Muss ein Landrat twittern? Oder: was Bürger von einer modernen Verwaltung erwarten.
Vortrag auf den Mailingtagen 2011 in Nürnberg von Andreas Illig (Manager, SHS VIVEON AG).
Mit der immer größeren Reichweite von Sozialen Netzwerken erwarten Bürger auch attraktive Kommunikationswege bei Behörden und öffentlichen Verwaltungen. Dies erfordert aber ein Umdenken in der Kommunikation. Doch welche Kanäle sind hier die richtigen? Twitternde Politiker werden häufig noch belächelt. Ist eine Facebook-Seite überhaupt notwendig? Welche Angebote wünschen sich die Bürger? Und welche Prozesse und Rollen müssen neu definiert werden?
Dieser Vortrag zeigt anhand von Praxisbeispielen gut funktionierende Lösungsansätze und Strategien für eine bürgerorientierte Verwaltung.
5. Ein OB versteht die Welt nicht mehr (Franken Post 2.3.2011) http://www.frankenpost.de/nachrichten/hofrehau/hof-stadt/art2390,1457285 Urheber: André Zahn http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Gerhard_Schroeder_MUC-20050910-01.jpg Hof - Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner verwahrt sich gegen unsachliche und anonyme Kritik zur Kostenentwicklung der Freiheitshalle und zu seiner Person. Damit meldet sich der Rathauschef in der öffentlichen Diskussion zu Wort, die er mit dem Begriff " Schmuddel-Kram " in Bezug auf das Internetangebot der Frankenpost entfacht hatte; seine Äußerungen in der Stadtratssitzung hatten einen Sturm der Entrüstung im Frankenpost -Forum ausgelöst. In einer Stellungnahme schreibt er: "Bei meiner Kritik am Niveau der Onlineforen geht es nicht um die Frage, ob ich oder die Verwaltung mit Kritik umgehen kann - auch hier ist es der Ton, der die Musik macht."
6. Ein OB versteht die Welt nicht mehr (Franken Post 2.3.2011) http://www.frankenpost.de/nachrichten/hofrehau/hof-stadt/art2390,1457285 Urheber: André Zahn http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Gerhard_Schroeder_MUC-20050910-01.jpg
9. Seite Menschen reden über Sie! (auch wenn Sie nicht dabei sind) Quelle: http://www.thorsten-ulmer.de/blog/internet/tolle-infografik-60-sekunden-im-internet/
S21 zeigt, Bürger beteiligen sich auch außerhalb von Wahlen. S21 formiert sich über Facebook, Twitter und Blogs. Informationen werden online ausgetauscht. Zeigt, Bürger fordern Transparenz und Mitspracherecht. Zeit zu handeln.
Bild: Platzhalter Die Kommunikation durch Social Media hat sich verändert. Die Wege sind kürzer und direkter. Synchron statt asynchron und bekommen dadurch eine enorme Geschwindigkeit. Siehe Twitter, Nachrichten von Osamas Tod wurden hier schon 1h vor offizieller Verlautbarung verbreitet. Die Welt ist viel enger vernetzt. Zu Zeiten des Web 1.0 fand Kommunikation noch weitestgehend asynchron statt. Mit den Möglichkeiten des Web 2.0, die einen aktiven Rückkanal boten, entwickelten sich die sogenannten sozialen Medien. Menschen gingen ihren natürlichen Trieben nach, sich auch online in sozialen Netzwerken zu gruppieren. Internet ist Pull-Medium. Der Nutzer sucht sich seine Information gezielt. Daher ist hier auch viel mehr Aufmerksamkeit, als bei Medien wie TV oder Print.
Fakt ist, 40 Millionen deutsche sind in sozialen Netzwerken angemeldet, rund die Hälfte davon bei Facebook. Bei den unter 30 Jährigen sind 96% der Onliner und bei den über 50jährigen 50% der Surfer in Communities angemeldet die sich damit im Durchschnitt mit 133 Kontakten vernetzen. Die alte Ausrede, meine Zielgruppe ist nicht im Netz, gilt also längst nicht mehr. Mit durchschnittlich 5,5 Stunden Verweildauer pro Monat und fast 20 Mio. deutschen Usern ist Facebook die meist genutzte Website hierzulande.
