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Das Leben ist ein Wunschkonzert                                                              Seite 1 von 2



URL: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/magazin/?em_cnt=1217676



Luxusprobleme der Top-Verdiener
Das Leben ist ein Wunschkonzert
VON NICOLAS BÜCHSE

Wieder und wieder spult Jens Schlangenotto die Nachricht auf seinem Anrufbeantworter ab. Ihm hat ein
Unternehmer eine Melodie aufs Band gepfiffen. Vier Mal. Die Melodie klingt schief - und jedes Mal
anders. "Noch einmal, das geht noch besser", quäkt es aus dem Lautsprecher, der Anrufer flötet von
vorne los.

Was Schlangenotto da zu Ohren kommt, ist nicht irgendeine Melodie, es handelt sich um die
Familienhymne einer bayerischen Unternehmerdynastie. "Die sollen wir in eine Hupe integrieren, die der
Kunde seinem Bruder zum Geburtstag schenken will. Für die Yacht. Wir haben zwei Wochen Zeit", sagt
Schlangenotto.


Der Jungunternehmer kennt sich aus mit bizarren Wünschen, doch bei diesem Auftrag ist auch er ein
wenig ratlos. Wie bekommen sie bloß die Hymne in eine Hupe - und: Gibt es überhaupt noch
Hupenbauer in Deutschland?

Schlangenotto und sein Partner Maik Weiss kümmern sich mit ihrer kleinen Firma "Agent CS" um die
ganz persönlichen Anliegen der Top-Verdiener, der Unternehmer und Vorstandsvorsitzenden der
Deutschland AG.

Sie bedienen eine Klientel, für die Freizeit nicht einfach freie Zeit sein darf, sondern spektakulär und
einzigartig sein muss. Eine Klientel, die es gewohnt ist, im Büro Aufgaben zu delegieren - und die es
dann auch im Privatleben tut. Weil künftig Mann und Frau länger, mobiler und globaler arbeiten, werde
die knappe gemeinsame Freizeit für sie immer wertvoller, sagen Arbeitsforscher. Also lagerten
vermögende Haushalte zunehmend Behördengänge, Einkäufe, Urlaubsplanung oder Kinderbetreuung
aus.

Tausende neue Arbeitsplätze würden in den nächsten Jahren durch solche Dienstleistungen wie die von
Schlangenotto und Weiss entstehen, prophezeite kürzlich die Wirtschaftswoche.

"Es gibt drei Gründe, weshalb die Leute zu uns kommen: keine Ahnung, kein Bock, keine Zeit", sagt
Schlangenotto und setzt sich auf einen Ikea-Sessel. In der Hand hält er die Liste mit den
Tagesaufgaben: "Wir haben noch ein Emergency-Thema: Einem Unternehmer fiel gerade im Taxi auf
dem Weg zum Flughafen ein, dass er ein Hotel in London braucht, da müssen wir schnell ran. Außerdem
sucht ein Manager einen privaten Ski-Trainer für seine Frau, und ein Unternehmensberater will das
Oldtimer-Rennen Mille Miglia mitfahren."

Ein ganz normaler Arbeitstag in der Agentur. Mehr Arbeit wird heute nur der Wunsch eines
Bankenvorstands machen, der zur Oscar-Verleihung nach Los Angeles möchte. "35 000 bis 40 000 Dollar
wird es ihn kosten, auf guten Plätzen zwischen den Stars zu sitzen." Doch damit nicht genug, jetzt muss
Schlangenotto noch herausfinden, auf welchen Partys er den Banker nach der Show unterbringen kann.
"Auf die Gästeliste der Gartenparty von Elton John kommt man für rund 12 000 Dollar, aber ich muss
noch mal checken, ob da noch Plätze frei sind", sagt er. Seit drei Jahren haben Schlangenotto und Weiss
es sich zur Aufgabe gemacht, die Luxusprobleme der Reichen zu lösen.

Es sind Probleme, von denen sie vor dem Start ihrer Firma noch nicht einmal wussten, dass es sie gibt.
Probleme eben wie die Hupe mit Familienhymne. "Dinge, die sie daran hindern, effizient zu arbeiten,
sollten Sie outsourcen", steht im Firmenprospekt, gewissermaßen das Firmen-Credo.

