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DeteconManagementReportdmr•SpecialTransformation&Peoplemanagement2/2015
Detecon Management Report
2/2015
dmr
Transformation &
Peoplemanagement
Special
Interviews mit
Thomas Sattelberger
Wir können zwar effizient, aber nicht innovativ
Prof. Thomas Edig, VW AG
HR ist ein starker Partner
Dietmar Welslau, Deutsche Telekom AG
Future Work verantworten wir gemeinsam
Thorsten Unger, GAME e.V.
Spieltrieb motiviert digitales Lernen
Frank Kohl-Boas, Google
Data beats Opinion – bei Google zählt das bessere Argument
Uwe Tigges, RWE AG
Flexibel auf individuelle Lebenskonzepte eingehen
Detecon ist die Heimat für Beraterinnen
und Berater, die über den Tellerrand
hinausschauen. Tunnelblick oder gar
Karriere-Egoismus helfen nicht, den
digitalen Wandel für alle Industrie- und
Dienstleistungssektoren global zu
gestalten. Unsere Kultur gibt Freiheiten,
Möglichkeiten und auch Zeit, sich voll
zu entfalten und ein echter Detecon-
Consultant zu werden. Das gilt für die
Arbeit an allen Firmenstandorten
weltweit, genauso wie für das Leben zu
Hause. Neugierig? Wir freuen uns auf
Deine Bewerbung.
www.detecon.de
Wanted:
Digital Minds
www.detecon.com
Liebe Leserinnen und Leser,
wir bewegen uns in exponentiellen Zeiten. Brynjolfsson und McAfee, die Autoren von „The
2nd
Maschine Age“, nennen es in Analogie zur Geschichte um den Erfinder des Schachbretts
„die ­zweite Hälfte des Schachbrettes“. Sie erklären damit die technologische Bedeutung des
Moore’schen ­Gesetzes, nach dem sich die Rechenleistung eines Computers alle 18 Monate ver-
doppelt. Im Zuge dieser ­rasanten Entwicklung gibt es tatsächlich nahezu kein Produkt mehr,
in das nicht ein Chip oder moderne ICT-Technologie einfließt – vom „analogen Dollar“ zum
„digitalen Penny“. Gleichzeitig erobern Innovationen und Geschäftsmodelle dank der Netz­
effekte immer schneller neue Märkte. Die Innovationsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich laufend
neu zu erfinden und ­bestehende Technologien intelligent zu neuen Produkten zu kombinieren,
dabei schneller zu sein als alle anderen, wird überlebensnotwendig. Auf in die „winner takes it
all ­society“! Unternehmen benötigen die besten Talente und ein auf maximale Geschwindigkeit
ausgelegtes Umfeld – andernfalls droht der Abfall in die Bedeutungslosigkeit.
Aus Start-up-Sicht mag dies eine zu bewältigende Herausforderung darstellen. Doch was bedeutet
diese Anforderung für „die alten Tanker“ und Großkonzerne, die auf „Legacy-Strukturen“ beru-
hen und so gar nicht innovativ scheinen, sondern bisher eher dem Trend nach kompromissloser
Effizienzsteigerung gefolgt sind? Wir suchen nach Möglichkeiten, wie es auch ihnen gelingen
kann, das Kreativitätspotenzial der eigenen Mitarbeiter im Wettbewerb zu nutzen, und unter­
suchen, welche Rolle die HR-Funktion in diesem Umfeld spielen kann und muss.
In gewohnter Form beziehen wir nicht nur selbst Stellung, sondern lassen hochkarätige Experten
und Topmanager von ihren Erfahrungen berichten und diskutieren mit ihnen Fragen wie:
>	 Fehlt uns in Deutschland die Fähigkeit zur Basisinnovation und werden wir dadurch
	 mittelfristig abgehängt?
>	 Was sind die Ingredienzen einer erfolgreichen und nachhaltigen Innovationskultur und wie
	 komme ich dort hin?
>	 Wie sieht ein geeignetes Arbeitsumfeld – Stichwort Future Work – aus?
>	 Wie nutze ich Gamification- und Serious-Gaming-Ansätze, um dem Anspruch auf
	 „lebenslanges Lernen“ endlich gerecht werden zu können?
>	 Welche Leadership-Skills sind für nachhaltige Innovationen erforderlich und was können wir
	 hier beispielsweise von den USA lernen?
>	 Wie sollte sich zukünftig der HR-Bereich aufstellen, um Strategie und Innovationen
	 zu unterstützen?
Begeben Sie sich gemeinsam mit uns auf eine spannende Reise rund um ICT, Innovation und
die Bedeutung des Faktors „Mensch“! Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und viele
praktische Impulse für die digitale Transformation Ihres Unternehmens.
Ihr
Marc Wagner
Partner
Global Head Transformation, Peoplemanagement & HR
Transformation
= Peoplemanagement
1 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
2 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
Inhalt
Herausgeber:
Detecon International GmbH
Sternengasse 14-16
50676 Köln
www.detecon.com
DMR@detecon.com
Aufsichtsrat:
Thilo Kusch (Vorsitz)
Geschäftsführung:
Francis Deprez (Vorsitz)
Dr. Jens Nebendahl
Handelsregister:
Amtsgericht Köln HRB 76144
Sitz der Gesellschaft: Köln
Druck:
Druckerei Chmielorz GmbH
Ostring 13
65205 Wiesbaden-Nordenstadt
Fotos:
Fotolia
iStockphoto
Impressum:
Detecon Innovationsradar
10 Hypothesen zur Innovation	 4
Interview mit Thomas Sattelberger
Wir können zwar effizient, aber nicht innovativ	 8
Innovationskultur
Einmal Innovation mit viel Potenzial – 	 18
aber bitte effizient & rentabel!
Interview mit Tom Oliver, Tom Oliver Group
Spaßbremse Arbeit?!	 24
Unternehmenskultur
Das Mehr an Möglichkeiten und Ideen	 30
Interview mit Jürgen Bock, Otto Group
Eine starke Unternehmenskultur ist wie ein Immunsystem	 32
Corporate Social Responsibility
Nachhaltigkeit@British Telecom	 38
Interview mit Uwe Tigges, Personalvorstand RWE
Flexibel auf individuelle Lebenskonzepte eingehen	 42
Interview mit Dietmar Welslau, Deutsche Telekom AG
Future Work verantworten wir gemeinsam	 48
Interview mit Daniel Eckmann, Detecon International GmbH
Leadership ist losgelöst von der Hierarchie	 54
Tranformation im Konzern
Die Konzern-Guerilla	 58
Interview mit Dr. Thymian Bussemer, VW AG
Ver.di und Silicon Valley sind kein unauflösbarer Widerspruch	 62
Interview mit Georg Pepping, T-Systems International GmbH
Die Peripherie um’s Kerngeschäft im Auge behalten 	 66
3 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
Digitale Transformation im HR-Management
Are you ready for the digital world?	 72
Interview mit Prof. Thomas Edig, VW AG
HR ist ein starker Partner	 76
Effiziente HR-Prozesse
Pooling oder Automatisierung?	 80
Interview mit Dr. Claus Peter Schründer, Deutsche Telekom AG
Standardisierung und Intelligenz sind in Zukunft gefragt	 84
Digitales HR-Management
Chancen und Herausforderungen für eine neue 	 90
Generation HR-Managementsysteme	
ITIL trifft Cloud
Reality Check für den Betrieb einer HR-Cloud-Lösung	 94
HR-IT-Architektur
Blaupause für die HR-IT-Architektur	 98
Interview mit Frank Kohl-Boas, Google
Data beats Opinion – bei Google zählt das bessere Argument	 102
Interkulturelle Führung
Der erste Eindruck ist entscheidend	 108
Interview mit Thorsten Unger,
GAME Bundesverband der deutschen Games-Branche e.V.
Spieltrieb motiviert digitales Lernen	 112
Implementierung eines integrierten Skill- und Ressourcenmanagement Tools
Agiles und konventionelles Projektmanagement	 120
erfolgreich kombiniert
Smart Sourcing
Wie Unternehmen an gesuchte Skills gelangen und	 124
zukunftsfähig bleiben
4 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
Innovativität kann an jeder Stelle eines ­Unternehmens
beginnen. Unsere 10 Hypothesen zeigen, dass ­
Querdenken, Mut zu Zukunftsvisionen und eine ­
Portion Dreistigkeit die Zutaten für ein Rezept
zur ­Transformation ganzer Branchen sind.
Detecon Innovationsradar
10 Hypothesen
zur Innovation
5 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
Tut mir leid, aber an Innovationen
führt kein Weg mehr vorbei – falls
das überhaupt je der Fall gewesen
sein sollte. In Zeiten, in denen Start-
ups nicht nur mit alteingesessenen
Unternehmen konkurrieren, son-
dern ganze Märkte aufmischen, ist
Innovation der einzige Ansatz für
nachhaltigen Erfolg. Wir brauchen
Prozess­innovationen genauso wie
Service- oder Produkt­innovationen.
Aber vor allem brauchen wir Innova-
tionen in den Bereichen Führung und
Unternehmenskultur.
In Deutschland sind wir äußerst vorsichtig, wenn es darum
geht, neue Dinge herauszubringen, von denen wir glauben,
dass „die Zeit dafür noch nicht wirklich reif sei“. Während
wir noch überlegen, was man an einer Erfindung verbessern
könnte, legen Unternehmen in anderen Ländern einfach los
und schauen, wie die Märkte reagieren. Falls es Schwach-
stellen gibt, die korrigiert werden sollten, können Sie immer
noch mit einer Version 2.0 aufwarten. Und wenn Sie dann
noch die Außenwelt in den Prozess einbinden, kann es gut
sein, dass Sie bereits ein paar Kunden gewonnen haben!
Misserfolg wird immer als Gegenteil
von Erfolg wahrgenommen. Viel-
leicht ist unser Schullernsystem
daran schuld. Fakt ist aber, dass
diese Auffassung in den meisten
Unternehmen vorherrscht. Doch
viele Beispiele – das Herausra-
gendste ist sicher die Entwicklung
der Post-it-Aufkleber – zeigen: Der
Misserfolg ist einfach nur der erste
Schritt zum Erfolg. Google stellt
sogar die Behauptung auf, dass das
Unternehmen nicht ausreichend
innovativ und kreativ ist, wenn die
Misserfolgsquote zu niedrig ist.
Natürlich ist nicht der Misserfolg
selbst das Entscheidende, sondern
die damit signalisierte Bereitschaft,
etwas Neues zu probieren. Und
ohne Ausprobieren gibt es keine
Innovation. So einfach ist das.
Große Unternehmen haben
im Vergleich zu Start-ups und
kleinen Unternehmen mehr
Schwierigkeiten, wenn es
darum geht, innovativ zu sein.
Schnelle Entscheidungen und
die Möglichkeit, für ein paar
Wochen einfach etwas Neues
auszuprobieren, scheitern in
der Regel an Verwaltungs­
prozessen und hierarchischen
Strukturen. Andererseits aber
verfügen diese Unternehmen
über die Stabilität, Misserfolge
auszugleichen, und über die
Ressourcen, Innovationen
viel leichter als Start-ups zu
entwickeln. Der Fokus auf
die Cash Cows ist für große
Unternehmen sicherlich
wichtig, aber sie sollten mehr
Ressourcen für das Forschen
bereitstellen und diese beiden
Bereiche trennen. Denn den
Forschern könnte es gelingen,
die Cash Cow der Zukunft zu
entwickeln.
1.INNOVATEORDIE
2. JUST DO IT
3.DON’TBEAFRAIDOFFAILURE
4.BEAMBIDEXTROUS
Viele Unternehmer im Silicon Valley
sind „Goodwill CEOs“, die im großen
Stil planen und nicht nur das eigent-
liche Produkt im Blick haben, sondern
es als Schritt in Richtung eines großen
Ganzen betrachten. Beispiele sind Elon
Musk und seine Träume von der E-Mobilität (Tesla), Mark Zuckerberg mit
seiner Vision einer vernetzten Welt und den Internetzugang für jeder-
mann (internet.org) sowie viele andere, die nicht nur an einem Produkt
arbeiten, sondern an weltverändernden Ideen. Wenn man eine Vision
hat, die weit über das jeweilige Produkt oder den Service hinausgeht,
kann man zum Beispiel über die konkrete Herstellung eines Automo-
bils hinausdenken und Zukunftskonzepte für die Mobilität von morgen
entwickeln. Das Planen im großen Stil ermöglicht es, die Komfortzone zu
verlassen und Neuland zu betreten. Damit betreten wir den Bereich der
Innovation.
Viele junge Mitarbeiter, die
gerade ihr Studium beendet
haben und am Anfang ihrer
beruflichen Karriere stehen,
haben viele Ideen und sind
an sinnstiftender Arbeit
interessiert. Sie sind voller
Energie und Änderungsdrang
und räumen ihren Jobs
große Priorität ein. Diese
Einstellung verflüchtigt
sich häufig während des
ersten Jahres, nachdem
sie Bekanntschaft mit einer
strikten Hierarchie, Befehlen
und Kontrollen gemacht und
festgestellt ­haben, dass sie
nicht als potenzielle Inno-
vatoren wahrgenommen
werden. Aber statt Talente
zu vernichten und junge
Mitarbeiter in Ihrem Unter-
nehmen zu enttäuschen,
sollten Sie sie fördern und
ernst nehmen. Denn was
sie brauchen, ist nicht viel:
Keine teuren ­Firmenwagen,
sondern nur eine Plattform,
auf der sie ihre Kreativität
ausleben können und die
ihnen das Gefühl vermittelt,
ernst genommen zu werden.
Das kann doch nicht so
schwer sein.
Wissen Sie, wann hierar-
chische Kontrolle innerhalb
der Corporate Governance
eine gute Idee war? Im
Industriezeitalter! Doch mit
dem Ende dieser Ära hat die
Fähigkeit der Märkte, uns zu
überraschen, enorm zuge-
nommen. Die Beschaffung
marktgerechter Produkte und
Dienstleistungen sowie eine
sehr gute Kenntnis über die
Bedürfnisse des Kunden
haben sich in puncto Markt-
erfolg zu den leistungs-
stärksten Tools entwickelt.
Mittleres Management,
Micromanagement und
Zentralisierung behindern die
Selbstorganisation ebenso
wie agile Strukturen, die in
einer Welt, in der sich dyna-
mische Änderungen voll-
ziehen, unverzichtbar sind.
Lassen Sie anhand von Mehr-
wert und Marktüberlegenheit
ermitteln, wer die Führung
hat, auch wenn der Aufstieg
– wie in der traditionellen
Wirtschaft üblich – nicht
über die Karriereleiter erfolgt.
Möglicherweise ist das ein
Ansatz, der Vielfalt in die Rie-
ge der Führungskräfte bringt
und damit unterschiedliche
Denkweisen fördert.
Danke, dass Sie es gemerkt
haben: Diese Aussage stammt
von Clayton M. Christensen,
der behauptet, dass ein Unter-
nehmen, das einmal sehr inno-
vativ und erfolgreich war, nie
wieder erfolgreich sein wird.
Etablierte und bedeutende
Unternehmen in Deutschland
ruhen sich meistens erst
einmal auf ihren Lorbeeren
aus. „Wir haben das
Automobil erfunden“
beschert Ihnen allerdings
keinen dauerhaften
Erfolg, wenn andere
Unternehmen, die das
Automobil nicht
erfunden haben, Sie
auf Ihrem Fachgebiet
übertreffen. Innovativ
zu sein, erinnert an
einen Seiltänzer, der
vom Seil fällt, wenn
er sich nicht dauerhaft
um die Balance bemüht.
Verfallen Sie nie dem
Glauben, an der Spitze
zu sein, sondern
nutzen Sie dieses
Erfolgsgefühl dazu,
sich noch mehr
anzustrengen.
Nur mit kontinuier-
licher Arbeit
schaffen Sie es,
dem Dilemma
der Innovatoren
zu entgehen.
5. CHANGE
THE WORLD
7. THE
THING
ABOUT
HIERARCHY
6. DON’T
KILL THE
INNOVA-
TIVE
SPIRIT
8. THE
INNOVATORS
DILEMMA
6 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
Jedes Unternehmen verfügt über eine Menge an Wissen und Kreativität. Aber auch Kunden, Enthusiasten, Exper-
ten und Kreative wissen viel über Ihre Produkte oder Dienstleistungen. Interne und externe Transparenz sind zwei
­Dinge, vor denen sich viele Unternehmen fürchten. „Gestern gab es noch eine Wand mit Tesla-Patenten in der Lob-
by unserer Unternehmenszentrale in Palo Alto. Doch das war gestern, inzwischen sind sie abgenommen. Im Geiste
der Open-Source-Bewegung wurden die Patente aufgegeben, um die Elektroautotechnologie zu fördern“, sagt Elon
Musk über Teslas Model S, dass das erste Open-Source-Auto von Teslas wird. Das ist sicherlich ein extremes Bei-
spiel. Wir beobachten jedoch, dass in vielen Unternehmen noch nicht einmal das interne Wissen mit den Mitarbei-
tern geteilt wird. Wer sagt, dass dem Ingenieur, der in der F&E-Abteilung arbeitet, eine bahnbrechende Innovation
einfällt? Auf diese Idee kann eine ganz andere Person kommen, an die Sie nie gedacht hätten.
9. DON’T BE AFRAID OF TRANSPARENCY
Auch wenn viele Faktoren die Innovativität eines Unternehmens beeinflussen, ist die Unternehmenskultur laut der
Forschung* bei Weitem der größte Treiber für Innovation. Es wurde ebenfalls festgestellt, dass die geografische Kultur
oder die Branche, in der das Unternehmen angesiedelt oder tätig ist, nur eine untergeordnete Rolle spielen. Unterneh-
men, die innovativ sind, verfügen im Kern über eine sehr ähnliche Unternehmenskultur. Natürlich ist eine bestehende
Unternehmenskultur nicht im Schnelldurchgang in eine innovativere umzuwandeln, weil dies ein langfristiger Entwick-
lungsprozess ist. Die gute Nachricht ist, dass mit jeder Entscheidung vom Leadership Development zum Portfolio-
Management, vom Mitarbeiter zum Topmanager, jeder einen Beitrag leistet und sich jede einzelne Entscheidung auf die
Unternehmenskultur auswirkt. Es gibt also viele Ausgangspunkte innerhalb eines Unternehmens. Fangen Sie klein an,
aber fangen Sie auf jeden Fall an.
* Gerard J. Tellis, Jaideep C. Prabhu, & Rajesh K. Chandy, 2009.
10. ITS ALL ABOUT THE CULTURE (FOR REAL )
Auch wenn diese 10 Hypothesen zur Innovation inhaltlich locker und eher ober-
flächlich formuliert sind, gilt das auf keinen Fall für die Thematik. Große Unter-
nehmen aus dem Silicon Valley sind begierig darauf, neue Märkte zu erobern, die
auf den ersten Blick nichts mit ihrem Kerngeschäft zu tun haben. Stärke und Er-
folg dieser Unternehmen basieren nicht nur auf ihrem Geschäftsmodell und dem
Cashflow, sondern in erster Linie auf ihrer Unternehmenskultur.
Wir haben das Detecon Innovationsradar (DIR) entwickelt, um die Innovativität
eines Teams, einer Abteilung oder eines ganzen Unternehmens zu messen. Damit
unterstützen wir unsere Kunden auf dem Weg in die Zukunft: Wir helfen dabei,
einen individuellen Weg zu finden und unterstützen die transformativen Bemü-
hungen unserer Kunden, damit sie eine Innovationskultur etablieren können und
in ihrem Geschäftsbereich sowie darüber hinaus weiterhin führend bleiben.
So – what is it going to be?
Change
Die
7 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
Marc Wagner, Partner, und Elisa Voggenberger, Business Analyst,
beraten Unternehmen zum Themenkreis Transformation & Peoplemanagement.
8 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
Interview mit Thomas Sattelberger
„Wir können zwar effizient,
aber nicht innovativ“
Thomas Sattelberger ist einer der weltweit profiliertesten Personalmanger. Wir hatten Gelegen-
heit, mit ihm über die Zukunft der Deutschen Wirtschaft, die Auswirkung von Globalisierung und
Digitalisierung auf Unternehmen sowie die Rolle, die der Personalbereich in diesem veränderten
Kontext spielen sollte, zu diskutieren.
9 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
trächtigkeit deutscher Firmen. Was also muss passieren? Ich
glaube, viele Unternehmenslenker haben die Entwicklungen er-
kannt, sie jonglieren schon elegant mit Phrasen wie „disruptiver
Wandel“ und „Transformation“ des eigenen Unternehmens. Sie
haben aber nicht verstanden, dass unser Problem nicht die Er-
kenntnis ist und die rationale Vermittlung eben dieser, sondern
der kulturelle Bruch mit tradierten Mustern. Erlauben Sie mir
eine Randbemerkung: Die Erosion der Personalfunktion oder
ihre Unfähigkeit, Kulturtransformation mit zu begleiten, spielt
dem natürlich voll in die Hände.
DMR: Welche Rolle kann HR spielen, damit dem Predigen
­konkrete Aktivitäten in Richtung wettbewerbsfähige Unterneh-
mensgestaltung folgen?
T. Sattelberger: Ich glaube, dass zuerst der Schmerz der Krise
kommen muss, bis etwas geschieht. Erfolgsverwöhnte Unter-
nehmen haben – auch wenn der Erfolg viele Jahre zurückliegt
– diese Erfolgsverwöhntheit immer noch fest in ihrer Kultur
verankert. Bis man realisiert „Wir sind nicht mehr erfolgreich“
tobt draußen schon ein Orkan und erst dann merkt die Or-
ganisation, da stimmt etwas nicht mehr. Ich glaube, dass viele
unserer erfolgsverwöhnten Großtanker, die mit Erfolg doch
eher im letzten Jahrhundert verwöhnt wurden, heute durch
eine ganz schwere Zeit fahren. „Sense of Urgency“-Initiativen,
Quer-Denker-Schutz, Fehlertoleranz innerhalb moralischer
Maßstäbe, Aufbrechen von Seilschaften und Seilschaftsdenke,
Frühwarnradar für Talent und Innovation, Diversity-Politik
­wären einige präventive Maßnahmen.
DMR: Handlungsbedarf besteht also jetzt, da einigen Branchen
diese Krise ja noch bevorsteht?
T. Sattelberger: Veränderungsimpulse kommen drastisch an.
Rasches Handeln ist angesagt, am besten in der Blüte des Erfolgs!
Laut einer Roland Berger Studie im Auftrag des BDI bescheinigen
sich fast 70 Prozent der befragten 300 deutschen Industrieunter-
nehmen geringe bis mäßige digitale Reife. Deutsche Unterneh-
men sind überwiegend mittelständisch und die Studie zeigt, dass
sich 45 Prozent der Unternehmen noch gar nicht mit der Digitali-
sierung auseinander gesetzt haben! Und diejenigen Unternehmen,
die auf dem Gebiet der Digitalisierung handeln, tun dies leider
überwiegend mit dem Fokus auf Effizienz und Kosten, entwickeln
jedoch keine neuen Geschäftsmodelle. Insofern ist die Herausfor-
derung für den Mittelstand eine noch viel größere.
DMR: Wie lautet der Ausweg und von wem kann man ent-
sprechend lernen? Wir haben den kulturellen Hintergrund eines
­asiatischen und amerikanischen Raums, die beide auf ihre Weise
anders sind als Deutschland. Gibt es eine Chance, etwas auf die
deutsche Wirtschaft zu übertragen?
DMR: Herr Sattelberger, wenn Sie über die Einordnung Deutsch-
lands sprechen, benutzen Sie oft den Begriff der „Sandwich Posi-
tion“ zwischen chinesischem Maschinenhaus und Digital House
USA. Was meinen Sie damit, insbesondere wenn es um die Zu-
kunftsfähigkeit von Deutschland im internationalen Kontext geht?
T. Sattelberger: Ich bin sprachlich bildhaft und radikal. Eine
acatech spricht in ihrem Schlussbericht zum Thema „Smart Ser-
vices“ davon, dass es bedrohliche Entwicklungen der digitalen
Abkoppelung Deutschlands gibt und der Präsident des VDMA
sagt dem Sinne nach: Der deutsche Maschinenbau ist zuneh-
mend zu hochpreisig und overengineered. Das drückt genau
mein Bild aus: Das Maschinenhaus China, das schnell gelernt
hat und jetzt die Märkte Afrikas und zum Teil Südamerikas
bedient, holt uns ein, und das eben nicht im overengineerten
hochpreisigen Segment, sondern im Volumensegment. ­China
ist ja inzwischen Exportweltmeister im Maschinenbau und
man braucht nur zuzusehen, wie sich das Land ins Premium-
segment hinein entwickelt. Die Strategie dahinter sieht man an
der Bandbreite an Firmen des deutschen Mittelstands, die die
Chinesen akquiriert haben: von einer Firma Putzmeister, die
Betonpumpen produziert, bis zur Firma Triumph-Adler, einem
Nähmaschinen-Hersteller. Wir hier in Deutschland sind eben-
falls ein Maschinenhaus, denn wir haben uns ja vom Thema
Biotech und Informationstechnologie weitgehend verabschie-
det und unsere Firmen haben das Thema Smart Services nie be-
herrscht: Die Amazons, Airbnbs, Spotifys und Googles beherr-
schen das Feld. Das ist eine ungemütliche Sandwich Position.
Die Soziologie würde das als Pfadabhängigkeit bezeichnen, da
man sich hier auf alten erfolgsverwöhnten Bahnen bewegt und
in diesen übersieht, dass es noch andere Pfade nach links und
rechts gibt, die dann andere gehen, und irgendwann feststellt:
Man ist im lock-in.
DMR: Wir hatten auf dem deutschen Kapitalmarkt durchaus die
Situation, in puncto Aktienkurse einen Rekord nach dem ande-
ren zu verzeichnen. Eigentlich kommt man sich da in einer ganz
komfortablen Position vor. Was muss passieren, damit gerade Groß-
konzerne das Thema Innovation und Kreativität wieder in den
Mittelpunkt stellen?
T. Satteberger: Die Börsenerfolge sind ja nicht dem gelisteten
Unternehmen zuzurechnen. Das hat eindeutig mit den Niedrig-
zinsen und dem Fall des Euros zu tun, auch mit dem niedrigeren
Ölpreis. Hier kommen also volkswirtschaftliche Faktoren ins
Spiel, nicht betriebswirtschaftliche. Anders herum: Wenn
man sich die Dax 30 Unternehmen anschaut, sieht man, dass
­mindestens zehn unter ihnen in einer ernsthaften strukturellen
Krise stecken: von der Lufthansa über die RWE, die Deutsche
Bank, die E.on, die K&S und so weiter. Insofern ist die Börse
meiner Meinung nach kein guter Indikator für die Zukunfts-
10 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
T. Sattelberger: Nach Clayton Christensen ist die Chance für
Ozeandampfer relativ gering. Weil einfach die „Great Compa-
nies“, die ehemaligen Innovatoren, unfähig werden, sich wieder
zu revitalisieren. Demnach müsste das Hauptaugenmerk auf
zwei Themen gelegt werden: Erstens, können sich große Kon-
zerne frühzeitig dezentralisieren oder aufspalten? Wenn Effi­
zienz und Innovation nicht zu vereinigen sind, ist es dann nicht
klug, organisatorisch zu trennen und in kleineren Einheiten un-
ternehmerische Handlungs- und Experimentierfelder zu haben?
Also auch alt und neu voneinander zu separieren? Zweitens, wie
schnell können wir Gründerszenen aufbauen und für disrup-
tive, nicht nur Rationalisierungsinnovationen sorgen?
DMR: Damit steigen wir in das Thema Innovationskultur ein.
Ihre These lautet also: Wir brauchen viel mehr kleine und agile
Einheiten, die in der Lage sind, eine Innovationskultur zunächst
aufzubauen?
