Für die Herbsttagung des DSRI habe ich den anliegenden Vortrag "HATERS GONNA HATE" verfasst. Der Essay für den Tagungsband "Internet of Things" (ab Sept./15) findet sich unter http://rechtsanwalt-heyn.de/news/
Einstieg in die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
Vortrag zum Urheberrecht und Datenschutzrecht
1. Herbstakademie 2015
www.dsri.de
HATERS GONNA HATE – Urheber- und Datenschutzrecht
Warum sind diese beiden Rechtsgebiete derart unbeliebt und was kann man tun,
um diesen Zustand zu ändern?
Rechtsanwalt Andrés Heyn
Kanzlei Heyn, Hamburg
3. Herbstakademie 2015RA Andrés Heyn
AGENDA DES VORTRAGS
1. Urheberrecht
1.1. Urheberrecht vor dem Web 2.0
1.2. Urheberrecht nach dem Web 2.0
1.3. Lösungsvorschläge zum Urheberrecht
2. Datenschutzrecht
2.1 Datenschutzrecht vor dem Web 2.0
2.2 Datenschutzrecht nach dem Web 2.0
2.3 Lösungsvorschläge zum Datenschutzrecht
3. Fazit und Ausblick
4. Herbstakademie 2015RA Andrés Heyn
1.1. Urheberrecht vor dem Web 2.0 – sog. TRIAS
Urheber Verwerter Verbraucher
Urheber UrhG UrhG UrhG
Verwerter UrhG UrhG UrhG
Verbraucher UrhG UrhG UrhG
7. Herbstakademie 2015RA Andrés Heyn
Realität: Illegale Anbieter dominieren – Beispiel: Anzahl der
Nutzungsvorgänge im Filmbereich (s. www.webschauder.de)
8. Herbstakademie 2015RA Andrés Heyn
Das neue Geschäftsmodell der Plattformen:
Urheberrechtlich geschützte Inhalte werden von Nutzern
anonym hochgeladen, wobei die Inhaberschaft der Host-
Provider bzw. der Uploader bez. der Inhalte oft fragwürdig ist
Der Uploader bleibt anonym und ist nicht greifbar
Hostprovider-Plattformen haften erst nach Kenntnis der
rechtswidrigen Inhalte (notice and takedown Verfahren)
Die Nutzung der Plattformen ist zumeist kostenfrei und haben
weder Lizenzkosten noch eigene Inhalte
Personenbezogene Daten der Nutzer werden zur
Profilbildung erhoben und zur Refinanzierung der Plattform
ausgewertet
Die Wertschöpfungskette und der Wettbewerb gegenüber
legalen Anbietern ist durch illegale Anbieter und Host Provider
gestört. „Wer sich an Gesetze hält, verliert (Max Schrems).“
9. Herbstakademie 2015RA Andrés Heyn
Aktuelle Probleme des Urheberrechts
Das Gesetz ist veraltet und gibt auf die Fragen des Web 2.0
(Links, Sharing, Streaming usw.) keine klaren Antworten
Es herrscht Stillstand der deutschen Gesetzgebung und EU
EuGH und BGH entscheiden anhand veralteter Gesetze
Die erhebliche Rechtsunsicherheit führt zur Unzufriedenheit
Illegale Nutzungsvorgänge überwiegen gegenüber legalen
Nutzungen im Verhältnis 1:4 bis 1:40
Nutzer und Host-Provider ignorieren das UrhG
Das Einkommen der Urheber und Verwerter ist rückläufig
Das sog. Providerprivileg ist zu undifferenziert und verhindert
effektiven Rechtsschutz
Die Störerhaftung ist zur Lösung der Probleme nicht geeignet
10. Herbstakademie 2015RA Andrés Heyn
1.3. Lösungsvorschläge zum Urheberrecht
Das Host-Provider-Privileg gilt nur für solche Dienste, die für
Dritte durchleiten und speichern, aber nicht für Dienste die im
eigenen Interesse verkaufen, vermarkten oder Daten
generieren, wenn der Zulieferer der Inhalte anonym oder der
Betreiber der Plattform anonym ist (sog. ABC-Ansatz)
Bei Anonymisierung des Geschäftsbetriebes ist in Zukunft
der Filehoster oder das Rechenzentrum für die gehosteten
Inhalte verantwortlich
Rechenzentren sind meist in der EU und den USA, nicht aber
in Tonga oder Belize beheimatet (s. Google u. FDS Report)
Der Ansatz wirkt selbstregulierend, weil Rechtsverletzer das
Hochladen ohne Schutz der Anonymität unterlassen werden
Legale Angebote erzielen höhere Nutzerzahlen und können
die Urheber und Rechteinhaber besser vergüten
11. Herbstakademie 2015RA Andrés Heyn
2.1. Datenschutzrecht vor dem Web 2.0
Individuum Unternehmen
Staat/
Verwaltung
Individuum
Privater
Bereich
Geheimnisschutz
Amtsgeheimnis
Informationzugang
Unternehmen Datenschutz Geheimnisschutz
Amtsgeheimnis
Informationzugang
Staat/
Verwaltung
Datenschutz Weitergabeschutz Staatsgeheimnis
12. Herbstakademie 2015RA Andrés Heyn
Schutz vor Überwachung und Verhaltensanpassung
gegenüber dem Staat - und auch ggü. Unternehmen?