Einmal rief ein Kunde morgens um halb drei an, seine Gattin hatte ihren Ring in einer Bar verloren -
Schlangenotto musste sich darum kümmern. Ärgern ihn solche Lappalien? Nein, sagt Schlangenotto




http://www.fr-online.de/_inc/_globals/print.php?em_cnt=1217676&em_ref=/in_und_...              01.10.2007
Das Leben ist ein Wunschkonzert                                                                Seite 2 von 2



entschieden. "Wir bieten Service pur, da kann ein Kunde auch wegen Brötchen anrufen."

Rund 50 Privatkunden nutzen regelmäßig die Dienste von Agent CS und zahlen dafür eine Pauschale von
mindestens 200 Euro im Monat. Dazu kämen noch 150 Firmenkunden, sagt Schlangenotto, der selbst
wie einer der erfolgreichen Geschäftsleute erscheint, die auf seine Dienste zurückgreifen: gebräunte
Haut, gestylte Haare, edle Lederschuhe. Er spricht diese Mischung aus Deutsch und Englisch, wie sie von
Managern geliebt wird: "Milestone", "outsourcen" und "beauty" gehen ihm ganz beiläufig über die
Lippen.

Früher, sagt er, als Manager in der Hotelbranche, da hat er bis zu 120 000 Euro im Jahr verdient. Heute
residiert er mit seiner Firma in einem grauen Geschäftsgebäude am Ende der Frankfurter Ausgehmeile
Berger Straße in einer Gegend, in der die Geschäfte Namen tragen wie "Mannis Sportkiste" oder
"Marions Nagelstübchen". Auf Werbefotos posieren Schlangenotto und Weiss aber vor herrschaftlichen
Eingangsportalen - standesgemäß.

"Der Anfang war hart, in Deutschland lernen die Menschen erst langsam, für Service zu zahlen. Das ist in
einem gewissen Umfeld, aber noch nicht bei Lieschen Müller angekommen. Doch seit die Konjunktur
wieder läuft, bekommen wir immer mehr Kunden." Schlangenottos Blick schweift durch das schmucklose
Zweizimmer-Büro, das er sich mit seinem Kompagnon und vier Aushilfen teilt: Schreibtisch, Telefon,
Regal, zwei kleine Sessel. "Wir ziehen bald um in eine repräsentativere Umgebung und eröffnen ein Büro
in Berlin", sagt er.

Hin und wieder unterbricht ein Signalton Schlangenotto. Eine neue Email eines Kunden, hastig in den
Blackberry getippt, ein neuer Auftrag. Wer ihm da schreibt, will der Jungunternehmer nicht verraten,
"Diskretion ist für uns ganz wichtig". Doch unter ihren Kunden, sagt er, sind Immobilienmakler,
Rechtsanwälte, Unternehmer und auch ein Professor, für den sie Opernreisen zusammenstellen.

Sie alle fordern das Beste: Einen Tisch im besten Restaurant der Stadt, den besten Platz beim Rolling-
Stones-Konzert, das beste Hotel in St. Tropez. Die Freizeit der Kunden duldet keine Überraschungen auf
der Suche nach der optimalen "Work-Life Balance".

Schlangenottos Kompagnon Weiss lugt durch die Tür herein. Er hat vor kurzem auf Einladung der
versammelten Führungsetage eines Mobilfunkbetreibers in Sachen Service die Leviten gelesen.

Die Manager hörten sich seine bittere Bestandsaufnahme an und nickten pflichtschuldig, aber dass sich
nun was ändert, bezweifelt Weiss.

Schlangenotto lehnt sich zurück und erzählt vom baldigen Ende der Servicewüste Deutschland, Studien
würden es zeigen. Manchmal sagt er dann Sätze wie aus Motivationsbüchern für Managerseminare.
Sätze wie: "Konzentriere dich auf deine Kernkompetenzen und delegiere an Leute, die es besser
können." Er kennt viele Leitsprüche dieser Art, hat sich noch mehr notiert; er lebt sie.

Letztes Jahr hat er geheiratet - die Hochzeit hat seine Frau organisiert. Er konzentriert sich auf seine
Kernkompetenzen. Die liegen heute im Hupenbau.