T. Sattelberger: Absolut. Meine Erfahrung ist, dass bürokrati-
sierte Effizienzorganisationen keine Lust haben, sich mit Neue-
rungen abzugeben – Innovation wird vom Immunsystem gera-
dezu abgestoßen oder aufgespeist. Man kann solche Einheiten
nur „on arm’s length“ führen. Genauso sehe ich das übrigens,
wenn es um das Funding und das Andocken an innovative
Start-ups geht. Solche Wege sind für mich trotz hoher Miss­
erfolgsquote wichtig, aber da haben wir in Deutschland noch
ein zu geringes Wagniskapital und einen zu kurzem Atem.
DMR: Ganz provokativ: Ist die Zeit der Großkonzerne damit vor-
bei?
T. Sattelberger: Nein. Aber sie werden noch kurzzyklischer in
der Lebensdauer. Die durchschnittliche Lebensdauer einer For-
tune 500 Firma hat sich seit den 60er Jahren des letzen Jahr-
hunderts von 75 Jahren auf heute 15 Jahre reduziert. Das sieht
im Dax 30 genauso aus. Das heißt erstens, dass der Lebens-
zyklus der großen Schlachtschiffe signifikant kürzer wird, und
zweitens, dass sie, wenn sie überleben wollen, das eben nicht als
große Kolosse tun, wo sozusagen ein Torpedotreffer gleich das
ganze Unternehmen versenkt. Da ist man doch besser mit fünf
schnellen Kreuzern unterwegs. Große Konzerne sind hochgra-
dig volatil. Wir haben bei Conti ganz bewusst Dezentralität ge-
fördert, damit eine kranke Geschäftseinheit nicht die andere an-
stecken kann. Oder anders ausgedrückt: Damit eine innovative
Geschäftseinheit nicht vom Monolithen platt gemacht wird.
Diese Bereitschaft zur Dezentralisierung und zur radikalen Auf-
gabe des One-Company-Gedanken macht Sinn – zumindest
was die Struktur betrifft.
DMR: Bei vielen strategischen Initiativen, die wir als Berater in
Unternehmen unterstützen, erleben wir Zyklen zwischen Zentrali-
sierung und Dezentralisierung. Es schwingt aber immer mit, dass
man diesen One-Company-Gedanken kulturell aufrecht halten und
eine Identifikation mit dem Unternehmen gewährleisten möchte.
Ist das überhaupt möglich in dem Konstrukt, das Sie beschreiben?
T. Sattelberger: Ich würde Ihre Aussage hinterfragen. Ich glau-
be,Topmanager wollen im Wesentlichen die Kontrolle behalten.
Und da ist „One Company“ die beste Form als Fiktion wie als
Realität. Zudem zielt die in letzten Jahren dominierende „One
Company“-Philosophie überwiegend darauf ab, interne Effizi-
enzen zu heben, nicht Innovation zu treiben. Ich glaube, Un-
ternehmen müssen heute lernen zu fragen: Was ist der kleinste
gemeinsame Nenner, der uns zusammenhält? Nicht der größte
gemeinsame Nenner, sondern der kleinste gemeinsame Nen-
ner. Das stärkt dezentrales Unternehmertum und beschränkt
Zentralisierung auf ganz wenige Themen die das Unternehmen
­finanziell, kulturell und markenpolitisch zusammen halten. Wir
kommen eben in eine Wirtschaftsphase, in der es vorteilhafter
ist, wenn unabhängigere Einheiten im Wind des Marktes so-
zusagen nicht nur ihr effizientes Überleben trainieren, sondern
innovativ werden. Gerne als Konföderation unter einem Kon-
zerndach.
DMR: Ist das Thema Kontrolle nur auf deutsche Topmanager zu
beziehen? Sind uns China und die USA auch in dieser Hinsicht
voraus?
T. Sattelberger: Dazu gibt es keine Empirie. Ich vermute, China
hat überwiegend Maschinenhausführer und die USA ist wohl
eher gespalten. Aus der Roland-Berger-Studie „Akademiker im
Chefsessel“ wissen wir zumindest, dass nur vier Prozent aller
Dax 30 Vorstände unternehmerische Erfahrung hat. Das ist sehr
erhellend und bestätigt, dass angestellte Manager eher risiko­
avers sind und sich auf das Managen mit Zielen und Kontrolle
konzentrieren.
DMR: Woher kommt es, dass so wenig Risikobereitschaft und Un-
ternehmergeist, auch im Sinne von Weitblick, vorhanden ist?
T. Sattelberger: Wir entwickeln böse gesagt schon im Hoch-
schulsystem eine Diktatur mechanistisch ausgebildeter Öko-
nome und Ingenieure. Beide sind getrimmt, Zukunft beherrsch-
bar und planbar zu machen. Die einen müssen eine Maschine
konstruieren, die anderen müssen eine Maschine managen. Was
ist Ursache, und was ist Wirkung? Ich beobachte zudem, dass
das deutsche Hochschulsystem insbesondere auf technischen
Gebieten in einem deutlich größeren Umfang als in England,
USA und Skandinavien an die Interessen seiner sogenannten
Nachfrager angelehnt ist, und das ist die Wirtschaft. Das ist ein
„circulus vitiosus“, dass die Hochschule das forscht und ausbil-
det, was die Wirtschaft formuliert. Es ist eine wechselseitige
11 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
Befruchtung im Tunnel. Unsere Konzentration aus Juristen,
Ökonomen und Ingenieuren im Management, im Vorstand
und im Aufsichtsrat findet man übrigens in vielen anderen Län-
dern nicht.
DMR: In der Automobilindustrie ist das ja noch dominanter mit
den vielen Kaufleuten und Ingenieuren…
T. Sattelberger: Genau. Es fehlt beispielsweise an Naturwissen-
schaftlern, Informatikern und Sozialwissenschaftlern. Schaut
man sich die Aufsichtsräte und Vorstände an, sieht man, was ich
liebevoll „homosoziale Reproduktion“ nenne: Ähnliches sucht
Ähnliches. Schmidt sucht Schmidtchen.
DMR: Sie haben in einem Interview gesagt, dass wir mehr Rebellen
in der Chefetage brauchen. Im Konzern Deutsche Telekom gibt es
einen: John Legere aus den USA. Er hat es geschafft, ein Unterneh-
men, das quasi am Boden lag, komplett zu drehen. Wie schafft man
Unternehmensstrukturen, die solche Lebensläufe fördern?
T. Sattelberger: Erstens war John Legere weit weg. Man konnte
ihm nicht so einfach im Nacken sitzen. Gewährte, erzwungene
oder vorhandene lange Leine ist ein erstes Stichwort. Zweitens
war dieses Geschäft in einer so hoffnungslosen Lage, dass man
bereit war, über den eigenen Schatten zu springen. Normaler-
weise kommt man erst gar nicht auf so individuelle und anders-
artige Charaktere, weil man bei solchen Jobs eher glaubt, Leute
zu brauchen, denen man schon immer vertraut hat. Das ist ein
ganz kritisches Thema. Es gilt, die Rekrutierungs- und Beförde-
rungmuster zu brechen. Drittens, man könnte Unternehmer-
biotope fördern in dezentralisierten, unternehmerischen, frei-
heitsliebenden Einheiten.
DMR: Stichwort Loyalität. Eigentlich wird das Thema Seilschaf-
ten doch vor allem den Asiaten zugeschrieben. Trotzdem kriegen
wir keine erfolgreichen Topmanagement-Teams aufgestellt.
T. Sattelberger: Der Begriff Loyalität ist eine reine Fik­tion, weil
ein Führer gar nicht alle so bedienen kann, dass sie loyal sind.
Und damit kommt es zum Verrat, so wie Brutus Caesar erdolch-
te. Außerdem ist der Begriff Loyalität ein Gegner von Differenz
oder Unterschied und damit von der Frage: Wie mache ich es
anders? Das bedeutet nämlich Irritation und Auseinanderset-
zung. Loyalität duldet keinen Konflikt. Der Loyale weiß genau,
wo die Grenze ist. Meiner Meinung nach muss man sich vom
Loyalitätsdenken trennen. Der klassische deutsche Manager
meint immer, das Deckelchen muss aufs Töpfchen passen – also
möglichst viel Affinität und Chemie aus der Vergangenheit für
die Bewältigung von Herausforderungen, die man heute und
morgen hat. Nein, Streitkultur und kreative Unterschiedlichkeit
sind nötig.
DMR: Damit kommen wir noch einmal auf die Rolle von HR.
Wer anders als HR kann eigentlich in dieser Situation für den
­Regelungsprozess sorgen, um „andere“ Manager in ein Unterneh-
men zu holen. Welche Rolle also kann HR da einnehmen?
T. Sattelberger: Nur wenige Vorstände oder Vorstandsvorsitzen-
de interessieren und kümmern sich, wie sich der Talentstrom
zusammensetzt, der ganz unten ins Unternehmen hineinströmt.
Ich kann natürlich durch die Diversität des Talentstroms – und
da meine ich nicht die klassischen Diversity-Dimensionen, son-
dern konformes und unkonventionelles Denken – schon eine
notwendige, aber noch nicht hinreichende Bedingung schaffen.
Ich muss mit der traditionellen Logik brechen, dass beispielswei-
se Soziologen und Philosophen in einem Unternehmen nichts
zu suchen haben. Oder dass Studienabrecher – wie ich übri-
gens – nicht tauglich sind. Oder dass Leute, die sich mit einer
eloquenten Präsentation schwer tun, keine Führungsqualitäten
haben. Man muss sich von all diesen Schablonen lösen. Und ich
weiß schließlich, wovon ich rede: Ich habe in meinem ehema-
ligen Telekom-Rekrutierungsbereich das Thema der „krummen
­Lebensläufe“ angepackt. Als ich auf Widerstand stieß, habe ich
gefragt: „Habt ihr eine Geschäftsordnung? Dann schreib‘ ich
als Prinzip hinein, dass krumme Lebensläufe akzeptiert und ge-
schätzt werden müssen.“ Wie sich das für Bürokratien gehört,
muss das natürlich irgendwo hinterlegt sein. [lacht] Der nächste
Punkt ist dann aber: Wie schützt man Talent davor, dass es in
den ersten 100 Tagen nicht alles verlernt, was es vorher konnte?
Damit meine ich das, was man Indoktrinationsprozesse einer
Organisation nennt. Auf der einen Seite müssen Menschen na-
türlich lernen, wie man sich in einem Unternehmen bewegt und
welche Regeln und Sitten gelten. Auf der anderen Seite müssen
sie aber ihre Individualität beibehalten. Ich habe unsere dama-
lige Nachwuchsinitiative Start-up bei der Deutschen Telekom
immer mit dieser ersten Frage begrüßt: Habt ihr genug Freiheit?
Das heißt, wir brauchen ein Talentmanagement, das Schutzräu-
me bietet für Querdenken, quasi einen Club der toten Dichter.
DMR: Wie kann das aussehen, insbesondere in einer ­Kultur, in der
jeder Freiraum einer Effizienzinitiative zum Opfer fällt?
T. Sattelberger: Ich habe damals verboten, den Begriff „Trainee-
programm“ zu verwenden, denn das ist ein besseres Lehrlings-
programm mit Geländern gegen das Runterfallen. Die Frage für
neue freie Talente ist doch eher: Habe ich einen freiheitsverteidi-
genden Machtpromotor? Für junge Talente, die Anders­artigkeit
in ein Unternehmen bringen sollen, braucht man ­einen Macht-
promotor, der diese Freiräume verteidigt. Sonst kann man es
sein lassen!
DMR: Meinen Sie Möglichkeiten zum Experimentieren und Aus-
probieren?
12 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
Thomas Sattelberger ist deutscher Topmanager. Nach vorherigen Vorstandspositionen bei
der Continental AG und der Lufthansa Passage war er von 2007 bis 2012 Personalvorstand der
Deutschen Telekom. Sattelberger hat sich als Verfechter des Diversity Managements profiliert,
initiierte die 30-Prozent-Frauenquote für Führungspositionen bei der Telekom und kritisiert
geschlossene Systeme in Konzernen und Gesellschaft. Er gilt als Vordenker zur Zukunft der
Arbeit und beschäftigt sich intensiv mit neuen Architekturen der Arbeit, Chancenfairness und
klonender Homogenisierung der Arbeitswelt.
13 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
T. Sattelberger: Ja, genau. Das muss niemand aus dem Vorstand
sein, das kann auch der Controlling-Chef eines Geschäftsfelds
sein. Wenn man das alte Modell des Dualismus von Sach- und
Machtpromotoren bei Innovationen hernimmt und Innova­
tionen nicht nur als Produkte sieht, sondern als Menschen,
dann fragt man sich: Wo sind die Machtpromotoren für Inno-
vationspotenziale im Menschen?
DMR:Wie können institutionell Freiräume geschaffen werden, um
zu vermeiden, dass Leute glattgeschliffen werden, die als Talent in
die Organisation kommen?
T. Sattelberger: Ich bin ein überzeugter Verfechter von Hierar-
chiearmut. Man muss sich die Frage stellen, wie viele Hierar-
chien in einer Organisation überhaupt nötig sind? Hierarchiear-
mut heißt aber auch, dass Führungskräfte so viele Leute führen
müssen, dass sie diese gar nicht mehr kontrollieren können.
DMR: Das Thema Hierarchie versus Netzwerk wird momentan
stark diskutiert. Wie etabliert man Hierarchiearmut?
T. Sattelberger: Bei Gründungen ist das einfacher zu lösen als
bei etablierten Organisationen: Mit Sicherheit nicht nur über
Hierarchieabbau – aber ohne Hierarchieabbau geht es eben
auch nicht. Letztlich muss ich eine horizontale Netzwerkorgani-
sation oder -methodik wie SCRUM oder Design Thinking über
die alte Organisation legen. Das heißt, ich muss die klassische
Hierarchie richtig aushungern. Damit schaffe ich die Vorausset-
zungen, um die Hierarchie kriegsentscheidend zu schwächen.
Eine Art reale Parallelwelt der Kooperation.
DMR: Wie macht man das? Schafft man Titel ab?
T. Sattelberger: Das ist nicht ausreichend. Das wäre nur wichtige
Symbolik. Der Erfolg horizontaler, agiler Kollaborationsformen
ermöglicht die radikale Herausnahme von Hierarchieebenen
ohne Kompromisse. Das kann schlussendlich nur der Vorstand.
Und ich muss Leitungsspannen so breit auslegen, sodass man
nicht mehr jeden kontrollieren kann. Die Schnellboot-Analogie
auf die individuelle Ebene übertragen.
DMR: De facto bedeutet das doch, dass wir neue Führungsfähig-
keiten brauchen, richtig?
T. Sattelberger: Genau. Klassisches Management heißt, sicher-
stellen, dass kaskadierte Ziele erreicht werden durch rot, grün,
gelbe Ampeln. Dass man jederzeit berichtsfähig ist nach oben.
Und dass selbst der ganz oben über das kleinste Detail Bescheid
wissen muss. Das kann ich im Grunde nur erreichen, wenn
man ganz geringe Leitungsspannen hat, sozusagen ein Modell
von Führung, das da heißt: Ich bin der beste Sachbearbeiter.
Klassisches Micro-Management. Ich bin übrigens hier auch ein
Sünder gewesen. Im Beurteilungsbogen bei Google, mittels des-
sen Mitarbeiter ihre Führungskräfte beurteilen, gibt es einige
prominente Merkmale: Eines heißt „He/She does not micro-
manage into my business“, das zweite heißt „He/She keeps
micro-management away from our unit“ und dann kommen
ein paar weitere, die sich fokussieren auf das Thema „He/She is
coaching me for my personal and professional development“.
Das heißt übersetzt: Die Führungskraft schafft den Rahmen
und den Schutzwall, damit begabte Menschen nicht gestört
werden. In Gesprächen mit Google-Mitarbeitern habe ich er-
fahren, warum Coaching so wichtig ist – sie sagten mir: „Wir
haben so viele Nerds, die ständig Gesprächsbedarf an Themen
wie persönlicher und beruflicher Weiterentwicklung haben.“
Damit kommt wieder das originär in die Führungsrolle, was wir
an Duzende von externen Beratern in jeder Firma outgesourced
haben: das Thema Coaching.
DMR: Coaching als zentrale Führungsaufgabe?
T. Sattelberger: Ja. Da könnte ich melancholisch werden. Ich
habe 1991 einen Artikel geschrieben, als das Thema externes
Coaching zum ersten Mal aufkam. Sinngemäß stand da drin,
dass das Aufkommen externer Coaches die Führungsaufgabe
ihres Sinnes entraubt und entkleidet.
DMR: Betrifft Ihre Aussage das Thema Beratung generell? Ist es
nicht das gleiche, wenn ich eine Beratung brauche, um meine Stra-
tegie zu formulieren, wie wenn ich als Führungskraft einen exter-
nen Coach brauche, damit meine Mitarbeiter motiviert sind und
vernünftig laufen?
T. Sattelberger: Ja, natürlich ist das das Gleiche. Ich habe, von
einer Ausnahme abgesehen, nie einen Prozess- oder Strategie-
berater engagiert. Diese Ausnahme war die qualitative Personal-
planung bei der Deutschen Telekom. Alles andere halte ich für
das Outsourcing von Intellekt an andere. Und für eine Kastra­
tion der Gehirne von intelligenten Führungsleuten.
DMR: Dann könnte man also fast sagen, dass die Beraterdurch-
dringung in Unternehmen letztlich anzeigt, wie wenig das Top­
management in der Lage ist, das Geschäft selbst zu managen.
T. Sattelberger: Ja. Mein damaliger Vorstandsvorsitzender bei
Conti Manfred Wennemer beispielsweise hat Berater nur aus
Höflichkeit empfangen und keinen einzigen engagiert. Die
Vorstände mussten selbst denken. Es gab auch keine Stäbe. Es
spricht aber nichts dagegen, interne Kreativ- und Projektma-
nagementkapazitäten zu nutzen. Und dann müssen Querdenker
14 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
selektiv das System konfrontieren dürfen, damit man nicht im
eigenen Saft stecken bleibt. Denn jede Problemlösung führt ja
zu neuen Problemen.
DMR: Wie kann man der Entwicklung von HR entgegenwirken,
als Supportfunktion zu verkommen? Insbesondere in einer Zeit, in
der Menschen als Asset eine wichtige Rolle spielen?
T. Sattelberger: Die Personalfunktion steht aus meiner Sicht an
einem wirklichen Scheideweg, der historischer Tiefpunkt oder
Chance werden kann. Die Personalfunktion hat sich über die
letzten zehn Jahre total verändert: neues Produkt, neuer Service,
neuer Prozess. Das war nicht dumm, auch wenn es natürlich im
Zeitgeist der Effizienzorientierung von Unternehmen stattfand.
Aber wir kommen jetzt an den Punkt, an dem erstens durch
Effizienzmanagement immer weniger rauszuholen ist und zwei-
tens weniger die Effizienz als eher die Effektivität gefragt ist:
nicht mehr „höher, schneller, weiter“, sondern „anders“. Damit
ist eine historische Chance gegeben, wieder groß zu denken –
das Denken in Organisationsdesigns oder in De­signs für Ar-
beitswelten. Nicht mehr nur in Produkt, Service und Prozess
sowie einer App fürs Recruiting – ich kann es gar nicht mehr
hören. Ob danach dann ein großer Schritt kommt, ist eine
andere Frage – es können auch viele kleine kommen, aber die
Thematik muss groß gedacht werden. Ich habe mir in meiner
aktiven Zeit intensiv angeschaut, wie sich Arbeitswelten inno-
vativer Unternehmen entwickeln und mir die Frage gestellt:
Braucht Innovation 4.0 Arbeitswelt 4.0 oder ist Arbeitswelt 4.0
ein Humus für Innovation 4.0? Sie ist aus meiner Sicht beant-
wortet: Es sind Zwillinge. Wir haben 2010 im Personalresort
begonnen, so etwas wie Smart Work zu diskutieren. Da werden
Sie wahrscheinlich erstaunt sein jetzt...
DMR: Absolut. Das ist eines unserer zentralen Themen...
T. Sattelberger: 2010 haben wir im Gefolge der Frauenquo-
te begonnen, Smart Work zu diskutieren. Zum einen wurde
klar, dass eine Frauenquote ohne Smart Work nicht funktio-
niert, und zum anderen konnte die Frauenquote sowieso nur
Teil eines übergreifenden Ansatzes sein, der da heißt: Schaffung
einer Organisationskultur, die eher divers, kollaborativ und
souverän ist. Das ist eine Diskussion, die natürlich nicht die
betriebliche Öffentlichkeit erreicht hat, weil sie auch noch sehr
unreif war. Aber dieser wechselseitige Zusammenhang ist ein-
deutig und von daher ist die historische Chance einer Personal-
funktion gewaltig – aber sie kann sie alleine nicht packen, denn
da müssen Ingenieure, Informatiker, Arbeitswissenschaftler und
Personalleute und die Betroffenen selbst zusammenkommen –
das ist eine sehr interdisziplinäre Angelegenheit, diese Arbeits-
welten müssen partizipativ geklärt und dann geschaffen werden.
Und da könnte HR zeigen, wie nützlich es ist.
DMR: Also Smart Work im Sinne von Andersartigkeit und Diver-
sität in einem Unternehmen?
T. Sattelberger: Das geht noch viel weiter. Das ist nur ein
Strang einer smarten Organisation. Ein zweiter Strang hat mit
dem Thema Crowd Working und Open Innovation zu tun, mit
der Entgrenzung der Organisation – und das ist nicht nur ein
Thema von F&E, sondern von allen Funktionen. Eine dritte
Dimension betrifft das Thema Macht, Hierarchie und Demo-
kratie. Ein vierter Teil dieses Ansatzes hat mit Souveränität zu
tun und damit mit der Frage: Habe ich die Freiheit, Ort, Zeit,
Kollaborationsform, Stil der Arbeit oder gar ihren Inhalt selbst
zu entscheiden? Ein letzter Punkt ist das Gemeinwohl – das ist
dann noch einmal eine ganz andere Betrachtung. Bin ich ein
autistisches Unternehmenswesen oder bin ich verbunden als
Organ eines Körpers mit der mich umgebenden Gesellschaft?
Das wären ein paar beispielhafte Dimensionen, die meiner Mei-
nung nach wichtig sind. Wir haben schon damals nicht nur dis-
kutiert, dass das Thema Frauenquote in das Thema Diversity
eingebettet sein muss, sondern auch, dass das Thema Diversity
nur eine von mehreren Dimensionen ist, die für Smart Work
entscheidend sind.
DMR: Und warum sind wir doch nur beim Thema Frauenquote
gelandet?
T. Sattelberger: Solche Themen werden von denen verantwor-
tet, die sie treiben. Wenn sie gehen, wird neu sortiert. Ganz
nüchtern. Ich habe mal bei Lufthansa miterlebt, wie mein
Nachfolger die gesamte Personalentwicklung den Bach hat run-
tergehen lassen. Das ist halt so. Du bist im Grunde ein relatives
und vergängliches Wesen. Es gibt keinen linearen Fortschritt in
einer Organisation.
DMR: Muss man Diversität, wenn man sie im Hinblick auf High-
performing Teams nutzen möchte, verordnen? Das Thema Quote
für bestimmte Themen betrifft ja nicht nur Frauen, sondern auch
Internationalität im Unternehmen.
T. Sattelberger: Also, ein frommer Spruch bleibt ein frommer
Spruch. Diversität ohne Steuerung derselben ist folgenlos oder
zufällig. Ich beziffere als Personaler doch so viel im Unterneh-
men mit quantifizierbaren Größen, von Durchlaufzeiten für
15 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
eine Bewerbung bis zu Vergütungsspreizung. Für mich ist das
eine ganz normale managerielle Steuerung. Gerne auch mit
Internationalität. Übrigens löst sich im Kontext von People
Analytics das Thema. Shell setzt heute schon Innovationsteams
mittels „social footprints“ zusammen.
DMR: Muss auch HR messbarer und greifbarer werden als bisher
und sich weniger mit kulturellen und esoterischen Themen beschäf-
tigen?
T. Sattelberger: Ja und nein. HR muss nachweisen, dass es sich
auf dem Territorium „hier und jetzt“ aufhält und sich dort be-
währt, aber auch den Nachweis führen, dass es auch Schiffe für
eine unbekannte Expedition ausrüsten kann.
DMR: Im Moment bezieht sich HR wohl stärker auf die Rolle der
Supportfunktion…
T. Sattelberger: Ja, aber mit Support, Logistik und Service al-
leine hat man noch nie einen Krieg gewonnen. Die Reduktion
von Menschen auf „die einen machen die Handarbeit und die
anderen machen die Kopfarbeit“ oder die einen machen die
Umsetzung und den Service und die anderen die Strategie – das
sind ja uralte Modelle. Ich hätte jedes Unternehmen verlassen,
in welchem ich nicht das Gefühl gehabt hätte, noch genügend
Expeditionen machen zu können. Im Bereich Arbeit gilt ja das
Gleiche wie im Forschungs- und Entwicklungsbereich. So, wie
die Ingenieure Prüfstände bauen oder die Naturwissenschaftler
Labore haben, so müssen auch die Personaler für die Zukunft
der Arbeit experimentieren.
DMR: Was wäre im Zuge dessen der nächste Schritt für eine HR-
Struktur im Unternehmensverbund?
T. Sattelberger: Das Zuschneiden von HR auf eine Support-
oder Servicefunktion ist kontraproduktiv. Gerade las ich in
einer Studie, dass die IT-Avantgarde-Unternehmen herausra-
gende HR-Funktionen bauen. Das muss man so hart sagen.
Wer sich geistig einzimmern lässt, der hat es auch nicht anders
verdient. Im Grunde muss wahrscheinlich auch ein Stück weit
personelle Reform gelingen. Also eine Nachwuchsrevolution
im HR-Bereich. Wie auch immer man das hinkriegt, dass gute
Menschen an Bord kommen, und zwar sowohl Männer als auch
Frauen, die zum einen viel zum Thema Arbeitswelt 4.0 und der
Transformation des Unternehmens dorthin beitragen können
und zum anderen People Analytics beherrschen, denn die HR-
Funktion der Zukunft ist auch digital kompetent.
DMR: Und das bedeutet schließlich auch, dass dies ein CEO mit
unterstützt, oder?
T. Sattelberger: Nicht unbedingt. Vor kurzem kam die Per-
sonalchefin eines größeren Start-ups zu mir und sagte: „Herr
Sattelberger, wir sind jetzt so gewachsen, dass mein CEO und
ich Mitarbeitergespräche einführen werden. Wir können das
nicht mehr informell auf dem Flur machen. Welche Konzerne
führen gute Mitarbeitergesprächs-Trainings durch?“ Da sagte
ich: „Hören Sie auf! Der erste Fehler ist bereits, diese Frage zu
stellen. Warum holen Sie nicht alle Betroffenen zusammen in
ein kleines Laboratorium und lassen sie zwei Tage lang experi-
mentieren in wechselnden Rollen.“ Große Konzerne haben das
schon alles segmentalisiert. Dort gibt es für Führungskräfte ein
Seminar, das „Führen von Mitarbeitergesprächen“ heißt, und
wenn die Unternehmen fortschrittlich sind, für Mitarbeiter
ein Programm, das „Führen von Gesprächen von unten“ heißt.
Und so haben sie die Hierarchie schon „reingestopft“ in die Art
und Weise des Lernprozesses.
DMR: Also die Revolution von unten?
T. Sattelberger: Es gibt viel Forschung zu Innovation in Orga-
nisationen. Die meisten dieser Forschungen gehen davon aus:
Echte innovative Experimente beginnen an der Peripherie und
einzelne Mächtige haben es in der Hand, Strukturen zu schaf-
fen, die die Autonomisierung von Einheiten und den Abbau
hierarchischer Silos fördern. Aber das tatsächliche Innovieren
geschieht eher unten oder an der Peripherie in Unterseebooten,
Garagen oder Grauzonen.
