Die Anzahl der Schülerinnen, die sich für ein MINT-Studium interessieren und dieses erfolg- reich absolvieren, konnte in den vergangenen Jahren nicht signifikant gesteigert werden. Eine Initiative, die seit Jahren versucht, diesem Trend der nach wie vor stark geschlechtsspezifischen Studienfach- und Berufswahl entgegenzuwirken, ist der Girls’ Day. Seit 2002 wird dieser Tag auch an der FU Berlin veranstaltet. In diesem anwendungsorientierten Beitrag werden wir das von uns gewählte Vorgehen zur Entwicklung einer neuen Webanwendung für Mädchen vorstellen und diskutieren.
2. 2!
Agenda!
» Vorstellung meines Forschungskontexts und des Projektkontexts!
» Ziel des Projekts und Ableitung der weiteren Vorgehensweise!
» Mädchenorientiertes Interaktionsdesign - Adaption bestehender Konzepte!
» Von der Idee zum Design - Verwendete Methoden!
» Zusammenfassung und Diskussion!
C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !
3. 3!
Mein Forschungskontext!
C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !
Social Web!
Application!
Data !
Analysis!
Contextual Adaptation!
of Software Features!
4. 4!
Projektkontext - Girls’ Day an der FU Berlin !
» Idee stammt aus den USA „Bring your kids to work”-Tag!
» Ziel ist es, Schülerinnen möglichst frühzeitig an ein breites Berufsspektrum
heranzuführen!
» Seit 2002 an der FU Berlin mit über 75 jährlich angebotenen Workshops
für rund 1.000 Schülerinnen der 5. bis 10. Klasse aller Berliner Schulen !
» Hohe Nachfrage wird über eine Webanwendung gesteuert !
» Aufgrund der veralteten Technik wurde im Herbst 2013 beschlossen, die
komplette Webanwendung neu zu programmieren!
!
C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !
5. 5!C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !
Unser Ziel ist es, !
dass sich alle Schülerinnen !
unabhängig vom Alter und !
von ihrer technischen Affinität !
selbständig, !
d.h. mit möglichst wenig Unterstützung durch Erwachsene, über einen Workshop!
informieren und sich anmelden können.!
7. 7!
Aspekte des nutzerorientierten Designs!
Aktive Einbeziehung der Nutzerinnen in den Designprozess, um ein sehr
gutes Verständnis für die Bedürfnisse der Nutzerinnen zu entwickeln!
» Wer sind meine Nutzerinnen?!
» Wie arbeiten und denken meine Nutzerinnen?!
!
Iterativer Prozess der Softwareentwicklung!
Steht der Idee entgegen:!
„Getting it right the first time“!
!
!
!
C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !
8. 8!
Grundsätzlicher Ablauf bei der iterativen Entwicklung!
C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !
Iteration 0! Iteration 1! Iteration 2! Iteration 3! Iteration 4! Iteration 5!
Entscheidungsspiel-
raum!
Projekt-
start!
Geplantes
Design!
Umgesetztes
Design!
Finale
Software!
9. 9!
!
Designpartnerin!
Umfang der Integration der Mädchen in den
Designprozess!
» Das Ziel sollte es sein, Mädchen möglichst früh in den Designprozess zu
involvieren.!
Anwendungsspezifikation Girls‘ Day Website!
Informantin!
Testerin!
Nutzerin!
Geringer Einfluss auf Änderungen, !
da Software bereits “fertig”!
Späte Integration in den!
Entwicklungsprozess!
Zeitaufwändiger Prozess, !
aber bereits frühes Feedback!
Sofortiges Feedback und Kinder sind Design-!
partner im Entwicklungsprozess!
Druin,A.(2002).TheroleofChildrenintheDesignofNewTechnology.BehaviourandInformationTechnology,21(1)1-25.!
10. 10!
!
Designpartnerin!
Umfang der Integration der Mädchen in den
Designprozess!
» Das Ziel sollte es sein, Mädchen möglichst früh in den Designprozess zu
involvieren.!
Anwendungsspezifikation Girls‘ Day Website!
Informantin!
Testerin!
Nutzerin!
Geringer Einfluss auf Änderungen, !
da Software bereits “fertig”!
Späte Integration in den!
Entwicklungsprozess!
Zeitaufwändiger Prozess, !
aber bereits frühes Feedback!
Sofortiges Feedback und Kinder sind Design-!
partner im Entwicklungsprozess!
Druin,A.(2002).TheroleofChildrenintheDesignofNewTechnology.BehaviourandInformationTechnology,21(1)1-25.!
11. 11!
Von der Idee zum Design!
- Verwendete Methoden -!
C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !
12. 12!
Angewandtes Vorgehen!
» Semi-strukturierte Interviews mit
einer Dauer von 30 min-1,5 h!
» Analyse der bestehenden
Anwendung basierend auf
Gestaltungsrichtlinien!
