Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Oelkers: Internationales Privatrecht – Die Rechtswahl – Vertragsauslegung und Vertragsgestaltung
1. A Rechtsgrundlagen
A1 Deutsche, europäische und internationale Rechtsgrundlagen
Internationales Privatrecht
Die Rechtswahl – Vertragsauslegung und Vertragsgestaltung
A
1.3
Dr. Felix Oelkers, LL.M. (Kapstadt) S. 1
Rechtsanwalt in Berlin mit den Schwerpunkten Gesellschaftsrecht, Neue Medien
und Kapitalmarktrecht
Inhalt Seite
1. Einleitung 3
2. Internationales Privatrecht; IPR 3
3. Rechtswahl durch die Vertragsparteien (Art. 27 EGBGB) 4
3.1 Der Grundsatz: Freie Rechtswahl 4
3.2 Die Ausnahmen: Grenzen der Rechtswahl 6
3.3 Formerfordernisse 8
3.4 Geteilte Rechtswahl 10
3.5 Nachträgliche Rechtswahl 12
3.6 Stillschweigende Rechtswahl 12
4. Verträge ohne Rechtswahlregelung (Art. 28 EGBGB) 13
4.1 Grundsatz der Einheit des Vertrages 14
4.2 Die „charakteristische Leistung“ 15
4.3 Die „charakteristische Leistung“ und das „Schutzlandprinzip“
im Urheberrecht 16
4.4 Der Verlagsvertrag 19
4.5 Filmproduktions- und Auswertungsverträge 19
4.6 Der Tonträgerproduktionsvertrag 21
4.7 Der Lizenzvertrag 21
4.8 Zusammenfassung und Checkliste 22
4.9 Vertragsverhandlung 22
4.10 Auslegung eines bestehenden Vertrags 22
16 Kultur & Recht September 2002
2. A Rechtsgrundlagen
A1 Deutsche, europäische und internationale Rechtsgrundlagen
Checkliste: Vertragsverhandlung 20
A Checkliste: Auslegung eines bestehenden Vertrags 21
1.3
S. 2
Internationale Kulturprojekte werden zunehmend selbstverständlicher. Für den
Kulturmanager bedeutet ein Auslandsbezug, dass vor einem Vertragsabschluss zu
überprüfen ist, ob die Frage nach der Rechtswahl relevant werden könnte. Wann
das der Fall ist und was in der Praxis der Vertragsgestaltung zu beachten ist, wird
u. a. in dem vorliegenden Beitrag erörtert. Eine Reihe von Beispielen und Check-
listen werden Ihnen den Einstieg in das Internationale Privatrecht erleichtern.
16 Kultur & Recht September 2002
3. A Rechtsgrundlagen
A1 Deutsche, europäische und internationale Rechtsgrundlagen
1. Einleitung
Der Kunst- und Kulturbetrieb wird zunehmend internationaler. Künstler treten im
Ausland auf, stellen im Ausland aus oder schaffen Kunstwerke im Ausland. A
Grenzüberschreitende Auftragserteilungen und Veräußerungen von Kunstwerken 1.3
oder Nutzungsrechten an solchen sind an der Tagesordnung. Solange sich ein
S. 3
Lebenssachverhalt ausnahmslos in Deutschland abspielt, ist deutsches Recht,
insbesondere das Urhebergesetz (UrhG), anwendbar. Das ergibt sich ausdrücklich
aus § 120 UrhG. Anderes gilt, wenn ein Bezug zum Ausland besteht.
Der Bezug zum Ausland kann sich durch die Staatsangehörigkeit oder den Wohn-
sitz einer der Vertragsparteien, den Ort des Vertragsschlusses, die Vertragssprache
u.ä. ergeben. In diesem Fall stellen sich zwei Fragen. Erstens: Welches Recht ist
anwendbar, das deutsche UrhG oder ein ausländisches Urheberrecht? Und zwei-
tens: Wo muss die Klage anhängig gemacht werden; ist ein deutsches oder ein
ausländisches Gericht für die Klage zuständig?
Auf die erste Frage gibt das Internationale Privatrecht Antwort. Auf die zweite
Frage gibt das Zivilprozessrecht der Rechtsordnung des Gerichtsstands Antwort,
d. h. ein angerufenes englisches, deutsches oder schweizerisches Gericht muss
sich zunächst für zuständig erklären, bevor es überhaupt darüber entscheiden
kann, welches Recht auf den Rechtsstreit anzuwenden ist. Neben der Zivilpro-
zessordnung ist die Zuständigkeit von Gerichten in internationalen sowie bilatera-
len Verträgen geregelt.