DMR: Das wäre doch ein schöner Arbeitsauftrag für HR: den Ta-
lentstrom, den Sie beschrieben haben, sicherzustellen und den Rah-
men zu schaffen, diese Möglichkeiten und Freiräume auch wirklich
zu kultivieren.
T. Sattelberger: Die Deregulierung von HR-Prozessen ist dazu
Voraussetzung. Diese furchtbaren Prozesse, die nur Zeit kon-
sumieren und nicht Mehrwert schöpfen! Hays hat eine Un-
tersuchung gemacht, nach der 60 Prozent der Geschäftsführer
und Personaler denken, Karrieren werden durch strategische
Nachfolgeplanung und gutes Talentmanagement gemacht.
Führungskräfte und die Basis dagegen sagen, Karrieren werden
durch Seilschaften und dem „zum richtigen Zeitpunkt an der
richtigen Stelle sein“ gemacht. Es ist eine interessante Frage:
Was kann ich ohne Ersatz aussetzen? Die Nachfolgeplanung ist
definitiv unnötig. Damit wird nicht gearbeitet. Im Prinzip hät-
16 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
te ich auch das ganze Thema individuelle variable Vergütung
abschaffen und durch einen kollektiven Erfolgsbonus ersetzen
müssen, um die Manipulation im System zu verhindern. Man
hat ja so viele Manipulationen in diesem Target-Management-
Prozess gehabt. Aber auch, um solidarisches Denken zu fördern.
DMR: Was wäre eine Alternative gewesen?
T. Sattelberger: Am Schluss geht es doch nur um ein Ergeb-
nis: Man will ein bestimmtes Finanzergebnis erwirtschaften,
Mitarbeiter-Commitment haben, Kundenzufriedenheit errei-
chen. Und dafür gibt es beispielsweise x Prozent von EBITDA.
Diese werden dann auf jeder Ebene in einer bestimmten Logik
verteilt.
DMR: Aber schon leistungsabhängig?
T. Sattelberger: Nicht individuelle, sondern geschäftsspezifische
Performance! Was ist denn individuelle Performance heute?
Wenn Sie sich die Targets anschauen, die ich mit meinen Direct
Reports gemacht habe, dann wurden 2/3 irrelevant, weil andere
wichtiger wurden. Kreativität wurde gar nicht honoriert, weil
sie kaum quantifizierbar ist. Das waren voluntaristisch raus-
gesuchte Effizienzziele. Der Apparat, der für die Messung der
Ziele benötigt wurde, und die Entsolidarisierungseffekte, die
stattfinden durch individuelles Performance Management – das
ist absolut veraltet. Ich würde heute auf solidarisch erzielte Er-
gebnisse setzen. Die größte Zerstörung wirtschaftlicher Poten-
ziale wird durch schlechte Führung und nicht durch schlechte
Leistung erzielt. Ich halte Abteilungsstrukturen, Hierarchien
und schlechte Führung für die Schlüsseltreiber von schlechter
Performance von Organisationen und Individuen.
DMR: Würden Sie sagen, dass es bei Führung primär darum geht,
aus Mitarbeitern das Beste rauszuholen, so dass es keine wirkliche
Schlechtleistung gibt?
T. Sattelberger: Ja, dass man mit den Menschen arbeitet, die
man vorfindet und ihnen Potenzial unterstellt. Ich habe mich
in 40 Jahren Führungsarbeit von weniger als zehn meiner Füh-
rungskräfte getrennt.
DMR: Das spricht doch gegen die ganzen Abbauprogramme. Sollte
man nicht schauen, dass man aus den zur Verfügung stehenden
Menschen das Maximum an Leistung rausholt und nicht, wie man
sie aus dem Unternehmen bekommt?
T. Sattelberger: Personalüberhänge sind wieder ein anderes
­Thema. Ich war ein großer Freund von Shape HQ und bin
überzeugt davon gewesen, dass dieser Moloch radikal ­verkleinert
werden musste. Ich kann nicht in einem Konzern flache Hie-
rarchien implementieren, wenn ich noch einen riesigen feudal
aufgestellten Moloch an der Spitze habe. Ich werde nie verges-
sen, wie mein alter Vorstandsvorsitzender von Conti bei Autoliv
in Schweden war, die ihre Zentrale im vierten Stock eines Bü-
rogebäudes hatten. Das Unternehmen hatte über 50 000 Mit-
arbeiter, die Zentrale aber nur ein paar Duzend. Ich habe viel
Sympathie für extrem schlanke Steuerungscockpits.
DMR: Wir haben noch eine letzte und persönliche Frage an Sie:
Wenn Sie zurückblicken auf Ihre doch sehr lange Personalmanager-
karriere, worauf sind Sie besonders stolz? Und was lässt sich daraus
lernen?
T. Sattelberger: Sie müssen bedenken, dass ich fünf Jahre lang
operativer Airline-Vorstand war – denn da habe ich erst gelernt,
dass die Operativen auch nur mit Wasser kochen. Deswegen
ist es mir auch wichtig, dies anzumerken. Vorher bin ich als
Personaler mit einer Underdog-Haltung rangegangen. Nicht ge-
genüber dem Finanzbereich, denn rechnen können wir ja alle,
sondern gegenüber den Geschäftsverantwortlichen. Dann ver-
antwortete ich einen riesigen operativen Bereich bei Lufthansa
mit fast 35.000 Beschäftigten und merkte, dass dort simples
Managen viel wichtiger war als das Thema der Transforma­tion
und Innovation – und habe meine Liebe für die HR-Arbeit wie-
derentdeckt.
Ich fand Personalarbeit immer eine der komplexesten betrieb-
lichen Aufgabenstellungen schlechthin, weil sie die nichtbere-
chenbare Seite eines Unternehmens widergespiegelt hat. Man
kann in Pricing, in der Produktion, hoch berechenbar sein, aber
beim System Mensch oder Arbeit kann man immer nur eine
Hälfte der Welt berechnen, die andere Hälfte muss man sozu-
sagen erforschen. Dass die Personalarbeit auch das Experimen-
tieren im sozialen System ist, fand ich immer das Spannendste,
ob als junger Mann in der Ausbildung bei Daimler oder als Per-
sonalvorstand mit der Frauenquote bei Telekom. Das habe ich
nie aufgegeben.
Das Interview führten Marc Wagner und Elisa Voggenberger.
Künstler haben unsere Themen neu interpretiert
und unsere neue Webseite mitgestaltet.
Besuchen Sie uns unter: www.detecon.com
Transformation@Detecon
Wir stehen mit unseren Geschäftsfeldern
an einer der spannendsten Baustellen unserer Zeit:
Transformationskompetenz ist der kritische Erfolgsfaktor.
18 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
„Einmal Innovation mit viel Potenzial –
aber bitte effizient & rentabel!“
Innovationskultur
Lassen volatile Märkte, geprägt durch Preisrivalitäten, Industrie 4.0, Effizienz- und Wett-
bewerbsdruck, anspruchsvolle (digitale) Kunden und dynamische Produktlebenszyklen,
­überhaupt noch Zeit und Raum für Kreativität, agiles Arbeiten und disruptive Ideen? ­
Dieser Frage sollte man nachgehen, denken wir uns, und starten Anfang 2015 eine
­empirische ­„Best Practice“-Studie zur Innovationskultur von Konzernen.
19 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
D	 as Silicon Valley ist zu einer Pilgerstätte für verzweifelte
Konzernvorstände außerhalb der USA geworden. Auf der Suche
nach dem „heiligen Innovationsgral“ werden Stanford, Tesla,
Google, Airbnb und weitere Ikonen der digitalen Entwicklung
besucht, es wird diskutiert und eifrig Notizen gemacht.
Ausgestattet mit frischen und überwältigenden Eindrücken
aus dem „Mekka der digitalen Revolution“ geht es dann zu-
rück nach Hause, um die Mannschaft mit Slogans wie „Wir
müssen innovativer, kreativer und agiler werden“ auf die Spur
zu bringen – und dann nach wenigen Monaten festzustellen:
Die Euphorie ist verpufft und diverse Agilitäts- und Innova­
tionsinitativen sind in der Lehmschicht aus starren Strukturen,
Komplexität und IT Legacy stecken geblieben. „Ideas are cheap,
implementation matters“ – dies gilt insbesondere für das Thema
Innovationskultur.
Vor diesem Hintergrund finden wir uns im Januar 2015 mit
einer Managergruppe eines DAX Konzerns in einem Work-
shop zusammen, um eine Bestandsaufnahme zum Thema „In-
novationskultur“ zu machen. Und los geht’s: „Sind Konzerne
überhaupt dafür gemacht, innovativ zu sein?“, „Was sind die
kritischen Stellschrauben zur Etablierung einer innovativen Un-
ternehmenskultur?“, „Wie ist es um die Nutzung von Kreativi-
tätspotenzialen unserer Mitarbeiter bestellt?“ sind Fragen, die
wir im Rahmen des Workshops heiß diskutieren. Das Ergebnis:
fünf Hypothesen und eine Idee. Die hohe Relevanz und Aktua-
lität des Themas bewegt uns dazu, weitere Gespräche und Inter-
views mit Managern, Innovationsexperten und HR-Vertretern
zu führen, um unsere Hypothesen anzureichern und zu über-
prüfen. Hier ein erster Vorgeschmack!
20 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
HYPOTHESE 1: Konzerne sind
­vorrangig auf Effizienz fokussiert und
haben ein Immunsystem, das neue
Ideen als Bedrohung sieht.
Wohl eine der größten Herausforderungen für Konzerne ist die
Handhabung des Konflikts zwischen Effizienz- und Innova­
tionsfokus gepaart mit einem Immunsystem, das jede neue Idee
zunächst wie eine Störung behandelt. „Innovationshebel wie
Freiräume für innovatives Denken, Kreativität oder zufällige
Begegnungen werden per se vom System und der Kultur elimi-
niert. Alles ‚Andersartige‘, was nicht den Standards entspricht,
wird vom Immunsystem abgestoßen.“, so ein Topmanager eines
DAX Konzerns. Um innovative Projekte fördern zu können,
müssen Strukturen geschaffen werden, die einerseits freies und
kreatives Arbeiten an disruptiven Ideen ermöglichen, zeitgleich
jedoch Zeit- und Ressourcenverschwendung minimieren. Wie
Effizienz von Innovationen gedacht werden sollte, erklärt uns
Hans Ehm, Head of Supply Chain Innovations der Infineon
Technologies AG: „Innovation ist eine Idee, die sowohl erfolg-
reich umgesetzt wurde als auch am Markt erfolgreich ist. Die
Effizienz ergibt sich bei uns aus dem strukturierten Prozess: Mit
dem InnovationNet schaffen wir zunächst Freiraum, um viele
potenziell erfolgreiche Ideen zu entwickeln. Die besten Ideen
werden dann in Projekten mit einer klaren zeitlichen Agenda
umgesetzt und am Markt mit Erfolg etabliert.“
„Nicht die Menschen sind so,
sondern das Unternehmen hat
sie so gemacht, wie sie sind.“
Frank Rehme, Entrepreneur, Inkubator und Gründer der gmvteam GmbH
HYPOTHESE 2: Konzernen
mangelt es bei Innovationsprojekten
an Ausdauer und Akzeptanz durch das
Management.
Konzernen fehlt oftmals der „lange Atem“, wenn es um das ak-
tive Vorantreiben von Innovationsprojekten geht. Aufgrund des
starren Fokus auf Effizienz und Skalen wird häufig ein kurz­
fristiger Break Even erwartet, obwohl die Effekte von (disrup-
tiven) Innovationen meist erst nach mehreren Jahren eintreten.
Dies führt zu Demotivation und somit häufig zum Abbruch
langfristig profitabler Themen. Wie kann dies verhindert wer-
den? Erste Erkenntnisse aus unseren Interviews zeigen: Die
Anerkennung innovativer Initiativen durch das Top Manage-
ment ist bei der Etablierung einer erfolgreichen Innovations-
kultur ein wesentlicher Treiber. Gremien und Entscheidungs-
träger müssen sowohl die systematischen Rahmenbedingungen
schaffen als auch eine Vorbildfunktion im Einklang mit Visi-
on und Unternehmensstrategie einnehmen. Durch Akzeptanz
und (finanzielle) Unterstützung innovativer Projekte durch das
Management kann das Mitarbeiterengagement in diesem Be-
reich enorm erhöht werden. Weiterhin erscheint die Leitung
des Innovationsprojektes durch den Ideengeber ein kritischer
Erfolgsfaktor zu sein, um Motivation und Ausdauer aufrecht-
zuerhalten, weiß Frank Rehme von gmvteam und ehemaliger
Head of Innovations bei METRO: „Sie finden keinen, der mehr
Herzblut in eine Innovation steckt, als der Ideengeber selbst.“
21 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
HYPOTHESE 3: Isoliert operierende
Einheiten verhindern die ­(freiwillige)
Formierung interdisziplinärer
­Innovationsteams.
Eine erfolgreiche Innovation steht und fällt mit dem „richtigen“
Innovationsteam. Laut Kotter1
ist „die Armee der ­Freiwilligen
der Treiber des Wandels“ und somit entscheidend für das
­Vorantreiben innovativer Ideen. Die im Konzern präsent ver-
tretene „Silo-Kultur“ führt jedoch oftmals dazu, dass diverse
Einheiten mehr oder weniger isoliert an Innovationsprojekten
arbeiten und wenig bis kaum (Erfahrungs-)Austausch stattfin-
det. Meist bietet das Konzernumfeld nicht ausreichend Raum
für zufällige Begegnungen und somit freiwillige Teambildung.
Dies resultiert häufig darin, dass Innovationsteams funktions­
basiert durch das Topmanagement zusammengestellt werden.
Diese Problematik erkennt auch ein Topmanager eines DAX
­Konzerns: „Oftmals brennen top-down ausgewählte Inno-
vatoren nicht genug für ihr Thema. In solchen Fällen ist das
Scheitern von Projekten schon vorprogrammiert“. Dabei sind
„Energie, Entschlossenheit und echte[r] Enthusiasmus“ zen-
trale Attribute eines erfolgreichen Innovationsteams.2
Werden
die Heterogenität und „Leidenschaft“ im System erhöht, schafft
man die Möglichkeit, klassische Prozesse zu durchbrechen, ein-
gefahrene Denkmuster infrage zu stellen und kreativ zu arbeiten.
„Der Kern liegt hier in der Persönlichkeit jedes Einzelnen“, weiß
Dr. Heinrich Arnold, Global Head of Telekom Innova­tion La-
boratories (T-Labs). „Die Führung unserer verschiedenen Kom-
petenzteams ist sehr heterogen, das ist das Schöne. Aber jeder
Einzelne muss mindestens eine außergewöhnliche Eigenschaft
weit über das Standardmaß hinaus besitzen: ­Entweder man
weiß fachlich besonders viel oder man ist ein besonders guter
Kommunikator oder man ist besonders clever oder ­gewissenhaft
oder charismatisch.“ Weitere Erfolgsfaktoren sind Leidenschaft
und eine hohe Eigenmotivation, betont Dr. ­Arnold: „Wenn bei
einem Projektleiter das Feuer der Begeisterung angeht, dann
kann es funktionieren. Derjenige, der an der Spitze einer In-
itiative als Treiber steht, muss komplett von seinem Projekt
überzeugt sein.“ Dies ist ein entscheidender Aspekt, den auch
Frank Rehme, langjähriger Head of Innovations der METRO,
erkennt: „Sie finden keinen mit mehr Passion, als den, der die
Idee hatte. Eines unserer erfolgreichsten Kundenprojekte basiert
komplett auf einer End-to-End-Verantwortung bei der Person,
die die Idee hatte.“
1. Effizienzfokus und
zu starkes
Immunsystem
2. Mangelnde
	Akzeptanz
	 und Ausdauer
3. Das „richtige“
	Innovationsteam
4. Starre Strukturen
	 und komplexe
	Entscheidungsprozesse
5. Mangelnder
	 Mut und
Selbstvertrauen
1,2	 Vgl. Kotter, J.P., Die Kraft der zwei Systeme, in: Harvard Business Manager
Spezial, 2015, S. 89.
InnovationsblockerbeiKonzernen
22 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
HYPOTHESE 4: Die starre
­Hierarchie- und Gremienlandschaft
von Konzernen verhindert, dass­
­Innovationen rechtzeitig am Markt
platziert werden können.
Einer der größten Innovationsblocker von Konzernen ist deren
komplexe Gremienlandschaft. Starke Hierarchien und kompli-
zierte Entscheidungsprozesse resultieren in verpassten Chancen
und hemmen die Innovativität, denn „Ideen entstehen immer
(...) im Austausch mit Menschen“ und diesen Austausch muss
man zulassen, meint Jens Bode, International Foresight und In-
novation Manager bei Henkel. „Zudem verhindert die Vielzahl
an involvierten Entscheidern oftmals, dass Ideen direkt beim
Vorstand platziert werden können und fallen somit unter den
Tisch“, bestätigt ein Top Manager eines DAX Konzerns. Ein
entscheidender Hebel sei hierbei die Größe des Innovations-
teams, weiß Frank Rehme von gmvteam GmbH: „Ziel muss es
sein, Teamgrößen zu haben, die um eine Pizza herum passen,
denn mit der Größe des Teams und der Anzahl der Entscheider
verlängert sich auch die Zeit, bis eine Idee am Markt platziert
werden kann.“ In dieser Hinsicht wird auch der klassische Stage-
Gate Prozess als „unnötiger Zeitfresser“ in unseren Gesprächen
kritisiert, da erfahrungsgemäß die meisten erfolgreichen Inno-
vationen den „Filter“ nicht durchlaufen. Viel entscheidender sei
das offene Innovieren mit Universitäten und Studenten, For-
schungsinstituten, Lieferanten oder Kunden, bestätigt uns Jens
Bode: „Wir profitieren nicht nur von unserem internen diversen
Team, wir wissen auch um das Talent und die Kreativität von
Experten außerhalb des Unternehmens.“
„Ziel muss es sein, Teamgrößen
zu haben, die um eine Pizza herum
passen, denn mit der Größe des
Teams und der Anzahl der
Entscheider verlängert sich auch die
Zeit, bis eine Idee am Markt platziert
werden kann.“
Frank Rehme, Gründer der gmvteam GmbH
und ehemaliger Head of Innovations Management, METRO
HYPOTHESE 5: Die ­Führungskultur
von Konzernen hemmt ­motivierte
­Freidenker, Innova­tionen anzustoßen
und langfristig voranzutreiben.
Ein weiterer Innovationsblocker bei Konzernen ist oftmals die
Führungskultur, die verhindert, dass „innovative Köpfe“ sich
trauen, Initiativen anzustoßen und langfristig voranzutreiben.
„Führungskräfte werden nicht ausreichend dazu aufgefordert,
ihre Komfortzone zu verlassen und geben diese Einstellung
deshalb auch an ihre Mitarbeiter weiter“, meint einer unserer
befragten Top Manager. „Mangelndes Selbstvertrauen als poten-
zieller Treiber verhindert somit, dass Dinge angepackt und um-
gesetzt werden.“ Frank Rehme geht noch einen Schritt weiter:
„Viele Innovatoren werden einfach nicht ernstgenommen. Die
bekommen dann ein bisschen Budget, damit sie den gewohnten
Ablauf nicht stören.“ Die Ursachen hierfür liegen oftmals in ei-
ner verneinenden Fehlerkultur, die insbesondere bei deutschen
Konzernen vorherrscht. „Fehler machen“ wird typisch deutsch
stigmatisiert, anstatt daraus zu lernen. Die amerikanische Kon-
zernkultur lebt in dieser Hinsicht etwas anderes vor: Einige der
innovativsten Unternehmen3
, beispielsweise Apple oder Micro-
soft, vergeben sogar Preise und Ehrungen für die besten Ideen,
die gescheitert sind. Was zählt, ist das Lernen aus Fehlern sowie
die Akzeptanz für lösungsorientierte Experimente. Dr. Heinrich
Arnold von den T-Labs brachte in diesem Kontext ein schönes
Beispiel an: „Was unterscheidet einen Innovator von einem Ad-
ministrator? Der Innovator ist einer, der die Veränderung immer
als Möglichkeit (...) sieht und diese immer zum Vorteil nutzen
möchte. Die größten Frustrationen des Innovators sind deswe-
gen die verpassten Chancen. […] Und das ist der Unterschied
zum Administrator. Der hat damit gar kein Problem. Er möchte
keinen Fehler machen und sieht eine Veränderung eher als Be-
drohung des Standardprozesses an […]. Wir brauchen aber die
Grundeinstellung des Innovators bei jedem im Konzern, sodass
jeder ein Stück Self-Leadership übernimmt und Veränderungen
gegenüber offen ist.“
3	 BCG Report: The Most Innovative Companies in https://www.bcgperspectives.
com/Images/Most_Innovative_Companies_2014_Oct_2014_tcm80-174313.
pdf.
23 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
„Je mehr Köche an einem Brei ­kochen,
desto mehr Erfahrung fließt mit ein,
aber das ­Risiko, dass es letztendlich
­keinem ­schmeckt, steigt eben auch.
­Dieses ­Risiko muss man wagen,
denn es ist ­wichtig, dass Innovations­
bemühungen vom Management
mit gewissen Freiheiten ­ausgestattet
­werden, um Fehler und Learnings
­zuzulassen.“
Martin Wintz, ehemaliger Mitarbeiter
im Innovationsmanagement von DHL
Seit unserem Workshop im Januar 2015, der die Initialzündung
für unsere Forschungsidee war, haben wir bereits viele span-
nende Meinungsbilder und Erfahrungen von Innovationsexper-
ten kennengelernt. Wir wollen dieses Wissen nicht nur bün-
deln, sondern weiter anreichern. Deshalb haben wir im August
eine Onlinebefragung mit weiteren Experten und Vordenkern
aus dem Konzernumfeld gestartet. Auf diese Weise forcieren wir
die Generierung signifikanter, wissenschaftlich fundierter Er-
gebnisse hinsichtlich der Auswirkung der Unternehmenskultur
auf die Innovationskraft von Konzernen. Kernziel der Studie ist
die Ableitung von Best Practices und Handlungsempfehlungen,
die zur Förderung einer positiven Innovationskultur beitragen.
Die Veröffentlichung der Studienergebnisse ist für Ende des
Jahres angesetzt. Man darf also weiterhin gespannt sein.
Marc Wagner ist Partner und Global Head Transformation, Peoplemanage-
ment & HR. Er berät nationale und internationale Kunden auf dem Weg der
digitalen Transformation.
Tina Riester ist Business Analyst und leitet seit Beginn 2015 die Studie zum
Thema „Innovationskultur“. Sie berät die Deutsche Telekom zu den Themen
HR-Strategie, Digitalisierung der Arbeitswelt sowie Innovationskultur.
24 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
Spaßbremse
Arbeit?!
Interview mit Tom Oliver, Tom Oliver Group
25 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
Tom Oliver, „the Renaissance Man”, ist Keynote Speaker, Buchautor, Gründer und Musiker. McGraw Hill,
der größte Verlag der USA, nennt ihn einen „Coach für viele der bekanntesten CEOs der Welt“.
Sein Credo ist die Leidenschaft, sein Erfolgsfaktor Fun, seine Inspirationsquelle das Wasser.
Zufriedenheit am ­Arbeitsplatz sieht er in Deutschland als verpönt an – ein wesentlicher Grund für ihn,
warum das deutsche Innovationspotenzial bei weitem nicht ausgeschöpft wird und auch die Effizienz leidet.
Hier diskutiert er über Kreativität, Leadership und die Notwendigkeit der Konzentration auf Stärken.
DMR: Wie definieren Sie persönlich Erfolg und was war bisher Ihr
größter Erfolg?
T. Oliver: In vielen Kulturen, auch in Deutschland, wird Erfolg
viel zu einseitig definiert. Meiner Ansicht nach muss man Erfolg
im Sinne einer 360-Grad-Betrachtung eines Menschen definie-
ren. Wenn es um Erfolg geht, geht es nicht nur um das Gehalt
oder die Position im Unternehmen, sondern um die Frage, wie
es einer Person körperlich und seelisch geht: Bin ich glücklich,
indem was ich mache? Habe ich ein Gleichgewicht zwischen
Freunden, Familie und Beruf? Halte ich mich fit? Bekomme ich
die Interessen untergebracht, die mir jenseits von Arbeit wichtig
sind, die mich aber inspirieren und die zu neuen Durchbrüchen
in meiner Arbeit führen können? Man muss über den Teller-
rand hinaus schauen und die Themen sehen, die einen wirklich
begeistern und motivieren. Ich nenne das „Renaissance-Mensch
werden“. Erst dadurch erhalte ich wieder Inspirationen sowie
„Aha!“-Durchbrüche, die mich in meiner Kernkompetenz und
damit in meinem Job weiterbringen.
DMR: Es geht also um eine ganzheitliche Betrachtung?
T. Oliver: Ja. Sehr gut beobachten kann man das bei Führungs-
kräften, die große Unternehmen aus dem Boden gestampft ha-
ben oder ganze Industriezweige völlig innovativ auf den Kopf
stellen. Sie gelten als Vordenker für alle anderen in diesem Be-
reich und sind Persönlichkeiten, die sich in vielfältiger Weise als
moderne „Renaissance-Menschen“ definiert haben. Steve Jobs
beispielsweise sagte, dass sein Kalligraphie-Kurs an der Uni dazu
geführt hat, dem Mac das ästhetische Design zu geben, das bis
heute die Apple-Kultur so nachhaltig beeinflusst. In Deutsch-
land wird das oft missverstanden – viele hier denken, dass man
durch zu viele Interessen schnell den ­Fokus verlieren kann und
alles ein bisschen, aber nichts richtig macht. Das ist nur bedingt
richtig. Ich kann sehr wohl unterschiedliche Interessen haben,
die sich gleichzeitig alle ideal ergänzen und einfach aus meiner
Persönlichkeit heraus kommen. Dadurch tragen sie auch zum
Erfolg meiner Tätigkeiten bei. Ich selbst bin leidenschaftlicher
Kite-Surfer, für mich ist es wichtig, regelmäßig aufs Wasser zu
gehen. Zu sagen, dass ich dadurch Zeit für meinen Job verliere,
wäre eine Fehlinterpretation, denn ich habe auf dem Wasser die
Art von Intuitionen und Aha-Momenten, die mich, meine Pro-
jekte oder meine unterschiedlichen Geschäftszweige fundamen-
tal nach vorne bringen.
DMR: Das ist ein spannendes Thema, auch vor dem Hintergrund
eines Vergleichs deutscher und amerikanischer Unternehmen.
Wie holt man Begeisterung ins Unternehmen, wie weckt man die
­Kreativität der Mitarbeiter? Was müsste aus Ihrer Sicht getan wer-
den, um diese Inspirationsquellen zu erschließen?
T. Oliver: Beginnen wir mit einer kleinen Anekdote. Der HR-
Chef von PwC fragte mich: Tom, denkst Du, das Google-Phä-
nomen hätte auch in Deutschland passieren können? ­Meine
Antwort lautete: Nein, weil deutsche Unternehmen immer
noch denken, dass Innovationen ein lineares Konzept sind und
dass man Innovationen planen kann. Innovation und Kreativi-
tät sind aber nicht linear. Man muss die Prozesse verstehen, aber
auch die Geheimnisse der Innovationen und der Kreativität –
und, wie weltweit erfolgreiche Unternehmen wie Google und
Apple diese Geheimnisse für sich nutzen. Deutschland muss sich
grundsätzlich davon verabschieden, so zu arbeiten, wie bislang
gearbeitet wurde. Wer jemals in den Headquaters von ­Google
war, wird den Eindruck haben, dass dort gar nicht gearbeitet
wird. Es gibt Schwimmbäder, Massagen, Meditationskurse,
Fitness-Center, Videospiele, Billardtische für die Mitarbeiter.