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Copyright © FR-online.de 2007
Dokument erstellt am 28.09.2007 um 16:56:01 Uhr
Letzte Änderung am 28.09.2007 um 18:56:59 Uhr
Erscheinungsdatum 29.09.2007




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  • 1. Das Leben ist ein Wunschkonzert Seite 1 von 2 URL: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/magazin/?em_cnt=1217676 Luxusprobleme der Top-Verdiener Das Leben ist ein Wunschkonzert VON NICOLAS BÜCHSE Wieder und wieder spult Jens Schlangenotto die Nachricht auf seinem Anrufbeantworter ab. Ihm hat ein Unternehmer eine Melodie aufs Band gepfiffen. Vier Mal. Die Melodie klingt schief - und jedes Mal anders. "Noch einmal, das geht noch besser", quäkt es aus dem Lautsprecher, der Anrufer flötet von vorne los. Was Schlangenotto da zu Ohren kommt, ist nicht irgendeine Melodie, es handelt sich um die Familienhymne einer bayerischen Unternehmerdynastie. "Die sollen wir in eine Hupe integrieren, die der Kunde seinem Bruder zum Geburtstag schenken will. Für die Yacht. Wir haben zwei Wochen Zeit", sagt Schlangenotto. Der Jungunternehmer kennt sich aus mit bizarren Wünschen, doch bei diesem Auftrag ist auch er ein wenig ratlos. Wie bekommen sie bloß die Hymne in eine Hupe - und: Gibt es überhaupt noch Hupenbauer in Deutschland? Schlangenotto und sein Partner Maik Weiss kümmern sich mit ihrer kleinen Firma "Agent CS" um die ganz persönlichen Anliegen der Top-Verdiener, der Unternehmer und Vorstandsvorsitzenden der Deutschland AG. Sie bedienen eine Klientel, für die Freizeit nicht einfach freie Zeit sein darf, sondern spektakulär und einzigartig sein muss. Eine Klientel, die es gewohnt ist, im Büro Aufgaben zu delegieren - und die es dann auch im Privatleben tut. Weil künftig Mann und Frau länger, mobiler und globaler arbeiten, werde die knappe gemeinsame Freizeit für sie immer wertvoller, sagen Arbeitsforscher. Also lagerten vermögende Haushalte zunehmend Behördengänge, Einkäufe, Urlaubsplanung oder Kinderbetreuung aus. Tausende neue Arbeitsplätze würden in den nächsten Jahren durch solche Dienstleistungen wie die von Schlangenotto und Weiss entstehen, prophezeite kürzlich die Wirtschaftswoche. "Es gibt drei Gründe, weshalb die Leute zu uns kommen: keine Ahnung, kein Bock, keine Zeit", sagt Schlangenotto und setzt sich auf einen Ikea-Sessel. In der Hand hält er die Liste mit den Tagesaufgaben: "Wir haben noch ein Emergency-Thema: Einem Unternehmer fiel gerade im Taxi auf dem Weg zum Flughafen ein, dass er ein Hotel in London braucht, da müssen wir schnell ran. Außerdem sucht ein Manager einen privaten Ski-Trainer für seine Frau, und ein Unternehmensberater will das Oldtimer-Rennen Mille Miglia mitfahren." Ein ganz normaler Arbeitstag in der Agentur. Mehr Arbeit wird heute nur der Wunsch eines Bankenvorstands machen, der zur Oscar-Verleihung nach Los Angeles möchte. "35 000 bis 40 000 Dollar wird es ihn kosten, auf guten Plätzen zwischen den Stars zu sitzen." Doch damit nicht genug, jetzt muss Schlangenotto noch herausfinden, auf welchen Partys er den Banker nach der Show unterbringen kann. "Auf die Gästeliste der Gartenparty von Elton John kommt man für rund 12 000 Dollar, aber ich muss noch mal checken, ob da noch Plätze frei sind", sagt er. Seit drei Jahren haben Schlangenotto und Weiss es sich zur Aufgabe gemacht, die Luxusprobleme der Reichen zu lösen. Es sind Probleme, von denen sie vor dem Start ihrer Firma noch nicht einmal wussten, dass es sie gibt. Probleme eben wie die Hupe mit Familienhymne. "Dinge, die sie daran hindern, effizient zu arbeiten, sollten Sie outsourcen", steht im Firmenprospekt, gewissermaßen das Firmen-Credo. Einmal rief ein Kunde morgens um halb drei an, seine Gattin hatte ihren Ring in einer Bar verloren - Schlangenotto musste sich darum kümmern. Ärgern ihn solche Lappalien? Nein, sagt Schlangenotto http://www.fr-online.de/_inc/_globals/print.php?em_cnt=1217676&em_ref=/in_und_... 01.10.2007