Der Mensch steht im Mittelpunkt des sozialen Netzwerks. Er konsumiert und produziert. Allein 35 Mio. deutschsprachige Blogposts wurden 2010 verfasst, jeden Monat erstellt ein einziger Facebook Nutzer 90mal Content in Form von Bildern, Meldungen oder Likes. Täglich werden 140 Mio. Tweets versendet und jede Minute landen weitere 35Stunden Videomaterial auf YouTube. Und wer dabei noch glaubt über sein Unternehmen wird nicht gesprochen… Menschen reden über alles. Jede Einrichtung ist mittlerweile im sozialen Netz vertreten, ob mit eigenem Zutun oder nicht. Social Media macht alle transparent. In sozialen Netzwerken vertreten zu sein ist keine Option mehr, sie ist eine Tatsache. Einzige Möglichkeit die bleibt: aktiv selbst mitgestalten. Damit kommen wir zum Kernpunkt: Wie sieht die momentane Lage in den öffentlichen Verwaltungen aus?
Typisches Beispiel für die Nutzung von Twitter in öffentlichen Verwaltungen, wie man es häufig sieht. Und dabei waren sie sogar noch fortschrittlich. Es wird gestartet, aber ohne Strategie, einfach ins Blaue. Man merkt aber schnell, dass man nichts zurück bekommt und lässt das Profil verwaisen. Ist klar, wenn man der Maße keinen Mehrwert bietet und eine synchronen Kommunikationskanal, der vom Austausch miteinander lebt, asynchron als One-Way Medium bedient. Es fehlt der lange Atem. Interaktion passiert nicht von selbst. Einen Follower-Kreis aufzubauen dauert lange und ist zeitintensiv.
Wie man es nicht machen sollte: Hier, wie schaut die aktuelle Social Media Beteiligung aus. Dünnes Brachland… Warum negativ: Würde potentiell 790 Menschen erreichen, hat aber keine Fanpage, nur Wikipedia Eintrag. Dabei ist Ude beliebt und könnte so direkt mit seinen Wählern kommunizieren. (Christian Ude hat auch ein Profil bei direktzu.de)
Olaf Scholz, seines Zeichens 1. Bürgermeister zu Hamburg. Kann das schon ganz gut. Allgemein sind die Reihen der SPD Politiker schon sehr gut besetzt. Bei der CDU/CSU ist es da im wahrsten Sinne des Wortes schwarz. Was macht Olaf Scholz auf Twitter? Bzw. sein Presseteam? Er nutzt Twitter mehr zu PR Zwecken, er streut Nachrichten, verweist dabei meist auf seine eigene Homepage.
Seine Homepage ist zudem auch sehr gut mit Facebook und Twitter verknüpft ist, durch Social Plugins. Bei Facebook bedient er eine etwas andere Zielgruppe, nämlich nicht primär Journalisten, sondern Menschen/Fans, die an seiner Person interessiert sind. Es finden sich auch klar die meisten Nachrichten wieder, die auch auf Twitter zu finden sind, aber zusätzlich stellt er Bilder bereit und die Diskussionen sind auf einer Seite gebündelt, wo sie bei Twitter irgendwo im „Rauschen“ verschwinden. Die vielen Fans seiner Page kommen ziemlich klar von der vorangegangenen Wahl im März, für die er Facebook und Twitter im Wahlkampf einsetzte. Warum ist er also erfolgreich? Er ist transparent, er kann direkt erreicht werden, er wird persönlich und menschlich. Er erreicht über 3000 Menschen, die für ihn nur schwer durch das obligatorische „Händeschütteln“ erreicht werden können. Was man auch erkennt, auf Twitter hat er nur halb so viele Follower als auf Facebook. Was zeigt das? Facebook scheint der Stein der Weisen zu sein?