­Google hat erkannt, dass wir am kreativsten sind, wenn wir in
ein Problem gezielt hineingehen, dann aber unsere Gedanken
von dem Problem wieder entfernen. Innovative Unternehmen
nehmen die 360-Grad-Betrachtung mit ins Unternehmen
­hinein. Sie beschäftigen sich mit der Sinnfrage: Warum bin ich
eigentlich hier? Was mache ich? Diese Unternehmen überlegen,
wie Mitarbeiter zu einem Gleichgewicht zwischen Körper und
Geist kommen. In Deutschland setzen wir das nicht wirklich
um im Unternehmertum. Aus diesem Grund verharren wir oft
in alten traditionellen Verhaltensweisen, schauen bewundernd
nach Amerika und fragen uns, wie machen die das eigentlich?
Ja, sie machen das, indem sie nicht nur intellektuell und theore-
tisch die Sachen angehen, sondern sie in die Unternehmenskul-
tur einfließen lassen und praktisch umsetzen.
26 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
Tom Oliver berät viele Fortune 500 CEOs
und arbeitet mit den bekanntesten Marken der
Welt zusammen – von Johnson & Johnson
über Pepsi bis Google, von der Rockefeller-
Familie über die Familie von Warren Buffet bis
zu Wirtschaftsführern wie Richard Branson.
Basierend auf einem von ihm aus der Taufe
gehobenen Netzwerk gründete Tom Oliver die
World Peace Foundation, die Nobelpreisträger
Desmond Tuto als „das bedeutendste Frie-
densereignis der Geschichte“ bezeichnete. Als
Inspirator für weltweiten sozialen Wandel ge-
lingt es Tom, die unterschiedlichsten ­Gruppen
von Führungspersönlichkeiten aus Politik
und Wirtschaft zusammenzubringen und auf
eine gemeinsame Vision einzustimmen. Er ist
Autor des Bestsellers „Nothing Is Impossible“
und Professor für Innovation und Change
Management, gründete den Global Leader-
ship Circle an der renommierten ­Manchester
­Business School und referiert an vielen
­anderen Business Schools zu den Themen
Innovation, Change ­Management, Leadership,
HR und Future Work. Außerdem ist Tom Oliver
leidenschaftlicher Musiker und Musikpro-
duzent, der mit Stars wie Ricky Martin und
Mariah Carey den roten Teppich bei den World
Music Awards in Monte Carlo teilt.
27 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
DMR: Unserer Ansicht nach gibt es zwei Pole: Auf der einen
­Seite wünscht man sich Freigeister, möchte Mitarbeiter aus dem
gewohnten Trott herausreißen, um auf neue Ideen zu kommen, auf
der anderen Seite müssen wir aber Unternehmen auch möglichst
effizient gestalten. Wie bekommt man dieses Thema in einem Un-
ternehmen ins Gleichgewicht?
T. Oliver: Für mich geht das Hand in Hand. Letzte Woche
saß ich mit dem Vorstandsvorsitzenden einer großen Aktien-
gesellschaft in Deutschland zusammen. Er sagte: Ich habe mir
Top-Leute von Google, Facebook und Microsoft in mein Team
geholt. Nun kommen die alt eingesessenen deutschen Mana-
ger meiner Führungsspitze zu mir und sagen: Mensch, die sind
aber doof. Grund hierfür ist, dass da zwei Unternehmenskul-
turen aufeinanderprallen. Es fehlt das Verständnis für eine fort-
schrittlichere Unternehmenskultur, die viel bessere Resultate
liefert. Für mich sind diese beiden Pole keine entgegengesetzten
Pole, eher wie Brüder, die sich die Hand reichen. Schaut man
sich Google ganz genau an, merkt man, dass die Mitarbeiter
viel mehr als in anderen Unternehmen arbeiten. ­Beispielsweise
auch auf dem Weg nach Hause, denn Google stellt seinen Mit-
arbeitern Busse zum Pendeln zur Verfügung, die natürlich mit
WiFi ausgestattet sind. Google verlangt von seinen Mitarbeitern
nicht, dass sie permanent arbeiten, es ist vielmehr ein fließender
Übergang zwischen Work und Life. Damit schafft es das Unter-
nehmen, die Mitarbeiter ideal für sich zu gewinnen und darüber
­hinaus das kreative Potenzialideal zu fördern, gleichzeitig aber
die Produktivität zu maximieren. Wieso schafft Google das?
Google schafft das, weil das Unternehmen seine Mitarbeiter
ständig in das Problem hinein- und dann wieder herausführt.
Durch das Hinein- und Herausführen entstehen Durch­brüche
und Inspirationen. Im Endeffekt ist es ein Konzept, das in
Deutschland schon fast verpönt ist: die Zufriedenheit am Ar-
beitsplatz.
DMR: Spaß an der Arbeit wirkt also auch auf die Effizienz?
T. Oliver: Aber sicher! Der CEO Tony Hsieh von Zappos Shoes
hat sein Unternehmen auf der Maxime gegründet, dass das Un-
ternehmen kein Advertising braucht, sondern Mitarbeiter, die
mit dem, was sie tun, glücklich sind. Wenn man dieses Konzept
einer deutschen Führungsspitze vorlegt, lachen die einen aus.
Dieses Konzept hat aber dazu geführt, dass Zappos nicht nur
bei den Mitarbeitern, sondern auch bei den Kunden ­äußerst be-
liebt ist. Die Außenwirkung ist blendend und könnte mit keiner
ausgeklügelten Marketingstrategie erreicht werden – schon gar
nicht mit der Effizienz. Hier sehen wir ein Aufbrechen von al-
ten Unternehmensstrukturen, Unternehmensphilosophien und
Führungsspielen. Vor allem in Deutschland müssen wir uns öff-
nen und von der harten preußischen, linearen Kultur wegkom-
men. Deutschland hat ein fantastisches Potenzial. Wir können
die Flexibilität und das kalifornische Freidenkertum mit den
gesunden deutschen Maßstäben der Disziplin und Effizienz
kombinieren.
DMR: Also sollten wir quasi das Beste aus beiden Welten kombi-
nieren?
T. Oliver: Definitiv. Aber ich würde das nicht als Gegensätze
definieren, vielmehr gehen beide Ansätze fließend ineinander
über. Wie man an dem Beispiel von Google gesehen hat, stei-
gern Freiheit und Spaß automatisch Effizienz und Produktivi-
tät. Das Problem liegt ja gerade in der sehr deutschen Ansicht,
dass das getrennte Bereiche sind. Und da reicht es nicht aus, ein
bisschen auf Silicon Valley zu machen und sich einen Billard-
tisch hinzustellen. Das Topmanagement muss verstehen, wie es
funktioniert, und es top-down leben.
DMR: Das führt uns zur Bedeutung von Leadership in diesem
Kontext. Was zeichnet einen erfolgreichen Leader in diesem hoch­
dynamischen Umfeld aus?
T. Oliver: Mit Jochen Zeitz, CEO von Puma, habe ich mich
darüber unterhalten, wie er die besten Leute für sein Unter-
nehmen gewinnt. Jochen meinte, dass er ganz stark nach dem
Prinzip geht, ob es ihm Spaß macht, mit der Person zusam-
men zu arbeiten. Mit Richard Branson hatte ich ein ähnliches
Gespräch, er würde immer diejenigen an die Spitze seines Un-
ternehmens setzen, die ein „Ball of Fun“ sind. Diese Konzepte
sind leider vielen Führungskräften in Deutschland völlig fremd.
Hier passt die deutsche Bierwerbung, die einen Menschen zeigt,
der hart schuftet und sich am Ende des Tages zurücklehnt, eine
Flasche Bier öffnet und dann wird der Spruch eingeblendet: Erst
die Arbeit und dann das Vergnügen. Offensichtlich ist es in der
deutschen Mentalität verankert, dass Arbeit kein Vergnügen
sein kann. Darin zeigt sich der große Unterschied zwischen der
deutschen und der amerikanischen Unternehmenskultur, denn
dort ist Vergnügen gleich Arbeit und Arbeit gleich Vergnügen.
Der Leader an der Spitze muss das verinnerlichen und leben.
Genau aus diesem Grund finden viele Leute Richard Branson
so toll, denn er lebt diesen Fun, er ist 95 Prozent Fun und 5
Prozent harter Geschäftsmann. Und das nimmt man ihm ab.
Der Spaßfaktor ist sehr wichtig in der Zusammenarbeit, aber
auch für das Thema Leadership, für die Personen, die an der
Spitze stehen und führen.
Ein weiterer Faktor ist die Sinnfrage. Nicht umsonst rangiert
Google in den letzten Jahren konsequent auf Platz 1 der Unter-
nehmen, in denen die besten Hochschulabsolventen am ­liebsten
arbeiten möchten. Google beantwortet die Sinnfrage ideal. Die
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Google-Gründer haben ein 10-Punkte-Konzept erstellt, das
Credo von Google. Sie haben ein Mission Statement erstellt,
das in ein, zwei Sätzen so klar formuliert ist, dass sich jeder da-
mit identifizieren kann. Das zieht die Leute zu Google. Noch
ein Beispiel: Apple stellt beim Launch der neuen Produkte nicht
gut aussehende Models auf die Bühne, sondern Sir Jonathan
Ive, den Head Designer von Apple, in einem weißen T-Shirt
vor einem weißen Hintergrund. Warum? Weil Sir Jonathan Ive
über das neue Apple-Produkt spricht, als sei ein Kind geboren!
Der Kunde merkt durch die Leidenschaft, die Authentizität und
die Emotionen von Sir Jonathan Ive, dass er das Produkt liebt
und absolut überzeugt ist davon – und genau das begeistert den
Endkonsumenten. Dieses Denken muss in der DNA eines Un-
ternehmens eingebaut und integraler Bestandteil der Führungs-
spitze sein.
DMR: In der deutschen Kultur ist auch die Angst, den Job oder
Status zu verlieren, weit verbreitet. Gibt es da einen internationa-
len Unterschied? Wenn ja, was kann man dagegen tun?
T. Oliver: Angst ist fundamental. In Deutschland wird sich viel
zu viel angepasst, man traut sich kaum, seine Individualität zu
leben. Das betrifft auch den Führungsstil. Es ist die Angst davor,
seiner Intuition zu folgen, selbst wenn man weiß, dass es der
richtige Weg ist. Das sieht man auch an der Mentalitätskrank-
heit: Man darf keine Fehler machen. Schon in der Schulzeit
wird man damit in Deutschland geimpft. Wir haben ja auch
Angst vor Nationalbewusstsein. Erst seit kurzem trauen wir uns,
beim Fußball eine Flagge rauszuhängen. Wir trauen uns auch
nicht, auf uns persönlich stolz zu sein, auf das, was man selbst
ist, zu seinen Abneigungen und Vorlieben zu stehen, aber auch
zu seinen charakterlichen Defekten und Talenten. Talente müs-
sen gelebt werden, man darf nicht versuchen, die Schwächen zu
Stärken zu machen. Denn diese können maximal mittelmäßig
werden. Wenn man aber seine Stärken voll ausspielt, dann kann
man wirklich herausragend werden und ein Vorbild für andere
sein. Und so trauen sich auch viele Menschen und Unterneh-
men nicht, Ideen nach vorne zu bringen – auch nicht, wenn sie
hervorragend sind. Das ist einer der Gründe, warum Richard
Branson in seinem Credo geschrieben hat, dass er möchte, das
Leute Fehler machen. Er ermutigt Leute, mit neuen Ideen nach
vorne zu kommen, auch wenn sie auf den ersten Blick unkon-
ventionell erscheinen. Er weiß genau, dass nur dadurch neue
Pfade beschritten werden.
DMR: Stärkenbasiert unterwegs zu sein bedeutet ja, in Stärken
und Talente zu investieren und Schwächen zuzugeben. Insbeson-
dere im Management finden wir aber diese Gleichartigkeit, da
das Thema Diversity auch nicht konsequent umgesetzt wird. Was
müsste man tun, um daran etwas zu ändern? Ist das Bildungssystem
ein Ansatzpunkt? Wie kann man eine neue Kultur in Deutschland
erzeugen, die Stärken und Schwächen beleuchtet?
T. Oliver: Eines der zentralen Themen ist die ideale Entwick-
lung der eigenen Persönlichkeit, der Umgang mit der Perso-
nal Leadership. Mein Rezept ist ganz einfach: Die Schwächen
vergessen und sich nur auf die Stärken konzentrieren, um sich
dadurch außergewöhnlich zu machen. Schwächen sollte man
durch Menschen ergänzen, die das am besten können, was
man selbst am wenigsten kann. Eine Führungspersönlichkeit
wie Richard Branson hat eine klare Vision formuliert, die be-
schreibt, was er mit seinem Unternehmen erreichen möchte.
Nummer eins ist also, eine klare Vision zu formulieren. Num-
mer zwei ist, sich ausschließlich auf seine Stärken zu konzen-
trieren und sich mit Menschen und Teams zu umgeben, die das
ideal ergänzen. In diesem Moment können die Persönlichkeiten
scheinen und glänzen und sich voll entfalten. Im deutschen Bil-
dungssystem, im deutschen Führungssystem und auch in der
Unternehmenskultur müssen also konsequent Stärken gefördert
werden. Schwächen sollten definiert, aber nicht betont werden.
Jetzt kommen wir zu einem Punkt, den ich auch in meinen
Reden immer wieder thematisiere: Ich halte jeden Menschen
für ein kreatives Genie! Das ist sehr provokant gesagt, aber ich
sage es so, weil ich die absoluten Talente aus den Leuten heraus
kitzeln möchte. Menschen sollten sich über Stärken definieren.
Auch in unserem Bildungssystem wird ja immer auf die Schwä-
chen hingewiesen, und daher versuchen die Menschen, den
Weg der Sicherheit zu gehen, um eben keine Fehler zu machen.
So entstehen aber keine Innovationen! Das Stärken-Schwächen-
Thema ist auch für die Bildung von Teams relevant: Man kann
nur ideale Teams bilden, wenn man die absoluten Top-Stärken
der einzelnen Personen kennt und diese ideal mit anderen zu-
sammenbringt, sodass sich die Stärken und Schwächen optimal
ergänzen. Nur dann entsteht ein optimales Team. Ansonsten
habe ich Teams, die irgendwie zusammen gewürfelt sind und
nicht gut funktionieren, die Folge sind Produktivitätsverlust
und Motivationsverlust.
DMR: Der Aspekt des Lernens ist sehr spannend. Schüler, die Pro-
bleme im Lateinunterricht haben, bekommen direkt zahlreiche
Nachhilfestunden, anstatt sich einfach auf etwas anderes zu kon-
zentrieren. Was kann man in einem Unternehmenskontext tun, um
dem wieder entgegen zu wirken?
T. Oliver: Ich kann ein ganz klares Unternehmenscredo etablie-
ren. Damit meine ich einen Punkteplan, der veranschaulicht,
welchen Prinzipien man folgt. Puma hat damals vier fundamen-
tale Prinzipien eingeführt und jeder im Unternehmen musste
29 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
sich an diesen Prinzipien orientieren. Ein Unternehmen so zu
führen, ist ein sehr radikaler Weg, aber jedes Unternehmen
kann das anwenden. Das Credo muss nur manageable wer-
den, also greifbar, verständlich und sehr eindeutig definiert
sein. Dieser Punkteplan sollte Leute ermutigen, Fehler zu ma-
chen, denn dann erst gehen sie aus sich heraus, machen neue
Dinge und können sich entfalten. Das auf Schwächen basierte
Bildungs- und Erziehungssystem zieht sich wie ein roter Faden
durch ganz Deutschland und ist so allgegenwärtig, dass wir es
gar nicht mehr wahrnehmen. Ein anderes Beispiel ist das Thema
Insolvenz. Richard Branson sagte einmal, dass er kaum einen
herausragenden amerikanischen Unternehmer kennt, der nicht
einmal eine Insolvenz hingelegt hat. Wir haben hier eine grund-
legend andere Denkweise. In Amerika ist es ein Schritt zum
Erfolg, Fehler zu machen. Diese Art von Denke müssen wir in
Deutschland fördern, denn viele fantastische Unternehmen er-
sticken im Keim, da die Leute sich nicht trauen, die Ideen auf
den Tisch zu bringen. Jemand, der in Deutschland als Unter-
nehmer eine Insolvenz hingelegt hat, wird verpönt. Insolvenz
ist nichts anderes als ein markanter, sichtbarer, gegenwärtiger
Fehler einer Führungspersönlichkeit. Wir müssen Fehler kom-
plett anders definieren.
DMR: Welche Rolle spielt Leadership an dieser Stelle?
T. Oliver: Leadership spielt eine fundamentale Rolle, denn das
Management muss es sich nicht nur auf die eigene, sondern
auch auf die Flagge des Unternehmens schreiben. Und dann
leben. In Deutschland sagen wir zwar oft, dass wir für etwas
stehen, aber in der Praxis stehen wir nicht wirklich dafür. Wir
machen die Dinge genauso weiter wie immer und verlassen
nicht den eingetretenen Pfad, denn wir haben Angst, Fehler zu
machen. Wir haben nicht den Mut, unkonventionelle Pfade zu
beschreiten.
DMR: Walk the Talk als ganz wesentlicher Punkt?
T. Oliver: Walk the Talk und auch zu verstehen, wovon man
redet. Ich hatte ein Gespräch mit einem Vorstand einer großen
Aktiengesellschaft in Deutschland, der mir sagte, dass er neue
Unternehmen im Ausland aufgekauft hat und ihm das ganze
Management weggelaufen ist. Das Management ist weggelau-
fen, weil überhaupt kein Verständnis für die unterschiedlichen
Unternehmenskulturen da war. Die Unternehmen wurden le-
diglich eingekauft, ohne die verschiedenen Unternehmenskul-
turen zu integrieren. Die Fähigkeit zur Selbstanalyse ist hier fun-
damental wichtig. Das bringt mich zu einem Satz, der mich sehr
beeindruckt hat: Als Sony auf seinem Höhepunkt war, sagte der
ehemalige Sony-Chef, dass sie jetzt vorsichtig sein müssen. Sony
sollte in sich hinein schauen und sich fragen, was man besser
machen kann, sehen, was nicht funktioniert, offen für Fehler
und neue Wege sein, auch wenn von außen betrachtet alles
wunderbar funktioniert.
DMR: Wir sind mit dem Thema Innovation und Kreativität ein-
gestiegen. Können Sie sich noch an einen Moment erinnern, in dem
Sie eine wirklich neue und kreative Idee hatten?
T. Oliver: Ich bin ja auch Musikproduzent und die Musik ist
ein fantastisches Beispiel für Kreativität und Innovation. In der
Musik schafft man ständig Inspirationen aus dem Nichts. Lio-
nel Richie hat dieses Phänomen mal das unsichtbare Radio ge-
nannt: Wir hören die Musik und wissen nicht woher sie kommt.
Letztes Jahr hatte ich die Ehre, zu den World Music Awards in
Monaco eingeladen zu werden. Wenn man mit anderen Künst-
lern zusammensitzt, ist diese Inspiration, die scheinbar aus dem
Nichts kommt, immer wieder das zentrale, faszinierende The-
ma. Auf diese Inspiration kann man sich vorbereiten, man kann
sie programmieren und herbeiführen, aber man kann sie nicht
erzwingen. Man kann ein ideales Umfeld schaffen. Das erinnert
mich an die Popgruppe Abba. Was viele Leute nicht wissen ist,
dass die meisten Hits der Gruppe Abba von nur einem Mitglied
der Gruppe geschrieben wurden. Er hatte immer die gleiche
Routine und nannte es „vor der Höhle sitzen und auf den Dra-
chen warten“. Er saß jeden Tag mehr oder weniger zur gleichen
Zeit im Studio und hat sich auf die Inspirationen vorbereitet. Er
hatte sein Werkzeug, also sein Keyboard, dabei und war bereit.
Die meisten Tage kam der Drache nicht aus der Höhle, aber
an den Tagen, an denen er kam, war er bereit, den Drachen
zu töten. Das war für ihn die Metapher, auf Inspirationen zu
warten. Zurück zur Frage: Wenn ich im Studio sitze und an
neuen Songs schreibe, kommen die Songs aus dem unsichtbaren
Radio. Dann formen sich die Akkorde auf dem Piano, der Text
kommt von den Lippen, die Hände bewegen sich fast von selbst
und der Song kommt von alleine. Ich habe die richtigen Rah-
menbedingungen geschaffen – der Rest passiert von alleine.
DMR: Das war ein tolles Schlusswort.
Das Interview führten Marc Wagner und Verena Vinke.
30 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
	 ine der aufsehenerregendsten Fusionen der letzten 20 Jahre
war der Zusammenschluss von Daimler und Chrysler. Im Jahr
1998 hatte Daimler den US-amerikanischen Autobauer für 36
Milliarden Dollar gekauft, um ihn nur neun Jahre später für
letztlich eine Milliarde Euro wieder zu verkaufen. Die Ursache
für dieses Minusgeschäft liegt zu großen Teilen in der Inkom-
patibilität der Unternehmenskulturen, die dazu führten, dass
mögliche Synergien nicht gehoben wurden.1
Unternehmenskultur beeinflusst Unternehmenserfolg
Diese missglückte Fusion ist nur ein Beispiel unter vielen, das
zeigt, wie wertvoll der sorgfältige Umgang mit der eigenen Un-
ternehmenskultur ist. Mehrere Studien belegen, dass diese nicht
nur bei einem Zusammenschluss zweier Unternehmen mitbe-
stimmend ist, sondern bei einer korrekten Abstimmung mit den
strategischen Unternehmenszielen den monetären Erfolg eines
Unternehmens signifikant beeinflussen kann.2
Darüber hinaus
ist sie, gespiegelt im jeweiligen Arbeitsklima, der entscheidende
Faktor im War for Talents. Die Studien besagen auch, dass nach-
haltiger Erfolg nur durch eine Steigerung der Innovationsfähig-
E
Unternehmenskultur
Das Mehr an
Möglichkeiten und Ideen
Unternehmenskultur ist wichtig. Oft wird sie allerdings nicht als wichtig genug
erachtet. Mit dem Detecon Cultural Assessment Model kann man das Phänomen
„Unternehmenskultur“ strukturiert angehen – auch auf dezentraler Ebene.
keit zu gewährleisten ist und dass die passende Unternehmens-
kultur hier als Innovationsinkubator fungiert.
Natürlich birgt die Evaluierung der eigenen Unternehmenskul-
tur unter anderem auch das „Risiko“, kritische Themen oder
sogar ernsthafte Probleme aufzudecken, die dann kommuniziert
werden wollen und für die im Optimalfall Maßnahmen aufge-
setzt werden, um eine sichtliche Besserung zu erzielen. Es stellt
sich nur die Frage, ob man das wirklich will!? Oder erzeugt es
mehr Unmut und Aufruhr unter den Mitarbeitern, als einem
Management lieb ist?
So hoch ansetzen muss man gar nicht. Da die Kultur durch
einen jeden Mitarbeiter geschaffen wird, reichen bereits Initia­
tiven auf Teamebene, um die Kultur maßgeblich zu beeinflus-
sen. Diese dezentrale Vorgehensweise kann von vergleichbarem
Erfolg gekrönt sein wie ein zentral gestaltetes Maßnahmen­
paket. Wie viele positive Reaktionen man durch kleine Signale
des Interesses und durch Transparenz allein auslösen kann, ist
ein Punkt, der häufig völlig unterschätzt wird, sich nach unseren
Erfahrungen aber deutlich in der Unternehmensperformance
widerspiegelt. Wenn man dezentral durchgeführte Initiativen
und Umfragen unternehmensweit bündeln und tracken würde,
wären diese Ergebnisse schon sehr viel Wert.
1	https://hbr.org/2007/05/why-the-daimlerchrysler-merger/.
2	 Vgl. Journal of Psychology 2010; Vol. 218(4), S. 234–242.
31 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
Detecon Cultural Assessment Model analysiert Status Quo
Unternehmen müssen sich Missständen bewusst werden. ­Daher
ist es aus Detecon-Sicht notwendig, die Problemursachen zu
identifizieren und gezielt zu bekämpfen. Das Detecon Cul-
tural Assessment Modell stellt eine detaillierte Aufgliederung
von Kulturelementen dar, die dabei hilft, den Status Quo ­einer
Unternehmenskultur im Team oder gar in der ­Organisation
zu analysieren. Vom Management entwickelte Strukturen wie
Monitoring-Systeme, Organisationsstruktur, Ziel- und Ver-
gütungssysteme und Führungsstil beeinflussen hierbei die
­zwischenmenschlichen Beziehungen der Organisationsmit-
glieder und schlagen sich in einer unternehmensspezifischen
Kultur nieder. Diese wiederum beeinflusst die Struktur. Wenn
man sich nicht aktiv um die Unternehmenskultur kümmert,
kann dies zu unerwünschten Auswirkungen auf den Unterneh-
menserfolg führen.
Hier gilt es, frühzeitig einzugreifen und positive Entwicklungen
zu fördern. Ein strukturiertes Modell kann dabei helfen, heraus-
zufinden, an welchen Stellen man „schrauben” müsste, um die
größten Schmerzpunkte aufzulösen. Hierauf sollte das Manage-
ment sich im nächsten Schritt comitten.
Im Detecon Cultural Assessment Modell werden zuerst die
Aufbau- und Ablauforganisation hinterfragt, dann die Rituale,
Routinen und Symbo sowie letztendlich der Aufbau der Macht-
stuktur, Teamatmosphäre bis hin zum individuellen Com-
mitment. Die als „soft” kategorisierten Problempunkte, zum
Beispiel Leadership Style oder Knowledge Sharing, sind also
in den meisten Fällen immer hart verdrahtet mit strukturellen
Gründen und können mit konkreten Maßnahmen angegangen
werden. Die positiven Auswirkungen der Investitionen, die hier
anfallen, sind den Preis allerdings wert.
Innovationsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft
durch Partizipation
Solche Maßnahmen für identifizierte Problemfelder können
durchaus auch einen partizipativen Charakter haben. Detecon
selbst hat die Einbindung der Mitarbeiter in die aktive Gestal-
tung der Unternehmenskultur verprobt und Erfolge damit er-
zielt. Diesem Vorgehen zugrunde liegt das Verständnis, dass eine
Kultur ohne Mitarbeiter nicht exisitiert. Schafft man also eine
Plattform, auf der sich Mitarbeiter konstruktiv austoben und
neue Ideen und Vorschläge entwicken können, schafft man das
Aktivitätslevel sowie die persönliche emotionale Einbindung
der Mitarbeiter, die man für eine gesunde Identifizierung mit
dem Unternehmen benötigt. Erst dann lässt sich die Leistung
des Gesamtunternehmens steigern.
Peter Gere ist Consultant und unterstützt seine Klienten bei strategischen HR-
und HR-IT-Themen in internationalen Rolloutprojekten. Sein Fokus liegt auf
Kommunikation, Change Management und Unternehmenskultur.
Elena Rabbow ist Consultant und berät Kunden in Organisations- und Prozess­
themen mit dem Schwerpunkt HR, Transformation und Integral Business.
Vielen Dank an Christoph Hauk, Masterand bei Detecon, für die Mitarbeit an
diesem Artikel.
3	 Bennett, Parks, Struggling to innovate? Examine your structure, systems, and
­culture. Business Horizons, 2015.
4	 McDermott, O’Connor, Peters, Rice, Veryzer, Radical innovation: How mature
companies can outsmart upstarts. Boston: Harvard Business School Press, 2000.
5,6	HIGGINS, McALLASTER, Want innovation? Then use cultural artifacts that
support it. Organizational Dynamics, 31(1), 2002, S. 74-84.