13. Herbstakademie 2015RA Andrés Heyn
Das Datenschutzrecht vor dem Web 2.0
Das BDSG regelt die Nutzung personenbezogener Daten im
Rahmen der automatisierter Datenverarbeitung
Die sog. informationelle Selbstbestimmung soll durch ein
Verbot mit Erlaubnisvorbehalt erreicht werden.
Entweder gibt es Erlaubnisnorm (Gesetz) oder eine
Einwilligung des Betroffenen, ansonsten ist die Erhebung, das
Verarbeiten oder die Nutzung verboten!
Grundsätze: Datensparsamkeit, Zweckbindung, Transparenz,
Verhältnismäßigkeit, Direkterhebung usw.
Das BDSG ist ein gegenüber anderen Normen ein
nachrangiges Abwehrrecht (subsidiär)
14. Herbstakademie 2015RA Andrés Heyn
2.2 Das Datenschutzrecht nach dem Web 2.0
Das TMG geht als spezielleres Gesetz dem BDSG vor und
regelt den Umgang der Geschäftsmodelle mit Nutzungsdaten
Eine Profilbildung zu Werbezwecken oder zur bedarfs-
gerechten Gestaltung der Telemedien ist unter Pseudonym
möglich, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht
Eine Einwilligung des Nutzers der Plattformen in die
Profilbildung wird durch Zustimmung zu deren AGB erreicht
Das Geschäftsmodell „Dienste gegen Daten“ ist also zulässig
Ist die Einwilligung in die Profilbildung durch AGB wirksam?
Einwilligung = „Biggest lie in the Internet“? Intransparente
AGB, sogar die „Herodes-Klausel“ wird von Nutzer akzeptiert
Keine Transparenz der Gegenseite bezüglich Algorithmus
und Nutzung und Weitergabe der Daten an Dritte; Nutzer ist
Ware
15. Herbstakademie 2015RA Andrés Heyn
Aktuelle Probleme des Datenschutzrechts
Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gilt als wirklichkeitsfremd
Die Regelungen sind veraltet und auf digitale Technologien
und Geschäftsmodelle (Social Media, Plug-Ins, Smartphone
Apps, Big Data, etc.) nicht vorbereitet
Hierdurch entsteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit
Der überwiegende Teil der IT-Industrie hält den Datenschutz
für einen Standortnachteil gegenüber den US-Unternehmen
Es gewinnen vor allem diejenigen Host-Provider stark an
Bedeutung, die möglichst viele Daten und Inhalte generieren,
speichern und auswerten
Es entstehen monopolartige Strukturen zu Lasten von
Anbietern, die sich gesetzeskonform verhalten (FB/StudiVZ)
Nutzer ist überwachbar und fremdbestimmt; Diskriminierung?
„Data is really people in disguise“ „People are data in disguise“
16. Herbstakademie 2015RA Andrés Heyn
2.3 Lösungsvorschläge zum Datenschutzrecht
Technische Lösungen fördern, die die aktuelle Resignation
der Nutzers verhindern (z.B. eblocker, Protonet)
Marktortprinzip zur einfacheren Rechtsverfolgung einführen
Einwilligungserklärung neu regeln z.B. durch ein
generalisiertes Warnsystem bei AGB (Ampelmodell o.ä.)
Anspruch auf Löschung des Profils (Datensouveränität)
Bei marktstarken Anbietern und Anbietern mit intensiver
Datennutzung ist alternativ ein Bezahlangebot vorzusehen
Durch derartige Bezahlangebote und sog. Datenportabilität
entsteht Wettbewerb zwischen den Plattformen
Anreize für gesetzeskonformes Verhalten der Plattformen
schaffen, etwa durch steuerliche Maßnahmen bei exzessiver
Datennutzung und intransparenter Weitergabe der Daten
17. Herbstakademie 2015RA Andrés Heyn
3. Fazit und Ausblick
Die lückenhafte Rechtslage hat binnen kurzer Zeit zu
erheblichen, unverdienten Markt- und Machtverschiebungen
zugunsten „kostenloser Plattformen“ geführt
Derartige Geschäftsmodelle stellen eine erhebliche Gefahr für
die Immaterialgüterrechte und die freie Willensbildung in der
Demokratie dar
Das bisherige Lagerdenken „rückschrittliche Urheber und
Rechteinhaber gegen Netzaktivisten und Datenschützer“
spielt einigen wenigen marktstarken Plattformen in die Hände
Eine Regulierung der „kostenlosen“ Dienste wird nur dann
möglich sein, wenn hierzu ein breiter Konsens zwischen den
o.g. Kreisen sowie weiten Teilen der Bevölkerung und der
Wirtschaft besteht