  • 2. Das Leben ist ein Wunschkonzert Seite 2 von 2 entschieden. "Wir bieten Service pur, da kann ein Kunde auch wegen Brötchen anrufen." Rund 50 Privatkunden nutzen regelmäßig die Dienste von Agent CS und zahlen dafür eine Pauschale von mindestens 200 Euro im Monat. Dazu kämen noch 150 Firmenkunden, sagt Schlangenotto, der selbst wie einer der erfolgreichen Geschäftsleute erscheint, die auf seine Dienste zurückgreifen: gebräunte Haut, gestylte Haare, edle Lederschuhe. Er spricht diese Mischung aus Deutsch und Englisch, wie sie von Managern geliebt wird: "Milestone", "outsourcen" und "beauty" gehen ihm ganz beiläufig über die Lippen. Früher, sagt er, als Manager in der Hotelbranche, da hat er bis zu 120 000 Euro im Jahr verdient. Heute residiert er mit seiner Firma in einem grauen Geschäftsgebäude am Ende der Frankfurter Ausgehmeile Berger Straße in einer Gegend, in der die Geschäfte Namen tragen wie "Mannis Sportkiste" oder "Marions Nagelstübchen". Auf Werbefotos posieren Schlangenotto und Weiss aber vor herrschaftlichen Eingangsportalen - standesgemäß. "Der Anfang war hart, in Deutschland lernen die Menschen erst langsam, für Service zu zahlen. Das ist in einem gewissen Umfeld, aber noch nicht bei Lieschen Müller angekommen. Doch seit die Konjunktur wieder läuft, bekommen wir immer mehr Kunden." Schlangenottos Blick schweift durch das schmucklose Zweizimmer-Büro, das er sich mit seinem Kompagnon und vier Aushilfen teilt: Schreibtisch, Telefon, Regal, zwei kleine Sessel. "Wir ziehen bald um in eine repräsentativere Umgebung und eröffnen ein Büro in Berlin", sagt er. Hin und wieder unterbricht ein Signalton Schlangenotto. Eine neue Email eines Kunden, hastig in den Blackberry getippt, ein neuer Auftrag. Wer ihm da schreibt, will der Jungunternehmer nicht verraten, "Diskretion ist für uns ganz wichtig". Doch unter ihren Kunden, sagt er, sind Immobilienmakler, Rechtsanwälte, Unternehmer und auch ein Professor, für den sie Opernreisen zusammenstellen. Sie alle fordern das Beste: Einen Tisch im besten Restaurant der Stadt, den besten Platz beim Rolling- Stones-Konzert, das beste Hotel in St. Tropez. Die Freizeit der Kunden duldet keine Überraschungen auf der Suche nach der optimalen "Work-Life Balance". Schlangenottos Kompagnon Weiss lugt durch die Tür herein. Er hat vor kurzem auf Einladung der versammelten Führungsetage eines Mobilfunkbetreibers in Sachen Service die Leviten gelesen. Die Manager hörten sich seine bittere Bestandsaufnahme an und nickten pflichtschuldig, aber dass sich nun was ändert, bezweifelt Weiss. Schlangenotto lehnt sich zurück und erzählt vom baldigen Ende der Servicewüste Deutschland, Studien würden es zeigen. Manchmal sagt er dann Sätze wie aus Motivationsbüchern für Managerseminare. Sätze wie: "Konzentriere dich auf deine Kernkompetenzen und delegiere an Leute, die es besser können." Er kennt viele Leitsprüche dieser Art, hat sich noch mehr notiert; er lebt sie. Letztes Jahr hat er geheiratet - die Hochzeit hat seine Frau organisiert. Er konzentriert sich auf seine Kernkompetenzen. Die liegen heute im Hupenbau. [ document info ] Copyright © FR-online.de 2007 Dokument erstellt am 28.09.2007 um 16:56:01 Uhr Letzte Änderung am 28.09.2007 um 18:56:59 Uhr Erscheinungsdatum 29.09.2007 http://www.fr-online.de/_inc/_globals/print.php?em_cnt=1217676&em_ref=/in_und_... 01.10.2007