Implizit fördert dies auch die Innovationsfähigkeit und die Ver-
änderungsbereitschaft, was für die Zukunft ein unabdingbares
Kriterium eines jeden nachhaltig erfolgreichen Unternehmens
ist.
Wie kann man Innovationskraft
also sonst noch fördern und Talente binden?
1.	 Fehler müssen als Chance begriffen werden, nicht als
		 Versagen
		 a	 Zeit für Innovationen einräumen, ausreichend
			 Ressourcen freigeben3
		 b.	Führungskräfte müssen Ideen fördern, Freiheiten
			 geben und die Entwicklung trotzdem begleiten4
2.	 Kulturelle Symbole an die gewünschte Kultur
		 anpassen: Informeller Austausch über Teams
		 hinweg muss baulich unterstützt werden5
3.	 Recrutierung der passenden Köpfe zur gewünschten
		 Unternehmenskultur
4.	 Zielsysteme auf Kollaboration hin auslegen
		 (Teambonus, Innovationsbonus)6
Die Kultur eines jeden Unternehmens ist äußerst relevant für
den nachhaltigen Erfolg. Dies scheint plausibel und doch nicht
die ganze Wahrheit zu sein. Funktioniert es auch ohne genaues
Hinsehen zu gut, als dass man sich wirklich regelmäßig darum
kümmern müsste? Oder reicht der Erfolg allein aus, um eine
positive und produktive Kultur aufrecht zu erhalten? Oder
wird die Zufriedenheit der Mitarbeiter einfach nicht ernst ge-
nug genommen, solange der Umsatz noch stimmt? Die Wett-
bewerbssituation auf dem Markt wird es zwangsläufig zeigen.
Fest steht jedoch: Das Mehr an Möglichkeiten und Ideen, das
eine stimmige Unternehmenskultur bietet, sollte voll und ganz
ausgeschöpft werden. Wer nicht weiß, wo er anfangen soll, der
fragt seine Mitarbeiter und Kollegen…
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DMR TRANSFORMATION & PEOPLEMANAGEMENT

  • 1. DeteconManagementReportdmr•SpecialTransformation&Peoplemanagement2/2015 Detecon Management Report 2/2015 dmr Transformation & Peoplemanagement Special Interviews mit Thomas Sattelberger Wir können zwar effizient, aber nicht innovativ Prof. Thomas Edig, VW AG HR ist ein starker Partner Dietmar Welslau, Deutsche Telekom AG Future Work verantworten wir gemeinsam Thorsten Unger, GAME e.V. Spieltrieb motiviert digitales Lernen Frank Kohl-Boas, Google Data beats Opinion – bei Google zählt das bessere Argument Uwe Tigges, RWE AG Flexibel auf individuelle Lebenskonzepte eingehen Detecon ist die Heimat für Beraterinnen und Berater, die über den Tellerrand hinausschauen. Tunnelblick oder gar Karriere-Egoismus helfen nicht, den digitalen Wandel für alle Industrie- und Dienstleistungssektoren global zu gestalten. Unsere Kultur gibt Freiheiten, Möglichkeiten und auch Zeit, sich voll zu entfalten und ein echter Detecon- Consultant zu werden. Das gilt für die Arbeit an allen Firmenstandorten weltweit, genauso wie für das Leben zu Hause. Neugierig? Wir freuen uns auf Deine Bewerbung. www.detecon.de Wanted: Digital Minds www.detecon.com
  • 2. Liebe Leserinnen und Leser, wir bewegen uns in exponentiellen Zeiten. Brynjolfsson und McAfee, die Autoren von „The 2nd Maschine Age“, nennen es in Analogie zur Geschichte um den Erfinder des Schachbretts „die ­zweite Hälfte des Schachbrettes“. Sie erklären damit die technologische Bedeutung des Moore’schen ­Gesetzes, nach dem sich die Rechenleistung eines Computers alle 18 Monate ver- doppelt. Im Zuge dieser ­rasanten Entwicklung gibt es tatsächlich nahezu kein Produkt mehr, in das nicht ein Chip oder moderne ICT-Technologie einfließt – vom „analogen Dollar“ zum „digitalen Penny“. Gleichzeitig erobern Innovationen und Geschäftsmodelle dank der Netz­ effekte immer schneller neue Märkte. Die Innovationsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich laufend neu zu erfinden und ­bestehende Technologien intelligent zu neuen Produkten zu kombinieren, dabei schneller zu sein als alle anderen, wird überlebensnotwendig. Auf in die „winner takes it all ­society“! Unternehmen benötigen die besten Talente und ein auf maximale Geschwindigkeit ausgelegtes Umfeld – andernfalls droht der Abfall in die Bedeutungslosigkeit. Aus Start-up-Sicht mag dies eine zu bewältigende Herausforderung darstellen. Doch was bedeutet diese Anforderung für „die alten Tanker“ und Großkonzerne, die auf „Legacy-Strukturen“ beru- hen und so gar nicht innovativ scheinen, sondern bisher eher dem Trend nach kompromissloser Effizienzsteigerung gefolgt sind? Wir suchen nach Möglichkeiten, wie es auch ihnen gelingen kann, das Kreativitätspotenzial der eigenen Mitarbeiter im Wettbewerb zu nutzen, und unter­ suchen, welche Rolle die HR-Funktion in diesem Umfeld spielen kann und muss. In gewohnter Form beziehen wir nicht nur selbst Stellung, sondern lassen hochkarätige Experten und Topmanager von ihren Erfahrungen berichten und diskutieren mit ihnen Fragen wie: > Fehlt uns in Deutschland die Fähigkeit zur Basisinnovation und werden wir dadurch mittelfristig abgehängt? > Was sind die Ingredienzen einer erfolgreichen und nachhaltigen Innovationskultur und wie komme ich dort hin? > Wie sieht ein geeignetes Arbeitsumfeld – Stichwort Future Work – aus? > Wie nutze ich Gamification- und Serious-Gaming-Ansätze, um dem Anspruch auf „lebenslanges Lernen“ endlich gerecht werden zu können? > Welche Leadership-Skills sind für nachhaltige Innovationen erforderlich und was können wir hier beispielsweise von den USA lernen? > Wie sollte sich zukünftig der HR-Bereich aufstellen, um Strategie und Innovationen zu unterstützen? Begeben Sie sich gemeinsam mit uns auf eine spannende Reise rund um ICT, Innovation und die Bedeutung des Faktors „Mensch“! Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und viele praktische Impulse für die digitale Transformation Ihres Unternehmens. Ihr Marc Wagner Partner Global Head Transformation, Peoplemanagement & HR Transformation = Peoplemanagement 1 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
  • 3. 2 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 Inhalt Herausgeber: Detecon International GmbH Sternengasse 14-16 50676 Köln www.detecon.com DMR@detecon.com Aufsichtsrat: Thilo Kusch (Vorsitz) Geschäftsführung: Francis Deprez (Vorsitz) Dr. Jens Nebendahl Handelsregister: Amtsgericht Köln HRB 76144 Sitz der Gesellschaft: Köln Druck: Druckerei Chmielorz GmbH Ostring 13 65205 Wiesbaden-Nordenstadt Fotos: Fotolia iStockphoto Impressum: Detecon Innovationsradar 10 Hypothesen zur Innovation 4 Interview mit Thomas Sattelberger Wir können zwar effizient, aber nicht innovativ 8 Innovationskultur Einmal Innovation mit viel Potenzial – 18 aber bitte effizient & rentabel! Interview mit Tom Oliver, Tom Oliver Group Spaßbremse Arbeit?! 24 Unternehmenskultur Das Mehr an Möglichkeiten und Ideen 30 Interview mit Jürgen Bock, Otto Group Eine starke Unternehmenskultur ist wie ein Immunsystem 32 Corporate Social Responsibility Nachhaltigkeit@British Telecom 38 Interview mit Uwe Tigges, Personalvorstand RWE Flexibel auf individuelle Lebenskonzepte eingehen 42 Interview mit Dietmar Welslau, Deutsche Telekom AG Future Work verantworten wir gemeinsam 48 Interview mit Daniel Eckmann, Detecon International GmbH Leadership ist losgelöst von der Hierarchie 54 Tranformation im Konzern Die Konzern-Guerilla 58 Interview mit Dr. Thymian Bussemer, VW AG Ver.di und Silicon Valley sind kein unauflösbarer Widerspruch 62 Interview mit Georg Pepping, T-Systems International GmbH Die Peripherie um’s Kerngeschäft im Auge behalten 66
  • 4. 3 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 Digitale Transformation im HR-Management Are you ready for the digital world? 72 Interview mit Prof. Thomas Edig, VW AG HR ist ein starker Partner 76 Effiziente HR-Prozesse Pooling oder Automatisierung? 80 Interview mit Dr. Claus Peter Schründer, Deutsche Telekom AG Standardisierung und Intelligenz sind in Zukunft gefragt 84 Digitales HR-Management Chancen und Herausforderungen für eine neue 90 Generation HR-Managementsysteme ITIL trifft Cloud Reality Check für den Betrieb einer HR-Cloud-Lösung 94 HR-IT-Architektur Blaupause für die HR-IT-Architektur 98 Interview mit Frank Kohl-Boas, Google Data beats Opinion – bei Google zählt das bessere Argument 102 Interkulturelle Führung Der erste Eindruck ist entscheidend 108 Interview mit Thorsten Unger, GAME Bundesverband der deutschen Games-Branche e.V. Spieltrieb motiviert digitales Lernen 112 Implementierung eines integrierten Skill- und Ressourcenmanagement Tools Agiles und konventionelles Projektmanagement 120 erfolgreich kombiniert Smart Sourcing Wie Unternehmen an gesuchte Skills gelangen und 124 zukunftsfähig bleiben
  • 5. 4 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 Innovativität kann an jeder Stelle eines ­Unternehmens beginnen. Unsere 10 Hypothesen zeigen, dass ­ Querdenken, Mut zu Zukunftsvisionen und eine ­ Portion Dreistigkeit die Zutaten für ein Rezept zur ­Transformation ganzer Branchen sind. Detecon Innovationsradar 10 Hypothesen zur Innovation
  • 6. 5 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 Tut mir leid, aber an Innovationen führt kein Weg mehr vorbei – falls das überhaupt je der Fall gewesen sein sollte. In Zeiten, in denen Start- ups nicht nur mit alteingesessenen Unternehmen konkurrieren, son- dern ganze Märkte aufmischen, ist Innovation der einzige Ansatz für nachhaltigen Erfolg. Wir brauchen Prozess­innovationen genauso wie Service- oder Produkt­innovationen. Aber vor allem brauchen wir Innova- tionen in den Bereichen Führung und Unternehmenskultur. In Deutschland sind wir äußerst vorsichtig, wenn es darum geht, neue Dinge herauszubringen, von denen wir glauben, dass „die Zeit dafür noch nicht wirklich reif sei“. Während wir noch überlegen, was man an einer Erfindung verbessern könnte, legen Unternehmen in anderen Ländern einfach los und schauen, wie die Märkte reagieren. Falls es Schwach- stellen gibt, die korrigiert werden sollten, können Sie immer noch mit einer Version 2.0 aufwarten. Und wenn Sie dann noch die Außenwelt in den Prozess einbinden, kann es gut sein, dass Sie bereits ein paar Kunden gewonnen haben! Misserfolg wird immer als Gegenteil von Erfolg wahrgenommen. Viel- leicht ist unser Schullernsystem daran schuld. Fakt ist aber, dass diese Auffassung in den meisten Unternehmen vorherrscht. Doch viele Beispiele – das Herausra- gendste ist sicher die Entwicklung der Post-it-Aufkleber – zeigen: Der Misserfolg ist einfach nur der erste Schritt zum Erfolg. Google stellt sogar die Behauptung auf, dass das Unternehmen nicht ausreichend innovativ und kreativ ist, wenn die Misserfolgsquote zu niedrig ist. Natürlich ist nicht der Misserfolg selbst das Entscheidende, sondern die damit signalisierte Bereitschaft, etwas Neues zu probieren. Und ohne Ausprobieren gibt es keine Innovation. So einfach ist das. Große Unternehmen haben im Vergleich zu Start-ups und kleinen Unternehmen mehr Schwierigkeiten, wenn es darum geht, innovativ zu sein. Schnelle Entscheidungen und die Möglichkeit, für ein paar Wochen einfach etwas Neues auszuprobieren, scheitern in der Regel an Verwaltungs­ prozessen und hierarchischen Strukturen. Andererseits aber verfügen diese Unternehmen über die Stabilität, Misserfolge auszugleichen, und über die Ressourcen, Innovationen viel leichter als Start-ups zu entwickeln. Der Fokus auf die Cash Cows ist für große Unternehmen sicherlich wichtig, aber sie sollten mehr Ressourcen für das Forschen bereitstellen und diese beiden Bereiche trennen. Denn den Forschern könnte es gelingen, die Cash Cow der Zukunft zu entwickeln. 1.INNOVATEORDIE 2. JUST DO IT 3.DON’TBEAFRAIDOFFAILURE 4.BEAMBIDEXTROUS
  • 7. Viele Unternehmer im Silicon Valley sind „Goodwill CEOs“, die im großen Stil planen und nicht nur das eigent- liche Produkt im Blick haben, sondern es als Schritt in Richtung eines großen Ganzen betrachten. Beispiele sind Elon Musk und seine Träume von der E-Mobilität (Tesla), Mark Zuckerberg mit seiner Vision einer vernetzten Welt und den Internetzugang für jeder- mann (internet.org) sowie viele andere, die nicht nur an einem Produkt arbeiten, sondern an weltverändernden Ideen. Wenn man eine Vision hat, die weit über das jeweilige Produkt oder den Service hinausgeht, kann man zum Beispiel über die konkrete Herstellung eines Automo- bils hinausdenken und Zukunftskonzepte für die Mobilität von morgen entwickeln. Das Planen im großen Stil ermöglicht es, die Komfortzone zu verlassen und Neuland zu betreten. Damit betreten wir den Bereich der Innovation. Viele junge Mitarbeiter, die gerade ihr Studium beendet haben und am Anfang ihrer beruflichen Karriere stehen, haben viele Ideen und sind an sinnstiftender Arbeit interessiert. Sie sind voller Energie und Änderungsdrang und räumen ihren Jobs große Priorität ein. Diese Einstellung verflüchtigt sich häufig während des ersten Jahres, nachdem sie Bekanntschaft mit einer strikten Hierarchie, Befehlen und Kontrollen gemacht und festgestellt ­haben, dass sie nicht als potenzielle Inno- vatoren wahrgenommen werden. Aber statt Talente zu vernichten und junge Mitarbeiter in Ihrem Unter- nehmen zu enttäuschen, sollten Sie sie fördern und ernst nehmen. Denn was sie brauchen, ist nicht viel: Keine teuren ­Firmenwagen, sondern nur eine Plattform, auf der sie ihre Kreativität ausleben können und die ihnen das Gefühl vermittelt, ernst genommen zu werden. Das kann doch nicht so schwer sein. Wissen Sie, wann hierar- chische Kontrolle innerhalb der Corporate Governance eine gute Idee war? Im Industriezeitalter! Doch mit dem Ende dieser Ära hat die Fähigkeit der Märkte, uns zu überraschen, enorm zuge- nommen. Die Beschaffung marktgerechter Produkte und Dienstleistungen sowie eine sehr gute Kenntnis über die Bedürfnisse des Kunden haben sich in puncto Markt- erfolg zu den leistungs- stärksten Tools entwickelt. Mittleres Management, Micromanagement und Zentralisierung behindern die Selbstorganisation ebenso wie agile Strukturen, die in einer Welt, in der sich dyna- mische Änderungen voll- ziehen, unverzichtbar sind. Lassen Sie anhand von Mehr- wert und Marktüberlegenheit ermitteln, wer die Führung hat, auch wenn der Aufstieg – wie in der traditionellen Wirtschaft üblich – nicht über die Karriereleiter erfolgt. Möglicherweise ist das ein Ansatz, der Vielfalt in die Rie- ge der Führungskräfte bringt und damit unterschiedliche Denkweisen fördert. Danke, dass Sie es gemerkt haben: Diese Aussage stammt von Clayton M. Christensen, der behauptet, dass ein Unter- nehmen, das einmal sehr inno- vativ und erfolgreich war, nie wieder erfolgreich sein wird. Etablierte und bedeutende Unternehmen in Deutschland ruhen sich meistens erst einmal auf ihren Lorbeeren aus. „Wir haben das Automobil erfunden“ beschert Ihnen allerdings keinen dauerhaften Erfolg, wenn andere Unternehmen, die das Automobil nicht erfunden haben, Sie auf Ihrem Fachgebiet übertreffen. Innovativ zu sein, erinnert an einen Seiltänzer, der vom Seil fällt, wenn er sich nicht dauerhaft um die Balance bemüht. Verfallen Sie nie dem Glauben, an der Spitze zu sein, sondern nutzen Sie dieses Erfolgsgefühl dazu, sich noch mehr anzustrengen. Nur mit kontinuier- licher Arbeit schaffen Sie es, dem Dilemma der Innovatoren zu entgehen. 5. CHANGE THE WORLD 7. THE THING ABOUT HIERARCHY 6. DON’T KILL THE INNOVA- TIVE SPIRIT 8. THE INNOVATORS DILEMMA 6 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
  • 8. Jedes Unternehmen verfügt über eine Menge an Wissen und Kreativität. Aber auch Kunden, Enthusiasten, Exper- ten und Kreative wissen viel über Ihre Produkte oder Dienstleistungen. Interne und externe Transparenz sind zwei ­Dinge, vor denen sich viele Unternehmen fürchten. „Gestern gab es noch eine Wand mit Tesla-Patenten in der Lob- by unserer Unternehmenszentrale in Palo Alto. Doch das war gestern, inzwischen sind sie abgenommen. Im Geiste der Open-Source-Bewegung wurden die Patente aufgegeben, um die Elektroautotechnologie zu fördern“, sagt Elon Musk über Teslas Model S, dass das erste Open-Source-Auto von Teslas wird. Das ist sicherlich ein extremes Bei- spiel. Wir beobachten jedoch, dass in vielen Unternehmen noch nicht einmal das interne Wissen mit den Mitarbei- tern geteilt wird. Wer sagt, dass dem Ingenieur, der in der F&E-Abteilung arbeitet, eine bahnbrechende Innovation einfällt? Auf diese Idee kann eine ganz andere Person kommen, an die Sie nie gedacht hätten. 9. DON’T BE AFRAID OF TRANSPARENCY Auch wenn viele Faktoren die Innovativität eines Unternehmens beeinflussen, ist die Unternehmenskultur laut der Forschung* bei Weitem der größte Treiber für Innovation. Es wurde ebenfalls festgestellt, dass die geografische Kultur oder die Branche, in der das Unternehmen angesiedelt oder tätig ist, nur eine untergeordnete Rolle spielen. Unterneh- men, die innovativ sind, verfügen im Kern über eine sehr ähnliche Unternehmenskultur. Natürlich ist eine bestehende Unternehmenskultur nicht im Schnelldurchgang in eine innovativere umzuwandeln, weil dies ein langfristiger Entwick- lungsprozess ist. Die gute Nachricht ist, dass mit jeder Entscheidung vom Leadership Development zum Portfolio- Management, vom Mitarbeiter zum Topmanager, jeder einen Beitrag leistet und sich jede einzelne Entscheidung auf die Unternehmenskultur auswirkt. Es gibt also viele Ausgangspunkte innerhalb eines Unternehmens. Fangen Sie klein an, aber fangen Sie auf jeden Fall an. * Gerard J. Tellis, Jaideep C. Prabhu, & Rajesh K. Chandy, 2009. 10. ITS ALL ABOUT THE CULTURE (FOR REAL ) Auch wenn diese 10 Hypothesen zur Innovation inhaltlich locker und eher ober- flächlich formuliert sind, gilt das auf keinen Fall für die Thematik. Große Unter- nehmen aus dem Silicon Valley sind begierig darauf, neue Märkte zu erobern, die auf den ersten Blick nichts mit ihrem Kerngeschäft zu tun haben. Stärke und Er- folg dieser Unternehmen basieren nicht nur auf ihrem Geschäftsmodell und dem Cashflow, sondern in erster Linie auf ihrer Unternehmenskultur. Wir haben das Detecon Innovationsradar (DIR) entwickelt, um die Innovativität eines Teams, einer Abteilung oder eines ganzen Unternehmens zu messen. Damit unterstützen wir unsere Kunden auf dem Weg in die Zukunft: Wir helfen dabei, einen individuellen Weg zu finden und unterstützen die transformativen Bemü- hungen unserer Kunden, damit sie eine Innovationskultur etablieren können und in ihrem Geschäftsbereich sowie darüber hinaus weiterhin führend bleiben. So – what is it going to be? Change Die 7 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 Marc Wagner, Partner, und Elisa Voggenberger, Business Analyst, beraten Unternehmen zum Themenkreis Transformation & Peoplemanagement.
  • 9. 8 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 Interview mit Thomas Sattelberger „Wir können zwar effizient, aber nicht innovativ“ Thomas Sattelberger ist einer der weltweit profiliertesten Personalmanger. Wir hatten Gelegen- heit, mit ihm über die Zukunft der Deutschen Wirtschaft, die Auswirkung von Globalisierung und Digitalisierung auf Unternehmen sowie die Rolle, die der Personalbereich in diesem veränderten Kontext spielen sollte, zu diskutieren.