» Zusammenführung der Ergebnisse
in sechs Bereiche !
» Ableitung der zentralen Abläufe!
» Entwerfen von Papier Prototypen für
zentrale Abläufe!
C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !
Phase 1!
Phase 2!
Phase 3!
13. 13!C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !
http://www.flickr.com/photos/53003768@N06/5177208768!
"Was würden Sie davon halten, die Webseite !
mädchenorientierter zu gestalten?"!
Interviews!
14. 14!
Geschlechtsspezifisches Design von
Webanwendungen !
Forschungsarbeiten in diesem Bereich eher übersichtlich!
Bestehende Forschung basiert häufig auf der „Mirroring Principle”,
welches beschreibt: “efficacy of tools or messages can be maximized by
ensuring that they contain features that mirror the preferences of the target
market” (Moss et al., 2006) !
Untersuchung von 23 Webseiteneigenschaften (Bereich Navigation,
Visuelles Design, Sprache) !
!
Datenbasis sind persönliche Webseiten erstellt von je 30 Frauen und
Männern an der Oxford University !
C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !
Moss,G.A.,Gunn,R.W.andHeller,J.A.G.Somemenlikeitblack,somewomenlikeitpink:consumer
implicationsofdifferencesinmaleandfemalewebsitedesign,JournalofConsumerBehaviour.2006!
15. 15!
Geschlechtsspezifisches Design von
Webanwendungen (2) !
Ergebnisse zeigen für 13 (56%) Eigenschaften statistisch signifikante
Unterschiede zwischen Frauen und Männern, beispielsweise!
» Frauen nutzen eher informelle Sprachelemente!
» Frauen bevorzugen weiße, gelbe, rosa oder violette Typographie!
» Frauen präfieren eher horizontale (d.h. breitere) Layouts !
C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !
Moss, G.A., Gunn, R.W. and Heller, J.A.G. 2006!
Derrick Barth: Designing the gender – neutral user experience. !
https://www.wpi.edu/Pubs/E-project/Available/E-project-042612-150925/unrestricted/Designingä_the_Gender-Neutral_User_Experience.pdf!
Male biased !
design book inventory!
Female biased !
design book inventory!
16. 16!
Heuristische Evaluation!
Basiert auf einem analytischer Evaluationsprozess nach (Nielsen und Molich,
1991) bei dem mit einem vordefinierten Set von Heuristiken eine existierende
Softwareoberfläche und deren Interaktionskonzept analysiert wird!
Heuristiken sind Regeln bzw. Designrichtlinien für die Gestaltung von
Benutzeroberflächen!
Einsatz von Heuristiken für Kinderorientiertes Design - 110 Kriterien aus den
Bereichen Oberflächendesign, Interaktionsdesign und Inhalt (Liebal und
Exner, 2011)!
Berücksichtigte Heuristiken nach Altersgruppen (nach Piaget)!
» Konkret-operationale Phase (7-11 Jahre)!
» Formal-operationale Phase (ab 11 Jahre)!
!
C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !
Nielsen, Jakob und Molich, Rolf, Heuristic evaluation of user interfaces. ACM Conference on Human Factors in Computing Systems, Seattle (USA), 1990.!
Liebal, Janine, Exner, Markus, Usability für Kids - Ein Handbuch zur ergonomischen Gestaltung von Software und Websites für Kinder, Vieweg+Teubner Research, 2011.!
17. 17!C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !
Beispiele für ausgewählte Heuristiken!
» Informationen sollten im sichtbaren Bereich liegen!
» Einfache und fixe Navigation!
» Möglichst ähnliche Interaktionstechniken verwenden!
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Einschränkung bei den verwendeten Gestaltungsrichtlinien!
» Keine geschlechtsspezifische Ausrichtung!
» Keine empirische Validierung!
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!
18. 18!
Papier Prototypen !
Methode zur nutzerorientierten Gestaltung von Software!
Papier Prototypen sind gezeichnete / grobe Skizzen der
geplanten Oberfläche zum Testen!
Vorteile!
» Schnell und einfach anzufertigen!
» Frühe Veranschaulichung einer Design-Idee !
» Testen wenig aufwändig!
» Maximiert die Veränderungsmöglichkeiten, bevor mit
dem Programmieren begonnen wird!
C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !
19. 19!
Zusammenfassung/Erkenntnisse!
Genderdifferenziertes Applikationsdesign nützlich und notwendig !
Bestehende Forschung im Bereich des genderdifferenzierten
Applikationsdesigns noch unterrepräsentiert (bei Kindern anscheinend nicht
existent)!
Hilfestellung zur gendergerechten Anpassung bestehender Gestaltungs- und
Entwicklungsmethoden nicht einfach verfügbar!
Interdisziplinäre Forschungsteams erforderlich, um Forschungslücken zu
schließen!
C.Müller-Birn et al., Kinderorientiertes Interaktionsdesign - Fallstricke und Chancen !