Direktzu-Konzept der Stadt Bonn: Bürger stellen fragen zu kommunalen Themen direkt an den Bürgermeister Jürgen Nimptsch und stimmen ab, welche Frage die beste ist, diese wird dann beantwortet. Dabei stellt Bonn eine rühmliche Ausnahme dar. Diese direktzu-Konzepte haben mehrere Politiker bereits probiert, aber nicht sehr kontinuierlich gepflegt. Die Stadt Bonn pflegt die Seite seit Ende 2009 sehr regelmäßig und erntet damit nicht nur Lob in der Fachpresse. Auch aus Bürgersicht sehr gut angenommen. Allerdings ist der Kanal noch relativ einseitig. Es herrscht wenig dialog, aber es ist ein erster Schritt. (Auch bei der Telekom können Mitarbeiter „Direkt zu Obermann“.) Was ist noch positiv: Seite nutzt Facebook und Twitter Login um Fragen stellen und abstimmen zu können.
Bürgerbeteiligung 2.0 Der Maerker Brandenburg wurde in einigen Kommunen eingeführt. Bürger können hier Missstände, wie Schlaglöcher, unsachgemäß abgeladener Müll, etc. der lokalen Vewaltung melden. Dies wird an die betreffende Behörde weitergeleitet und bearbeitet. Dadurch wird eine hohe Transparenz geschaffen und schafft Vertrauen in das politische System. Erfolgsfaktoren dieses Modell sind schnelle und konkrete Antworten, dadurch fühlen sich die Bürger ernst genommen, selbst wenn vorerst nichts passiert. Vorbild ist das englische fixmystreet, welches aber privat initiiert wurde. In Brandenburg wurde dies von den Kommunen initiiert. Findet guten Anklang in Reihen der Bürger und wird wiederum schon von anderen kopiert. Bspw. in Hessen, wo Radfahrer dazu aufgerufen werden, kaputte Radwege zu melden.
Paradebeispiel: 6.6. eingestellt, 7.6. gelöst.
Die Stadt Moers, eine Kleinstadt im Ruhrgebiet. Knapp über 100.000 Einwohner. Ein Vorbild in Sachen Social Media und Bürgerbeteiligung. Moers ist in ziemlich allen Kanälen aktiv. Ob YouTube, Flickr, Twitter, Facebook, Blog, eigenes Forum und Chat. Sogar eine iPhone App haben Sie.
Die Facebook Fanpage hat an die 2000 Fans. Hier veröffentlich ein Team aus 3 Mitarbeitern regelmäßig Neuigkeiten, Bilder, Videos, Links rund um die Stadt Moers. Auf Kommentare wird geantwortet, es wird zu Diskussionen angeregt. dialogorientiert, super! Facebookapps werden genutzt. Das Twitterprofil hingegen ist leider direkt mit Facebook verknüpft und bildet die Fanpage Nachrichten dort 1:1 ab. Ein weiteres Zeichen: funktioniert Twitter in öffentlichen Verwaltungen nicht? YouTube, Filme zu Aktionen Blog in dem der Bürgermeister schreibt. Und viel interessanter: iPhone App Und viel spannender:
Moers geht einen Schritt weiter, wie andere Städte, als eine der ersten haben Sie Anfang des Jahres eine eigene iPhone App gelaunched. Bedient mehrere Zielgruppen zugleich: Bürger, Touristen, Journalisten. Das aktuelle Wetter wird abgebildet, wie auch Veranstaltungen, Sehenswürdigkeiten, Pressemitteilungen, News rund um die Stadt. Im Telefonbuch und Dienstleistungsverzeichnis finden Bürger ihre Ansprechpartner. Und im nterschied zu anderen Stadtapps, kann man hier aber auch direkt auch Beschwerden und Anregen abschicken. Bilder dazu anhängen und mit Geodaten den genauen Ort bestimmen. So weiß die Stadt Moers mit Hilfe ihrer Bürger genau, wo bspw. illegal Müll abgeladen wurde, oder eine Straßenlaterne ausgewechselt werden muss, etc. Laut eigenen Angaben wurde die App seit Launch schon über 1.000mal gedownloaded.