  • 10. 9 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 trächtigkeit deutscher Firmen. Was also muss passieren? Ich glaube, viele Unternehmenslenker haben die Entwicklungen er- kannt, sie jonglieren schon elegant mit Phrasen wie „disruptiver Wandel“ und „Transformation“ des eigenen Unternehmens. Sie haben aber nicht verstanden, dass unser Problem nicht die Er- kenntnis ist und die rationale Vermittlung eben dieser, sondern der kulturelle Bruch mit tradierten Mustern. Erlauben Sie mir eine Randbemerkung: Die Erosion der Personalfunktion oder ihre Unfähigkeit, Kulturtransformation mit zu begleiten, spielt dem natürlich voll in die Hände. DMR: Welche Rolle kann HR spielen, damit dem Predigen ­konkrete Aktivitäten in Richtung wettbewerbsfähige Unterneh- mensgestaltung folgen? T. Sattelberger: Ich glaube, dass zuerst der Schmerz der Krise kommen muss, bis etwas geschieht. Erfolgsverwöhnte Unter- nehmen haben – auch wenn der Erfolg viele Jahre zurückliegt – diese Erfolgsverwöhntheit immer noch fest in ihrer Kultur verankert. Bis man realisiert „Wir sind nicht mehr erfolgreich“ tobt draußen schon ein Orkan und erst dann merkt die Or- ganisation, da stimmt etwas nicht mehr. Ich glaube, dass viele unserer erfolgsverwöhnten Großtanker, die mit Erfolg doch eher im letzten Jahrhundert verwöhnt wurden, heute durch eine ganz schwere Zeit fahren. „Sense of Urgency“-Initiativen, Quer-Denker-Schutz, Fehlertoleranz innerhalb moralischer Maßstäbe, Aufbrechen von Seilschaften und Seilschaftsdenke, Frühwarnradar für Talent und Innovation, Diversity-Politik ­wären einige präventive Maßnahmen. DMR: Handlungsbedarf besteht also jetzt, da einigen Branchen diese Krise ja noch bevorsteht? T. Sattelberger: Veränderungsimpulse kommen drastisch an. Rasches Handeln ist angesagt, am besten in der Blüte des Erfolgs! Laut einer Roland Berger Studie im Auftrag des BDI bescheinigen sich fast 70 Prozent der befragten 300 deutschen Industrieunter- nehmen geringe bis mäßige digitale Reife. Deutsche Unterneh- men sind überwiegend mittelständisch und die Studie zeigt, dass sich 45 Prozent der Unternehmen noch gar nicht mit der Digitali- sierung auseinander gesetzt haben! Und diejenigen Unternehmen, die auf dem Gebiet der Digitalisierung handeln, tun dies leider überwiegend mit dem Fokus auf Effizienz und Kosten, entwickeln jedoch keine neuen Geschäftsmodelle. Insofern ist die Herausfor- derung für den Mittelstand eine noch viel größere. DMR: Wie lautet der Ausweg und von wem kann man ent- sprechend lernen? Wir haben den kulturellen Hintergrund eines ­asiatischen und amerikanischen Raums, die beide auf ihre Weise anders sind als Deutschland. Gibt es eine Chance, etwas auf die deutsche Wirtschaft zu übertragen? DMR: Herr Sattelberger, wenn Sie über die Einordnung Deutsch- lands sprechen, benutzen Sie oft den Begriff der „Sandwich Posi- tion“ zwischen chinesischem Maschinenhaus und Digital House USA. Was meinen Sie damit, insbesondere wenn es um die Zu- kunftsfähigkeit von Deutschland im internationalen Kontext geht? T. Sattelberger: Ich bin sprachlich bildhaft und radikal. Eine acatech spricht in ihrem Schlussbericht zum Thema „Smart Ser- vices“ davon, dass es bedrohliche Entwicklungen der digitalen Abkoppelung Deutschlands gibt und der Präsident des VDMA sagt dem Sinne nach: Der deutsche Maschinenbau ist zuneh- mend zu hochpreisig und overengineered. Das drückt genau mein Bild aus: Das Maschinenhaus China, das schnell gelernt hat und jetzt die Märkte Afrikas und zum Teil Südamerikas bedient, holt uns ein, und das eben nicht im overengineerten hochpreisigen Segment, sondern im Volumensegment. ­China ist ja inzwischen Exportweltmeister im Maschinenbau und man braucht nur zuzusehen, wie sich das Land ins Premium- segment hinein entwickelt. Die Strategie dahinter sieht man an der Bandbreite an Firmen des deutschen Mittelstands, die die Chinesen akquiriert haben: von einer Firma Putzmeister, die Betonpumpen produziert, bis zur Firma Triumph-Adler, einem Nähmaschinen-Hersteller. Wir hier in Deutschland sind eben- falls ein Maschinenhaus, denn wir haben uns ja vom Thema Biotech und Informationstechnologie weitgehend verabschie- det und unsere Firmen haben das Thema Smart Services nie be- herrscht: Die Amazons, Airbnbs, Spotifys und Googles beherr- schen das Feld. Das ist eine ungemütliche Sandwich Position. Die Soziologie würde das als Pfadabhängigkeit bezeichnen, da man sich hier auf alten erfolgsverwöhnten Bahnen bewegt und in diesen übersieht, dass es noch andere Pfade nach links und rechts gibt, die dann andere gehen, und irgendwann feststellt: Man ist im lock-in. DMR: Wir hatten auf dem deutschen Kapitalmarkt durchaus die Situation, in puncto Aktienkurse einen Rekord nach dem ande- ren zu verzeichnen. Eigentlich kommt man sich da in einer ganz komfortablen Position vor. Was muss passieren, damit gerade Groß- konzerne das Thema Innovation und Kreativität wieder in den Mittelpunkt stellen? T. Satteberger: Die Börsenerfolge sind ja nicht dem gelisteten Unternehmen zuzurechnen. Das hat eindeutig mit den Niedrig- zinsen und dem Fall des Euros zu tun, auch mit dem niedrigeren Ölpreis. Hier kommen also volkswirtschaftliche Faktoren ins Spiel, nicht betriebswirtschaftliche. Anders herum: Wenn man sich die Dax 30 Unternehmen anschaut, sieht man, dass ­mindestens zehn unter ihnen in einer ernsthaften strukturellen Krise stecken: von der Lufthansa über die RWE, die Deutsche Bank, die E.on, die K&S und so weiter. Insofern ist die Börse meiner Meinung nach kein guter Indikator für die Zukunfts-
  • 11. 10 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 T. Sattelberger: Nach Clayton Christensen ist die Chance für Ozeandampfer relativ gering. Weil einfach die „Great Compa- nies“, die ehemaligen Innovatoren, unfähig werden, sich wieder zu revitalisieren. Demnach müsste das Hauptaugenmerk auf zwei Themen gelegt werden: Erstens, können sich große Kon- zerne frühzeitig dezentralisieren oder aufspalten? Wenn Effi­ zienz und Innovation nicht zu vereinigen sind, ist es dann nicht klug, organisatorisch zu trennen und in kleineren Einheiten un- ternehmerische Handlungs- und Experimentierfelder zu haben? Also auch alt und neu voneinander zu separieren? Zweitens, wie schnell können wir Gründerszenen aufbauen und für disrup- tive, nicht nur Rationalisierungsinnovationen sorgen? DMR: Damit steigen wir in das Thema Innovationskultur ein. Ihre These lautet also: Wir brauchen viel mehr kleine und agile Einheiten, die in der Lage sind, eine Innovationskultur zunächst aufzubauen? T. Sattelberger: Absolut. Meine Erfahrung ist, dass bürokrati- sierte Effizienzorganisationen keine Lust haben, sich mit Neue- rungen abzugeben – Innovation wird vom Immunsystem gera- dezu abgestoßen oder aufgespeist. Man kann solche Einheiten nur „on arm’s length“ führen. Genauso sehe ich das übrigens, wenn es um das Funding und das Andocken an innovative Start-ups geht. Solche Wege sind für mich trotz hoher Miss­ erfolgsquote wichtig, aber da haben wir in Deutschland noch ein zu geringes Wagniskapital und einen zu kurzem Atem. DMR: Ganz provokativ: Ist die Zeit der Großkonzerne damit vor- bei? T. Sattelberger: Nein. Aber sie werden noch kurzzyklischer in der Lebensdauer. Die durchschnittliche Lebensdauer einer For- tune 500 Firma hat sich seit den 60er Jahren des letzen Jahr- hunderts von 75 Jahren auf heute 15 Jahre reduziert. Das sieht im Dax 30 genauso aus. Das heißt erstens, dass der Lebens- zyklus der großen Schlachtschiffe signifikant kürzer wird, und zweitens, dass sie, wenn sie überleben wollen, das eben nicht als große Kolosse tun, wo sozusagen ein Torpedotreffer gleich das ganze Unternehmen versenkt. Da ist man doch besser mit fünf schnellen Kreuzern unterwegs. Große Konzerne sind hochgra- dig volatil. Wir haben bei Conti ganz bewusst Dezentralität ge- fördert, damit eine kranke Geschäftseinheit nicht die andere an- stecken kann. Oder anders ausgedrückt: Damit eine innovative Geschäftseinheit nicht vom Monolithen platt gemacht wird. Diese Bereitschaft zur Dezentralisierung und zur radikalen Auf- gabe des One-Company-Gedanken macht Sinn – zumindest was die Struktur betrifft. DMR: Bei vielen strategischen Initiativen, die wir als Berater in Unternehmen unterstützen, erleben wir Zyklen zwischen Zentrali- sierung und Dezentralisierung. Es schwingt aber immer mit, dass man diesen One-Company-Gedanken kulturell aufrecht halten und eine Identifikation mit dem Unternehmen gewährleisten möchte. Ist das überhaupt möglich in dem Konstrukt, das Sie beschreiben? T. Sattelberger: Ich würde Ihre Aussage hinterfragen. Ich glau- be,Topmanager wollen im Wesentlichen die Kontrolle behalten. Und da ist „One Company“ die beste Form als Fiktion wie als Realität. Zudem zielt die in letzten Jahren dominierende „One Company“-Philosophie überwiegend darauf ab, interne Effizi- enzen zu heben, nicht Innovation zu treiben. Ich glaube, Un- ternehmen müssen heute lernen zu fragen: Was ist der kleinste gemeinsame Nenner, der uns zusammenhält? Nicht der größte gemeinsame Nenner, sondern der kleinste gemeinsame Nen- ner. Das stärkt dezentrales Unternehmertum und beschränkt Zentralisierung auf ganz wenige Themen die das Unternehmen ­finanziell, kulturell und markenpolitisch zusammen halten. Wir kommen eben in eine Wirtschaftsphase, in der es vorteilhafter ist, wenn unabhängigere Einheiten im Wind des Marktes so- zusagen nicht nur ihr effizientes Überleben trainieren, sondern innovativ werden. Gerne als Konföderation unter einem Kon- zerndach. DMR: Ist das Thema Kontrolle nur auf deutsche Topmanager zu beziehen? Sind uns China und die USA auch in dieser Hinsicht voraus? T. Sattelberger: Dazu gibt es keine Empirie. Ich vermute, China hat überwiegend Maschinenhausführer und die USA ist wohl eher gespalten. Aus der Roland-Berger-Studie „Akademiker im Chefsessel“ wissen wir zumindest, dass nur vier Prozent aller Dax 30 Vorstände unternehmerische Erfahrung hat. Das ist sehr erhellend und bestätigt, dass angestellte Manager eher risiko­ avers sind und sich auf das Managen mit Zielen und Kontrolle konzentrieren. DMR: Woher kommt es, dass so wenig Risikobereitschaft und Un- ternehmergeist, auch im Sinne von Weitblick, vorhanden ist? T. Sattelberger: Wir entwickeln böse gesagt schon im Hoch- schulsystem eine Diktatur mechanistisch ausgebildeter Öko- nome und Ingenieure. Beide sind getrimmt, Zukunft beherrsch- bar und planbar zu machen. Die einen müssen eine Maschine konstruieren, die anderen müssen eine Maschine managen. Was ist Ursache, und was ist Wirkung? Ich beobachte zudem, dass das deutsche Hochschulsystem insbesondere auf technischen Gebieten in einem deutlich größeren Umfang als in England, USA und Skandinavien an die Interessen seiner sogenannten Nachfrager angelehnt ist, und das ist die Wirtschaft. Das ist ein „circulus vitiosus“, dass die Hochschule das forscht und ausbil- det, was die Wirtschaft formuliert. Es ist eine wechselseitige
  • 12. 11 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 Befruchtung im Tunnel. Unsere Konzentration aus Juristen, Ökonomen und Ingenieuren im Management, im Vorstand und im Aufsichtsrat findet man übrigens in vielen anderen Län- dern nicht. DMR: In der Automobilindustrie ist das ja noch dominanter mit den vielen Kaufleuten und Ingenieuren… T. Sattelberger: Genau. Es fehlt beispielsweise an Naturwissen- schaftlern, Informatikern und Sozialwissenschaftlern. Schaut man sich die Aufsichtsräte und Vorstände an, sieht man, was ich liebevoll „homosoziale Reproduktion“ nenne: Ähnliches sucht Ähnliches. Schmidt sucht Schmidtchen. DMR: Sie haben in einem Interview gesagt, dass wir mehr Rebellen in der Chefetage brauchen. Im Konzern Deutsche Telekom gibt es einen: John Legere aus den USA. Er hat es geschafft, ein Unterneh- men, das quasi am Boden lag, komplett zu drehen. Wie schafft man Unternehmensstrukturen, die solche Lebensläufe fördern? T. Sattelberger: Erstens war John Legere weit weg. Man konnte ihm nicht so einfach im Nacken sitzen. Gewährte, erzwungene oder vorhandene lange Leine ist ein erstes Stichwort. Zweitens war dieses Geschäft in einer so hoffnungslosen Lage, dass man bereit war, über den eigenen Schatten zu springen. Normaler- weise kommt man erst gar nicht auf so individuelle und anders- artige Charaktere, weil man bei solchen Jobs eher glaubt, Leute zu brauchen, denen man schon immer vertraut hat. Das ist ein ganz kritisches Thema. Es gilt, die Rekrutierungs- und Beförde- rungmuster zu brechen. Drittens, man könnte Unternehmer- biotope fördern in dezentralisierten, unternehmerischen, frei- heitsliebenden Einheiten. DMR: Stichwort Loyalität. Eigentlich wird das Thema Seilschaf- ten doch vor allem den Asiaten zugeschrieben. Trotzdem kriegen wir keine erfolgreichen Topmanagement-Teams aufgestellt. T. Sattelberger: Der Begriff Loyalität ist eine reine Fik­tion, weil ein Führer gar nicht alle so bedienen kann, dass sie loyal sind. Und damit kommt es zum Verrat, so wie Brutus Caesar erdolch- te. Außerdem ist der Begriff Loyalität ein Gegner von Differenz oder Unterschied und damit von der Frage: Wie mache ich es anders? Das bedeutet nämlich Irritation und Auseinanderset- zung. Loyalität duldet keinen Konflikt. Der Loyale weiß genau, wo die Grenze ist. Meiner Meinung nach muss man sich vom Loyalitätsdenken trennen. Der klassische deutsche Manager meint immer, das Deckelchen muss aufs Töpfchen passen – also möglichst viel Affinität und Chemie aus der Vergangenheit für die Bewältigung von Herausforderungen, die man heute und morgen hat. Nein, Streitkultur und kreative Unterschiedlichkeit sind nötig. DMR: Damit kommen wir noch einmal auf die Rolle von HR. Wer anders als HR kann eigentlich in dieser Situation für den ­Regelungsprozess sorgen, um „andere“ Manager in ein Unterneh- men zu holen. Welche Rolle also kann HR da einnehmen? T. Sattelberger: Nur wenige Vorstände oder Vorstandsvorsitzen- de interessieren und kümmern sich, wie sich der Talentstrom zusammensetzt, der ganz unten ins Unternehmen hineinströmt. Ich kann natürlich durch die Diversität des Talentstroms – und da meine ich nicht die klassischen Diversity-Dimensionen, son- dern konformes und unkonventionelles Denken – schon eine notwendige, aber noch nicht hinreichende Bedingung schaffen. Ich muss mit der traditionellen Logik brechen, dass beispielswei- se Soziologen und Philosophen in einem Unternehmen nichts zu suchen haben. Oder dass Studienabrecher – wie ich übri- gens – nicht tauglich sind. Oder dass Leute, die sich mit einer eloquenten Präsentation schwer tun, keine Führungsqualitäten haben. Man muss sich von all diesen Schablonen lösen. Und ich weiß schließlich, wovon ich rede: Ich habe in meinem ehema- ligen Telekom-Rekrutierungsbereich das Thema der „krummen ­Lebensläufe“ angepackt. Als ich auf Widerstand stieß, habe ich gefragt: „Habt ihr eine Geschäftsordnung? Dann schreib‘ ich als Prinzip hinein, dass krumme Lebensläufe akzeptiert und ge- schätzt werden müssen.“ Wie sich das für Bürokratien gehört, muss das natürlich irgendwo hinterlegt sein. [lacht] Der nächste Punkt ist dann aber: Wie schützt man Talent davor, dass es in den ersten 100 Tagen nicht alles verlernt, was es vorher konnte? Damit meine ich das, was man Indoktrinationsprozesse einer Organisation nennt. Auf der einen Seite müssen Menschen na- türlich lernen, wie man sich in einem Unternehmen bewegt und welche Regeln und Sitten gelten. Auf der anderen Seite müssen sie aber ihre Individualität beibehalten. Ich habe unsere dama- lige Nachwuchsinitiative Start-up bei der Deutschen Telekom immer mit dieser ersten Frage begrüßt: Habt ihr genug Freiheit? Das heißt, wir brauchen ein Talentmanagement, das Schutzräu- me bietet für Querdenken, quasi einen Club der toten Dichter. DMR: Wie kann das aussehen, insbesondere in einer ­Kultur, in der jeder Freiraum einer Effizienzinitiative zum Opfer fällt? T. Sattelberger: Ich habe damals verboten, den Begriff „Trainee- programm“ zu verwenden, denn das ist ein besseres Lehrlings- programm mit Geländern gegen das Runterfallen. Die Frage für neue freie Talente ist doch eher: Habe ich einen freiheitsverteidi- genden Machtpromotor? Für junge Talente, die Anders­artigkeit in ein Unternehmen bringen sollen, braucht man ­einen Macht- promotor, der diese Freiräume verteidigt. Sonst kann man es sein lassen! DMR: Meinen Sie Möglichkeiten zum Experimentieren und Aus- probieren?
  • 13. 12 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 Thomas Sattelberger ist deutscher Topmanager. Nach vorherigen Vorstandspositionen bei der Continental AG und der Lufthansa Passage war er von 2007 bis 2012 Personalvorstand der Deutschen Telekom. Sattelberger hat sich als Verfechter des Diversity Managements profiliert, initiierte die 30-Prozent-Frauenquote für Führungspositionen bei der Telekom und kritisiert geschlossene Systeme in Konzernen und Gesellschaft. Er gilt als Vordenker zur Zukunft der Arbeit und beschäftigt sich intensiv mit neuen Architekturen der Arbeit, Chancenfairness und klonender Homogenisierung der Arbeitswelt.
  • 14. 13 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 T. Sattelberger: Ja, genau. Das muss niemand aus dem Vorstand sein, das kann auch der Controlling-Chef eines Geschäftsfelds sein. Wenn man das alte Modell des Dualismus von Sach- und Machtpromotoren bei Innovationen hernimmt und Innova­ tionen nicht nur als Produkte sieht, sondern als Menschen, dann fragt man sich: Wo sind die Machtpromotoren für Inno- vationspotenziale im Menschen? DMR:Wie können institutionell Freiräume geschaffen werden, um zu vermeiden, dass Leute glattgeschliffen werden, die als Talent in die Organisation kommen? T. Sattelberger: Ich bin ein überzeugter Verfechter von Hierar- chiearmut. Man muss sich die Frage stellen, wie viele Hierar- chien in einer Organisation überhaupt nötig sind? Hierarchiear- mut heißt aber auch, dass Führungskräfte so viele Leute führen müssen, dass sie diese gar nicht mehr kontrollieren können. DMR: Das Thema Hierarchie versus Netzwerk wird momentan stark diskutiert. Wie etabliert man Hierarchiearmut? T. Sattelberger: Bei Gründungen ist das einfacher zu lösen als bei etablierten Organisationen: Mit Sicherheit nicht nur über Hierarchieabbau – aber ohne Hierarchieabbau geht es eben auch nicht. Letztlich muss ich eine horizontale Netzwerkorgani- sation oder -methodik wie SCRUM oder Design Thinking über die alte Organisation legen. Das heißt, ich muss die klassische Hierarchie richtig aushungern. Damit schaffe ich die Vorausset- zungen, um die Hierarchie kriegsentscheidend zu schwächen. Eine Art reale Parallelwelt der Kooperation. DMR: Wie macht man das? Schafft man Titel ab? T. Sattelberger: Das ist nicht ausreichend. Das wäre nur wichtige Symbolik. Der Erfolg horizontaler, agiler Kollaborationsformen ermöglicht die radikale Herausnahme von Hierarchieebenen ohne Kompromisse. Das kann schlussendlich nur der Vorstand. Und ich muss Leitungsspannen so breit auslegen, sodass man nicht mehr jeden kontrollieren kann. Die Schnellboot-Analogie auf die individuelle Ebene übertragen. DMR: De facto bedeutet das doch, dass wir neue Führungsfähig- keiten brauchen, richtig? T. Sattelberger: Genau. Klassisches Management heißt, sicher- stellen, dass kaskadierte Ziele erreicht werden durch rot, grün, gelbe Ampeln. Dass man jederzeit berichtsfähig ist nach oben. Und dass selbst der ganz oben über das kleinste Detail Bescheid wissen muss. Das kann ich im Grunde nur erreichen, wenn man ganz geringe Leitungsspannen hat, sozusagen ein Modell von Führung, das da heißt: Ich bin der beste Sachbearbeiter. Klassisches Micro-Management. Ich bin übrigens hier auch ein Sünder gewesen. Im Beurteilungsbogen bei Google, mittels des- sen Mitarbeiter ihre Führungskräfte beurteilen, gibt es einige prominente Merkmale: Eines heißt „He/She does not micro- manage into my business“, das zweite heißt „He/She keeps micro-management away from our unit“ und dann kommen ein paar weitere, die sich fokussieren auf das Thema „He/She is coaching me for my personal and professional development“. Das heißt übersetzt: Die Führungskraft schafft den Rahmen und den Schutzwall, damit begabte Menschen nicht gestört werden. In Gesprächen mit Google-Mitarbeitern habe ich er- fahren, warum Coaching so wichtig ist – sie sagten mir: „Wir haben so viele Nerds, die ständig Gesprächsbedarf an Themen wie persönlicher und beruflicher Weiterentwicklung haben.“ Damit kommt wieder das originär in die Führungsrolle, was wir an Duzende von externen Beratern in jeder Firma outgesourced haben: das Thema Coaching. DMR: Coaching als zentrale Führungsaufgabe? T. Sattelberger: Ja. Da könnte ich melancholisch werden. Ich habe 1991 einen Artikel geschrieben, als das Thema externes Coaching zum ersten Mal aufkam. Sinngemäß stand da drin, dass das Aufkommen externer Coaches die Führungsaufgabe ihres Sinnes entraubt und entkleidet. DMR: Betrifft Ihre Aussage das Thema Beratung generell? Ist es nicht das gleiche, wenn ich eine Beratung brauche, um meine Stra- tegie zu formulieren, wie wenn ich als Führungskraft einen exter- nen Coach brauche, damit meine Mitarbeiter motiviert sind und vernünftig laufen? T. Sattelberger: Ja, natürlich ist das das Gleiche. Ich habe, von einer Ausnahme abgesehen, nie einen Prozess- oder Strategie- berater engagiert. Diese Ausnahme war die qualitative Personal- planung bei der Deutschen Telekom. Alles andere halte ich für das Outsourcing von Intellekt an andere. Und für eine Kastra­ tion der Gehirne von intelligenten Führungsleuten. DMR: Dann könnte man also fast sagen, dass die Beraterdurch- dringung in Unternehmen letztlich anzeigt, wie wenig das Top­ management in der Lage ist, das Geschäft selbst zu managen. T. Sattelberger: Ja. Mein damaliger Vorstandsvorsitzender bei Conti Manfred Wennemer beispielsweise hat Berater nur aus Höflichkeit empfangen und keinen einzigen engagiert. Die Vorstände mussten selbst denken. Es gab auch keine Stäbe. Es spricht aber nichts dagegen, interne Kreativ- und Projektma- nagementkapazitäten zu nutzen. Und dann müssen Querdenker
  • 15. 14 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 selektiv das System konfrontieren dürfen, damit man nicht im eigenen Saft stecken bleibt. Denn jede Problemlösung führt ja zu neuen Problemen. DMR: Wie kann man der Entwicklung von HR entgegenwirken, als Supportfunktion zu verkommen? Insbesondere in einer Zeit, in der Menschen als Asset eine wichtige Rolle spielen? T. Sattelberger: Die Personalfunktion steht aus meiner Sicht an einem wirklichen Scheideweg, der historischer Tiefpunkt oder Chance werden kann. Die Personalfunktion hat sich über die letzten zehn Jahre total verändert: neues Produkt, neuer Service, neuer Prozess. Das war nicht dumm, auch wenn es natürlich im Zeitgeist der Effizienzorientierung von Unternehmen stattfand. Aber wir kommen jetzt an den Punkt, an dem erstens durch Effizienzmanagement immer weniger rauszuholen ist und zwei- tens weniger die Effizienz als eher die Effektivität gefragt ist: nicht mehr „höher, schneller, weiter“, sondern „anders“. Damit ist eine historische Chance gegeben, wieder groß zu denken – das Denken in Organisationsdesigns oder in De­signs für Ar- beitswelten. Nicht mehr nur in Produkt, Service und Prozess sowie einer App fürs Recruiting – ich kann es gar nicht mehr hören. Ob danach dann ein großer Schritt kommt, ist eine andere Frage – es können auch viele kleine kommen, aber die Thematik muss groß gedacht werden. Ich habe mir in meiner aktiven Zeit intensiv angeschaut, wie sich Arbeitswelten inno- vativer Unternehmen entwickeln und mir die Frage gestellt: Braucht Innovation 4.0 Arbeitswelt 4.0 oder ist Arbeitswelt 4.0 ein Humus für Innovation 4.0? Sie ist aus meiner Sicht beant- wortet: Es sind Zwillinge. Wir haben 2010 im Personalresort begonnen, so etwas wie Smart Work zu diskutieren. Da werden Sie wahrscheinlich erstaunt sein jetzt... DMR: Absolut. Das ist eines unserer zentralen Themen... T. Sattelberger: 2010 haben wir im Gefolge der Frauenquo- te begonnen, Smart Work zu diskutieren. Zum einen wurde klar, dass eine Frauenquote ohne Smart Work nicht funktio- niert, und zum anderen konnte die Frauenquote sowieso nur Teil eines übergreifenden Ansatzes sein, der da heißt: Schaffung einer Organisationskultur, die eher divers, kollaborativ und souverän ist. Das ist eine Diskussion, die natürlich nicht die betriebliche Öffentlichkeit erreicht hat, weil sie auch noch sehr unreif war. Aber dieser wechselseitige Zusammenhang ist ein- deutig und von daher ist die historische Chance einer Personal- funktion gewaltig – aber sie kann sie alleine nicht packen, denn da müssen Ingenieure, Informatiker, Arbeitswissenschaftler und Personalleute und die Betroffenen selbst zusammenkommen – das ist eine sehr interdisziplinäre Angelegenheit, diese Arbeits- welten müssen partizipativ geklärt und dann geschaffen werden. Und da könnte HR zeigen, wie nützlich es ist. DMR: Also Smart Work im Sinne von Andersartigkeit und Diver- sität in einem Unternehmen? T. Sattelberger: Das geht noch viel weiter. Das ist nur ein Strang einer smarten Organisation. Ein zweiter Strang hat mit dem Thema Crowd Working und Open Innovation zu tun, mit der Entgrenzung der Organisation – und das ist nicht nur ein Thema von F&E, sondern von allen Funktionen. Eine dritte Dimension betrifft das Thema Macht, Hierarchie und Demo- kratie. Ein vierter Teil dieses Ansatzes hat mit Souveränität zu tun und damit mit der Frage: Habe ich die Freiheit, Ort, Zeit, Kollaborationsform, Stil der Arbeit oder gar ihren Inhalt selbst zu entscheiden? Ein letzter Punkt ist das Gemeinwohl – das ist dann noch einmal eine ganz andere Betrachtung. Bin ich ein autistisches Unternehmenswesen oder bin ich verbunden als Organ eines Körpers mit der mich umgebenden Gesellschaft? Das wären ein paar beispielhafte Dimensionen, die meiner Mei- nung nach wichtig sind. Wir haben schon damals nicht nur dis- kutiert, dass das Thema Frauenquote in das Thema Diversity eingebettet sein muss, sondern auch, dass das Thema Diversity nur eine von mehreren Dimensionen ist, die für Smart Work entscheidend sind. DMR: Und warum sind wir doch nur beim Thema Frauenquote gelandet? T. Sattelberger: Solche Themen werden von denen verantwor- tet, die sie treiben. Wenn sie gehen, wird neu sortiert. Ganz nüchtern. Ich habe mal bei Lufthansa miterlebt, wie mein Nachfolger die gesamte Personalentwicklung den Bach hat run- tergehen lassen. Das ist halt so. Du bist im Grunde ein relatives und vergängliches Wesen. Es gibt keinen linearen Fortschritt in einer Organisation. DMR: Muss man Diversität, wenn man sie im Hinblick auf High- performing Teams nutzen möchte, verordnen? Das Thema Quote für bestimmte Themen betrifft ja nicht nur Frauen, sondern auch Internationalität im Unternehmen. T. Sattelberger: Also, ein frommer Spruch bleibt ein frommer Spruch. Diversität ohne Steuerung derselben ist folgenlos oder zufällig. Ich beziffere als Personaler doch so viel im Unterneh- men mit quantifizierbaren Größen, von Durchlaufzeiten für
  • 16. 15 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 eine Bewerbung bis zu Vergütungsspreizung. Für mich ist das eine ganz normale managerielle Steuerung. Gerne auch mit Internationalität. Übrigens löst sich im Kontext von People Analytics das Thema. Shell setzt heute schon Innovationsteams mittels „social footprints“ zusammen. DMR: Muss auch HR messbarer und greifbarer werden als bisher und sich weniger mit kulturellen und esoterischen Themen beschäf- tigen? T. Sattelberger: Ja und nein. HR muss nachweisen, dass es sich auf dem Territorium „hier und jetzt“ aufhält und sich dort be- währt, aber auch den Nachweis führen, dass es auch Schiffe für eine unbekannte Expedition ausrüsten kann. DMR: Im Moment bezieht sich HR wohl stärker auf die Rolle der Supportfunktion… T. Sattelberger: Ja, aber mit Support, Logistik und Service al- leine hat man noch nie einen Krieg gewonnen. Die Reduktion von Menschen auf „die einen machen die Handarbeit und die anderen machen die Kopfarbeit“ oder die einen machen die Umsetzung und den Service und die anderen die Strategie – das sind ja uralte Modelle. Ich hätte jedes Unternehmen verlassen, in welchem ich nicht das Gefühl gehabt hätte, noch genügend Expeditionen machen zu können. Im Bereich Arbeit gilt ja das Gleiche wie im Forschungs- und Entwicklungsbereich. So, wie die Ingenieure Prüfstände bauen oder die Naturwissenschaftler Labore haben, so müssen auch die Personaler für die Zukunft der Arbeit experimentieren. DMR: Was wäre im Zuge dessen der nächste Schritt für eine HR- Struktur im Unternehmensverbund? T. Sattelberger: Das Zuschneiden von HR auf eine Support- oder Servicefunktion ist kontraproduktiv. Gerade las ich in einer Studie, dass die IT-Avantgarde-Unternehmen herausra- gende HR-Funktionen bauen. Das muss man so hart sagen. Wer sich geistig einzimmern lässt, der hat es auch nicht anders verdient. Im Grunde muss wahrscheinlich auch ein Stück weit personelle Reform gelingen. Also eine Nachwuchsrevolution im HR-Bereich. Wie auch immer man das hinkriegt, dass gute Menschen an Bord kommen, und zwar sowohl Männer als auch Frauen, die zum einen viel zum Thema Arbeitswelt 4.0 und der Transformation des Unternehmens dorthin beitragen können und zum anderen People Analytics beherrschen, denn die HR- Funktion der Zukunft ist auch digital kompetent. DMR: Und das bedeutet schließlich auch, dass dies ein CEO mit unterstützt, oder? T. Sattelberger: Nicht unbedingt. Vor kurzem kam die Per- sonalchefin eines größeren Start-ups zu mir und sagte: „Herr Sattelberger, wir sind jetzt so gewachsen, dass mein CEO und ich Mitarbeitergespräche einführen werden. Wir können das nicht mehr informell auf dem Flur machen. Welche Konzerne führen gute Mitarbeitergesprächs-Trainings durch?“ Da sagte ich: „Hören Sie auf! Der erste Fehler ist bereits, diese Frage zu stellen. Warum holen Sie nicht alle Betroffenen zusammen in ein kleines Laboratorium und lassen sie zwei Tage lang experi- mentieren in wechselnden Rollen.“ Große Konzerne haben das schon alles segmentalisiert. Dort gibt es für Führungskräfte ein Seminar, das „Führen von Mitarbeitergesprächen“ heißt, und wenn die Unternehmen fortschrittlich sind, für Mitarbeiter ein Programm, das „Führen von Gesprächen von unten“ heißt. Und so haben sie die Hierarchie schon „reingestopft“ in die Art und Weise des Lernprozesses. DMR: Also die Revolution von unten? T. Sattelberger: Es gibt viel Forschung zu Innovation in Orga- nisationen. Die meisten dieser Forschungen gehen davon aus: Echte innovative Experimente beginnen an der Peripherie und einzelne Mächtige haben es in der Hand, Strukturen zu schaf- fen, die die Autonomisierung von Einheiten und den Abbau hierarchischer Silos fördern. Aber das tatsächliche Innovieren geschieht eher unten oder an der Peripherie in Unterseebooten, Garagen oder Grauzonen. DMR: Das wäre doch ein schöner Arbeitsauftrag für HR: den Ta- lentstrom, den Sie beschrieben haben, sicherzustellen und den Rah- men zu schaffen, diese Möglichkeiten und Freiräume auch wirklich zu kultivieren. T. Sattelberger: Die Deregulierung von HR-Prozessen ist dazu Voraussetzung. Diese furchtbaren Prozesse, die nur Zeit kon- sumieren und nicht Mehrwert schöpfen! Hays hat eine Un- tersuchung gemacht, nach der 60 Prozent der Geschäftsführer und Personaler denken, Karrieren werden durch strategische Nachfolgeplanung und gutes Talentmanagement gemacht. Führungskräfte und die Basis dagegen sagen, Karrieren werden durch Seilschaften und dem „zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle sein“ gemacht. Es ist eine interessante Frage: Was kann ich ohne Ersatz aussetzen? Die Nachfolgeplanung ist definitiv unnötig. Damit wird nicht gearbeitet. Im Prinzip hät-
  • 17. 16 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 te ich auch das ganze Thema individuelle variable Vergütung abschaffen und durch einen kollektiven Erfolgsbonus ersetzen müssen, um die Manipulation im System zu verhindern. Man hat ja so viele Manipulationen in diesem Target-Management- Prozess gehabt. Aber auch, um solidarisches Denken zu fördern. DMR: Was wäre eine Alternative gewesen? T. Sattelberger: Am Schluss geht es doch nur um ein Ergeb- nis: Man will ein bestimmtes Finanzergebnis erwirtschaften, Mitarbeiter-Commitment haben, Kundenzufriedenheit errei- chen. Und dafür gibt es beispielsweise x Prozent von EBITDA. Diese werden dann auf jeder Ebene in einer bestimmten Logik verteilt. DMR: Aber schon leistungsabhängig? T. Sattelberger: Nicht individuelle, sondern geschäftsspezifische Performance! Was ist denn individuelle Performance heute? Wenn Sie sich die Targets anschauen, die ich mit meinen Direct Reports gemacht habe, dann wurden 2/3 irrelevant, weil andere wichtiger wurden. Kreativität wurde gar nicht honoriert, weil sie kaum quantifizierbar ist. Das waren voluntaristisch raus- gesuchte Effizienzziele. Der Apparat, der für die Messung der Ziele benötigt wurde, und die Entsolidarisierungseffekte, die stattfinden durch individuelles Performance Management – das ist absolut veraltet. Ich würde heute auf solidarisch erzielte Er- gebnisse setzen. Die größte Zerstörung wirtschaftlicher Poten- ziale wird durch schlechte Führung und nicht durch schlechte Leistung erzielt. Ich halte Abteilungsstrukturen, Hierarchien und schlechte Führung für die Schlüsseltreiber von schlechter Performance von Organisationen und Individuen. DMR: Würden Sie sagen, dass es bei Führung primär darum geht, aus Mitarbeitern das Beste rauszuholen, so dass es keine wirkliche Schlechtleistung gibt? T. Sattelberger: Ja, dass man mit den Menschen arbeitet, die man vorfindet und ihnen Potenzial unterstellt. Ich habe mich in 40 Jahren Führungsarbeit von weniger als zehn meiner Füh- rungskräfte getrennt. DMR: Das spricht doch gegen die ganzen Abbauprogramme. Sollte man nicht schauen, dass man aus den zur Verfügung stehenden Menschen das Maximum an Leistung rausholt und nicht, wie man sie aus dem Unternehmen bekommt? T. Sattelberger: Personalüberhänge sind wieder ein anderes ­Thema. Ich war ein großer Freund von Shape HQ und bin überzeugt davon gewesen, dass dieser Moloch radikal ­verkleinert werden musste. Ich kann nicht in einem Konzern flache Hie- rarchien implementieren, wenn ich noch einen riesigen feudal aufgestellten Moloch an der Spitze habe. Ich werde nie verges- sen, wie mein alter Vorstandsvorsitzender von Conti bei Autoliv in Schweden war, die ihre Zentrale im vierten Stock eines Bü- rogebäudes hatten. Das Unternehmen hatte über 50 000 Mit- arbeiter, die Zentrale aber nur ein paar Duzend. Ich habe viel Sympathie für extrem schlanke Steuerungscockpits. DMR: Wir haben noch eine letzte und persönliche Frage an Sie: Wenn Sie zurückblicken auf Ihre doch sehr lange Personalmanager- karriere, worauf sind Sie besonders stolz? Und was lässt sich daraus lernen? T. Sattelberger: Sie müssen bedenken, dass ich fünf Jahre lang operativer Airline-Vorstand war – denn da habe ich erst gelernt, dass die Operativen auch nur mit Wasser kochen. Deswegen ist es mir auch wichtig, dies anzumerken. Vorher bin ich als Personaler mit einer Underdog-Haltung rangegangen. Nicht ge- genüber dem Finanzbereich, denn rechnen können wir ja alle, sondern gegenüber den Geschäftsverantwortlichen. Dann ver- antwortete ich einen riesigen operativen Bereich bei Lufthansa mit fast 35.000 Beschäftigten und merkte, dass dort simples Managen viel wichtiger war als das Thema der Transforma­tion und Innovation – und habe meine Liebe für die HR-Arbeit wie- derentdeckt. Ich fand Personalarbeit immer eine der komplexesten betrieb- lichen Aufgabenstellungen schlechthin, weil sie die nichtbere- chenbare Seite eines Unternehmens widergespiegelt hat. Man kann in Pricing, in der Produktion, hoch berechenbar sein, aber beim System Mensch oder Arbeit kann man immer nur eine Hälfte der Welt berechnen, die andere Hälfte muss man sozu- sagen erforschen. Dass die Personalarbeit auch das Experimen- tieren im sozialen System ist, fand ich immer das Spannendste, ob als junger Mann in der Ausbildung bei Daimler oder als Per- sonalvorstand mit der Frauenquote bei Telekom. Das habe ich nie aufgegeben. Das Interview führten Marc Wagner und Elisa Voggenberger.