Auch das Urheberrecht ist zum Teil in internationalen und bilateralen Verträgen
geregelt. Dieser Aufsatz beschäftigt sich jedoch nicht mit solchen Verträgen. Der
Aufsatz beschäftigt sich auch nicht damit, welches Recht auf Verletzungen von
Urheberrechten anwendbar ist. Er behandelt ausschließlich die Frage, welche
Rolle das deutsche IPR im Urhebervertragsrecht spielt und was in der Praxis bei
Vertragsgestaltungen zu beachten ist.
Der Aufsatz gliedert sich wie folgt: Zunächst wird die Frage beantwortet, wie
Verträge auszulegen sind, in denen eine Rechtswahl getroffen wurde. Anschlie-
ßend befasst sich der Artikel mit der Frage, wie Verträge auszulegen sind, in
denen keine Rechtswahl vorgenommen wurde. Und abschließend findet sich eine
Checkliste mit Anregungen, was bei Vertragsgestaltungen und bei der Auslegung
von Verträgen zu beachten ist.
2. Internationales Privatrecht; IPR
Der Begriff „Internationales Privatrecht (IPR)“ ist irreführend. IPR ist weder
internationales Recht, noch privates Sachrecht in dem Sinne, dass es Regelungen
über zivilrechtliche Verträge oder sonstige Rechtsbeziehungen wie Kauf-, Werk-
16 Kultur & Recht September 2002
4. A Rechtsgrundlagen
A1 Deutsche, europäische und internationale Rechtsgrundlagen
oder Lizenzverträge enthält. IPR ist vielmehr nationales Recht, das in jeder
Rechtsordnung unterschiedlich ist. So gibt es etwa englisches, dänisches und
deutsches IPR. Das deutsche IPR ist im Einführungsgesetzbuch des Bürgerlichen
Gesetzbuches (EGBGB) in den Art. 3-46 geregelt. Die Regeln zum Vertrags-IPR
A sind in den Art. 27-37 EGBGB zusammengefasst. Den deutschen Regelungen des
1.3 Vertrags-IPR liegt wiederum das EG-Übereinkommen über das auf vertragliche
S. 4 Schuldverhältnisse anzuwendende Recht zugrunde. Hierdurch ist zumindest
innerhalb der EU-Staaten eine gewisse Rechtsvereinheitlichung eingetreten, die
auch gemäß Art. 34 EGBGB bei der Auslegung und Anwendung der Art. 27-37
EGBGB berücksichtigt werden muss.
IPR dient zur Bestimmung, welches nationale Sachrecht anzuwenden ist, wenn
ein Rechtsstreit nicht nur nach einem, sondern mindestens auch nach einem ande-
ren nationalen Recht beurteilt werden könnte. Die Anwendung des jeweiligen
nationalen IPR dient den (Vertrags-)Parteien bzw. dem Gericht ausschließlich zur
Klärung der Frage, ob auf den Lebenssachverhalt z. B. englisches, dänisches oder
deutsches Recht angewendet werden soll.
Unabhängig davon, was in einem Vertrag geregelt ist: wenn der Vertrag einen
Auslandsbezug hat, wird ein deutsches Gericht, das zur Entscheidung angerufen
wurde und sich für zuständig erklärt, aufgrund des deutschen IPR ermitteln, wel-
ches Recht auf den Vertrag Anwendung findet. Würde ein englisches Gericht
angerufen, so würde dieses anhand des englischen IPR ermitteln, welches Recht
auf den Fall Anwendung findet.
Erst im zweiten Schritt wird mit Hilfe des anwendbaren nationalen Rechts ermit-
telt, wie die Rechtsfrage zu entscheiden ist. In dieser Frage hilft das IPR nicht
weiter, da es keine materiellen Regelungen zum Kauf-, Werk- oder Lizenzrecht
enthält. Im anglo-amerikanischen Rechtskreis wird IPR daher zutreffend als
„conflict of laws“ bezeichnet, weil es den Konflikt lösen soll, welches der mögli-
cherweise anzuwendenden Rechte auf den Fall tatsächlich angewendet wird.
3. Rechtswahl durch die Vertragsparteien (Art. 27
EGBGB)
Art. 27 Abs. 1 EGBGB normiert den Grundsatz der freien Rechtswahl, indem er
bestimmt: „Der Vertrag unterliegt dem von den Parteien gewählten Recht. Die
Rechtswahl muss ausdrücklich sein oder sich mit hinreichender Sicherheit aus
den Bestimmungen des Vertrages oder den Umständen des Falles ergeben.“
3.1 Der Grundsatz: Freie Rechtswahl
Grundsätzlich sind die Vertragsparteien in ihrer Rechtswahl frei. Dies ergibt sich
aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, d. h. der Freiheit, einen Vertrag so zu
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