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∂                                         Die Personalvermittler für Kommunikation und Marketing



               Muss ich als Designer offene Dateien herausgeben?

               Die Herausgabe offener Dateien ist ein häufiger Streitpunkt zwischen Designer und Auftraggeber.
               Offene Dateien sind Dateien, die zu einer direkten Weiterverarbeitung geeignet sind. Während der
               Auftraggeber die Gestaltungsleistungen möglichst flexibel für beliebige Medien nutzen und dabei
               möglichst unabhängig vom Designer sein will, ist der Designer eher daran interessiert, an weiteren
               Bearbeitungen seiner Gestaltungsleistungen weitgehend beteiligt werden und daher möglichst nur
               geschlossene Datenformate herausgeben zu müssen.

               Eine Verpflichtung zur Herausgebe offener Dateiformate besteht nicht schlechthin. Die offenen
               Dateiformate „gehören“ nicht dem Kunden. Ob der Designer diese herausgeben muss, hängt
               vielmehr von der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien ab, denn der Designer muss
               nur Leistungsergebnisse übergeben, mit denen er seinen vertraglichen Verpflichtungen entspricht.
               Sieht der Vertrag z.B. ausdrücklich vor, dass die Gestaltungsleistungen in Form einer PDF-Datei
               übergeben werden, so ist der Vertrag mit der Übergabe einer PDF-Datei erfüllt, weitere
               Dateiformate sind nicht geschuldet. Noch klarer wird es, wenn in dem Vertrag ausdrücklich
               festgehalten ist, dass die Übergabe weiterer Dateiformate, insbesondere die Übergabe offener
               Dateien, nicht geschuldet ist, sondern gesondert vereinbart werden muss.




                      Tel. 0049. (0)30. 59 69 66 19       e-Mail info@designerdock.com
                      www.designerdock.com

Montag, 10. Dezember 12
∂                                         Die Personalvermittler für Kommunikation und Marketing




               Wie stellt sich aber die Situation dar, wenn der Vertrag überhaupt keine Regelung darüber trifft, in
               welcher Form der Auftraggeber die beauftragten Gestaltungsleistungen vom Designer erhält?

               Für diese Situation liefert lediglich das allgemeine Werkvertragsrecht einen Lösungsansatz. § 633 Abs. 2
               BGB bestimmt, dass eine Werkleistung – so auch eine Gestaltungsleistung – bei einer fehlenden
               Vereinbarung über deren konkrete Beschaffenheit dann ordnungsgemäß erbracht ist, wenn sich die
               Leistung für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder zumindest für die gewöhnliche Verwendung
               eignet, die bei Werkleistungen der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber daher auch erwarten
               kann.

               Falls eine konkrete Vereinbarung über die zu liefernden Dateiformate fehlt, stellt sich also die Frage,
               welche genauen Verwendungszwecke für die beauftragten Gestaltungsleistungen in dem Auftrag
               vorausgesetzt worden ist. Wurde z.B. die Erstellung von Werbebannern für eine Internetkampagne oder
               die Erstellung von Druckvorlagen für Werbeplakate beauftragt, hat der Designer seine Vertragspflichten
               ordnungsgemäß erfüllt, wenn er dem Auftraggeber die fertigen Banner-Dateien, bzw. die druckfähigen
               Dateiformate liefert. Für die Verwendungszwecke Bannerwerbung und Plakatdruck benötigt der
               Auftraggeber keine offenen Dateien, folglich kann er auch nicht erwarten, diese zusätzlich mit
               ausgehändigt zu bekommen.




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               Anders wäre es z.B., wenn der Auftraggeber die Erstellung eines Logos für alle erdenklichen
               Nutzungszwecke in Auftrag gibt oder sonst wie deutlich zum Ausdruck bringt, dass es ihm auf eine
               möglichst flexible Nutzung der Gestaltungsleistungen und die Möglichkeit der jederzeitigen Veränderung
               oder Ergänzung ankommt. Auch die Höhe der vereinbarten Vergütung kann ein Umstand sein, der für die
               Auslegung der berechtigten Kundenerwartung zu berücksichtigen ist. Wer zur Zahlung einer hohen
               Vergütung bereit ist, wird auch erwarten dürfen, dass er weitreichende Nutzungsmöglichkeiten zur
               Verfügung gestellt bekommt, ohne hierbei vom Designer abhängig zu sein.

               Eine für beide Seiten faire und transparente Lösung wäre es z.B. wenn der Designer dem Kunden die
               Option einräumt, über die für den konkreten Vertragszweck benötigten Dateiformate hinaus, auch die
               offenen Dateien gegen eine angemessene Vergütung erwerben zu können.

               © 2012 Julia Schubert, Rechtsanwältin, Kanzlei Karsten & Schubert

               Unsere Partnerkanzlei Karsten & Schubert beleuchtet regelmäßig branchenrelevante Themen in der
               aktuellen Rechtsprechung. www.karstenundschubert.de




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Muss ich als Designer offene Dateien herausgeben?