  • 18. Künstler haben unsere Themen neu interpretiert und unsere neue Webseite mitgestaltet. Besuchen Sie uns unter: www.detecon.com Transformation@Detecon Wir stehen mit unseren Geschäftsfeldern an einer der spannendsten Baustellen unserer Zeit: Transformationskompetenz ist der kritische Erfolgsfaktor.
  • 19. 18 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 „Einmal Innovation mit viel Potenzial – aber bitte effizient & rentabel!“ Innovationskultur Lassen volatile Märkte, geprägt durch Preisrivalitäten, Industrie 4.0, Effizienz- und Wett- bewerbsdruck, anspruchsvolle (digitale) Kunden und dynamische Produktlebenszyklen, ­überhaupt noch Zeit und Raum für Kreativität, agiles Arbeiten und disruptive Ideen? ­ Dieser Frage sollte man nachgehen, denken wir uns, und starten Anfang 2015 eine ­empirische ­„Best Practice“-Studie zur Innovationskultur von Konzernen.
  • 20. 19 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 D as Silicon Valley ist zu einer Pilgerstätte für verzweifelte Konzernvorstände außerhalb der USA geworden. Auf der Suche nach dem „heiligen Innovationsgral“ werden Stanford, Tesla, Google, Airbnb und weitere Ikonen der digitalen Entwicklung besucht, es wird diskutiert und eifrig Notizen gemacht. Ausgestattet mit frischen und überwältigenden Eindrücken aus dem „Mekka der digitalen Revolution“ geht es dann zu- rück nach Hause, um die Mannschaft mit Slogans wie „Wir müssen innovativer, kreativer und agiler werden“ auf die Spur zu bringen – und dann nach wenigen Monaten festzustellen: Die Euphorie ist verpufft und diverse Agilitäts- und Innova­ tionsinitativen sind in der Lehmschicht aus starren Strukturen, Komplexität und IT Legacy stecken geblieben. „Ideas are cheap, implementation matters“ – dies gilt insbesondere für das Thema Innovationskultur. Vor diesem Hintergrund finden wir uns im Januar 2015 mit einer Managergruppe eines DAX Konzerns in einem Work- shop zusammen, um eine Bestandsaufnahme zum Thema „In- novationskultur“ zu machen. Und los geht’s: „Sind Konzerne überhaupt dafür gemacht, innovativ zu sein?“, „Was sind die kritischen Stellschrauben zur Etablierung einer innovativen Un- ternehmenskultur?“, „Wie ist es um die Nutzung von Kreativi- tätspotenzialen unserer Mitarbeiter bestellt?“ sind Fragen, die wir im Rahmen des Workshops heiß diskutieren. Das Ergebnis: fünf Hypothesen und eine Idee. Die hohe Relevanz und Aktua- lität des Themas bewegt uns dazu, weitere Gespräche und Inter- views mit Managern, Innovationsexperten und HR-Vertretern zu führen, um unsere Hypothesen anzureichern und zu über- prüfen. Hier ein erster Vorgeschmack!
  • 21. 20 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 HYPOTHESE 1: Konzerne sind ­vorrangig auf Effizienz fokussiert und haben ein Immunsystem, das neue Ideen als Bedrohung sieht. Wohl eine der größten Herausforderungen für Konzerne ist die Handhabung des Konflikts zwischen Effizienz- und Innova­ tionsfokus gepaart mit einem Immunsystem, das jede neue Idee zunächst wie eine Störung behandelt. „Innovationshebel wie Freiräume für innovatives Denken, Kreativität oder zufällige Begegnungen werden per se vom System und der Kultur elimi- niert. Alles ‚Andersartige‘, was nicht den Standards entspricht, wird vom Immunsystem abgestoßen.“, so ein Topmanager eines DAX Konzerns. Um innovative Projekte fördern zu können, müssen Strukturen geschaffen werden, die einerseits freies und kreatives Arbeiten an disruptiven Ideen ermöglichen, zeitgleich jedoch Zeit- und Ressourcenverschwendung minimieren. Wie Effizienz von Innovationen gedacht werden sollte, erklärt uns Hans Ehm, Head of Supply Chain Innovations der Infineon Technologies AG: „Innovation ist eine Idee, die sowohl erfolg- reich umgesetzt wurde als auch am Markt erfolgreich ist. Die Effizienz ergibt sich bei uns aus dem strukturierten Prozess: Mit dem InnovationNet schaffen wir zunächst Freiraum, um viele potenziell erfolgreiche Ideen zu entwickeln. Die besten Ideen werden dann in Projekten mit einer klaren zeitlichen Agenda umgesetzt und am Markt mit Erfolg etabliert.“ „Nicht die Menschen sind so, sondern das Unternehmen hat sie so gemacht, wie sie sind.“ Frank Rehme, Entrepreneur, Inkubator und Gründer der gmvteam GmbH HYPOTHESE 2: Konzernen mangelt es bei Innovationsprojekten an Ausdauer und Akzeptanz durch das Management. Konzernen fehlt oftmals der „lange Atem“, wenn es um das ak- tive Vorantreiben von Innovationsprojekten geht. Aufgrund des starren Fokus auf Effizienz und Skalen wird häufig ein kurz­ fristiger Break Even erwartet, obwohl die Effekte von (disrup- tiven) Innovationen meist erst nach mehreren Jahren eintreten. Dies führt zu Demotivation und somit häufig zum Abbruch langfristig profitabler Themen. Wie kann dies verhindert wer- den? Erste Erkenntnisse aus unseren Interviews zeigen: Die Anerkennung innovativer Initiativen durch das Top Manage- ment ist bei der Etablierung einer erfolgreichen Innovations- kultur ein wesentlicher Treiber. Gremien und Entscheidungs- träger müssen sowohl die systematischen Rahmenbedingungen schaffen als auch eine Vorbildfunktion im Einklang mit Visi- on und Unternehmensstrategie einnehmen. Durch Akzeptanz und (finanzielle) Unterstützung innovativer Projekte durch das Management kann das Mitarbeiterengagement in diesem Be- reich enorm erhöht werden. Weiterhin erscheint die Leitung des Innovationsprojektes durch den Ideengeber ein kritischer Erfolgsfaktor zu sein, um Motivation und Ausdauer aufrecht- zuerhalten, weiß Frank Rehme von gmvteam und ehemaliger Head of Innovations bei METRO: „Sie finden keinen, der mehr Herzblut in eine Innovation steckt, als der Ideengeber selbst.“
  • 22. 21 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 HYPOTHESE 3: Isoliert operierende Einheiten verhindern die ­(freiwillige) Formierung interdisziplinärer ­Innovationsteams. Eine erfolgreiche Innovation steht und fällt mit dem „richtigen“ Innovationsteam. Laut Kotter1 ist „die Armee der ­Freiwilligen der Treiber des Wandels“ und somit entscheidend für das ­Vorantreiben innovativer Ideen. Die im Konzern präsent ver- tretene „Silo-Kultur“ führt jedoch oftmals dazu, dass diverse Einheiten mehr oder weniger isoliert an Innovationsprojekten arbeiten und wenig bis kaum (Erfahrungs-)Austausch stattfin- det. Meist bietet das Konzernumfeld nicht ausreichend Raum für zufällige Begegnungen und somit freiwillige Teambildung. Dies resultiert häufig darin, dass Innovationsteams funktions­ basiert durch das Topmanagement zusammengestellt werden. Diese Problematik erkennt auch ein Topmanager eines DAX ­Konzerns: „Oftmals brennen top-down ausgewählte Inno- vatoren nicht genug für ihr Thema. In solchen Fällen ist das Scheitern von Projekten schon vorprogrammiert“. Dabei sind „Energie, Entschlossenheit und echte[r] Enthusiasmus“ zen- trale Attribute eines erfolgreichen Innovationsteams.2 Werden die Heterogenität und „Leidenschaft“ im System erhöht, schafft man die Möglichkeit, klassische Prozesse zu durchbrechen, ein- gefahrene Denkmuster infrage zu stellen und kreativ zu arbeiten. „Der Kern liegt hier in der Persönlichkeit jedes Einzelnen“, weiß Dr. Heinrich Arnold, Global Head of Telekom Innova­tion La- boratories (T-Labs). „Die Führung unserer verschiedenen Kom- petenzteams ist sehr heterogen, das ist das Schöne. Aber jeder Einzelne muss mindestens eine außergewöhnliche Eigenschaft weit über das Standardmaß hinaus besitzen: ­Entweder man weiß fachlich besonders viel oder man ist ein besonders guter Kommunikator oder man ist besonders clever oder ­gewissenhaft oder charismatisch.“ Weitere Erfolgsfaktoren sind Leidenschaft und eine hohe Eigenmotivation, betont Dr. ­Arnold: „Wenn bei einem Projektleiter das Feuer der Begeisterung angeht, dann kann es funktionieren. Derjenige, der an der Spitze einer In- itiative als Treiber steht, muss komplett von seinem Projekt überzeugt sein.“ Dies ist ein entscheidender Aspekt, den auch Frank Rehme, langjähriger Head of Innovations der METRO, erkennt: „Sie finden keinen mit mehr Passion, als den, der die Idee hatte. Eines unserer erfolgreichsten Kundenprojekte basiert komplett auf einer End-to-End-Verantwortung bei der Person, die die Idee hatte.“ 1. Effizienzfokus und zu starkes Immunsystem 2. Mangelnde Akzeptanz und Ausdauer 3. Das „richtige“ Innovationsteam 4. Starre Strukturen und komplexe Entscheidungsprozesse 5. Mangelnder Mut und Selbstvertrauen 1,2 Vgl. Kotter, J.P., Die Kraft der zwei Systeme, in: Harvard Business Manager Spezial, 2015, S. 89. InnovationsblockerbeiKonzernen
  • 23. 22 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 HYPOTHESE 4: Die starre ­Hierarchie- und Gremienlandschaft von Konzernen verhindert, dass­ ­Innovationen rechtzeitig am Markt platziert werden können. Einer der größten Innovationsblocker von Konzernen ist deren komplexe Gremienlandschaft. Starke Hierarchien und kompli- zierte Entscheidungsprozesse resultieren in verpassten Chancen und hemmen die Innovativität, denn „Ideen entstehen immer (...) im Austausch mit Menschen“ und diesen Austausch muss man zulassen, meint Jens Bode, International Foresight und In- novation Manager bei Henkel. „Zudem verhindert die Vielzahl an involvierten Entscheidern oftmals, dass Ideen direkt beim Vorstand platziert werden können und fallen somit unter den Tisch“, bestätigt ein Top Manager eines DAX Konzerns. Ein entscheidender Hebel sei hierbei die Größe des Innovations- teams, weiß Frank Rehme von gmvteam GmbH: „Ziel muss es sein, Teamgrößen zu haben, die um eine Pizza herum passen, denn mit der Größe des Teams und der Anzahl der Entscheider verlängert sich auch die Zeit, bis eine Idee am Markt platziert werden kann.“ In dieser Hinsicht wird auch der klassische Stage- Gate Prozess als „unnötiger Zeitfresser“ in unseren Gesprächen kritisiert, da erfahrungsgemäß die meisten erfolgreichen Inno- vationen den „Filter“ nicht durchlaufen. Viel entscheidender sei das offene Innovieren mit Universitäten und Studenten, For- schungsinstituten, Lieferanten oder Kunden, bestätigt uns Jens Bode: „Wir profitieren nicht nur von unserem internen diversen Team, wir wissen auch um das Talent und die Kreativität von Experten außerhalb des Unternehmens.“ „Ziel muss es sein, Teamgrößen zu haben, die um eine Pizza herum passen, denn mit der Größe des Teams und der Anzahl der Entscheider verlängert sich auch die Zeit, bis eine Idee am Markt platziert werden kann.“ Frank Rehme, Gründer der gmvteam GmbH und ehemaliger Head of Innovations Management, METRO HYPOTHESE 5: Die ­Führungskultur von Konzernen hemmt ­motivierte ­Freidenker, Innova­tionen anzustoßen und langfristig voranzutreiben. Ein weiterer Innovationsblocker bei Konzernen ist oftmals die Führungskultur, die verhindert, dass „innovative Köpfe“ sich trauen, Initiativen anzustoßen und langfristig voranzutreiben. „Führungskräfte werden nicht ausreichend dazu aufgefordert, ihre Komfortzone zu verlassen und geben diese Einstellung deshalb auch an ihre Mitarbeiter weiter“, meint einer unserer befragten Top Manager. „Mangelndes Selbstvertrauen als poten- zieller Treiber verhindert somit, dass Dinge angepackt und um- gesetzt werden.“ Frank Rehme geht noch einen Schritt weiter: „Viele Innovatoren werden einfach nicht ernstgenommen. Die bekommen dann ein bisschen Budget, damit sie den gewohnten Ablauf nicht stören.“ Die Ursachen hierfür liegen oftmals in ei- ner verneinenden Fehlerkultur, die insbesondere bei deutschen Konzernen vorherrscht. „Fehler machen“ wird typisch deutsch stigmatisiert, anstatt daraus zu lernen. Die amerikanische Kon- zernkultur lebt in dieser Hinsicht etwas anderes vor: Einige der innovativsten Unternehmen3 , beispielsweise Apple oder Micro- soft, vergeben sogar Preise und Ehrungen für die besten Ideen, die gescheitert sind. Was zählt, ist das Lernen aus Fehlern sowie die Akzeptanz für lösungsorientierte Experimente. Dr. Heinrich Arnold von den T-Labs brachte in diesem Kontext ein schönes Beispiel an: „Was unterscheidet einen Innovator von einem Ad- ministrator? Der Innovator ist einer, der die Veränderung immer als Möglichkeit (...) sieht und diese immer zum Vorteil nutzen möchte. Die größten Frustrationen des Innovators sind deswe- gen die verpassten Chancen. […] Und das ist der Unterschied zum Administrator. Der hat damit gar kein Problem. Er möchte keinen Fehler machen und sieht eine Veränderung eher als Be- drohung des Standardprozesses an […]. Wir brauchen aber die Grundeinstellung des Innovators bei jedem im Konzern, sodass jeder ein Stück Self-Leadership übernimmt und Veränderungen gegenüber offen ist.“ 3 BCG Report: The Most Innovative Companies in https://www.bcgperspectives. com/Images/Most_Innovative_Companies_2014_Oct_2014_tcm80-174313. pdf.
  • 24. 23 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 „Je mehr Köche an einem Brei ­kochen, desto mehr Erfahrung fließt mit ein, aber das ­Risiko, dass es letztendlich ­keinem ­schmeckt, steigt eben auch. ­Dieses ­Risiko muss man wagen, denn es ist ­wichtig, dass Innovations­ bemühungen vom Management mit gewissen Freiheiten ­ausgestattet ­werden, um Fehler und Learnings ­zuzulassen.“ Martin Wintz, ehemaliger Mitarbeiter im Innovationsmanagement von DHL Seit unserem Workshop im Januar 2015, der die Initialzündung für unsere Forschungsidee war, haben wir bereits viele span- nende Meinungsbilder und Erfahrungen von Innovationsexper- ten kennengelernt. Wir wollen dieses Wissen nicht nur bün- deln, sondern weiter anreichern. Deshalb haben wir im August eine Onlinebefragung mit weiteren Experten und Vordenkern aus dem Konzernumfeld gestartet. Auf diese Weise forcieren wir die Generierung signifikanter, wissenschaftlich fundierter Er- gebnisse hinsichtlich der Auswirkung der Unternehmenskultur auf die Innovationskraft von Konzernen. Kernziel der Studie ist die Ableitung von Best Practices und Handlungsempfehlungen, die zur Förderung einer positiven Innovationskultur beitragen. Die Veröffentlichung der Studienergebnisse ist für Ende des Jahres angesetzt. Man darf also weiterhin gespannt sein. Marc Wagner ist Partner und Global Head Transformation, Peoplemanage- ment & HR. Er berät nationale und internationale Kunden auf dem Weg der digitalen Transformation. Tina Riester ist Business Analyst und leitet seit Beginn 2015 die Studie zum Thema „Innovationskultur“. Sie berät die Deutsche Telekom zu den Themen HR-Strategie, Digitalisierung der Arbeitswelt sowie Innovationskultur.
  • 25. 24 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 Spaßbremse Arbeit?! Interview mit Tom Oliver, Tom Oliver Group
  • 26. 25 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 Tom Oliver, „the Renaissance Man”, ist Keynote Speaker, Buchautor, Gründer und Musiker. McGraw Hill, der größte Verlag der USA, nennt ihn einen „Coach für viele der bekanntesten CEOs der Welt“. Sein Credo ist die Leidenschaft, sein Erfolgsfaktor Fun, seine Inspirationsquelle das Wasser. Zufriedenheit am ­Arbeitsplatz sieht er in Deutschland als verpönt an – ein wesentlicher Grund für ihn, warum das deutsche Innovationspotenzial bei weitem nicht ausgeschöpft wird und auch die Effizienz leidet. Hier diskutiert er über Kreativität, Leadership und die Notwendigkeit der Konzentration auf Stärken. DMR: Wie definieren Sie persönlich Erfolg und was war bisher Ihr größter Erfolg? T. Oliver: In vielen Kulturen, auch in Deutschland, wird Erfolg viel zu einseitig definiert. Meiner Ansicht nach muss man Erfolg im Sinne einer 360-Grad-Betrachtung eines Menschen definie- ren. Wenn es um Erfolg geht, geht es nicht nur um das Gehalt oder die Position im Unternehmen, sondern um die Frage, wie es einer Person körperlich und seelisch geht: Bin ich glücklich, indem was ich mache? Habe ich ein Gleichgewicht zwischen Freunden, Familie und Beruf? Halte ich mich fit? Bekomme ich die Interessen untergebracht, die mir jenseits von Arbeit wichtig sind, die mich aber inspirieren und die zu neuen Durchbrüchen in meiner Arbeit führen können? Man muss über den Teller- rand hinaus schauen und die Themen sehen, die einen wirklich begeistern und motivieren. Ich nenne das „Renaissance-Mensch werden“. Erst dadurch erhalte ich wieder Inspirationen sowie „Aha!“-Durchbrüche, die mich in meiner Kernkompetenz und damit in meinem Job weiterbringen. DMR: Es geht also um eine ganzheitliche Betrachtung? T. Oliver: Ja. Sehr gut beobachten kann man das bei Führungs- kräften, die große Unternehmen aus dem Boden gestampft ha- ben oder ganze Industriezweige völlig innovativ auf den Kopf stellen. Sie gelten als Vordenker für alle anderen in diesem Be- reich und sind Persönlichkeiten, die sich in vielfältiger Weise als moderne „Renaissance-Menschen“ definiert haben. Steve Jobs beispielsweise sagte, dass sein Kalligraphie-Kurs an der Uni dazu geführt hat, dem Mac das ästhetische Design zu geben, das bis heute die Apple-Kultur so nachhaltig beeinflusst. In Deutsch- land wird das oft missverstanden – viele hier denken, dass man durch zu viele Interessen schnell den ­Fokus verlieren kann und alles ein bisschen, aber nichts richtig macht. Das ist nur bedingt richtig. Ich kann sehr wohl unterschiedliche Interessen haben, die sich gleichzeitig alle ideal ergänzen und einfach aus meiner Persönlichkeit heraus kommen. Dadurch tragen sie auch zum Erfolg meiner Tätigkeiten bei. Ich selbst bin leidenschaftlicher Kite-Surfer, für mich ist es wichtig, regelmäßig aufs Wasser zu gehen. Zu sagen, dass ich dadurch Zeit für meinen Job verliere, wäre eine Fehlinterpretation, denn ich habe auf dem Wasser die Art von Intuitionen und Aha-Momenten, die mich, meine Pro- jekte oder meine unterschiedlichen Geschäftszweige fundamen- tal nach vorne bringen. DMR: Das ist ein spannendes Thema, auch vor dem Hintergrund eines Vergleichs deutscher und amerikanischer Unternehmen. Wie holt man Begeisterung ins Unternehmen, wie weckt man die ­Kreativität der Mitarbeiter? Was müsste aus Ihrer Sicht getan wer- den, um diese Inspirationsquellen zu erschließen? T. Oliver: Beginnen wir mit einer kleinen Anekdote. Der HR- Chef von PwC fragte mich: Tom, denkst Du, das Google-Phä- nomen hätte auch in Deutschland passieren können? ­Meine Antwort lautete: Nein, weil deutsche Unternehmen immer noch denken, dass Innovationen ein lineares Konzept sind und dass man Innovationen planen kann. Innovation und Kreativi- tät sind aber nicht linear. Man muss die Prozesse verstehen, aber auch die Geheimnisse der Innovationen und der Kreativität – und, wie weltweit erfolgreiche Unternehmen wie Google und Apple diese Geheimnisse für sich nutzen. Deutschland muss sich grundsätzlich davon verabschieden, so zu arbeiten, wie bislang gearbeitet wurde. Wer jemals in den Headquaters von ­Google war, wird den Eindruck haben, dass dort gar nicht gearbeitet wird. Es gibt Schwimmbäder, Massagen, Meditationskurse, Fitness-Center, Videospiele, Billardtische für die Mitarbeiter. ­Google hat erkannt, dass wir am kreativsten sind, wenn wir in ein Problem gezielt hineingehen, dann aber unsere Gedanken von dem Problem wieder entfernen. Innovative Unternehmen nehmen die 360-Grad-Betrachtung mit ins Unternehmen ­hinein. Sie beschäftigen sich mit der Sinnfrage: Warum bin ich eigentlich hier? Was mache ich? Diese Unternehmen überlegen, wie Mitarbeiter zu einem Gleichgewicht zwischen Körper und Geist kommen. In Deutschland setzen wir das nicht wirklich um im Unternehmertum. Aus diesem Grund verharren wir oft in alten traditionellen Verhaltensweisen, schauen bewundernd nach Amerika und fragen uns, wie machen die das eigentlich? Ja, sie machen das, indem sie nicht nur intellektuell und theore- tisch die Sachen angehen, sondern sie in die Unternehmenskul- tur einfließen lassen und praktisch umsetzen.