Verwaltungen haben Angst vor einem Kontrollverlust, aber, wer nie die Kontrolle hatte, kann diese auch nicht verlieren. Fakt ist, mit und ohne Beteiligung wird über öffentliche Verwaltungen gesprochen. Fehlendes Know How wird genauso häufig als Grund genannt, wie die fehlende Akzeptanz der Mitarbeiter. Viele schrecken vor dem hohen Aufwand zurück Weiterhin herrscht der Irrglaube, dass die Zielgruppe nicht vertreten ist. ¼ der deutschen Bevölkerung bei Facebook deckt sich nicht mit der Zielgruppe? Meist werden Social Media auch nur als Instrument für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit verstanden. Es fehlt das Wissen um die Möglichkeiten. Glaube an Beständigkeit fehlt. Ist Social Media nur eine Modeerscheinung? (20 Mio. deutsche Facebook Nutzer = Modererscheinung?) Kurzfristiger Nutzen wird überbewertet, langfristiger nicht gesehen. Evtl. Langsame Mühlen (Bsp. Regierungssprecher) @regsprecher Erst seit Februar 2011 twitter Steffen Seibert, seines Zeichens Regierungssprecher… Löste damit aber Empörung in Reihen der älteren Journalisten aus Zumindest ist er auf der Homepager der Bundeskanzlerin prominent vertreten.
Gut wäre noch ein etwas deutlicherer Plan, was die Kommunen tun müssen? ALso Workshop mit IST-Aufnahme Ziele, Zielgruppen, Zeitplan festlegen Pilot-Projekt Partner finden Ziele messen Prozess optimieren oder so ähnlich geht so ein bisschen in Richtung Chart 28. Das hat aber in seiner jetzigen Form keinen Aufruf zum handeln Verstehst Du was ich meine? zu Strategie, ja so in der Art. Vielleicht noch etwas griffiger. Welche Schritte muss eine Kommune gehen und welche Module sollte sie dafür buchen. Aber ohne direkte Werbung
Landkreis Fürth. Informiert über kommende Veranstaltungen.
Wie wird der Einsatz von Social Media also zum Erfolg. Dabei gelten nicht arg andere Regeln als bei anderen Enrichtungen. Guidelines erstellen: Allgemeine Verhaltensregeln Reaktionszeit, Inhaltsvorgaben Redaktionsplan Umgang mit Kritik Schulung der Mitarbeiter Beispiel hier: Hamburg. Bevor sie aktiv Social Media einbinden haben Sie vor einigen Wochen zunächst eine 117 Seiten schwere Guideline für Mitarbeiter erstellt.
Facebook eignet sich mittlerweile für jede Einrichtung … In der Zahl von 20Mio. Deutschen sind alle Alters- und Einkommensschichten integriert. Facebook wird nicht nur von Jungen genutzt, auch die älteren Nutzer werden immer zahlreicher und sind sogar die am stärksten wachsende Altersgruppe auf Facebook. Die Bündelung der verschiedenen Kanäle ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. So kann Twitter und YouTube direkt in die Fanpage intergriert werden. Durch die Variation der verschiedenen Element wie Bilder, Apps, Veranstaltungen kann dem Bürger ein echter Mehrwert geboten werden.
Die Beispiele haben gezeigt, dass Twitter von öffentlichen Verwaltungen, Landräten, Politikern sehr vernachlässigt wird. Nur in Phasen des Wahlkampfs wird es aktiv genutzt. Dabei ist Twitter gerade für die Pressearbeit ein äußerst wichtiges Instrument. Hier werden Nachrichten sehr schnell sehr weit verteilt und erreichen so Journalisten und Meinungsführer. Sich eine Twitter Followerschar aufzubauen braucht Zeit und die richtigen Nachrichten. Vor allem aber Dialog. Wer nur sendet, aber nicht empfängt, wird schnell im großen Nachrichtenrauschen untergehen.
Motivation Chart Verwaltungen können durch die neuen Möglichkeiten der Social Media nur profitieren. Transparenz und Dialog schafft Vertrauen in der Bevölkerung und steigert das Image der teils angestaubten Einrichtungen. Die Verwaltung bekommt ein Gesicht. Jetzt ist die Zeit zu Handeln! … Der Bürger redet aktiv mit … Man kann die Meinung der Bürger nicht kontrollieren, aber man kann Teil von Ihr werden… (