich), Rechtsanwalt Clemens Schmautzer c/o ARENDTS ANWÄLTE, Perlacher Str. 68, D - 82031 Grünwald © 2012. Sportwettenrecht aktuell - Nr. 125 ISSN 1613-4222 Seite 19