  • 27. 26 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 Tom Oliver berät viele Fortune 500 CEOs und arbeitet mit den bekanntesten Marken der Welt zusammen – von Johnson & Johnson über Pepsi bis Google, von der Rockefeller- Familie über die Familie von Warren Buffet bis zu Wirtschaftsführern wie Richard Branson. Basierend auf einem von ihm aus der Taufe gehobenen Netzwerk gründete Tom Oliver die World Peace Foundation, die Nobelpreisträger Desmond Tuto als „das bedeutendste Frie- densereignis der Geschichte“ bezeichnete. Als Inspirator für weltweiten sozialen Wandel ge- lingt es Tom, die unterschiedlichsten ­Gruppen von Führungspersönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft zusammenzubringen und auf eine gemeinsame Vision einzustimmen. Er ist Autor des Bestsellers „Nothing Is Impossible“ und Professor für Innovation und Change Management, gründete den Global Leader- ship Circle an der renommierten ­Manchester ­Business School und referiert an vielen ­anderen Business Schools zu den Themen Innovation, Change ­Management, Leadership, HR und Future Work. Außerdem ist Tom Oliver leidenschaftlicher Musiker und Musikpro- duzent, der mit Stars wie Ricky Martin und Mariah Carey den roten Teppich bei den World Music Awards in Monte Carlo teilt.
  • 28. 27 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 DMR: Unserer Ansicht nach gibt es zwei Pole: Auf der einen ­Seite wünscht man sich Freigeister, möchte Mitarbeiter aus dem gewohnten Trott herausreißen, um auf neue Ideen zu kommen, auf der anderen Seite müssen wir aber Unternehmen auch möglichst effizient gestalten. Wie bekommt man dieses Thema in einem Un- ternehmen ins Gleichgewicht? T. Oliver: Für mich geht das Hand in Hand. Letzte Woche saß ich mit dem Vorstandsvorsitzenden einer großen Aktien- gesellschaft in Deutschland zusammen. Er sagte: Ich habe mir Top-Leute von Google, Facebook und Microsoft in mein Team geholt. Nun kommen die alt eingesessenen deutschen Mana- ger meiner Führungsspitze zu mir und sagen: Mensch, die sind aber doof. Grund hierfür ist, dass da zwei Unternehmenskul- turen aufeinanderprallen. Es fehlt das Verständnis für eine fort- schrittlichere Unternehmenskultur, die viel bessere Resultate liefert. Für mich sind diese beiden Pole keine entgegengesetzten Pole, eher wie Brüder, die sich die Hand reichen. Schaut man sich Google ganz genau an, merkt man, dass die Mitarbeiter viel mehr als in anderen Unternehmen arbeiten. ­Beispielsweise auch auf dem Weg nach Hause, denn Google stellt seinen Mit- arbeitern Busse zum Pendeln zur Verfügung, die natürlich mit WiFi ausgestattet sind. Google verlangt von seinen Mitarbeitern nicht, dass sie permanent arbeiten, es ist vielmehr ein fließender Übergang zwischen Work und Life. Damit schafft es das Unter- nehmen, die Mitarbeiter ideal für sich zu gewinnen und darüber ­hinaus das kreative Potenzialideal zu fördern, gleichzeitig aber die Produktivität zu maximieren. Wieso schafft Google das? Google schafft das, weil das Unternehmen seine Mitarbeiter ständig in das Problem hinein- und dann wieder herausführt. Durch das Hinein- und Herausführen entstehen Durch­brüche und Inspirationen. Im Endeffekt ist es ein Konzept, das in Deutschland schon fast verpönt ist: die Zufriedenheit am Ar- beitsplatz. DMR: Spaß an der Arbeit wirkt also auch auf die Effizienz? T. Oliver: Aber sicher! Der CEO Tony Hsieh von Zappos Shoes hat sein Unternehmen auf der Maxime gegründet, dass das Un- ternehmen kein Advertising braucht, sondern Mitarbeiter, die mit dem, was sie tun, glücklich sind. Wenn man dieses Konzept einer deutschen Führungsspitze vorlegt, lachen die einen aus. Dieses Konzept hat aber dazu geführt, dass Zappos nicht nur bei den Mitarbeitern, sondern auch bei den Kunden ­äußerst be- liebt ist. Die Außenwirkung ist blendend und könnte mit keiner ausgeklügelten Marketingstrategie erreicht werden – schon gar nicht mit der Effizienz. Hier sehen wir ein Aufbrechen von al- ten Unternehmensstrukturen, Unternehmensphilosophien und Führungsspielen. Vor allem in Deutschland müssen wir uns öff- nen und von der harten preußischen, linearen Kultur wegkom- men. Deutschland hat ein fantastisches Potenzial. Wir können die Flexibilität und das kalifornische Freidenkertum mit den gesunden deutschen Maßstäben der Disziplin und Effizienz kombinieren. DMR: Also sollten wir quasi das Beste aus beiden Welten kombi- nieren? T. Oliver: Definitiv. Aber ich würde das nicht als Gegensätze definieren, vielmehr gehen beide Ansätze fließend ineinander über. Wie man an dem Beispiel von Google gesehen hat, stei- gern Freiheit und Spaß automatisch Effizienz und Produktivi- tät. Das Problem liegt ja gerade in der sehr deutschen Ansicht, dass das getrennte Bereiche sind. Und da reicht es nicht aus, ein bisschen auf Silicon Valley zu machen und sich einen Billard- tisch hinzustellen. Das Topmanagement muss verstehen, wie es funktioniert, und es top-down leben. DMR: Das führt uns zur Bedeutung von Leadership in diesem Kontext. Was zeichnet einen erfolgreichen Leader in diesem hoch­ dynamischen Umfeld aus? T. Oliver: Mit Jochen Zeitz, CEO von Puma, habe ich mich darüber unterhalten, wie er die besten Leute für sein Unter- nehmen gewinnt. Jochen meinte, dass er ganz stark nach dem Prinzip geht, ob es ihm Spaß macht, mit der Person zusam- men zu arbeiten. Mit Richard Branson hatte ich ein ähnliches Gespräch, er würde immer diejenigen an die Spitze seines Un- ternehmens setzen, die ein „Ball of Fun“ sind. Diese Konzepte sind leider vielen Führungskräften in Deutschland völlig fremd. Hier passt die deutsche Bierwerbung, die einen Menschen zeigt, der hart schuftet und sich am Ende des Tages zurücklehnt, eine Flasche Bier öffnet und dann wird der Spruch eingeblendet: Erst die Arbeit und dann das Vergnügen. Offensichtlich ist es in der deutschen Mentalität verankert, dass Arbeit kein Vergnügen sein kann. Darin zeigt sich der große Unterschied zwischen der deutschen und der amerikanischen Unternehmenskultur, denn dort ist Vergnügen gleich Arbeit und Arbeit gleich Vergnügen. Der Leader an der Spitze muss das verinnerlichen und leben. Genau aus diesem Grund finden viele Leute Richard Branson so toll, denn er lebt diesen Fun, er ist 95 Prozent Fun und 5 Prozent harter Geschäftsmann. Und das nimmt man ihm ab. Der Spaßfaktor ist sehr wichtig in der Zusammenarbeit, aber auch für das Thema Leadership, für die Personen, die an der Spitze stehen und führen. Ein weiterer Faktor ist die Sinnfrage. Nicht umsonst rangiert Google in den letzten Jahren konsequent auf Platz 1 der Unter- nehmen, in denen die besten Hochschulabsolventen am ­liebsten arbeiten möchten. Google beantwortet die Sinnfrage ideal. Die
  • 29. 28 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 Google-Gründer haben ein 10-Punkte-Konzept erstellt, das Credo von Google. Sie haben ein Mission Statement erstellt, das in ein, zwei Sätzen so klar formuliert ist, dass sich jeder da- mit identifizieren kann. Das zieht die Leute zu Google. Noch ein Beispiel: Apple stellt beim Launch der neuen Produkte nicht gut aussehende Models auf die Bühne, sondern Sir Jonathan Ive, den Head Designer von Apple, in einem weißen T-Shirt vor einem weißen Hintergrund. Warum? Weil Sir Jonathan Ive über das neue Apple-Produkt spricht, als sei ein Kind geboren! Der Kunde merkt durch die Leidenschaft, die Authentizität und die Emotionen von Sir Jonathan Ive, dass er das Produkt liebt und absolut überzeugt ist davon – und genau das begeistert den Endkonsumenten. Dieses Denken muss in der DNA eines Un- ternehmens eingebaut und integraler Bestandteil der Führungs- spitze sein. DMR: In der deutschen Kultur ist auch die Angst, den Job oder Status zu verlieren, weit verbreitet. Gibt es da einen internationa- len Unterschied? Wenn ja, was kann man dagegen tun? T. Oliver: Angst ist fundamental. In Deutschland wird sich viel zu viel angepasst, man traut sich kaum, seine Individualität zu leben. Das betrifft auch den Führungsstil. Es ist die Angst davor, seiner Intuition zu folgen, selbst wenn man weiß, dass es der richtige Weg ist. Das sieht man auch an der Mentalitätskrank- heit: Man darf keine Fehler machen. Schon in der Schulzeit wird man damit in Deutschland geimpft. Wir haben ja auch Angst vor Nationalbewusstsein. Erst seit kurzem trauen wir uns, beim Fußball eine Flagge rauszuhängen. Wir trauen uns auch nicht, auf uns persönlich stolz zu sein, auf das, was man selbst ist, zu seinen Abneigungen und Vorlieben zu stehen, aber auch zu seinen charakterlichen Defekten und Talenten. Talente müs- sen gelebt werden, man darf nicht versuchen, die Schwächen zu Stärken zu machen. Denn diese können maximal mittelmäßig werden. Wenn man aber seine Stärken voll ausspielt, dann kann man wirklich herausragend werden und ein Vorbild für andere sein. Und so trauen sich auch viele Menschen und Unterneh- men nicht, Ideen nach vorne zu bringen – auch nicht, wenn sie hervorragend sind. Das ist einer der Gründe, warum Richard Branson in seinem Credo geschrieben hat, dass er möchte, das Leute Fehler machen. Er ermutigt Leute, mit neuen Ideen nach vorne zu kommen, auch wenn sie auf den ersten Blick unkon- ventionell erscheinen. Er weiß genau, dass nur dadurch neue Pfade beschritten werden. DMR: Stärkenbasiert unterwegs zu sein bedeutet ja, in Stärken und Talente zu investieren und Schwächen zuzugeben. Insbeson- dere im Management finden wir aber diese Gleichartigkeit, da das Thema Diversity auch nicht konsequent umgesetzt wird. Was müsste man tun, um daran etwas zu ändern? Ist das Bildungssystem ein Ansatzpunkt? Wie kann man eine neue Kultur in Deutschland erzeugen, die Stärken und Schwächen beleuchtet? T. Oliver: Eines der zentralen Themen ist die ideale Entwick- lung der eigenen Persönlichkeit, der Umgang mit der Perso- nal Leadership. Mein Rezept ist ganz einfach: Die Schwächen vergessen und sich nur auf die Stärken konzentrieren, um sich dadurch außergewöhnlich zu machen. Schwächen sollte man durch Menschen ergänzen, die das am besten können, was man selbst am wenigsten kann. Eine Führungspersönlichkeit wie Richard Branson hat eine klare Vision formuliert, die be- schreibt, was er mit seinem Unternehmen erreichen möchte. Nummer eins ist also, eine klare Vision zu formulieren. Num- mer zwei ist, sich ausschließlich auf seine Stärken zu konzen- trieren und sich mit Menschen und Teams zu umgeben, die das ideal ergänzen. In diesem Moment können die Persönlichkeiten scheinen und glänzen und sich voll entfalten. Im deutschen Bil- dungssystem, im deutschen Führungssystem und auch in der Unternehmenskultur müssen also konsequent Stärken gefördert werden. Schwächen sollten definiert, aber nicht betont werden. Jetzt kommen wir zu einem Punkt, den ich auch in meinen Reden immer wieder thematisiere: Ich halte jeden Menschen für ein kreatives Genie! Das ist sehr provokant gesagt, aber ich sage es so, weil ich die absoluten Talente aus den Leuten heraus kitzeln möchte. Menschen sollten sich über Stärken definieren. Auch in unserem Bildungssystem wird ja immer auf die Schwä- chen hingewiesen, und daher versuchen die Menschen, den Weg der Sicherheit zu gehen, um eben keine Fehler zu machen. So entstehen aber keine Innovationen! Das Stärken-Schwächen- Thema ist auch für die Bildung von Teams relevant: Man kann nur ideale Teams bilden, wenn man die absoluten Top-Stärken der einzelnen Personen kennt und diese ideal mit anderen zu- sammenbringt, sodass sich die Stärken und Schwächen optimal ergänzen. Nur dann entsteht ein optimales Team. Ansonsten habe ich Teams, die irgendwie zusammen gewürfelt sind und nicht gut funktionieren, die Folge sind Produktivitätsverlust und Motivationsverlust. DMR: Der Aspekt des Lernens ist sehr spannend. Schüler, die Pro- bleme im Lateinunterricht haben, bekommen direkt zahlreiche Nachhilfestunden, anstatt sich einfach auf etwas anderes zu kon- zentrieren. Was kann man in einem Unternehmenskontext tun, um dem wieder entgegen zu wirken? T. Oliver: Ich kann ein ganz klares Unternehmenscredo etablie- ren. Damit meine ich einen Punkteplan, der veranschaulicht, welchen Prinzipien man folgt. Puma hat damals vier fundamen- tale Prinzipien eingeführt und jeder im Unternehmen musste
  • 30. 29 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 sich an diesen Prinzipien orientieren. Ein Unternehmen so zu führen, ist ein sehr radikaler Weg, aber jedes Unternehmen kann das anwenden. Das Credo muss nur manageable wer- den, also greifbar, verständlich und sehr eindeutig definiert sein. Dieser Punkteplan sollte Leute ermutigen, Fehler zu ma- chen, denn dann erst gehen sie aus sich heraus, machen neue Dinge und können sich entfalten. Das auf Schwächen basierte Bildungs- und Erziehungssystem zieht sich wie ein roter Faden durch ganz Deutschland und ist so allgegenwärtig, dass wir es gar nicht mehr wahrnehmen. Ein anderes Beispiel ist das Thema Insolvenz. Richard Branson sagte einmal, dass er kaum einen herausragenden amerikanischen Unternehmer kennt, der nicht einmal eine Insolvenz hingelegt hat. Wir haben hier eine grund- legend andere Denkweise. In Amerika ist es ein Schritt zum Erfolg, Fehler zu machen. Diese Art von Denke müssen wir in Deutschland fördern, denn viele fantastische Unternehmen er- sticken im Keim, da die Leute sich nicht trauen, die Ideen auf den Tisch zu bringen. Jemand, der in Deutschland als Unter- nehmer eine Insolvenz hingelegt hat, wird verpönt. Insolvenz ist nichts anderes als ein markanter, sichtbarer, gegenwärtiger Fehler einer Führungspersönlichkeit. Wir müssen Fehler kom- plett anders definieren. DMR: Welche Rolle spielt Leadership an dieser Stelle? T. Oliver: Leadership spielt eine fundamentale Rolle, denn das Management muss es sich nicht nur auf die eigene, sondern auch auf die Flagge des Unternehmens schreiben. Und dann leben. In Deutschland sagen wir zwar oft, dass wir für etwas stehen, aber in der Praxis stehen wir nicht wirklich dafür. Wir machen die Dinge genauso weiter wie immer und verlassen nicht den eingetretenen Pfad, denn wir haben Angst, Fehler zu machen. Wir haben nicht den Mut, unkonventionelle Pfade zu beschreiten. DMR: Walk the Talk als ganz wesentlicher Punkt? T. Oliver: Walk the Talk und auch zu verstehen, wovon man redet. Ich hatte ein Gespräch mit einem Vorstand einer großen Aktiengesellschaft in Deutschland, der mir sagte, dass er neue Unternehmen im Ausland aufgekauft hat und ihm das ganze Management weggelaufen ist. Das Management ist weggelau- fen, weil überhaupt kein Verständnis für die unterschiedlichen Unternehmenskulturen da war. Die Unternehmen wurden le- diglich eingekauft, ohne die verschiedenen Unternehmenskul- turen zu integrieren. Die Fähigkeit zur Selbstanalyse ist hier fun- damental wichtig. Das bringt mich zu einem Satz, der mich sehr beeindruckt hat: Als Sony auf seinem Höhepunkt war, sagte der ehemalige Sony-Chef, dass sie jetzt vorsichtig sein müssen. Sony sollte in sich hinein schauen und sich fragen, was man besser machen kann, sehen, was nicht funktioniert, offen für Fehler und neue Wege sein, auch wenn von außen betrachtet alles wunderbar funktioniert. DMR: Wir sind mit dem Thema Innovation und Kreativität ein- gestiegen. Können Sie sich noch an einen Moment erinnern, in dem Sie eine wirklich neue und kreative Idee hatten? T. Oliver: Ich bin ja auch Musikproduzent und die Musik ist ein fantastisches Beispiel für Kreativität und Innovation. In der Musik schafft man ständig Inspirationen aus dem Nichts. Lio- nel Richie hat dieses Phänomen mal das unsichtbare Radio ge- nannt: Wir hören die Musik und wissen nicht woher sie kommt. Letztes Jahr hatte ich die Ehre, zu den World Music Awards in Monaco eingeladen zu werden. Wenn man mit anderen Künst- lern zusammensitzt, ist diese Inspiration, die scheinbar aus dem Nichts kommt, immer wieder das zentrale, faszinierende The- ma. Auf diese Inspiration kann man sich vorbereiten, man kann sie programmieren und herbeiführen, aber man kann sie nicht erzwingen. Man kann ein ideales Umfeld schaffen. Das erinnert mich an die Popgruppe Abba. Was viele Leute nicht wissen ist, dass die meisten Hits der Gruppe Abba von nur einem Mitglied der Gruppe geschrieben wurden. Er hatte immer die gleiche Routine und nannte es „vor der Höhle sitzen und auf den Dra- chen warten“. Er saß jeden Tag mehr oder weniger zur gleichen Zeit im Studio und hat sich auf die Inspirationen vorbereitet. Er hatte sein Werkzeug, also sein Keyboard, dabei und war bereit. Die meisten Tage kam der Drache nicht aus der Höhle, aber an den Tagen, an denen er kam, war er bereit, den Drachen zu töten. Das war für ihn die Metapher, auf Inspirationen zu warten. Zurück zur Frage: Wenn ich im Studio sitze und an neuen Songs schreibe, kommen die Songs aus dem unsichtbaren Radio. Dann formen sich die Akkorde auf dem Piano, der Text kommt von den Lippen, die Hände bewegen sich fast von selbst und der Song kommt von alleine. Ich habe die richtigen Rah- menbedingungen geschaffen – der Rest passiert von alleine. DMR: Das war ein tolles Schlusswort. Das Interview führten Marc Wagner und Verena Vinke.
  • 31. 30 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 ine der aufsehenerregendsten Fusionen der letzten 20 Jahre war der Zusammenschluss von Daimler und Chrysler. Im Jahr 1998 hatte Daimler den US-amerikanischen Autobauer für 36 Milliarden Dollar gekauft, um ihn nur neun Jahre später für letztlich eine Milliarde Euro wieder zu verkaufen. Die Ursache für dieses Minusgeschäft liegt zu großen Teilen in der Inkom- patibilität der Unternehmenskulturen, die dazu führten, dass mögliche Synergien nicht gehoben wurden.1 Unternehmenskultur beeinflusst Unternehmenserfolg Diese missglückte Fusion ist nur ein Beispiel unter vielen, das zeigt, wie wertvoll der sorgfältige Umgang mit der eigenen Un- ternehmenskultur ist. Mehrere Studien belegen, dass diese nicht nur bei einem Zusammenschluss zweier Unternehmen mitbe- stimmend ist, sondern bei einer korrekten Abstimmung mit den strategischen Unternehmenszielen den monetären Erfolg eines Unternehmens signifikant beeinflussen kann.2 Darüber hinaus ist sie, gespiegelt im jeweiligen Arbeitsklima, der entscheidende Faktor im War for Talents. Die Studien besagen auch, dass nach- haltiger Erfolg nur durch eine Steigerung der Innovationsfähig- E Unternehmenskultur Das Mehr an Möglichkeiten und Ideen Unternehmenskultur ist wichtig. Oft wird sie allerdings nicht als wichtig genug erachtet. Mit dem Detecon Cultural Assessment Model kann man das Phänomen „Unternehmenskultur“ strukturiert angehen – auch auf dezentraler Ebene. keit zu gewährleisten ist und dass die passende Unternehmens- kultur hier als Innovationsinkubator fungiert. Natürlich birgt die Evaluierung der eigenen Unternehmenskul- tur unter anderem auch das „Risiko“, kritische Themen oder sogar ernsthafte Probleme aufzudecken, die dann kommuniziert werden wollen und für die im Optimalfall Maßnahmen aufge- setzt werden, um eine sichtliche Besserung zu erzielen. Es stellt sich nur die Frage, ob man das wirklich will!? Oder erzeugt es mehr Unmut und Aufruhr unter den Mitarbeitern, als einem Management lieb ist? So hoch ansetzen muss man gar nicht. Da die Kultur durch einen jeden Mitarbeiter geschaffen wird, reichen bereits Initia­ tiven auf Teamebene, um die Kultur maßgeblich zu beeinflus- sen. Diese dezentrale Vorgehensweise kann von vergleichbarem Erfolg gekrönt sein wie ein zentral gestaltetes Maßnahmen­ paket. Wie viele positive Reaktionen man durch kleine Signale des Interesses und durch Transparenz allein auslösen kann, ist ein Punkt, der häufig völlig unterschätzt wird, sich nach unseren Erfahrungen aber deutlich in der Unternehmensperformance widerspiegelt. Wenn man dezentral durchgeführte Initiativen und Umfragen unternehmensweit bündeln und tracken würde, wären diese Ergebnisse schon sehr viel Wert. 1 https://hbr.org/2007/05/why-the-daimlerchrysler-merger/. 2 Vgl. Journal of Psychology 2010; Vol. 218(4), S. 234–242.
  • 32. 31 Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015 Detecon Cultural Assessment Model analysiert Status Quo Unternehmen müssen sich Missständen bewusst werden. ­Daher ist es aus Detecon-Sicht notwendig, die Problemursachen zu identifizieren und gezielt zu bekämpfen. Das Detecon Cul- tural Assessment Modell stellt eine detaillierte Aufgliederung von Kulturelementen dar, die dabei hilft, den Status Quo ­einer Unternehmenskultur im Team oder gar in der ­Organisation zu analysieren. Vom Management entwickelte Strukturen wie Monitoring-Systeme, Organisationsstruktur, Ziel- und Ver- gütungssysteme und Führungsstil beeinflussen hierbei die ­zwischenmenschlichen Beziehungen der Organisationsmit- glieder und schlagen sich in einer unternehmensspezifischen Kultur nieder. Diese wiederum beeinflusst die Struktur. Wenn man sich nicht aktiv um die Unternehmenskultur kümmert, kann dies zu unerwünschten Auswirkungen auf den Unterneh- menserfolg führen. Hier gilt es, frühzeitig einzugreifen und positive Entwicklungen zu fördern. Ein strukturiertes Modell kann dabei helfen, heraus- zufinden, an welchen Stellen man „schrauben” müsste, um die größten Schmerzpunkte aufzulösen. Hierauf sollte das Manage- ment sich im nächsten Schritt comitten. Im Detecon Cultural Assessment Modell werden zuerst die Aufbau- und Ablauforganisation hinterfragt, dann die Rituale, Routinen und Symbo sowie letztendlich der Aufbau der Macht- stuktur, Teamatmosphäre bis hin zum individuellen Com- mitment. Die als „soft” kategorisierten Problempunkte, zum Beispiel Leadership Style oder Knowledge Sharing, sind also in den meisten Fällen immer hart verdrahtet mit strukturellen Gründen und können mit konkreten Maßnahmen angegangen werden. Die positiven Auswirkungen der Investitionen, die hier anfallen, sind den Preis allerdings wert. Innovationsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft durch Partizipation Solche Maßnahmen für identifizierte Problemfelder können durchaus auch einen partizipativen Charakter haben. Detecon selbst hat die Einbindung der Mitarbeiter in die aktive Gestal- tung der Unternehmenskultur verprobt und Erfolge damit er- zielt. Diesem Vorgehen zugrunde liegt das Verständnis, dass eine Kultur ohne Mitarbeiter nicht exisitiert. Schafft man also eine Plattform, auf der sich Mitarbeiter konstruktiv austoben und neue Ideen und Vorschläge entwicken können, schafft man das Aktivitätslevel sowie die persönliche emotionale Einbindung der Mitarbeiter, die man für eine gesunde Identifizierung mit dem Unternehmen benötigt. Erst dann lässt sich die Leistung des Gesamtunternehmens steigern. Peter Gere ist Consultant und unterstützt seine Klienten bei strategischen HR- und HR-IT-Themen in internationalen Rolloutprojekten. Sein Fokus liegt auf Kommunikation, Change Management und Unternehmenskultur. Elena Rabbow ist Consultant und berät Kunden in Organisations- und Prozess­ themen mit dem Schwerpunkt HR, Transformation und Integral Business. Vielen Dank an Christoph Hauk, Masterand bei Detecon, für die Mitarbeit an diesem Artikel. 3 Bennett, Parks, Struggling to innovate? Examine your structure, systems, and ­culture. Business Horizons, 2015. 4 McDermott, O’Connor, Peters, Rice, Veryzer, Radical innovation: How mature companies can outsmart upstarts. Boston: Harvard Business School Press, 2000. 5,6 HIGGINS, McALLASTER, Want innovation? Then use cultural artifacts that support it. Organizational Dynamics, 31(1), 2002, S. 74-84. Implizit fördert dies auch die Innovationsfähigkeit und die Ver- änderungsbereitschaft, was für die Zukunft ein unabdingbares Kriterium eines jeden nachhaltig erfolgreichen Unternehmens ist. Wie kann man Innovationskraft also sonst noch fördern und Talente binden? 1. Fehler müssen als Chance begriffen werden, nicht als Versagen a Zeit für Innovationen einräumen, ausreichend Ressourcen freigeben3 b. Führungskräfte müssen Ideen fördern, Freiheiten geben und die Entwicklung trotzdem begleiten4 2. Kulturelle Symbole an die gewünschte Kultur anpassen: Informeller Austausch über Teams hinweg muss baulich unterstützt werden5 3. Recrutierung der passenden Köpfe zur gewünschten Unternehmenskultur 4. Zielsysteme auf Kollaboration hin auslegen (Teambonus, Innovationsbonus)6 Die Kultur eines jeden Unternehmens ist äußerst relevant für den nachhaltigen Erfolg. Dies scheint plausibel und doch nicht die ganze Wahrheit zu sein. Funktioniert es auch ohne genaues Hinsehen zu gut, als dass man sich wirklich regelmäßig darum kümmern müsste? Oder reicht der Erfolg allein aus, um eine positive und produktive Kultur aufrecht zu erhalten? Oder wird die Zufriedenheit der Mitarbeiter einfach nicht ernst ge- nug genommen, solange der Umsatz noch stimmt? Die Wett- bewerbssituation auf dem Markt wird es zwangsläufig zeigen. Fest steht jedoch: Das Mehr an Möglichkeiten und Ideen, das eine stimmige Unternehmenskultur bietet, sollte voll und ganz ausgeschöpft werden. Wer nicht weiß, wo er anfangen soll, der fragt seine Mitarbeiter und Kollegen…