  • 1. Die Personalvermittler für Kommunikation und Marketing Muss ich als Designer offene Dateien herausgeben? Die Herausgabe offener Dateien ist ein häufiger Streitpunkt zwischen Designer und Auftraggeber. Offene Dateien sind Dateien, die zu einer direkten Weiterverarbeitung geeignet sind. Während der Auftraggeber die Gestaltungsleistungen möglichst flexibel für beliebige Medien nutzen und dabei möglichst unabhängig vom Designer sein will, ist der Designer eher daran interessiert, an weiteren Bearbeitungen seiner Gestaltungsleistungen weitgehend beteiligt werden und daher möglichst nur geschlossene Datenformate herausgeben zu müssen. Eine Verpflichtung zur Herausgebe offener Dateiformate besteht nicht schlechthin. Die offenen Dateiformate „gehören“ nicht dem Kunden. Ob der Designer diese herausgeben muss, hängt vielmehr von der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien ab, denn der Designer muss nur Leistungsergebnisse übergeben, mit denen er seinen vertraglichen Verpflichtungen entspricht. Sieht der Vertrag z.B. ausdrücklich vor, dass die Gestaltungsleistungen in Form einer PDF-Datei übergeben werden, so ist der Vertrag mit der Übergabe einer PDF-Datei erfüllt, weitere Dateiformate sind nicht geschuldet. Noch klarer wird es, wenn in dem Vertrag ausdrücklich festgehalten ist, dass die Übergabe weiterer Dateiformate, insbesondere die Übergabe offener Dateien, nicht geschuldet ist, sondern gesondert vereinbart werden muss. Tel. 0049. (0)30. 59 69 66 19 e-Mail info@designerdock.com www.designerdock.com Montag, 10. Dezember 12
  • 2. Die Personalvermittler für Kommunikation und Marketing Wie stellt sich aber die Situation dar, wenn der Vertrag überhaupt keine Regelung darüber trifft, in welcher Form der Auftraggeber die beauftragten Gestaltungsleistungen vom Designer erhält? Für diese Situation liefert lediglich das allgemeine Werkvertragsrecht einen Lösungsansatz. § 633 Abs. 2 BGB bestimmt, dass eine Werkleistung – so auch eine Gestaltungsleistung – bei einer fehlenden Vereinbarung über deren konkrete Beschaffenheit dann ordnungsgemäß erbracht ist, wenn sich die Leistung für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder zumindest für die gewöhnliche Verwendung eignet, die bei Werkleistungen der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber daher auch erwarten kann. Falls eine konkrete Vereinbarung über die zu liefernden Dateiformate fehlt, stellt sich also die Frage, welche genauen Verwendungszwecke für die beauftragten Gestaltungsleistungen in dem Auftrag vorausgesetzt worden ist. Wurde z.B. die Erstellung von Werbebannern für eine Internetkampagne oder die Erstellung von Druckvorlagen für Werbeplakate beauftragt, hat der Designer seine Vertragspflichten ordnungsgemäß erfüllt, wenn er dem Auftraggeber die fertigen Banner-Dateien, bzw. die druckfähigen Dateiformate liefert. Für die Verwendungszwecke Bannerwerbung und Plakatdruck benötigt der Auftraggeber keine offenen Dateien, folglich kann er auch nicht erwarten, diese zusätzlich mit ausgehändigt zu bekommen. Tel. 0049. (0)30. 59 69 66 19 e-Mail info@designerdock.com www.designerdock.com Montag, 10. Dezember 12
  • 3. Die Personalvermittler für Kommunikation und Marketing Anders wäre es z.B., wenn der Auftraggeber die Erstellung eines Logos für alle erdenklichen Nutzungszwecke in Auftrag gibt oder sonst wie deutlich zum Ausdruck bringt, dass es ihm auf eine möglichst flexible Nutzung der Gestaltungsleistungen und die Möglichkeit der jederzeitigen Veränderung oder Ergänzung ankommt. Auch die Höhe der vereinbarten Vergütung kann ein Umstand sein, der für die Auslegung der berechtigten Kundenerwartung zu berücksichtigen ist. Wer zur Zahlung einer hohen Vergütung bereit ist, wird auch erwarten dürfen, dass er weitreichende Nutzungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt bekommt, ohne hierbei vom Designer abhängig zu sein. Eine für beide Seiten faire und transparente Lösung wäre es z.B. wenn der Designer dem Kunden die Option einräumt, über die für den konkreten Vertragszweck benötigten Dateiformate hinaus, auch die offenen Dateien gegen eine angemessene Vergütung erwerben zu können. © 2012 Julia Schubert, Rechtsanwältin, Kanzlei Karsten & Schubert Unsere Partnerkanzlei Karsten & Schubert beleuchtet regelmäßig branchenrelevante Themen in der aktuellen Rechtsprechung. www.karstenundschubert.de Tel. 0049. (0)30. 59 69 66 19 e-Mail info@designerdock.com www.designerdock.com Montag, 10. Dezember 12